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Sinoblog - DER BLOG ZU CHINAS KULTUR DES KAMPFES – KONZEPTE | ERFAHRUNGEN | TRADITIONEN
Mit einem langem Artikel zum Yang Tai Chi
http://sinoblog.de/2015/12/06/yang-taijiquan-nach-wang-yongquan-gesundheits-und-kampfform/
Gruß
Hmm, ja, stilistisch vielleicht ein paar Einwände:
Die Wirkungen des Taijiquan können sich unter den zwei Gesichtspunkten entfalten: der Gesundheitspflege und der Kampfanwendung.
Ich würde sagen, Taijiquan hat nicht nur zwei, sondern drei Gesichtspunkte: Gesundheitspflege, Kampfanwendung und Spiritualität.
Keiner davon sollte ignoriert werden.
Es ist völlig unumgänglich, das Qi zu trainieren. Sonst kann man nichts bei der Gesundheitspflege erreichen und es wird einem auch nicht wirklich möglich sein, kämpferische Fähigkeiten zu erlangen.
Was ist, wenn jemand bestreitet, daß es Qi überhaupt gibt? Meiner Meinung nach kann er dann trotzdem Taiji trainieren. Insofern kann man das so wie in dem Blog nicht sagen.
Das Üben der Gesundheitsform bildet das Fundament.
Es gibt keine "Gesundheitsform" und keine "Kampfform". Es gibt nur eine einzige Form. In der alle drei Gesichtspunkte (s.o.) gleichzeitig verwirklicht werden.
Hallo Eistee,
stimme dir generell zu - es ist schwer Aspekte im Tai Chi Chuan zu verallgemeinern. Wang Yongquan bezog es hier ja sicherlich auf sein Yang Tai Chi Chuan. Daher kann ich da wenig zu sagen, da ich das nicht kenne.
Aber z.B. im Wu Stil Tai Chi Chuan in der Shanghai Linie haben wir durchaus zwei Handformen. Die langsame Form, eher für die Selbstkultivierung, und die schnelle Form, eher für die Kampfanwendungen. Aber natürlich überschneidet sich das auch.
Gruß
Martin
Hallo Martin,
danke für diesen sehr ausführlichen und in manchen Punkten wirklich aufschlussreichen Text zum Yang Taijiquan.
Hat mir persönlich gut gefallen.
LG Pilger
Eistee,
vielleicht sollte der Verfasser des Textes ja all seine Kenntnisse über den Haufen werfen und bei dir Taiji lernen ;)
Dein Wissen scheint enorm zu sein, und das obwohl du nach eigenen Angaben doch ganz ohne Lehrer trainierst. Respekt Respekt.
Wenn das nicht nur angelesenes Wissen, sondern auch praktische Erfahrung ist, scheinst du ein Ausnahmetalent zu sein.
@Pilger: Mir ist schon klar, daß Du das ironisch meinst. Ich glaube auch bestimmt nicht, daß ich besonders talentiert wäre.
Trotzdem sind mir die drei Gesichtspunkte während der Übung nunmal aufgefallen. Wenn man eine Sache mehrere tausendmal macht (bei mir sind's bald 10 Jahre, also ca. 3.000 mal), dann denkt man doch automatisch darüber nach, was das eigentlich ist. Das ist doch gar kein Geheimnis.
Und wenn dann jemand etwas schreibt, das recht stark davon abweicht, will man's halt wieder geraderücken. Oder aber sich von jemandem belehren lassen, der es noch besser weiß. Das ist ja auch irgendwie Sinn und Zweck des Forums.
Ach so, ich schrieb ja auch "stilistisch": Damit meinte ich, daß ich schon glaube, daß der Autor weiß, wovon er schreibt, nur daß er es eben an manchen Stellen sprachlich anders ausdrückt, als ich es tun würde.
Was ist, wenn jemand bestreitet, daß es Qi überhaupt gibt? Meiner Meinung nach kann er dann trotzdem Taiji trainieren. Insofern kann man das so wie in dem Blog nicht sagen.
