Vollständige Version anzeigen : Fechten und Tanzen
Jadetiger
07-09-2015, 10:03
Ein altes Sprichwort sagt "Traue keinem Fechter, der nicht tanzen kann".
Was ist da dran?
Ich hatte am Wochenende den ersten intensiveren Tanzkurs meines Lebens (2x4 Stunden Lindyhop (https://www.youtube.com/watch?v=tCc6ft3xmPs)).
Abgesehen davon, dass ich heute einen ziemlich grauenvollen Muskelkater in den Beinen habe, konnte ich tatsächlich viele Ähnlichkeiten zum klassischen deutschen Degen-/Säbelfechten (erstaunlicherweise weniger zum italienischen Stil) und zum Savate feststellen: Starke Arbeit mit der Lehnung des Oberkörpers, Struktur und Wesen der Beinarbeit, Ausführung der Kicks, Winkelarbeit an der Tanzlinie (im Fechten "Gefechtslinie"), Arbeit mit dem Rhythmus (Verzögerungen, Zwischentakte, etc.),...
Gibt es hier zufällig regelmäßige Tänzer, die etwas zu ihren Erfahrungen mit den Wechselwirkungen zwischen Tanzen und Fechten sagen können?
Hallo Jagdtiger
In der Doku "Ludwig XIV. - König der Künste" wird das Tanzen als körperliches Training für das höfische Leben und das Kriegshandwerk erwähnt (Training im Sinne von Kultur, Kraft, Ausdauer, Gewandheit, Gesundheitsförderung).
Adel https://www.youtube.com/watch?v=vhucYYI5Cu4#t=8m29s
Krieg https://www.youtube.com/watch?v=vhucYYI5Cu4#t=13m3s
Wenn ich richtig erinnere, waren Tanzmeister bis 1870 Teil der französische Armee. Soldaten tanzten auch im Feld.
Nachtrag: (Profi-)Tänzer und Turner haben eine hervorragende Körperbeherrschung. Körperlich bringen sie beste Vorraussetzungen für die KK/KS mit.
gruß o
Tanzen und Kämpfen haben viel gemeinsam. Eigentlich ist tanzen wie kämpfen.
Jadetiger
07-09-2015, 12:47
@ommo
Danke für die Links!
Ja "Tanzen, Fechten, Reiten" galten lange als körperliche Grundtugenden des gebildeten Gentleman.
@Pharao
Kannst du das etwas ausführen?
amasbaal
07-09-2015, 13:07
Ein altes Sprichwort sagt "Traue keinem Fechter, der nicht tanzen kann".
Was ist da dran?
ich behaupte mal SEHR VIEL.
wobei "tanzen" ja nicht gleich tanzen ist.
prinzipiell würde ich den spruch trotzdem auf alle kks und ks-arten beziehen.
... es sei denn der spruch ist so gemeint:
ein fechter, der nicht tanzen kann, erfüllt nicht die gesellschaftliche erwartung an einen fechter, der ja i.d.r. aus höherem stand kommt und könnte damit ein hochstabler sein, der zwar fechten kann, aber keine kenntnis der subkulturellen "techniken" des standes hat, dem er angeblich angehört. also: kann ein fechter nicht tanzen, stimmt was mit dem nicht.
edit: letzteres ist ja oben schon angedeutet.
@ommo
Danke für die Links!
Ja "Tanzen, Fechten, Reiten" galten lange als körperliche Grundtugenden des gebildeten Gentleman.
@Pharao
Kannst du das etwas ausführen?
Mach mal paar Kampftechniken einfach in der Luft. Dann tust du eigentlich nichts anderes als tanzen. Und wer nicht tanzen kann, kann auch nicht fechten.
Jadetiger
07-09-2015, 13:24
ich behaupte mal SEHR VIEL.
wobei "tanzen" ja nicht gleich tanzen ist.
prinzipiell würde ich den spruch trotzdem auf alle kks und ks-arten beziehen.Nach den Erfahrungen des letzten Wochenendes würde ich das nicht mehr tun. Zumindest nicht bezogen auf westlichen Gesellschaftstanz. Da steht man aufrecht, ist sehr leichtfüßig unterwegs und arbeitet mit kleinen schnellen Schritten. Auch die Schwerpunktsteuerung ist hier dem westlichen Fechten extrem ähnlich.
Viele asiatische Kampfkünste arbeiten sehr "geerdet" und stabil und arbeiten mit großen Schrittwinkeln. Da sehe ich abgesehen vom Rhythmusgefühl weniger Gemeinsamkeiten.
