Vergleich historische Rapiere und moderne (Trainings-)Repliken [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Vollständige Version anzeigen : Vergleich historische Rapiere und moderne (Trainings-)Repliken



Chihab
31-08-2015, 22:36
Hallo

Florian Fortner und Julian Schrattenecker von unserer Fechtschule Klingenspiel beschäftigen sich seit einigen Jahren mit den Dimensionen von historischen Rapieren.
Hier (http://historisches-fechten.at/2015/08/forschungsprojekte/forschungsarbeiten/vergleich-historischer-originale-zu-heutigen-repro-rapieren/) findet ihr ihre aktuelle Arbeit, bei der 7 Originale mit 7 Repliken verglichen werden. Die größere Bandbreite bei den Originalen, besonders das bei ihnen nach oben deutlich mehr Raum besteht deckt sich mit anderen Statistiken die sie erstellt haben (etwa basierend auf der DVD der Wallace Collection).

Terao
01-09-2015, 10:18
All measured historical rapiers have a ricasso thickness of at least
8.3 mm:ups:
Das ist doch mal ne Forte, die diesen Namen verdient. :)


Auf 28 Seiten wird dargelegt, dass historische Originale nicht nur „schöner“ und teurer sind, sondern auch länger, schwerer und steifer. Ein Schlag ins Gesicht derjenigen die immer lauter nach leichteren Waffen schreien um den Originalen näher zu kommen.Ist die Waffe zu schwer, bist du zu schwach. :p
Im Ernst, ich glaube, das wird viel zu selten beachtet: Um eine realistisch schwere Klinge realistisch schnell führen zu können, musst Du selber eben auch realistisch kräftig sein. Das ist in den meisten Epochen und den meisten waffenführenden Gruppen eben doch erheblich mehr, als der durchschnittliche historische Fechter hat.

JanPSV
01-09-2015, 12:38
Das sag ich auch schon seit Jahren, insbesondere bei Rapieren... Wenn man sich die Beschreibungen in den Fechtbüchern selbst mal durchliest, so kommt man auch auf Rapiere von rund 1,30 Metern und entsprechend damit korellierendem Gewicht. Wenn ich dann sehe dass viele Gruppen Sportdegenklingen in Rapiergefäßen verwenden....
Ähnlich ist es mit Fechtfedern die Ihren Schwerpunkt fast am Kreuz haben und dann mit riesen Gehilzhebel geführt werden.

Jadetiger
01-09-2015, 12:55
Ist die Waffe zu schwer, bist du zu schwach. :p
Im Ernst, ich glaube, das wird viel zu selten beachtet: Um eine realistisch schwere Klinge realistisch schnell führen zu können, musst Du selber eben auch realistisch kräftig sein. Das ist in den meisten Epochen und den meisten waffenführenden Gruppen eben doch erheblich mehr, als der durchschnittliche historische Fechter hat.Das predige ich auch ständig. Wenn du geschickt bist und deine Techniken/Stücke kennst, ist das als Fechter, der auch wirklich freifechten will, nur die halbe Miete. Auch wenn es langweilig klingt, ist entsprechend auf den Stil zugeschnittenes Fitnesstraining einfach unerlässlich.


Wenn man sich die Beschreibungen in den Fechtbüchern selbst mal durchliest, so kommt man auch auf Rapiere von rund 1,30 Metern und entsprechend damit korellierendem Gewicht.So eine Waffe mal in die Hand zu nehmen, würde mich wirklich interessieren. Weniger wegen des absoluten Gewichts, sondern mehr wegen der entstehenden Hebelkräfte.
Mein schwerer Pallasch ist 1,10m lang und da sind die Hebelkräfte verglichen mit meinem "normalen" Kavalleriedegen, der ca. 13cm kürzer ist, ganz erstaunlich viel größer.

Terao
01-09-2015, 13:07
Es ist wohl tatsächlich die Frage, wo man das Gewicht hat. Rapiere haben ja ziemlich schwere Gefäße, und, das geht aus dem obigen Artikel eindeutig hervor, in den untersten 10% der Klinge viel Masse. Das ist dann zwar (wenn mans nicht gewohnt ist) anstrengend zu führen, aber doch ganz brauchbar bzgl. Spitzenbeschleunigung und -abbremsung.

