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Vollständige Version anzeigen : 8 Brokate- und Baguazhang-Nebenwirkungen



FurorCelticus
13-11-2015, 07:16
Hallo liebe Leute!

Ich trainiere nun seit ca. einem halben Jahr Baguazhang. Seit 2-3 Wochen habe ich mir das Ziel gesetzt täglich zu trainieren. Ich beginne immer mit den Baduanjin und gehe dann über zu den Aufwärm und Grundübungen unseres Bagua mit anschließendem Kreisgehen und zum Abschluss übe ich eine oder mehrere Zhan Zhuang-Positionen aus dem Baguazhang oder Yiquan, das Ganze dauert immer 1 bis 11/2 Stunden.

Nun habe ich viele körperliche Verbesserungen bemerkt - meine alten Knie- und Achillessehnenprobleme bessern sich zusehends, auch mein Beckenschiefstand und meine Skoliose scheinen sich zu bessern, ich fühle mich allgemein beweglicher und stabiler.

Nun ist es so, dass ich, sobald ich 3-4 Tage hintereinander trainiere, immer unruhiger werde. Körperlich fühle ich mich zwar sehr gut, aber ich fange dann an, innerlich unruhiger zu werden, fühle mich dann wie "unter Strom" und bin leicht reizbar. Auch kann ich dann nicht mehr gut schlafen, ich wache oft um 3 in der Früh auf und bin sehr nervös, zwar übermüdet, aber ich habe keine Chance weiter zu schlafen. Wenn ich dann ca. 2 Tage pausiere, normalisiert sich mein Zustand wieder.

Ich fühle mit dem Ärger auch immer meine Leber-/Gallengegend, wo ich das Gefühl am ehesten lokalisieren kann, dies ist auch der Bereich in dem anscheinend mein Bindegewebe mich in die schiefe Position zieht.

Nun bin ich mal wieder verwirrt - ist dies eine normale Begleiterscheinung von alten Spannungen/Blockaden etc. die sich lösen und somit normal oder ist diese Reizbarkeit etc. eher ein Zeichen dafür, dass mein Nervensystem überlastet ist wegen der, für meinen Körper doch noch ungewohnten, Übungen der Baduanjin und des Bagua?

Habt jemand von Euch Erfahrungen mit ähnlicher Symptomatik?

pilger
13-11-2015, 08:42
Hallo FurorCelticus,

ich mache zwar kein Bagua, wohl aber schon seit Jahren die acht Brokate sowie zahlreiche Daoyin Übungen und Taichi.

Grundsätzlich sind die acht Brokate (von denen es allerdings sehr verschiedene Ausführungsvariationen gibt und ich deine nicht kenne) schon dafür ausgelegt dass man sie täglich üben kann und dass sie körperlich und geistig zu Wohlbefinden und Entspannung beitragen. Bei mir und auch bei Menschen die das mit mir üben, funktioniert das sehr gut.
Innerlich gereizt oder ähnliches sollte man gerade NICHT werden durch das Üben der acht Brokate.

Also kann es entweder sein, dass vielleicht deine Ausführung der Brokate nicht korrekt ist, die Atmung vielleicht nicht gelöst genug ist oder aber dass es mit den Brokaten nichts zu tun hat sondern mit dem Bagua.
Je nachdem wie du das trainierst, welche Vorstellungen du beim Üben einer Kampfkunst nutzt kann das schon bestimmte Emotionen triggern.
Wenn ich Taichi mit der Vorstellung eines ruhenden Berges übe, löst dies anderes in mir aus als wenn ich es in der Vorstellung tue ich sei ein reißender Tiger. Einfach mal als banales Beispiel.
Ich kenne eure Trainingsmethode des Bagua nicht, aber je nach Art der Vorstellung kann es auch dabei wahrscheinlich unterschiedliches in einem auslösen.

Eine weitere Sache die mir einfällt könnte auch vielleicht helfen. Ich persönlich mache nach jedem Training eine sammelnde Abschlussübung bei der ich mich in Stille für ein paar Minuten auf meinen Unterbauch, mein unteres Dantien, konzentriere und dort hin bildlich gesprochen alles zurück fließen lasse. Das hilft mir, mich wieder in einen sozusagen mental neutralen Zustand zu versetzen. Mit der Abschlussübung gebe ich mir selbst das Zeichen dass das Training und all seine Z.B. martialischen Aspekte nun beendet sind.
Für mich ganz wichtig, gerade wenn man Kamofkunstbewegungen mit entsprechend martialischen Vorstellungen geübt hat oder ein knackiges Parnertraining hinter sich hat.

Ein guter Tipp für dich könnte sein, die acht Brokate NACH deinem Bagua Training auszuführen. Ganz bewusst, ganz entspannt, ganz weich ausführen mit Fokus auf deinen Unterbauch und den weich fließenden Atem.

Könnte eine Alternative sein um dein Gemüt wieder in etwas ruhigere Fahrwasser zu bringen.

Grüße
Pilger

Klaus
13-11-2015, 10:38
Es gibt viele Möglichkeiten dafür, gerade Bagua reizt ja durch das im Kreis gehen die Balancesysteme und damit die Nerven. Auch andere Prozesse wie aufkommende innere Kraft können sich so äussern.

Die einfache Lösung - einfach dann nen Tag Pause machen, das tut nicht weh. Am Besten baust Du grundsätzlich für Bagua-Übungen 2 feste Tage Pause in der Woche ein, Sonntag und Mittwoch oder so.