Deswegen hatte ich auch nach der Einschätzung regelmäßiger Tänzer gefragt.
... es sei denn der spruch ist so gemeint:
ein fechter, der nicht tanzen kann, erfüllt nicht die gesellschaftliche erwartung an einen fechterNeinnein, das ist schon technisch gemeint.
Kampfbewegungen können doch in einen Tanz umgewandet werden. Oder ein aggressiver Tanz zum Kampf.
1. als Inzenierung: https://www.youtube.com/watch?v=E7KGp5_ZXE8
2. als Kampftanz: https://de.wikipedia.org/wiki/Kampftanz
Nachtrag: zu 2.
Kriegstanz Haka der Maori https://www.youtube.com/watch?v=BI851yJUQQw
Kukri-Tanz der Gurkhas https://www.youtube.com/watch?v=LoxsJtvcIHM
Gesellschaftstanz Lindy-Hop als "Battle" ;) https://www.youtube.com/watch?v=5ZGTWk1xK6U
In der FMA gibt es Trommelbegleitung zur Rythmisierung der Bewegungen.
Auch sollten durch Kampftänze verbotene KK im Geheimen weitergegeben werden (beispielsweise die FMA in der spanischen Besatzungszeit der Phillipinen oder Capoeira in Brasilien https://de.wikipedia.org/wiki/Capoeira#Geschichte ).
Gruß o
ruediger
07-09-2015, 13:44
Nach den Erfahrungen des letzten Wochenendes würde ich das nicht mehr tun. Zumindest nicht bezogen auf westlichen Gesellschaftstanz. Da steht man aufrecht, ist sehr leichtfüßig unterwegs und arbeitet mit kleinen schnellen Schritten. Auch die Schwerpunktsteuerung ist hier dem westlichen Fechten extrem ähnlich.
Dennoch...welcher Gesellschaftstanz...
S/L...DIE zehn Tänze aus dem WTP...oder noch der Paso...oder wie bei dir Lindy...West Coast...etc. pp.
Wo übt man...in der Tanzschule...im Verein...?
Tanzschule und Verein...da kommen mitunter HEFTIGSTE Unterschiede zu Tage.
amasbaal
07-09-2015, 13:52
1.
nnuw75zNFRk
tanz aus java - pur und im modernen kontext
2.
w0zavLB_zVI
tanz anlässlich von hochzeiten etc. aufgeführt immer von silat-aktiven des dorfes (oder dafür eingeladener von außerhalb) in west-sumatra
3. bvdMXrqh0vc
"tänzerische" vorführung/umsetzung von formen aus der kk im rahmen von kembangan ("flower-dance")
im fall "silat" und "tanz auf java und sumatra" haben also kk und "traditioneller" tanz gleiche grundsätzliche bewegungsmuster.
allgemein: tanz und kk passt zusammen.
speziell: fechten westlicher art passt sicher nicht so sehr zum javanischen tanz.;)
ist mal wieder alles relativ. :)
kampf und tanz in europa:
https://www.youtube.com/watch?v=SiBLBhMKrhw
https://www.youtube.com/watch?v=SiBLBhMKrhw
kk´s die eindeutig tänzerische qualitäten aufweisen sind mMn capoeira und taekkyon (auch wenn ich für mich da nie einen gewinn rausziehen konnte - ich tendiere mehr zu meinem obigen beispiel;)).
auch elemente aus arnis und silat lassen sich in tänzen nachweisen.
da hat amasbaal aber sicher mehr hintergrund;).
marasmusmeisterin
07-09-2015, 20:33
Bevor man dazu was Belastbares sagen kann, sollte man sich eins verdeutlichen:
Körpereinsatz und -bewegungen sind in unterschiedlichen Kulturkreisen extrem unterschiedlich. Man denke an den Orientalischen Tanz mit dem Hüftkreisen
Das sind Bewegungen, die im europäisch-westlichen Kontext einfach unanständig waren und daher erstmal anständigen Frauen unmöglich waren, außer im privatesten und intimsten Kontext.
Dann kommt dazu noch die jeweilige kulturelle Ausformung; habe ich z.B. eine geschichtete Gesellschaft, in der die Privilegierten sich z.B. mit einer besonderen Körperlichkeit abheben? Als Beispiel: Volkstanz - man sehe sich die Bilder von Breughel mal genau daraufhin an, wie da getanzt wird - und zeitgleiche höfische Tänze, das reicht aber bis in alltägliches Bewegen wie Sitzen, Greifen, Gehen.