Und dann schaut Euch mal die Unterarme von dem Typ an:

http://wmawiki.org/images/e/e4/Gran_simulacro_plate_5_figure.jpg

Popeye ist nix dagegen. Und nein, ich halte das nicht für eine poetische Überteibung des Zeichners.

Jadetiger
01-09-2015, 13:29
Ich habe neulich ein YT-Video von Matt Easton (Schola Gladiatoria) gesehen, in dem er darauf hinweist, dass man auch bei antiken Statuen Fechter daran erkennt, dass sie viel Unterarm- und Oberschenkelmuskulatur haben, aber nicht sehr viel Oberarmmuskulatur.

Edit: Habs gefunden (ab 2:25). Ist insgesamt aber ein sehr sehenswertes Video! Ich nutz das gerade auch für Muskelaufbau fürs Pallaschfechten.

sasBCdY6ulg

Terao
01-09-2015, 13:45
Ich mach ganz normale Suburi (https://www.youtube.com/watch?v=P98djeGn_vc) (bloß halt ohne die Beinarbeit, da reicht die Deckenhöhe nicht). Das geht nicht nur in die Unterarme, sondern auch noch in Schultern und Rücken. Mit nem 1,6-kg-Langschwert zieht das ganz gut rein. Außerdem isses ne Bewegung, die bei mir eh längst festverdrahtet ist, sodass die auch bei bereits starker Ermüdung sauber läuft.
Für die Beine hab ich das Flossenschwimmen für mich entdeckt. :)

Jadetiger
01-09-2015, 13:59
Ich mach ganz normale Suburi (https://www.youtube.com/watch?v=P98djeGn_vc) (bloß halt ohne die Beinarbeit, da reicht die Deckenhöhe nicht). Das geht nicht nur in die Unterarme, sondern auch noch in Schultern und Rücken. Mit nem 1,6-kg-Langschwert zieht das ganz gut rein.Ja, das ist eine sinnvolle Übung für zweihändige Waffen. Wenn man, wie ich, versucht, einen 1,6-kg-Kavalleriepallasch oder eben ein entsprechendes Rapier, einhändig am ausgestreckten Arm zu kontrollieren, muss man schon sehr gezielt die Unterarmmuskeln aufbauen.

Das mit dem Flossenschwimmen ist eine gute Idee. Bisher mache ich hautpsächlich klassische Fechtausfälle zur Stärkung der Beine.

Terao
01-09-2015, 14:03
1,6-kg-Kavalleriepallasch einhändigHartes Brot.
Wobei ich mich ja frage, ob sehr schwere Kavallerie-Klingenwaffen nicht eh eher optimiert sind auf einzelne, weite Hiebe im Vorbeireiten als auf echtes "Fechten".


Das mit dem Flossenschwimmen ist eine gute Idee.Hab mir vor ner Weile über 1 m lange Apnoeflossen geholt. Macht einen Heidenspaß, damit durch die Badeseen zu pflügen. :)
Mit Neopren kann man das bis weit in den Herbst rein ziehen. Hoff ich mal.

Jadetiger
01-09-2015, 14:09
Hartes Brot.
Wobei ich mich ja frage, ob sehr schwere Kavallerie-Klingenwaffen nicht eh eher optimiert sind auf einzelne, weite Hiebe im Vorbeireiten als auf echtes "Fechten".
In der von meinem Lehrer (hier im Forum als Darth Kreußler unterwegs) verwendeten Hauptquelle ("Die Fechtkunst mit Stoss= und Hiebwaffen"; A. Fehn; 1851) wird der Pallasch zu Fuß auf Stoß und Hieb gefochten.
Die Waffen nehmen hier in der didaktischen Reihenfolge an Gewicht zu:
Stoßrappier (auf Stoß) -> Haurappier (auf Hieb) -> Säbel (auf Hieb) -> Pallasch (auf Stoß und Hieb)

Edit: Da es sich hier um eine späte Quelle handelt, ist mit "Stoßrappier" hier die Übungswaffe zum Degen gemeint. Mit den Rapieren aus dem Threadtitel hat das nichts zu tun.

