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Vollständige Version anzeigen : [Film] The Tea Master (Aaron Au)



KK-Baghira
31-07-2015, 10:08
Ich bin eben über soziale Netzwerke darauf aufmerksam geworden - es geht um den Kurzfilm "The Tea Master" von Aaron Au (http://teamastermovie.com/), der seitens einer beteiligten Firma Titlecard Pictures online (https://www.youtube.com/watch?v=xh41Mm_xSgk) eingestellt worden ist.

Da ich hier nichts gefunden habe, dachte ich, ich teile es einfach mal...ein Film mit ehrwürdigen, englisch sprechenden Meistern, Siegen/Weiterkommen durch Nachgeben, Ninjas besiegender Samurai - kommt einem so vertraut vor...aber insgesamt aufwändig und schlicht inszeniert :)

Ich trinke nun Tee und esse Kekse (http://www.kampfkunst-board.info/forum/f12/arbeitsthread-non-koryu-174047/), weil mir
a) mit Blick auf Keksregel Nr. 9 ("Katana falsch herum ( Schneide nach unten)") die Schwerthaltung auffiel.
Aber mal als Unwissender gefragt: kann mit der Schneide nach unten beim ziehen kein diagonaler Schnitt geführt werden (kommt im Film ja so ähnlich vor) und bei Schneide oben eher mit einer "hiebartigen" Ausführung verbunden sein?
b) mir die aktuelle Frage Turnbulls nach Ninjas als Invented Tradition (http://digitalcommons.kennesaw.edu/jgi/vol9/iss1/3/) in den Sinn kam
...aber dazu können erfahrenere User bestimmt mehr beitragen, was Details angeht

Schöne Grüße
Baghira aka Alex

bugei
31-07-2015, 21:32
Ich trinke nun Tee und esse Kekse (http://www.kampfkunst-board.info/forum/f12/arbeitsthread-non-koryu-174047/), weil mir
a) mit Blick auf Keksregel Nr. 9 ("Katana falsch herum ( Schneide nach unten)") die Schwerthaltung bei auffiel.
Aber mal als Unwissender gefragt: kann mit der Schneide nach unten beim ziehen kein diagonaler Schnitt geführt werden (kommt im Film ja so ähnlich vor) und bei Schneide oben eher eine "hiebartige" Ausführung verbunden sein?


Hallo Alex!
Da ich die Regel Nr. 9 zumindest mit verbrochen habe, bleibts wohl an mir hängen, nehme ich an.
Um erstmal auf Deine Fragen zu antworten:
Ja, beim Ziehen eines Katana, das sich richtig herum im Obi befindet, kann man aus der Ziehbewegung einen Hieb/Schnitt von oben nach unten bzw schräg von oben nach unten ( sozusagen über die Diagonale des Oberkörpers) ausführen. Muß man nicht, geht aber.
Zur ersten Frage: Wenn man das Schwert mit der Schneide nach unten im Gürtel hat, könnte man beim Ziehen tatsächlich diagonal von unten nach oben schneiden. Könnte, wenn da nicht ein kleines Problem wäre:
Falls du im Besitze eines Bokken und eines Obi ( Hakama wäre noch besser) bist, könntest Du es selber testen. Falls nicht, tut es behelfsweise auch ein ordinärer Hosengürtel und ein gebogener Stock, z.B. von nem Schaufelstiel
Steck dir das Bokken mit der Schneide nach oben in den Gürtel und zieh es. Das sollte aufgrund der Krümmung des Schwertes recht gut fünktionieren. Jetzt dreh das Ding um ( Schneide nach unten) und versuche wieder zu ziehen. Je nachdem, wie stark das Schwert gekrümmt ist, dürfte die Bewegung schon wesentlich ungemütlicher auszuführen sein.
Dabei steckte das Schwert bis eben nur im Gürtel, weswegen wir jetzt den Schwierigkeitsgrad erhöhen, indem wir das Bokken in einer Saya (Scheide) verstauen. Wieder rein in den Gürtel, Schneide nach oben und ziehen. Mit einem bissel Geschick kriegt man es hin, daß das Schwert auf dem Rücken aus der Saya gleitet, ohne daß sich die Spitze in selbiger verfängt (Ausnahme: Es ist viel zu lang für Deine Arme). Jetzt probiere das ganze mal mit der Schneide nach unten. Du mußt diagonal nach oben ziehen, die Bewegung fühlt sich total falsch an ( jedenfalls für mich wäre das so), weil der Schwertgriff aufgrund seiner Krümmung in Richtung Deiner Rippen zeigt und das Schwert gleitet auf der Schneidkante aus der Saya.
Jetzt steigern wir die Schwierigkeit ins Extrem: Benutze ein scharfes Schwert und zieh es, Schneide nach unten, mehrmals aus der Saya. Allerdings, bevor Du das tust, rufe bitte den Rettungswagen, da Du recht gute Chancen hast, mit der Schneide erst die Saya und anschließend Deine Finger in Einzelteile zu zerlegen.
Nichtsdestoweniger gab es in Japan Schwerter, die mit der Schneide nach unten getragen wurden: Tachi. So ein Ding, wie der alte Herr im Film bei sich trägt und immer mal wieder an die Brust presst. Nur steckten die eben nicht im Gürtel, sondern hingen an demselben ( kein besonders gutes, aber immerhin ein Beispiel (https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/bb/Samurai_with_tachi.png))

