Anmelden

Vollständige Version anzeigen : Ab wann ist ein Verband für Euch wirklich ein Verband?



Ununoctium
03-06-2015, 00:22
Hallo Leute,

es gibt je unglaublich viele Verbände in Deutschland – nur sind das alles auch echte Verbände für Euch?

Die meisten Verbände, gerade bei den neuen Stilen, sind z.B. meist Firmen (in irgendeiner Rechtsform) – teils nicht mal mit Sitz in Deutschland.
Ist für Euch eine Firma auch ein Verband?

Laut Wikipedia – definiert sich ein Verband (Recht) wie folgt (Quelle: Verband (Recht) ? Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Verband_%28Recht%29))

Verbände sind Gruppen von Einzelpersonen (natürliche Personen) oder Körperschaften (juristische Personen) aller Art, die sich freiwillig zur Verfolgung gemeinsamer Zwecke zusammengeschlossen haben und meist über eine feste interne Organisationsstruktur auf Basis einer Satzung verfügen. Verbände bündeln die Interessen der einzelnen Mitglieder zum Erreichen gemeinsamer Ziel- oder Wertvorstellungen, sie stellen eine soziale Interessengruppe dar (Interessenverband). Sie existieren und agieren in allen Gesellschaftsbereichen.

Nun ist es aber doch oft so das viele Verbände (da Firmen) doch eher wenigen/einzelnen gehören und sie zwar für die Schulen/Mitglieder Leistungen anbieten – aber meist nicht um gemeinsame Zwecke zu erreichen sondern um Gewinn zu machen (für was gibt es sonst Firmen).

Wie ist es z.B. wenn man Mitglied in einem Verband ist der eine GmbH ist? Für was zahlt man dann? Ist dann nicht etwas wie ein Zeitschriften Apo – nur ohne Zeitschrift?

Wie ist Eure Meinung dazu?

Viele Grüße

Heiko

Serjoscha
03-06-2015, 00:39
Naja, so lange es rechtlich als Verband anerkannt ist, ist es für mich auch ein Verband.

Wenn es für deine Sportart mehrere Verbände gibt, muss einem aber nicgt jeder gefallen. Dann kann es sich lohnen sich dem Verband anzuschließen der die eigenen Interessen am besten vertritt.

Auch die Anerkennung durch übergeordnete Verbände kann ebenfalls ein wichtiger Punkt sein. Wo kommt deine Sportart her? Erkennt der ursprüngliche Verband im Ursprungsland deinen deutschen Verband an? Oder ist er im Deutschen Olympischen Sportbund?

Es gibt da viele Faktoren, ich persönlich muss aber sagen dass ich Verbände in Form von gemeinnützigen Vereinen bevorzugen würde. Da können die Mitglieder dann auch Einfluss auf den Verband nehmen.

Ununoctium
03-06-2015, 01:44
Naja, so lange es rechtlich als Verband anerkannt ist, ist es für mih auch ein Verband.

Wie wird was rechtlich als Verband anerkannt?

DeepBlue
03-06-2015, 08:32
Bei uns gibt es auch diese "Pseudo-Verbände"...
Sie schließen sich zusammen und machen auch Seminare und Turniere zusammen, aber ohne eine Gemeinnütigkeit beantragt zuhaben. Das Finanzamt kennt diese Verbände garnicht....
Und damit wird für mich die Sache unseriös. Teilnehmergebühren, Seminarleiterkosten, Hallenkosten... alles wird über schwarze Kassen abgewickelt, schön unter der Hand.

Ich habe mir mal die Mühe gemacht, beim Finanzamt nachzufragen.... war ein sehr interessantes Gespräch. :D

Armin
03-06-2015, 14:00
Oha, hier fliegt ja mal wieder das Halbwissen durch die Luft, dass man gar nicht weiß wo man anfangen kann.

1. Gemeinnützigkeit heißt auf gar keinen Fall, dass KEINE Gewinne gemacht werden (dürfen). Gemeinnützigkeit bedeutet lediglich, dass besonderer (Unternehmens-) Zweck verfolgt wird, der deswegen steuerfrei bleibt. Gewinne dürfen als solche nicht an die Anteilseigner ausgeschüttet sondern müssen der Satzung entsprechend verwendet werden (reinvestiert, bestimmten förderfähigen anderen Zwecken zukommen, etc.)

