Kirchenopfer [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Vollständige Version anzeigen : Kirchenopfer



Michael Kann
07-06-2004, 12:54
Wollte mal wieder die Seit http://www.kirchenopfer.de ins Gedächtnis rufen ... für alle, die an der christlichen Glaubenslehre interessiert sind ...

penpen
07-06-2004, 13:13
die jenigen die eh nicht an Gott glauben sind doch schon ausgetreten, von daher verstehe ich die Aktion net.
Aber wenn man Hilfe braucht wird auch schnell mal wieder nach der Kirche / Seelsorger gerufen. Wenn man dann später mal pflegebedürftig ist kommt die Diakonie oder die kath. Sozialstation.
Wohin mit den Kindern, die meisten Kindergärten sind sozusagen von der Kirche "gesponsert".
Wäre interessant mal ein Scenario zu sehen was passiert wenn innerhalb eines Jahres alle Menschen aus der Kirche austreten und wie der Staat versucht Gegenmaßnahmen zu ergreifen und die ganzen sozialen Einrichtungen der Kirchen vor der Schließung zu bewahren.

the_alien
07-06-2004, 15:18
Stimme penpen voll und ganz zu.

Michael Kann
07-06-2004, 15:26
Aber wenn man Hilfe braucht wird auch schnell mal wieder nach der Kirche / Seelsorger gerufen.

Sicher?


Wenn man dann später mal pflegebedürftig ist kommt die Diakonie oder die kath. Sozialstation.

D.h. diese Institutionen arbeiten kostenlos für Pfegebedürftige und es gibt keine anderen Anbieter?


Wohin mit den Kindern, die meisten Kindergärten sind sozusagen von der Kirche "gesponsert".

Hast Du da Zahlen?


Wäre interessant mal ein Scenario zu sehen was passiert wenn innerhalb eines Jahres alle Menschen aus der Kirche austreten und wie der Staat versucht Gegenmaßnahmen zu ergreifen und die ganzen sozialen Einrichtungen der Kirchen vor der Schließung zu bewahren.

Ist es nicht viel mehr so, dass der Staat die Kirchen sponsort, damit sie erhalten bleiben?

Duke
07-06-2004, 15:32
die jenigen die eh nicht an Gott glauben sind doch schon ausgetreten, von daher verstehe ich die Aktion net.
Aber wenn man Hilfe braucht wird auch schnell mal wieder nach der Kirche / Seelsorger gerufen. Wenn man dann später mal pflegebedürftig ist kommt die Diakonie oder die kath. Sozialstation.
Wohin mit den Kindern, die meisten Kindergärten sind sozusagen von der Kirche "gesponsert".
Wäre interessant mal ein Scenario zu sehen was passiert wenn innerhalb eines Jahres alle Menschen aus der Kirche austreten und wie der Staat versucht Gegenmaßnahmen zu ergreifen und die ganzen sozialen Einrichtungen der Kirchen vor der Schließung zu bewahren.


Muss ich in der Kirche sein um an Gott zuglauben?


Ps: Die Kirche ist der Grösste Arbeitgeber Deutschlands

the_alien
07-06-2004, 15:32
Wenn mal wieder ein tragischer Todesfall zu verzeichnen ist, dann ruft die Feuerwehr das Rote Kreuz an und die Schick die Notfallseelsorge (NSD) los. Der NSD holt einen Pfarrer ab, der dann die Leute betreut.
Zumindest läuft das hier so.

Und der Diakonie hier gehen langsam die Mittel aus, weil die Alternativen halt eindeutig mehr Geld verlangen und alle bei der Diakonie landen. Die Arbeitskräfte sind total überlastet...


Aber egal, schimpfen wir erstmal auf alle.
Auch Angebote für Jugendliche und Kinder scheinen manche Menschen einfach nicht sehen zu wollen.

Michael Kann
07-06-2004, 15:40
Aber egal, schimpfen wir erstmal auf alle.
Auch Angebote für Jugendliche und Kinder scheinen manche Menschen einfach nicht sehen zu wollen.

Ist das so?

Auf welche Angebote für Jugendliche und Kinder beziehst Du Dich?

Duke
07-06-2004, 16:00
So weit ich weis ist die Kirche doch damals den deal eingegangen mit
( Bismark?) betreff Länderreien und so weiter.

penpen
07-06-2004, 16:06
also ich kann mich z.B auf meinen Wohnort beziehen 5 Kindergärten 3 Evangelisch und 2 Katholisch, werden also von der Kirche gesponsert. Es gibt auch eine private Kindertagesstätte, die sich aber die meisten Eltern nt leisten können da über 500 € im Monat und die kirchlichen etwa die Hälfte verlangen.

Dann wäre da noch die Jugendarbeit, Urlaube für sozial schwache Kinder sonstige Betätigungen im soz Bereich(Suchthilfe usw <---ich denke ich muß net wirklich alles aufzählen)

@ Duke
natürlich muß man net in der Kirch sein um an Gott zu glauben, aber es ich persönlich finde daß beides zusammengehört, die Kirche und der Glaube an Gott, ist aber etwas was jeder für sich entscheiden muß.


ein anderer Punkt ist z.B daß die Arbeit mit Behinderten, ich kenne wirklich keine staatliche Unterbringungsmöglichkeit, und wenn dann hat doch eine kirchliche Organisation damit zu tun, stellt z.B die Betreuer.

Michael Kann
07-06-2004, 16:09
So weit ich weis ist die Kirche doch damals den deal eingegangen mit
( Bismark?) betreff Länderreien und so weiter.

Deals gibt es viele ... daher blicken wir ja meist kaum noch durch was Sache ist!

Michael Kann
07-06-2004, 16:15
also ich kann mich z.B auf meinen Wohnort beziehen 5 Kindergärten 3 Evangelisch und 2 Katholisch, werden also von der Kirche gesponsert. Es gibt auch eine private Kindertagesstätte, die sich aber die meisten Eltern nt leisten können da über 500 € im Monat und die kirchlichen etwa die Hälfte verlangen.

Hi Penpen,
wie finanziert die Kirche, gleich ob evangelisch oder katholisch, denn diese Kindergärten? Wie können sie ihr "Angebot" halten? Warum sind private "Kindertagesstätten" teurer?


Dann wäre da noch die Jugendarbeit, Urlaube für sozial schwache Kinder etc.

Grade das etc. finde ich immer äußerst wichtig, daher bitte ausführlicher. Danke. Zur Jugendarbeit und den Urlauben für sozial schwache Kinder - wie finanziert die Kirche, gleich ob evangelisch oder katholisch, denn diese Kindergärten? Wie können sie ihr "Angebot" halten? Gibt es keine anderen Anbieter?


natürlich muß man net in der Kirch sein um an Gott zu glauben, aber es ich persönlich finde daß beides zusammengehört, die Kirche und der Glaube an Gott, ist aber etwas was jeder für sich entscheiden muß.

Da halte ich es mit dem Essener, der da sagte: "Gott ist überall, er braucht kein Haus!" Und sind wir ehrlich, alleine das Unterhalten dieser "Gottes"Häuser kostet Unsummen. Wer finanziert diese?


ein anderer Punkt ist z.B daß die Arbeit mit Behinderten, ich kenne wirklich keine staatliche Unterbringungsmöglichkeit, und wenn dann hat doch eine kirchliche Organisation damit zu tun, stellt z.B die Betreuer.

Arbeit mit Behinderten nur durch kirchliche Organisationen? Wie finanziert die Kirche, gleich ob evangelisch oder katholisch, denn diese Arbeit? Wie können sie ihr "Angebot" halten? Gibt es wirklich keine anderen Anbieter?

penpen
07-06-2004, 16:26
@Michael Kann

wenn du welche kennst dann kannst du sie ja namentlich nennen, denn wie gesagt ich kenne keine

für mich sind Kirchen Kulturgut, sollte man denn eine mehrere Hundert jahre Alte Kichre vergammeln lassen? Burgen und Schlösser aber erhalten? Wer zahlt aber für den Erhalt der Schlösser und Burgen ?

Kindergärten etc werden eben numal über Kirchensteuer, Kollekte etc. finanziert -> dadurch resultiert eben ein günstigeres Angebot.

Michael Kann
07-06-2004, 16:32
Kindergärten etc werden eben numal über Kirchensteuer, Kollekte etc. finanziert -> dadurch resultiert eben ein günstigeres Angebot.

D.h. den anderen Anbietern fehlen diese Zuwendungen und dabei würde mich abermals das etc. interessieren?

penpen
07-06-2004, 16:36
etc in dem Fall Spenden das davor für die Sozialearbeit (Kindergärten sind da nur ein Beispiel, müßte sich aber auf die anderen übertragen lassen nich)

Michael Kann
07-06-2004, 16:37
Nur Spenden?

Hast Du Dir schonmal den Inhalt der Seite zu Gemüte geführt? Dir mal die Mühe gemacht zu recherchieren ob das was dort geschrieben steht wahr ist oder ggf. sogar noch viel mehr dahinter steckt?

penpen
07-06-2004, 16:42
ist mir persönlich zu reißerisch, hab aber dennoch ne ganze Menge gelesen, aber ich kann auch sehr gerne einzelne Punkte der Seite ansprechen wenn das gewünscht wird.

Michael Kann
07-06-2004, 16:52
Du darfst gern alles ansprechen, wäre aber trotzdem nett, wenn Du auf die offen Fragen eingehen würdest.

Duke
07-06-2004, 16:54
Deals gibt es viele ... daher blicken wir ja meist kaum noch durch was Sache ist!


Der Deal war der das die Kirche ihre vielen Ländehrreihen die sie durch Ketzerei und andere nicht so nette Sachen erhalten hat an das Land ab gibt und die Kirchen Steuer wurde dafür eingeführt.

penpen
07-06-2004, 16:54
da hab ich wohl den Überblick verloren, meine Fragen wären aber auch noch offen

Michael Kann
07-06-2004, 16:59
Der Deal war der das die Kirche ihre vielen Ländehrreihen die sie durch Ketzerei und andere nicht so nette Sachen erhalten hat an das Land ab gibt und die Kirchen Steuer wurde dafür eingeführt.

Hmmm ... wenn das stimmt, dann hätte die Kirche, gleich welche, keinerlei Grundbesitz in Deutschland :confused:

Duke
07-06-2004, 16:59
@ Duke
natürlich muß man net in der Kirch sein um an Gott zu glauben, aber es ich persönlich finde daß beides zusammengehört, die Kirche und der Glaube an Gott, ist aber etwas was jeder für sich entscheiden muß.


denke ich muss nicht in ein Haus gehen um das ich zu Gott sprechen kann. was sollten Soldaten im Einsatz machen?

