Notwehrrecht [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Vollständige Version anzeigen : Notwehrrecht



Nahot
13-06-2004, 12:00
hiho.

nachdem hier im forum so oft fragen nach notwehr und dergleichen gestellt wurden, hab ich mal gesucht und diesen text (http://www.arsmartialis.com/recht/notwehr.html) gefunden.
ich denke somit werden einige fragen beantwortet. die seite ist übrigens auf einem recht aktuellen stand, vom mai 2004.

:winke:

Wurzel des Lichts
13-06-2004, 12:18
hatten wir glaube ich schon mal hier im forum aber trotzem en gaaanz fettes THX!!! :halbyeaha sowas kann man immer brauchen ;)

Grüßle Benny

Ryo
16-05-2006, 11:51
Schwupps...

sorry fürs hocholen aber diskutiere gerade andererorts darüber.

Mir wurde nun gesagt das Kampfsportler nun doch den angreifre VORWARNEN müssen... steht zwar nicht im Gesetz aber es soll wohl mal in einem Gerichtsurteil gesagt wurden sein und sei daher geltendes Recht ....

weis leider nicht welches Urteil etc und ob es stimmt...

Fände ich ziemlich hirnrissig...

Was meint ihr dazu?

Schnueffler
16-05-2006, 12:00
Du mußt niemanden mitteilen, das du KK/KS betreibst. Oftmals wird das sogar als Provokation ausgelegt, unter dem Motto "Dann wollen wir mal schauen, was du so drauf hast!"
Da wird dir auch kein Richter einen Strick draus drehen. Nur bei der Verhältnismäßigkeit wird dann immer geschaut, wenn du KK/KS betreibst.
MfG
Markus

Ryo
16-05-2006, 13:45
Ja das mit der Provokation denke ich ebenso!

Aber die Person die mir das mitteilte meint das es mal ein Urteil dazu gab...
Und die Studiert Jura....

bruceberlin
16-05-2006, 13:47
Schöne Zusammenfassung... Hilfreich!


Beste Grüße vom Bruce

DerRoteTee
16-05-2006, 16:31
Schwupps...

sorry fürs hocholen aber diskutiere gerade andererorts darüber.

Mir wurde nun gesagt das Kampfsportler nun doch den angreifre VORWARNEN müssen... steht zwar nicht im Gesetz aber es soll wohl mal in einem Gerichtsurteil gesagt wurden sein und sei daher geltendes Recht ....

weis leider nicht welches Urteil etc und ob es stimmt...

Fände ich ziemlich hirnrissig...

Was meint ihr dazu?

Ich denke das ist nicht notwendig.
Seid meinem Seminar bei der Polizei bin ich ziemlich skeptisch gegenüber deren Bild "gegenwehr und wie hält man sich von Gewalttätigen Situationen fern". Ich denke man selber wird schon sehr nervös um dann noch sagen zu können :

Moment ! Da ich in der Lage bin Tai Chi, muay Thai, Kickboxen und Judo anzuwenden kann es sein das ich dich fast totprügelt !

Denke kaum das sowas erwähnt werden muss eher ein : Hey lass mich bitte in rihe, ich will kein stress....

oder ?

mfg

drt

Ryo
16-05-2006, 16:47
Naja wenn wirklich irgendwo ein richterspruch das besagt stimmt es aber wohl.. aber den hab ich nochnie gesehen ;)

Frag mich auch... muss ein Angreifer auch sagen das er Kampfsport macht? *hihihi*

VanZan
16-05-2006, 16:52
Naja wenn wirklich irgendwo ein richterspruch das besagt stimmt es aber wohl.. aber den hab ich nochnie gesehen ;)

Frag mich auch... muss ein Angreifer auch sagen das er Kampfsport macht? *hihihi*
;) Ja muss er,und bevor ihr euch dann auf die Glocke haut,macht ihr euch gemeinsam warm.Den ohne richtiges Aufwärmtraining hollt man sich hinterher noch eine schmerzhafte Zerrung oder so.;)
Und wenn ein Richter das mal gesagt hat,kann ein anderer schon wieder ganz anders entscheiden,oder man geht in die nächst höhere Instanz.

mozart
16-05-2006, 17:21
Bei Kindern oder schuldlos handelnden (Kranke, Betrunkene) darf man sich nur unter größtmöglicher Schonung des Angreifers wehren, hier gibt es juristisch keine Entschuldigung für unnötige Gegenwehr.

das mit den Betrunkenen kommt mir nicht ganz koscha vor!
Gerade im angetrunkenen Zustand sind die Leut besonders rauflustig
und kennen keine Hemmungen und da soll der Verteidiger größtmögliche
Schonung zeigen?

DerRoteTee
16-05-2006, 18:21
Ich wurd mal vonnem betrunkenen mit nem messer bedroht ^^
anstatt das ich gesagt habe : Hey ! ich bin 14 und kann kickboxen

sagte ich : Ich bin 14 und kann gut davon sprinten ^^

Ich selber, in meiner jetzigen verfassung würde egal ob betrunken oder nicht, absichtlich jemanden so unfähig schlagen oder verletzen bis er dann sagt es reicht ( oder vorher es schon sagt ). Ich muss selber mir im klaren sein das keine gefahr mehr vom Objekt mehr ausgeht.

