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Vollständige Version anzeigen : Wann ist ein Wurf Irimi-Nage und wann nicht?



Gast
01-01-2016, 23:35
Aus dem "Märchen"-Thread (http://www.kampfkunst-board.info/forum/f12/m-rchen-aikido-keine-wettk-mpfe-176388/#post3443728):

dort kam die Behauptung auf, dass es in MMA-Kämpfen Würfe gäbe, die mancher als Irimi-Nage erkennt oder zumindest Ähnlichkeiten.
Andere verneinten dies.
Explizit ging es um die unten verlinkte Szene. (hier ab ca. 041:MMA Best Judo Throws (https://youtu.be/PBnWgT2en1U?t=41s))



mir hätte eine diskussion darüber, daß und warum ein aikidoka in einem judowurf ähnlichkeiten mit einer technik des aikido zu erkennen meint, ganz gut gefallen. man hätte fachsimpeln können, und sowohl aikidoka als auch judoka (und alle anderen) hätten ihre konzepte darlegen können.

Ja, mir auch. :)
Allerdings mangels Fachkenntnissen eher als Mitleser bzw. Fragensteller (auch wenn das einige nicht mögen:()



und darum, daß er noch immer den beweis dafür schuldig ist, daß irimi-nage eine technik ist, die man (angeblich) "in MMA-kämpfen öfter sieht".

dann hat er mir quasi unterstellt, ich sei zu doof, irimi-nage zu erkennen, wenn diese technik im kampf angewandt wird:



Daraus schließe ich nun, dass Du der Meinung bist, Irimi-Nage erkennen zu können.
Du hast ja wohl auch einige Zeit Aikido geübt(?).
Dann kannst Du vielleicht die Frage von Suriage beantworten:


Vllt. könnte mal ein Aikidoka das Wurfprinzip hinter Irimi-Nage erklären.

Bisher habe ich Folgendes mitgenommen (ich bitte gegebenenfalls um Korrektur):


Es geht um die Kontrolle bzw. Krafteinwirkung an Hals/Kopf

Das kann mit der Vorderseite des Arms oder mit der Rückseite geschehen.


Der Wurf kann durch Blockade der gegnerischen Hüfte verstärkt werden, oder auch durch Fußfeger (da waren sich Carsten und kadour wohl einig)

Carsten ist, wie einige seiner Lehrer der Meinung, dass Irimi-Nage nicht nur darin besteht, dass der Gegner über den Hals/Kopf kontrolliert/geworfen wird, was noch hinzukommt, ließ er allerdings offen.


Steven Segal haut die Leute eher mit Masse direkt am Hals um ("Clothesline")
Tissier et al. machen daraus eher einen Genickhebel in zwei Bewegungsrichtungen (kippen und neigen)




es ging zunächst nicht darum, daß ein aikidoka da eine "ähnlichkeit" des ko-soto-gake mit irimi-nage erannt haben wollte - es ging zu anfang darum, daß es hieß: "das IST irimi-nage!"


Ich hatte in meinem Post #232 (http://www.kampfkunst-board.info/forum/f12/m-rchen-aikido-keine-wettk-mpfe-176388/index16.html#post3447316) versucht, anzudeuten, dass man das gleiche Ding in verschiedene Kategorien einordnen kann, ohne dass da ein Widerspruch entstehen muss.
Das hier z.B.:

http://home-ed.info/wp-content/uploads/2015/04/triangle-image19.gif

Da werden nun einige sagen, das wäre dreieckig.
Andere werden sagen, das wäre blau.
Darin sehe ich keinen Widerspruch, weil die einen die Form bewerten und die anderen die Farbe.
Wenn nun aber einer sagt, das wäre eindeutig dreieckig und daher unzulässig, dies als blau zu deklarieren, dann irrt er sich aus meiner Sicht.

Ich hatte in Post #232 (http://www.kampfkunst-board.info/forum/f12/m-rchen-aikido-keine-wettk-mpfe-176388/index16.html#post3447316)weiterhin versucht, darzulegen, dass ich als Außenstehender in dem dort nochmals verlinkten Wurf Aspekte sehen kann, die ich auch bei einigen Irimini-Nage Varianten wahrnehme:

Wurfeinleitung:
Der später Geworfene wird im Kreis "geführt" (ob das nun mit Absicht als Wurfeinleitung geschieht oder durch die Absicht, in den Rücken zu kommen, wie OliverT anmerkte, ist aus meiner Sicht zunächst mal zweitrangig, wichtig ist, dass der "Uke" sich in einer Kreisbahn bewegt.)
Ich sehe dann auch eine Bewegung des "Uke" nach unten gefolgt von einer Umkehr der Bewegungsrichtung, aus meiner Sicht initiiert durch Tori, nach hinten oben.
Aus meinen spärlichen Aikidoerfahrungen erinnere ich mich, dass man als Uke bei der kreisförmigen Einleitung zunächst nach vorne unten geführt wird und dagegen einen Widerstand entwickelt mit einer entsprechenden Tendenz zu einer Gegenbewegung, die dann zugelassen und verstärkt wird, dass man dann die Hand oder den Arm ins Gesicht oder an den Hals bekommt.
Dieses Initiieren und Ausnutzen/Umleiten von Gegenbewegungen hat für mich mehr mit Aikido zu tun, als eine exakte Technikausführung nach Schema XY.
Es sieht für mich auch so aus, dass der "Uke" in der entsprechenden Sequenz schon längst im Fallen, bzw. chancenlos ist, als der "Tori" seinen Fuß wegfegt (Bild 3).
Auf jeden Fall hat er im Moment des Wurfs Kontrolle über den Hals inklusive des rechten Arms des "Uke".

Wurfausführung:
Falls also, wie schon oben gesagt, ein Irimi-Nage im Wesentlichen darin besteht, dass man den Gegner durch Kontrolle und Krafteinwirkung an Kopf-/Hals mit oder ohne Blockade der Hüfte oder einem Fußfeger, zu Boden bringt, dann weiß ich nicht, warum man in diesem Wurf nicht auch das Prinzip eines Irimi-Nage erkennen kann, selbst wenn der Werfende selbst nicht weiß, was das ist und eventuell seinen Spezialwurf Ko-Soto-Gake ausführt.
Vielleicht hat er auch noch nie was von einem Ko-Soto-Gake gehört und greift nur den Arm/Hals und lässt sich unter Wegfegen des Beines fallen...?

Das war jetzt meine Laiensicht.
Du (@rambat) kannst ja mal darlegen, was für Dich ein Irimi-Nage ausmacht, bzw. welche Aspekte in diesem Wurf fehlen.
Ebenso könnte sich Carsten äußern, welche Aspekte außer der Halskontrolle noch dazu gehören.
Kadour könnte dann erklären, warum er diesen Wurf als Irimi-Nage bezeichnete.
Entsprechend können andere Aikidoka ihre Sicht der Dinge einbringen.

(allgemeine Diskussionen über die Kampffähigkeit von Aikidoka bitte in dem Märchenthread oder den anderen Threads lassen, danke:))


https://j.gifs.com/xkvyLJ.gif

Gast
02-01-2016, 00:17
Falls also, wie schon oben gesagt, ein Irimi-Nage im Wesentlichen darin besteht, dass man den Gegner durch Kontrolle und Krafteinwirkung an Kopf-/Hals mit oder ohne Blockade der Hüfte oder einem Fußfeger, zu Boden bringt, dann weiß ich nicht, warum man in diesem Wurf nicht auch das Prinzip eines Irimi-Nage erkennen kann, selbst wenn der Werfende selbst nicht weiß, was das ist und eventuell seinen Spezialwurf Ko-Soto-Gake ausführt.

irimi-nage besteht, wie von aikidoka dargelegt wurde, wesentlich aus der aktion der hände und des unterarms von tori.
soweit ich das bei meinen aikido-übngen verstanden hatte, ist es auch notwendig, eine verwringung von ukes atlas-gelenk / ukes kopf und nacken zu erreichen.
(außer bei steven segal, der mit bloßer kraft den uke "umhaut".)

ich bin kein aikidoka, auch wenn ich > 10 jahre lang mal mehr, mal weniger regelmäßig aikido trainiert habe (und dabei aufgrund der mangelnden kampfrelevanz mehr und mehr die lust verlor).
daher werde ich mich in technischen details nicht weiter zu irimi-nage äußern.


ich bin aber seit nunmehr fast 44 jahren judoka.
daher halte ich mich für einigermaßen qualifiziert, mich zu ko-soto-gake (und zu dessen varianten) zu äußern.

ko-soto-gake ist zunächst ein wurf, der in de gruppe der ashi-waza eingeordnet wird. das sind die sogenannten "fußwürfe", die unter einsatz des beins (fußsohle, ferse, unterschenkel, kniekehle, oberschenkel) ausgeführt werden.
der aktive einsatz des beins ist also ein wesentliches wurfmerkmal, und zwar das entscheidende.

selbstverständlich sind die hände des werfenden ebenfalls aktiv beteiligt, aber ohne die aktion des wurfbeins gelingt der wurf nicht.

wir lesen dazu in "kodokan judo":

Kosoto-gake
(Minor outer hooking ankle throw)

Break your opponent's posture towards his right back corner and with your left sole, hook or reap his right outer ankleand throw him backwards.


wie zu sehen, geht die hauptsächliche wurfaktion vom wurfbein des tori aus.
man soll den uke so "stellen", daß sein schwerpunkt sich nach hinten/rechts verschiebt (außerhalb seiner unterstützungsfläche), und diese labilität nutzt man, um ihm das standbein endgültig unter dem körper wegzuziehen.


It is recommanded that you should bend your left leg a little inwards so that you can strongly hook or reap your opponent's right ankle with your left foot.

es gibt etliche varianten dieses wurfes.
grundsätzlich sollte man aber wissen:


The Ko-soto-gake is a modification of Ko-soto-gari. In former days it was regarded as a variety of Ko-soto-gari, but now it is classified as an independent technique.
("Kodokan Judo", published by Kodansha, Tokyo, englische Ausgabe 1962)

um es noch einmal festzuhalten: die entscheidende aktion bei diesem wurf ist der aktive einsatz des wurfbeins.