Meine Meinung nach geht das auch gut ohne. Ich gebe dir aber in der Hinsicht recht das es für einsame Menschen besser ist sich irgend wo zu treffen wo sie wissen das auch Leute da sind die wie sie denken

Michael Kann
07-06-2004, 16:59
da hab ich wohl den Überblick verloren, meine Fragen wären aber auch noch offen

Ich beantworte Dir DEINE EINE FRAGE und Du mir dann meine, ALLE, ohne Ausnahme?

Duke
07-06-2004, 17:01
Hmmm ... wenn das stimmt, dann hätte die Kirche, gleich welche, keinerlei Grundbesitz in Deutschland :confused:

Meiner meinung anch war das eben die Absprache mit Bismark werde mal anchsehen so 100% weis ich es nicht genau weis nur das es was mit dem enormen Landbesitz zu tun hatte.
Denke morgen finde ich was den ich muss los zum SPORT !!!!!!!!!!!!!!!!!

penpen
07-06-2004, 17:04
na wenn ich denn die Antwort weiß

Michael Kann
07-06-2004, 17:28
Pflegedienste
siehe http://www.altenpflege.de/pflegeboerse/ ... im übrigen, aus eigener Erfahrung ... drauf gekommen über http://www.wernerschell.de/Links/selbsthilfe.htm

Kindergärten
lt. Bayerisches Kindergartengesetz
(Vom 25. Juli 1972 - GVBl. S. 297 - geändert durch § 12 des Bay. Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 10. August 1982 - GVBl. S. 685)1)
Art. 2

(1) Kindergärten können von freigemeinnützigen, kommunalen und sonstigen Trägern errichtet und betrieben werden.

(2) Kommunale Träger im Sinne dieses Gesetzes sind Gemeinden, aus Gemeinden gebildete Zusammenschlüsse und Landkreise.

(3) Freigemeinnützige Träger im Sinne dieses Gesetzes sind sonstige juristische Personen des öffentlichen Rechts und juristische Personen des privaten Rechts, deren Tätigkeit nicht auf Gewinnerzielung gerichtet ist.

(4) Sonstige Träger sind alle Träger, die weder kommunale noch freigemeinnützige Träger im Sinne dieses Gesetzes sind.

Jugendarbeit
Bei uns in der Hauptsache der Kreisjugendring http://www.jugend-forchheim.de/ und auch der www.weisse-ring.de der viele Aktivitäten unterstützt. Diese arbeiten u.a. mit Schulen und Vereinen zusammen. Viele Gemeinden unterhalten inzwischen s.g. Jugendzentren.

Bzgl. Deals
Schon was von Kirchenbaulast gehört?
Oder vom Kornreichnis?
Und so kassieren die Kirchen alleine im Jahr 2002 bundesweit fast 500.000.000 € vom Staat für alte und uralte Rechtstitel. Manche reichen 500 Jahre zurück, die meisten bis 1803, dem Datum der Säkularisation unter Napoleon. 200 Jahre lang gehen seitdem Staatsform und Herrscher unter, neue stiegen auf. Was stets blieb, waren die Pfründe der Kirche. Auch beim Neubeginn der Bundesrepublik – so ließ der erzkatholische Kanzler Adenauer die alten Rechte der Kirche neu festschreiben.

Na egal, nehmen wir einfach mal die "laufenden Kosten"
So zahlt Bayern im Jahr 2002 für die Gehälter seiner sieben Bischöfe und Erzbischöfe 655.000 €; Zulagen für 12 Weihbischöfe 99.000 €, Gehälter für 14 Dignitäre 737.000 €, für 60 Kanoniker 3.914.000 €, für 42 Domvikare usw. Endlos die staatlich finanzierte Lohnliste des Kirchenpersonals. Selbst Weihrauch wird vom Staat bezahlt. Insgesamt kassieren die beiden großen Kirchen in Bayern in 2002 vom Staat aufgrund alter Rechtstitel 85.932.000 €.

Na ja ... das gilt halt nur für Bayern! Von wegen ...
Der Staat zahlt das komplette Pfarrerstudium an kirchlichen Fakultäten, rund 30 Millionen Euro pro Jahr – schätzen Experten.
Militärseelsorge: Der Bund zahlt alles, vom Gehalt der Pfarrer bis zu den Kultgegenständen – 26 Millionen Euro im Jahr 2002.
Insgesamt flossen im Jahr 2000 fast 20 Milliarden Euro an die Kirchen und ihre Einrichtungen.

Im übrigen, die beiden Kirchen sind keineswegs so Arm wie sie gern vorgeben, auf über 400 Milliarden € wird ihr Vermögen geschätzt. (Anmerkung: Der Reichtum der Kirche ist Blutgeld! Das war schon immer so und ist heute noch so.)

Welchen Gegenwert bekommt der Staat, sprich wir?
Hierzu ein Auszug aus einer Panorama Sendung im im 1. Deutschen Fernsehen (ARD - 17.10.02)


Sprecher: Welchen Gegenwert bekommt der Staat für seine doch erheblichen Leistungen an die Kirche?

Norbert Kleybold, Generalvikar Bistum Münster: Das Engagement derer, die sich von der Kirche in den Dienst nehmen lassen und die dann in den kirchlichen Einrichtungen zum Wohl der Gesellschaft handeln und arbeiten, im Kindergarten etwa, indem Kinder dort Aufnahme finden.

Sprecher: Wie auch hier im Württembergischen Neckarwestheim. Dennoch hält Bürgermeister Mario Dürr wenig von der angeblichen Wohltätigkeit der Kirche. Denn wie in ganz Deutschland sinkt auch hier seit Jahren der finanzielle Beitrag der Kirche für den eigenen evangelischen Kindergarten. 17% der Kosten trägt die Kirche noch, den Rest bezahlt der Staat.

Mario Dürr, Bürgermeister: Wir haben einen Kindergarten, der zu 83% von der Gemeinde finanziert wird, und es steht eben „Evangelischer Kindergarten“ außen drauf. Und normalerweise sollte ja das außen draufstehen, was innen drin ist. Und innen drin ist eigentlich die Gemeinde zu 83%. Also müsste eigentlich genau genommen „Gemeindlicher Kindergarten, sponsored by Evangelische Kirche“ draufstehen.

Sprecher: Dabei ist der Landesdurchschnitt in Baden-Württemberg noch verheerender. Ganze 7% beträgt der Anteil der Kirchen an der Finanzierung ihrer Kindergärten. Kein schlechtes Geschäft, wenn man den Imagegewinn der Kirchen bedenkt und ihr offen erklärtes Ziel, den christlichen Glauben unter den Kleinen zu verbreiten.

Dr. Carsten Frerk: Die Menschen denken, wenn eine kirchliche Bezeichnung draufsteht, sozusagen ein Etikett drauf ist, dann zahlt die Kirche zumindest den überwiegenden Teil. Es ist aber nicht so. Und deshalb ist das alles eigentlich ein Etikettenschwindel.

Sprecher: Wo Kirche draufsteht, soll auch Kirche drin sein. So sehen es wiederum die Kirchen und ihre Einrichtungen. Zwar werden die meisten der rund 1,2 Millionen Kirchenjobs vom Staat bezahlt, aber die Bedingungen diktiert die Kirche. Vor allem auf die Kirchenmitgliedschaft legt sie Wert. Diese Klinik in Weimar wird vom Staat finanziert. Nach der Fusion mit einem kirchlichen Krankenhaus gilt jetzt für alle Angestellten das kirchliche Sonder-Arbeitsrecht. Schwester Rita fühlt sich diskriminiert. Als Nicht-Kirchenmitglied kann sie in bestimmte Leitungspositionen nicht mehr aufsteigen. Und obendrein hat die ehemalige Betriebsrätin jetzt als sogenannte Mitarbeitervertreterin deutlich weniger Rechte. Die Kirchen verbieten nämlich Betriebsräte.

Rita Eberhardt, Krankenschwester: Das Unfassbare ist daran für mich wirklich: Als Betriebsrätin wäre ich ein gleichgestellter Partner der Geschäftsleitung, und jetzt fühle ich mich als Bittsteller - nicht nur fühlen, es wird auch tagtäglich praktiziert, dass man ein Bittsteller ist. Und das ist für mich unbegreiflich, dass in einem staatlich finanzierten Haus man als Bittsteller auftreten muss.

Sprecher: Weniger Mitbestimmung und Konfessionszwang – alles im Namen der christlichen Dienstgemeinschaft. Und Reinigungskräfte der Diakonie sollen bis zu 30% weniger Lohn erhalten, können sich aber nicht einmal wehren, denn das kirchliche Arbeitsrecht verbietet ein Grundrecht – den Streik.

Markus Rückert, Verband diakonischer Dienstgeber: Streik, müssen Sie wissen, kommt aus dem 19. Jahrhundert aus der Mottenkiste dieser Zeit. Also, ich sage Ihnen ehrlich, mir tun immer die Leute leid, die da mit rotem Regenmantel, roter Kapuze, roter Trillerpfeife dastehen müssen irgendwo und ein bisschen Remmidemmi machen, und das nennt sich dann Streik. Und kaum sind die Kameras abgebaut, verflüchtigen sie sich wieder. Das ist nicht die Form der Auseinandersetzung, die ich auch für diese Leute für angemessen halte.

Sprecher: Auf ewig Frieden und Einvernehmen. Das Prinzip, nach dem auch der Staat verfährt – gegenüber den Kirchen wenigstens. Aber bei Finanzen oder im Arbeitsrecht: Der Staat hat’s gegeben, die Kirche lässt sich’s nicht nehmen.

Der Zweck heiligt die Mittel ;)

Daimyo
07-06-2004, 17:56
kann man diese "Rechte" aus dem Gesetz../ Grundrecht.. /Verfassung nicht irgendwie entfernen??

bzw. könnte man? ob man dazu kommt, wäre die nächste frage..


ich bin zwar nicht gläubig, aber ich vertrete in etwa auch die meinung, wenn jemand
glauben möchte und wirklich glaubt, dann kann er das immer und überall tun;
muss nicht in eine religion eintreten und zahlen und muss sich nicht regelmäßig mit anderen
gläubigen an einem ort zusammentreiben lassen ...