Bei einem Kind.. hmm... ob ein 14 jähriger versucht einen 32 jährigen zu schlagen ^^

DerLachendeMann
22-05-2006, 13:33
Also: 1. Es gibt KEINE Verhältnismäßigkeitsprüfung im Notwehrrecht, weil ich das jetzt schon wieder gelesen habe hier.
2. Es gibt nur einen Notwehreinschränkung, die besagt, dass man keine Verletzungen des Angreifers hervorrufen darf, die in "grobem Missverhältnis" zum drohenden Schaden an eigenen Rechtsgütern stehen. Beispielfall ist hier der Rentner, der mit seiner Schrotflinte auf den Jungen schießt, der ein paar Kirschen klaut.
3. Es gibt ein (soweit ich weiß sogar BGH, bin mir aber nicht sicher) Urteil, in dem Kampfsportler wie Waffen behandelt werden. Waffeneinsatz muss man grundsätzlich ankündigen, außer die Gefährlichkeit der Situation lässt es nicht mehr zu. Die ganze Geschichte wird immer unter dem Begriff des sog. "mildesten Mittel" diskutiert. Es ist ja auch eine berechtigte Frage, ob der Typ, der sich nur mal aufspielen wollte und einen schwächeren Klatschen wollte nicht vielleicht aufhört, wenn man ihm sagt, dass man seit zig Jahren Kampfsport macht und ihm alle Knochen bricht, wenn er nicht aufhört einen zu stressen. Wenn das ausreicht um den Angriff abzuwehren, dann darf man natürlich nicht zuschlagen. Wenn aber der Angreifer bereits zuschlägt oder euch angreift oder der Barhocker schon unterwegs in Richtung eures Kopfes ist, dann müsst ihr natürlich niemanden mehr warnen, dann dürft ihr euch gleich wehren.
Falls es aber bisher nur zu "Pöbeleien" kommt und es wohl auf ne Keilerei rausläuft, dann steht ihr rechtlich auf der sicheren Seite, wenn ihr eure Kenntnisse vorher mitteilt.

Und nochmal: Es gibt im Notwehrrecht KEINE Verhältnismäßigkeitsprüfung (Grund: Das Rechtsbewährungsprinzip; Dem Verteidiger werden weitgehende Befugnisse eingeräumt, weil er sozusagen die Rechtsordung verteidigt.)

VanZan
22-05-2006, 13:39
Grundgesetz: Die Würde des Menschen ist unantastbar.In dem Moment wo ein Richter dich als Waffe bezeichnet,bist du ein Gegenstand.Dadurch tastet er deine Würde an.Menschen können aber keine Gegenstände(Sache) sein.
Dieses Urteil mit der Waffe wurde schon tausend Mal erwähnt,aber niemand hat es jemals schriftlich mit Aktenzeichen genannt.
Das ganze würde ich unter urbanes Märchen abhaken.;)
Oder es gab es mal in einem Land vor unserer Zeit.

Fragnade
22-05-2006, 19:00
Es gibt ein (soweit ich weiß sogar BGH, bin mir aber nicht sicher) Urteil, in dem Kampfsportler wie Waffen behandelt werden.
Brauch ich jetzt einen Waffenschein um Kampfkunst zu betreiben? ;)

Pilsgenuss
22-05-2006, 19:38
Also: 1. Es gibt KEINE Verhältnismäßigkeitsprüfung im Notwehrrecht, weil ich das jetzt schon wieder gelesen habe hier.
[...]
Und nochmal: Es gibt im Notwehrrecht KEINE Verhältnismäßigkeitsprüfung (Grund: Das Rechtsbewährungsprinzip; Dem Verteidiger werden weitgehende Befugnisse eingeräumt, weil er sozusagen die Rechtsordung verteidigt.)

Verstehe ich nicht. Der 32er sagt doch:"Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist ..." Die "Erfordernis" muss doch einer Verhältnismäßigkeitsprüfung unterzogen werden duerfen/koennen.
Inwiefern das Rechtsbewährungsprinzip als Argument gegen die Verhältnismäßigkeitsprüfung anzuwenden ist erschliesst sich mir auch nicht.

enraged_Clown
22-05-2006, 20:28
Verstehe ich nicht. Der 32er sagt doch:"Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist ..." Die "Erfordernis" muss doch einer Verhältnismäßigkeitsprüfung unterzogen werden duerfen/koennen.
Inwiefern das Rechtsbewährungsprinzip als Argument gegen die Verhältnismäßigkeitsprüfung anzuwenden ist erschliesst sich mir auch nicht.
sagen wir es so die 57kg, 1.69m grosse lisa wird von 1,90m, 96kg manni angegriffen. sie schnappt sich einen dicken ast und zimmert den manni über den schädel. so war das einem unbewaffneten angriff gegenüber verhältnismäsig? kann man drüber streiten. aber es war erforderlich da sie so am ehesten die körperlichen unterschiede wett machen konnte.

Pilsgenuss
22-05-2006, 20:34
sagen wir es so die 57kg, 1.69m grosse lisa wird von 1,90m, 96kg manni angegriffen [...]

