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Vollständige Version anzeigen : Bushido als indoktrination



Serjoscha
18-11-2015, 16:11
Hallo liebe Experten,

ihr seid gefragt. Ich habe häufiger gehört wie die Vorstellung vom Bushido genutzt wurde um Soldaten auch im 2. Weltkrieg zu indoktrinieren.
Dazu hat man es natürlich nicht bei Fakten belassen, sondern die Vorstellung welche man davon hatte ordentlich ausgeschmückt.
Das klingt so weit auch logisch.
Das Problem mit solchen Aussagen, so logisch sie auch wirken mögen, ist es, dass man doch stehts entsprechende Quellen haben sollte.

Da mich diese Thematik durchaus interessiert würde ich mich daher freuen, wenn man mir die eine oder andere Quelle zukommen lassen könnte, die diese These zum einen entweder belegt oder widerlegt und zum anderen evtl. weitere und vertiefende Informationen dazu bietet.

Vielen Dank im Vorraus und beste Grüße!

Inushishi
18-11-2015, 16:47
Der ryoma hatte da vor kurzem nem Blogartikel verfasst.
https://schwertgedanken.wordpress.com/2015/09/21/bushido-die-metamorphose-eines-begriffs/

Indem verlinkt er auch zu einer wissenschaftlichen Arbeit:
https://schwertgedanken.files.wordpress.com/2012/04/bushido-creation-of-a-martial-spirit-in-meiji-japan.pdf

Serjoscha
18-11-2015, 18:28
Der ryoma hatte da vor kurzem nem Blogartikel verfasst.
https://schwertgedanken.wordpress.com/2015/09/21/bushido-die-metamorphose-eines-begriffs/

Indem verlinkt er auch zu einer wissenschaftlichen Arbeit:
https://schwertgedanken.files.wordpress.com/2012/04/bushido-creation-of-a-martial-spirit-in-meiji-japan.pdf

Super, vielen Dank!
Ryoma ist einfach brilliant. ^^

KK-Baghira
18-11-2015, 18:53
m.E. durch seinen Dekonstruktivismus (S. 97ff.) als einen etwas anderen, aber nicht minder interessanten Schwerpunkt als Benesch und dabei (S. 123ff.) das Thema Instrumentalisierung in der Showa-Zeit explizit aufgreifend (S. 39f., 49) ist das für mich beste Buch zum Thema Bushido das des Literaturwissenschaftlers Gerhard Bierwirth (2005): Bushido. Der Weg des Kriegers ist ambivalent. Ein Essay. München: Idicium Verlag. (http://www.amazon.de/Bushid%C3%B4-Kriegers-ambivalent-Iaponia-Insula/dp/3891298242/ref=sr_1_4?ie=UTF8&qid=1447872189&sr=8-4&keywords=Gerhard+bierwirth).

EDIT: Dabei muss Bierwirth (inkl. Literatur) als Ergänzung verstanden und m.E. genau gelesen werden; auf seiner Behandlung der Frage, warum Samurai-Erzählungen auch heute noch durch den Alltag geistern, was er auf widerständige, nicht verabsolutierende Individuums-Gesellschaftsverschränkungen zurückführt (vgl. S. 64f., 95ff.), schreibt er auf Seite 31: "der angeblich große Einfluss von Zen-Buddhismus und bushido auf den Nationalsozialismus wird hier nicht behandelt". Gemeint ist aber der Beginn der Samurai-Erzählungs-Rezeption aus Europa, das o.g. Thema wird immer wieder gestriffen, wenn es bspw. darum geht, dass Soldaten (auch) das Hagakure im Gepäck hatten etc.

Schönen Abend
Baghira

Serjoscha
19-11-2015, 12:14
Vielen Dank =)

KK-Baghira
19-11-2015, 12:30
hab - nach meinem bald schon pawlow'schen Reflex bei Bushido Bierwirth ins Spiel zu bringen :D - einfach nochmal genauer nachgeguckt:

Auf Deutsch - zweiterer der Vollständigkeit halber; erster ist als Anregung mE immer zu empfehlen (aber bei allem Bierwirth im Hinterkopf behalten ;)):

Petzold, Hilarion G. / Bloem, Jan / Moget, Petra C. M. (2004): Budokünste als “Weg” und therapeutisches Mittel in der körper- und bewegungsorientierten Psychotherapie, Gesundheitsförderung und Persönlichkeitsentwicklung – transversale und integrative Perspektiven. In: Integrative Therapie. Zeitschrift für vergleichende Psychotherapie und Methodenintegration. 1-2/2004, S. 24-100.
Online mit abweichender Paginierung: http://www.fpi-publikation.de/images/stories/downloads/textarchiv-petzold/petzold-_bloem-moget-2004-budokuenste-als-weg-und-therapeutisches-mittel-koerper-bewegungsorientierte-psychotherapiepdf.pdf - 2015-11-19

