HEMA-Turnierregeln im Vergleich [Archiv] - Kampfkunst-Board

PDA

Vollständige Version anzeigen : HEMA-Turnierregeln im Vergleich



sworduser
05-06-2015, 12:21
Hier soll es weitergehen mit der Turnierdiskussion, die sich aus itto_ryo's Vorstellung der HALAG-Regeln im Sparring (http://www.kampfkunst-board.info/forum/f65/halag-regeln-sparring-173185/) ergeben hat.


@M.Hampel Danke für Deine Erläuterungen zu den HALAG-Regeln. Daß ein gutes Treffersystem wesentlich ist, sehe ich ganz genau so. Du schreibst ja sehr neutral über die verschiedenen Turnierumsetzungen Deines Regelwerks. Hast Du irgendwelche persönlichen Favoriten darunter oder sind sie für Dich alle gleichwertig?

@Jadetiger Für eine kleine Gruppe wie unsere fällt das KO-System schon deshalb aus, weil das Turnier nach nur drei Runden vorbei wäre. Aber mich würde sehr interessieren, welche Systeme in den Gruppenphasen verwendet wurden und welche Vor- und Nachteile die Gruppen dabei festgestellt haben.


jeder wie er will ;)
Wir nennen das auch nicht Turnier, Ist einfach eine Ansage fürs Contrafechten. Ich habe aber bemerkt, dass es die Einstellung der einzelnen Fechter in Bezug auf Risikofbereitschaft positiv verändert (jedenfalls so wie ich mir das wünsche).

Übrigens wenn ich deine "Bedenken" lese, dann steht bei einem so kurzes Turnier zu viel auf dem Spiel bzw. hängt vom einzelnen Gang zuviel ab.
Wars nicht das was du suchst? Konsequenzen und Auswirkungen auf eure Aktionen im Contrafechten? Warum dann wieder relativieren?

Bei ein bis drei Kämpfen lernst du warhrscheinlich genausoviel wie bei sieben (am Anfang nämlich nichts!).
Mit der Zeit hat man dann genügend Kämpfe gefochten und hat auch genug Erfahrung in Grundlagen und Taktik um daraus Schlüsse zu ziehen.

(btw. ich bin kein Freund von zu frühem Freikampf, schon garnicht, wenn keiner dabei ist, der sich damit auskennt).

sworduser
05-06-2015, 12:24
@OliverJ Bisher haben wir uns noch nicht am Turnier versucht, deshalb sind meine Einwände alle theoretisch. Wir werden auf Deine Empfehlung hin wohl auch mal das KO-System testen, auch wenn ich "Bedenken" habe. ;)

Was ich relativiere, ist die Wirkung des KO-Systems und nicht unser Wunsch nach Druck und Konsequenz. Beim KO-System hängt halt vieles davon ab, in welcher Runde man gegen wen antritt. Die Konsequenzen und Auswirkungen kann man also (zurecht) teilweise der Startverteilung zuschreiben. Wie gesagt, haben wir ein Mitglied unserer Gruppe, daß uns wahrscheinlich erstmal alle in die Tasche stecken wird. Wenn jetzt das System (teilweise) Schuld daran ist, daß man es nicht ins Finale geschafft hat, nimmt einem das auch einen Teil des Drucks. Außerdem ist der Druck ganz schnell wieder vorbei, wenn man in der Hälfte ist, die nach der ersten Runde wieder raus ist. Und wenn du schreibst, daß man in einer Runde genauso nichts lernt wie in sieben Runden, wozu dann überhaupt ein komplettes Turnier und nicht einfach nur eine einzige Runde Zweikampf (wäre in dem Fall auch kein Unterschied ob KO oder jeder gegen jeden), nach der die eine Hälfte Verlierer und die andere Hälfte Gewinner ist? Wozu überhaupt ein Turnier?

Was ist Deiner Meinung nach zu früher Freikampf, bzw. was sollte man gemacht haben oder können, bevor Du einem Freikampf empfehlen würdest?

Und da du geschrieben hast, ihr kämpft jeder gegen jeden: Wieso macht ihr dann was anderes als das KO-System?

Jadetiger
05-06-2015, 13:15
Zunächstmal stellt sich mir die Frage, soll es in diesem Thread um Turnieraufbau und Turnierorganisation gehen, oder um die Regeln eines Einzelgefechts?

Letzteres finde ich schwierig so allgemein zu diskutieren, da die Regeln doch von der Art der Waffe und der Schutzausrüstung abhängen.
Beispiel:
Beim Turnier im neuzeitlichen Messerkampf (also das kurze Ding, das man auch zusammenklappen kann) brauche ich keine Regelung für ringerische Techniken, weil sich der Kampf in dieser Distanz sehr schnell erledigt hat. Für den gerüsteten Kampf mit dem Langen Messer (also das lange Ding, das ähnlich aussieht wie ein SchwerT) brauche ist die sehrwohl.