Ja, und? Das was Du da gerade gepostet hast ist (zumindest im Ansatz) eine Verhältnismäßigkeitsprüfung. @DerLachendeMann meinte jedoch, dass das im Notwehrrecht irrelevant sei.

enraged_Clown
22-05-2006, 20:45
Ja, und? Das was Du da gerade gepostet hast ist (zumindest im Ansatz) eine Verhältnismäßigkeitsprüfung. @DerLachendeMann meinte jedoch, dass das im Notwehrrecht irrelevant sei.
es prüft nicht die verhätnismässigkeit, da diese prüfung negativ ausfallen würde. es kann nicht verhälnismässig sein einen unbewaffneten angriff mit einer waffe abzuwehren. ist das opfer allerdings körperlich so unterlegen das es unbewaffnet den kürzern ziehen würde ist es erforderlich diese "schwäche" auszugleichen.

Pilsgenuss
22-05-2006, 21:01
ist das opfer allerdings körperlich so unterlegen das es unbewaffnet den kürzern ziehen würde ist es erforderlich diese "schwäche" auszugleichen.

Ich wiederhole: Ja, und?
Wie will man denn ohne Verhältnismäßigkeitsprüfung feststellen, dass die von dir genannten Bedingungen zutreffen?

enraged_Clown
22-05-2006, 21:22
Ich wiederhole: Ja, und?
Wie will man denn ohne Verhältnismäßigkeitsprüfung feststellen, dass die von dir genannten Bedingungen zutreffen?
ok, laaaaaaaaaangsam. es ist erforderlich den knaben mit dem holzpfiffe umzumeiern! es ist nicht verhältnismässig! würdest du auf der grundlage der verhältnismässigkeit entscheiden düftest du den ast nicht nutzen! also ist eine prüfung der verhälnismässigkeit nicht notwendig. und noch eines selbst wenn es heisst das du das mildeste mittel wählen sollst stehr das nicht immer im verhältnis zu dem vorhergegangenem angriff.
sie hätte hier
a) sich vergewaltigen lassen können
b) den ast am schädel spalten können
c) die danebenliegende eisenstange dem manni durchs auge jagen können
sie wählte also ein mittel das erforderlich war und zugleich das mildeste. dabei spielte aber eine eventuelle verhältnismässigkeit keine rolle.
ausserdem kann ich entweder alle eventualitäten verhältnismässig abwägen oder den hundesohn ausschalten. wofür entscheiden sie sich?

Osirus
22-05-2006, 21:27
immer wenn es um rechtliche sachen in diesem forum geht wird einiges wild durcheinandergemischt und mit halbwissen um sich geworfen. ich bin zwar selbst nur ein jura-student im 6. semester (die grosse uebung im strafrecht war also schon), allerdings behaupte ich licht ins dunkel bringen zu koennen.
also:
1. der begriff der VERHAELTNISMAESSIGKEIT ist auch im notwehrrecht zu finden, allerdings bestehen hier sehr oft missverstaendnisse. warum? bei der notwehr (§32 stgb) gibt es - im gegensatz zum rechtfertigenden notstand (§34 stgb) - keine gueterabwaegung, d.h. der in notwehr handelnde muss NICHT zwischen dem rechtsgut (z.b.: gesundheit, leben, eigentum...), das er verteidigen will und dem, gegen das sich seine verteidigung wendet (z.b.: gesundheit des anderen) abwaegen. er muss sich also nicht fragen, ob er zur verteidigung seiner geldboerse jemand anderen evtl. verletzen darf. jetzt kommt aber der haken: die verteidigungshandlung muss zur ABWEHR ERFORDERLICH sein. das heisst: er muss sich des MILDESTEN MITTELS bedienen um den angriff SICHER abzuwehren. gibt es also eine weniger einschneidende verteidigungsmoeglichkeit um den selben erfolg zu erzielen ist dieses zu waehlen. nun wird sich mancher fragen: "woher weiss man in der konkreten situation, welches das mildeste mittel ist? soll ich erst stundenlang nachdenken? im zweifel liege ich da schon am boden." ehrlich gesagt: man weiss es oft nicht in sekundenbruchteilen! deshalb wird dem in notwehr handelnden ein gewisser spielraum eingeraeumt, d.h. er darf ein mittel waehlen, dass den angriff auch sicher abwehrt. er darf aber kurz gesagt nicht uebertreiben. wer jemandem mit voller kraft auf den kehlkopf schlaegt um nicht geschubbst zu werden hat eindeutig nicht das ERFORDERLICHE zu seiner verteidigung getan.

2. wer kampfsport macht ist KEINE MENSCHLICHE WAFFE! in jeder erst- oder zweitsemester vorlesung zum strafrecht wird bei der besprechung des §224 (gefaehrliche koerperverletzung) auch dieses thema angesprochen. das hat meiner meinung nach lediglich den grund, die juristische denkfaehigkeit ein wenig anzuregen, desweiteren gibt es besonders durch amerikanische filme einige fehlvorstellungen. allerdings ist es absolut herrschende meinung (das heisst in diesem fall die meisten juristen inkl. gerichte) wenn nicht sogar die einzige meinung, dass ein kampfsportler keine waffe im sinne des gesetzes ist, also nicht nach §224 sondern nach §223 (einfache kv) bestraft wird. nur: der strafrrahmen der einfachen kv geht "bis zu 5 jahren", der der gefaehrlichen kv "von 6 monaten bis zu 10 jahren". im einzelfall kann man mit einer einfachen kv schlechter wegkommen als mit einer gefaehrlichen. und genau hier macht die kampfsportausbildung den unterschied. der kampfsportler wird bei der zumessung der strafe (im rahmen des §223!) schlechter dran sein als jemand, der nicht weiss wie man richtig zuschlaegt. wer darueber nachdenkt, wird mir recht geben wenn ich sage, dass das nicht so ungerecht ist. dass es nicht trotzdem zu ungerechten urteilen dabei kommt bestreite ich nicht, aber das ist eher ein praktisches problem, ich erlaeutere hier nur die theorie.