Michael Kann
07-06-2004, 18:02
kann man diese "Rechte" aus dem Gesetz../ Grundrecht.. /Verfassung nicht irgendwie entfernen??

bzw. könnte man? ob man dazu kommt, wäre die nächste frage..

"Im Grundgesetz ist ein Artikel, in dem drinsteht, dass der Bund die Grundlagen für die Ablösung dieser alten Verpflichtungen festlegen muss. Der Bund hat diese Festlegungen bis heute noch nicht getroffen, sodass wir Schwierigkeiten sehen darin, einfach zu sagen: „Wir stellen diese Zahlungen ein."

Zitat - Josef Erhart, Kultusministerium Bayern im Jahr 2002 - seither is da nix passiert ;)

Dazu befragt, antwortete Norbert Kleybold, Generalvikar Bistum Münster wie folgt:
"Ich kann nur sagen, hier gibt es Rechtstitel, und diese Rechtstitel gibt man nicht einfach auf. Wenn der Staat oder wenn die Kirche der Meinung sind, sie seien obsolet, dann muss man darüber reden. Dass man fair miteinander redet, zu einer fairen Regelung kommt, ist klar. Aber ich sehe da überhaupt kein Unrechtsbewusstsein."

Cyberdreamer
07-06-2004, 18:05
nachdem ich ein bisschen was mit der Kirche am Hut hab und ich persönlich auch einige Priester/Ordensschwestern/Ordensbrüder kenn, muss ich sagen das mich das ganze hier teilweise schon etwas nervt (wobei ich sagen muss das ich nicht alles gelesen hab was hier gepostet wurde und ich die verschiedensten Seiten auch nicht begutachtet hab... hab jetzt nicht soviel Zeit dafür)... informiert euch am Besten mal bei einem aufgeschlossenem Priester (jaja, auch solche Leute gibts in der Kirche ;) ) über die verschiedensten Dinge und nehmt nicht einfach Fakten zur Hand ohne gewisse Hintergründe zu kennen... nur mal soviel: es gibt viele Programme für Jugendliche und auch viele soziale Programme... das die Kirche viel Geld hat lässt sich nicht von der Hand weißen, aber sind sie deswegen Böse/Gemein/Schlecht?? Die Kirche braucht auch viel Geld und ich hab noch keinen Priester gesehn der in Luxus schwelgt (wie's mit den Bischöfen ausschaut weiß ich zugegeben nicht)... naja, was solls, ich finds mühsam darüber zu diskutieren :o

mfg. Cyber

P.S.: ich hoff ich werd jetzt nicht als Ketzer dargestellt und öffentlich verbrannt :D

Michael Kann
08-06-2004, 08:00
... ich hab noch keinen Priester gesehn der in Luxus schwelgt

Komisch, ich schon ;)

Cynx
08-06-2004, 10:17
Ganz böse Seite, da kann man nur vor warnen und die Finger weglassen.

Betrieben wird diese Seite von Herrn Speiss, der einer der führenden Köpfe der Würzburger Sekte "Universelles Leben" ist. Das ganze ist nichts anderes als eine Geldsammlung für eine der übelsten Sekten in Deutschland.

Nun zum historischen: Die Kirchenopfer sind ein spannendes Thema und gerade in den letzten Jahren hat sich in der Forschung einiges neues ergeben. Das soll die Taten der Kirche jetzt keines Falls in Schutz nehmen, aber die Hexenverbrennungen in der Art wie wir sie kennen etc sind grössten Teils Propaganda gewesen, die sich bis heute behauptet hat.

Es gibt zwar immer noch Dinge die zu Verbessern wären in Sachen Religionsfreiheit (Kirchensteuer bei Arbeitslosen, Ämter, berufliche Einschränkungen), aber im Weltvergleich ist Deutschland wirklich die Insel der Glückseeligkeit bei diesem Thema. Da kann man Bismark nur danken.

Sven K.
08-06-2004, 10:31
... informiert euch am Besten mal bei einem aufgeschlossenem Priester (jaja, auch solche Leute gibts in der Kirche ;) ) über die verschiedensten Dinge und nehmt nicht einfach Fakten zur Hand ohne gewisse Hintergründe zu kennen... nur mal soviel: es gibt viele Programme für Jugendliche und auch viele soziale Programme... das die Kirche viel Geld hat lässt sich nicht von der Hand weißen, aber sind sie deswegen Böse/Gemein/Schlecht?? Die Kirche braucht auch viel Geld und ich hab noch keinen Priester gesehn der in Luxus schwelgt (wie's mit den Bischöfen ausschaut weiß ich zugegeben nicht)... naja, was solls, ich finds mühsam darüber zu diskutieren :o

mfg. Cyber

P.S.: ich hoff ich werd jetzt nicht als Ketzer dargestellt und öffentlich verbrannt :D



Es zeigen doch gerade die "Belege" von Mike das sich die Kirche eben "solche
Programme" vom Staat sponsern lässt.

Nur weil die Kirche "ganz viele tolle Sachen" veranstaltet rechtfertigt es noch
lange nicht den riesigen Anteil an staatlichen Zuschüssen.
Es sollen doch bitte die Mitglieder der Kirche ihren "zehnten" ( oder wegen mir
auch gerne mehr) abgeben wie es in der Bibel steht. Wenn das aber nicht
zur Finanzierung der "Firma" ausreicht muß diese eben Insolvens anmelden.
Sie können sich auch mal einen tollen Manager holen der die "Firma" wieder
flott macht.

P.S. Als Nordlicht kommt mir auch immer etwas übel der "Prunk" in den
südlicheren Kirchen/Klöstern usw. hoch. :( Sieht zwar toll aus aber was das
kostet ? Geht ja schon ab Hessen los. ;)

Michael Kann
08-06-2004, 10:32
Ganz böse Seite, da kann man nur vor warnen und die Finger weglassen.

Betrieben wird diese Seite von Herrn Speiss, der einer der führenden Köpfe der Würzburger Sekte "Universelles Leben" ist. Das ganze ist nichts anderes als eine Geldsammlung für eine der übelsten Sekten in Deutschland.

Zustimmung, soweit es um das Finanzielle geht ... Inhaltlich (auf die Seite bezogen) sehe ich es anders!


Nun zum historischen: Die Kirchenopfer sind ein spannendes Thema und gerade in den letzten Jahren hat sich in der Forschung einiges neues ergeben. Das soll die Taten der Kirche jetzt keines Falls in Schutz nehmen, aber die Hexenverbrennungen in der Art wie wir sie kennen etc sind grössten Teils Propaganda gewesen, die sich bis heute behauptet hat.

Könntest Du dazu bitte einige Details, Quellen usw. nachschieben?


Es gibt zwar immer noch Dinge die zu Verbessern wären in Sachen Religionsfreiheit (Kirchensteuer bei Arbeitslosen, Ämter, berufliche Einschränkungen), aber im Weltvergleich ist Deutschland wirklich die Insel der Glückseeligkeit bei diesem Thema. Da kann man Bismark nur danken.

Na ... wenn ich mir unsere finanzielle Lage so ansehe und dazu die lieben Vereinbarungen mit der Kirche, da gibt es schon einiges zu tun.

Cynx
08-06-2004, 10:55
Hi Mike,


Zustimmung, soweit es um das Finanzielle geht ... Inhaltlich (auf die Seite bezogen) sehe ich es anders!


Inhaltlich ist die Seite aber auch unhaltbar, jedenfalls der historische Teil.




Könntest Du dazu bitte einige Details, Quellen usw. nachschieben?


Klar, wobei die wirlichen Quellen noch warten müssen ich bin auf der Arbeit :D
Jetzt muss ausgerechnet ich die Kirche verteidigen.. nun gut, aber es geht ja um Wahrheiten.

Die Resultate der Hexenverfolgung lassen sich zusammen fassen als:
Die Zahlen sind alle zu hoch. Über 40% der "Hexen" waren Männer. Nur ein geringer Teil der Frauen waren Hebammen oder Kräuterfrauen (warscheinlich nur der statistische Teil). Die meisten Verfolgungen fanden in Gebieten statt, die relativ weit weg von der nächsten Amtskirche waren (rechtsfreie Räume), natürlich gab es auch hier Ausnahmen. Die Amtskirche war bei weitem nicht begeistert von den Hexenverbrennungen und hat auch aktiv dagegen gearbeitet. Die Opfer waren entweder sehr wohlhabend (Neid) oder soziale Aussenseiter.

Noch zwei eher kleinere Details am Rande. Entgegen der allgemeinen Meinung war die Hexenverfolgung kein Produkt des Mittelalters, sondern der Neuzeit. Die Folter waren zu dieser Zeit ein ganz normales juristisches Instrument zur Wahrheitsfindung und schon seit langem in Gebrauch. Niemand fand damals etwas ungewöhnliches an einem erfolterten Geständnis.

Quellen schiebe ich noch nach, das Thema ist einfach recht gross und daher kann man nur relativ oberflächlich antworten.



Na ... wenn ich mir unsere finanzielle Lage so ansehe und dazu die lieben Vereinbarungen mit der Kirche, da gibt es schon einiges zu tun.

Klar verbessern kann man immer, aber man sollte sich auch mal kurz bewusst machen, was bei uns schon lange ganz normal ist.

Grüße
Alex


BTW: Ich bin deutlich KEIN Kirchenfan! Die ganzen Feierlichkeiten hier in Nordhessen um den Todestag von Bonifatius haben mich schwer genervt. Heute noch einen Heiligen zu würdigen, dessen grösste Tat das Zerstören von fremden Heiligtümer ist, kann kein sonderliches Zeichen von Toleranz sein.

Michael Kann
08-06-2004, 11:14
Inhaltlich ist die Seite aber auch unhaltbar, jedenfalls der historische Teil.

Schön das Du es schon begrenzt ;) und ich hoffe für den historischen Teil auf Deine Quellen. Freu mich schon ...


Die Resultate der Hexenverfolgung lassen sich zusammen fassen als: Die Zahlen sind alle zu hoch. Über 40% der "Hexen" waren Männer. Nur ein geringer Teil der Frauen waren Hebammen oder Kräuterfrauen (warscheinlich nur der statistische Teil). Die meisten Verfolgungen fanden in Gebieten statt, die relativ weit weg von der nächsten Amtskirche waren (rechtsfreie Räume), natürlich gab es auch hier Ausnahmen. Die Amtskirche war bei weitem nicht begeistert von den Hexenverbrennungen und hat auch aktiv dagegen gearbeitet. Die Opfer waren entweder sehr wohlhabend (Neid) oder soziale Aussenseiter.

