Vollständige Version anzeigen : Formen oder Proto-Formen?
Mit zentral meinte ich nicht "das zentrale absolut", sondern immer noch "ein zentrales". Das beruht auf Deiner Aussage wie wichtig ihm das Füllen der Formen war und dass er nicht dagegen war und der Tatsache, dass er neue Formen kreiert hat als Grundlage, Basis für sein Training. Also sind Formen hier schon ein recht zentraler Teil auf dem sich seine Trainingsdidaktik aufzubauen scheint.
Ich nehme das hier noch einmal auf, nicht weil ich jetzt über Zhaos Ideen von Formen reden will, sondern weil ich mich ein wenig über die Aussage wundere. (@ Mod Wir können diese Diskussion auch gerne auslagern Edit Jupp! Edit ).
Die Haltungen des Yiquan sind doch auch eigentlich nichts anderes als "Formen", zumindest wie ich es lerne. Jede Haltung hat kämpferische Anwendungen (die Ihre Wurzel im Bagua und XingYi haben). Zu Stehen ohne diese Anwendungen zu kennen ist ja auch genau das was WXZ (und auch Zhao) kritisiert haben. Das ist genauso wie im Kreis zu laufen ohne die Anwendungen der Handhaltungen zu kennen :rolleyes:
Sicher sind die Anwendungen nur ein Teil dessen was man im Stehen (oder Gehen) übt, gar keine Frage, aber sie sind eben ein extrem wichtiger Punkt in einer KAMPFkunst. Lässt man sie weg, dann ist es immer noch gut (hat WXZ ja auch teilweise gemacht) aber eben keine Kampfkunst mehr.
Evtl. siehst du Zhaos Kritik ja unter diesem Gesichtspunkt ;)
Versöhnliche Grüße
Kanken
T. Stoeppler
07-06-2016, 19:26
Ich halte das auch für eine gute Thread-Idee. :)
Ich habe hier ganz bewusst den Begriff "Proto-Form" gewählt (danke, Friedhelm) nicht zuletzt, weil es ja nun doch einen Unterschied zwischen einer grundlegenden und einer erweiterten, komplexeren formellen Übung gibt. In diesem Zusammenhang kann man sich überlegen, wie "formell" (im Gegensatz zu "Inviduell") - also wie sehr eine Form einem Musterbeispiel entsprechen muss.
Gruss, Thomas
WulongCha
07-06-2016, 20:51
@kanken: Wenn wir die Haltungen (zhanzhuang) als Anwendung, als eine "feste Form" interpretieren, limitieren wir uns dabei nicht um viele andere Dinge? Und ist diese "festgelegte Anwendung" nicht auch das Gegenteil von Wang's Lehre?
Denn dafür bräuchte es aus meiner Sicht kein Yiquan, dass beinhalten alle TCMA.
P.S. Auf deine nette PN antworte ich dir die Tage ausführlich:)!
Grüße,
WulongCha
Ich glaube wir laufen Gefahr hier ein Definitionsproblem zu bekommen. Ich hatte ja bewußt geschrieben das die Haltungen AUCH die Anwendungen beinhalten, sie sind natürlich noch sehr viel mehr.
Es ist ja auch nicht so das jede Haltung nur eine Anwendung hat ;) Den Anwendungen liegen bestimmte Dinge zu Grunde und genau die schult man in den Haltungen. Diese Sachen sind grundlegend in den CMA vorhanden. Yiquan ist eine Methode um das zu üben, hat sie aber absolut nicht exklusiv!
Grüße
Kanken
P.S.
Dann freue ich mich auf deine PN-Antwort.
WulongCha
07-06-2016, 22:13
Also ganz konkret: Zhanzhuang hat für mich keine Anwendungen, sondern ist eine Methode um Fähigkeiten zu entwickeln und zu verfeinern. Dabei geht es für mich, wie ich es gelernt habe, auf dem niedrigstem Level um Verbundenheit (Struktur) und Verwurzelung. Auf mittlerer Ebene um Ausrichtung, Orientierung (im Raum) und schon geringfügig um Vektoren und auf hoher Ebene um unmittelbare Reaktion(en) ohne Zeitverzögerung und die sich ständig verändernden Wechsel von Spannung und Entspannung und die sich daraus ergebenden Winkel/Eingänge (zum Partner/ Gegner).
