Vollständige Version anzeigen : Entersäbel und Bajonett
itto_ryu
11-08-2015, 23:57
Hier mal ein bisschen was experimentelles:
QQTtOEAWCmg
:fechtduel
Gute Info und schönes Video. Von dieser innovativen Bajonettverwendung hatte ich noch nie gehört.
Frage:
Wie sieht das Ganze aus gegen Gegner ohne geschützten linken Arm? Die typische Konfrontation dürfte ja gegen Seeleute erfolgt sein, die nur mit Cutlass, Axt oder Pike bewaffnet waren. Sind die Chancen sehr stark oder nur wenig erhöht?
Wenn der Gegner einen Degen hat, wie stehen seine Chancen?
Dito, wenn er einen langen Säbel benutzt?
Dito, gegen Gewehr mit Bajonett?
Ich hätte statt des angehefteten Bajonetts lieber einen Schild. Oder wäre das dumm?
Gute Info und schönes Video. Von dieser innovativen Bajonettverwendung hatte ich noch nie gehört.
Frage:
Wie sieht das Ganze aus gegen Gegner ohne geschützten linken Arm? Die typische Konfrontation dürfte ja gegen Seeleute erfolgt sein, die nur mit Cutlass, Axt oder Pike bewaffnet waren. Sind die Chancen sehr stark oder nur wenig erhöht?
Wenn der Gegner einen Degen hat, wie stehen seine Chancen?
Dito, wenn er einen langen Säbel benutzt?
Dito, gegen Gewehr mit Bajonett?
Ich hätte statt des angehefteten Bajonetts lieber einen Schild. Oder wäre das dumm?
Ein Schild ist halt relativ "schwer", und braucht vor allem Platz.
Auch dürfte das Schild zu der Zeit nicht mehr Teil der Standartausrüstung gewesen sein und die vorherschende Art des Fechtens den Umgang damit nicht thematisiert haben (?).
Mit einem Schild kann ich ebenfalls nicht schiessen (also Gewehr/Pistole halten).
Ist halt eine Behilfswaffe die gut mit der natürlichen Reaktion einen Schlag mit dem Unterarm blocken zu wollen harmoniert.
Ja, der Schild war zu der Zeit (ca. um 1800) sicher obsolet. Meine Frage war mehr theoretischer Natur. Bis ca. 1745 war der Schild bei den schottischen Highlandern ja wenigstens noch teilweise in Gebrauch. Ich fand im Video nur, dass die Defensiveigenschaften des Schnallbajonetts manchmal etwas zu wünschen übrig ließen.
Das mit "Pistole halten" ist ein gutes Argument. Cutlass rechts, Pistole links mit angeschnalltem Bajonett klingt besser als Schild links.
Das mit "Pistole halten" ist ein gutes Argument.Denke, ein Punkt ist vor allem Pistole (Gewehr, Donnerbüchse...) nachladen. Da wär`n Schild, selbst ein kleiner Buckler, extrem nervig. Ne freie Hand ist auch nicht schlecht, wenn man sich doch mal irgendwo festhalten will auf nem Schiff. Eine Klinge hat man da schnell zwischen die Zähne geklemmt, einen Schild nicht.
itto_ryu
12-08-2015, 18:15
Fakt ist, im Enterkampf kamen vornehmlich Entersäbel zum Einsatz, das war die Blankwaffe des Seemanns, gefolgt von der Pike (wobei die eher zur Anti-Enterwaffe gedacht war und in zwei Längenversionen genutzt wurde), dann kamen Muskete und Bajonett, Seepistolen, Granaten, Messer und Beile und Äxte. Nach den Quellen aus der Royal Navy der Briten zu urteilen spielte das Entermesser als Standard einfach die wichtigste Rolle im Nahkampf beim Entern, bei sog. Cutting-outs (man nutzt die kleinen Boote vom Land zum feindlichen Schiff oder von Schiff zu Schiff für Attacken) und bei Landungsangriffen. Gegen andere typische maritime Waffen, denen man begegnen konnte, muss man das einfach mal auch austesten, klar. Gegen einen Musketen- oder Piken-Stoß kann man diesen improvisierten Schild sicherlich ganz gute einsetzen,k um den Stich abzuleiten und selbst mit Überbrückung der Distanz den Reichweitennachteil auszugleichen.
Ist ein Schild besser? Keine Frage im Klingenkampf ist ein Targe nützlicher zu gebrauchen, jedoch gehen wir hier von einer besonderen Situation aus, dem Enterkampf. Beengte Räumlichkeiten, Chaos an Deck und die Tatsache, dass der Schild keine Rolle im Schiffskampf spielte. Auch wenn man mit dem Targe noch recht gut greifen kann (Stichwort zusätzlich den Dirk greifen), mit einem Buckler könnte man das noch besser.