Noch zwei eher kleinere Details am Rande. Entgegen der allgemeinen Meinung war die Hexenverfolgung kein Produkt des Mittelalters, sondern der Neuzeit. Die Folter waren zu dieser Zeit ein ganz normales juristisches Instrument zur Wahrheitsfindung und schon seit langem in Gebrauch. Niemand fand damals etwas ungewöhnliches an einem erfolterten Geständnis.

Quellen schiebe ich noch nach, das Thema ist einfach recht gross und daher kann man nur relativ oberflächlich antworten.

Hoffe schwer darauf ... denn, bisher kann ich das in der Form nicht nachvollziehen!


Klar verbessern kann man immer, aber man sollte sich auch mal kurz bewusst machen, was bei uns schon lange ganz normal ist.

Wenn es danach ginge, hätten wir heute noch die Todesstrafe und ähnlich Gesetze ... es ist längst an der Zeit nachzubessern!


Ich bin deutlich KEIN Kirchenfan! Die ganzen Feierlichkeiten hier in Nordhessen um den Todestag von Bonifatius haben mich schwer genervt. Heute noch einen Heiligen zu würdigen, dessen grösste Tat das Zerstören von fremden Heiligtümer ist, kann kein sonderliches Zeichen von Toleranz sein.

:respekt:

Cynx
08-06-2004, 11:39
Hi Mike,

damit du schon mal was zu lesen hast

http://www.zpr.uni-koeln.de/~nix/hexen/index.html

Das gibt einen recht guten Überblick über den aktuellen Stand der Hexenforschung und eine Menge weitere Quellen.

Da ich selber Menschen kenne, die der UL-Sekte verfallen sind, kann ich nur noch mal warnen da auch nur einen Cent hin zu spenden.

Grüße
Alex

Michael Kann
08-06-2004, 12:11
damit du schon mal was zu lesen hast
http://www.zpr.uni-koeln.de/~nix/hexen/index.html

Danke ... kenn ich aber schon :(


Das gibt einen recht guten Überblick über den aktuellen Stand der Hexenforschung und eine Menge weitere Quellen.

Teils recht widersprüchlich und daher nur ein kleiner Überblick ... klar ist es eine Tatsache, dass oftmals versucht wurde der Kirche MEHR Schuld zu zu weisen als sie tatsächlich zu tragen hatte - siehe die "Geschichte der Hexenprocesse" von Dr. W. G. Soldan oder "Geschichte des Teufels" von Roskoff. Wobei es dabei mehr um eine Schuldzuweisung, sprich, confessionelle Einseitigkeit ging.

Ich halte mich da lieber u.a. an "der Hexenwahn" von Johann Diefenbach.

Die Kirche (gleich welche) kann sich von ihrer Mitschuld nicht freisprechen, auch wenn sie diese nicht alleine zu verantworten hat. Die Anfälligkeit der Kirchen für Barbarei ist bekannt und hat sich letztlich auch in die Moderne gerettet ... siehe die Segnung von Soldaten und deren Waffen. Sprich, die Kirchen können sich von ihrer Mitverantwortung für Folter und andere Verbrechen nicht freisprechen. Sorry, aber über 2.000 Jahre Folter und andere Verbrechen im Namen Gottes lassen da wenig Platz um zu einem anderen Urteil zu kommen. Gerne mache ich mich über andere Quellen her.


Da ich selber Menschen kenne, die der UL-Sekte verfallen sind, kann ich nur noch mal warnen da auch nur einen Cent hin zu spenden.

Dem schließe ich mich gerne an ...

Michael1
08-06-2004, 12:59
Das Kirchen Deutschland geprägt haben - positiv wie negativ - und dies z.T. immer noch tun steht für mich ausser Frage. Von den Son- und Feiertagen (Weihnachten, Ostern, Himmelfahrt, Fronleichnahm,...) über historische Gebäude (Kölner Dom, Frauenkirche Dresden,...), Krankenhäuser, Kindergärten, Kindertagesstätten, Jugendverbänden (CVJM, KJG, KSJ,...), Behindertenbetreuung, Entwicklungshilfe, kirchliche Trauung, Hexenverfolgung, Kreuzzüge, Missionierung, Rolle der Kirche im 3. Reich, unterdrückung wissenschaftlicher Erkenntnisse (Galilei) und sicher noch viel mehr was mir gerade nicht einfällt.
Jetzt steht es jedem frei das gut oder schlecht zu finden, leugnen läßt es sich kaum. Sicher gibt es auch andere Institutionen oder Einzelpersonen die ähnliches zu verantworten haben. Dennoch ist die Rolle der Kirche für unsere Region prägend.

Die Zeiten haben sich geändert, es steht jedem frei sich heute gegen eine Organisation wie die Kirche zu wehr zu setzen. Ich denke wer keine Zahlungen an die Kirche leisten will hat keine Probleme dies zu bewerkstelligen, schließlich ist keiner verpflichtet sich irgendeiner Glaubensgemeinschaft anzuschließen. Das der Staat zahlt liegt sicher an unserer "christlichen Vergangenheit" und daran das die Mehrheit der Menschen in unserem Land nach wie vor christlich geprägt ist. Unter einer anderen Prägung, z.B. durch den Islam, sähe es vermutlich anders aus.

Die angesprochene Seite ist in meinen Augen mit Sicherheit keine sachliche/seriöse Informationsquelle. Ihre Zielsetzung ist keine neutrale Betrachtung dessen was die Kirchen tun oder auch nicht. Es geht darum möglichst viele Kritikpunkte zu finden. Wer diese Seite als "kontra-Kirche" ließt sollte sich zumindest eine gleichwertige Seite "pro-Kirche" zu gemühte führen.

Michael Kann
08-06-2004, 13:11
Gutes Statement :respekt:


Die angesprochene Seite ist in meinen Augen mit Sicherheit keine sachliche/seriöse Informationsquelle.

Wie man sieht, aber eine Seite die etwas Bewegung bringt :teufling: Im übrigen, wieso ist es keine sachliche/seriöse Informationsquelle?


Ihre Zielsetzung ist keine neutrale Betrachtung dessen was die Kirchen tun oder auch nicht. Es geht darum möglichst viele Kritikpunkte zu finden.

Da gebe ich Dir Recht ... daraus machen aber die Inhaber kein Hehl.


Wer diese Seite als "kontra-Kirche" ließt sollte sich zumindest eine gleichwertige Seite "pro-Kirche" zu gemühte führen.

Hast Du eine PRO Seite zur Hand?

Cynx
08-06-2004, 13:26
@Mike

Nochmal zur Folter:
Folter kann man (leider?) nicht als Kritikpunkt werten. Wie gesagt, das war ein normales juristisches Vorgehen. Für uns kaum vorstellbar heute. Was man verurteilen kann ist allerdings, dass die Kirche nicht entschiedener durchgegriffen hat und die Hexenjagd zu halbherzig verfolgt hat.

Das Buch von Johann Diefenbach ist aus dem 19. Jahrhundert und daher ziemlich veraltet. Die Hexenforschung hat in erst in den letzten 10 Jahren grosse Fortschritte gemacht. Da wurden die Zahlen zum ersten Mal sachlich erfasst.

@Michael1

Herr Nix, der Betreiber der Seite, ist einer der führenden Historiker in der deutschen Hexenforschung. Die Seite ist weder pro noch contra, sondern einfach sachlich und historisch anerkannt.

Michael Kann
08-06-2004, 14:05
Nochmal zur Folter:
Folter kann man (leider?) nicht als Kritikpunkt werten. Wie gesagt, das war ein normales juristisches Vorgehen. Für uns kaum vorstellbar heute. Was man verurteilen kann ist allerdings, dass die Kirche nicht entschiedener durchgegriffen hat und die Hexenjagd zu halbherzig verfolgt hat.

Bzgl. der Hexenjagd die die Kirche halbherzig verfolgt hat
Hast Du dafür Belege?


Das Buch von Johann Diefenbach ist aus dem 19. Jahrhundert und daher ziemlich veraltet. Die Hexenforschung hat in erst in den letzten 10 Jahren grosse Fortschritte gemacht. Da wurden die Zahlen zum ersten Mal sachlich erfasst.

Kennst Du den Inhalt des Buches?

Michael Kann
08-06-2004, 14:56
Auch wenn es mir eigentlich mehr um die Panorama Sendung im ARD ging und vor allem um die Finanzen, möchte ich zu den Hexenprozessen ein wenig "Licht" ins "Dunkel" bringen, mit dem klaren hinweis darauf, dass ich nicht Luzifer, der Lichtbringer, bin :teufling:

Ausgangspunkt der Hexenprozesse sind die s.g. Ketzerprozeß. Diese begannen offiziell um ca. 1200 (wobei es auch Hinweise auf wesentlich ältere s.g. Hexenprozesse gibt wie u.a. diesen, bereits im 9. Jahrhundert erlies Karl der Große härteste Strafen gegen die Hexerei. Bis hin zur Todesstrafe.)

Hier mal nur ein "kurzer" (ganz kurzer) Abriß:
Betroffene Personengruppe: Kartharer
Vorwürfe: Dualismus, dh. die Anerkennung zweier Prinzipien: des göttlichen, das Geist, Seele und Himmel schuf, und des teuflischen, das Körper und die Erde schuf. "Kinder des Teufels"
Motive hinter den Vorwürfen: Furcht der katholischen Kirche vor berechtigter Kritik. Furcht vor Unterwanderung.
Reaktion: Uneinheitliches Vorgehen der Kirche, teilweise Verbrennung. Später fallen sie der Inquisition zum Opfer.

ab 1209
Betroffene Personengruppe: Albingenser
Vorwürfe: Abfall von der katholischen Kirche
Motive hinter den Vorwürfen: persönlische Machtbestrebungen einiger Feudalherren (weltlich wie geistlich)
Reaktion: kein Prozeß, Papst Innozenz III befiehlt den Kreuzzug. Ausrottung nicht nur der Albigenser, sondern von Teilen der Bevölkerung der Provence.
Nach 1215 und als Folge davon: unter Innozenz III und Gregor IX wird die Inquisition unabhängig von den Bischöfen und direkt dem Papst unterstellt. Eine Art des Prozesses ist im Entstehen.