- Saldern, Matthias (Hrsg.) (2009): Bushido. Ethik des japanischen Ritters. Lüneburg: Verlag der Universität Lüneburg, 2. veränderte Auflage. Band 1 der Reihe: Geist – Technik – Körper. Schriften zu den Hintergründen der Budokünste. Herausgegeben von Matthias v. Saldern

Texte auf Englisch:
a) Klassiker:
- Friday, Karl (1994): Bushidó or Bull? A Medieval Historian’s Perspective on the Imperial Army and the Japanese Warrior Tradition.
In: The History Teacher, Volume 27, Number 3, May 1994, pages 339-349. Onlinereprint: InYo: Bushido or Bull: Friday (http://ejmas.com/jalt/jaltart_friday_0301.htm) - 2009-07-24

- Hurst III, G. Cameron (1990): Death, Honor and Loyalty: The Bushido Ideal. In: Philosophy East & West, 40:4 (October 1990), S. 511-527.
Onlinereprint: InYo: Journal of Alternative Perspectives May 2001. InYo: Death, Honour and Loyalty: Hurst (http://ejmas.com/jalt/jaltart_hurst_0501.htm) - 2010-03-21

b) Und von mir bis eben nicht gekannt:
- Patterson, W.R. (2008): Bushido's Role in the Growth of Pre-World War II Japanese Nationalism.
In: Journal of Asian Martial Arts, Vol. 17, No. 3, pp. 9-21.

Pattersons Artikel ist auf Spanisch frei zugänglich (http://revpubli.unileon.es/ojs/index.php/artesmarciales/article/download/386/340), kann auf Englisch käuflich erworben werden (http://www.journalofasianmartialarts.com/product/japan/history-culture/bushidos-role-in-the-growth-of-pre-world-war-ii-japanese-nationalism-detail-397) oder - wenn Du bei bei Academia.edu bist - dort heruntergeladen werden, da er ihn dort selbst auf Englisch als PDF (https://www.academia.edu/attachments/11533515/download_file?st=MTQ0NzkzNTc5Nyw5My4yMTQuMTI4LjgxL DcwMTY0NTc%3D&s=swp-toolbar&ct=MTQ0NzkzNTgwMyw3ODM0LDcwMTY0NTc=) eingestellt hat.

Näheres zu den Artikels auch gerne per PN ^^

Serjoscha
19-11-2015, 12:48
Super, vielen lieben Dank.
Ich schätze ich werde eine Weile brauchen um alles durchzuarbeiten. ^^
Anschließend melde ich mich bei Fragen gerne. =)

KK-Baghira
19-11-2015, 14:41
Kein Thema ^^

Als "Startbahn" eine Anmerkung Bierwirths (2005: 81f.) aus einer Fußnote:

An dieser Stelle wird deutlich, dass diejenigen, die sich heute auf die Samurai-Erzählung oder den bushido beziehen, höchst unterschiedliche historische Varianten im Auge haben. In einem Falle gilt der Bezug den mittelalterlichen Kriegern so wie sie in der Überlieferung sich darstellen. Im anderen Falle gilt das Interesse der bushido-Fiktion der Tokugawa-Zeit, die mit Elementen aus dem Zen-Buddhismus und Neo-Konfuzianismus angereichert ist. Im dritten Falle bezieht man sich auf den bushido der Meiji-Zeit, der bereits ohne bushi [...] auskommt, womit sich die Fiktionalität des Tokugawa-bushido um eine weitere Potenz erhöht. Im letzten Falle schließlich hat man nur noch die Pervertierung des bushido im 2. Weltkrieg durch die Selbstmordkommandos vor Augen.

KAJIHEI
21-11-2015, 12:19
Wen man auch nicht vergessen sollte ist der gute alte Nitobe.

ryoma
22-11-2015, 08:17
Wen man auch nicht vergessen sollte ist der gute alte Nitobe.

Ich glaube, Nitobe ist lediglich als Kuriosum interessant, wenn es um die Rezeption von Bushidô (oder den Begriff Bushidô) geht.

karate_Fan
22-11-2015, 09:46
Sehr spannendes Thema.:)

War Nitobe nicht der Mann der Bushido erst im Westen bekannt gemacht hat, und somit der "Urheber" für die Miskonzeption von "Budshido war??

Meine das zumindest mal wo gelesen zu haben, weißa ber l eider nicht mehr wo..:p Bin daher absolut unsicher ob dan der Aussage etwas dran ist.???

Huangshan
22-11-2015, 09:51
Ein anderes Werk das von Nationalisten(japanischen,deutschen....) missbraucht wurde.

Hagakure (jap. 葉隠, wörtlich: Hinter den Blättern), entstand zwischen 1710 und 1716 in Japan während der Edo-Periode aus den Notizen von Tsunetomo Yamamoto (jap. 山本常朝).

Huangshan
22-11-2015, 10:55
zum Thema Bushido siehe Artikel von Dr. Karl Friday:

The Historical Foundations of Bushido (http://www.koryu.com/library/kfriday2.html)

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