Durch das korrekte Training von Taijiquan trainiert man "Qi" auch wenn man bestreitet, dass es das überhaupt gibt.:p
Ein Reporter hatte ein Hufeisen über der Eingangstüre des Nobelpreisträgers Nils Bohr gesehen und fragte erstaunt, ob dieser an den Glücksbringer glaube. "Natürlich nicht", antwortete Bohr vehement, "aber es soll auch wirken, wenn man nicht daran glaubt."
Vielleicht noch eine Anmerkung.
Der Blog ist nicht von mir, sondern von Stefan Gätzner. Er hatte früher die Zeitschrift Wuhun herausgegeben und ist sicherlich einer der profiliertesten Übersetzer für chin. Kampfkunsttexte ins Deutsche:
Magazin für Chinesiche Kampfkunst - www.wuhun.de (http://www.wuhun.de)
Gruß
Martin
carstenm
08-12-2015, 09:27
Was ist, wenn jemand bestreitet, daß es Qi überhaupt gibt? Meiner Meinung nach kann er dann trotzdem Taiji trainieren. Natürlich kann man einfach die Bewegungen machen. Und das scheint für dich ja auch einen sehr großen Effekt zu haben.
Aber beruht nicht Taiji sowohl in der zugrundeliegenden Theorie, als auch in der täglichen Praxis schlicht auf der Arbeit mit qi?
Ist es nicht schwierig, etwas zu üben, dessen ganz wesentlichen, grundlegenden Aspekt man ausdrücklich bestreitet?
Wie löst du diesen Spagat für dich?
Der Körper arbeitet da mit irgendetwas, und der Geist weiss auch was das ist. Und wenn man sich instinktiv der Nutzung davon gewahr geworden ist, wird das zur Automatik. Auch Menschen die nie was davon gehört haben können das unter Gefahr einsetzen. Ich halte es weder für nötig noch für sinnvoll, sich Namen für jedes Detail auszudenken, was ohnehin vollständig nur über den Körperinstinkt eingesetzt wird. Der Mechanismus ist komplex und erfordert den gleichzeitigen Einsatz diverser Anteile des Körpers, kein Mensch macht das "bewusst" ganz toll. Es ist eine Eigenheit des Bewusstseins sich dessen bewusst zu werden, man erwirbt ein Gefühl und Einsichten, so wie man auch ein Gefühl für seine Gesundheit erwirbt. Man weiss wenn man krank ist, und auch ungefähr was man gerade hat. Das Immunsystem wartet aber trotzdem nicht darauf dass man bewusst eine Grippe angreifen will, das macht das von selbst wenn es die Anwesenheit von Viren feststellt. So läuft auch innere Kraft. Wenn sie da ist und man bestimmte Voraussetzungen erfüllt, fängt das an immer mitzulaufen. Auch wenn man nicht im Detail weiss wie das einer vor 500 Jahren mal genannt hat.
carstenm
08-12-2015, 12:10
Es tut mir leid, Klaus: Ich verstehe einmal mehr nicht so richtig, wie sich deine Ausführungen auf das beziehen, was ich geschrieben habe. Sorry.
Darüber hinaus: Ich habe schlicht und einfach die Erfahrung gemacht, daß alles, was ich intuitiv erleben/entdecken konnte, letztendlich immer auf etwas aufbaut oder sich aus etwas gebildet hat, das von außen an mich gekommen ist und das ich dann sehr bewußt gelernt und geübt habe.
Daher fällt es mir - wie jedesmal, wenn du so schreibst - schwer, mir vorzustellen, wie du alles, was du kannst und weißt tatsächlich völlig aus dir selber heraus gelernt hast, ohne Lehrer, ohne Anleitung, ohne irgendwelche Wissensvermittlung. Denn das hebt dich in meiner Erfahrung von allen Menschen, mit denen ich bisher in dieser Hinsicht zu tun hatte, deutlich ab.
Ohne Lehrer heisst nur, dass zwischen damit konfrontiert werden und es anwenden 20 Jahre gelegen haben in denen ich es vergessen habe. Wobei mein erster KO mit Fajin mit 9 passiert ist, allerdings auch instinktiv weil mich einer erschreckt hat. Was auch ein Beweis dafür ist, dass man dafür keine konzentrierte Lernarbeit Telekolleg 24/a mit schriftlichen Unterrichtsmaterialien für die Sekundarstufe II braucht.