Gast
02-01-2016, 00:45
in dem fraglichen video sehen wir eine der varianten des ko-soto-gake.
und zwar eine der varianten, bei denen der werfende nicht mit der fußsohle ukes rechtes bein attackiert.

soweit ich das nach wiederholtem anschauen in extremer zeitlupe sehen konnte, haben wir es hier mit einer variante zu tun, die zwar zu ko-soto-gake gehört, aber eher ein (inoffiziell so bezeichneter) "O-soto-gake" ist.

ich will das kurz erläutern ...

der werfende attackiert BEIDE beine seines gegners.
unabhängig davon, wie sich die situation vorher entwickelt hatte (der werfende wollte sich den rücken des gegners holen), gelangt er in eine position, die ihm beide beine des gegners preisgibt.
perfekter winkel für ko-soto-gake.

nun ist es manchmal so, daß der winkel derart günstig ist, daß man nicht nur das rechte bein des gegners, sondern beide beine wegfegen kann.
die sohle des wurfbeins erreicht dann mit druck und schwung die linke untere wade des gegners, was diesen daran hindert, einen stabilisierenden rückwärtsschritt mit links auszuführen.
die kniekehle / der unterschenkel / oberschenkel des wurfbeins "hakt" mit schwung zudem das rechte, dem werfenden nähere bein des gegners weg.

im vorliegenden beispiel war der gegner bereits durch die hände des werfenden destabilisiert, aber immer noch so weit auf den beinen und so weit stabil, daß er nicht mit den händen allein zu boden gebracht werden konnte.
das ist auch nicht das ziel - es genügt, eine gewisse destabilisierung zu erzeugen.
um den gegner nun werfen zu können, musste der werfende die beine des gegners aktiv attackieren.
ein bloßes "hinstellen" eines blockierenden beins (in dem fall des linken) hinter den gegner hätte meiner meinung nach kaum ausgereicht, um einen takedown zu erzielen.
folglich mußten die beine des gegners oder wenigstens das dem werfenden zugewandte gegnerische bein, auf dem deutlich mehr gewicht lag, attackiert werden.
klassischer ko-soto-gake.

eins noch - soweit ich das erkennen kann, macht der werfende unmittelbar, bevor er seinem gegner die beine weghaut, eine ganz entscheidende bewegung: er hebt den oberkörper seines gegners ein wenig an, damit er das gewicht des gegners über die außenkante von dessen rechtem fuß bringen kann.
das ist notwendig, um das standbein des gegners ohne großen kraftaufwand weghauen zu können ("reap his ankle").

die wurfaktion beruht also erkennbar nicht entscheidend darauf, daß er den oberkörper des gegners verwringt und diesen dann mit den händen / dem unterarm nach unten drückt.
die entscheidende wurfaktion beruht auf dem sehr aktiven einsatz des wurfbeins.

bei der hier zu beobachtenden wurfaktion kann man erkennen, daß der werfende mit der sohle eines linken "wurffußes" das linke bein des gegners von der matte weg katapultiert (es hebt erkennbar ab, siehe auch bild 3).
danach setzt er, in dem versuch, nicht unkontrolliert mitzufallen, kurz sein wurfbein ab, hat es aber mit knieinnenseite und oberschenkelinnenseite noch immer hinter dem (rechten) standbein des gegners, so daß ein "hook" zustandekommt.
der gegner ist bereits im fallen begriffen, da sein linker fuß durch die fege-aktion den kontakt mit der matte verloren hat und sein rechtes bein blockiert und "gehakelt" wird.

ich sehe da am ende sogar noch einen fließenden übergang in tani-otoshi.
es ist aber relaiv schwer, sauber zu trennen, ob eine solche aktion nun ein ko-soto-gake war, bei dem sich der werfende hat mitfallen lassen, oder ob es dann doch schon ein tani-otoshi war, bei dem der bewußt und aktiv eingeleitete fall des werfenden die wurfaktion ermöglichte.
meist handelt es sich um eine mischform beider würfe.


ein irimi-nage hätte an dieser stelle wohl, soweit ich das beurteilen kann, stattdessen auf einer aktiven veränderung der position des werfenden basieren müssen.
das ist, gaube ich, auch der unterschied der beiden konzepte (ko-soto-gake / irimi-nage).

der aikidoka würde wahrscheinlich die eigene position verändern und den oberkörper des gegners durch ein "verkanten" von ukes nacken in eine verwringung bringen. das wäre die hier erwähnte "halskontrolle".
der judoka behält die position bei und haut dem nicht mehr völlig im gleichgewicht befindlichen gegner ein bein (in diesem fall sogar beide beine) aktiv unter dem körper weg. eine "halskontrolle" wie bei irimi-nage fehlt, ist auch gar nicht nötig, da ein ganz anderes wurfprinzip vorliegt.
der werfende in dem video hätte den wurf auch genauso durchbringen können, wenn seine beiden arme um den rumpf des gegners (bauch / brustkorb) geschlossen gewesen wären und er keinerlei kontrolle über hals / kopf des gegners gehabt hätte.
entscheidend war und ist dafür der winkel, in dem tori sich zu uke befindet - und die fegende/"hakelnde" aktion des wurfbeins (reaping).


so jedenfalls sehe ich das.
irrtümer vorbehalten.
:)

Gast
02-01-2016, 01:04
eins noch ...
auf eben jenem video, um das es hier geht, sieht man unmittelbar im anschluß an die hier diskutierte sequenz noch einmal einen ko-soto-gake.

https://www.youtube.com/watch?v=PBnWgT2en1U

und zwar bei 0:45.

wie man dabei sehr schön erkennen kann, hat in diesem fall der werfende tatsächlich keinerlei kontrolle über kopf oder hals / nacken des gegners.
er wirft ihn dennoch, und zwar mit der gleichen technik wie im vorangegangenen beispiel: mit ko-soto-gake.

und wie im vorangegangenen beispiel fällt er dabei mit um, und geht in den bodenkampf über.


zum wurf bei 0:43 möchte ich noch anmerken, daß die kreisbewegung, die zustande kommt, weil der werfende sich den rücken holen will und sein gegner das durch "mitdrehen" verhindert, entfernt den eindruck erwecken könnte, sie sei wie im aikido beabsichtigt.
nöö, sowas ergibt sich einfach beim kämpfen, wenn man sich den rücken holen will und der andere das unbedingt zu verhindern versucht. (ist mir selbst auch schon oft passiert.)
da beide relativ geduckt/abgebeugt agieren, halte ich irimi-nage dabei nicht für eine simpel zu praktizierende lösung.
und wie man sieht, hat sich der werfende ja dann auch für etwas entschieden, was er kann: für einen fußwurf.
:)

Gast
02-01-2016, 09:22
noch eine anmerkung zu den unterschieden ...

soweit ich das verstanden habe, ist es essentiell für die ausführung des irimi-nage, daß tori seine hand /seinen unterarm einsetzt, um eine kontrolle über den hals / den nacken des uke auszuüben.

hier war die rede davon, daß diese "halskontrolle" den nacken des uke sozusagen "verkantet".
ich zitiere aus dem anderen thread:


Irimi Nage streckt den Kopf nach hinten durch die Aufwärtsbewegung des Arms, dadurch wird das Gleichgewicht gestört, worauf der Arm sich abwärts bewegt und der gegner durch die gleichzeitige Vorwärts- und Abwärts Bewegung je nach Ausführung stark nach unten oder mehr nach vorne geworfen wird.
Es ist wenn der Kopf dabei auf eine bestimmte Weise seitwärts gedreht wird, ein übler Genickhebel.
diese armbewegungen sind für einen ko-soto-gake nicht erforderlich.
im gegenteil, sie würden die entscheidende aktion des wurfbeins sogar behindern.


Ziel des Iriminage ist die Halswirbelsäule und das atlantoaxial-Gelenk. Beide Gelenke sind ausgelegt für bidirektionale Bewegungen innerhalb der Bewegungsebenen (auf deutsch: Nicken, Kippen und Kopf drehen), aber weniger gut geeignet für Mischbewegungen (wie z.B. Kopf in den Nacken und dabei zur Seite kippen). Genau hier setzt der Iriminage an- der Kopf des Uke wird leicht verdreht und in den Nacken gelegt. Der Kiefer wird dabei als Hebelarm genutzt, über den dann die besagten Gelenke manipuliert werden. Der Kiefer kann jedoch nur dann als Hebel genutzt werden, wenn die einwirkende Kraft von unten und seitlich kommt.
wenn wir uns diese aussage noch einmal in ruhe durchlesen, werden wir feststellen, daß das, was bei 0:43 in dem video "MMA best judo throws" zu sehen ist, kein irimi-nage sein KANN.

ich möchte das begründen:
bei irimi-nage wird "der kopf des uke leicht verdreht und in den nacken gelegt."
das kann nur funktionieren, so lange uke seinen kopf nicht irgendwo abstützen kann.
wie man im video sieht, ist aber ukes rechter arm MIT eingeschlossen - der werfende greift in ringermanier um ukes nacken UND unter ukes rechter achsel hindurch.
es entsteht ein "arm triangel", bei dem ukes kopf gegen ukes rechte schulter/ukes rechten oberarm gedrückt wird.
dabei ist ukes kinn UNTEN.

für irimi-nage heißt es aber: "der kiefer wird dabei als hebelarm benutzt, über den dann die besagten gelenke manipuliert werden" ...
das ist im video-beispiel ausgeschlossen.
sogar noch im fallen hat uke das eigene kinn auf die eigene brust gesenkt.
eine entsprechende manipulation des atlanto-axial-gelenks findet daher nicht statt. der einegschlossene rechte arm des uke verhindert das.
geworfen wird, weil der werfende die beine des uke attackiert.

wenn man sich aufnahmen des irimi-nage ansieht, wird man feststellen, daß dort ukes arm stets UNTER dem "wurfarm" des tori ist.

https://www.youtube.com/watch?v=KihiVy0in4E
0:35


https://www.youtube.com/watch?v=F3NmaYu2Kvc
0:06, 0:13 usw.


https://www.youtube.com/watch?v=HKmgM99mh9c
0:15


https://www.youtube.com/watch?v=djh7ju1VVq4
0:11

usw. usw.


schon aus diesem grund kann der wurf in dem video "MMA best judo throws" kein irimi-nage sein.
es fehlt die entscheidende kontrolle über die halswirbelsäule / das atlanto-axial-gelenk.
stattdessen, das sei wiederholt, erfolgt dort eine ganz aktive fegebewegung / "hakelbewegung" des wurfbeins.

icken
02-01-2016, 09:27
Es gibt so viele Varianten, den Irimi Nage auszuführen.
Von den Gegner vorher 123x um sich herum führen, bis zur direkten Wurfbewegung , mit und ohne Genickhebel, nur Genickhebel usw..
Dann kommen wieder Einwände, nicht die Idee des Aikido, zu brutal, wir üben nur.

https://youtu.be/8h91C5GG3BE

https://youtu.be/j7Aml0zTsAk

https://youtu.be/UjZ7VCktIR0

https://youtu.be/J-lysu3OxlU

Nuada
02-01-2016, 09:33
Ich hoffe, am Ende des Threads kommt heraus, dass es doch so etwas Ähnliches wie ein Irimi-Nage gewesen sein könnte... dann kann sich Aikido auf die Fahne schreiben, im MMA zu funktionieren, weil einmal eine Technik eingesetzt wurde, die mit einiger Interpretation als möglicherweise dem Aikido zugehörig gedeutet werden kann. Dann sollten sich auch alle Diskussionen um die Effektivität von Aikido erledigt haben.