Terao
01-09-2015, 14:12
Die Waffen nehmen hier in der didaktischen Reihenfolge an Gewicht zu: Stoßrappier -> Haurappier -> Säbel -> PallschKlingt logisch. Nach dem ollen Meyer fängt man in der deutschen Schule idealerweise schon in jungen Jahren mit dem leichteren hölzernen Dussack an. Und geht dann mit dem Tempo im Hinterkopf zu den schwereren Stahlklingen über.

Jadetiger
01-09-2015, 14:14
Gute alte deutsche Tradition also :D

(Sorry, hab oben in #10 nochmal editiert)

Klaus
01-09-2015, 14:24
Ich nehme auch an, dass man an der Balance des historischen Orignals erkennt, wofür das gedacht war. Die einen sind eher kurz und führen sich deshalb "leicht" (Balance unter 12cm), das dürfte für Stossfechten gedacht sein weil man keinen Druck in den Schlag bekäme. Eins hat eine Balance die verdächtig genau der originaler Jian entspricht, nämlich 15,5 cm, das dürfte dann auch zum "Hauen" gedacht sein. Die eher zum Stossen gedachten Jian waren auch dünner, nadelartig und leicht, die haben sich über die koreanische Schiene erhalten die das im Laufe der Ming-Ära übernommen haben, aber nicht mehr die Veränderung später. Kann allerdings auch sein dass diese Dinger eher repräsentativen Zwecken gedient haben und deshalb viel leichter waren.

Ich finde es aber bezeichnend, dass die chinesischen "Repliken" offenbar eher aus ehemaligen Dekowaffen entwickelt wurden, die man nur so weit verstärkt hat dass die nicht gleich auseinanderfallen. Aber komplett ohne sich mal die echten Originale anzusehen, bezüglich Gewicht, Balance und Stärke(Masse-)verlauf. Ich frage mich, ob es überhaupt einen Markt gibt für Waffen die dem Original so nahe wie möglich kommen, und dann europäischere Preise haben statt Bangladesh-Niveau. Leider gibt es hier in Solingen keinen Schleifer mehr mit einem grossen Wasserstein der den auch benutzt, von daher kann ich das nicht mal als Hobby weiter betreiben.

Jadetiger
01-09-2015, 14:40
Ich nehme auch an, dass man an der Balance des historischen Orignals erkennt, wofür das gedacht war. Die einen sind eher kurz und führen sich deshalb "leicht" (Balance unter 12cm), das dürfte für Stossfechten gedacht sein weil man keinen Druck in den Schlag bekäme.Ich verstehen nicht ganz, was die Länge mit der Führigkeit zu tun hat. Manche Rapiere sind extrem lang, stoßoptimiert und führen sich aber vermutlich auch subjektiv "leicht", um die Spitze gut koordinieren zu können.

http://s12.postimg.org/c3vihuw4d/Super_Rapier.png

Klaus
01-09-2015, 15:05
Ich meinte die Länge der Balance, nicht der Klinge insgesamt, die lag ja zwischen 155 und 100 mm was Welten sind im Verhalten. Die Hanwei-Dinger lagen mit 75 aber nochmal weit darunter.

KAJIHEI
01-09-2015, 17:20
Ja, das ist eine sinnvolle Übung für zweihändige Waffen. Wenn man, wie ich, versucht, einen 1,6-kg-Kavalleriepallasch oder eben ein entsprechendes Rapier, einhändig am ausgestreckten Arm zu kontrollieren, muss man schon sehr gezielt die Unterarmmuskeln aufbauen.

Das mit dem Flossenschwimmen ist eine gute Idee. Bisher mache ich hautpsächlich klassische Fechtausfälle zur Stärkung der Beine.