3. unter dem stichpunkt "sozialethische einschraenkung der notwehr" wird auch der fall des ERKENNBAR SCHULDLOS HANDELNDEN behandelt. damit sind z.b. kinder und durch alkohol schuldlose gemeint. wichtig hierbei ist, dass der alkoholbedingt schuldlose angreifer (bei kv delikten ca. ab ca. 2,6 promille? bin mir hier nicht sicher....) erkennbar schuldlos handeln muss, d.h. es reicht nicht ein angetrunkener kneipenschlaeger (der wahrscheinlich noch aggressiver ist als nuechtern), sondern der voellig betrunkene harald juhnke typ, dessen angriff auch anders abgewehrt werden kann. das heisst: auch hier ist notwehr legitim, aber im gegensatz zum "normalfall" soll man "noch vorsichtiger" sein. im zweifel muss man eine geringe beeintraechtigung wohl hinnehmen.

4. von meinem professor wurde mir ebenfalls gesagt, dass man seine besonderen faehigkeiten vor ausuebung des notwehrrechts (wenn moeglich!) preisgeben soll. wie das in der praxis aussieht ist natuerlich etwas anderes....

vergesst nicht, dass das recht ein schwieriges gebiet ist (auch fuer die juristen!!) und es zwischen theorie und praxis, idealfall und normalfall oft unterschiede gibt. im endeffekt geht es darum, dass wir als kampfsportler nunmal ueber "besondere faehigkeiten" verfuegen koennen, die im ernstfall zu schlimmen verletzungen fuehren koennen und auch eine gewisse pflicht mit sich bringen. ich hoffe ich konnte etwas zur klaerung beitragen, freue mich aber ueber eine weitere diskussion und um verbesserung falls ich etwas falsch gesagt habe (was auch unter juristen sehr oft passiert....)

Pilsgenuss
22-05-2006, 21:56
Vielen Dank @enraged_Clown und @Osirus.

Ich habe anscheinend die Begriffe "Verhältnismäßigkeit" und "Erfordernis" im juristischen Sinn faelschlicherweise gleichgesetzt!?



1. der begriff der VERHAELTNISMAESSIGKEIT ist auch im notwehrrecht zu finden

*grrr* Hier traegst Du wieder zu meiner Verwirrung bei. So wie ich eure Aussagen verstanden habe, /kann/ es gar keine Un-Verhältnismäßigkeit im Notwehrrecht geben, da jede Tat, die in Notwehr begangen wird, per Definition /erforderlich/ war. Somit ist dann eine Verhältnismäßigkeitsprüfung ueberfluessig. Wo ist dann also der Begriff der Verhältnismäßigkeit im Notwehrrecht zu finden?


Viele Dank nochmal fuer das informative Posting!

bruceberlin
23-05-2006, 20:46
Ich habe anscheinend die Begriffe "Verhältnismäßigkeit" und "Erfordernis" im juristischen Sinn faelschlicherweise gleichgesetzt!?

Ich erkläre es mal an einem Beispiel:
Der Aggressor A will B einen Knuffi(=Schlag auf Schulter u.ä.) geben.

B darf in Notwehr ERFORDERLICHE Mittel anwenden, den Angriff abzuwenden. D.h. alles, was DIESEN Angriff verhindert. Ist der Angriff abgeschlossen (d.h. z.B. er "ergibt"/entfernt sich erkennbar), darf man keine Notwehr mehr anwenden. Du darfst ihm nicht hinterherrennen und ihn verdreschen. Dann wird es normale KV.
Wenn er allerdings von sich aus nochmal nachsetzt, kann man auch gefährliche/schwere KV mit Notwehr rechtfertigen. Gleiches gilt für Angriffe mit Waffen.

VERHÄLTNISMÄSSIGKEIT wäre sowas wie "Du gibst mir einen Knuffi, ich geb Dir einen Knuffi"... Ganz vereinfacht ausgedrückt.
Was wäre verhältnismäßig zu einem Schwinger? Ein Fauststoss oder gar ein Messereinsatz?
Was ist "Verhältnismäßig" zu meinem 60 Euro MP3-Player? Ein Schwinger?
Das geht nicht...

Du darfst deswegen ERFORDERLICHE Mittel anwenden, nicht GEEIGNETE. Bei letzterem hättest du ALLE Möglichkeiten, du dürftest jeden umbringen, denn der Tod des Gegners ist in jedem Fall GEEIGNET den Angriff zu beenden. Aber der Tod ist eben nicht immer ERFORDERLICH.
Wenn er Dich mit einer Schusswaffe bedroht, darfst Du ihm praktisch überall hinschießen und der Tod des Gegners kann ERFORDERLICH sein.
Bedroht er dich mit einem Messer, reicht in der Regel ein Beinschuss um den Angriff zu beenden. Demnach wäre der Tod NICHT erforderlich.