1234
Betroffene Personengruppe: Stedinger Friesen (Bauern)
Vorwürfe: Teufel in Gestalt eines Bockes / Frosches Homagium, Unzucht
Motive hinter den Vorwürfen: Dem Erzbischof von Bremen ging es um die Abgaben der Stedinger, die sie ihm aus politischen Gründen verweigerten.
Reaktion: kein Prozeß, sondern Kreuzzug: Vernichtung der Aufständischen bei Altenesch, der überlebende Rest erkennt die Forderungen an.

1309 - 1311
Betroffene Personengruppe: Templer (vorwiegend Söhne französischer Adliger; die u.a. durch die Kreuzzüge enorme Reichtümer angehäuft hatten)
Vorwürfe: Anbetung eines Dämonen names Baphomet, Homagium, sexuelle Vermischung
Motive hinter den Vorwürfen: finanzielle Sorgen des Königs (Phillip der Schöne)
Reaktion: Verhaftung und Einziehung des Vermögens keine Verteidigung gestattet, Papst löst den Orden auf; Widerruf der Templer; Verbrennung

1335 - 1353
Betroffene Personengruppe: Prozeß von Toulouse
Vorwürfe: Anbetung des Teufels, Sabbat, Reigentanz
Motive hinter den Vorwürfen: religiöser Fanatismus des Inquisitoren
Reaktion: Ketzerprozeß
Da die Verurteilten geständig waren: 8 Todesurteile, 11 lebenlängliche Haftstrafen, 44 20-Jahre

1435
Betroffene Personengruppe: Jeanne d'Arc
Vorwürfe: Bezweiflung der Autorität der Kirche
Motive hinter den Vorwürfen: politische Gründe der Engländer
Reaktion: politischer Justizmord, als Ketzerprozeß geführt, Verbrennung

1459
Betroffene Personengruppe: "Vauderie" von Arras
Vorwürfe: Teufel in Gestalt eines Bockes, Homagium, Ritt auf gesalbten Stöcken zum Sabbat, Verunglimpfung der katholischen Kirche, sexuelle Vermischung
Motive hinter den Vorwürfen: religiöser Fanatismus des Inquisitoren
Reaktion: Übergang vom Ketzer- zum Hexenprozeß; Es wird dem Prozeß das Denunziationsprinzip hinzugefügt.

um 1450
Der Buchdruck wird erfunden; Die Verbreitung von Schriften gegen Ketzer und Hexen verschärft die Verfolgungen

1458 "Ketzergeißel"
Flagellorum haereticorum fascinariorum des Dominikaners Jacquier - setzt die Existenz einer satanischen Sekte voraus, die den katholischen Glauben unterhöhlt, und deren Taten, einschließlich des Fluges, auf Realität beruhen. Er fügt den Merkmalen des Teufelsbundes das "Stigma diabolicum" hinzu.

1459 "Fortalicium fidei"
ein Grundlagenwerk von Alphonso de Spina gegen Ketzer, Juden und andere Nichtchristen. Die Luftfahrt "zauberischer Frauen" (ein abgrenzender Begriff wie Hexe wird noch nicht verwendet) wird noch als Vorgaukelung von Dämonen gesehen, was jedoch die Schuld der Frauen nicht mindert.

1484 "Summis desiderantes"
Ketzer/Hexenbulle des Papstes Innozenz VIII richtet sich gegen den Abfall vom katholischen Glauben bei Männer und Frauen gleichermaßen. Der Vorwurf der Schadenszauberei konzentiert sich auf die Verhinderung der Fruchtbarkeit bei Mensch, Tier und Pflanze.

1487 "Hexenhammer"
Malleus maleficarum, verfaßt von Jacob Sprengler und Heinrich Krämer (Institoris). Dieses Werk betrachtet die Frau als Hauptfeindin der Kirche. Durch seine genauen Anweisungen für die Prozeßführung wurde es zu einem während der Zeit der Hexenverfolgung immer wieder gedruckten Gebrauchswerk für Hexenrichter.

16. Jh.
Betroffene Personengruppe: besonders Frauen, aber auch Männer und Kinder
Vorwürfe: Hexenunwesen (dh. Ketzervorwürfe auf Frauen zugespitzt, mit dem Zusatz der Schadenszauberei, und der Ausübung magischer Künste).
Motive hinter den Vorwürfen: Die Motive lassen sich immer weniger rational erfassen. Man kann sie nur noch als frauenfeindlich und menschenverachtend bezeichnen.
Reaktion: Hexenprozeß (im Gegensatz zum Ketzerprozeß stand das Todesurteil im voraus fest)

1585
ließ der Erzbischof von Trier so viele Frauen als "Hexen" verbrennen, daß in zwei Dörfern jeweils nur noch zwei Frauen übrigblieben.

17. Jh.
Personengruppe: besonders Frauen, aber auch Männer und Kinder
Vorwürfe: Hexenunwesen (dh. Ketzervorwürfe auf Frauen zugespitzt, mit dem Zusatz der Schadenszauberei, und der Ausübung magischer Künste).
Motive hinter den Vorwürfen: Die Motive lassen sich immer weniger rational erfassen. Man kann sie nur noch als frauenfeindlich und menschenverachtend bezeichnen.
Reaktion: Hexenprozeß (im Gegensatz zum Ketzerprozeß stand das Todesurteil im voraus fest)

1630
Der Bischof von Würzburg läßt 1.200 Männer und Frauen verbrennen

1630
Der Erzbischof von Bamberg (der Grund warum ich mich dafür interessiert habe, da es so zu sagen um die Ecke ist) läßt 600 Frauen und etliche Männer verbrennen.

1676
Der Erzbischof von Salzburg läßt 97 Frauen wegen Anstiftung einer Viehseuche verbrennen.

Dies liese sich beliebig fortführeren.

Ende der s.g. Hexenprozesse
Schweden
1779 Todesstrafe auf Zauberei aufgehoben durch König Gustav III.

Island
1685 wurde das letzte Opfer verbrannt.

Niederlande
1610 Letzte Hexenhinrichtung, danach wurde es zu einem Zufluchtsort für Verfolgte.

England
Letzte Hinrichtung einer Hexe war 1722.

Polen
Prozesse gegen Zauberei mit dem Reichstag von 1776 verboten

Deutschland
Letzter Prozeß 1793 im Großherzogtum Posen

Habsburgische Erblande
Ungarn
Letzte Hinrichtung 1752
Reformen von Maria Theresia (Abschaffung der Folter)
1740 wurde die besthende Rechtsordnung für Hexenprozesse aufgehoben.

Bayern
Don Ferdinand Sterzinger Gegner der Hexenprozesse. Letzter Prozeß 1775 im Reichsstift Kempten

Schweiz
Fast noch das ganze 18.Jahrhundert grausame Prozesse. Letzte Hinrichtung 1782 in Glarus

1745
Letzte Hexenhinrichtung in Frankreich
"Seitdem es in Frankreich Philosophen gibt, beginnen die Hexen zu verschwinden."
Zitat - Voltaire (1694 - 1778)

Cynx
09-06-2004, 07:43
Hi,

ich komm mir hier so langsam vor wie der Advocatus Christianus :D. Nur noch mal zur Klarstellung. Ich will hier nichts schön reden, aber man hilft der ganzen Sache mehr, wenn man sich nicht auf veraltetes Forschungsmaterial beruft, sondern auch sachlich argumentieren kann. Es nimmt ja nichts von der Last auf die Kirche. Eher im Gegenteil, sie haben es besser gewusst und sind nicht entschiedener vorgegangen.



Bzgl. der Hexenjagd die die Kirche halbherzig verfolgt hat
Hast Du dafür Belege?


Ganz allgemein versuch mal an die wirkliche gute Doku des MDR vor ein paar Monaten zu kommen:
"Hexen - Magie, Mythen und die Wahrheit"
http://www.mdr.de/boulevard/1232585.html da gibt es einiges an weiterführender Literatur. Nur als Beispiel: Es gab in der Schweiz einen Prozess gegen eine Gruppe Kinder die auf Grund kirchlicher Intervention und Druck eingestellt wurde. Sie wussten also wie es geht :-)



Kennst Du den Inhalt des Buches?

Ja, ich hab es sogar :)

Zu deiner langen Liste, bei solchen Aufzählungen muss man immer sehr vorsichtig sein. Auch Karl der "Sachsenschlächter" hat bei näherer Zählung doch nicht so viele "geschlachtet" wie gerne fabuliert wurde.
Allein dieses (neben anderen):



1435
Betroffene Personengruppe: Jeanne d'Arc
Vorwürfe: Bezweiflung der Autorität der Kirche
Motive hinter den Vorwürfen: politische Gründe der Engländer
Reaktion: politischer Justizmord, als Ketzerprozeß geführt, Verbrennung


ist z. Bsp. eine ziemlich falsche Darstellung der historischen Hintergründe, dass die Quelle der Liste wohl nicht sehr sorgfältig gearbeitet hat.


Das ganze ist allerdings nicht wirklich mein Fachgebiet (Hexenverfolgung), wenn du wirklich tief in dieses Thema einsteigen willst, kann ich dir das Diskussionsforum auf der oben genannten Seite nennen. Ich könnte jetzt auch nur noch Drittinformationen weitergeben.

Grüße
Alex

Michael Kann
09-06-2004, 07:52
Ganz allgemein versuch mal an die wirkliche gute Doku des MDR vor ein paar Monaten zu kommen:
"Hexen - Magie, Mythen und die Wahrheit"
http://www.mdr.de/boulevard/1232585.html da gibt es einiges an weiterführender Literatur.

Werd ich tun ... Danke!


Zu deiner langen Liste, bei solchen Aufzählungen muss man immer sehr vorsichtig sein. Auch Karl der "Sachsenschlächter" hat bei näherer Zählung doch nicht so viele "geschlachtet" wie gerne fabuliert wurde.
Allein dieses (neben anderen): ....
ist z. Bsp. eine ziemlich falsche Darstellung der historischen Hintergründe, dass die Quelle der Liste wohl nicht sehr sorgfältig gearbeitet hat.

Wäre halt nett, wenn Du schon schreibst, dass dies nicht korrekt ist, es auch dahingehend zu belegen. Wäre hilfreich ... so steht da nur was von fabulieren und falschen Darstellungen :confused:

Michael Kann
09-06-2004, 08:03
Gleich mal was zum Thema Hexenprozesse von der von Dir empfohlenen Seite

Interview mit Prof. Godula Kosack
Die Leipziger Soziologin und Psychologin Prof. Godula Kosack warnt vor einer Verharmlosung und Verniedlichung des Hexen-Begriffs. Sie ist von der Existenz des Übersinnlichen überzeugt. Bei ihren empirischen Forschungen bei den Mafa in Nordkamerun ist es ihr immer wieder begegnet.