Nun, für einhändige Übngen haben wir in Japan auch unsere Techniken.
http://1.bp.blogspot.com/_ELVdUponX24/TIus28HpZaI/AAAAAAAAAm4/v6y8gfGcB-8/s400/4.jpg
Geht aber auch mit zwei Händen
http://2.bp.blogspot.com/_ELVdUponX24/TIus0xv4-qI/AAAAAAAAAms/yuQH6vh6u5I/s400/1.jpg

itto_ryu
01-09-2015, 18:57
Z.T. spielt auch die Fechttechnik eine Rolle. Wenn grob formuliert ich als Säbelfechter mal ausnahmsweise ein Rapier in die Hand nehme ein- bis zweimal im Jahr, fühlt es sich für mich oft bleischwer an, ganz einfach, weil die Fechttechnik, Gewichtung etc. aufeinander abgestimmt sind und ich sie nicht gewohnt. Umgekehrt ging es den Rapierfechtern mit dem Säbel auch so, ungewohnte Bewegungmuster trotz einiger Ähnlichkeiten. Fällt uns auch mit Shamshir und Separ auf, die Leute sind dann bei Seminaren die relative Kopflastigkeit des Shamshir und dazugehörige Technik nicht so gewohnt.

Der Aritkel ist sehr interessant. Zumindest bei Säbeln kann ich sagen, dass man ja glücklicherweise erschwingliche Originale zum Training bekommen kann. Da merke ich auch immer wieder, Säbel ist nicht gleich Säbel, so fällt mein M1826 in der Kavallerievariante deutlich massiger aus, als die vergleichbare Infanterieoffizier-Version, recht führig sind jedoch beide sehr schön, man merkt eben, dass die Kavallerieversion eben jenen Zweck hatte. Der französische Kavalleriesäbel M1822 hingegen ist auch recht lang, aber führig wie Butter in allen Lagen. Lustig nur, macht der darauf basierende US-Säbel seinem Spitznahmen "old wrist breaker" alle Ehre.

Nach den originalen und nachgebauten Rapieren und Seitschwertern, die ich bis jetzt in der Hand hatte, zu urteilen, ist das nicht viel anders.

Chihab
01-09-2015, 22:46
:ups:
Das ist doch mal ne Forte, die diesen Namen verdient. :)

Ist die Waffe zu schwer, bist du zu schwach. :p
Im Ernst, ich glaube, das wird viel zu selten beachtet: Um eine realistisch schwere Klinge realistisch schnell führen zu können, musst Du selber eben auch realistisch kräftig sein. Das ist in den meisten Epochen und den meisten waffenführenden Gruppen eben doch erheblich mehr, als der durchschnittliche historische Fechter hat.

Ich finde es nicht einmal so schlimm. Klar jedesmal wenn man das Gewicht erhöht ist es eine Monat lang brutal schwer und unsere Anfänger lassen wir langsam mit Hanwei Waffen anfangen und sich dann vortasten, aber jeder Mensch kann wenn er regelmäßig inst Training kommt eine Waffe mit 1,4 kg führen.
Was eher ein Problem macht sind falsch Gewichtete Waffen - Ich habe ein Frankenrapier - extra lange Klinge von Marco Danelli mit Hanwei Korb und zu leichtem Knauf von Danelli. Außerdem hat sie nicht diese Masse in der Forte.
Damit führt sich die Waffe deutlich behäbiger als ein Prototyp den sich Florian Fortner selber zurechtgeschliffen hat, der sogar noch etwas schwerer ist. Klar wird man damit anfangs schneller müde, aber daran gewöhnt man sich.

Eine andere mögliche Fehlerquelle ist wenn die Balance vor allem über den Korb geregelt wird und die Klinge zwar viel Masse hinten hat aber dann nicht schön in einem durch abnimmt sondern Stufenartig (billiger zu machen). Da dreht sich die Waffe dann echt seltsam und die Spitze ist gefühlt 10-15 cm weiter hinten.

@Ito: Es zwingt dich auch schön in eine saubere Fechttechnik. Mit den langen Schweren Waffen werden Hiebe seeeehhhr schwer. Und der oll CF macht auf einmal Sinn mit seinem Rat Hiebe wenn mit dem ganzen Arm zu füren.