Alle Ausführungen sind noch bewusst oberflächlich gehalten, aber es zeigt in etwa meine Vorstellung dazu. Anwendung mag es in deiner Linie geben und das ist supi, aber es ist nicht in allen Yiquan Linien so vertreten und ich bin überzeugt, dass Wang seine Interpretationen zu den "Haltungen" nicht aus Anwendungen bestanden.
Warum ich Wang so interpretiere? Ihm werden um die 10 Texte/Bücher zugeschrieben. Davon gehen, mit viel, viel Glück, 2-3 wirklich auf ihn zurück und nirgends wird beschrieben oder erwähnt, dass Jijizhuang oder Yangshengzhuang irgendwelche "Anwendungen" beeinhaltet. Alleine das Wort "Anwendung" ist in Beziehung zu Wang's Lehren schon, ja sagen wir freundlich ausgedrückt: Merkwürdig!!
Nun ja, so hat es mein Lehrer gelernt und er von seinem. ;)
Grüße
Kanken
Dann fang ich mal an :D
Sollte jemand keine Lust zum lesen meiner grossen Abhandlungen haben bitte einfach ignorieren. Leider werden einfache Sachen, wenn man versucht sie schriftlich zu erklären, zwangsläufig einfach immer ziemlich komplex.....
MagetaDerLöwe
07-06-2016, 23:05
Dann fang ich mal an :D
Sollte jemand keine Lust zum lesen meiner grossen Abhandlungen haben bitte einfach ignorieren. Leider werden einfache Sachen, wenn man versucht sie schriftlich zu erklären, zwangsläufig einfach immer ziemlich komplex.....
Wo ist die Abhandlung denn?:D
Da haben wir wohl fast gleichzeitig auf antworten gedrückt;)
WulongCha
07-06-2016, 23:18
@beniwitt: Danke für einen wirklich konstruktiven Beitrag (und die ganze Mühe)!!!
...
+1
Schöner Text, kann ich nur so unterschreiben. Die Anwendungen finden sich dann in den einfachen Bewegungen und werden durch die unterschiedlichen Ideen zum "laufen" gebracht. Ebenso wie die Bewegungen durch Ideen "erzeugt" werden.
Grüße
Kanken
MagetaDerLöwe
08-06-2016, 08:48
Also lernt man durch Yiquan wieder wie ein Urwald-Mensch zu kämpfen? :D :o:p Kleiner Spaß
Proto-Formen sind doch der Ausgangszustand der Übungen, wie sie vor der Erfindung von möglichst langen Sequenzen praktiziert wurden, was zumindest bei einigen laut deren eigenen Darstellung noch gar nicht so lange her ist. Die Senkong-Übung z.B. besteht aus 3-6 (oder so) Bewegungen die ein paar mal wiederholt werden und ein bischen variiert.
Auch nicht unbekannt sollte die Übungsform sein, wo man schlicht keine "festen" Haltungen in festen Sequenzen macht, sondern generelle Komponenten intuitiv aneinanderhängt und improvisiert, in sich versunken. Kennt man hauptsächlich aus dem Umfeld von Bagua bei den Typen mit Hut, gab es aber auch in Shaolin, und vermutlich bei vielen anderen.
Des weiteren ist es natürlich Käse, wenn man es als "Training" versteht wenn man sich diese Bewegungen merken kann. Verballhornungen, "Verstecken", Weglassen tun dann ihr weiteres Werk. Eigentlich sollte jeder in der Lage sein, so einfache Dinge wie eine 6-Bewegungs-Übung nach ein bischen Einführung und Korrektur richtig zu machen, und zwar nach Wochen und nicht "Jahren der mühevollen ...". Die Wirkung setzt aber langsam und über Jahre ein, manches später, manches gleich.