Godula Kosack (Quelle: privat)
Das Übersinnliche muss nicht immer gut sein. Es kann auch böse Formen annehmen. Viele Frauen, die sich heute als Hexen bezeichnen, vernachlässigen laut Godula Kosack einen wichtigen Teil des Hexeseins.

In vorchristlicher Zeit lebten weise Frauen als geachteter Teil der Gesellschaft. Warum rückten sie denn im 15. Jahrhundert plötzlich so in den Mittelpunkt des negativen Interesses?
Ganz so plötzlich kam das nicht. Schon mit Beginn der Christianisierung wurden die alten Heilmethoden als antichristlich definiert. Doch für den plötzlichen Anstieg und die vehemente Verfolgung gibt es verschiedene Erklärungen: Krisenzeiten, Pestepidemien, Ernteausfälle, Trockenzeiten. Ich persönlich glaube, dass es damit zusammenhängt, dass die Kirche damals in einer schweren Krise war. Sie hatte sich zu dieser Zeit noch nicht als Institution und Verwalterin des Glaubens etabliert und war somit schwer in Frage gestellt. Und da wurde dann nach einer Lösung gesucht, die außerhalb des eigenen Systems lag. Das waren die Heiden, die im alten Glauben lebten und die alten Rituale für Heilung und Ernten zelebrierten. Die Menschen wurden damals nicht besonders alt. Krankheiten endeten oft mit dem Tod, Frauen im Kindbett hatten ein hohes Risiko. Da spielte das Heilen und das Eins-Sein mit dem kosmischen Weltbild eine größere Rolle.
Die Kirche hat sich dessen besonnen und hat, getragen von bestimmten Persönlichkeiten, wie zum Beispiel den Verfassern des "Hexenhammers", die Definition der Hexe erstellt und ist damit gegen alles, was nicht dem christlichen Glauben entsprach, vorgegangen. Und damit hat man sich gemeinsam gegen eine Volksgruppe geeint.

Wie viele Menschen fielen der Inquisition zum Opfer?
Darüber gibt es verschiedene Angaben. Das niedrigste, was mir bekannt ist, sind 60.000 und die höchste Zahl liegt bei 9 Millionen. Beide Zahlen halte ich für unrealistisch. Der Unterschied kommt daher, das die, die von 9 Millionen ausgehen, ein Gebiet mit einer hohen Zahl von Verfolgungen zu einer bestimmten Zeit hochgerechnet und auf Gesamt-Europa übertragen haben. Aber die Verfolgung geschah in verschiedenen Wellen und war auch nicht überall gleich stark. Die Zahl 60.000 wiederum geht nur von den wirklich erwiesenen Hinrichtungen aus. Doch das ist auch nicht gerechtfertigt, denn viele Quellen wurden vernichtet.

Die Zahl finde ich auch nicht so wichtig, viel bedeutender ist für mich die Frage, was mit den Hexenverfolgungen bewirkt wurde. Jahrhunderte lang lebten vor allem Frauen in permanenter Angst, der Hexerei bezichtigt, verfolgt und getötet zu werden. Letztlich veränderte die Inquisition das Weltbild der Leute, bestimmte Praktiken wurden nur noch im Geheimen vollzogen.

Was ist der Menschheit durch die Hexenverfolgungen verloren gegangen?
Interessant ist, dass die Zeit der Hexenverfolgung auch in die Zeit der Gründungen der ersten Universitäten fiel. Die Medizin wurde eine universitäre Disziplin, das Studium war ausschließlich Männern vorbehalten. Doch den Männern fehlte der Jahrhunderte alte Erfahrungsschatz auf dem Gebiet der Heilkunde. Für Frauen war dieses Wissen Alltagswissen. Durch die Hexen-Verhöre wurde den Frauen sehr viel Detailwissen abgefragt, welches dann an die Universitäten gebracht wurde. Ähnliches bezweckte die Einführung des Hebammendiploms. Diese Prüfungen zum Ablegen des Diploms zielten aber auch nur wieder darauf ab, mit Hilfe sogenannter Prüfungsfragen, den Frauen ihr Wissen zu entlocken und dieses an die männlichen Ärzte zu geben.

Die Auswirkungen dessen kann man bis heute spüren. Es gibt, vor allem in Westdeutschland, viel mehr Ärzte als Ärztinnen. In den 70er Jahren eine Frauenärztin zu finden, war äußerst schwierig, Gynäkologie war in der Hand der Männer. Die wichtigste Nachwirkung aber ist die Anfeindung all dessen, was nicht schulmedizinisch erwiesen ist. Es gibt eine langsame Öffnung hin zu alternativen Methoden, so wird zum Beispiel die Akkupunktur bei bestimmten Symptomen von den Krankenkassen bezahlt. Dort hat es sich empirisch erwiesen, dass diese Methode sinnvoller ist als die Pharmazie.
Wer heute zum Heilpraktiker geht wird schief angesehen. Dabei kennen Heilpraktiker sehr wohl ihre Grenzen und verweisen, wenn es notwendig ist, an einen Arzt. Die Feindschaft ist einseitig und kommt von der Schulmedizin. Und in der Folge der Gesundheitsreform bekommen wir wieder zu spüren, dass die alternativen Formen ausgegrenzt und nicht erstattet werden. Eine Rolle dabei spielt da allerdings auch die Pharma-Lobby.

Heute begegnet man zunehmend "neuen Hexen", der Hexenkult erlebt einen Boom. Warum? Woher kommt das?
Auch heute ist das Weltbild wieder in einer schweren Krise. Die Menschen suchen nach vergangenen oder alternativen Weltbildern. Es ist sicher auch ein Frauen-Thema, denn 80 Prozent der damals Verfolgten waren Frauen. Mit diesen Frauen wurde ein ganzes Weltbild, das Wissen um ganzheitliches Denken und um Zusammenhänge zwischen Körper und Seele, ausgemerzt. Glaube und Hierarchie wurden von der Kirche bestimmt, und deren Spitze wird von Männern repräsentiert.

Wir leben in einer Zeit des Aufbrechens des Patriarchats, den Männern wurde die Legitimation für ihre Herrschaft über die Frauen entzogen. Die Frauen suchen nach Orientierungshilfen und Vorbildern, und manche glauben eben diese in den damals als Hexen verfolgten Frauen zu finden. Und sie glauben, an alte Rituale anzuknüpfen, wenn sie Jahreszeitfeste veranstalten oder wenn sie ihre übersinnlichen Kräfte entwickeln und einsetzen. Demgegenüber bin ich etwas reserviert. Nicht gegenüber dem Tun, doch bei der Euphorie der Identifizierung mit den früheren Hexen wird vergessen, dass Magie auch zum Bösen eingesetzt wurde und wird. Das waren nicht nur "nette" weise Frauen, die damals hingerichtet wurden, das waren auch Leute, die mit ihrer Magie Schaden angerichtet haben oder sie für egoistische Zwecke eingesetzt haben.

Meiner Meinung nach existiert die Fähigkeit Menschen, auch ohne ihr Wissen, energetisch zu beeinflussen. Solange das zum Guten geschieht und die andere Person eingebunden ist, zum Beispiel bei Heilungen oder Reiki, ist das in Ordnung. Nicht in Ordnung finde ich es, wenn die Fähigkeit für eigene Zwecke eingesetzt wird, oder zur Manipulation bis hin zur Entmündigung von anderen Menschen führt.

Außerdem habe ich mit dem Begriff "neue Hexen" ein Problem. Denn "Hexe" ist ein abwertender Begriff, der durch die Inquisition definiert wurde. Zu diesem Begriff gehören ja nicht nur die magischen Praktiken, sondern auch der Teufelsbund und die Teufelsbuhlschaft. Die Hexen wurden als Sekte verstanden, die sich mit dem Ziel der Vernichtung des Christentums organisiert hatten. Damit wurden sie zu Feinden des Christentums, und daher von diesem auch vernichtet. Ich fände es besser, wenn die Frauen von heute den Hexenbegriff nicht aufgreifen würden. Sie sollten sich als freie, kraftbegabte, emanzipierte Frauen bezeichnen und sich damit neu definieren und nicht als eine Fortsetzung der damaligen Zeit.

Sehen Sie die Leute, die heute den sogenannten Wicca-Kult betreiben als eine Sekte? Halten Sie die für gefährlich?
Das ist ja eine Religionsgruppe und keine Sekte. Deren Struktur ist neu. Die gibt es seit den 30er Jahren des 20.Jahrhunderts. Also nichts Überliefertes. Ich würde allerdings bei einem Kontakt genau hinschauen was und wie tun die bestimmte Dinge, und beobachten, ob sie Verantwortungsbewusstsein haben. Das kann ich nicht beurteilen, denn ich habe keinen direkten Kontakt. Es gibt verschiedene Stimmen. Viele sagen, die machen alles nur zum Guten und heilen mit Natur. Das würde mich persönlich sehr interessieren. Allerdings gibt es auch Unterstellungen der Beeinflussung, Manipulation und Unfreimachen der Gemeinschaftsmitglieder. Solche religiösen Gruppen gibt es eben auch. Für mich ist eine gute Religionsgemeinschaft eine, aus der ich auch wieder frei austreten kann.

6. Halten Sie die Menschen, die sich als Hexe bezeichnen für echte Hexen oder eher für Spinner?
Da "Hexe" ein deliquenter Begriff ist, verwendet für Leute, die per Definition Verbrecher waren, lass ich den ruhen. Ich sage, es gibt keine Hexen, aber es gibt kraftbegabte Menschen, die mit ihren Fähigkeiten einiges bei Menschen und Natur bewirken können.

Sie geben auch "Hexenseminare". Was lernt man denn da?
Die Geschichte der Hexenverfolgung und Informationen über die historischen Hexen. Das ist vor allem für Frauen interessant, die an die Hexentradition anknüpfen wollen. Doch ich denke, dass es besser ist, etwas Neues anzufangen. Zu sagen, wir sind heute und zukunftsorientiert und kreativ, wir machen unsere eigenen Rituale. Es ist doch egal, ob das vor 600 Jahren im Kreis getanzt wurde oder anders, man weiß es doch eh nicht so genau - wir machen das, was uns gut tut.