Was ist Deiner Meinung nach zu früher Freikampf, bzw. was sollte man gemacht haben oder können, bevor Du einem Freikampf empfehlen würdest?Für den Einstieg in den Freikampf sind für mich zwei Sachen wichtig:

1) Es ist wichtig, dass der Schüler den Gegner nicht unabsichtlich verletzt. Das kann man auf zwei Wegen sicherstellen
1a) Der Schüler bekommt zum Fechten nur ungefährliche Waffen. Bei mir ist das z.B. die Schaumstoff-Rasierklinge (http://blog.jadetiger.de/lametta-monacensa/)
1b) Der Schüler muss seine Techniken soweit kontrollieren (als zielen und dosieren) können und sogut mit der Waffe vertraut sein, dass er den Gegner nicht unbeabsichtigt verletzt.

2) Der Schüler muss soviel Technik und Wissen im Kampfaufbau haben, dass ihn das Gefecht gegen einen erfahrenen Fechter nicht völlig frustriert. Als ich das erste Mal gegen meinen Lehrer im Stoßrappier (Darth Kreußler) gefochten habe, hat er mich ca. 10 Mal in zwei Minuten getroffen, ohne dass ich auch nur wusste, wie mir geschieht. Wäre ich nicht so ein Waffennerd und Masochist, hätte ich ihm die Waffe wahrscheinlich vor die Füße geworfen und wäre gegangen.

OliverJ
05-06-2015, 14:21
Beim KO-System hängt halt vieles davon ab, in welcher Runde man gegen wen antritt. Die Konsequenzen und Auswirkungen kann man also (zurecht) teilweise der Startverteilung zuschreiben. Wenn jetzt das System (teilweise) Schuld daran ist, daß man es nicht ins Finale geschafft hat, nimmt einem das auch einen Teil des Drucks. Außerdem ist der Druck ganz schnell wieder vorbei, wenn man in der Hälfte ist, die nach der ersten Runde wieder raus ist.
Das nennt man dann Pech. Lost es halt aus.
Wenn man gleich zu Beginn gegen den Besten ran muss, dann ist der Druck wahrscheinlich noch höher, es hängt ja noch mehr dran.
Hier möchte Terao mal kurz zitieren, der so treffend schrieb:
"Genau das macht doch Turniere didaktisch so wertvoll: Einmal im falschen Moment gepennt, und Du kannst heimfahren. Im normalen Training hingegen probierst Du`s einfach noch mal."
Mal ganz ehrlich, wenn ich deine Beiträge so lese, bin ich mir nicht ganz so sicher, ob dir klar ist wovon ich rede, ich verstehe die Einwände nämlich eher als Pluspunkt.


Was ist Deiner Meinung nach zu früher Freikampf, bzw. was sollte man gemacht haben oder können, bevor Du einem Freikampf empfehlen würdest?
da würde ich mich Jadetiger erstmal so anschließen.


Und da du geschrieben hast, ihr kämpft jeder gegen jeden: Wieso macht ihr dann was anderes als das KO-System?
Wie ich schrieb. Das ist nur eine Ansage für das Contrafechten. Es ist kein Turnier in der am Ende eine Reihenfolge ermittelt wird.
Wenn ihr zu acht seid, ficht jeder acht Gänge. Es interessiert uns aber nicht, wer wie viele Kämpfe davon gewonnen hat.
Selbst wenn wir das in einem Turnier machen würden, ist es kein KO, da man ja eine festgelegte Anzahl an Kämpfen austrägt und niemand an einer Stelle rausfleigt. Dann verliert der einzelne Gang aber wieder an Wert, da die Zahl am Ende zählt. Könnte man auch machen, wirkt sich aber auch wieder aus.


Und wenn du schreibst, daß man in einer Runde genauso nichts lernt wie in sieben Runden, wozu dann überhaupt ein komplettes Turnier und nicht einfach nur eine einzige Runde Zweikampf [...]Wozu überhaupt ein Turnier
Genau.
Wir haben keine internen Turniere, wir fechten nur :cool:
Und wenn du nicht verstehst, warum man zu Beginn aus einer Runde soviel lernt wie aus sieben, dann bist du wahrscheinlich noch nicht bereit für freies Fechten.

Jadetiger
05-06-2015, 15:08
Wenn ihr zu acht seid, ficht jeder acht Gänge. Es interessiert uns aber nicht, wer wie viele Kämpfe davon gewonnen hat.
Da sprichst du einen wichtigen Nachteil eines Rundensystems mit Rangfolgenermittlung an.
Wenn man weiß, wieviele Leute aus der Runde weiterkommen, kann man sehr gut mit Siegen und Trefferverhältnis taktieren. Im Einzelfall sind einem dann evtl. sogar manche Kämpfe egal oder werden absichtlich verloren. Das ist ja etwas, was man im klassischen Fechten per se nicht aufkommen soll.