Inushishi
31-07-2015, 22:21
Nichtsdestoweniger gab es in Japan Schwerter, die mit der Schneide nach unten getragen wurden: Tachi. So ein Ding, wie der alte Herr im Film bei sich trägt und immer mal wieder an die Brust presst. Nur steckten die eben nicht im Gürtel, sondern hingen an demselben ( kein besonders gutes, aber immerhin ein Beispiel)

Ich möchte hier Bugei in seinem gesamten Beitrag zustimmen, möchte aber erwähnen das gerade weil das Tachi hängt und nicht im Gürtel steckt beim Tachi wieder ganz andere Verhältnisse herrschen.
Hier bietet es sich an von unten nach oben zu ziehen da man mehr "Raum" hat.
Siehe: Shojitsu Kenri Kata Ichi-ryû https://www.youtube.com/watch?v=yPUTe8Yojxo

Stefan W
31-07-2015, 22:29
Hi zusammen,
Ich erinnere mich an die Zenteki Gyakutō aus der MJER. Dort wird die Saya mit Beginn des Ziehens so gedreht, dass die Schneide nach unten zeigt. Der erste Schnitt ist dann der gyaku kesa giri.
Im o.g. Filmchen finde ich es aber schon befremdlich, dass das Schwert von vornherein mit der Schneide nach unten im Gürtel getragen wird.
Viele Grüße
Stefan

bugei
31-07-2015, 22:40
Ich möchte hier Bugei in seinem gesamten Beitrag zustimmen, möchte aber erwähnen das gerade weil das Tachi hängt und nicht im Gürtel steckt beim Tachi wieder ganz andere Verhältnisse herrschen.
Hier bietet es sich an von unten nach oben zu ziehen da man mehr "Raum" hat.
Siehe: Shojitsu Kenri Kata Ichi-ryû https://www.youtube.com/watch?v=yPUTe8Yojxo
Da hast Du freilich vollkommen recht. Aufs Tachi bin ich in Bezug aufs Ziehen nicht eingegangen, aber, wie Du sagst, dadurch, daß sich das Tachi unterhalb des Gürtels befindet, funktioniert es in der von Dir beschriebenen Weise


Hi zusammen,
Ich erinnere mich an die Zenteki Gyakutō aus der MJER. Dort wird die Saya mit Beginn des Ziehens so gedreht, dass die Schneide nach unten zeigt. Der erste Schnitt ist dann der gyaku kesa giri.
Im o.g. Filmchen finde ich es aber schon befremdlich, dass das Schwert von vornherein mit der Schneide nach unten im Gürtel getragen wird.
Viele Grüße
Stefan
Echt? Die drehen die Saya um 180°? Das wußte ich noch nicht. Allerdings, wage ich mal die Vermutung, das ist so eine Ausnahmegeschichte wie es sie manchmal gibt. So wie man in manchen Schulen manchmal eine umgekehrte Handhaltung an der Tsuka findet
Ich kannte es bis dato nur, daß man die Saya um 90° drehen kann, so daß der Klingenrücken zum Körper zeigt. Jetzt nicht spezifisch auf die MJER bezogen

Inushishi
31-07-2015, 22:55
Bei Zenteki Gyakutō scheint es vor allem auch je nach Sensei andere Ausführungsformen zu geben. Das erste Video das ich gerade bei Youtube von der Kata gefunden habe dreht an der Saya nichts sondern dreht das Schwert erst zu Gyakukesa wenn die Spitze die Saya verlassen hat.

Stefan W
31-07-2015, 23:02
Ich lerne es mit Drehung der Saya (ist eine fiese Sache, wenn man vergisst diese sofort wieder zurückzudrehen, wenn das Schwert die Saya verlassen hat...)
Aber wie Du schon schreibst, es gibt vielleicht unterschiedliche Varianten...

GastRitis
01-08-2015, 07:43
Schneide oben/ unten ist ja ein Thema.
Wie schafft man es denn, dass die saya während des atemberaubenden Kampfes von der linken Seite auf die rechte wechselt?:ups:
Siehe ab 0:55

Stefan W
01-08-2015, 07:56
Man muss halt sehr, sehr schnell sein...:D

ryoma
01-08-2015, 08:30
Ich verstehe die ganze Diskussion nicht ganz...
Gyaku Kesa-Techniken kommen in sehr vielen Schulen vor und sind mit Sicherheit keine grosse Ausnahme.
Natürlich trägt man dabei das Schwert nicht mit der Schneide nach unten, sondern zieht eigentlich "normal" um am Schluss die Saya zu drehen und dadurch Gyaku Kesa zu haben.

Und keine Sorge, das Ganze funktioniert auch ganz hervorragend mit Shinken (auch wenn man noch ein Wakizashi im Obi hat). ;)

KK-Baghira
01-08-2015, 09:51
Ich verstehe die ganze Diskussion nicht ganz...

