PDA

Vollständige Version anzeigen : Shûmei Hiro-Veranstaltung der Hokushin Ittô-ryû Hyôhô



ryoma
03-04-2016, 16:42
Am 26. März 2016 fand in Tokyo die Ernennungsveranstaltung für den neuen, 7. Sôke statt.
Der Text stammt von unserem offiziellen Facebook-Account (Hokushin Ittô-ryû International).

The Hokushin Ittō-Ryū Hyōhō was passed on from the 6th to the 7th generation Sōke at the Nakano Sunplaza-Hotel in Tōkyō on the 26th of March 2016. Ōtsuka Yōichirō Taira no Masanori, the 6th Sōke of the school passed it on to his successor and Menkyo-Kaiden, Ōtsuka Ryūnosuke Taira no Masatomo, who in turn became the 7th Sōke of the Hokushin Ittō-Ryū Hyōhō on that day. He also became the first non-Japanese Sōke of a traditional Japanese Koryū-Bujutsu school in history, who was formally appointed to this position in order to pass on the school to the next generation.
During the ceremony there were 63 chosen guests present to celebrate the appointment of the 7th Sōke Ōtsuka Ryūnosuke. To just name a few of them: the 5th Sōke of the Hokushin Ittō-Ryū Hyōhō and current head of the main branch of the Chiba-family, Chiba Hiroshi Taira no Masatane; the 17th head of the Nihon Kyōkai, Kendō 8th Dan Kyoshi and over 30 year Ono-ha Ittō-Ryū practicioner, Hirata Fuhō; Kendō 7th Dan Kyoshi, Shiina Shirō; Head of the Tennen Rishin-Ryū Bujutsu Hozonkai and Tennen Rishin-Ryū Menkyo-Kaiden Kato Kyōji; Bushuden Kiraku-Ryū Menkyo-Kaiden, Sai Tatsushi; Tennen Rishin-Ryū Chugokui-Mokuroku and Shihan-dai, Furzi Sandro; Mugai-Ryū Shihan Kobayashi Yoshiyasu; the 10th head of the Sakamoto-family (family of Sakamoto Ryōma), Sakamoto Masahirō and many more.
We are very grateful to all guests who celebrated this historical event of our school with us and to all who helped to organize and sponsor it.
Special thanks go also to the people who performed a demonstration at the ceremony. Those were Hanayagi Kashichirō-Sensei and his performance of Hanayagi-Ryū (traditional Japanese Kabuki dance), Ishii Suguru and his masterly Taiko-performance of the Hachijō-Daiko, Kato Kyōji-Sensei and Furzi Sandro-Sensei and their powerful Tennen Rishin-Ryū demonstration and finally to Lyutov Dmitry-Shidōin and Klaaßen Jan-Shidōin for their Hokushin Ittō-Ryū Ai-Kodachi Enbu.
Of course there are many more people to thank on this point, who helped to make this event so special, but that would be too much for a mere Facebook post.

bugei
03-04-2016, 22:24
Dankeschön für den Bericht, ryoma.
Und an dieser Stelle - auch wenn er es mutmaßliche nicht lesen wird - herzliche Glückwünsche an den neuen Sôke.

Allerdings tribt mich auch ein bißchen die Neugier um: Was macht der emeritierte Sôke in Zukunft? Unterichtet er weiter? Oder zieht er sich, wie weiland Benedikt XVI aufs Altenteil zurück; Entschuldigung für den Vergleich?
Soweit ich das beurteilen kann, ist es ja nicht unbedingt alltäglich, daß ein Schuloberhaupt seinen Nachfolger einsetzt, während er selber durchaus noch in der Lage wäre, die Schule weiterzuführen ( Das unterstelle ich jetzt einfach mal anhand der Fotos und Deiner früheren Posts, ryoma)

ryoma
04-04-2016, 07:38
Hallo bugei

Der frühere Sôke unterrichtet ganz normal weiter in Tokyo. Er wird auch weiterhin an unsere Seminare in München kommen und hält Enbu in Japan ab.

Es gibt ja keine allgemein gültige Regelung wie eine Ryûha weitergeführt wird, bzw. wie und wann ein Sôke seinen Nachfolger einsetzt.