Die Sache mit dem Bajonett ist somit mehr eine improvisierte Idee, die sicherlich aus gutem Grund entwickelt wurde und andere kamen auch zu ähnlichen Ideen (siehe Green). Kurz gesagt, ja ein echter Schild ist besser, aber ein improvisierter ist besser als ohne ;) Klar ist, es gibt zwei Belege, einmal die Aussage zum der Praxis die Lord Cochrane anwandte (eben das umgebundene Bajonett), zum anderen die Empfehlung von Lieutentant Green (1812) die Pistole als defensives Mittel zu nutzen. Dazu:
The sea service pistol in use at the time was a simple crude arm which could not be reloaded quickly in combat. A formidable short-range man-stopper, once fired it was either cast aside or in some cases simply thrown at the opponent. Lt Green advised that the pistol should not be thrown away but used, for example, as a guard to deflect cutlass blows to the head. This and other tactics are demonstrated throughout this manuscript with watercolour sketches. The example shown above depicts a sailor warding off the bayonet of the enemy with his cutlass while firing his pistol at the same time:
"A man armed with a pistol ought to reserve his fire to the last extremity if his life is to depend on the discharge of his pistol killing the man opposed to him."
So in etwa stellte sich Green das vor (siehe Anhang).
Lt Green advised that the pistol should not be thrown away but used, for example, as a guard to deflect cutlass blows to the head.Ehrlich gesagt, war ich immer ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dasss man die Dinger standardmäßig auch zum Zu- oder Wegschlagen benutzte. Mit den metallbeschlagenen dicken Knäufen sehen die Dinger doch sicherlich nicht zufällig bis weit ins 19. Jh. hinein wie Kriegskeulen aus. :cool:
Wenn Lt.Green das so hervorhebt, scheints aber doch nicht gar so selbstverständlich gewesen zu sein.
itto_ryu
13-08-2015, 10:07
Genau das fiel mir auch ins Auge, zumal der Gebrauch z.B. von Reiterpistolen zum Draufhauen ja schon beispielsweise von Wallhausen empfohlen wird.
http://www.hroarr.com/wp-content/uploads/2012/01/Wallhausen-Johann-Jacobi-von-1614-10-1024x651.jpg
Aber scheinbar gab es da wohl zumindest zu diesem Zeitpunkt die Notwendigkeit darauf hinzuweisen.
karate_Fan
13-08-2015, 10:15
Itto Ryu Und wieder mal ein großes :verbeug: für das Teilen der Videos und für die Hintergrundinfos.
Finde es wirklich cool, das ihr euch mit diesem Thema beschäftigt. Ist ja in der KK Szene nicht sonderlich verbreitet. Was irgendwie schade ist, da es alles andere als langweilig ist.
PS: Auf die Idee, das die alten Vorderladerpistolen mitunter keine übliche Nahkampfwaffe abgeben würden bin ich auch schon gekommen..
@Terao Nur weil LT Green darauf hingewiesen hat, muss das noch lange heißen, dass es nicht selbstverständlich war, das man es so gemacht hat..
Kommt immer auf den Kontext an. Könnte auch als Hinweis zur Ausbildung der Marine Soldaten gedacht gewesen sein..
Oder es gäbe noch andere Möglichkeiten warum er darauf hingewiesen hat..
Aber nur wenn man etwas hinweist, muss das noch lange nicht heißen, dass es trotzdem nicht gängiges Wissen war.. Könnte mich aber auch irren, bin kein Historiker, und daher nicht sehr erfahren wie man Quellen richtig "liest".
BloodRage
14-08-2015, 11:36
@itto: War ein echt tolles Gefecht. Hat Spaß gemacht, bro.:D
itto_ryu
21-09-2015, 23:09
Neue Experimente, Bajonett mal anders, diesmal mit Säbel und gegen Broadsword und Targe:
wsOCQNrmpWI
Sehr schön. Eine klare Überlegenheit von Schwert und Targe konnte ich nicht feststellen. Oder? Manchmal denke ich mir, ein größerer Schild und ein kürzeres Schwert wären vielleicht besser. :)
itto_ryu
22-09-2015, 07:31
Natürlich spielen auch die Fähigkeiten und Erfahrungen des Einzelnen eine Rolle im Sparring, aber Broadsword & Targe hat sich generell als deutlich überlegen gegen Single-Broadsword, sowie Broadsword & Dirk gezeigt, man hat einfach mehr Schutz und kann mehr Druck aufbauen. Broadsword & Parierdolch oder mit Buckler (wie Miller es z.B. zeigt) ist da schon deutlich ebenbürtiger.
Der Targe schützt schon sehr gut, man muss natürlich dennoch agil bleiben, dafür hat das Broadsword aber auch gute Reichweite und durch den Korbgriff einen optimalen Schutz.
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