2. Ein Verband, als Verbund mehrer Interessensgruppen, muss nicht zwingend gemeinnützig sein. Beispiele sind die ARGE oder die GbR. Anders herum gibt es ja die GmbH die ebenfalls gemeinnützig sein kann, genauso wie es alle Rechtsformen theoretisch sein könnten (ich wüsste jetzt zwar von keiner, u. a. wegen der Gründungskosten, aber denkbar wäre z. B. eine gAG).

3. Damit wäre es anders herum denkbar, dass ein Unternehmen z. B. EWTO GmbH & Co. KG heißt und trotzdem als Verband, d. h. als Interessenvertreter vieler verschiedener Einzelunternehmen tätig wird. Die Einzelunternehmen sind auf keinen Fall (oder nur wirklich wenige) gemeinnützig, warum sollte der Dachverband zwingend gemeinnützig sein? Dazu gab und wird nie einen Zwang geben.

4. Auch Vereine sind nicht zwingend gemeinnützig. Verfolgt der Verein einen nicht förderungswürdigen Zweck, gibt's keine Anerkennung.


Ich würde mir, bevor ich mich überhaupt zu so einem Thema äußern würde, erst mal tatsächlich anlesen, wie das mit der Gemeinnützigkeit funktioniert, was ein Wirtschaftbetrieb und was ein wirtschaftlicher Zweckbetrieb in diesem Zusammenhang ist. Als Tipp: § 15 und § 51 ff. (d. h. bis § 68) Abgabenordnung lesen. Da steht leicht verständlich alles drin. Und wer richtig Spaß haben will liest noch die AEAO (Anwendungserlasse zur Abgabenordnung) dazu.

Ach ja, noch ganz interessant: Es handelt sich tatsächlich allein um steuerrechtliche Problemstellung, HGB- und BGB-technisch (und auch bezüglich aller anderen Normen) ändert sich grundsätzlich nichts.

DeepBlue
03-06-2015, 14:26
@ Armin

guter Beitrag

Habe ich das korrekt verstanden, dass man, egal ob gemeinnützig oder nicht, eigentlich ein Verband steuerpflichtig im Allgemeinen ist?

Armin
03-06-2015, 15:07
Zunächst ja. Es gibt dann eben die Ausnahmen:
- als gemeinnützig anerkannt: komplett steuerfrei, d. h. keine Körperschaftsteuer, keine Gewerbesteuer und keine Umstzsteuer
- Zweckbetrieb: unter Umständen nur 7 % statt 19 % Umsatzsteuer, dafür aber immer noch Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerfreiheit
- Wirtschaftsbetrieb: Volle Steuerpflich in allen Steuerarten.

Beliebtes Beispiel (mal sehen, ob ich das noch zusammenbekomme):

Fußballverein, Sommerfest mit Eintrittsgeldern und Würstelverkauf.

Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen = gemeinnütziger Teil, dient direkt dem gemeinnützigen Zweck "Förderung des Sportes"; keine Steuern.

Einnahmen aus Eintrittsgeldern = Zweckbetrieb; dient immer noch indirekt dem gemeinnützigen Zweck, aber auch der Erzielung von Einnahmen (die allerdings dem gemeinnützigen Zweck unterstützen); ermäßigte Umsatzsteuer, aber keine Ertragsteuern.

Einnahmen aus Würstelverkauf = Wirtschaftsbetrieb; hat mit der Sache "Sport" überhaupt nichts zu tun und man tritt praktisch in Konkurrenz mit anderen Gastronomien; volle Steuerpflicht bei allen Steuerarten.

Und das alles kann gleichzeitig in einem einzelnen Verband/verein/Unternehmen auftreten (bei den meisten Gemeinnützigen bestehen alle drei "Unternehmensbereich").

DeepBlue
03-06-2015, 17:08
Vielen Dank Armin.

Wenn also ein Verband nicht beim Finanzamt gemeldet ist und somit wohl auch keine Steuern zahlt, ist das nicht gut.

Serjoscha
04-06-2015, 02:52
Wie wird was rechtlich als Verband anerkannt?