Es gab in der Vergangenheit ja schon genug Probleme mit Nachfolgeregelungen die z.T. praktisch auf dem Totenbett getätigt wurden und die dann von gewissen Leuten deswegen nicht anerkannt oder sogar abgelehnt wurden etc. Mit all den negativen Begleiterscheinungen.

Hier haben wir ein Beispiel, wo eine Schule ganz bewusst und für alle ersichtlich an den nächsten Sôke geht.

Kurzer
04-04-2016, 17:04
Outsider:

Holla! Der westliche Nachfolger scheint ja noch sehr jung zu sein!

Kaum vorstellbar, daß es da keinen Neid oder Mißgunst geben wird.

Ein wahrlich schweres Erbe. Respekt!

karate_Fan
06-04-2016, 17:23
Dankeschön für den Bericht Ryoma. Wünsche eurer Schule und dem neuen Sôke alles Gute.

ryoma
06-04-2016, 17:50
Wie unser 6. Sôke Ôtsuka Yôichirô immer so schön zu sagen pflegt: "Es gab ordentlich Gegenwind." Die Schule einem jungen Nicht-Japaner zu übertragen war definitiv keine Entscheidung welche leichtfertig getroffen wurde. Die Entscheidung, Ôtsuka Ryûnosuke-sensei zum 7. Sôke zu machen wurde innerhalb der Schule schon 2014 bekannt gegeben. Es war den meisten Schülern also nichts Neues und gab deshalb auch keinerlei Komplikationen. Alle Schüler in und außerhalb Japans nahmen diesen Wechsel sehr positiv auf.

Probleme gab es allerdings Anfang 2013, als Ôtsuka Ryûnosuke-sensei sein Chû-Mokuroku (Menkyo) erhielt. Einige der höheren Schüler der Schule in Japan hatten ein Problem damit, dass auf einmal ein ausländischer Kohai ihr Lehrer wurde, auch wenn dieser fließend japanisch spricht, die Lehren und Techniken der Schule perfekt beherrscht sowie hervorragend vermitteln kann. Kurze Rede langer Sinn, es gab einige Duelle und die Sache war geklärt. Es ist in diesem Fall von Vorteil, dass es sich bei der Hokushin Ittô-ryû um eine Gekiken-ryûha handelt. Da sind solche Probleme schnell geregelt. Wenn jemandem ein Nicht-Japaner als Sôke nicht passt, steht es demjenigen selbstverständlich frei die Schule zu verlassen.

Die Probleme kamen weniger von innerhalb der Schule, sondern eher von ausserhalb. Unser 6. Sôke wurde von diversen Schuloberhäuptern anderer Koryû angesprochen wie er denn einem Nicht-Japaner ein Menkyo-Kaiden geben könne. Das wirklich Traurige dabei ist, dass besagte Schuloberhäupter selbst Schüler in Europa und Amerika haben...werden diese Schüler also bei entsprechender Leistung nie ein Menkyo-Kaiden bekommen? Diese Frage von Ôtsuka Yôichirô-sôke wurde von diesen Sensei übrigens mit „JA“ beantwortet!

Als es dann darum ging Ôtsuka Ryûnosuke-sensei zum nächsten Sôke der Hokushin Ittô-ryû Hyôhô zu machen wurde es allerdings sehr still. Keine offene Kritik mehr. Es ist eine Sache über einen Shihan einer Ryûha zu reden aber eine ganz andere über den neuen Sôke. Viele ältere hochrangige japanische Koryû- und Kendo-Sensei haben sich sogar sehr positiv dazu geäussert und ihm ihre Glückwünsche in vielerlei Form zukommen lassen. Viele meinten auch, dass dieser Schritt den unser 6. Sôke wagte zu gehen, ein neues Zeitalter in der Koryû-Welt einleitet, wo es letztendlich wieder nur um das Wissen und Können geht welches vermittelt wird und nicht um Nationalität, Augenfarbe, Nasengrösse etc.

