Deman und seine Erkenntnisse - Was haben uns unsere Meister denn nicht gesagt? [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Vollständige Version anzeigen : Deman und seine Erkenntnisse - Was haben uns unsere Meister denn nicht gesagt?



Wendelin
09-09-2001, 15:16
Hallo!

Gestern nacht habe ich mir Frank Deman "reingepfiffen":

http://www.bol.de/cec/cstage?eccookie=&ecaction=bolprditmview&PrdId=1001001000269538&search_click=Y

"Wing Shun für Insider"
- oder was Ihnen Ihr Meister nicht sagen konnte

Frank W. Deman

:confused:

Also was konnte uns unserer Meister nicht sagen? Wer sich ein wenig beschäftigt, wird selbstversdtändlich in vielen Dingen Deman beipflichten müssen. Unsere Zivilisation schafft Bewegungsbehinderung. Falsches Schuhwerk, falsche Möbel, falsche Angewohnheiten lassen den Körper degenerieren und werden ihn irgendwann entstellen. Hier feiert Deman die Schwerkraft und Fehlhaltungen als Ursache. Und sicher hat er Recht!

Falsches Essen, diese ganzen Radiowellen, der ewige Lärm in der Großstadt halten uns in Streß und Alarmbereitschaft und schaffen uns - tun wir denn dann nichts dagegen - Verspannungen, die letzt und endlich zu Verkrampfung, Verkürzungen von Muskelgruppen, Fehlhaltungen des Körpers und schließlich Schädigung der Organe und des Bewegungsaparates führen. Falsche Atmung tut ein Übriges. Und von der Ernährung schweigen wir, sonst haben wir den Krieg der Vegetarier. (BTW ich trinke einen Kaffee, den ich für vollkommen ungesund halte und der die Magenschleimhaut durcheinanderbringt ;-) )

Soweit hat Deman Recht! Nur ist das ein Allgemeinposten, den er hier ausbaut, der einfach zur Grundaustattung des Menschen gehören sollte.

Diese Degenaration des Körpers beginnt nicht nach seiner Geburt und da wage ich dem Leser des Buches von Desmond Morris "Babywatching" auf das erste heftig zu widersprechen, sondern mit ihr schon!

Der Mensch ist in seiner Natur unnatürlich und vollkommen denaturalisiert. Er ist der einzige Säuger, der seinen Wurf in einen embryonalen Zustand auf die Welt bringt. Seit Anbeginn der Menschwerdung beginnt der Kampf des Menschen gegen die Natur und damit kommt es zur Entfremdung mit der eigenen Welt. Und auch der Entfremdung mit sich. So alt der Mensch ist, hat er auf Methoden gesonnen sich einen gesunden Körper zu erhalten.

Und auch meistens mit dem Hintergedanken sich die Wehrkraft zu erhalten und zu erhöhen. Ob es die alten Griechen waren oder wahrscheinlich bereits schon Kulturvölker.

Jetzt kommt Deman daher und erklärt uns, daß das "die Meister" nicht wissen. ;)

Es ist ewta 9 Jahre her, als mein damaliger WT Sifu mit den "Bärenlatschen" daherkam und genaus dasselbe von sich gab, was Deman uns als "tiefschürfende" Weißheit eines "Körpertherapeuten" beibringen will. Der endlich, ein Wissen an die Öffentlichkeit bringt, daß viele gewußt haben - und das so EWTO eigen ist, daß ich mit den Ohren schlackern muß.

Ah ja ... den fittesten 70 jährigen, den ich sah - er hatte einen Körper wie ein 28 jähriger Mann! - sah ich in Marokko er ist Wächter des Häuschen gewesen, daß zum Tuopkal, den zweithöchsten Berg Afrikas im Großen Atlasgebirge führt. Muhammed hatte keine Ahnung von Wing Shun, keinen Dunst von Körpertherapeuten. Er war ein schlichter Ringer, der jeden Tag seine Übungen macht.

Ich habe mehr fitte Alte gesehen im "traditionellen Sport" - der von Deman so geschmäht wird - als in den "körperbewußtseins" Studios glückselig machender Therapeuten.

Für einen Sportler ist es eine alte Pappe und da braucht es keinen Klugschwätz aus unserer Ecke: Ist der Körper über Schäden und Anspannung degeneriert ist keine "Krafterzeugung" und keine Leistung vorhanden.

So klar Demans Beobachtungen sind, so unlogisch und vorallem auch unpräzise sind seine Schlüße. "Taoistische Weichheit" schafft einen - bis ins hohe Alter - leistungsfähigen Körper. Dieser Blödsinn und dieses tiefschürfende Geheimniss und der alleinige Hoheitsanspruch, war es der mich bei der EWTO kündigen lies. Heute kommt der Unsinn als Buch raus!

Okay - reden wir Tacheles - zur Kraft. Nochmal der Begriff "Kraft" ist ein "Schwammbegriff". Er sagt einfach überhaupt nichts aus. Yip Man war im übrigen - und da reicht das Grundwissen Demans einfach doch nicht hin - ein körperlich, kräftiger Mann in unserem traditionellen Sinne! Diese kränklichen Bilder des Altmeisters zeigen einen verkrebsten Mann kurz vor seinen Tod, der um diese unmenschlichen Schmerzen des Kehlkopfkrebses zu ertragen Opium bis zur Sucht hin zu sich nahm. Nichts ist aus der Zeit von dem "Bewegungskünstler" Yip Man geblieben. Diesen kranken Menschen als Vorbild menschlicher "Kraft" - "seine Beine waren dünner als die Oberarme mancher Sifus" - darzustellen ist der Hohn schlechthin und man muß sich fragen, ob man nach diesem Satz Deman seine therapeutische Lizens entziehen sollte!