ERFORDERLICH kann auch einen Waffeneinsatz in jedweder Form rechtfertigen, WENN die Angriffssituation dies "erfordert". Selbst illegale Waffen sind unter Umständen "erforderlich". Das man danach eine Anzeige wegen illegalem Waffenbesitz bekommt, ist was anderes.

Albernes Beispiel:
Der K ist zuhause und kocht gerade Chop-Suey. Da kommt der dem K körperlich deutlich überlegene Dieb D durch die Tür und GREIFT K mit einem Zahnstocher AN. Der K reagiert aus Notwehr und hackt dem D mit dem Kochbeil in die Führhand. Der D hält sich seine Wunde und zieht sich zurück.

Der K würde damit wahrscheinlich RECHTLICH ohne weiteres durchkommen. Auch wenn das Kochbeil "nicht verhältnismäßig" zu dem Zahnstocher war.
ERFORDERLICH, den Angriff SICHER abzuwehren schon.
Keiner muss sich auf einen Kampf "mit unsicherem Ausgang" einlassen! Laut BGH. Es gibt dazu etliche Grundsatzurteile des BGH, was erforderlich ist und was nicht...

Hackt der K die Hand ganz ab, oder macht sie "dauerhaft unbrauchbar", hat er schwere KV begangen - es kommt auf den Richter an, inwiefern er es in der Situation für "erforderlich" gehalten hätte. Möglich ist es trotzdem, mit Notwehr wegzukommen, den es gibt einen Paragraphen (§33 StGB), der die Überschreitung der Notwehr straffrei ermöglicht, sobald der K aus "Verwirrung, Furcht oder Schrecken" gehandelt hat. (Achtung: SMAs wie ich können sich darauf nur selten beziehen!)

Wenn K "fahrlässig" auf den Schädel eingeschlagen hätte (das nächste Ding für KKler), oder womöglich auf den am Boden liegenden, muss er aber eventuell Schadensersatz zahlen! Nicht zu vergessen! Das kann einen Bankrott machen.

Der D könnte jetzt sagen, er habe es "scherzhaft" gemeint, und der K hätte dies "erkennen" müssen. Dafür gibt es dann für den K den "Erlaubnisirrtum"... :D
Und dazu noch Rechtsanwälte, die das ein oder andere besser aussehen lassen... :cool:

Das ist ein echt weites Feld, aber denke Dir die Begriffe "erforderlich" und "verhältnismäßig" etwas besser klar gemacht zu haben.

Beste Grüße vom Bruce

Osirus
23-05-2006, 21:59
(sorry, habs glaube ich mit den zitaten verkackt...alles in anfuehrungszeichen ist zitat meines vorgaengers)

"B darf in Notwehr ERFORDERLICHE Mittel anwenden, den Angriff abzuwenden. D.h. alles, was DIESEN Angriff verhindert. Ist der Angriff abgeschlossen (d.h. z.B. er "ergibt"/entfernt sich erkennbar), darf man keine Notwehr mehr anwenden. Du darfst ihm nicht hinterherrennen und ihn verdreschen. Dann wird es normale KV. "

das hat mit der erforderlichkeit nichts zu tun, da ueberhaupt kein angriff mehr vorliegt. das ist hoechstens ein problem der gegenwaertigkeit, sofern man davon ausgeht, dass der angriff doch noch nicht ganz zuende ist.

"Wenn er allerdings von sich aus nochmal nachsetzt, kann man auch gefährliche/schwere KV mit Notwehr rechtfertigen. Gleiches gilt für Angriffe mit Waffen."

auch wenn er nochmal nachsetzt gelten die selben voraussetzungen wie vorher! du kannst den angreifer nicht einfach kalt machen nur "weil er es nicht lassen kann"....

"Hackt der K die Hand ganz ab, oder macht sie "dauerhaft unbrauchbar", hat er schwere KV begangen - es kommt auf den Richter an, inwiefern er es in der Situation für "erforderlich" gehalten hätte. Möglich ist es trotzdem, mit Notwehr wegzukommen, den es gibt einen Paragraphen (§33 StGB), der die Überschreitung der Notwehr straffrei ermöglicht, sobald der K aus "Verwirrung, Furcht oder Schrecken" gehandelt hat. (Achtung: SMAs wie ich können sich darauf nur selten beziehen!)"

1. wenn der K hier ueber paragraph 33 stgb wegkommt, ist das aber keine notwehr mehr, im gegenteil: der angriff ist nicht mehr wegen notwehr gedeckt. der par. 33 ist ein entschuldigungsgrund der das ueberschreiten der notwehr entschuldigt. diese unterscheidung kann ggf. von bedeutung sein.

2. was ist SMAs?

@pilsgenuss:

im grunde genommen erklaert sich das wort "erforderlichkeit" von selbst, wenn man mal genau drueber nachdenkt. die begriffe "erforderlichkeit" und "verhaeltnism." stehen schon irgendwie im zusammenhang: wenn du dich so verteidigst, dass deine konkrete handlung nicht erforderlich war (= es gab ein milderes mittel fuer den selben erfolg) dann war sie auch nicht verhaeltnismaessig.