Betreffend der Übergabe der Schule an den 7. Sôke welche zu einem Zeitpunkt getroffen wurde an dem der 6. Sôke, Ôtsuka Yôichirô noch gesund und munter ist: In der Edo-Zeit war dies gang und gäbe. Es ging darum ein junges, starkes und dynamisches Oberhaupt der Schule zu haben welches die Schule über einen langen Zeitraum führen kann. Dies macht eine gute Weitergabe der Techniken und Lehren möglich. Natürlich kann es auch hier anders laufen als geplant. Aber das ist zumindest die Theorie.
Die Übergabe einer Schule auf dem Sterbebett oder in einem weit fortgeschrittenen Alter ist ein modernes Phänomen welches auftrat, als viele Oberhäupter entweder ihre Macht nicht abgeben wollten oder die Konsequenzen einer Übergabe nicht tragen wollten. Diese Konsequenzen können sehr vielseitig sein. Jedes Mal, wenn in der Führungsebene einer Schule gewechselt wird, ändert sich die Ryûha ein kleines bisschen. Der Charakter des neuen Sôke bestimmt nun mal den Ton der Schule. Das hat nichts mit den unveränderten Techniken zu tun, sondern viel mehr mit dem Feeling welches man in der Schule spürt. Natürlich kann sich sogar technisch etwas ändern. In der Vergangenheit haben immer wieder Oberhäupter einer Schule neue Techniken entwickelt oder gar ganze Kata-Sets hinzugefügt. Eines der besten Beispiele hier ist die Ittô-ryû von Itô Ittôsai Kagehisa. Diese hatte anfangs nur fünf Kata: die Kôjô Gokui Goten no Kata welche heute noch in allen Ittô-ryû Linien (welche diese nicht verloren haben) weitergegeben werden. Das ist sozusagen die „original“ Ittô-ryû. Schon in der zweiten Generation führte Mikogami Tenzen (Ono Jirôemon) die Kodachi-Kata ein und entwickelte ungefähr zehn weitere Kata welche als Vorstufe der Goten no Kata dienen sollten. Unter seinen Nachfolgern entwickelten sich diese weiter bis letztendlich in der Mitte der Edo-Zeit daraus ein Set mit fünfzig Kata, den sogenannten „Odachi Gojuppon no Kata“ entstanden ist. Diese bilden heute den Kern der Ono-ha und Nakanishi-ha Ittô-ryû. Das sich also technisch bei einem Generationswechsel in der gesamten Schule etwas ändern kann ist absolut normal und auch nichts Schlechtes. Allerdings kann dies einigen anderen Schülern und Lehrern der Schule sauer aufstossen. Dies findet man nicht nur in Schwertschulen, sondern auch in anderen japanischen Traditionen wie dem Sadô (Teezeremonie) etc.

Ein weiterer Punkt der für viele Schuloberhäupter der heutigen Zeit gegen eine frühzeitige Übergabe spricht sind die finanziellen Kosten. In Japan sind solche Übergaben normalerweise begleitet durch große Feiern (Shûmei Hirô) in passendem Ambiente (siehe Bilder). Da diese nicht gerade günstig sind und eine aufwendige Organisation erfordern, schieben viele Sôke diese auf, bis es letztendlich zu spät ist und eine Übergabe dann auf dem Sterbebett erfolgt.

Letztendlich gibt es noch den Fall bei dem der Sôke keinen würdigen Menkyo-Kaiden Nachfolger in seiner Schule hat und beschliesst diese lieber sterben zu lassen als sie in die Hände eines unwürdigen Nachfolgers zu geben. Selbst wenn mehrere würdige Nachfolger vorhanden sind kann es passieren, dass der Sôke plötzlich verstirbt ohne vorher einen Nachfolger zu ernennen.

Fazit: Lieber frühzeitig die Nachfolge der Schule regeln, wenn man schon einen würdigen, neuen Sôke zur Hand hat. Nur so lassen sich spätere Ungereimtheiten, Fragen, etc. vermeiden.

P.S.: Ich teile hier einige schulinternen Details. Selbstverständlich habe ich für die Veröffentlichung die Erlaubnis eingeholt.

Kurzer
06-04-2016, 18:01
Ganz herzlichen Dank für diese ausführlichen und wie immer sehr nachdenkenswerten Ausführungen!!!

Wünsche Euch als Outsider von Herzen nur das Beste!

Domo arigato!!

Huangshan
06-04-2016, 18:26
Alles Gute für die Zukunft !

Sowas ähnliches habe ich in China erlebt.(Vorbehalte gegenüber Laowei(Ausländern) von Einigen)


Hoffe er wird in den Koryu Kreisen in Nippon mit der Zeit akzeptiert.

Judoka70
07-04-2016, 08:43
Hallo Ryoma,

danke für den Einblick in Deine Koryu!

Gruß Jens