Kurisutian
02-01-2016, 09:56
@Aruna & rambat:

An einer Stelle würde ich gerne einhaken. Und zwar bei der Aussage, dass Seagal bei seinem Irimi-Nage die Leute einfach nur umbauen würde. Denn das ist ganz und gar nicht der Fall. Bei Seagal sieht es leider so aus, weil er über 2 Meter groß ist und dazu kommt, dass Matsuoka als sein Uke kleiner und wendiger ist und auch recht schnell fällt.
Wenn man mal mit einem von Seagals ehemaligen Schülern trainiert hat, was ich regelmäßig bei Shihan Larry Reynosa tue und getan habe, dann merkt man recht schnell, dass da keine Closeline oder gar umbauen statt findet. Der ist ein gutes Stück kleiner als Seagal und auch kleiner als ich. Dennoch funktioniert der Irimi-Nage hier ebenso gut.
Statt umbauen wird erst mal dir Hand bzw. der Arm von Uke aus der Angriffslinie gebracht mit einer im Vergleich zum klassischen Aikido minimalen Schnittbewegung, um die Vorwärtsbewegung von Uke nicht zu schwächen. Dieser bewegt sich nun weiter vorwärts, lediglich in die Armbeuge von Nage.
Dieser wiederum macht einen Schritt rein, entgegen Uke. Daher auch Irimi-Nage, weil Irimi in Japan so viel wie eintreten bedeutet. Es wird an der Stelle auch nicht nach unten umgebauten, die Fallbewegung von Nage ergibt sich aus dem Momentum, wenn dessen Kopf gegen die Armbeuge geht und der Rest des Körpers weiter der Gegenrichtung folgt, welche ja wie erwähnt nicht gestoppt wird. Kommt jetzt noch der Schritt von Nage dazu, dem Irimi folgend also eintretend, holt das Uke von den Beinen.
Groß umgehauen wird da definitiv nicht.
Es ist eher vergleichbar damit, als würde ich gegen eine Querstange rennen. Je nach Schwung des Uke muss Nage nicht mal groß einen Schritt rein machen, es reicht theoretisch schon sicher zu stehen, daher der Vergleich mit einer Stange gegen die man rennen würde.
Der Schritt rein von Nage setzt nochmal dessen kompletten Körper dagegen, was wieder passiert, ohne mit dem Arm umzuhauen.
Daher ist die Aussage, bei Seagal werden die Leute beim Irimi-Nage lediglich umgehauen, so definitiv falsch und sieht lediglich von außen vielleicht so aus. Was aber passiert und deutlich spürbar ist, ist ganz weit weg von einen reinen umhauen, wie ich das verstehe.

Ansonsten schließe ich mich der Aussage an, dass es viele Interpretationen und Ausführungen von Irimi-Nage gibt.

Was das MMA angeht, da gibt es ja einen anderen Beitrag zu, da will ich nur zu sagen, dass es den klassischen Irimi-Nage da so meiner Meinung nach nicht gibt, das Prinzip des Irimi, was ja jetzt keine reine Aikido Sache ist sicher schon. Aber da kann ich vielleicht gesondert im anderen Beitrag was schreiben, wenn ich Zeit habe.

Gesendet von meinen Moto X mit Tapatalk

carstenm
02-01-2016, 10:22
... die Fallbewegung von Nage ergibt sich aus dem Momentum, wenn dessen Kopf gegen die Armbeuge geht und der Rest des Körpers weiter der Gegenrichtung folgt, ...

... als würde ich gegen eine Querstange rennen. ...Das genau ist mit der Bezeichnung "clothesline" gemeint.
Clothesline ist englisch für Wäscheleine. Die Beine gehen nach vorne, während Oberkörper oder Kopf von der "Wäscheleine" angehalten werden.

Auch wenn diese Ausführung von irimi nage bei Isoyama sensei geradezu klassisch war, ist sie m.E. insgesamt nicht als typisch für das irimi nage kihon im aikidô anzusehen. Ich glaube, daß es u.a. gerade diese Auffassung von irimi nage ist, die zu Verwechslungen mit Techniken führt, die man außerhalb des aikidô findet.
Wenn du die Ausführung von Isoyama sensei vergleichst mit der Beschreibung z.B. in budô von Ueshiba, aber auch in dem Kommentar dazu von Saito sensei, dann werden die Unterschiede recht deutlich, meine ich.

Das bedeutet ganz ausdrücklich nicht, daß ich der Meinung bin, man solle so nicht üben. Ich denke nur, daß diese Ausführung von irimi nage nur schwierig dazu benutzt werden kann, um das aikidô-Typische dieser Technik zu verdeutlichen. Denn gerade die clothesline gibt's ja KK übergreifend.

kadour
02-01-2016, 10:54
wenn man sich aufnahmen des irimi-nage ansieht, wird man feststellen, daß dort ukes arm stets UNTER dem "wurfarm" des tori ist....
...schon aus diesem grund kann der wurf in dem video "MMA best judo throws" kein irimi-nage sein.


Es gibt Varianten von Iriminage, bei denen über Arm mit eingeklemmt wird, es gibt Situationen in denen es nicht gelingt ukes Arm aus dem Weg zu bringen. Auf diesen Arm wird dann Druck ausgeübt in einer Form, dass er quasi die Aufgabe von Toris Wurfarm übernimmt.
Hierzu gehört noch unterstützend der Einsatz des Körpers auf eine bestimmte Weise, ohne den das nicht gelingt.
Generell muss man sagen dass diese Körpermechanik einen wichtigen Faktor darstellt. Je besser die ausgebildet ist, desto mehr kann darauf verzichtet werden über die Hebelwirkung im Genick zu arbeiten. Das gilt allgemein für Aikidôtechniken.

Es gibt auch die Möglichkeit das Prinzip des Iriminage anzuwenden, ganz ohne den Kopf überhaupt mit einzubeziehen, nur über die Körperstruktur (Tohei macht das einmal in dem Herman-video).
Ob man das nach strenger Sicht noch als Iriminage bezeichnen kann, darüber lässt sich vielleicht streiten.


Ergänzung:
Es gibt sowohl die Variante dass das innere Bein beim Werfen vorne ist (wenn mit dem rechten Arm geworfen wird also das rechte), als auch die mit dem inneren Bein vorne. Fegen würde ich trotzdem nur mit dem inneren.

kadour
02-01-2016, 11:03
Denn gerade die clothesline gibt's ja KK übergreifend.

So was hätte ich eigentlich auch vor Augen als ich meinte, Iriminage gäbe es öfter als man glaubt.
Dummerweise habe ich kein einziges MMA-video gefunden in dem man das sieht.
Ist wohl doch eher was für wrestling-shows, oder aber für Hollywood.

Kurisutian
02-01-2016, 11:13
Das genau ist mit der Bezeichnung "clothesline" gemeint.
Clothesline ist englisch für Wäscheleine. Die Beine gehen nach vorne, während Oberkörper oder Kopf von der "Wäscheleine" angehalten werden.

Auch wenn diese Ausführung von irimi nage bei Isoyama sensei geradezu klassisch war, ist sie m.E. insgesamt nicht als typisch für das irimi nage kihon im aikidô anzusehen. Ich glaube, daß es u.a. gerade diese Auffassung von irimi nage ist, die zu Verwechslungen mit Techniken führt, die man außerhalb des aikidô findet.
Wenn du die Ausführung von Isoyama sensei vergleichst mit der Beschreibung z.B. in budô von Ueshiba, aber auch in dem Kommentar dazu von Saito sensei, dann werden die Unterschiede recht deutlich, meine ich.

Das bedeutet ganz ausdrücklich nicht, daß ich der Meinung bin, man solle so nicht üben. Ich denke nur, daß diese Ausführung von irimi nage nur schwierig dazu benutzt werden kann, um das aikidô - Typischer dieser Technik zu verdeutlichen. Denn gerade die clothesline gibt's ja KK übergreifend.

Na ja, wenn ich jetzt an Show-Wrestling denke, dann ist da doch ein gravierender Unterschied. Beim der mir bekannten Clothesline aus dem Wrestling streckt der Wrestler den Arm seitlich, parallel zur Schulter, aus. Also als deren Verlängerung quasi. Das ist bei dem Seagal-typischen angesprochenen Irimi-Nage nicht so, da geht der Arm weiter nach vorne um die eigene Balance besser zu halten. Wenn der Arm so weit zurück wäre wie im Wrestling, dann kannst du unmöglich deine Balance halten und auch noch "eintreten". Darum die Distanzierung zur Clothesline. ;)

Was Isoyama angeht, er war ja auch mal Seagals Lehrer, man sieht das da recht klar, auch wenn Seagal den Irimi-Nage noch weiter abgeändert hat im Vergleich zu der meiner Meinung nach brachialeren Variante von Isoyama (zumindest was ich an Videos im Kopf habe, aus dessen jungen Jahren). Isoyama hat im Vergleich zu Seagal viel aktiver mit dem Arm reingehauen. Das ist bei der Seagal-Variante so nicht der Fall.

kadour
02-01-2016, 11:32
Dieser bewegt sich nun weiter vorwärts, lediglich in die Armbeuge von Nage

Das machen wir bei direkten Varianten genauso.
Nur rennt man bei uns nicht gegen eine Querstraße, sondern es wird auch hier üblicherweise über den Hebel des Kopfes und die Struktur geworfen, ansonsten wäre das Wurfprinzipien kaum von tenchi-nage zu unterscheiden.
Das was du beschreibst gilt bei uns eher als etwas rudimentäre, noch nicht richtig entwickelte Form.

Gast
02-01-2016, 12:00
um es noch einmal festzuhalten: die entscheidende aktion bei diesem wurf ist der aktive einsatz des wurfbeins.


in dem fraglichen video sehen wir eine der varianten des ko-soto-gake.
und zwar eine der varianten, bei denen der werfende nicht mit der fußsohle ukes rechtes bein attackiert.

soweit ich das nach wiederholtem anschauen in extremer zeitlupe sehen konnte, haben wir es hier mit einer variante zu tun, die zwar zu ko-soto-gake gehört, aber eher ein (inoffiziell so bezeichneter) "O-soto-gake" ist.

ich will das kurz erläutern ...

der werfende attackiert BEIDE beine seines gegners.
[...]


Danke für die sehr ausführlichen Erklärungen. :)
Mir war entgangen, dass dort auch das linke Bein angegriffen wird, daher dachte ich, wie schon erwähnt, dass "Uke" auch schon ohne das zusätzliche Fegen des rechten Fußes durch die Kontrolle am Hals, der eigenen Abstoppbewegung und durch das Mitfallen des "Tori" keine Chance mehr hat, stehen zu bleiben.
Ich habe nun verstanden, dass es für die Einordnung eines Judowurfes in ein Wurfprinzip auf die Hauptaktion ankommt, (auch wenn eine Nebenaktion eventuell ebenso unverzichtbar, wenn auch austauschbar (verschiedene Fassarten) ist?).

carstenm hatte ja erwähnt, dass Fegen, zumindest als Nebenaktion, in einigen Varianten des Irimi-Nage vorkommen kann:


Ah, ok. Ich kenne halt von Christian Tissier, aber auch anderen Lehrern, eine Variante, bei der tatsächlich aktiv die Füße von uke gefegt werden und dachte, du würdest dich auf etwas Ähnliches beziehen.

in einer Irimi-Nage-Compilation (bei 1:42) bzgl. Christian Tissier habe ich folgende Szene gefunden:

https://youtu.be/F3NmaYu2Kvc?t=1m42s

https://j.gifs.com/G657o7.gif

nun weiß ich nicht, ob das, nur weil es in einer so genannten Compilation vorkommt auch tatsächlich Irimi-Nage ist, da können die Aikidoka eventuell weiterhelfen, insbesondere carstenm.
Mir scheint diese Ausführung ähnlich einem O-Soto-Guruma, also ebenfalls einem Fußwurf, zu sein (?)
Zumindest scheint mir für das Gelingen dieser Wurfvariante (so das noch Irimi-Nage ist) die Einsatz des Beines/Oberschenkels wichtig zu sein(?)