Das Ganze ist ein Prozess, der wie Beni mühevoll formuliert etwas wieder etabliert was irgendwann mal vorhanden gewesen ist, angereichert mit Einflussnahme von etwas grösserem das einen führt und sich in den Alltag einschalten kann. Ich habe das als Einfluss in lebensgefährlichen (und ansonsten tödlichen) Situationen schon erlebt, wenn etwas Handlungen ausgelöst hat und ich sass oder stand nur da und dachte wieso mache ich das. Wäre das nicht passiert, sässe ich nicht hier. "Instinkt". Dafür gibt es keinen Knopf und kein Mantra, das passiert unter gewissen Umständen, und erfordert dass man das akzeptiert, und im Zweifel lieber das macht was intuitiv kommt. Wer damit nicht leben kann dass er Instinkte hat die man wecken kann und die komisches Zeug tun, der soll halt tun was er meint, aber andere Leute in Ruhe lassen.
WulongCha
08-06-2016, 09:29
@Mageta: Deine "Urwald Theorie" ist gar nicht so abwegig. Das meine ich aber eher negativ, denn mMn fehlt den meisten Yiquan Praktizierenden, vor allem hier in D., einfach eine gute traditionelle Schulung, die durch viel zu frühe "Freihei und Ursprünglichkeit" ersetzt wurde. Ich sehe das Yiquan eher als ein wertvolles fine tuning vieler alter Stile und Methoden (wer es denn braucht), aber nicht als eigenständigigen Stil.
MagetaDerLöwe
08-06-2016, 09:42
Ich weiß, dass meine Theorie eigentlich nah dran am gemeinten ist. Ich habe aber manchmal so meine Problemchen mit dem Wort "Natürlichkeit" (naturalistischer Fehlschluss). Nach der Logik wäre ein Kind, dass unter den Umständen von vor 100.000 Jahren aufwächst ohne irgendwelches Training das Idealziel des Yiquan oder solcher KK allgemein. Und, auch wenn so eine Person sicherlich sehr wehrhaft ist, sehe ich das persönlich nicht so (als nicht Yiquan-Praktizierender).
Ich denke, da spielt auch einfach der seit Jahren immer stärker werdende Trend des Verachtens des modernen Lebens eine gewisse Rolle (nicht bei Wang unbedingt aber bei den heutigen Praktizierenden). Das ist kein Diss gegen Yiquan, ich empfinde manche Aussagen über diese KK nur als etwas romantisch. "Zurück zur Natur" "damals konnte das jeder einfach so" - das erinnert an den edlen Wilden.
MagetaDerLöwe
08-06-2016, 12:06
Der edle Wilde und die Vorstellung vom Leben eines Urwaldmenschen sind Begriffe und Vorstellung die sich in der Kolonialzeit auf Seiten der Besatzer geprägt haben und keineswegs den Menschen damals gerecht wurden, noch sind solche romantischen Vorstellung in irgendeiner Weise realistisch.
Ich denke wir sollten hier nicht weiter mit alten Klischees spielen die völlig überkommen sind. Den alle diese "Wilden" haben Kultur gehabt und waren nicht wild in dem Sinne von unzivilisiert.
Im Yiquan geht es darum seine seine Natürlichen Fähigkeiten mit Methode zu kultivieren und daher nichts mit romantischen Vorstellungen von irgendeiner Vergangen Zeit zu tun.
Natürlichkeit bedeutet hier seine sensomotorischen Fähigkeiten wieder so auszubilden, dass eine Bewegung und Reaktionen auf Bewegungen wieder flüssig, schnell, kraftvoll und mit Sinn ausgeführt werden. Die geistig-körperliche Bewegungsmotorik soll optimiert werden. Dafür braucht Bewusstsein/Wahrnehmung um an den Ursprung von Bewegung zurückzugehen und zu spüren wie Bewegung natürlich und Kraftvoll ist, anstatt einfach nur Bewegungen zu repetieren und im besten fall noch zu wissen wie sie angewendet werden.