Naja indem der Verband eben z.B. beim Finanzamt geführt wird und demnach Steuern zahlt oder eben Steuerbefreit ist.

Wie meine Vorredner bereits erwähnt haben gibt es da viele Gebilde, die so weit auch rechtmäßig sind. Aber man muss eben auch beachten dass sie auch Rechtmäßig handeln. Dazu gehört nicht nur die korrekte Verständigung mit dem Finanzamt, denn in einem Sportverband z.B. sollte auch dafür gesorgt sein dass die Sporttreibenden versichert sind. Wie das geschieht kann dann widerum Unterschiedlich sein. Man kann sowohl über den Verband als auch über den eigenen Verein versichert sein. Im Optimalfall beobachtet der Verband das ganze aber so weit dass, sofern er die Versicherung nicht selbst übernimmt, die Vereine nur zum Verband gehören können wenn die Mitglieder Versichert sind.
Natürlich können es auch Schulen oder andere Organisationen anstelle von Vereinen sein.

Vereine, und Verbände welche selbst als Verein organisiert sind, haben aber oftmals den einfachen Vorteil dass die Mitglieder größeren Einfluss auf das Wirken ihrer Organisation nehmen können. Das ist bei Privatunternehmen oftmals nicht der Fall.
Gerade bei Gemeinnützigen Vereinen steht dazu meistens auch der Soort selbst, sowie seine Sportler anstelle von Profit im Vordergrund.

Chondropython
04-06-2015, 13:12
Einnahmen aus Eintrittsgeldern = Zweckbetrieb; dient immer noch indirekt dem gemeinnützigen Zweck, aber auch der Erzielung von Einnahmen (die allerdings dem gemeinnützigen Zweck unterstützen); ermäßigte Umsatzsteuer, aber keine Ertragsteuern.

Einnahmen aus Würstelverkauf = Wirtschaftsbetrieb; hat mit der Sache "Sport" überhaupt nichts zu tun und man tritt praktisch in Konkurrenz mit anderen Gastronomien; volle Steuerpflicht bei allen Steuerarten.


Nur der Vollständigkeit halber, der Würstlverkauf kann auch mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz besteuert werden. Je nachdem ob es nur "to Go" ist. Sind Biertische vorhanden ist es der volle Steuersatz... Vereinfacht dargestellt! Ein schwieriges Thema. Mit viel Potential zu bescheißen!

Einen Verein managen ist schon nervig, aber eine Veranstaltung ist so richtig zum kotzen! Da ist die Steuer noch das wenigste! Von daher bin ich froh dass sich so viele Leute finden die für "uns" auch Turniere, etc organisieren!

Black Raven
13-06-2015, 08:20
Ich persönlich hätte nichts dagegen, wenn ein Verband eine GmbH ist, allerdings ist mir zugegeben so etwas auch noch nicht untergekommen.

Um mal bei meiner Lieblingssportart Kickboxen Beispiele herauszuziehen: Die WKU hat sich damals aus der WKA abgekappselt, um für die Sportler da zu sein, keine hohen Kosten aufzustellen, etc. Nun ist das so, dass die aber beispielsweise bei den C-Wertungsturnieren, die primär in Hotels abgehalten werden, mit den Hotels Verträge haben, dass nur derjenige am Turnier teilnehmen darf, der auch in diesem Hotel einchecken tut. Das günstigere Hotel auf der anderen Straßenseite darf man dabei nicht benutzen. Oder die WAKO. Dicker Sponsorvertrag mit TopTen. Wer günstigere, aber gleichwertige Produkte hat, muss draufzahlen.

Da wäre es mir doch vollkommen lachs, wenn ein Verband eine GmbH oder sonst was ist. Gewinnabsicht gibt es also fast überall.

Rene
13-06-2015, 15:41
Danke Armin :halbyeaha


Nur der Vollständigkeit halber, der Würstlverkauf kann auch mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz besteuert werden. Je nachdem ob es nur "to Go" ist. Sind Biertische vorhanden ist es der volle Steuersatz... Vereinfacht dargestellt! Ein schwieriges Thema. Mit viel Potential zu bescheißen! ...

... zumindest dem Potential, es zu versuchen. Gerade auf diese Geschichten haben sich, zumindest in unserem Umkreis, die Finanzämter gut eingestellt.