Ich würde jetzt nicht mal behaupten dass die Handelsüblichen Rapiere grundsätzlich "falsch" sind. Dazu habe ich mich zu wenig mit anderen Rapierstilen und originalen beschäftigt, aber die Spanne von historischen Originalen geht eben deutlich weiter in richtung lang und schwer als ohne großen Aufwand zu bekommen ist. Und ohne passende Länge und Gewicht machen halt viele Sachen aus Capo Ferro und Fabris wenig Sinn.
Was die Bandbreite betrifft haben die Beiden Autoren vor zwei Jahren mal eine kleine Statistik über Länge und Gewicht der Rapiere in der Wallace Collection erstellt (Daten von der DVD) und kommen beim Gewicht auf zwischen knapp unter einem Kilo und 1,6 kg (letzteres mit einer stolzen Gesamtlänge von 139,5cm).

Althalus
02-09-2015, 06:39
aber die Spanne von historischen Originalen geht eben deutlich weiter in richtung lang und schwer als ohne großen Aufwand zu bekommen ist.
Hat auch was mit Erwartungshaltung zu tun. Die meisten Leute haben bei "Rapier" das Bild aus den "Drei Musketieren" im Kopf - also Waffen ohne Gewicht, oder so ... Wenn die Waffe dann plötzlich 1,3 kg hat, kauft das keiner.

@Beintraining: Kniebeugen ... Tiefe Kniebeuge bis hin zur Pistol - da brauchts keine Flossen oder sonstwas extra (kann man aber machen, aus Spaß dran).

itto_ryu
02-09-2015, 07:36
Frage an die Rapierfechter: Macht es eurer Meinung nach Sinn, sich da erstmal langsam ranzutasten und Gewicht quasi nach und nach zu erhöhen?

Als ich auf Malta letztes Jahr die erste Rapierübungsstunde in meinem Leben hatte, war ich mit dem Übungsrapier erstmal etwas überfordert (ergo es war mir zu schwer/ungewohnt etc. wegen o.g. Gründen). Ich hatte vorher in der Armory beim Waffen ausprobieren allerdings zwei, drei originale Rapiere in der Hand gehabt und war schon überrascht gewesen, wie gewichtig sie ausfallen. Die Maltsesen sagten zwar, dass es noch ausgewogenere gibt in der Sammlung, die eben besserer Qualität seien, aber dass vom Gesamtgewicht das alles schon hinkommt. Dennoch war es für mich hilfreich, dass man mir beim Kurs dann doch ein Hanwei Pracitcal Rapier gab, das eben viel leichter ausfiel und so konnte ich in die Übungen besser einsteigen. Ein halbes Jahr später dann bei meiner nächsten Möglichkeit Rapier zu trainieren, fiel mir das mit schwerer ausfallenden Übungs-Rapieren schon wieder etwas leichter.

Terao
02-09-2015, 07:41
Macht es eurer Meinung nach Sinn, sich da erstmal langsam ranzutasten und Gewicht quasi nach und nach zu erhöhen?
In meinen Augen allemal sinnvoller, als in Zeitlupe anzufangen oder ne Sehnenscheidenentzündung zu riskieren.

Tyrdal
02-09-2015, 08:56
Frage an die Rapierfechter: Macht es eurer Meinung nach Sinn, sich da erstmal langsam ranzutasten und Gewicht quasi nach und nach zu erhöhen?Ich kenne das Prinzip vom Kriegsbogenschießen und sage deshalb mal ja.

karate_Fan
02-09-2015, 09:17
Auch von mir ein Danke für das Teilen des Artikels.

Auch wenn mich der Rapier und das Rapier Fechten nicht wirklich interessiert (bin mehr der Langschwert und Säbel Fan) so finde ich es doch sehr gut, dass es Leute gibt welche die alten Original Waffen mit den modernen Repliken vergleichen.

Das sollte man auf auch andere Waffen HEMA Szene ausweiten. Ist ein verdammt spannendes Themengebiet.

Chihab
02-09-2015, 09:27
Frage an die Rapierfechter: Macht es eurer Meinung nach Sinn, sich da erstmal langsam ranzutasten und Gewicht quasi nach und nach zu erhöhen?

Würd ich jetzt schon sagen. Wir haben Hanwei Rapiere für unsre Anfänger Kurse. Zum einen aus Kostengründen, zum anderen fällt es halt wirklich leichter.
Am Anfang bringt man den Leuten eh erst mal die Handhaltung bei und dann die Beinschule und korrekte Ausfälle - das ist schon mit einem Kilo in der Hand schwer genug für einen Ungeübten.