Hey,
dass der edle Wilde ein dämliches Klischee ist, wollte ich damit aussagen - dieses wird meiner Meinung nach durch diese Rhetorik bedient. "Kultur" und "Zivilisation" sind ja auch schon Dinge, die den edlen Wilden unrein machen, "die sensomotorischen Fähigkeiten degenerieren lassen" oder so ähnlich. Bitte nicht als Angriff verstehen, ich denke ich weiß, was wirklich mit sowas gemeint ist aber es klingt eben auch immer ein bisschen nach dem Bio-Bauernhof-Traum des modernen Menschen oder (ich weiß, böse) Impfgegner. Wie gesagt, eine Art naturalistischer Fehlschluss. Vielleicht stimmt's ja auch aber wir werden es eh nie erfahren und mir fehlen die Indizien dafür, dass steinzeitliche Menschen diesem Ideal entsprachen, dass man erst heute mühselig trainieren muss, weil es durch das unnatürliche Leben "verloren gegangen" ist. Du verstehst?
Das ist aber entwicklungsbiologisch vermutlich nicht falsch. Wir durchlaufen alle möglichen Stadien von der Kaulquappe an, und Elemente unserer tierischen Vorfahren sind immer noch in uns. Wer einmal einen echten Fajin erlebt hat, und zwar durch sich selbst, der weiss dass das nicht einfach "trainierte Kraft" ist, sondern ein spezieller Modus der zugeschaltet wird. Die Muskulatur macht einfach mehr als sonst, wieso auch immer. Man kann sich auch anders daran erinnern, weil nicht wenige Menschen unter grosser Gefahr das auch so entwickeln, oder Menschen die im Beruf grösseren Erschütterungen ausgesetzt sind, aber man kann das mit Übungen einfacher gestalten und stimulieren. Auch die von der Entscheidungsfindung etwas anders gestrickten emotional-kinästhetischen Fähigkeiten die für den Affen wichtiger waren als für den Bibliothekar kann man so wieder wecken. Das hat AUCH was mit "zurück zur Natur" zu tun, nämlich die Natur die ein Kind befähigt Laufen zu lernen ohne dass einer mit dem Bauplan daneben steht. Es geht aber um ein Gesamtkunstwerk, die Summe aller Ressourcen die mal wegdomestiziert oder aus anderen Gründen runtergeregelt worden sind. Das ist nicht nur ein Mechanismus, sondern viele.
MagetaDerLöwe
08-06-2016, 12:55
Das ist aber entwicklungsbiologisch vermutlich nicht falsch. Wir durchlaufen alle möglichen Stadien von der Kaulquappe an, und Elemente unserer tierischen Vorfahren sind immer noch in uns.
Ein Kind lernt sicher laufen, ohne dass einer mit dem Bauplan daneben steht. Ob man aber "einfach so" ein Weltklasse-Läufer wird, ist eine andere Frage (und im Yiquan und anderen KK geht es ja darum, gut zu sein und nicht es gerade so hinzubekommen). Dass Dinge unterbewusst geschehen, ist auch etwas anderes, als zu behaupten, das war mal (als Mensch) der ganz normale Modus, in dem man seinen Alltag bestritten hat. Darum geht's mir.
Sehe ich genauso:)
Die Muskulatur macht einfach mehr als sonst, wieso auch immer.
Genau das kann bewusst trainiert werden wenn man an den Ursprung von Bewegung zurückgeht und versucht wahrzunehmen wie Bewegung entsteht und wie sie immer "voller" und ganzheitlicher werden kann. Das ist ein Prozess der bewusst beginnt und mit der Zeit immer natürlicher wird.
Das hat AUCH was mit "zurück zur Natur" zu tun, nämlich die Natur die ein Kind befähigt Laufen zu lernen ohne dass einer mit dem Bauplan daneben steht.
Stimme ich dir voll zu, jedoch mit dem Zusatz, dass Erfahrung weitergegeben werden kann und das Rad nicht immer wieder neu erfunden werden muss. Das ist Entwicklung und Teil von Kultur. Es ist immer das Zusammenspiel natürlicher Gesetzmässigkeiten und des Menschen, der lernt damit umzugehen.
Manchmal ist es eben mehr Handwerk und ab einem gewissen Grad auch Kunst, manchmal kann es aber auch degenerieren. Da ist der Mensch immer ein zweischneidiges Schwert.
Es geht aber um ein Gesamtkunstwerk, die Summe aller Ressourcen die mal wegdomestiziert oder aus anderen Gründen runtergeregelt worden sind. Das ist nicht nur ein Mechanismus, sondern viele.