Ich könnte jetzt noch einen langen Riemen über die Geometrisierung der Bewegung im Barock abspulen, ich nenne das aber nur als Stichwort, um die gegenwärtige Bewegungsform zu erklären.
Kurz: wie die Körperlichkeit, so Tanz und Kampf in einer Kultur. Dazu kommen noch die Anforderungen von Waffen (z.B. Stock oder Messer).
marasmusmeisterin
07-09-2015, 20:36
die spielen nur.
So was kenn ich als Aufwärmübungen.
Lowkick Loverboy
07-09-2015, 22:19
Nach den Erfahrungen des letzten Wochenendes würde ich das nicht mehr tun. Zumindest nicht bezogen auf westlichen Gesellschaftstanz. Da steht man aufrecht, ist sehr leichtfüßig unterwegs und arbeitet mit kleinen schnellen Schritten. Auch die Schwerpunktsteuerung ist hier dem westlichen Fechten extrem ähnlich.
Viele asiatische Kampfkünste arbeiten sehr "geerdet" und stabil und arbeiten mit großen Schrittwinkeln. Da sehe ich abgesehen vom Rhythmusgefühl weniger Gemeinsamkeiten.
Richtig. Weite Positionen mit gebeugtem Schwerpunkt kommen nämlich in der europäischen Fechttradition eigentlich nicht vor. ;)
http://farm4.static.flickr.com/3198/2988476766_8d36e32174.jpg
http://farm4.static.flickr.com/3034/2988501526_d223c31a87.jpg
Allerdings hat die Marasmusmeisterin schon die richtigen Stichworte eingeworfen - Ästhetisierung von Bewegung, höfische Bewegungsform, Geometrisierung, Sprezzatura, usw. Die Bewegungen des Fechtens und des Tanzens werden den gleichen ästhetischen Idealen unterworfen. Da sollte man aber nicht zu viel reingeheimnissen - wenn Wing Chun ein österreichischer Stil wäre, könnte man bestimmt auch irgendwelche Parallelen zum Walzer finden, die einem so nicht unbedingt auffallen.
Zwei gute Texte zum Thema:
Henning EICHBERG: Geometrie als barocke Verhaltensnorm. Fortifikation und Exerzitien, in: Zeitschrift für Historische Forschung 4 (1977), S. 17-50.
und vor allem:
Harald KLEINSCHMIDT: Posituren im Wandel. Beobachtungen zur Geschichte der Körperhaltung und -bewegung vornehmlich im frühneuzeitlichen Europa, in: Jahrbuch für Europäische Geschichte 10 (2009), S. 121-148.
Und um mir das Tippen zu sparen, zitiere ich mich einfach selber:
"Gleichzeitig erlaubte das Stichfechten, polemisch formuliert, mit weniger Training besser auszusehen. Natürlich kann auch eine auf Hieb und Stich basierende Fechtkunst elegant aussehen [...] aber die Kombination kleinräumiger Bewegungen, immer leichter werdender Waffen und artifizieller Körperhaltungen entsprach im idealen Maße dem, was man sich im Laufe des 17. Jahrhunderts als angemessen und schön, als ‚zierlich‘ vorstellte. Die tiefen, breitbeinigen Fußstellungen, die die Kämpfer noch bei Joachim Meyer einnehmen, fanden sich nicht mehr. Außer im Ausfallschritt, der den mathematisch begründeten Prinzipien des Stichs geschuldet war, standen die Fechter nun in engen, aufrechten Positionen, die an Stellungen aus dem Tanz erinnerten. [...] Das Einsatzgebiet einer solchen Fechtweise war naturgemäß weder das Schlachtfeld noch die Selbstverteidigung auf der Straße, sondern das Duell – die ritualisierte Fechtkunst suchte sich einen ritualisierten Rahmen, um in einem echten Kampf verwirklicht zu werden. Wer ein Duell focht, bewies seine Ehre nicht allein dadurch, dass er sich einer tödlichen Gefahr aussetzte (dies hätte auch ein Kampf mit, z. B., Holzfälleräxten gewährleistet). Es ging nicht nur darum, dass man focht, sondern wie man focht. Man inszenierte sich und seinen Körper gemäß dem Codex gesellschaftlich verordneter, ästhetischer Normen. Indem man sich durch Selbstkontrolle und Beherrschung der Waffe zum Teil eines weithin verstandenen symbolischen Systems machte, wurde man umgekehrt durch dieses System in seiner eigenen gesellschaftlichen Position bestätigt."
In: Ulrike Ludwig u.a. (Hg.): DAS DUELL. Ehrenkämpfe vom Mittelalter bis zur Moderne. Konstanz 2012, S. 73.