Kurisutian
02-01-2016, 12:18
Das machen wir bei direkten Varianten genauso.
Nur rennt man bei uns nicht gegen eine Querstraße, sondern es wird auch hier üblicherweise über den Hebel des Kopfes und die Struktur geworfen, ansonsten wäre das Wurfprinzipien kaum von tenchi-nage zu unterscheiden.
Das was du beschreibst gilt bei uns eher als etwas rudimentäre, noch nicht richtig entwickelte Form.

Joa, wir beugen den Kopf nicht aktiv nach unten, das passiert automatisch wenn einer "reinrennt". Dieses nach unten führen, so wurde es mir erklärt, wird darum an der Stelle (bei uns) nicht gemacht, weil man dabei zu lange Kontakt mit Uke hat und das Risiko steigt, dass dieser (wenn auch nur aus Reflex) den Arm klammert und einen mit runter reißt. Aber das ist wie gesagt eine Frage des Stils und der Zielsetzung. Im klassischen Aikido vielleicht mit längerem Kontakt und mehr Führung bei uns eben mit so kurzem Kontakt wie möglich. Was da jetzt rudimentär und nicht richtig entwickelt sein soll im Vergleich das verstehe ich nicht.

So wie ich den Irimi-Nage gezeigt bekommen habe und die Erklärungen warum er so wie von mir beschrieben ausgeführt wird, hat sich 1:1 mit einer Bewegung mit dem Schwert gedeckt, bei der die Rückseite dazu benutzt wird, das Schwert des Gegners aus der Angriffslinie zu bewegen (also ohne Schwert die Seite des Arms zum Daumen hin) und dann wird beim Schwert ebenso mit der stumpfen Seite (man will ja um es philosophisch auszudrücken das Leben erhalten) den Angreifer niedergestreckt, ohne ihn zu schneiden. Das gleiche passiert eben mit der schwertlosen Variante, man benutzt die obere Seite des Arms zum klären und dreht den Arm eben genau so, dass Uke eben genau auf diese Seite trifft. Somit ist auch die Bewegung direkt vom Schwert hergeleitet und für mich klingt das sehr logisch und durchdacht und alles andere als nicht richtig entwickelt oder rudimentär. Daher halte ich solche (Ab)Wertungen für recht pauschal und überflüssig, wenn man nicht beide Varianten mal im Detail gemacht hat. ;)

Tenchi-Nage, um kurz darauf einzugehen, ist eine klassische Technik, die es bei uns nicht als "funktionierende" Technik gibt. Bei Tenchi-Nage hast zwar das Prinzip der Atmung, etc. aber es handelt sich um eine Technik, die so in der Form keinen Sinn im Zusammenhang mit der Frage "Funktioniert das, wenn mir einer an den Kragen will und voll angreift" macht. Daher mag es sich für dich von der Erklärung erst mal so anhören, aber in Wirklichkeit ist Tenchi-Nage was ganz anderes als der hier von mir beschriebene Irimi-Nage, bzw. die beschriebene Variante der Ausführung. Aber das nur nebenbei.

kadour
02-01-2016, 12:35
Joa, wir beugen den Kopf nicht aktiv nach unten, das passiert automatisch wenn einer "reinrennt".

Neue, nicht nach unten beugen. Der Kopf wird z.B.durch die linke Hand an der Schulter fixiert und verdreht, und durch den Wurfarm wird das Kinn/der Kiefer nach oben gestreckt. Der Kopf geht also nach hinten.
Das hat nichts mit runterführen zu tun, was beim direkten Eingang sowieso entfällt.

Durch das "reinrennen" kriegt man den Arm eher vor die Kehle geschlagen, wenn man nicht als Eigenschutz den Kopf zur Seite dreht.
Tenchi-nage ist übrigens eine sehr gut "funktionierende" Technik.

Gast
02-01-2016, 12:38
@Aruna & rambat:

An einer Stelle würde ich gerne einhaken. Und zwar bei der Aussage, dass Seagal bei seinem Irimi-Nage die Leute einfach nur umbauen würde. Denn das ist ganz und gar nicht der Fall. Bei Seagal sieht es leider so aus, weil er über 2 Meter groß ist und dazu kommt, dass Matsuoka als sein Uke kleiner und wendiger ist und auch recht schnell fällt.

Mit "Umhauen" ist hier gemeint, dass Uke hauptsächlich durch den Impact aufgrund der Relativbewegung zwischen Toris Arm und Ukes Hals von den Beinen geholt wird und weniger durch eine Manipulation der Körperstruktur mittels eines geschickten Genickhebels.
Zumindest ich habe dieses Urteil aus dieser, in dem anderen Thread geposteten Darstellung eines unbekannten Internetusers abgeleitet:

Irimi-nage- Steven Seagal oder Christian Tissier? (Kampfsport, Aikido) (http://www.gutefrage.net/frage/irimi-nage--steven-seagal-oder-christian-tissier)


"Ich stehe dem Iriminage nach Seagal sehr kritisch gegenüber (nicht zuletzt, weil er vom Wirkprinzip kaum von einem Tenshinage zu unterscheiden ist). Zunächst einmal betreibt Seagal ein sehr "masse-orientiertes" Aikido. Soll heißen, seine Art die Techniken auszuführen ist ganz deutlich durch seine überdurchschnittliche Körpergröße und (ab mitte der 90er) auch Körpergewicht geprägt. So ist es auch nicht verwunderlich, dass seine Uke auf Vorführungen und dergleichen nahezu immer kleiner und leichter sind als er.
Nun ist es so, dass Körpergewicht und -größe eine wichtige Rolle für das Kuzushi spielen (Brechen des Gleichgewichtes). Masse ergibt ganz klar einen Vorteil wenn es darum geht, den Uke aus dem Gleichgewicht zu bringen. Ist der Massevorteil nicht gegeben, sinkt die Effektivität.

Zweiter und für mich entscheidender Kritikpunkt ist der technisch- physikalische Widerspruch in Seagal´s Iriminage. Die Anatomie des Menschen liefert hierfür die Erklärung, wozu ich ein bisschen ausholen muss: Ziel des Iriminage ist die Halswirbelsäule und das atlantoaxial-Gelenk. Beide Gelenke sind ausgelegt für bidirektionale Bewegungen innerhalb der Bewegungsebenen (auf deutsch: Nicken, Kippen und Kopf drehen), aber weniger gut geeignet für Mischbewegungen (wie z.B. Kopf in den Nacken und dabei zur Seite kippen). Genau hier setzt der Iriminage an- der Kopf des Uke wird leicht verdreht und in den Nacken gelegt. Der Kiefer wird dabei als Hebelarm genutzt, über den dann die besagten Gelenke manipuliert werden. Der Kiefer kann jedoch nur dann als Hebel genutzt werden, wenn die einwirkende Kraft von unten und seitlich kommt. Hier liegt der entscheidende Unterschied: Tissier wirkt, wie die meisten Aikidoka, ganz deutlich von unten-seitlich (also eher vertikal) gegen den Kiefer und damit gegen Halswirbelsäule und atlantoaxial-Gelenk. Seagal hingegen wirkt horizontal gegen die Halswirbelsäule, was anatomisch gesehen keinerlei Gelenkmanipulation bewirkt, sondern lediglich die Weichteile (Kehlkopf, Speise- und Luftröhre, A. carotis, etc.) betrifft. Für funktioniert das, wie oben beschrieben, aufgrund seiner Masse. Hinzu kommt, dass der Seagal-Iriminage, sofern man nicht richtig trifft oder abrutscht, gegen eine der stärksten und stabilsten Knochenstrukturen des menschlichen Körpers arbeitet, nämlich den Schultergürtel und Brustbereich. Keine Chance, da etwas zu manipulieren.

Ein weiterer Punkt ist, dass Seagal´s Iriminage eher eine geringe Anzahl von Muskelgruppen in die Bewegung einbezieht und die Statik des eigenen Körpers mehr oder weniger völlig missachtet wird. Hierbei geht es um isometrische und isotonische Muskelkontraktion und deren Wirkung auf Mobilität und Stabilität des menschlichen Körpers (also das, was mancherorts als die "geheimnisvollen Wirkprinzipien" verklärt wird und was gemeint ist, wenn jemand von "Kraft aus dem Boden ziehen" o.ä. spricht). Dieses Thema werde ich aber nur auf Nachfrage weiter ausführen.

Fazit: Wenn du 110kg bei 1,95m wiegst, mach den Seagal. Ansonsten bleib bei dem, was uns O-sensei und seine Vorgänger uns hinterlassen haben. Aus anatomischer und physiologischer Sicht ist es... genial"

Hervorhebung von mir

Es geht also eher um Gerader Angriff auf Hals vs. gedrehter Angriff, bzw. seitlich mit Kippen + in den Nacken führen.
Wobei es mir bei den direkteren dynamischeren Varianten auch bei Tissier wohl nur schwer kontrollierbar zu sein scheint, wie genau er da triff (?)



Wenn man mal mit einem von Seagals ehemaligen Schülern trainiert hat, was ich regelmäßig bei Shihan Larry Reynosa tue und getan habe, dann merkt man recht schnell, dass da keine Closeline oder gar umbauen statt findet. Der ist ein gutes Stück kleiner als Seagal und auch kleiner als ich. Dennoch funktioniert der Irimi-Nage hier ebenso gut.


dieser Erfahrungsbericht widerspricht der von mir oben zitierten Aussage zumindest in der Hinsicht, dass es da auf die Masse ankäme.





Statt umbauen wird erst mal dir Hand bzw. der Arm von Uke aus der Angriffslinie gebracht mit einer im Vergleich zum klassischen Aikido minimalen Schnittbewegung, um die Vorwärtsbewegung von Uke nicht zu schwächen. Dieser bewegt sich nun weiter vorwärts, lediglich in die Armbeuge von Nage.
Dieser wiederum macht einen Schritt rein, entgegen Uke. Daher auch Irimi-Nage, weil Irimi in Japan so viel wie eintreten bedeutet. Es wird an der Stelle auch nicht nach unten umgebauten, die Fallbewegung von Nage ergibt sich aus dem Momentum, wenn dessen Kopf gegen die Armbeuge geht und der Rest des Körpers weiter der Gegenrichtung folgt, welche ja wie erwähnt nicht gestoppt wird. Kommt jetzt noch der Schritt von Nage dazu, dem Irimi folgend also eintretend, holt das Uke von den Beinen.
Groß umgehauen wird da definitiv nicht.
Es ist eher vergleichbar damit, als würde ich gegen eine Querstange rennen.


Wie gesagt, ging es eher um die Relativbewegung zwischen Querstange und Uke und weniger um die Frage, ob sich die Querstange oder Uke relativ zum Raum bewegt.