Gesamtkunstwerk finde ich hier ein sehr schönes Wort. Es ist eben nicht einfach nur ein zurück, sondern es ist ein weitergehen. Die Anlagen und Fähigkeiten des Menschen voll zu entwickeln und auszuschöpfen.
Du verstehst?
Ehrlich gesagt nicht.
Ich glaube aber, dass du schon ganz gut verstehst was ich meine :D (unterstelle ich dir jetzt einfach mal)
als zu behaupten, das war mal (als Mensch) der ganz normale Modus, in dem man seinen Alltag bestritten hat.
Das war mal der ganz normale Modus in dem der Affe vor dem Löwen weggerannt ist, der Löwe hinter der Gazelle her, und der Mensch dem Bären eine mitgegeben hat (oder umgekehrt). Alles andere ist mir zu verkopft. Sonst könnten das keine Schmiede entwickeln nur weil sie den ganzen Tag an einem Hammer sitzen, oder Menschen die vom Auto angefahren über die Motorhaube fliegen. Oder Leute die vor einer Handgranate über eine 2,40 hohe Mauer springen. Da kann man sich jetzt nicht so richtig überlegen fühlen, tut aber auch nicht sonderlich weh. Die Details bis zu einem sinnvollen Maximum zu entwickeln ist auch eine Leistung. Man sehe sich mal die Eleganz an, mit der Menschen die Spass daran haben und die über lange Zeit etwas experimentell und spielerisch tun (mit Bällen jonglieren usw.) solche komplexen Bewegungen hinbekommen. Ohne "Optimierung" am Aeon-Flux-Gerät per Super-Slomo.
MagetaDerLöwe
08-06-2016, 14:02
Ehrlich gesagt nicht.
Ich glaube aber, dass du schon ganz gut verstehst was ich meine :D (unterstelle ich dir jetzt einfach mal)
Vielen Dank für die Unterstellung :D
"Natürlichkeit" impliziert, dass es früher normal und gängig war. Ich glaube nicht, dass frühe Menschen alle kämpften konnten wie WXZ, weil die frei von Informationsflut und Bürostühlen waren. Das ist überspitzt formuliert aber im Kern ist es, was ich meine. Vielleicht zapft man Regionen im Gehirn an, die früher (vor allem als Affe oder so) wichtiger waren aber das ist etwas anderes als zu sagen, dass man durch das moderne Leben diese Dinge "verlernt" und eigentlich kann, würde man nur "natürlich" leben und aufwachsen. Ich unterstelle Dir nicht, dass Du das meinst aber viele Leute und besonders IMAler kommen immer mit diesem naturalistischen Fehlschluss (wobei das kein richtiger ist aber es erinnert daran) bzw. dem Argument der "Natürlichkeit".
"Wenn wir doch nur frei wären von der Bürde des modernen Lebens, dann wären wir alle super kreativ, glücklich, gesund und außerdem noch Weltklasse- Kämpfer." So klingt das immer ein bisschen. Wiegesagt - bitte nicht so verstehen, als wäre das Kritik am Yiquan :)
MagetaDerLöwe
08-06-2016, 14:16
Hallo Nagare
Ich möchte hier jetzt nicht als Yiquan Missionar auftreten;) Ich kann deine und auch Wulongs Überlegungen sehr gut verstehen. An dem Punkt muss einfach jeder seinen Weg gehen und das tun was für ihn am sinnvollsten ist.
Ich habe 15 Jahre in China vieles hoch und runter trainiert, bin auch schon sehr früh mit Yiquan in Berührung gekommen. Heute ist es für mich keine theoretische Überlegung mehr, dass Formenlaufen und Techniktraining für mich nicht mit einem effektiven Training vereinbar sind. Nicht weil es im Gegensatz zum Yiquan steht, sondern weil es automatisch darin enthalten ist und es eigentlich so viel an Inhalten zu trainieren gibt, dass mann gar nicht mehr die Zeit findet noch mal extra Techniken oder Formen zu trainieren.
Wie gesagt, ich wollte hier einfach nur einen kleinen Beitrag aus meiner Erfahrung leisten und habe keine missionarischen Ambitionen.
