"Langweilige" Trainingsinhalte weglassen [Archiv] - Kampfkunst-Board

PDA

Vollständige Version anzeigen : "Langweilige" Trainingsinhalte weglassen



Dextrous
27-11-2015, 09:51
Hi,

bei meinem gestrigem Probetraining meinte mein Lehrer, dass viele Lehrer, die er kennt und teilweise hatte ihr Training über die Jahre so ausbauen, dass "langweilige", unspektakuläre Trainingsprinzipien, wie Grundstände, Grundprinzipien, also das Basiswissen etc. nach hinten verschoben oder gar komplett weggelassen werden und das ganze fancy Zeug, wie z.B. Waffenkampf verfrüht drankommt.
Das nur, um Werbung zu machen und neue Schüler anzulocken.
Als um der Finanz wegen.

Habt Ihr Erfahrung mit sowas?
Was haltet davon?

Jadetiger
27-11-2015, 10:07
Mal als Besitzer einer Kampfkunstschule gesprochen:

Wenn man etwas Geld mit seiner Schule verdienen, will und auch wenigstens ein paar Schüler bekommen möchte, muss man heute zwangsläufig Kompromisse eingehen.

Früher haben auch im Fechten die Schüler erstmal ein halbes bis ein ganzes Jahr Beinarbeit geübt, bevor sie das erste Mal eine Waffe in die Hand bekommen haben. Das geht im Hobbysportbereich heute einfach nicht mehr.

Es kommt eben sehr darauf an, in welcher Situation sich die Schüler befinden:
Gibt es im Dorf nur eine KK-Schule?
Muss der Schüler aufgrund des Umfeldes ganz sicher gehen, dass er sein Leben mit den Techniken verteidigen kann?
Ist der Schüler ein Mönch und kann seinen ganzen Tagesablauf auf das Kung Fu abstimmen?
Will der Schüler eine Grundlage für den Leistungssportbereich erarbeiten?
und so weiter und so fort.

Wichtig ist der von dir erwähnte Aspekt, dass die Grundkonditionierung bei einer guten Schule nicht verschwindet, sondern nach hinten verschoben wird. Es gibt nämlich einen Zeitpunkt in der Entwicklung eines Kampfküstlers, an dem er die Grundlagen wieder schätzen lernt.
Ich habe auch nach über 3 Jahren Hung Gar angefangen, gezielt und detailiert die ganzen Grundpositionen zu trainieren.
Mein eigenes Training heute besteht auch ganz viel aus Sachen wie "Ok, ich habe den Terza-Schnitt zur Hand schon drei Trillionen mal gemacht, aber wie ist die Bewegung eigentlich ganz exakt?"

NightFury
27-11-2015, 10:14
Mein eigenes Training heute besteht auch ganz viel aus Sachen wie "Ok, ich habe den Terza-Schnitt zur Hand schon drei Trillionen mal gemacht, aber wie ist die Bewegung eigentlich ganz exakt?"

Erst am Mittwoch im Training dachte ich so ähnlich.
Alle machen unsere 1. Form.
Ich mach das Ding schon seit dem es sie gibt... Also locker 15 Jahre. Die Anfänger reißen es runter und freuen sich danach weil sie es inzwischen "können".
Ich stehe danach da und bin total unzufrieden, bei fast jeder Technik, weil da hätte man noch das Timming zwischen Fuss- und Handbewegung um ein paar Millisekunden besser machen können und "wieso hast du hier das gemacht und nicht so" ... Lauter Sachen die wahrscheinlich nur mir bzw. nur dem Meister und fortgeschrittenen Schülern auffallen...
Anfänger haben dieses "Feingefühl" noch nicht und freuen sich halt einfach wenn der Ablauf passt, sie beim Kick nicht umfallen usw...
Wie komplex gerade die Grund-stände -techniken sind... kommt einem erst Jahre später.


Wie hatte dieser eine Karateka gesagt:
Als ich anfing war ein Faustschlag nur ein Faustschlag.
Als ich lernte war ein Faustschlag nicht mehr nur ein Faustschlag.
Jetzt, wo ich es verstanden habe, ist ein Faustschlag wieder nur ein Faustschlag.