So ungenau der Begriff "Kraft" ist so unpräzise kann dann auch mit der "Weichheit" lamentiert werden. Der menschliche Körper erzeugt Kraft in dem sich Muskeln ent- und anspannen. Klar verkrampfte und chronisch verspannte Muskeln können das nicht. Aber - ich halte hier sehr viel von Feldenkrais - durchaus Methoden diese brauchbar zu machen. Wenn man aber so generös alle Physiotherapeuten und Sportler in einen Sack steckt und draufklopft, wie Deman, sollte sich der Leser wirklich fragen: Herr Klugscheißer, warum tun sie das?

Muskeln dehnen sich und Muskeln ziehen sich zusammen. Und Muskelgruppen können - wie wir es bei manchem Kraftsportler sehen - sich auch behindern. (Muß es aber nicht!!!) Damit ein Muskel viel Explosivkraft hat, muß er sich - während seine Gegenspieler entspannt bleiben - möglichst schnell zusammenziehen. Ich kriege den Begriff Lockerheit, Entspanntheit und Flexibilität hin. Ich weiß aber wirklich nicht, was das mit Weichheit zu tun hat!

Dieses "schnelle",explosionsartige Zusammenziehen der Muskeln - muß funktional geübt werden! Dieses Üben nennen wir allgemein SPORT! Das klassische und von Deman so geschmähte traditionelle Ving Tsun hat ein überaus großes Potential Verspannungen und Schäden des Bewegungsapparates zu bereinigen und die Explosivkraft zu erhöhen. Ersteres kommt aus den Beobachtung der Chinesen, daß der Mensch sich in seinem leben immer verspannt und das ausgeglichen werden muß. Das wissen ist so alt, daß ich befürchte, daß Deman damals nicht mal den Kreislauf seiner taoistischen Widergeburten eingegangen ist!

Dieses alte Wissen ist in das Ving Tsun eingegangen und hat Männer wie Yip Man, Wong und andere hervorgebracht. Es liegt offen und jedem zugänglich da! Es braucht kein ergänzendes Wissen von Alexander, Rolf und Feldenkrais, die vieles aus alten Bewegungslehren übernommen haben.

BTW glaube ich, daß Feldenkrais vieles aus dem Wissen der islamischen Mönche in sein System hineinbrachte. Er machte die Übungen so, wie ich sie im Toupkal wieder von dem Alten sah. Ruhige Gymnastikübungen sind eine alte Tradition in den islamischen Ländern. (hahaha welch´ Joke!)

Weiter schreibt Deman etwas über die Siu Nim Tau. Hier wird seine mangelndes Grundwissen klar, in dem er sich teils in Unpräzision und einer ans esoterisch Grenzenden "Körper-Geist"-Harmonie verliert. Das Chi Sau hat seine vielen Meister und vielen Interpretationen erst im Westen und erst durch Organisationen wie die EWTO erfahren. Wer dann solche Sätze schreibt, müßte - hätte er einen klaren Menschenverstand - feststellen, daß er noch nicht allzuviel in den "Traditionen" des Ving Tsuns geforscht hat. Und zwar, wo es - unter dem kämpferischen Paradigma, das "Pragma" des Ving Tsun (!!!) - höchste Erfolge hatte! Er ist nicht in der Lage das feine Zusammenspiel von Anspannung und Entspannung, die Sensibiliesierung der Muskeln auf Bewegungen, durch einfache Übungen darzustellen. Er versackt in seiner Weichheit, wie der - von ihm beschriebende Besoffene - duch seinen Alkoholgenuß so in sich zusammensackt, daß mas ihn nicht mehr aufheben kann. (Er nutzt dann optimal die Schwerkraft im Demanschen Sinne! Hahahaha wie ein Doppelzentnersack halt auch!)

Das sind die ersten Eindrücke in der Lektüre dieses Werkes, daß aber die durchaus sinnvolle Themen aufwirft: Körperbewußtsein, gesundheit und Kraft. Bewegung vor Technik. Hier in diesen Gedanken hat Deman einen guten anfang gemacht. Schade, daß er sich durch Selbstgefälligkeit und "Alleinrecht" einer tieferen Analyse der Bewegungskünste entzieht.

Ewige Blumenkraft

Wendelin

Klaus
10-09-2001, 15:39
Ist überall eine Menge Gefasel. Weichheit hat nichts mit "Nachgiebigkeit" und Schwäche zu tun, sondern mit der Weichheit der unangespannten Muskulatur, damit da wirklich kein Widerstand ist, und man sich mit der explosvien Kraft namens Fajing (Fei-Dsching) nicht selbst zerreisst. Die Weichheit der Bewegung kommt davon, daß man trainiert, möglichst alle Haltefunktion auch mit Haltemuskulatur (viel, groß, und stark, nix "4 Unzen") zu betreiben, und den Rest nicht zu verwenden. Der kommt dafür ins Spiel, wenn man SCHNELLkraft benötigt, weil die nichts mehr halten muß, kann der Körper die völlig auf Schnellkraft umbauen. Adaption macht's möglich.