FurorCelticus
13-11-2015, 11:13
Ich danke euch für eure wertvollen Antworten und Tipps!


@pilger:

Die Brokate die ich übe sind am ehesten mit denen vergleichbar:

https://www.youtube.com/watch?v=aJjr_OD8M4A

nur eben doch ein wenig dynamischer. Und ich führe sie auch nicht annähernd so entspannt aus wie im Video gezeigt. Das liegt auch vielleicht daran, dass ich körperlich doch sehr verspannt bin und die einzelnen Übungen doch einen starken Dehnungsreiz ausüben, ich finde es sogar mittelgradig anstrengend. obwohl es Tage gibt, an denen ich mich blendend nach den Brokaten fühle.... Zu inneren Bildern komme ich nicht oft, im Bagua bin ich noch am Anfänger-"Körpertraining"-Level und in den Baduanjin verwende ich meine Konzentration auch noch eher darauf, die Positionen korrekt auszuführen und meinen "schiefen Körper" auszugleichen anstatt mich auf Bilder wie "Bälle halten" oder "Felsen wegdrücken", wie sie z.B. von Lam Kam Chuen gelehrt werden, zu konzentrieren.

Das Sammeln am Ende mache ich natürlich, nur leider werde ich auch da noch viel zu oft von meinem schiefen Becken, verkrampften, dysbalancierten Muskeln etc. abgelenkt.


@Klaus:

Ich werde wohl wirklich meine Ansprüche ein wenig zurückschrauben und mir die mindestens 2 Tage Pause gönnen. Mein Lehrer sagte: am besten täglich üben, und das hat in mir wohl falschen Ehrgeiz geweckt, nach dem Motto: "das MUSS doch gehen". Eigentlich sollte ich es eh schon besser wissen... :rolleyes:

carstenm
13-11-2015, 13:51
Ich habe vor allem am Anfang häufig emotionale Schübe erlebt. Nicht so stark, wie du offenbar, aber doch so, daß ich laut gelacht habe, wütend geworden bin, traurig ... Die Intensität war so, daß ich weiter täglich üben konnte. Diese Phänome haben sich im Lauf der Zeit verändert. Leber/Holz/Wut war mein stärkstes Thema und hat am längsten angehalten. Auch körperlich beim Stehen gut zu spüren.

Ich glaube, der Rat von Klaus ist sehr gut: Regelmäßig üben, aber mit den entsprechenden Pausen. Ich vermute, daß sich die Effekte im Laufe der Zeit auch so verändern und lösen werden. Und daß du ganz von selbst, aus dir heraus fühlen wirst, wann es sein kann, täglich zu üben.

pilger
13-11-2015, 13:57
Pausen sind bei Kampfkunst grundsätzlich OK.

Trotzdem bleibe ich dabei: eine Qigong Serie wie die acht Brokate kann man täglich üben. Richtig ausgeführt, und da muss unbedingt ein Lehrer regelmäßig drüber schauen bis es sitzt, wirken diese Übungen ganz hervorragend, körperlich und mental.

LG Pilger

T. Stoeppler
13-11-2015, 14:03
@FurorCelticus

Eigentlich ist da schon alles gesagt: Pausen machen und als abschliessende Übung im unteren Dantian sammeln.

Das ist ein ganz normaler Gewöhnungseffekt, lieber etwas vom Gas gehen und nach einem weiteren halben Jahr geht das meist unproblematisch auch bei täglicher Übung. Falls das Problem dann weiterhin besteht, ist die Übungspraxis nicht richtig oder zumindest nicht passend.

Gruss, Thomas

Eistee
13-11-2015, 15:37
Nun ist es so, dass ich, sobald ich 3-4 Tage hintereinander trainiere, immer unruhiger werde. Körperlich fühle ich mich zwar sehr gut, aber ich fange dann an, innerlich unruhiger zu werden, fühle mich dann wie "unter Strom" und bin leicht reizbar. Auch kann ich dann nicht mehr gut schlafen, ich wache oft um 3 in der Früh auf und bin sehr nervös, zwar übermüdet, aber ich habe keine Chance weiter zu schlafen. Wenn ich dann ca. 2 Tage pausiere, normalisiert sich mein Zustand wieder.
Kenne ich so ähnlich auch. Jemand hat dazu mal gesagt "Man produziert mehr Qi als man aufnehmen kann". Man sollte dann wohl das Training etwas reduzieren (das würde ich machen). Umgekehrt steigert das Training aber auch die Menge des Qis, die man aufnehmen kann, so daß man sich also an ein höheres Trainingspensum auch gewöhnen kann.
Wie gesagt, ich würde erstmal so weit reduzieren, daß es angenehm ist und von da ggf. wieder langsam steigern. So daß der Körper sich langsam an das Trainingspensum gewöhnen kann.

va+an
16-11-2015, 10:23
Qigong ist nicht nur zur Entspannung da, sondern hat viele Effekte.
Auch ist ein Körper, der durchaus nun durch die Übungen balanciert, sprich ausgeglichener wird, anders oder wird anders. Mal ist mehr Power, mal weniger da. Mal ist es "links" dann wieder mehr rechts.
Es ist ein Prozess.

Manchmal lohnt sich ein weiter machen,
auf der anderen Seite, sollte man den Lehrer mal fragen,
was Sinnvoll für dich ist. Eine Pause ist auch nicht verkehrt.

Viel Spaß weiterhin