Na ja, wenn ich jetzt an Show-Wrestling denke, dann ist da doch ein gravierender Unterschied. Beim der mir bekannten Clothesline aus dem Wrestling streckt der Wrestler den Arm seitlich, parallel zur Schulter, aus. Also als deren Verlängerung quasi. Das ist bei dem Seagal-typischen angesprochenen Irimi-Nage nicht so, da geht der Arm weiter nach vorne um die eigene Balance besser zu halten. Wenn der Arm so weit zurück wäre wie im Wrestling, dann kannst du unmöglich deine Balance halten und auch noch "eintreten". Darum die Distanzierung zur Clothesline. ;)


Mit Wrestling kenne ich mich noch weniger aus, im Vergleich unten stehender Videos fällt zumindest mir allerdings eher auf, dass die Wrestler tatsächlich im Schnitt aktiver reinhauen:

dJm8yDnYoRQLDdhjhR-m88

Gast
02-01-2016, 12:59
Auch wenn diese Ausführung von irimi nage bei Isoyama sensei geradezu klassisch war, ist sie m.E. insgesamt nicht als typisch für das irimi nage kihon im aikidô anzusehen. Ich glaube, daß es u.a. gerade diese Auffassung von irimi nage ist, die zu Verwechslungen mit Techniken führt, die man außerhalb des aikidô findet.

Was ist denn aus Deiner Sicht typisch für Aikidô-Irimini-Nage in Abgrenzung zu ähnlichen Bewegungen in anderen Kampfkünsten?

AlexAikido
02-01-2016, 13:04
Aruna das Beispiel, das du angebracht hast schwebte mir auch gerade vor :)

Sieht man bei Tissier gar nicht mal so selten und ich habe im Randori die Technik in der Form auch das ein oder andere Mal schon angewandt (nur das es bei mir dann improvisiert war da ich was anderes vor hatte).

Ich frage mich gerade, bei all den "Aikido Threads" im Moment hier, woher das kommt mit dem starken Interesse an "ist Aikido kampftauglich?!" Diskussionen.

Im Endeffekt ist es doch so, dass das heutige Aikido mit einer minimalen Änderung des Wurfwinkels von Uke zu ernsthaften Verletzungen führen kann. Gibt es auch einige Interviews mit namenhaften Meistern zu die bei Ueshiba trainiert haben.

Gast
02-01-2016, 13:21
Aruna das Beispiel, das du angebracht hast schwebte mir auch gerade vor :)

Sieht man bei Tissier gar nicht mal so selten

und das ist dann auch "Irimi Nage"?




Ich frage mich gerade, bei all den "Aikido Threads" im Moment hier, woher das kommt mit dem starken Interesse an "ist Aikido kampftauglich?!" Diskussionen.

Im Endeffekt ist es doch so, dass das heutige Aikido mit einer minimalen Änderung des Wurfwinkels von Uke zu ernsthaften Verletzungen führen kann. Gibt es auch einige Interviews mit namenhaften Meistern zu die bei Ueshiba trainiert haben.

dies bitte im "Märchenthread" (http://www.kampfkunst-board.info/forum/f12/m-rchen-aikido-keine-wettk-mpfe-176388/) erörtern, da ist das ja gerade Thema.
Danke :)

carstenm
02-01-2016, 16:47
Was ist denn aus Deiner Sicht typisch für Aikidô-Irimini-Nage in Abgrenzung zu ähnlichen Bewegungen in anderen Kampfkünsten?Diese Ausführung übe ich als Basisform. (https://youtu.be/gFEwtTp9gxw?t=27)

Das Gleichgewicht des Angreifers wird seitlich gebrochen.
Entweder durch Führung des Wurfarmes seitlich am Kopf. Oder - mit der anderen Hand - durch Kontakt an Hals, Schulter oder - so üben wir - zwei Finger im Kragen (was nicht ohne gi geht). Oder eine Kombination aus beidem.
Dieses seitliche kuzushi entsteht dadurch, daß über diese Führung die Wirbelsäule des Partners kontrolliert wird.
Hier einige Übungen/Beispiele/Spielereien zu dieser Form des kuzushi. (https://youtu.be/nhLO44LwKSM?t=70)

Der Werfende tritt dann in den zur Seite geneigten Angreifer ein. Dabei erfolgt eine Führung der Wirbelsäule /des Körperschwerpunktes nach oben. Das geschieht durch die Ausdehnung des werfenden Armes nach oben. Ueshiba hat formuliert: "Ki in den Fingerspitzen haben."
D.h. die Wirkung erfolgt nicht quer zum Arm, wie bei der Clothesline. Sondern die Wirkung erfolgt in Längsrichtung. Der Arm kann daher maximal entspannt sein, sehr weich. Er wirkt quasi tangential zum Angreifer.

Gleichzeitig bewegt sich unten das Zentrum des Werfenden frontal in das aufgrund des kuzushi geneigte Zentrum des Angreifers hinein. (https://youtu.be/kW1eJsUPCTE?t=49)

Dieses Zusammenwirken von drei Richtungen: Frontrale Bewegung (= irimi) des Zentrums des Werfenden in das seitlich geneigte und nach oben hin bewegte Zentrum des Geworfenen verursacht sein Fallen.
Es ist dazu letztlich nicht mehr wirklich notwendig, daß sog. Wurfarm nach unten geführt wird. (https://youtu.be/27Q8ULywB_g?t=19)
(Die Abwärtstbewegung des Wurfarmes kann lecker Wums hinzufügen. Einfach nur fallen sollte der Angreifer auch ohne das.)

Diese Paramter - seitliches kuzushi, führen des Zentrums nach oben, frontale Bewegung in dieses Gebilde hinein - kann man auf unterschiedlichste Art und Weise herstellen. Und zuweilen auch so klitzeklein ausführen, daß sie von Außen kaum zu entziffern sind.
Z.B. indem auf sehr knappe, direkte Formen von irimi nage, die eigentlich kaum mehr sind, als eine Fauststoß zum Gesicht, eben nicht waagerecht und in die Mitte, auf die Nase ausgeführt werden.
Sondern der Fauststoß wird so ausgeführt, daß entweder die Vermutete Trefferwirkung oder die vermtutete Meidbewegung eine leichte seitliche Neigung (hoffentlich, vielleicht, sogottwilll) verursacht.
Der Fausstoß wird mehr oder weniger deutlich von unten nach oben geführt, um im Körper des Geworfenen eine Tendenz nach oben zu erzeugen.
Und er wird so ausgeführt, daß er möglichst nicht so auftrifft und hängen bleibt, sondern durch den Angreifer hindurch gehen kann und der Werfende so frontal in den Geworfenen eintreten kann.

Zu alledem kann eine spiralförmige Rotation innerhalb des Körpers des Werfenden hinzukommen. Sie beginnt in dem Fuß, der der Hand des Wurfarmes diagonal ist. (re Fuß > li Hand; oder li Fuß > re Hand). Diese Spiraler verläuft im Körper des Werfenden von unten nach oben. Durch den Kontakt seitlich am Kopf und unten Hüfte zu Hüfte überträgt sich eine Wirkung in den Angreifer, den Effekt seitlich und nach oben deutlich verstärkt.

So in etwa ... vielleicht ... zeigen ist einfacher ...

Zu bedenken ist nun, daß in aikidô-Kreisen Variationen, die sich aus einer Grundform ergeben häufig einfach mit dem Namen dieser Basisform benannt werden, von der sie am ehesten herkommen.
Die Clothesline, oder ein Front choke, wenn man die beiden Arme einfach stehen läßt und zum Würgen zusammen führt. Oder die verlinkte Form mit dem Fußfeger von Tissier. Oder eine schöne Gerade, die den Angreifer einfach nach hinten wegkippen läßt.
Da guckt man dann nicht, woher das vielleicht leihweise kommen mag, sondern dann isses eben auch irgendwie irimi nage ...

Helfen diese Gedanken denn irgendwie weiter?

Gast
03-01-2016, 14:36
Diese Ausführung übe ich als Basisform. (https://youtu.be/gFEwtTp9gxw?t=27)

Das Gleichgewicht des Angreifers wird seitlich gebrochen.
Entweder durch Führung des Wurfarmes seitlich am Kopf. Oder - mit der anderen Hand - durch Kontakt an Hals, Schulter oder - so üben wir - zwei Finger im Kragen (was nicht ohne gi geht). Oder eine Kombination aus beidem.
Dieses seitliche kuzushi entsteht dadurch, daß über diese Führung die Wirbelsäule des Partners kontrolliert wird.
Hier einige Übungen/Beispiele/Spielereien zu dieser Form des kuzushi. (https://youtu.be/nhLO44LwKSM?t=70)

Der Werfende tritt dann in den zur Seite geneigten Angreifer ein. Dabei erfolgt eine Führung der Wirbelsäule /des Körperschwerpunktes nach oben. Das geschieht durch die Ausdehnung des werfenden Armes nach oben. Ueshiba hat formuliert: "Ki in den Fingerspitzen haben."
D.h. die Wirkung erfolgt nicht quer zum Arm, wie bei der Clothesline. Sondern die Wirkung erfolgt in Längsrichtung. Der Arm kann daher maximal entspannt sein, sehr weich. Er wirkt quasi tangential zum Angreifer.

Gleichzeitig bewegt sich unten das Zentrum des Werfenden frontal in das aufgrund des kuzushi geneigte Zentrum des Angreifers hinein. (https://youtu.be/kW1eJsUPCTE?t=49)

Dieses Zusammenwirken von drei Richtungen: Frontrale Bewegung (= irimi) des Zentrums des Werfenden in das seitlich geneigte und nach oben hin bewegte Zentrum des Geworfenen verursacht sein Fallen.
Es ist dazu letztlich nicht mehr wirklich notwendig, daß sog. Wurfarm nach unten geführt wird. (https://youtu.be/27Q8ULywB_g?t=19)
(Die Abwärtstbewegung des Wurfarmes kann lecker Wums hinzufügen. Einfach nur fallen sollte der Angreifer auch ohne das.)


danke für die ausführliche Erklärung:)



Diese Paramter - seitliches kuzushi, führen des Zentrums nach oben, frontale Bewegung in dieses Gebilde hinein - kann man auf unterschiedlichste Art und Weise herstellen. Und zuweilen auch so klitzeklein ausführen, daß sie von Außen kaum zu entziffern sind.


D.h. Irimi-Nage aufgrund dieser Definition anhand mehr "innerer" Parameter muss nicht zwangsläufig an der äußeren Form erkannt werden.





Z.B. indem auf sehr knappe, direkte Formen von irimi nage, die eigentlich kaum mehr sind, als eine Fauststoß zum Gesicht, eben nicht waagerecht und in die Mitte, auf die Nase ausgeführt werden.
Sondern der Fauststoß wird so ausgeführt, daß entweder die Vermutete Trefferwirkung oder die vermtutete Meidbewegung eine leichte seitliche Neigung (hoffentlich, vielleicht, sogottwilll) verursacht.
Der Fausstoß wird mehr oder weniger deutlich von unten nach oben geführt, um im Körper des Geworfenen eine Tendenz nach oben zu erzeugen.
Und er wird so ausgeführt, daß er möglichst nicht so auftrifft und hängen bleibt, sondern durch den Angreifer hindurch gehen kann und der Werfende so frontal in den Geworfenen eintreten kann.


Also könnte so ein Fauststoß Irimi-Nage sein und von außen eben wie ein Fauststoß aussehen.