Jibaku
23-05-2006, 23:02
na ich versuchs mal möglichst einfach, bei Verhältnismäßigkeit und Erforderlichkeit werden völlig unterschiedliche Dinge betrachtet.
Die Verhältnismäßigkeit stellt auf die hinter den Betroffenen stehenden Rechtsgüter ab und die Erforderlichkeit auf die realen Möglichkeiten.

Die Verhältnismäßigkeit ist ein allgemein gültiger Rechtsgrundsatz (Durch die "Hintertür auch im §32 gültig) Ihr Kern ist eine Güterabwägung.
Im Rahmen eine "verhältnismäßigen" Handelns kann das Rechtsgut in das ich zur Verteidigung eingreife nie das Angegriffene in seiner Wertigkeit übersteigen - so z.B. im §34.
In der Notwehr kann man sehr wohl ein höheres Rechtsgut zur Verteidigung verletzen oder in ein gleichwertiges intensiver eingreifen -der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit zum Schutz von Sachwerten ist sehr wohl denkbar-. Der Blick richtet sich im § 32 auf die realen Möglichkeiten, ich darf das tun was nötig ist, nicht mehr aber eben zum Schutz des Täters (muß ich) auch nicht weniger (tun). Ist ein intensiverer Eingriff notwendig um den Angriff sofort und dauerhaft zu stoppen, ist dieser gerechtfertigt.
Darum lassen sich, im Gegensatz zur Güterabwägung auch kaum Pauschalaussagen treffen, wie z.B. die mit dem Schubsen (sofern dies nicht lediglich "Unfug" sondern tatsächlich ein rechtswidriger Angriff wäre) und dem Kehlkopfschlag, es kommt halt immer auf die Situation an.

Noch einmal, ich betrachte unterschiedliche Dinge, einmal die betroffenen Rechtsgüter und im anderen Fall die realen Möglichkeiten.

Durch die Hintertür kommt die Verhältnisdmäßigkerit oder besser eine Güterabwägung in den Fällen des schon genannten "unerträglichen Mißverhältnisses wieder herrein.
Man will das Recht nicht um jeden Preis geschützt wissen. Diese Fälle sind allerdings wirklich sehr extrem, neben dem schon genannten Apfel/Schrotflintenklassiker, sind das dann Sachen wie "der Schutz des Pfandrechtes an einem Huhn durch Axtschläge auf den Kopf" oder die "Verteidigung" einer Sirupflasche durch gezieltze Schüsse.

Im Normalfall der Notwehr gibt es keine Verhältnismäßigkeit bzw. Güterabwägung.

bruceberlin
23-05-2006, 23:09
Oh, oh, Ohsirius!
Wievieltes Semester? Tippe auf 4!

Lass uns bitte nicht in einen man könnte hier und haste nicht gesehen. Jura ist dafür ein zu weites Feld. Hab selbst mal mit Jura angefangen...

Gerade hier im Board, verwirr die Leute nicht allzu sehr mit Details. Ein grober Überblick reicht. Wenn ich einen Fehler gemacht haben sollte, kannst Du den gern korrigieren...


Jetzt zu den ein paar Stellen:

auch wenn er nochmal nachsetzt gelten die selben voraussetzungen wie vorher! du kannst den angreifer nicht einfach kalt machen nur "weil er es nicht lassen kann"....

Ich habe nicht gesagt "kalt machen" sondern "gefährliche/schwere KV".
Was soviel heißt wie eine Waffe einzusetzen, mit mehreren anzugreifen oder ihn sonstwie schwer zu verletzen, so dass er ENDLICH LIEGEN BLEIBT. Wenn er dann sogar stirbt, KANN es auch gerechtfertigt (erforderlich) gewesen sein.

Das darf man. Gibt ab und zu solche Drogenopfer, die vorher nicht aufhören, dich anzugreifen. Mit aller Brutalität.


2. was ist SMAs?

Sicherheitsmitarbeiter.


wenn du dich so verteidigst, dass deine konkrete handlung nicht erforderlich war (= es gab ein milderes mittel fuer den selben erfolg) dann war sie auch nicht verhaeltnismaessig.

Ja, alles richtig. Aber was ist "der selbe Erfolg"?
Wie gesagt, auf eine unsicheren Ausgang muss sich keiner einlassen...

Was ist "die mildeste Lösung" bei einem Schwinger? Was wäre "die mildeste Lösung" bei einer Bierflasche oder einer Spritze mit (HIV-, Hep C)-Blut?

Es gibt da keine genauen Definitionen.


MEIN Tipp aus der Praxis: Solange Du es "guten Gewissens" Deiner Frau erzählen kannst, glaubt es auch der Richter. :D :D :D

Beste Grüße vom Bruce

Osirus
25-05-2006, 09:14
Oh, oh, Ohsirius!
Wievieltes Semester? Tippe auf 4!