Hat auch was mit Erwartungshaltung zu tun. Die meisten Leute haben bei "Rapier" das Bild aus den "Drei Musketieren" im Kopf - also Waffen ohne Gewicht, oder so ... Wenn die Waffe dann plötzlich 1,3 kg hat, kauft das keiner.

Aber es macht so schön Spaß wenn ein Langschwertler mal die nicht ganz so Heterosexuelle Waffe ausprobieren will und nach 10 Minuten aufgibt :D

karate_Fan
02-09-2015, 09:39
Aber es macht so schön Spaß wenn ein Langschwertler mal die nicht ganz so Heterosexuelle Waffe ausprobieren will und nach 10 Minuten aufgibt :D


Ist das Rapier Fechten wirklich so körperlich anspruchsvoll oder liegt das eher an die für Langschwertler ungewohnte Bewegungen?

itto_ryu
02-09-2015, 09:48
Perrsönlich empfinde ich von der Komplexität das Rapierfechten als sehr anspruchsvoll. Ich sage mal, wenn ich als Militärsäbler und Broadsword-Fechter ins Rapier einsteige, erscheint mir das wie der Sprung vom Einmaleins in die höhere Mathematik ;)

Körperlich anspruchsvoll ist es durchaus, persönlich finde ich mehr als Säbel, Langes Schwert oder Langes Messer, weil allein die tiefen Ausfälle, die Geometrie der Waffe etc. sehr fordern.

Ist aber nur meine persönliche Empfindung.

karate_Fan
02-09-2015, 10:21
@itto Thx für die Antwort. An deinen Empfindungen ist sicher was dran. Da ja doch über Erfahrungen in unterschiedlichen Fecht Systemen verfügst kannst du das ganze sicher gut beurteilen.

Ich hingegen kenne mich nur ein wenig mit dem LS aus, bin leider noch weit davon entfernt gut zu sein und das war es auch schon..

In der Theorie finde ich Rapier Fechten nicht sonderlich spannend, aber wenn mal die Gelegenheit haben sollte, es unter fachkundiger Anleitung auszuprobieren, würde ich es wohl tun..

Man soll nicht den Fehler machen etwas als uninteressant zu bezeichnen bevor man es wirklich kennt..

Daher habe ich geschrieben, dass ich es nur in der Theorie nicht so spannend finde..:-§

In der Praxis könnte das anders aussehen..

Terao
02-09-2015, 10:21
die nicht ganz so Heterosexuelle WaffeSchön ausgedrückt. :p
Und die gar nicht heterosexuelle Waffe wäre dann das Smallsword? :D

Ich bin ja auf dem Meyer hängengeblieben. Dessen Rapier ist ja tatsächlich noch sehr schwertähnlich, und vieles ist wirklich nicht mehr als stichlastiges Dussackfechten. Diese sehr langen Antennen a la Capoferro stell ich mir aber auch nicht so leicht zu beherrschen und technisch doch ziemlich speziell vor. Bei ner 1,40 m langen einhändigen Klinge kommts denk ich noch mehr auf die Gewichtsverteilung und partielle Steifigkeit an als bei anderen Waffen, damit das Resultat brauchbar ist. Darauf weist ja gerade das sehr spezielle Tapering hin, das laut Eingangsartikel eigentlich alle Rapiere gemeinsam haben. Ein Langschwert ist da sehr viel anspruchsloser, das schwingt man auch nicht so toll getapert noch irgendwie.

Jadetiger
02-09-2015, 11:36
Schön ausgedrückt. :p
Und die gar nicht heterosexuelle Waffe wäre dann das Smallsword? :DNaja, das sind halt die Spezialisten im "Stoßen" ;)
Es wurde deshalb in einer bierseeligen Stunde auf dem "Smallsword Symposium", das jährlich in Edinburgh stattfindet, die Kampagne "Smallsword Pride" ins Leben gerufen :D

Jeder Kampfkünstler sollte immer etwas über sich selbst lachen können :cool:

JanPSV
02-09-2015, 20:00
Mal so als Anmerkung von mir aus der Montante & Harnischfechtecke^^:

Von Hanwei gibt es doch eine Version des Practical-Rapiers von immerhin 1,27m Länge. Das besitze ich zufällig selbst. Gewicht liegt bei etwa 1,2 kg und mit gut 150€ ,die ich meine ich dafür mal bezahlt hatte, auch ein Einsteigerfreundlicher Preis. Fortgeschrittene Fechter werden sich wohl ohnehin irgendwo eines Maßfertigen lassen.

