Anmelden

Vollständige Version anzeigen : Ki-Gamae Geisteshaltung im Kampf



white-eagle
23-09-2015, 17:18
Hallo Zusammen

Ich bin über einige Begriffe gestolpert, bei denen ich gerne eure Gedanke wissen möchte.
Wie würdet ihr:
Ki-haku Kampfgeist, geistige Energie
Sen Initiative
Yomi Wahrnehmung
Kikai Gelegenheit
Kiai Zusammentreffen der Kraft
in Bezug auf die Kampfkunst umschreiben.

Vielen Dank

Chrizzt
23-09-2015, 18:49
In welchem Kontext bist du denn über diese Begriffe gestolpert? Ich muss sagen, dass mir bis auf Sen und Kiai diese Dinge nichts sagen.

Magni
23-09-2015, 18:52
Ich kenn den Begriff Kiai im Zusammenhang mit dem Kampfschrei...:confused:

white-eagle
23-09-2015, 18:59
Ich bin im Zusammenhang der Aspekte der Kampfkunst über diese Begriffe gestolpert, genauer bei Ki- Gamae und Mi-Gamae. Dazu gehören noch Begriffe wie Zanshin, Senjutsu, Maai, Metsuke, Hyoshi, Kokyu, Waza und Heiko.

Für mich umschreiben diese Begriffe die einzelnen Teile die in der Kampfkunst ein Gewicht haben. Diese Sachen sollte man versuchen zu lernen und zu lehren.
Ausser der Technik (Waza) sind sie nicht so einfach zu erklären...

marasmusmeisterin
23-09-2015, 19:39
Bist du sicher, daß das noch was mit Training, also sich bewegen zu tun hat? Mir kommt das seeeehr... also künstlich vor.
Wie im Nachhinein hineingeheimnist, weil das Training allein so nüchtern ist. Genau so abgehoben kann man ja über praktisch alles reden, weil ja alles immer mehrere Aspekte braucht, die zusammenkommen müssen.
Ich finds verschwurbelt.

Und KIAI ist der Kampfschrei beim Karate.

fujikomma
23-09-2015, 19:52
Hahaha,nein nicht nur
Klugschnaker Modus an:
Ki-ai (n.) A state of concentration on an opponent’s action, or one’s own intention.
Kluchschnaker Modus aus:D
Tatsächlich besteht hier die Gefahr der Verschwurbelung:ups:
Die Kombination der Begriffe lässt sich auf
http://www.ddk-ev.de/dmdocuments/pruefungsordnungkarate6dan.pdf
zurückführen...

Magni
23-09-2015, 23:26
Und KIAI ist der Kampfschrei beim Karate.

UND beim Jiu Jitsu.(Zumindest bei uns)

fujikomma
24-09-2015, 01:42
Weil der Mundschutz beim Kickboxen verhindert den voll wirksamen den Gegner erschütternden Kampfschrei;)

Gibukai
24-09-2015, 08:59
Hallo,

tatsächlich handelt es sich bei all diesen Begriffen um Punkte, die besser im (sehr guten) Training vorgezeigt und vermittelt und dann im weiteren (sehr guten) Training stets nachjustiert und verbessert werden müssten. Es ist immer einfach, eigenes mangelhaftes technisches Können hinter japanischen Fachbegriffen zu verstecken.

Zum Begriff „Kiai“ kannst Du mal hier nachlesen, was ich dazu schreibe:

http://www.kampfkunst-board.info/forum/f7/kiai-150625/index3.html#post2902715

Zum Begriff „Zanshin“ schrieb ich an anderer Stelle dies:


Titel: Re: Zanshin?!
Beitrag von: Gibukai am Januar 15, 2009, 09:51:00
Hallo,

also, Deine Frage bezieht sich auf Musashi und Zanshin, oder? Zuerst muß ich einräumen, daß ich etwas auf dem Schlauch stehe, denn in dem von Dir erwähnten Abschnitt finde ich die Formulierung „Zanshin“ nicht. Ich kenne die Ausgabe aus dem Knaur-Verlag nicht. Dafür habe ich zwei japanische Fassungen durchforstet und in dem entsprechenden Abschnitt, „Utsu to Ataru to iu koto“, kein „Zanshin“ gefunden. Das muß aber nicht heißen, daß es nicht irgendeine japanische Fassung gibt, die den Begriff „Zanshin“ an dieser Stelle enthält. Vielleicht hat hier jemand so eine Fassung. Oder der Übersetzer wollte clever sein und hat eine Stelle als „Zanshin“ übersetzt...

„Utsu“ ist der Schlag, während „Ataru“ eher einen „Treffer“ meint. „Treffer“ hat etwas zufälliges, während Musashi den „Schlag“ als zielbewußte, kontrollierte, von Verständnis für die Sache durchdrungene Handlung definiert. Für Musashi ist der „Schlag“ das erstrebenswerte Ziel; er setzt also nicht auf Faktor Zufall und hofft darauf, daß er im Gefecht durch Zufallstreffer obsiegt.

Soll es um „Zanshin“ allgemein gehen, möchte ich grundsätzlich drei Dinge voranschicken: Ich habe hier ein paar meiner älteren Beiträge zusammengehauen und etwas ergänzt. „Zanshin“ ist ein Begriff, welcher für ein bestimmtes Konzept steht, das wiederum körperliche und geistige Komponenten umfaßt. Daher ist es schwierig, seine Bedeutung hinreichend in Worte zu fassen. Es gibt auch Leute, die diese unzureichende Möglichkeit der verbalen Erklärung nutzen, um gern und häufig mit derartigen ausländischen Begriffen um sich zu werfen, um Kompetenz vorzutäuschen... Zum dritten ist „Zanshin“ im Grunde Teil einer zeitlichen Dreigliederung, die ein kriegerisches/kämpferisches Geschehen zu drei kurzen Begriffen zusammenschrumpft:

(1) Zenshin 前心 - Vorheriges Herz, also die Situation vor dem Kampf

(2) Tsūshin 通心 - Kommunizierendes, Durchgehendes Herz, also die Situation während des Kampfes

(3) Zanshin 残心 – Verbleibendes, Zerstörendes Herz, also die Situation am vermeintlichen Ende des Kampfes, in der ich mich vergewissere, daß meine Technik den Feind vollständig vernichtet hat

Diese Begriffe sind Bestandteil der herkömmlichen japanischen Kampfkunst und besonders beim japanischen Säbel zu finden. Sie haben erst einmal nichts mit dem Karate aus Ryūkyū zu tun. Erst ab der Edo-Zeit begann sich dieses Gedankengut in der Kampfkunst Ryūkyūs zu etablieren. Daher ist es einigermaßen zwecklos, nach chinesischen Erklärungen für sie zu suchen.

Eine bessere Übersetzung für „Zanshin“, die den ursprünglichen Punkt deutlicher zur Geltung bringt, ist „Zerstörendes Herz“. D.h. erst nachdem der Krieger seinem Feind den Kopf abgetrennt hat, ist Zanshin beendet... Ursprünglich meint „Zan“ aus „Zanshin“ so etwas, wie „Gebeine, die mit einer Klingenwaffe zerstückelt wurden“. Es steht für Zerstörung, Verstümmelung, Töten usw. sowie für das, was nach so einer Angelegenheit übrigbleibt (die Knochen). Später wurde der letzte Punkt, das Übrigbleiben, noch weiter ausgedehnt.

Aus der Sicht eines Kämpfers auf einem alten, japanischen Schlachtfeld bedeutete es nichts anderes, als daß er, nachdem er seinen Feind verwundet, niedergeworfen oder augenscheinlich getötet hat, sein Werk, die Tötung des Feindes, abschließt. Daß ich dabei „wachsam“ sein muß, da ein angeschlagener Feind oder einer, von dem ich nicht 100%ig weiß, ob er wirklich schon tot ist, noch immer einen letzten Streich gegen mich richten kann, ist doch klar.