Im KO-System ist es eben hop oder top. Da ist jeder Treffer wichtig.

Noch ein Tipp zu Übungsgefechten im Training, der sich bei uns sehr bewährt hat:
Ich habe in meiner Schule schon vor Jahren des Aufruf "Letzter Treffer!" eingeführt. Das bedeutet, dass alles, was vorher passiert ist, nicht mehr gilt. Es zählt nur noch dieser eine Treffer. Es wird noch einmal angegrüßt und dann geht es um Alles. Das gibt den Leuten zum Abschluß nochmal einen Kick.

Terao
05-06-2015, 18:50
Ich habe in meiner Schule schon vor Jahren des Aufruf "Letzter Treffer!" eingeführt. Das bedeutet, dass alles, was vorher passiert ist, nicht mehr gilt. Es zählt nur noch dieser eine Treffer. Es wird noch einmal angegrüßt und dann geht es um Alles. Das gibt den Leuten zum Abschluß nochmal einen Kick.Witzig. Exakt das gibts bei uns auch, derselbe Ablauf, derselbe Zweck. Bloß ruft man bei uns auf gut Japanisch "Ippon Shobu!". :)

Das sollte auch der Geist sein, mit dem man in jeden einzelnen Turnierkampf geht. Bei nem überschaubaren (Amateur-)Teilnehmerkreis klappt das auch eigentlich ganz gut. Finde die Befürchtung, primär an ihrer eigenen Entwicklung und am gemeinsamen Lernen interessierte Fechter würden sich auf einmal in kleinkarierte Punktefeilscher und Absichtlichverlierer verwandeln, bloß weil da "Turnier" draufsteht, manchmal ein bissl übertrieben.

itto_ryu
06-06-2015, 07:51
Also aus meiner Kendo-Turnierzeit kann ich nur die Erfahrung wiedergeben, dass dort mehr als genug realistische Spannung aufkommt allein durch das maximal 2-Treffer-System. Je nach Turnier ist es gut, wenn es eine Pool-Vorrunde gibt (insbesondere für Anfänger, wenn sie wenigstens ihre zwei Kämpfe hatten), spätestens ab Dan-Träger-Niveau ist ein reines KO-System ebenfalls empfehlenswert. Ich finde ein derartiges Treffer- und Punkteverständnis in einem Ausscheidungssystem können Turniere zu lehrreichen Erfahrungen machen, insbesondere (und das macht eigentlich den wichtigsten Pluspunkt aus) weil man hier auch die Gelegenheit hat nicht immer nur im selben Kämpferkreis sich zu messen als aus der gewohnten Gruppe. Aber ich finde auch, dass Turniere im HEMA nicht das alleinige heilbringende Ziel der ganzen Sache sein sollten, sondern eben eine von vielen möglichen Spielarten.

sworduser
06-06-2015, 22:27
Zunächstmal stellt sich mir die Frage, soll es in diesem Thread um Turnieraufbau und Turnierorganisation gehen, oder um die Regeln eines Einzelgefechts?

Es geht mir vor allem darum, wie man aus einzelnen Kämpfen ein Turnier zusammensetzt, also um den Turnieraufbau. Ich bin da aber nicht wählerisch. Wenn die Regeln des Einzelgefechts Einfluß auf den Turnieraufbau haben, nehme ich sehr gerne auch den Input dazu.


1) Es ist wichtig, dass der Schüler den Gegner nicht unabsichtlich verletzt. Das kann man auf zwei Wegen sicherstellen
1a) Der Schüler bekommt zum Fechten nur ungefährliche Waffen. Bei mir ist das z.B. die Schaumstoff-Rasierklinge (http://blog.jadetiger.de/lametta-monacensa/)
1b) Der Schüler muss seine Techniken soweit kontrollieren (als zielen und dosieren) können und sogut mit der Waffe vertraut sein, dass er den Gegner nicht unbeabsichtigt verletzt.

2) Der Schüler muss soviel Technik und Wissen im Kampfaufbau haben, dass ihn das Gefecht gegen einen erfahrenen Fechter nicht völlig frustriert. Als ich das erste Mal gegen meinen Lehrer im Stoßrappier (Darth Kreußler) gefochten habe, hat er mich ca. 10 Mal in zwei Minuten getroffen, ohne dass ich auch nur wusste, wie mir geschieht. Wäre ich nicht so ein Waffennerd und Masochist, hätte ich ihm die Waffe wahrscheinlich vor die Füße geworfen und wäre gegangen.Das klingt vernünftig.