Lass uns bitte nicht in einen man könnte hier und haste nicht gesehen. Jura ist dafür ein zu weites Feld. Hab selbst mal mit Jura angefangen...



ende des 6. wie lange hast du durchgehalten?

ausserdem verstehe ich nicht warum ich hier fuer verwirrung sorge. das es ein verwirrendes gebiet ist, ist nicht meine schuld. wenn allerdings mit begriffen um sich geworfen wird, von denen die leute keine ahnung haben (wer beim notwehrrecht was von gueterabwaegung erzaehlt oder sie auch noch mit der verhaeltnismaessigkeit gleichsetzt sollte lieber gar nichts sagen, weil es so falsch ist wie es nur geht!) wird es erlaubt sein etwas dazu zu schreiben. ausserdem sorgt die aussage: "Wenn er allerdings von sich aus nochmal nachsetzt, kann man auch gefährliche/schwere KV mit Notwehr rechtfertigen. Gleiches gilt für Angriffe mit Waffen." meiner meinung nach fuer sehr grosse missverstaendnisse. was, wenn der angreifer erkennbar angeschlagen ist und versucht dich nochmal zu treffen, du aber den angriff mit leichtigkeit abwehren koenntest. darfst du ihn dann mit einer waffe verletzen (gefaehrliche kv) oder sogar das augenlicht nehmen (schwere kv)? natuerlich nicht! um es vorweg zu nehmen, du hast geschrieben es "kann" gerechtfertigt sein, was auch stimmt. das hat aber nichts damit zu tun ob er nochmal angreift oder nicht, sondern ob der angriff es erfordert oder nicht. unter dem selben erfolg versteht man halt das was es heisst: der selbe erfolg (=ausgang/ergebnis). ich gebe dir ja recht, dass man hier nicht mehr als noetig ins detail gehen sollte, aber einige sachen kann man halt nicht nach dem schema "wenn so, dann so" erklaeren.

p.s.: "Solange Du es "guten Gewissens" Deiner Frau erzählen kannst, glaubt es auch der Richter" ?!? ist zwar nen lustiger spruch, aber kann nicht dein ernst sein oder?

Jibaku
26-05-2006, 11:18
(wer beim notwehrrecht was von gueterabwaegung erzaehlt oder sie auch noch mit der verhaeltnismaessigkeit gleichsetzt sollte lieber gar nichts sagen, weil es so falsch ist wie es nur geht!)
Ah ha…
Also entweder hat sich da sehr, sehr kurzfristig etwas geändert, oder aber man lernt das jetzt erst im 7. Semester…
Im Rahmen eine Verhältnismäßigkeitsprüfung findet selbst verständlich im Rahmen der Verhältnismäßigkeit i.e.S. der Gedanke der Güterabwägung Einzug in die Prüfung.
Bei der hier vorliegenden Problematik greift man, so es denn nötig ist, im Rahmen der sozialethischen Einschränkung (Das grobe oder unerträgliche Missverhältnis) der Notwehr auf den Rechtsgedanken der Güterabwägung zurück.
Herr Lackner, der wohl das 7. Semester erfolgreich absolviert hat, schreibt dazu in Schönke/Schröder:
„..Hier übernimmt daher der Güterabwägungsgedanke, der sonst bei §32 keine Rolle spielt, die Funktion eines Korrektivs.“
Nichts anderes habe ich gesagt.

Osirus
29-05-2006, 12:43
@ jibaku:

tut mir leid, da habe ich wohl ein bisschen vorschnell geantwortet. allerdings ist die gueterabwaegung ein ausnahmefall, die gebotenheit/sozialethische einschraenkung ist ja lediglich eine ungeschriebene "sonderregelung". herr lackner schreibt ja auch: "...Güterabwägungsgedanke, der sonst bei §32 KEINE ROLLE spielt, die Funktion eines Korrektivs." ich hatte auch versucht nicht zu sehr ins detail zu gehen um nicht zu sehr zu verwirren (vielleicht nicht gelungen, aber naja). trotzdem muss ich dir recht geben.
allerdings steht dein letzter beitrag ein wenig im widerspruch zu dem davor wo es noch heisst: "Im Normalfall der Notwehr gibt es keine Verhältnismäßigkeit bzw. Güterabwägung" das mit der gueterabwaegung hatten wir ja gerade, allerdings schreibst du in deinem letzten beitrag selbstverstaendlich von einer verhaeltnismaessigkeitspruefung, die es ja auch gibt, da damit ja letztlich die erforderlichkeit gemeint ist.
scheiss drauf, wollte auch niemanden persoenlich angreifen.

p.s.: ich habe mich nochmal erkundigt, herr lackner hat das 7. semester tatsaechlich ganz gut gemeistert....