Da diese „barbarische“ Haltung natürlich nicht mehr gut in einer „fortschrittlichen“ Welt ankam, wurde immer mehr herumphilosophiert. Ich weiß, daß Zanshin oft mit „Aufmerksamkeit“ übersetzt wird; bloß ist das noch nicht einmal die halbe Wahrheit. Zanshin (das „verbleibende Herz“) bezeichnet das Ende des Aufeinandertreffens, bei dem eine Partei körperlich (und geistig) alles unternimmt, um die andere Partei vollständig und endgültig auszuschalten. Erst wenn dies vollendet wurde, endet Zanshin.

Die ursprüngliche Bedeutung von Zanshin ist ja nun vielleicht schon klar – die gegnerische Partei wird vollständig ausgeschaltet. Nun kam es in der Entwicklung des japanischen Budō zu einer mehr oder weniger starken Versportlichung, wie alle hier wissen. Im Kendō ist „Zanshin“ ein erforderliches Kriterium für einen wertbaren Schlag, einen „Ippon“ sozusagen. Da es sich hier um eine „sichere“ (sportliche?) Art des Kampfes handelt, wird der Gegner natürlich nicht umgebracht. Also wurden für dieses „Zanshin“ Kennzeichen formuliert: korrekter Abstand nach dem Schlag, korrekte Position (Chūdan-Gamae) zum Gegner (als Schutz gegen mögliche Konter) und vor allem das Vermögen weiter zuzuschlagen, natürlich zu reagieren. Selbstverständlich wird das ganze dadurch sehr abstrakt. Im Kendō ist es aber der Adept selbst, der sein Zanshin bewertet; ist er selbst unzufrieden, wird ihn wahrscheinlich auch ein von außen bekundeter Sieg nicht befriedigen (naja, jedenfalls im Idealfall). Wer sich für dieses Sport-Budō-Zanshin im Karate interessiert, hatte bei H. Nishiyama (1928-2008) die Gelegenheit, dies in seinem Karate kennenzulernen.

Jedenfalls ist das aus meiner Sicht nicht mit dem „Zanshin“ aus dem Sport-Karate (WKF/JKF-Stil) vergleichbar, auch wenn die Begrifflichkeit selbst übernommen wurde.

Aus dem Kontext der japanischen Kampfkunst herausgelöst, umgangssprachlich betrachtet, wird „Zanshin“ übrigens im Sinne von „etwas bedauern“ aufgefaßt.

Grüße,

Henning Wittwer

(Seite drucken - Zanshin?! (http://www.karate-news.de/smfalt/index.php?action=printpage;topic=2970.0))

Auch die anderen Begriffe können verbal erklärt werden, aber wie geschrieben, echtes Training wäre sinnvoller ...

Grüße,

Henning Wittwer

white-eagle
24-09-2015, 18:52
Natürlich geht nichts über echtes Training!
Ihr dürft mich nicht falsch verstehen. Ich wollte damit sagen, dass dies (für mich) Trainingsinhalte sind welche man, wie soll ich sagen, unterschwellig, in anderen Übungen verpackt weitergeben sollte. Oder sich zumindest Gedanken darüber machen.

@Gibukai: Danke für deine Texte

Vielleicht sollte ich noch schreiben, dass es für mich einen Unterschied zwischen Kampfkunst und Kampfsport gibt.
Kurz: Kampfsport im Sinne von Bewegung, Körperertüchtigung, Technik...
Kampfkunst: Philosophie, Geisteshaltung, Bewegung, Körperertüchtigung, Technik...