Little Green Dragon
27-11-2015, 10:15
Was haltet davon?

Nix...

Ohne Basis wird man früher oder später an seine Grenze stoßen und sich nicht mehr weiterentwickeln. Plus es ist immer schwieriger eine falsch oder nicht korrekte ausgeführte Technik die sich eingeschliffen hat zu korrigieren als sie gleich richtig zu machen.

Und das betrifft m.E. nicht nur KF sondern eigentlich alle KK.

NightFury
27-11-2015, 10:22
Nix...

Ohne Basis wird man früher oder später an seine Grenze stoßen und sich nicht mehr weiterentwickeln. Plus es ist immer schwieriger eine falsch oder nicht korrekte ausgeführte Technik die sich eingeschliffen hat zu korrigieren als sie gleich richtig zu machen.

Und das betrifft m.E. nicht nur KF sondern eigentlich alle KK.

Das Stimmt.
Aber Jadetiger hat auch recht - eine Schule kannst du damit nur selten über Wasser halten.

Dextrous
27-11-2015, 10:23
Das Stimmt.
Aber Jadetiger hat auch recht - eine Schule kannst du damit nur selten über Wasser halten.

Ja gut...
Aber dann ist es ja schon irgendwie verfälscht oder nicht?
Was bringt mir denn Schwertkampf, wenn ich die Schrittarbeit noch garnicht beherrsche?

NightFury
27-11-2015, 10:34
Viele der "traditionellen Basisübungen" sind dazu da, gewisse Attribute anzutrainieren. Kann man aber auch alles mit "modernen Übungen" machen.
Edit: Eine Stellung zB muss natürlich richtig gemacht werden. Aber man macht sie nicht automatisch schneller richtig in dem man 30 Minuten lang so steht... Die Effekte, dass man dadurch zB gute Beinmuskulatur aufbaut... Das kann man eben auch anders Trainieren.


Ob man jetzt ausschließlich nur Basisübungen (egal ob Alt oder Neu) für die ersten Jahre machen sollte oder ob man nicht auch spielerische Elemente mit einbaut....
ich würde lieber zweiteres wollen und glaube auch das es nicht schadet. Es komplett weg zu lassen... und erst später zu bringen halte ich aber auch nicht für optimal.

Ich würde es so machen:
Jedes Training gewisse Basics üben / diese gerne auch spielerisch oder kombiniert. Also warum nicht viele Übungen/Kicks/Gehen usw.. aus Horse-Stance üben anstatt 30 Minuten nur in der Horse-Stance zu stehen? Finde ich völlig sinnlos.
Dann zB Techniken , Formen üben.

Basics jedes Training wiederholen - mit variationen und mal die mal die Stellung zB in den Fokus rücken.

kanken
27-11-2015, 10:37
Das Problem ist doch das heute alles schnell gehen muss und Spaß machen muss.
Echtes KK-Training braucht aber viel Zeit und ist langweilig. Tägliches Training ist eh Pflicht und unter 1 Stunde pro Tag braucht man eigentlich gar nicht erst anfangen. Das will aber keiner hören.

Grundlagentraining? 30-60 Minuten stehende Säule und dann noch mal 30-60 Minuten Kreisgehen BEVOR man an den Partner geht??? Ganz alleine ohne Partner sich motivieren um 30-60 Minuten zu trainieren. Wie, ohne Musik??? Wie, ich muss in der Partnerarbeit auf Details achten? Das klappt aber nicht sofort, jetzt fühl ich mich aber doof. Was willst du eigentlich von mir? Ich mach das jetzt schnell und so wie ich will. Siehste, geht eh viel besser (für mich).
Ich sehe nur langsame Fortschritte, das kann ja nix sein, außerdem mache ich das ja jetzt schon 6 Monate und war auch fast immer 2 mal die Woche da. Videos auf YT habe ich ja auch mindestens alle 2 Wochen geguckt.
Ach man, mein Tag und meine Woche sind eh schon so voll und außerdem klappt das eh nicht was die da machen.