Jibaku
31-05-2006, 10:37
tut mir leid, da habe ich wohl ein bisschen vorschnell geantwortet.
Hallo Osirius,

nichts für ungut, ich hab mich auch nur etwas über die Vehemenz Deiner Aussage echauffiert.

allerdings steht dein letzter beitrag ein wenig im widerspruch zu dem davor wo es noch heisst: "Im Normalfall der Notwehr gibt es keine Verhältnismäßigkeit bzw. Güterabwägung" das mit der gueterabwaegung hatten wir ja gerade, allerdings schreibst du in deinem letzten beitrag selbstverstaendlich von einer verhaeltnismaessigkeitspruefung,

Der "Widerspruch" beruht wohl auf einem Mißverständnis, was ich beschrieben habe ist die Vollständige Prüfung der verhältnismäßigkeit, unabhängig von der Notwehr, ich wollte mich damit gegen deinen Vorwurf der "Gleichsetzung von Verhältnismäßigkeit und Güterabwägung" wehren. Sie ist halt ein (elementarer) Bestandteil der normalen Prüfung, gleichgesetzt habe ich nicht ("..ihr kern ist eine Güterabwägung" Ob Kern oder nicht kann man natürlich diskutieren, "..oder besser Güterabwägung").
Was die „Verhältnismäßigkeit“ in der Notwehr angeht, bleibe ich aber bei meiner Aussage.
Es ist zwar richtig, dass man oft, vor allem in Aufbauschemata etwas von einer Verhältnismäßigkeitsprüfung ohne Güterabwägung liest, aber eine solche Prüfung ohne die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ist halt keine Verhältnismäßigkeitsprüfung.
Als Gedächtnisstütze OK, aber ich denke es ist weniger für die Fachkreise, aber sicher für alle anderen eine etwas verwirrende Aussage. Dies vor allem, weil der Zusatz „ohne Güterabwägung“ oft weg gelassen wird.
Selbst etablierte SV Ausbilder sprechen z.B. oft von Verhältnismäßigkeit in der Notwehr und stellen bei Nachfrage dann genau auf die jeweiligen Rechtsgüter ab –Eine Waffe dürfe man nur benutzen wenn man mit einer solchen angegriffen würde, schwere körperliche Verletzungen nur wenn solche auch mit dem Angriff beabsichtigt waren, letale Verteidigung nur wenn Lebensgefährdung und so weiter und so fort…Deine Aussage über Schubsen und Kehlkopfschläge geht für mich in eine ähnliche Richtung da Du ja auch die intensität des Eingriffs vergleichst._
Ich möchte meine Ansicht auch noch durch eine Rechtspolitische Diskussion untermauern. Die Diskussion um den finalen Rettungsschuss in Bundesländern die diesen nicht in den jeweiligen Polizeigesetzen normiert haben.
Hier wird der Einsatz nach § 32 legitimiert und der Vorwurf lautet, –neben dem abwälzen der Folgen auf den handelnden Beamten- dass der Staat sich selbst privilegiert indem er die sonst nötige Verhältnismäßigkeitsprüfung für staatliches Handeln um die Güterabwägung beschneidet.
Dieses Argument würde nicht ziehen, ginge man in der Notwehr von einer vollständigen Prüfung aus -was Du aber natürlich auch nicht behauptet hast.
Insgesamt finde ich die Formulierung einer Verhältnismäßigkeit in der Notwehr daher etwas unglücklich.

allerdings ist die gueterabwaegung ein ausnahmefall, die gebotenheit/sozialethische einschraenkung ist ja lediglich eine ungeschriebene "sonderregelung". herr lackner schreibt ja auch: "...Güterabwägungsgedanke, der sonst bei §32 KEINE ROLLE spielt, die Funktion eines Korrektivs."
Daß die sozialethischen Einschränkungen nur bei extremen Abweichungen der betroffenen Rechtsgüter Anwendung finden ist klar (Und wenn, würde ich hier die Frage diskutieren ob Kehlkopfschläge -so sie ein RW Angriff und das mildeste oder gar einzige Mittel sind- gegen Schubsen zum Einsatz kommen dürfen), ich habe dies auch mit meinen oben genannten Beispielen untermauern wollen.
Wie so oft haben wir es hier mit einem „richterechtlichen“ Konstrukt zur Abwendung unbilliger Ergebnisse zu tun. Daß hier lediglich vom „Güterabwägungsgedanken“ gesprochen wird liegt natürlich daran, dass eine viel intensivere Kollision von Nöten ist als normalerweise.



scheiss drauf, wollte auch niemanden persoenlich angreifen. Ist schon in Ordnung und das haben wir ja jetzt auch geklärt.

Guts2607
04-06-2006, 14:40
Wie würde denn folgendes beispiel ablaufen?

A wird von B mit Messer bedroh/angegriffen. A schafft es B`s Messer in B`s Körper zu rammen. B stirbt.

Wie steht A nun rechtlich da?

bruceberlin
07-06-2006, 11:01
Wie würde denn folgendes beispiel ablaufen?

A wird von B mit Messer bedroh/angegriffen. A schafft es B`s Messer in B`s Körper zu rammen. B stirbt.

Wie steht A nun rechtlich da?

Wenn es A nicht möglich gewesen wäre ihn "nur" zu entwaffnen (z.B. wegen Faustmesser o.ä.) ist die Art sicherlich erforderlich gewesen, d.h. völlig durch Notwehr gedeckt.

ENTWAFFNET A aber B, und sticht dann mit dem Messer in der eigenen Hand nochmal zu, KANN es schwieriger werden (der Angriff ist mit der Entwaffnung erstmal abgewehrt).

Meine Meinung... Ein Richter wird allerdings IMMER auf den Einzelfall schauen. In der Regel wird der Richter in einem solchen Fall sicherlich eher A Notwehr zusprechen, als ihm fahrlässige Tötung zu unterstellen.

Mehr als Fahrlässigkeit wirds aber wohl kaum werden...

Beste Grüße vom Bruce