Zu bedenken ist nun, daß in aikidô-Kreisen Variationen, die sich aus einer Grundform ergeben häufig einfach mit dem Namen dieser Basisform benannt werden, von der sie am ehesten herkommen.
Die Clothesline, oder ein Front choke, wenn man die beiden Arme einfach stehen läßt und zum Würgen zusammen führt. Oder die verlinkte Form mit dem Fußfeger von Tissier. Oder eine schöne Gerade, die den Angreifer einfach nach hinten wegkippen läßt.
Da guckt man dann nicht, woher das vielleicht leihweise kommen mag, sondern dann isses eben auch irgendwie irimi nage ...


D.h. in Aikidô-Kreisen kann es vorkommen, dass Techniken, die oben genannte Kriterien nicht erfüllen, dennoch als Irimi-Nage bezeichnet werden, da die so am besten in die Aikido-Nomenklatur einzuordnen sind?




Helfen diese Gedanken denn irgendwie weiter?

Ja, mir scheint, wie schon vermutet, dass es eine gewisse Unschärfe bei dem, was für einen Aikidoka Irimi Nage "ist" gibt.
D.h. wenn einer sagt "in XY sieht man Irimi-Nage öfter als Du denkst" dann könnte es auch sein, dass damit eine spezielle Abfolge von Gleichgewichtsbruch und Zentrumsbewegung gemeint ist, der sich in einer äußerlich unter anderem Namen bekannten Technik verbirgt oder eben eine Technik (Clothesline) die diese spezielle Abfolge nicht enthält, aber üblicherweise oder teilweise in Aikidô so bezeichnet wird.

kadour
03-01-2016, 14:53
Ja, mir scheint, wie schon vermutet, dass es eine gewisse Unschärfe bei dem, was für einen Aikidoka Irimi Nage "ist" gibt.

Was das Kihon, also die Basis angeht, nicht, obwohl es "stilistische" Unterschiede gibt.
Aber das ist vergleichbar mit jeder anderen Kata-form. Sie stellt ein Prinzip dar, ein Potential.
Die Technik als solche ist schon recht konkret über den Genickhebel definiert, aber das Irimi-prinzip welches zum Ausdruck kommt, lässt sich auf verschiedene Art umsetzen, u.a. als Wurftechnik, mit einem Schwert oder halt auch als Fauststoß.
Wichtig ist dabei eine bestimmte Art, an der Angriffbewegung vorbei vorwärts zu bewegen, was sich als Eintritt in eine Wurfbewegung, einen Schnitt oder einem Schlag mit der Faust äußern kann.
Es kommt u.a. darauf an in dem Moment "drin" zu sein, wenn der andere glaubt treffen zu können.
Es kann sein dass ein Lehrer eine Schwertbewegung zeigt, und um zu betonen dass er hier das Irimi-Prinzip erklärt sagt: DAS ist Irimi-nage. Er meint dann sozusagen die Essenz, nicht die technische Ausprägung.

carstenm
03-01-2016, 15:12
Wichtig ist dabei eine bestimmte Art, an der Angriffbewegung vorbei vorwärts zu bewegen, ...
Es kommt u.a. darauf an in dem Moment "drin" zu sein, wenn der andere glaubt treffen zu können.Diese Formulierungen beschreiben nach meinem Verständnis lediglich den Eingang. Nicht aber die Technik selber.

Ich finde in dieser Darstellung nicht wieder irimi nage aus ushiro Angriffen, aus dem tenshin Eingang in yokomen uchi oder shomen uchi, aus katate dori (gyaku hanmi oder ai hanmi), aus kata dori men uchi ...

Oder verstehe ich dich falsch?

kadour
03-01-2016, 16:26
Diese Formulierungen beschreiben nach meinem Verständnis lediglich den Eingang. Nicht aber die Technik selber.

Ich finde in dieser Darstellung nicht wieder irimi nage aus ushiro Angriffen, aus dem tenshin Eingang in yokomen uchi oder shomen uchi, aus katate dori (gyaku hanmi oder ai hanmi), aus kata dori men uchi ...

Oder verstehe ich dich falsch?

Einmal sagst du Technik, einmal Eingang.
Was meinst du denn nun?

carstenm
03-01-2016, 16:51
Ich meine, daß deine Formulierungen "bestimmte Art, an der Angriffbewegung vorbei vorwärts zu bewegen" und "Es kommt u.a. darauf an in dem Moment 'drin' zu sein, wenn der andere glaubt treffen zu können" einen irimi Eingang beschreiben. Der dann zu unterschiedlichen Techniken führen kann.

Nicht aber charakteristisch sind deine Formulierungen m.E. für die Technik irimi nage, denn die kann z.B. aus den von mir genannten Angriffen ohne diesen spezifischen Eingang entstehen.

kadour
03-01-2016, 17:21
Nicht aber charakteristisch sind deine Formulierungen m.E. für die Technik irimi nage, denn die kann z.B. aus den von mir genannten Angriffen ohne diesen spezifischen Eingang entstehen.

Darum ging es doch jetzt auch nicht, sondern darum was dazu führt dass man etwas als Irimi-Nage bezeichnen könnte, auch wenn es nicht exakt die Technik selbst ist.
Das Prinzip Irimi steckt ja eigentlich überall drin, auch bei den Angriffsfomen die du nennst. Am deutlichsten wird es aber in einer direkten Vorwätsbewegung, die aber auch bei den meisten der von dir genannten Angriffsfomen erfolgen kann.
Von daher verstehe ich deinen Einwand nicht, es verkompliziert die Geschichte doch nur wenn man jetzt noch detailliert auf verschiedene Angriffsfomen, und die jeweils möglichen Variationen von Irimi-nage eingehen würde, ich weiß nicht ob das für Aruna hilfreich wäre.

carstenm
03-01-2016, 18:07
Darum ging es doch jetzt auch nicht, sondern darum was dazu führt dass man etwas als Irimi-Nage bezeichnen könnte, auch wenn es nicht exakt die Technik selbst ist.Richtig. Aber das, was du beschreibst, ist nach meinem Verständnis eben nicht charakteristisch für "die Technik selbst".

kadour
03-01-2016, 19:58
Richtig. Aber das, was du beschreibst, ist nach meinem Verständnis eben nicht charakteristisch für "die Technik selbst".

Die ist doch detailliert beschrieben worden, was soll man da noch zu schreiben?

Kurisutian
04-01-2016, 08:42
Mit "Umhauen" ist hier gemeint, dass Uke hauptsächlich durch den Impact aufgrund der Relativbewegung zwischen Toris Arm und Ukes Hals von den Beinen geholt wird und weniger durch eine Manipulation der Körperstruktur mittels eines geschickten Genickhebels.
Zumindest ich habe dieses Urteil aus dieser, in dem anderen Thread geposteten Darstellung eines unbekannten Internetusers abgeleitet:

Irimi-nage- Steven Seagal oder Christian Tissier? (Kampfsport, Aikido) (http://www.gutefrage.net/frage/irimi-nage--steven-seagal-oder-christian-tissier)


"Ich stehe dem Iriminage nach Seagal sehr kritisch gegenüber (nicht zuletzt, weil er vom Wirkprinzip kaum von einem Tenshinage zu unterscheiden ist). Zunächst einmal betreibt Seagal ein sehr "masse-orientiertes" Aikido. Soll heißen, seine Art die Techniken auszuführen ist ganz deutlich durch seine überdurchschnittliche Körpergröße und (ab mitte der 90er) auch Körpergewicht geprägt. So ist es auch nicht verwunderlich, dass seine Uke auf Vorführungen und dergleichen nahezu immer kleiner und leichter sind als er.
Nun ist es so, dass Körpergewicht und -größe eine wichtige Rolle für das Kuzushi spielen (Brechen des Gleichgewichtes). Masse ergibt ganz klar einen Vorteil wenn es darum geht, den Uke aus dem Gleichgewicht zu bringen. Ist der Massevorteil nicht gegeben, sinkt die Effektivität.

Zweiter und für mich entscheidender Kritikpunkt ist der technisch- physikalische Widerspruch in Seagal´s Iriminage. Die Anatomie des Menschen liefert hierfür die Erklärung, wozu ich ein bisschen ausholen muss: Ziel des Iriminage ist die Halswirbelsäule und das atlantoaxial-Gelenk. Beide Gelenke sind ausgelegt für bidirektionale Bewegungen innerhalb der Bewegungsebenen (auf deutsch: Nicken, Kippen und Kopf drehen), aber weniger gut geeignet für Mischbewegungen (wie z.B. Kopf in den Nacken und dabei zur Seite kippen). Genau hier setzt der Iriminage an- der Kopf des Uke wird leicht verdreht und in den Nacken gelegt. Der Kiefer wird dabei als Hebelarm genutzt, über den dann die besagten Gelenke manipuliert werden. Der Kiefer kann jedoch nur dann als Hebel genutzt werden, wenn die einwirkende Kraft von unten und seitlich kommt. Hier liegt der entscheidende Unterschied: Tissier wirkt, wie die meisten Aikidoka, ganz deutlich von unten-seitlich (also eher vertikal) gegen den Kiefer und damit gegen Halswirbelsäule und atlantoaxial-Gelenk. Seagal hingegen wirkt horizontal gegen die Halswirbelsäule, was anatomisch gesehen keinerlei Gelenkmanipulation bewirkt, sondern lediglich die Weichteile (Kehlkopf, Speise- und Luftröhre, A. carotis, etc.) betrifft. Für funktioniert das, wie oben beschrieben, aufgrund seiner Masse. Hinzu kommt, dass der Seagal-Iriminage, sofern man nicht richtig trifft oder abrutscht, gegen eine der stärksten und stabilsten Knochenstrukturen des menschlichen Körpers arbeitet, nämlich den Schultergürtel und Brustbereich. Keine Chance, da etwas zu manipulieren.

Ein weiterer Punkt ist, dass Seagal´s Iriminage eher eine geringe Anzahl von Muskelgruppen in die Bewegung einbezieht und die Statik des eigenen Körpers mehr oder weniger völlig missachtet wird. Hierbei geht es um isometrische und isotonische Muskelkontraktion und deren Wirkung auf Mobilität und Stabilität des menschlichen Körpers (also das, was mancherorts als die "geheimnisvollen Wirkprinzipien" verklärt wird und was gemeint ist, wenn jemand von "Kraft aus dem Boden ziehen" o.ä. spricht). Dieses Thema werde ich aber nur auf Nachfrage weiter ausführen.

Fazit: Wenn du 110kg bei 1,95m wiegst, mach den Seagal. Ansonsten bleib bei dem, was uns O-sensei und seine Vorgänger uns hinterlassen haben. Aus anatomischer und physiologischer Sicht ist es... genial"

Hervorhebung von mir

Es geht also eher um Gerader Angriff auf Hals vs. gedrehter Angriff, bzw. seitlich mit Kippen + in den Nacken führen.
Wobei es mir bei den direkteren dynamischeren Varianten auch bei Tissier wohl nur schwer kontrollierbar zu sein scheint, wie genau er da triff (?)



dieser Erfahrungsbericht widerspricht der von mir oben zitierten Aussage zumindest in der Hinsicht, dass es da auf die Masse ankäme.






Wie gesagt, ging es eher um die Relativbewegung zwischen Querstange und Uke und weniger um die Frage, ob sich die Querstange oder Uke relativ zum Raum bewegt.