Zu Wu Yihui (analog könnte man hier auch Guo Yunshen oder sonst jemanden von der alten Garde nehmen).
Ich möchte hier nun keine objektive Aussage machen, sondern lediglich eine andere Überlegung mit reinbringen. Wie es für einen persönlich ist muss dann jeder für sich selbst entscheiden.
Der Punkt ist, woher weisst du, dass Wu Yihui, wenn er für sich trainiert, diese Formen trainiert?
Dass sein Gongfu aus dieser Art Training resultiert?
Vielleicht waren Formen vielmehr nur Aushängeschilder, aber nicht das was in der Küche hinten gekocht wurde?
Wie gesagt, einfach nur Fragen, die jeder für sich selbst beantworten muss. Der richtige Weg ist immer nur der den man selbst für richtig hält.
Es gibt Indizien dafür, dass die Form nicht so wichtig war - man muss auch gucken, dass jemand sein Leben lang nicht unbedingt immer das Gleiche trainiert haben muss. Diese Form ist aber so ein Monster (ne, Nagare?:D) an Komplexität, Feinheit, Inhalten, dass es für mich nicht vorstellbar ist, diese als einfaches "Marketing-Aushängeschild" oder ähnliches zu betrachten. Die entwickelt man nicht, um sie dann eigentlich nicht zu trainieren. (Ich weiß, dass Du das nicht negativ meintest, so habe ich es auch nicht aufgefasst.)
WulongCha
08-06-2016, 14:22
@Nagare, beniwitt & Mageta: Danke für eure Beiträge! Das ist hier seit langem mal wieder wirklich etwas lesenswertes und ich hoffe sehr, nur weil unterschiedliche Meinungen aufeinandertreffen, dass es nicht zur Resignation führt!
"Natürlichkeit" impliziert, dass es früher normal und gängig war. Ich glaube nicht, dass frühe Menschen....
.... "natürlich" leben und aufwachsen.
Du redest von einer historischen und durch äussere Bedingungen beeinflusste Natürlichkeit. Ich versuche aber eigentlich von einer Natürlichkeit im Sinne der Naturgesetzte zu reden, denen jeder Mensch zu jeder Zeit unterworfen ist und wenn er lernt sich darin einzufügen kann er sein volles Potential ausschöpfen.
MagetaDerLöwe
08-06-2016, 14:27
Du redest von einer historischen und durch äussere Bedingungen beeinflusste Natürlichkeit. Ich versuche aber eigentlich von einer Natürlichkeit im Sinne der Naturgesetzte zu reden, denen jeder Mensch zu jeder Zeit unterworfen ist und wenn er lernt sich darin einzufügen kann er sein volles Potential ausschöpfen.
So - denke ich =D - verstehe ich dich auch.
Die gängige Variante / Argumentation ist die von mir beschriebene und die ist in meinen Augen falsch. Deiner Argumentation kann ich hingegen zustimmen. Ich finde das Wort Natürlichkeit aufgrund der oft dämlichen Verwendung manchmal etwas ungeeignet, stoße mich daran oder vermute sofort eine "falsche" Argumentation. Ist bei Dir aber nicht der Fall, ich wollte das allgemein mal loswerden, da ich glaube, dass viele über IMA so denken.
Megata
"Natürlichkeit" kann sehr schnell falsch verstanden werden, das ist richtig.
Dennoch: die Idee das 'Animalische' (Natur) mit unserem 'Menschsein' (Kultur) zu verbinden ist das, was ich persönlich mit "Natürlichkeit" verbinde. Wäre wiederum auch eine sehr taoistische Sichtweise...
Ich denke eigentlich von nichts anderem zu reden, oder habe ich da einen falschen Eindruck erweckt?
Darum ja auch Gesamtkunstwerk. Es geht nicht nur darum, einen alten Mechanismus in Gestalt von Fajin wiederzubeleben, der macht dann nur Bumm und schützt einen mechanisch. Sondern auch darum, einen ebenfalls alten Mechanismus der sich "spielerisches Lernen" nennt, und eine Urkomponente nicht nur des Menschseins darstellt, machen zu lassen, damit der mit dem Bumm-Mechanismus spielt und Tricks erlernt. Der gleiche Trick wie Einradfahren oder Jonglieren, nur eben mit einer Komponente Kabumm, und noch ein paar weiteren.