(Ich weiss einige empfinden diese Einstellung als abgehoben. ;-) )

Klaus
24-09-2015, 20:55
Es gibt verschiedene "Geisteszustände", die sind nur schwer in Worte zu fassen. Ich sehe bei mir im Spiegel dann deutliche Veränderungen in Mimik und Augen, sieht man auch bei Wettkämpfen (Boxen, NBA, Fussball ...) wenn Leute "in der Zone sind". Und man fühlt es auch. Die Frage ist ob man einen "Geisteszustand" denn wirklich "bewusst" erreichen kann, oder sich nur vormacht man würde. Wenn mir das passiert ist, war entweder die K*cke am dampfen, oder jemand hat irgendwem weh getan und mir gefiel das nicht wirklich. Ich habe zum Beispiel klar den Übergang empfunden von "lustiges Handballspiel ein bischen kämpferisch" zu "jemand tut meinem 60-Kilo-Kollegen inakzeptabel viel weh -> Da Nang 1961". Ich würde mal sagen, es gibt da 6-7 Hirnareale die irgendwas tun (Wahrnehmung, Moral, Steuerung, usw.), und ein "Geisteszustand" ist eine Konfiguration davon. Wenn einem die Moral / Skrupel abgeschaltet wird, dann agiert man skrupellos ohne Verzögerung, man geht auf jemanden zu und schaltet ihn aus. Sowas kommt bei normalen Menschen aber eher in Kriegszuständen vor, darum erwähnen das auch Kulturen die sich häufig oder immer im Krieg mit irgendwem befanden auch so erschöpfend. Man kann dem schöne Titel geben, "guter Onkel mit göttlicher Hilfe", "Jäger->Beute" und so, aber was das genau ist merkt man eher wenn es passiert. Und dann kommt man häufiger in diese. Ich würde wirklich die Finger davon lassen mit sowas im Spiel (und das ist Freizeit-KK) "auszuprobieren", die Effekte wenn man sie bekommt sind real, und man kann sie nicht zurücknehmen. Darum operieren daoistische Kampfkünste auch mit dem leeren Geist, man überlässt es ihm selbst welche "Konfiguration" er für jegliche Situation wählt. Die fallen dann auch unterschiedlich aus.

So ein Zustand ist gut wenn man ihn wirklich nötig hat, aber Glück sieht anders aus.

http://s3.india.com/wp-content/uploads/2014/11/mike-tyson.jpghttp://www.yangtaichi-form.de/Fotos/Tai%20Chi%20Meister/YangJianHou.jpg
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/ea/Special_Air_Service_in_North_Africa_E_21337.jpg

fujikomma
24-09-2015, 21:16
Für die richtige Geisteshaltung im Kampf empfehe ich Jeremy Clarkson Doku unter anderen über seinen Schwiegervater:
https://www.youtube.com/watch?v=Tpg6h16k8eU

Gibukai
25-09-2015, 10:02
Hallo,

besonders da Du diese Unterscheidung triffst, würde ich Dir empfehlen, die überlieferten Texte der Karate-Pioniere zu lesen. Wie Klaus schon richtig schrieb ist das Verbalisieren von "Geisteszuständen" in der Kampfkunst schwierig, weshalb häufig zu Metaphern gegriffen wird. Diese wiederum sind dann Stolperfallen, in die westliche "Experten" gerne rennen und sich darauf berufend allen möglichen Unsinn zusammenreimen ...

Grüße,

Henning Wittwer

kanken
25-09-2015, 10:42
Es gibt eine sehr konkrete Arbeit mit den "Geisteszuständen" und die ist sehr alt und überliefert. Oberflächliches dazu habe ich in meinem Karate kennengelernt, WIE weit das geht erfahre ich jedoch erst jetzt in den CMA.
Da das jedoch ein gefährliches Spiel mit der Psyche sein kann sollte man das nur machen wenn man jemanden hat der das System wirklich kennt, aber all das ist nichts für ein Forum, da hat Klaus schon Recht.

Grüße

Kanken