Und die andere Seite ist meine spezielle Thematik, das Forschen bei den Mafa in Nordkamerun. Die betreiben überwiegend noch den traditionellen Erd- und Ahnenkult. In meinen langjährigen und intensiven Interviews, die ich mit den Frauen dort geführt habe, bin ich immer wieder auf die Hexerei gestoßen. Vor allem negative Erscheinungen werden auf den Einfluss kraftbegabter Menschen zurück geführt. Das gibt es dort quasi in jeder Lebensgeschichte, auch die Rituale zur Abwehr spielen da eine wichtige Rolle. Von einem Drittel der Menschen dort wird behauptet, sie hätten magische Fähigkeiten.
Damit erschloss sich mir der Zusammenhang zum Geschehen im Europa des 15. Jahrhunderts. Der Umgang mit Magie war damals ganz normal. Aber später wurde das dann zur Verfolgung instrumentalisiert und die Unterstellung der Hexerei trat eine Lawine der Verfolgung los.

Kann man Hexerei lernen? Ist sie alltagstauglich?
Nein, das geht so nicht. Leute werden mit diesen Fähigkeiten geboren und müssen sie ausbilden und entwickeln, um sie anwenden zu können. Ob man dann diesen Weg geht oder nicht, da muss man sich entscheiden. Und ein bisschen Magie macht jeder. Dazu gehört schon das "Klopf-auf-Holz", um bestimmte Dinge nicht eintreten zu lassen. Das wird zum Beispiel auch in meinen Seminaren untersucht, die Frage, was ist überhaupt magisches Denken? Sind übersinnliche Fähigkeiten mit Magie gleich zu setzen? Wo unterscheidet sich Magie von Religion? Wenn man da zum Beispiel an die Verwandlung beim christlichen Abendmahl denkt oder an die magischen Heilkräfte der Wallfahrtsorte, dann ist das auch Magie. Wollen und Wünschen ist auch Magie. Der ganz feste Glaube an etwas führt oft zum Ziel. Doch es gibt überall auch Heuchler, die behaupten sie hätten mit spirituellen Kräften zu tun. Da muss man genau aufpassen.

Michael Kann
09-06-2004, 08:07
Auch von dieser Seite ...

Allein 130 Opfer fordert der Hexenwahn in dem ehemals blühenden und reichen Rheinbach bei Bonn. Dass die Fälle der Nachwelt erhalten geblieben sind, ist dem ehemaligen Hexenschöffen Hermann Löher zu verdanken, Täter, Opfer und Zeuge in einem. Als Löher das grausame Wüten des Hexenkommissars Buirmann (Dieter Mann) nicht mehr ertragen kann, flieht er nach Amsterdam und bringt seine Erlebnisse zu Papier. Durch ihn wissen wir, dass auch Mitglieder der Oberschicht verurteilt wurden - oft aus Missgunst, Neid und Habgier. Gleichfalls geraten in Rheinbach Männer ins Visier der Inquisition. Man verdächtigt sie, Werwölfe, also Hexer, zu sein. Neueste Ergebnisse deutscher Hexenforschung belegen diese Darstellung. Ein Viertel aller im Laufe der Jahrhunderte Angeklagten waren Männer!

Unter den Verfolgern finden sich Katholiken wie Protestanten. Berufen sich die einen auf den "Hexenhammer", rechtfertigen die anderen sich mit dem Alten Testament. Vom Gebot der Liebe haben sich beide abgekehrt.

Kritische Stimmen werden nur vereinzelt erhoben. Erstaunlicherweise kommen sie aus dem Schoß der Kirche selbst ...

Cynx
09-06-2004, 08:24
Wäre halt nett, wenn Du schon schreibst, dass dies nicht korrekt ist, es auch dahingehend zu belegen. Wäre hilfreich ... so steht da nur was von fabulieren und falschen Darstellungen :confused:

Schon klar, aber ich kann halt einen Themenkomplex der Bücher füllt nicht mal schnell mit einem Forenbeitrag erklären. Allein eine kurze Abhandlung zu den Hintergründen um Jean d'Arq bräuchte wohl mehrere Seiten (politischer Hintergrung, Intrigen, weitere Mitspieler) und leider habe ich auch keine Bibliothek am Arbeits-PC, so dass ich gleich immer mit Quellen kommen kann :-).
Der Sachsenschlächter wurde übrigens 1889 durch v.Wippen widerlegt.

So jetzt ist aber genug von meiner Seite, ich wollte eigentlich nur den Blick auf die aktuelle Forschung schärfen.

Grüße
Alex

gatos
09-06-2004, 08:58
Ich hoffe ich bin nicht zu Offtopic aber es ging am Anfang ja so los und da normalerweise solche zahlen nicht verfuegbar sind...

Meine Freundin Arbeitet seit vielen Jahren bei der Stadtmission. Das Projekt dass Sie betreut hat ging es um Arbeitslose Jugentliche und konkret um Hilfestellung beim (Wieder)Einstieg ins Berufsleben. Getragen wurde das Projekt zu 50% von der Diakonie, 25% EU-Gelder, 20% (7% Bund, 13% Stadt), 5% sonstige und Spenden. Da die Diakonie sparen muss fallen 50% weg das Projekt laeuft jetzt aus.

Meine Freundin hat keine Lust den Arbeitgeber zu wechseln zur Bundesanstalt fuer Arbeit. Die Kids bleiben wo Sie hingehoeren (auf der Strasse), die Unternehmen findens laut Abschiedsbriefen "schade" und meine Freundin wurde wegbefoerdert und hat eine neue Aufgabe zugeteilt bekommen (und freud sich drauf).

Ach ja die Jugentlichen ohne Arbeit bezahlen... wir erstmal alle gemeinsam weiter, ebenso die neue Planstelle fuer den Sachbearbeiter bei der Arbeitagentur der erstmal ein paar Jahre Erfahrung sammeln muss und das Vertrauen der Betriebe, der Region und der Jugentlichen gewinnen muss.

Michael Kann
09-06-2004, 09:29
Schon klar, aber ich kann halt einen Themenkomplex der Bücher füllt nicht mal schnell mit einem Forenbeitrag erklären. Allein eine kurze Abhandlung zu den Hintergründen um Jean d'Arq bräuchte wohl mehrere Seiten (politischer Hintergrung, Intrigen, weitere Mitspieler) und leider habe ich auch keine Bibliothek am Arbeits-PC, so dass ich gleich immer mit Quellen kommen kann :-).

Gleich? Hab ich nicht verlangt, wäre trotzallem nett, wenn Du Fakten dazu bieten würdest. Logischerweise gibt es politische Hintergründe, Intrigengespinste und weitere Mitspieler bzgl. Jeanne d'Arc (Jeanne la Pucelle, fille de Dieu - so nannte sie ihre innere Stimme), aber was stimmt nun an den Angaben

1435
Betroffene Personengruppe: Jeanne d'Arc
Vorwürfe: Bezweiflung der Autorität der Kirche
Motive hinter den Vorwürfen: politische Gründe der Engländer
Reaktion: politischer Justizmord, als Ketzerprozeß geführt, Verbrennung Jean
nicht?


Der Sachsenschlächter wurde übrigens 1889 durch v.Wippen widerlegt.
Sachsenschlächter hab ich ihn nicht genannt, bei mir heißt er "Karl der Große" (franz. Charlemagne) und, soweit mir bekannt ist, haben diesen Begriff erst die Nationalsozialisten erfunden. Daher weiß ich nicht, ob v. Wippen 1889 den "Karl der Sachsenschlächter" widerlegen konnte ;) Auch schrieb ich
...wobei es auch Hinweise auf wesentlich ältere s.g. Hexenprozesse gibt wie u.a. diesen, bereits im 9. Jahrhundert erlies Karl der Große härteste Strafen gegen die Hexerei. Bis hin zur Todesstrafe. Wie Du von dem auf "Karl der Sachsenschlächter" kommst, weiß ich nicht. Das Karl der Große nicht mit Zuckerbrot zu einem Großreich kam dürfte klar sein, wenn nicht, dann hilft uns ggf. das auf den Rechten Weg:

"Karl hat ganz Europa mit allem Guten erfüllt hinterlassen, so dass er die Menschen in jeder Art von Weisheit und Tugend überragt, dass er seine Regierung ... in jeder Art ehrenvoll und segensreich gemacht hat. Vor allem jedoch verdient er Bewunderung, dass er, was nicht einmal Rom vollbracht hat, die wilden und eisernen Herzen der Franken und Barbaren ... durch gemäßigten Schrecken (moderato terrore) gebändigt hat."

Zitat - Der klagende Laudator und Enkel des großen Kaisers, Nithard, der Sohn der Kaisertochter Berta mit dem Hofmann und Laienabt von St. Riquier, Angilbert. Damit beendete er seine "Vier Bücher Geschichte". Nithard ein Parteigänger und Historiograph Karls des Kahlen im Kampf um die Erbschaft des Karlsreiches, starb an einer breiten, an der Stirn zugefügten Schwertwunde. Und Nithard eröffnete mit seiner Geschichte - noch aus der Perspektive der Erinnerung - ein Bild der damaligen Zeit.

Der Titel Karl des Großen im Jahr 801
"Carolus serenissimus Augustus a deo coronatus magnus, pacificus, imperator romanum gubernans imperium, qui et per misericordiam dei rex Francorum et Langobardorum"
("Karl, allergnädigster, erhabener, von Gott gekrönter, großer Friede bringender Kaiser, der das römische Reich regiert und der durch Gottes Barmherzigkeit auch König der Franken und Langobarden (ist)").

Lt. Historikern hat er sein Reich mit dem Schwert geschaffen und dies dürfte "Zeitgemäß" gewesen sein ;) Dazu berichtete der MDR
"Karl verfolgte seine Machtziele mit großer Brutalität. Das unterschied ihn nicht von anderen erfolgreichen Herrschern seiner Zeit. Milde Herren wurden eher als Schwächlinge verstanden. Und wer nicht mit allen Mitteln den eigenen Herrschaftsraum zu Lasten anderer auszudehnen gedachte, lief damals schnell Gefahr, dass genau diese anderen selber expansiv handelten. Diplomatie, wie sie das kulturvolle Byzanz beherrschte, war den kaum zivilisierten Völkern des Westens fremd und suspekt. Das Schwert saß immer locker..."
und
"Karl verstand es aber auch, die Grenzen seines Reiches weit auszudehnen. Karl unterwarf das norditalienische Reich der Langobarden. Bei Kriegszügen gegen die auf der Iberischen Halbinsel ansässigen Araber drangen seine Soldaten über die Pyrenäen vor. Schließlich unterwarf er die Sachsen und machte sich mehrere westslawische Völker tributpflichtig."