So oder ähnlich habe ich das in den letzten 20 Jahren schon so oft erlebt, in unterschiedlichen Ausprägungen.

Echtes KK-Training, bei dem man auch wirkliche Fortschritte macht und Ergebnisse sieht, besteht aus mindestens 2 Stunden täglichem Training, viel Grundlagen und regelmäßigen TECHNISCHEM Training am Partner. Wenn man mindestens 10 Stunden in der Woche trainiert und das für KONTINUIERLICH 5-8 Jahre, DANN kann man anfangen sich über Kampfkunst zu unterhalten, denn nur so kann Können aufgebaut werden. Nach der Zeit hat man aber in der Regel nur die Grundlagen drauf, richtiges KÖNNEN erfordert noch sehr viel mehr Zeit.

Dazu kommt noch das man jemanden braucht der das „Können“ in obiger Definition besitzt, also auch jemanden der so sehr lange und kontinuierlich gelernt hat und der wiederum einen Lehrer hatte, der das so getan hat. Diese Leute werden immer weniger, egal wo man guckt.

Heutzutage wollen die wenigsten wirklich eine KK lernen. Sie wollen etwas für ihren Körper tun, sich „gut“ fühlen und ihrem Ego vormachen sie könnten es mit jedem aufnehmen der ihnen „gefährlich“ wird. Evtl. wollen sie sich auch einfach gut fühlen weil sie ja „mit einem Messer, Schwert, Machete“ umgehen können.
Das Angebot bedient die Nachfrage und eine „Qualitätskontrolle“ gibt es nicht (mehr).

Die wenigen, die wirklich KK lernen wollen und bereit sind Zeit und Schweiß zu opfern, haben es in der Regel schwer etwas vernünftiges (mit Gleichgesinnten) zu finden, denn wer seine KK nicht verkauft, der wird sich nicht lange am Markt halten können. Das ist einer der Gründe warum ich es für gut halte nicht von einer KK zu leben…

Ich zitiere mal (sinngemäß) einen griechischen General:
Von hundert Leuten, die man mir schickt, sollten 10 nicht hier sein, 80 sind nicht mehr als Opfer, neun sind wahre Kämpfer und der Eine ist es, der sich abhebt und zum führen geboren ist.

Einer der Blogbeiträge passt da auch ganz gut zu:

Über die Kampfkunstfamilie (http://www.judo-blog.de/wordpress/allgemein/ueber-die-kampfkunstfamilie/)


Grüße

Kanken

Little Green Dragon
27-11-2015, 10:40
Aber Jadetiger hat auch recht - eine Schule kannst du damit nur selten über Wasser halten.

Ich denke das ist dann schon wieder ein KK bezogenes "Problem" bzw. die "Erwartungshaltung" der potentiellen Schüler dieser KK.

Wer zum Boxen/MT/... geht will den "fancy" Kram gar nicht und gibt sich halt damit zufrieden zunächst mal die Grundlagen ordentlich zu lernen.

Jadetiger
27-11-2015, 10:50
Wer zum Boxen/MT/... geht will den "fancy" Kram gar nicht und gibt sich halt damit zufrieden zunächst mal die Grundlagen ordentlich zu lernen.Das kann ich nicht bestätigen. Einer meiner Schüler ist Boxtrainer und der klagt regelmäßig darüber, dass viele Boxer alte Grundlagentechniken (z.B. die korrekte Aushebung beim Vorhandstoß) nicht oder schlecht beherrschen und dass er seinen Anfängern oft und viel erklären muss, warum sie viel komplizierte Beinarbeit und langweilige Hüftbewegungen üben sollen. Die wollen eigentlich am besten sofort in den Ring :D

NightFury
27-11-2015, 10:55
Ich denke das ist dann schon wieder ein KK bezogenes "Problem" bzw. die "Erwartungshaltung" der potentiellen Schüler dieser KK.

Wer zum Boxen/MT/... geht will den "fancy" Kram gar nicht und gibt sich halt damit zufrieden zunächst mal die Grundlagen ordentlich zu lernen.