Und hier noch ein Zitat aus dem Fechtbuch von Besnard von 1653, das in Sachen Ästhetisierung wohl ein Paradebeispiel darstellt (englische Übersetzung von Rob Runacres und Reinier van Noort):
"The Salute.
Firstly, gently and slightly raise your right foot up, and move it away from the left foot by half a pace, and placing make that the whole body is supported thereon, and at the same time raise your wrist and foil high, in première guard, or prime, as you please.
Secondly, you will make the salute with the left foot, putting the left hand to the hat, and uncovering yourself, bringing it low to the side of the knee, the inside turned towards him, and while making this reverence you must carry the foot smoothly in rounding and turning the point thereof to the outside, carrying and removing the left side back, so that the ankle of the same foot is located behind the right heel, where placing it there you will balance your body so that it is supported thereon.
Thirdly, you will raise your right foot, carry it and place it forward, its point towards your adversary.
Fourth, you will make a step forward with the left foot, so that the ankle of that foot is located in front of the point of the right foot, replacing your hat on your head, and lowering your wrist and foil in seconde, without lowering the body at all.
And fifth, you will advance with the right foot and put yourself on guard and posture in the manner we have taught; and note that in making this reverence, you must not lower the head or bend the body, as in the bows of civility that one makes: on the contrary you must stand upright well, in order to look fixedly at your opponent and consider his guard and posture, in order to form the plans we wish to execute while doing this."
Die Idee, das Tanzen für das Kampfkunsttraining nutzbar zu machen, ist so naheliegend, dass sie uns ja sogar schon von JCVD vorexerziert wurde. Bizarr wäre es aber, nun zu folgern, dass nur europäischer Tanz mit europäischer Kampfkunst zusammenpasst und umgekehrt. Das ist ein Denken in Kulturkreisen, das sich schlecht mit der Wirklichkeit deckt.
(Wobei man sich da ohnehin oft wundern muss: So, wie die Japan-Freaks in der Budo-Fraktion sich "ihren" Fernen Osten zusammenträumen, hat die HEMA-Szene die Tendenz, europäischer als selbst Europa auf dem Stier sein zu wollen.)
zeitvertreibi
07-09-2015, 22:28
Ballett Evolved über den Zusammenhang von Ballett und Fechten: https://www.youtube.com/watch?v=LDtpDlCf94g
Auch ganz interessant der Abschnitt ab Seite 16 "Hidden in Plain Sight" aus dem Buch über Sonny Umpad : https://books.google.de/books?id=zXFQ2bBdyYsC&pg=PA17&lpg=PA17&dq=sonny+umpad+dancing&source=bl&ots=vIbydxVQ1F&sig=mfhMa3UPfphi9f7KlpdLB_avr1Q&hl=de&sa=X&ved=0CCsQ6AEwAWoVChMIiZaUjvvlxwIVQT0UCh2V1Qh1#v=on epage&q=sonny%20umpad%20dancing&f=false
Jadetiger
08-09-2015, 09:12
Danke für die ganzen Antworten, besonders an Lowkick Loverboy für seinen hervorragenden Post!
Einen guten Punkt finde ich, dass die Ästhetisierung der Körperarbeit sich vor allem im ritualisierten Duell zeigt. Das ist etwas, was von August Fehn, der Hauptquelle meines Trainers, oft bemängelt wird. Sein Buch zielt viel auf Gebrauch der militäruischen Dienstwaffen auf und beinhaltet daher auch einiges an "dreckigen" Techniken, die zu seiner Zeit (um 1850) wohl im Ehrenduell schon verpöhnt waren (Entwaffungen, die die Finger des Gegners stark gefährden und ähnliches).
Auch interessant finde ich das Argument, dass die Waffen immer leichter wurden, weil "zierlich" als schön und elegant galt. Habe ich mir so noch nie überlegt. Vielleicht weil Fechten bei mir nie "zierlich" aussehen wird... :D
Bizarr wäre es aber, nun zu folgern, dass nur europäischer Tanz mit europäischer Kampfkunst zusammenpasst und umgekehrt. Das ist ein Denken in Kulturkreisen, das sich schlecht mit der Wirklichkeit deckt.Das sehe ich nicht ganz so. Wie du ja selbst schreibst, sind Tanz und Fechten denselben Prinzipien der Ästhetisierung unterworfen und die Ästhetisierung ist in unterschiedlichen Kreisen eben unterschiedlich (siehe z.B. die früher schwarz bemalten Zähne des japanischen Adels). Ich schreibe bewusst nicht Länder, weil Unterschiede ja auch in unterschiedlichen Subkulturen bzw. Minderheiten bestehen können.