Er wird wohl nicht gerade zimperlich mit den Aufständischen, gleich ob Langobarden oder Sachsen umgegangen sein. Seine Umsiederlungsmaßnahmen haben auch in unserer Region (Forchheimer Landkreis) zu mancher Namensgebung geführt - Sachsenmühle und Sachsendorf sind nur zwei Beispiele.

Dazu ein wenig aus Dollingers Buch S. 120f (Schwarzbuch der Weltgeschichte. 5000 Jahre der Mensch des Menschen Feind. Frechen: Komet.)

"Ab 778 trat Widukind erneut an die Spitze der sächsischen Rebellen. Im gleichen Jahr trat Karl der Große für die »Verteidigung der heiligen Kirche gegen Ungläubige«, gegen die Sarazenen in Spanien, an. Auch hier dokumentierte Karl, was er unter »Verteidigung« seiner Kirche verstand. Nach dem heftigen Widerstand, den er in Pamplona brechen mußte, gab es nämlich keinen Dankgottesdienst, sondern ein blutiges Strafgericht, wobei die Festung Pamplona zerstört wurde, »damit sie in Zukunft nicht mehr rebellieren könne«. Im Frankenreich ging zu dieser Zeit das Gerücht um, Karl wäre auf dem Rückweg getötet worden. Die Sachsen fielen daraufhin unter Widukind in Franken ein und verwandelten das Grenzgebiet nach zeitgenössischen Quellen in eine »Steinwüste«.

Karls anschließender Rachefeldzug im Jahre 782, in dessen Verlauf das grausige Strafgericht in Verden an der Aller stattfand, liest ich in den fränkischen Reichsannalen, die von Karls Begleitern niedergeschrieben wurden, wie folgt:
»Schleunigst bot er sein Heer auf und zog nach Sachsen. Hier berief er alle sächsischen Großen vor sich und forschte nach den Rädelsführern der letztenEmpörung. Da nun alle Widukind als den Anstifter bezeichneten, ihn aber nicht ausliefern konnten, weil er sich nach jener Tat wieder zu den Normannen (Dänen) begeben hatte, so ließ sich der König von den übrigen, die dem Rate des Verführers gefolgt waren, bis zu 4.500 ausliefern und sie zu Verden an dem Flusse Aller alle an einem Tag enthaupten. Nachdem der König so Rache genommen hatte, begab er sich in das Winterquartier nach Diedenhofen und feierte daselbst wie gewöhnlich Weihnachten und Ostern.«

Biograph Einhard erwähnte den Massenmord von Verden in seiner »Vita Karoli Magni« nicht, er notierte lediglich über die Sachsen:
»Wenn sie . . . etwas erreicht hatten, gestattete er (Karl der Große) niemals, daß sie unbestraft blieben, sondern zog entweder persönlich gegen sie ins Feld oder schickte ihnen seine Grafen mit einer Arrnee, um Rache für ihr treuloses Verhalten zu nehmen und gerechte Sühne zu fordern . . .«

Herzog Widukind führte auch nach Verden seine Sachsen mit Unterstützung der Friesen gegen die Franken. Das bittere Ende kam aber nach einem letzten Sieg seiner Sachsen schließlich in der Nähe von Detmold. Drei Tage wurde dort auf beiden Seiten gemordet, bis der Widerstand der Sachsen zusammenbrach. Erneut konnte Widukind entkommen, stellte sich dann aber ein Jahr später freiwillig zur Taufe. Der große Karl aber hatte seinen Rachedurst immer noch nicht gestillt.

Er brach auf zu einem »großen Vernichtungszug«, wie der Historiker Rudolph Wahl vor etwa 50 Jahren schrieb:
»In breiter Front gingen die Franken beiderseits der großen Straße vor, die den Rhein mit der Elbe verband. Hinter ihnen regte sich kein Leben mehr. Von der Sommerhitze aüsgedörrte Wälder wurden verbrannt, die Saaten vernichtet, die Häuser niedergerissen, die Brunnen verschüttet. Wo sich ein verängstigter Bauer zeigte, der zur rechtzeitigen Flucht zu alt oder zu stolz gewesen war, wurde er niedergemetzelt. Aber es kam nirgendwo zur Unterwerfung. Das Land war ausgestorben.«

Um die selbst jetzt noch gelegentlich aufflammenden Aufstände einiger Sachsen gegen die Franken endgültig zu brechen, griff schließlich Karl zum Mittel der Massendeportation. Bei Einbard lesen wir:
»Nachdem er dann alle, die ihm Widerstand geleistet hatten, besiegt und unter seine Herrschaft gebracht hatte, führte er 10 000 Sachsen, die an beiden Elbufern gewohnt hatten, mit Frauen und Kindern aus ihrer Heimat und siedelte sie in verschiedenen Gruppen zerstreut in Gallien und in Germanien an.«

An ihrer Stelle ließ Karl in Südholstein im Jahre 804 die Obodriten, einen slawischen Stamm, den er über die sächsischen Gebiete hinaus ebenfalls bereits christianisiert hatte, ansiedeln."

Dazu gibt es dann die s.g. Widerlegung u.a. von Karl Hengst
Dieser erklärt, dass es sich bei den den Historikern vorliegenden Chroniken um Abschriften beziehungsweise Überarbeitungen handele. Diese seien erklärungsbedürftig: Hinter der Überarbeitung der Annalen, die um 810 erfolgte, steht eindeutig die Absicht, die Taten des Frankenherrschers Karl der Nachwelt in einem verklärten Licht aufzuzeichnen. Fazit: Karls Rolle und damit die der blutigen Schwertmission falle geringer aus als oft angenommen.

Hengsts provokante These lautet: Die in den Einhard-Annalen niedergeschriebene Tötung von 4.500 abtrünnigen Sachsen 782 in Verden an der Aller hat nie stattgefunden. Vielmehr liege ihr Sinn darin, Niederlagen in Siege umzuwandeln. Dies hat aus der Sicht des Paderborners dazu geführt, dass Sachsenmission mit blutiger Schwertmission identifiziert wurde und so für die Nachwelt in ein negatives Licht geriet.

Stützen tut sich Hengst dabei u.a. darauf: Eine Art Beschönigung sieht er bei der Darstellung der Paderborner Kaiserpfalz, die weitaus größer war, als es nach der Schilderung der Annalen den Anschein hatte. 777 war dort sogar die erste Reichsversammlung auf sächsischem Boden abgehalten worden. Aber: Ein Jahr später wurde die Anlage von aufgebrachten Sachsen zerstört. Wenn Einhard in seinen Annalen folglich von einem unbedeutenden Castellum spricht, dann um die Schmach, die mit der Zerstörung dieser imperialen Anlage verbunden war, ein für alle Mal aus dem fränkischen Geschichtsbewusstsein zu entfernen. Dass dies nicht gelungen sei, verdanke die Forschung den ausgegrabenen Steinen der Urbs Karoli in Paderborn. Und noch etwas anderes ergibt sich laut Hengst aus den Funden der Archäologie: Bereits vor dem Papstbesuch im Jahre 799 lasse sich für Westfalen von einer christlichen Geschichte sprechen. Die bezeugten die alten Friedhöfe in Beckum, Herzebrock, Soest, Fürstenberg und Paderborn. Dies ist laut Hengst nicht zuletzt ein Verdienst der Missionare. Den Gräbern sei zu entnehmen, dass man ab 700 von einem Mischvolk auszugehen habe. Urkunden über die Errichtung der sächsischen Bistümer aus dem Jahr 799 sind nicht erhalten. Auch wenn der Benediktiner Erkanbert aus Fulda möglicherweise bereits 785 die Bischofsweihe erhalten habe, sei er 799 als erster ordentlicher Bischof von Minden eingesetzt worden.

Es ließe sich nun wieder vortrefflich darüber streiten, was Wahr und was Unwahr ist ;)

Cynx
09-06-2004, 14:38
Hi

ok letzte Runde, zumal es auch nichts mehr mit dem Thema zu tun hat. Noch mal, es ging mir alleine darum auch mal auf die aktuellen Forschungsergebnisse zu schauen und nicht nur Quellen aus dem 19 Jahrhundert zu nutzen. Keine Rechtfertigung der Kirche etc.
Religion wird von Menschen gemacht und da fängt der Ärger auch schon an.


Gleich? Hab ich nicht verlangt, wäre trotzallem nett, wenn Du Fakten dazu bieten würdest. Logischerweise gibt es politische Hintergründe, Intrigengespinste und weitere Mitspieler bzgl. Jeanne d'Arc (Jeanne la Pucelle, fille de Dieu - so nannte sie ihre innere Stimme), aber was stimmt nun an den Angaben nicht?


Kommt drauf an wie du nicht stimmen auslegst. Es ist die Kunst des Weglassens. Der kirchliche Teil ist bei Jeanne eigentlich der kleinste, die Hinrichtung war fast ausschliesslich politisch motiviert. Nein ich habe jetzt keinen langen Text, sondern Verweise einfach auf die aktuelle Forschungsliteratur.



Sachsenschlächter hab ich ihn nicht genannt, bei mir heißt er "Karl der Große" (franz. Charlemagne) und, soweit mir bekannt ist, haben diesen Begriff erst


Das war nur ein Beispiel, wie sich eine falsche Quelle zu einem allgemeinen Begriff geprägt hat, der nur selten hinterfragt wird. :)

BTW: Von den Nazis erfunden (mit der gleichen Motivation wie bei Karl) ist übrigens auch die "Hexen - Hebammen - Weise Frauen"-Geschichte, in der das Weiterleben der vorchristlichen Religion betrieben wurde.



Es ließe sich nun wieder vortrefflich darüber streiten, was Wahr und was Unwahr ist ;)

Stimmt, aber auch das ist nicht gerade mein Fachgebiet und daher von mir zu dem Thema:

Over and Out :)
Alex

Michael Kann
16-07-2004, 12:57
Möglicherweise in diesem Zusammenhang auch ganz interessant, heute kommt auf WDR um 20.15 Uhr eine Doku "Die großen Rätsel" zum Thema "die Schriftrollen vom Toten Meer" ... möglicherweise im Zusammenhang mit den wahren Begebenheiten ohne "Gotteshaus" ganz interessant!