Das nennt man dann Pech. Lost es halt aus.
Wenn man gleich zu Beginn gegen den Besten ran muss, dann ist der Druck wahrscheinlich noch höher, es hängt ja noch mehr dran.
Hier möchte Terao mal kurz zitieren, der so treffend schrieb:
"Genau das macht doch Turniere didaktisch so wertvoll: Einmal im falschen Moment gepennt, und Du kannst heimfahren. Im normalen Training hingegen probierst Du`s einfach noch mal."
Mal ganz ehrlich, wenn ich deine Beiträge so lese, bin ich mir nicht ganz so sicher, ob dir klar ist wovon ich rede, ich verstehe die Einwände nämlich eher als Pluspunkt.


da würde ich mich Jadetiger erstmal so anschließen.


Wie ich schrieb. Das ist nur eine Ansage für das Contrafechten. Es ist kein Turnier in der am Ende eine Reihenfolge ermittelt wird.
Wenn ihr zu acht seid, ficht jeder acht Gänge. Es interessiert uns aber nicht, wer wie viele Kämpfe davon gewonnen hat.
Selbst wenn wir das in einem Turnier machen würden, ist es kein KO, da man ja eine festgelegte Anzahl an Kämpfen austrägt und niemand an einer Stelle rausfleigt. Dann verliert der einzelne Gang aber wieder an Wert, da die Zahl am Ende zählt. Könnte man auch machen, wirkt sich aber auch wieder aus.


Genau.
Wir haben keine internen Turniere, wir fechten nur :cool:
Und wenn du nicht verstehst, warum man zu Beginn aus einer Runde soviel lernt wie aus sieben, dann bist du wahrscheinlich noch nicht bereit für freies Fechten.Danke, OliverJ, für Deine Auskunft.



Da sprichst du einen wichtigen Nachteil eines Rundensystems mit Rangfolgenermittlung an.
Wenn man weiß, wieviele Leute aus der Runde weiterkommen, kann man sehr gut mit Siegen und Trefferverhältnis taktieren. Im Einzelfall sind einem dann evtl. sogar manche Kämpfe egal oder werden absichtlich verloren. Das ist ja etwas, was man im klassischen Fechten per se nicht aufkommen soll.Wenn ein Rundenturnier nur die Vorphase zum KO-Turnier ist und mehrere unterschiedlich gute Fechter weiterkommen, mag das Taktieren ja vielleicht einen Sinn haben. Aber wenn es ein reines Rundenturnier ist, bei dem am Schluß die Überlebenswahrscheinlichkeit allein über den Platz entscheidet und es eben nicht egal ist, ob man mit Platz 1 oder 2 aus dem Rundenturnier kommt? Ich kann da keinen Raum für absichtliche Fehler erkennen. Verliert man einen Kampf, kommt eine schlechtere Überlebenswahrscheinlichkeit raus und man steht schlechter da als der, der gewonnen hat.

itto_ryu
07-06-2015, 14:45
Hier übrigens als Beispiel das Regelwerk der Cateran Society:
https://cateransociety.wordpress.com/2015/06/06/cateran-society-tournament-rules/

sworduser
08-06-2015, 22:12
Hier übrigens als Beispiel das Regelwerk der Cateran Society:
https://cateransociety.wordpress.com/2015/06/06/cateran-society-tournament-rules/Wird das ganze dann im KO-System ausgetragen oder jeder gegen jeden und am Schluß werden die Punkte zusammengezählt?

Im anderen Thread hast Du geschrieben, daß Ihr im Sparring das HALAG-System verwendet. Ist das eine Spezialität Deiner Gruppe oder zieht da vielleicht die ganze Cateran Society nach?

itto_ryu
09-06-2015, 15:31
Wird das ganze dann im KO-System ausgetragen oder jeder gegen jeden und am Schluß werden die Punkte zusammengezählt?
Kommt darauf an, man kann beides machen. Wir hatten das auch mal in einer Art Liga-Betrieb laufen und am Jahresende wurden die Sieger platziert entsprechend der Tabelle.



Im anderen Thread hast Du geschrieben, daß Ihr im Sparring das HALAG-System verwendet. Ist das eine Spezialität Deiner Gruppe oder zieht da vielleicht die ganze Cateran Society nach?
Richtig, meine Gruppe hat die HALAG-Regeln durch Marcus Hampels zutun nach und nach mehr ausgetestet, in der Cateran Society besteht an diesen auch reges Interesse durch "unsere Vermittlung".

sworduser
17-06-2015, 20:59
Richtig, meine Gruppe hat die HALAG-Regeln durch Marcus Hampels zutun nach und nach mehr ausgetestet, in der Cateran Society besteht an diesen auch reges Interesse durch "unsere Vermittlung".:halbyeaha


Ich bin auf eine 3 Jahre alte Übersicht über verschiedene HEMA-Turniersysteme gestoßen. Rules survey | Swiss HEMA (http://swiss-hema.ch/de/articles/rules-survey/)