Also: Marktverfügbare Einsteigermodelle in passender Dimensionierung sind durchaus verfügbar. Oder taugt das Teil aus irgendwelchen anderen Gründen nicht? Da ich kein wirklicher Rapierfechter bin möchte ich mir nicht anmaßen, die sonstigen Eigenschaften abseits der Nackten Zahlen zu beurteilen...

Chihab
02-09-2015, 23:23
Hmm, ich kenne nur eine so lange Klinge von Hanwei und die wobbelt wie Sau. Also für Einsteiger zu dem Preis ok, allerdings is Hanwei in den letzten jahren echt teuer geworden. Das Problem mit dem zu geringen Durchmesser an der Stärke un dem falschen massenverlauf bleibt bestehen.
Und treibt den Preis für Customklingen jenseits dessen was für Trainingsklingen noch vernünftig ist - die beiden Autoren schleifen deswegen und weil kein Schmied ihre genauen Wünsche erfüllen konnte seit einem Jahr selber rum und haben ejtzt die erste Fechttaugliche Klinge fertig bekommen.

Terao
03-09-2015, 09:52
die beiden Autoren schleifen deswegen und weil kein Schmied ihre genauen Wünsche erfüllen konnte seit einem Jahr selber rumUff. Von Hand ne saubere Klingengeometrie über die gesamte Länge hinzubekommen, ist aber was für Fortgeschrittene. :ups:

Klaus
03-09-2015, 12:49
Ich hatte ja mal versucht sowas anzuleiern, weil ich die Fachleute an der Hand hatte. Das ist aber daran gescheitert dass erstens kaum einer auch nur einen angemessenen Preis bezahlen wollte (ein Schwert soll halt 70 Euro kosten und vom alten Maetre in monatelanger Handarbeit gefertigt sein, oder es muss zumindest so erzählt werden), dass zweitens die Fachleute entweder an die oder über 70 waren und inzwischen aufgehört haben, oder anderweitig mit weniger Arbeit viel mehr Geld verdienen konnten (Massenschmieden von Fahrzeugteilen für die Autoindustrie oder Werkzeugen). Für 300 Euro kann man sowas ganz sicher fertigen, für 200 mit ganz viel vielleicht oder Teilfertigung in Asien, und für 150 VK garantiert nicht. Da müsste das im Einkauf beim Chinaladen 50 Euro kosten, damit nach Fracht, Zoll, Versicherung und Mwst noch was übrig bleibt, und für so einen Preis müsste man wie gewisse "Solinger Hersteller" die Firma in China selbst betreiben. Die haben aber auch entsprechende Stückzahlen.

Wenn die Masse vorhanden ist, kann ich für 40-80 Euro jede beliebige Klingengeometrie schleifen lassen, als Auftragsarbeit. Man kann aber nichts dranschleifen was nicht mehr da ist, und die Materialqualität vom Stahl, Schmieden/Walzen, Härten wird auch nicht besser egal wie gut der Schleifer ist.

Falls da wirklich jemand Interesse hat, könnte man mal versuchen, eine Kleinserienfertigung ins Ziel zu bringen, wo man die Klingen aus einem geeigneten Qualitätsstahlblech (55Si7=1.5026 oder 51CrMoV4=1.7701) auslasert für die Grundform, grob von Hand mit dem Freiform-Lufthammer ausschmiedet (Nachfolgebetrieb der Wester&Dinger-Schmiede), und dann von einem Fachmann schleifen lässt. Da kommt aber ganz sicher kein Preis von 150 Euro raus, und den Korb und das Kontergewicht muss man auch erstmal irgendwo besorgen.