Dürfte meiner Unwissenheit geschuldet sein und ich dachte (irrigerweise?), dass der Film vlt. einige Diskussionsstränge zusammen führen kann, da er ja mit vielen, weit verbreiteten "Bildern" operiert. ^^'''

Darüber hinaus ein großes Danke an bugei für diese ausführliche Beschreibung...sowie an Stefan, Inushishi und GastRitis fürs Fortf-Führen :)

Da ich nicht aus japanischen KKs komme, habe ich weder Bokken, Obi, Hakama noch gar Saya und Katana daheim...und meine eigenen Katanaerfahrungen sind äußerst sporadisch und bisher auf offene Budo-Seminare beschränkt gewesen. Dort wurde zwar mit Scheide nach oben gezogen, allerdings gab es soweit nur Einflüsse eines Soke Shihan Sensei und keinerlei weiterer Vergleichsmöglichkeiten, so dass ich es nicht wirklich einschätzen kann.

Viele Grüße

bugei
01-08-2015, 21:30
Ich verstehe die ganze Diskussion nicht ganz...
Aber Du machst erstmal mit :p

Gyaku Kesa-Techniken kommen in sehr vielen Schulen vor und sind mit Sicherheit keine grosse Ausnahme.
Da bin ich voll bei Dir. Mit "Ausnahmegeschichte" meinte ich das Drehen der Saya um 180° vor dem eigentlichen Ziehen. Ich kann nicht drüber streiten, ob es das nun gibt oder nicht, aber ich halte es nicht für die Regel


Natürlich trägt man dabei das Schwert nicht mit der Schneide nach unten, sondern zieht eigentlich "normal" um am Schluss die Saya zu drehen und dadurch Gyaku Kesa zu haben.
Eben


Und keine Sorge, das Ganze funktioniert auch ganz hervorragend mit Shinken (auch wenn man noch ein Wakizashi im Obi hat). ;)
Wenn man es kann, definitiv. Allerdings hab ich meine Zweifel, daß die Schauspieler im Film es können... wenn es der Regisseur schon nicht mal für nötig hält, den Leuten halbwegs ordentliche Schwerter zu verpassen ( in den Großaufnahmen gut zu sehen), wird er als Schauspieler wahrscheinlich auch nicht gerade Schwertprofis einsetzen

KK-Baghira
01-08-2015, 23:53
@Bugei: Dieses Mal ist es gerne an mir dazu was kurzes beizutragen :)


Allerdings hab ich meine Zweifel, daß die Schauspieler im Film es können... wenn es der Regisseur schon nicht mal für nötig hält, den Leuten halbwegs ordentliche Schwerter zu verpassen ( in den Großaufnahmen gut zu sehen), wird er als Schauspieler wahrscheinlich auch nicht gerade Schwertprofis einsetzen

Neben einem bisher für drei LEO-Awards nominierten Tee-Meister Colin Fuu und einem Bryon Lawson als Schwertmeister, der Platz 12 bei Kanadas Top 20 Sexiest Man war, steht auf der Homepage ergänzend (http://teamastermovie.com/crew/) dazu zum Samurai-Darsteller Paul Wu:


Paul Wu is a world renowned stunt performer and actor with credits that range from Underworld Evolution to Watchmen. In 2003, Paul doubled Ken Wantabe in the blockbuster hit ” The Last Samurai” as well as Chow Yun Fat in “Bullet Proof Monk”.

Inwiefern ihn das jetzt zum "Schwertprofi" macht...gute Frage, an TLS scheiden sich ja gerne Geister XD

Gute Nacht!
Alex

ryoma
02-08-2015, 09:01
Aber Du machst erstmal mit :p

Klar! Keine Ahnung, aber immer voll drauf. :D

KAJIHEI
02-08-2015, 12:08
Ich halte mich kurz : Lustiger Film mit null Verständnis für die Praxis, zumindest was die Schwerter angeht.
grauenhafte Dinger, falsche Montierungen, damit nicht mal von den Basics die Prinzipien kapiert.
Was das Rumgefuchtel angeht : China ist eben nicht Japan....
Als pure Unterhaltung : Na warum denn nicht.:)

Shinobu
02-08-2015, 12:51
b) mir die aktuelle Frage Turnbulls nach Ninjas als Invented Tradition (http://digitalcommons.kennesaw.edu/jgi/vol9/iss1/3/) in den Sinn kam
...aber dazu können erfahrenere User bestimmt mehr beitragen, was Details angeht

Schöne Grüße
Baghira aka Alex

Hi, falls es jemand interessiert, den Artikel gibt es hier komplett: Turnbull on Ninja.pdf (https://docs.google.com/viewer?a=v&pid=forums&srcid=MDY3Njk3NDM5NTgxMDQ3ODY2MzcBMDQ4OTg2Mzc1OTU1 NTc0OTgyMjMBRWRfQ1JnUlFLVmdKATAuMQEBdjI)
Fand ich persönlich jedenfalls sehr interessant!

Viele Grüße, Shinobu