Mit Wrestling kenne ich mich noch weniger aus, im Vergleich unten stehender Videos fällt zumindest mir allerdings eher auf, dass die Wrestler tatsächlich im Schnitt aktiver reinhauen:

dJm8yDnYoRQLDdhjhR-m88


Hier hab ich ein besseres Irimi-Nage Video für dich, als das von Seagal. Da sieht man eher, dass es nicht um pures umhauen mit der eigenen Masse geht zumal hier auch Uke größer ist als Nage:

MnVnCBbKoHI

kadour
04-01-2016, 09:41
Da sieht man eher, dass es nicht um pures umhauen mit der eigenen Masse geht

Man sieht aber auch, dass der Wurf vorwiegend dadurch erfolgt, dass Uke in die Bewegung hineinrennt.
Ein aktives kuzushi oder kontrolle über Uke ist nicht wirklich vorhanden, jemanden der stoppt, oder Widerstand leistet, kannst du so nicht werfen.

carstenm
04-01-2016, 10:52
Hier hab ich ein besseres Irimi-Nage Video ...Wie übt ihr denn irimi nage aus Angriffen, die eine andere Dynamik haben, d.h. bei der sich tori und uke nicht in dieser Weise aufeinander zu bewegen?

Kurisutian
04-01-2016, 12:45
Wie übt ihr denn irimi nage aus Angriffen, die eine andere Dynamik haben, d.h. bei der sich tori und uke nicht in dieser Weise aufeinander zu bewegen?

Welche z.B.? Was heist "nicht in dieser Weise"? Auf ihn zu sollte er schon kommen, sonst wird es etwas schwer mit treffen? Oder meinst du Snap-Punches und dergleichen? Im Grunde gleich, nur mit deutlicherem "Irimi" also Eintreten seitens Nage.

carstenm
04-01-2016, 13:17
Welche z.B.? Was heist "nicht in dieser Weise"? ...Ich hatte oben schon versucht entsprechende Situationen zu beschereiben:
irimi nage aus ushiro Angriffen, aus dem tenshin Eingang in yokomen uchi oder shomen uchi, aus katate dori (gyaku hanmi oder ai hanmi), aus kata dori men uchi.
Aus diesen Eingängen entsteht ja dann keine - oder keinen nennenswerte - Bewegung von tori und uke aufeinander zu. Daher meine Frage, wie sich der irimi nage aus dem Video, der - so wie ich es verstehe - davon lebt, daß sich tori und uke aufeinander zu bewegen entsprechend verändert.

Die Antwort hast du ja geschrieben:
Im Grunde gleich, nur mit deutlicherem "Irimi" also Eintreten seitens Nage.

kadour
04-01-2016, 13:18
Grunde gleich, nur mit deutlicherem "Irimi" also Eintreten seitens Nage.

Dieses "deutlichere Irimi" muss man dann aber auch üben, und der Angreifer muss besser kontrolliert werden. Hier sieht man, dass der Angreifer nach dem Schlag weiterläuft, in die Technik hinein, was ein kontrolliert angreifendenr Gegner niemals tun würde. Realistisch ist das nicht, auch nicht der angedeutete Fußtritt.
Ich sage ja nicht, dass bei uns alles viel besser ist, aber zu sagen dass man was ganz anderes machen würde als der restliche Aikikai, finde ich dann etwas, hm, fragwürdig.

Klaus
04-01-2016, 15:39
Mal ne blöde Idee, ist das Ziel unter anderem beim Aikido nicht, den Angreifer in eine Bewegung zu *zwingen*, um diese zu kontern ? Sprich, man bringt ihn in einen Vorwärtsschritt und macht zeitgleich den Bogen um oder durch ihn um am Kopf nach hinten zu kippen ? Im Notfall halt wechselseitig. Das ist doch das A und O z.B. in ringerischen IMAs, Wechsel von Druck/Zug, Richtungswechsel, Eindrehen, etc. pp. Und ein stehender Typ der sich sperrt und schwer macht ist für mich kein "Angreifer", den lässt man stehen und nimmt den Bus nach Hause.

carstenm
04-01-2016, 15:45
... ist das Ziel unter anderem beim Aikido nicht, den Angreifer in eine Bewegung zu *zwingen*, um diese zu kontern ? ... Nach meinem Verständnis ist das nicht der Fall.

AlexAikido
04-01-2016, 16:11
Nach meinem Verständnis ebenso nicht. Ausnahme stellt evtl die Situation dar, dass der Angreifer statisch rum steht und nichts macht. Aber ist er denn dann noch ein Angreifer?

Kurisutian
04-01-2016, 19:10
Man sieht aber auch, dass der Wurf vorwiegend dadurch erfolgt, dass Uke in die Bewegung hineinrennt.
Ein aktives kuzushi oder kontrolle über Uke ist nicht wirklich vorhanden, jemanden der stoppt, oder Widerstand leistet, kannst du so nicht werfen.

Wenn jemand der ehrlich angreift so nahe an mir dran ist, ich eine Technik mache wie Irimi-Nage und Uke dabei stoppen kann, dann habe ich ihn nicht nicht wirklich abgelenkt und seine Energie aufrechterhalten sondern mehr geblockt, was ihm die Gelegenheit gibt zu stoppen. Wenn er von vorne herein auf Widerstand setzt, dann ist er vielleicht nicht für Irimi-Nage empfänglich, aber für andere Dinge. Du wirst mir ja nicht sagen, dass einer der sich nicht bewegen will im klassischen Aikido mehr bewegt werden kann? Wenn Uke allerdings ehrlich angreift und dennoch Widerstand leisten kann, dann mach ich was falsch. ;)


Dieses "deutlichere Irimi" muss man dann aber auch üben, und der Angreifer muss besser kontrolliert werden. Hier sieht man, dass der Angreifer nach dem Schlag weiterläuft, in die Technik hinein, was ein kontrolliert angreifendenr Gegner niemals tun würde. Realistisch ist das nicht, auch nicht der angedeutete Fußtritt.
Ich sage ja nicht, dass bei uns alles viel besser ist, aber zu sagen dass man was ganz anderes machen würde als der restliche Aikikai, finde ich dann etwas, hm, fragwürdig.

Klar muss man das üben. Der Angreifer läuft darum weiter, weil er seinen Körper in den Schlag setzt (was jetzt eben eine Variante ist und eben kein Snap-Punch) und trotz Ablenkung der Schlaghand nicht gebremst wird. Darum geht das so. Kontrolliert angreifende Ukes werden sicher nicht so reinrennen, aber das habe ich ja auch vorher erwähnt, dass man dann entweder aktiver rein geht (was immer noch Irimi ist und dann eben mit dem Maai zu tun hat) oder man eben ne andere Technik macht.
Der angedeutete Fußtritt ist wie du sagst angedeutet. Hier ging es doch bis eben um Irimi-Nage und nicht um Fußtritte. Wenn der dich so stört dann denk ihn dir weg uns blende erst wieder bei dem darauffolgenden Schlag ein. Und wie gesagt, der ist eine Variante, es gibt noch zig andere, das Prinzip dahinter ist das gleiche.
Es mag für dich jetzt mit dem klassischen Hintergrund sicher nach sehr wenig Kontrolle aussehen, aber an der Stelle haben Videos eben ihr Limit. Die Kontrolle ist da, das merkt man, wenn man dabei selbst mal Uke war (ich geh mal davon aus, dass du bislang auf keinem MAK Lehrgang warst, oder? ;) )


Ich hatte oben schon versucht entsprechende Situationen zu beschereiben:
irimi nage aus ushiro Angriffen, aus dem tenshin Eingang in yokomen uchi oder shomen uchi, aus katate dori (gyaku hanmi oder ai hanmi), aus kata dori men uchi.
Aus diesen Eingängen entsteht ja dann keine - oder keinen nennenswerte - Bewegung von tori und uke aufeinander zu. Daher meine Frage, wie sich der irimi nage aus dem Video, der - so wie ich es verstehe - davon lebt, daß sich tori und uke aufeinander zu bewegen entsprechend verändert.

Die Antwort hast du ja geschrieben:

Ja, die Antwort passt aber auch nur zum Teil, wenn ich manche Angriffe die du nennst betrachtest. Bei einigen würde ich schlicht und einfach kein Irimi-Nage machen, weil es einfachere und effizientere Techniken für die Angriffe gibt, als mit aller Gewalt einen Irimi-Nage durchzuziehen. Das geht dann eher nach hinten los weil ich selbst aktiv rein müsste, viel Kraft einsetzen müsste und je nach Angreifer dann auch nicht weit damit kommt. Mal ganz zu schweigen davon, dass wenn ich eine Uke eine Bewegung "aufzwingen" müsste nur um genau die eine Technik, eben Irimi-Nage in dem Fall, machen zu können, das nicht viel von "Ai Ki" hätte, oder? Dann lieber was anderes machen, was besser passt auf einen solchen Angriff. ;)

carstenm
05-01-2016, 08:09
Du wirst mir ja nicht sagen, dass einer der sich nicht bewegen will im klassischen Aikido mehr bewegt werden kann?Ich bin nicht sicher, was "klassisches aikidô" ist, denn selbst im aikikai gibt es ja ganz unterschiedliche Richtungen.

In dem aikidô, das ich übe, ist aber ganz genau das, jemanden zu bewegen, der sich nicht bewegen möchte, einer der spannenden Aspekte. Inwieweit das in bestimmten realen Situationen vorkommen oder sinnvoll sein mag (mir hat diese Fähigkeit tatsächlich schon einige male sehr geholfen), ist erst einmal nicht entscheidend.
Entsprechend gibt es sehr viele statische Übungen. Und entsprechend lebt in dieser Art des Übens keine der Techniken - auch nicht irimi nage - davon, daß uke auf tori zukommt - ob langsam oder schnell. Und auch nicht davon, daß uke seinen Körper in den Angriff legt. Im Gegenteil: Wir üben intensiv, genau das nicht zu tun, sondern auch im Angriff verwurzelt und zentriert zu bleiben und so wenig wie irgend möglich von uns preiszugeben.

Das Ziel dieser Art zu üben, besteht zum einen darin, zu lernen einen Kontakt zu einem Partner so aufzubauen, daß man seine Körperstruktur beeinflussen und kontrollieren kontrollieren kann.
Und zum anderen geht es sehr allgemein gesagt, darum, Techniken so auszuführen, daß sie nicht von bestimmten Aktionen oder Vorgaben des Partners leben.


Bei einigen würde ich schlicht und einfach kein Irimi-Nage machen, weil es einfachere und effizientere Techniken für die Angriffe gibt, als mit aller Gewalt einen Irimi-Nage durchzuziehen. Darum ist es dann eben auch möglich, irimi nage entspannt auszuführen ohne etwas erzwingen oder durchziehen zu müssen, in Situationen in denen deine Übungsweise diese Technik eher ungeeignet erscheinen läßt.
Die Kriterien, die ich oben versucht habe für Aruna aufzulisten, die aus meiner Sicht irimi nage charakterisieren, lassen sich extrem gedacht sogar im Stand umsetzen.