Da muss man aber mit dem Gedanken rangehen, dass das kein grosses Geschäft (oder überhaupt eins) ist, sondern ein Hobby das man aus Spass an der Freud günstigenfalls mit einer schwarzen Null betreibt. Allein die Stunden die bei der Planung draufgehen kann man überhaupt nicht refinanzieren. Wenn ich irgendwo als selbständiger IT-Fritze die Welt retten gehe (Kleinaufträge von 3 Tagen als "Krisenreaktionskraft"), also Kleinaufträge mit Spezialknowhow die kaum einer annimmt, dann gibt das mindestens 1000 Euro pro Tag plus Spesen.

Chihab
03-09-2015, 16:23
Für 300 Euro kann man sowas ganz sicher fertigen, für 200 mit ganz viel vielleicht oder Teilfertigung in Asien, und für 150 VK garantiert nicht.

Also die Hanweirapiere liegen vom Preis Momentan über 300 Euro. So viel würde ich für eine Gute Trainingsklinge schon hinblättern. Customrapiere von Marco Danelli kosten ja auch, nach Ausführung, um die 700 Euro.

@Terano:
Die beiden haben da sehr, sehr viel Zeit und Recherche reingesteckt und etliche Klingen zerstört. Jetzt ist ein Rapier fertig und wird auch seit zwei Monaten im Training verwendet. Es hat sich leicht verbogen, führt sich aber sehr gut und hat auch echt heftige Treffer im Freikampf ausgehalten.

Am Härtungsprozess tüfteln sie aber immer noch etwas herum.

Klaus
03-09-2015, 22:09
Der Härteprozess alleine reicht da nicht, da muss man auch Werkstoffüberlegungen mithilfe von Fachleuten anstellen. Die Autoindustrie nimmt auch keine Allerweltsstähle für Feder- und Achsteile, sondern einen ganz bestimmten.

Ich sage mal ne Zahl, das Schmieden alleine, wenn man das Material stellt, kostet für ein einfaches Schwert von einem Meter Länge 38,- plus Mwst. pro Stück, bei kleinen Stückzahlen. Dazu käme dann das Härten je nach Aufwand, wobei man bei Freifechtwaffen weniger Aufwand treiben muss als bei solchen die eine Schneide halten und sehr scharf werden sollen. Da liegt man dann irgendwo zwischen 7 und 30 Euro, wobei es erst teuer wird wenn man spezielle Verfahren haben will. Mit anderen Worten, die Klinge selbst stellt man für unter 100 bis max. 150 Euro her, wobei man noch wählen kann ob man viel Geld für das Schleifen ausgibt, oder für eine Vorformung durch Auslasern. Jetzt hat man aber noch keinen Griff, keine Scheide und keine Monturen, und der Korb ist in Kleinserie extrem teuer. Besser wäre es, wenn man da was bekommen würde aus der existierenden chinesischen Fertigung, da habe ich 2 Jahre für gebraucht um Quellen zu bekommen die sowohl vernünftige Qualität als auch akzeptable Preise anbieten. Und ich musste trotzdem nacharbeiten, weil die einfach kein Auge und Empfinden für Qualität haben.

Und das heisst, eure 300 Euro für ein Chinateil gehen zu grossen Teilen in die Gewinnspanne und den Zwischenhandel. Zu deutschen Preisen kann man da aber schwer drunter bleiben, nur hat man dann normalerweise auch eine deutsche Qualität.

Der Selbstkostenpreis steht und fällt mit dem Griff und dem Korb, weil das ohne Form unheimlich aufwändig wäre. Ein Formteil lohnt sich erst ab grösseren Stückzahlen, für so ne Form bezahlt man je nach Hersteller und Grösse zwischen 3000 und 12000 Euro. Wenn man also jemanden hat der schon sowas baut, und bekäme von dem günstig den gewünschten Korb, wäre man im Geschäft. Da kann man dann zwar nicht auf Sonderwünsche wie "genau 1246 Gramm und eine Balance von 125.9 mm" eingehen, aber ein sehr originales Teil von der Massenverteilung mit einem hervorragenden stabilen Hochleistungsfederstahl aus dem Automobilbau bauen.