Wenn ich also mein Fechten durch Tanzen unterstützen möchte, sollte ich mir doch am besten einen Tanzstil aus einem ungefähr passenden Kulturkreis suchen oder? Sprich: Warum sollte ich Tempeltanz aus Java lernen, wenn ich deutsches Degenfechten damit verbessern will?
Lowkick Loverboy
08-09-2015, 09:44
Danke für die ganzen Antworten, besonders an Lowkick Loverboy für seinen hervorragenden Post!
Gerne. :)
Wenn ich also mein Fechten durch Tanzen unterstützen möchte, sollte ich mir doch am besten einen Tanzstil aus einem ungefähr passenden Kulturkreis suchen oder? Sprich: Warum sollte ich Tempeltanz aus Java lernen, wenn ich deutsches Degenfechten damit verbessern will?
Primär würde ich sagen: wenn ich mein deutsches Degenfechten verbessern will, sollte ich deutsches Degenfechten trainieren. ;)
Die geographischen Zuweisungen jedenfalls unterschlagen die zeitliche Dimension. Zu einem bestimmten Zeitpunkt teilen sich Tanz und Kampfkunst eine Ästhetik und das eine wird dem anderen angeglichen, sie Besnard. Von diesem Punkt aus entwickeln sich beide Systeme unabhängig weiter und nehmen weitere Einflüsse auf, die sie völlig verändern können. Natürlich bleiben Parallelen bestehen, aber ob die dann genau die Attribute betonen, die man fürs Fechten braucht, ist völlig zufällig. Um bei Deinem Beispiel Lindy Hop zu bleiben:
Die Wurzeln des Lindy Hop liegen im Charleston, Break-Away und Stepptanz, aber auch anderen Jazz-, traditionellen westafrikanischen, und auch europäischen Tänzen. Wikipedia Lindy Hop (https://de.wikipedia.org/wiki/Lindy_Hop)
Ich glaube Dir gern, dass das Tanzen Deine Kampfkunst bereichert, aber das würde ich nicht aus einem genetischen Zusammenhang der beiden herleiten.
Ich habe zwar nur ein paar Semester lang olympisches Fechten trainiert, aber wenn ich mir einen Tanzstil suchen sollte, der das optimal unterstützt, wäre es bestimmt kein europäischer Standardtanz, sondern etwas mit tiefen Beinpositionen und raschen Nachstellschritten. Vielleicht javanesischer Temepltanz?
Man muss die Systeme, die man füreinander fruchtbar machen will, genau analysieren und sich fragen, wie groß die Überschneidungen tatsächlich sind. Das gilt ja genau so für die unterstützenden Fitness-Systeme (deshalb bin ich auch froh, dass einige PTK-Trainer wie Roland so ein know-how im TacFit haben und für uns fruchtbar machen).
Geographie kann ein Indiz für gegenseitige Bereicherung sein, ist aber meist nicht mehr als Zufall. Walzer und Aikido, das könnte ich mir gut vorstellen. Dass die beiden genetisch wirklich wenig miteinander zu tun haben, tut da ja nichts zur Sache.
Den anderen Weg zu gehen, also nach geographischen Zuordnungen auszusuchen, ist letztlich magisches Denken: "was mit dem gleichen Zeichen benannt wird, ist auch gleich; was einmal miteinander in Kontakt stand, bleibt in Kontakt."
Jadetiger
08-09-2015, 09:57
Die geographischen Zuweisungen jedenfalls unterschlagen die zeitliche Dimension.Ah, jetzt verstehe ich. Ja, Zustimmung.
Man muss die Systeme, die man füreinander fruchtbar machen will, genau analysieren und sich fragen, wie groß die Überschneidungen tatsächlich sind. Das gilt ja genau so für die unterstützenden Fitness-Systeme.Ich verstehe. Gut, das hängt natürlich noch zusätzlich davon ab, wie stark man selbst an der mit der Kampfkunst verbundenen Kultur hängt (z.B. wollen sich viele Schüler japanischer Kampfkünste ja auch "japanisch" fühlen), aber grundsätzlich bin ich in der Herangehensweise deiner Meinung.
fujikomma
08-09-2015, 11:26
"Der kleine Drache" war doch Hongkonger Meister im Cha-cha-Tanzen:D
Wenn es das Körpergefühl fördert,tanzt:cool:
Ich hatte jetzt einen schönen Wortverwechseler im Gehirn:
"Danse dans la Rue"
statt
"Defense dans la Rue":ups:
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