Wirklich? Ich finde das Leute die zu KK's gehen denke es würde so "einfach" udn "schnell" gehen wie bei KS

Bei MT oder Boxen gibt es nicht "viel" verschiedenes - aber das wird dafür immer und immer wieder trainiert.

Bei KK's gibt es sehr viel verschiedenes somit dauert es von vorneherein schon länger... nach 2-3 Jahren sind sie aber noch nicht so weit, weil man vielleicht alles aus dem Basic Bereich gerade 1-2 mal gesehen hat. Im MT hätte man schon fast alles bis zum erbrechen immer und immer wieder gemacht... und dann sind sie weg und geben auf - weil der Progress nicht schnell genug ist. Jetzt wurde aber das ganze eh schon auf "europäische" Werte hin beschleunigt und nicht so gemacht wie es Kanken gerade schrieb.


PS: Möchte nicht MT oder eine andere KS schlecht reden. Wollte nur ein kurz zu tippendeds Kürzel benutzen.

PPS: Glaub ich schreib eh mal wieder recht unstrukturiert :ups: :rolleyes:

Little Green Dragon
27-11-2015, 11:21
Die wollen eigentlich am besten sofort in den Ring :D

Klar diese Sorte Schüler wird man dort auch finden - und auch die passenden Klubs für solche Schüler, aber das ist wohl weniger die breite Masse.

In den Vereinen/Klubs in die ich so reingeschaut habe wurde sehr viel wert auf Grundlagen gelegt - und Anfänger im Ring? Im Leben nicht... :D

Wer das wollte war dann ggf. eben auch schnell wieder weg, mag hier aber sein, dass aufgrund des insgesamt breiteren potentiellen "Kundenstamms" man auf solche Kunden verzichten kann und trotzdem nicht gleich am Rande des wirtschaftlichen Ruins steht.

karate_Fan
27-11-2015, 11:33
Ich weiß ja nicht ob man KK überhaupt üben sollte, wenn einem schnell "langweilig" wird. So gesehen ist mein ganzes TC Training langweilig. Nur Einzelübungen kaum Partnerübungen und von Fancy Zeug nicht die Spur zu sehen. Ist aber auch Gesundheits orientiertes TC, das gehört sich so. Mir gefällt aber trotzdem. Ist einmal was anderes und wohl auch nicht gerade ungesund.

Selbst im HEMA wird es oft langweilig. Am Anfang gab es auch kein Sparring, nur Einzelübungen ganz ohne Partner bis die Bewegungen einigermaßen drin waren das man sich an das Sparring wagen kann..

Stört mich ebenfalls nicht.

Liegt aber daran, dass mein Bild über KK nicht von der Populär Kultur beinflusst worden ist. Ich kannte die Movie KKs natürlich, aber die haben nie das Bedurfnis ausgelöst mich selbst darin zu versuchen.

Bin daher ganz ohne Erwartungen zum Training zum hin und kann daher nicht sagen, ich wäre entäutscht oder würde mich langweilen bei dem was man tut..

NightFury
27-11-2015, 11:37
Ich weiß ja nicht ob man KK überhaupt üben sollte, wenn einem schnell "langweilig" wird. So gesehen ist mein ganzes TC Training langweilig. Nur Einzelübungen kaum Partnerübungen und von Fancy Zeug nicht die Spur zu sehen. Ist aber auch Gesundheits orientiertes TC, das gehört sich so. Mir gefällt aber trotzdem. Ist einmal was anderes und wohl auch nicht gerade ungesund.

Selbst im HEMA wird es oft langweilig. Am Anfang gab es auch kein Sparring, nur Einzelübungen ganz ohne Partner bis die Bewegungen einigermaßen drin waren das man sich an das Sparring wagen kann..

Stört mich ebenfalls nicht.

Liegt aber daran, dass mein Bild über KK nicht von der Populär Kultur beinflusst worden ist. Ich kannte die Movie KKs natürlich, aber die haben nie das Bedurfnis ausgelöst mich selbst darin zu versuchen.

Bin daher ganz ohne Erwartungen zum Training zum hin und kann daher nicht sagen, ich wäre entäutscht oder würde mich langweilen bei dem was man tut..


Das freut mich.