... wenn ich eine Uke eine Bewegung "aufzwingen" müsste nur um genau die eine Technik, eben Irimi-Nage in dem Fall, machen zu können, das nicht viel von "Ai Ki" hätte, oder? Wie gesagt nach meinem Verständnis ist aiki etwas, das in tori geschieht und ihm u.a. ermöglicht, die Kontrolle über die Körperorganisation von uke zu übernehmen. D.h. man muß uke auch nicht eine Bewegung aufzwingen, um eine bestimmte Technik ausführen zu können.

Interessant ist aber ganz nebenbei, daß eine PO, die vom aikikai anerkannt wird, mindestens auf dem Papier enzyklopädisch gestaltet sein wird. D.h. auch irimi nage z.B. aus ushiro Angriffen wird da draufstehen. Ob das dann tatsächlich gefragt wird, ist ja noch einmal eine andere Sache.

kadour
05-01-2016, 09:03
Der Angreifer läuft darum weiter, weil er seinen Körper in den Schlag setzt (was jetzt eben eine Variante ist


Nein, das ist keine Variante, es ist als Angriff einfach schlecht

Kurisutian
05-01-2016, 09:38
Ich bin nicht sicher, was "klassisches aikidô" ist, denn selbst im aikikai gibt es ja ganz unterschiedliche Richtungen.

In dem aikidô, das ich übe, ist aber ganz genau das, jemanden zu bewegen, der sich nicht bewegen möchte, einer der spannenden Aspekte. Inwieweit das in bestimmten realen Situationen vorkommen oder sinnvoll sein mag (mir hat diese Fähigkeit tatsächlich schon einige male sehr geholfen), ist erst einmal nicht entscheidend.
Entsprechend gibt es sehr viele statische Übungen. Und entsprechend lebt in dieser Art des Übens keine der Techniken - auch nicht irimi nage - davon, daß uke auf tori zukommt - ob langsam oder schnell. Und auch nicht davon, daß uke seinen Körper in den Angriff legt. Im Gegenteil: Wir üben intensiv, genau das nicht zu tun, sondern auch im Angriff verwurzelt und zentriert zu bleiben und so wenig wie irgend möglich von uns preiszugeben.

Das Ziel dieser Art zu üben, besteht zum einen darin, zu lernen einen Kontakt zu einem Partner so aufzubauen, daß man seine Körperstruktur beeinflussen und kontrollieren kontrollieren kann.
Und zum anderen geht es sehr allgemein gesagt, darum, Techniken so auszuführen, daß sie nicht von bestimmten Aktionen oder Vorgaben des Partners leben.

Darum ist es dann eben auch möglich, irimi nage entspannt auszuführen ohne etwas erzwingen oder durchziehen zu müssen, in Situationen in denen deine Übungsweise diese Technik eher ungeeignet erscheinen läßt.
Die Kriterien, die ich oben versucht habe für Aruna aufzulisten, die aus meiner Sicht irimi nage charakterisieren, lassen sich extrem gedacht sogar im Stand umsetzen.

Wie gesagt nach meinem Verständnis ist aiki etwas, das in tori geschieht und ihm u.a. ermöglicht, die Kontrolle über die Körperorganisation von uke zu übernehmen. D.h. man muß uke auch nicht eine Bewegung aufzwingen, um eine bestimmte Technik ausführen zu können.

Interessant ist aber ganz nebenbei, daß eine PO, die vom aikikai anerkannt wird, mindestens auf dem Papier enzyklopädisch gestaltet sein wird. D.h. auch irimi nage z.B. aus ushiro Angriffen wird da draufstehen. Ob das dann tatsächlich gefragt wird, ist ja noch einmal eine andere Sache.

OK, jetzt verstehe ich denke ich mal, was du meinst.

Der Reihe nach:
Uke muss nicht zwingend mit dem ganzen Körper rein gehen. Da stimmen wir überein. Das ist bei uns auch so, wenn z.B. nur ein Snap-Punch kommt. So wenig wie möglich preis wird jeder halbwegs seriöse Angreifer geben wollen. Ist wohl überall gleich. Nur ohne vorwärtsbewegung von irgendwas (und wenn es nur die Faust ist) kommt kein Angriff. Und das reicht ja ggf. auch für einen Irimi-Nage. So lange im Angriff die Intention ist zu treffen, dann ist alles gut. Gefakte Angriffe sind wieder was anderes, das ist ja wieder eine Frage wie man das mit Maai und dem Moment übt.

Ziel hierbei ist es quasi 3 Stufen zu durchlaufen: Vermeiden getroffen zu werden (wie auch immer), danach kontrollieren (sich selbst und den Angreifer) und am Ende wählen (zu tun, was in dem Moment angebracht ist). Insofern sind wir prinzipiell nicht wirklich auseinander, Unterschiede wird es primär darin geben, wie das Ganze realisiert wird. Also auf der Linie bleiben oder raus gehen und dergleichen. Das Prinzip ist dennoch immer noch das was Aikido ausmacht und kann sich daher ja auch nicht unterscheiden, außer einer von uns macht kein Aikido mehr. ;)

Irimi-Nage aus dem Stand, ohne dass der Angreifer die nötige Energie aufbringt ist halt nichts, was bei uns als im Kontext der Zielsetzung sinnig gilt. Möglicht ist ja alles so lange der Partner mitspielt. Nur ist es das auch, wenn er das nicht macht? Aber wenn ihr sagt, dass ihr damit Prinzipien verdeutlichen wollt, dann ist das ja OK, so lange keiner davon ausgeht, dass man so auch außerhalb des Dojos mit unkooperativen Angreifern was reißen kann. Das sind 2 verschiedene paar Schuhe. Da unterscheiden sich eben die stilspezifischen Zielsetzungen. Beim Irimi-Nage bin ich jetzt auch nicht angespannt, sondern stabil und in Balance. Angespannt verstehe ich hier bei dir als steif und hart, was dann nicht so ist.

Aiki ist wie ich es verstehe eine Harmonisierung der Energie von Uke und Nage. Also geschieht nicht nur bei einem sondern zwischen Beiden. Nage nimmt die Angriffsenergie und setzt nicht seinerseits Energie dagegen (was einem Aufzwingen gleich kommt) sondern lenkt diese "addierte" Gesamtenergie in eine Technik seiner Wahl.
Techniken wie Shomen Uchi Omote hingegen, wie sie heute ja oft unterrichtet werden, machen in dem Kontext keinen Sinn, da ich da mit meiner Energie gegen die Energie von Uke gehe, sonst könnte ich den Shomen Schlag nicht direkt in die Gegenrichtung lenken. Da sehe ich z.B. kein Aiki drin. Daher wird sowas bei uns nicht trainiert, weil es wenig Sinn macht, weder im Aiki Kontext noch im Kontext sich als körperlich schwächerer gegen einen stärkeren Angreifer zu verteidigen.

Was die Prüfungen angeht, da sind die bei uns recht unterschiedlich zu denen die ich aus dem klassischen Aikido Kontext kenne. Da wird nicht starr vorgegeben Angriff X mit Abwehr Y, sondern der Angriff vorgegeben und Nage zeigt dann je nach Graduierung eine bestimmte Anzahl unterschiedlicher Techniken. Welche, das ist seine Sache, das wird nicht vorgeschrieben. Ich glaube der Aikikai schert sich recht wenig um die Details der PO der einzelnen Verbände, wenn du mich fragst. ;)

Kurisutian
05-01-2016, 09:50
Nein, das ist keine Variante, es ist als Angriff einfach schlecht

Das sagst du, weil du auf keinem MAK Seminar warst und daher mit dem Kontext auch nix anfangen kannst. Wenn du mal da gewesen wärst, würde es mehr Sinn ergeben und du hättest sicher zig andere Angriffe ebenfalls gesehen und trainiert. Kannst ja gerne mal kommen und angreifen wie du denkst, dass es besser wäre in dem Kontext. Bin mal gespannt, ob du einen Angriff zeigst der neu ist und noch nicht da war.
Ich glaube du machst etwas viel aus einem Video bei dem es nicht um den Angriff ging, sondern darum zu zeigen, dass die Irimi-Nage Variante von Seagal nicht darauf beruht, dass Seagal größer und massiger als seine Ukes war/ist.

Darüber hinaus, wenn ich einen Profi-Boxer betrachte und sehe, dass wo anders einer rein rennt, dann kann ich immer sagen, dass das schlecht ist im Vergleich.
Ein Ringer, der dich von den Beinen holen will, der sieht das wieder anders, wenn er seinen Körper rein setzt um an dich ran zu kommen.
Kommt es draußen vor, dass wer auf dich zukommt und dich schubsen, schlagen oder was auch immer will und dabei den Körper reinlegt? Aber hallo, das kommt sicher vor.

Fazit: Sowohl das eine, als auch das andere sollte trainiert werden und die Prinzipien und Techniken auch bei beiden Fällen passen. Ist das bei dir auch so, dass es sicher funktioniert auch ohne kooperierenden Uke? Würde ich gerne mal sehen, ich bin da immer offen für Neues, zumal ich lange suchen musste um wen zu finden, bei dem das so ist.

kadour
05-01-2016, 10:24
Das sagst du, weil du auf keinem MAK Seminar warst und daher mit dem Kontext auch nix anfangen kannst.

Ja, das sehe ich ein.:rolleyes:

carstenm
06-01-2016, 12:37
Ziel hierbei ist es quasi 3 Stufen zu durchlaufen: Vermeiden getroffen zu werden (wie auch immer), danach kontrollieren (sich selbst und den Angreifer) und am Ende wählen (zu tun, was in dem Moment angebracht ist).Bei uns ist es eher so, daß die Begegnung (deai) "gesucht" wird, um dadurch eine Verbindung (atari) zum Angreifer herzustellen, die dann benutzt werden kann (mittels sabaki), um kuzushi herzustellen. Daher versuchen wir möglichst wenig zu meiden und bleiben eher auf der Linie des Angriffs ...
... ich kann es nicht so elegant beschreiben. :-) Scheint aber wohl ein anderes Konzept zu sein.


Möglich ist ja alles so lange der Partner mitspielt. Nur ist es das auch, wenn er das nicht macht? Das ist jedenfalls das Ziel des Übens.


Aiki ist wie ich es verstehe eine Harmonisierung der Energie von Uke und Nage. Also geschieht nicht nur bei einem sondern zwischen Beiden. Nage nimmt die Angriffsenergie ...Ja, das habe ich auch so verstanden.


Techniken wie Shomen Uchi Omote hingegen, wie sie heute ja oft unterrichtet werden, machen in dem Kontext keinen Sinn, da ich da mit meiner Energie gegen die Energie von Uke gehe, ...Ich kann gut nachvollziehen, daß dieser Eindruck entsteht. Ist aber tatsächlich kein "Gegen". Selbst dann nicht, wenn der Schlag tatsächlich richtig angehalten wird. Die Aufnahme geschieht dann "in tori".
Aber wie gesagt: Ist tatsächlich wohl einfach ein anderes Konzept, ein anderes Bild von aikidô.

Danke für deine Ausführliche Antwort!

OT ----
Wir haben übrigens vor vielen Jahren mal eine zeitlang eure Form des Randori geübt. Hatte jemand wohl von einem eurer Lehrgänge mitgebracht, weiß ich nicht, wie es genau kam. War ganz lustig. :-)