Man braucht schlicht kein "das ist das Qi der Lunge aus dem 24. Meridian von rechts", sondern nur einige Übungen in denen das stimuliert wird. Tatsächlich geht der Geist bei mir in einen Trainingsmodus und fabriziert dann etwas das andere Menschen auch merken können, was man "bewusst / unbewusst gekoppelt" nennen kann. Es geht aber nicht so dass man sich denkt "ok, jetzt aktiviere ich das Qi" obwohl man das noch nie instinktiv empfunden hat und WEISS was das ist. Tatsächlich kam das mit 32 auf dem Sportplatz wieder, beim Werfen oder Leute am Punkten hindern, ganz ohne martialisch. Einfach ein Zucken beim Wurf das immer stärker und präziser wurde, und danach kamen dann auch alle möglichen martialischen Aktionen wieder. Den Groundpath den man dabei merkt "bewusst" zu fabrizieren halte ich für ein Ding der Unmöglichkeit.
Wie gesagt, ich glaube, es liegt nur an den Formulierungen:
Es ist völlig unumgänglich, das Qi zu trainieren.
Das ist doch eine Aussage, die man von einem Trainer hört, vielleicht von einem chinesischen Trainer. Oder es könnte sein, daß Yang Chengfu selbst so einen Satz geschrieben hat. Das gibt der Autor dann eben so weiter. Darüber, wie der, der den Satz hört oder liest über Qi denkt, hat sich dabei gar keiner gekümmert. Es ist ja auch Aufgabe des Schülers/Lesers, das zu interpretieren oder umzusetzen.
Mit anderen Worten: Der Meister redet irgend so'n komisches Zeug, und der Schüler muß zusehen, wie er damit zurechtkommt. :)
Das Üben der Gesundheitsform bildet das Fundament.
Wahrscheinlich meint er mit "Gesundheitsform" einfach die Form, so wie man sie erstmal übt. Das heißt, man übt erstmal, aber zum Kämpfen ist es noch nicht geeignet.
Also, wenn man die "Level" von Chen Xiaowang nimmt, dann sagt er, daß Kämpfen erst ab Level 2-3 möglich sei. "Gesundheitsform" wäre dann z.B. das auf Level 1. Schon die Form, aber noch nicht zum Kämpfen geeignet.
Man kann das also schon erklären. Wie gesagt, ich hätte es nur etwas anders formuliert.
Mit ner Form kann man überhaupt nicht kämpfen. Das ist wie Seilspringen, davon kann man auch nicht boxen.
shidefan
08-12-2015, 17:51
Hallo zusammen,
als derjenige, der den Blog verbrochen und gleich für Diskussionen gesorgt hat, erst einmal Danke an Martin für den netten Hinweis. Normalerweise lasse ich die Übersetzungen lieber für sich stehen mit ein paar Hinweisen und Anmerkungen in Fußnoten.
Zu dem Text von Wang Yongquan und die Begriffe "Gesundheits-" und "Kampfform" kann ich noch etwas ergänzen und hoffentlich klären, da ich selbst aus seiner Linie komme. Wie Eistee eben in Post Nr. 13 anmerkte, handelt es sich bei beiden Formen um Varianten derselben Form, die sogenannten "Alten Sechs Bahnen", Lao Liu Lu.
Mit der Gesundheitsform als Basis übt man die grundlegende Struktur in der Bewegung ein (die man erst einmal in der stehenden Säule erarbeitet). Dies ist in der Vorstellung eine Sphäre um den Körper herum mit der einer senkrechten Achse durch Fontanelle und Damm hindurch und dem Äquator auf Mingmen- und Bauchnabelhöhe (Taillienkreis). In der "Kampfform" projeziert man in der Vorstellung Energie über die Hände nach außen. Während die "Gesundheitsform" also eine grundlegende nach allen Seiten entspannte Struktur einübt, trainiert man auf dieser Basis mit der "Kampfform" eine Ausrichtung der Struktur zur Kraftübertragung. "Kämpfen" kann man damit natürlich nicht, wie Klaus natürlich zu recht anmerkte. Es sind nur Formvarianten, die gewisse Strukturen und Bewegungsorganisationen trainieren.
Gruß
Stefan
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