* Silverback
08-06-2016, 14:34
...
...
Was in Ergänzung heißen würde, dass mehr die "jüngeren Hirnareale" (namentlich das Großhirn) involviert wären - versus den "älteren Hirnarealen" (spez. das Limbische System, das eben schon bei anderen Säugern/ Tieren vorhanden war), die das Ganze mehr auf der Emotions- und Instinktebene belassen würden (vom Stammhirn als dem ältesten Hirnareal mal ganz zu schweigen, das ja mehr für die Urtriebe zuständig war))
Dennoch: die Idee das 'Animalische' (Natur) mit unserem 'Menschsein' (Kultur) zu verbinden ist das, was ich persönlich mit "Natürlichkeit" verbinde. Wäre wiederum auch eine sehr taoistische Sichtweise...
Wäre IMHO aus Sicht der Neurowissenschaften mal ein mehr als spannender Ansatz z.B. für eine MS- oder PhD-Thesis (nämlich eben moderne neurowiss Erkenntnisse mit tradierten Ansätzen/Vorstellungen abzugleichen).
Ich denke es ist eher ein kulturelles Problem, so wie "Natürlichkeit" aus chinesischer Sicht (mit dem Hintergrund der philosophischen Ströumungen) und wie "Natürlichkeit" aus deutscher Sicht (eben auch mit dem Hintergrund einer christlich geprägten Gesellschaft*) verstanden wird. Ist nur eine Vermutung von mir.
*in der "Natürlichkeit" mit all seinem Umfang, sprich das Animalische, die Triebe und Verlangen, Wildheit etc oft negativ konnotiert sind.
Bei Natürlichkeit im chinesischen Kontext denke ich an Ziran und das hat nach meinem bisherigen Verständnis eher weniger mit dem animalischen Ausleben von Trieben zu tun.
MagetaDerLöwe
08-06-2016, 14:52
Nein nein, hast Du nicht, keine Sorge :)
Ich denke es ist eher ein kulturelles Problem, so wie "Natürlichkeit" aus chinesischer Sicht (mit dem Hintergrund der philosophischen Ströumungen) und wie "Natürlichkeit" aus deutscher Sicht (eben auch mit dem Hintergrund einer christlich geprägten Gesellschaft*) verstanden wird. Ist nur eine Vermutung von mir.
*in der "Natürlichkeit" mit all seinem Umfang, sprich das Animalische, die Triebe und Verlangen, Wildheit etc oft negativ konnotiert sind.
Ich denke eigentlich von nichts anderem zu reden, oder habe ich da einen falschen Eindruck erweckt?
Ja, wie gesagt, so verstehe ich dich auch und weiß (denke ich), was Du damit meinst.
Ich finde den Begriff halt etwas schwierig, da er von der Allgemeinheit völlig anders benutzt wird. Natürlich bezeichnet ja meist "aus der Natur heraus ohne menschlichen Einfluss heraus entstanden", bei Landschaften oder so. Das ist eine sehr schwierige Diskussion, da Menschen eigentlich Teil der Natur und aus dieser entsprungen sind und daher eigentlich auch ein Jumbojet natürlich ist. Aber so wird das natürlich ;) nicht definiert.
Eine andere Variante wäre, dass Natürlichkeit / Natur alles ohne Mensch ist, so wird es aber auch nicht genutzt. Es ist eher ein Zwischending für positiv konnotierte Dinge, die etwas "unberührtes" haben (daher auch das Klischee des edlen Wilden). Auch wenn das wie Haarspalterei klingt, würde ich diesen Begriff bei Kampfkünsten weglassen. Zu lernen, die Naturgesetze optimal für sein Ziel zu nutzen, ist in meinen Augen etwas anderes als Natürlichkeit. Eine Antilope bewegt sich vielleicht grazil, toll, effizient und effektiv und alles ohne Nachdenken. Ich wette aber mit Dir, irgendwann kann man einen Antilopenroboter bauen (oder eine organische Kopie), der das alles besser kann. Und der bewegt sich dann "natürlich"?
Es gibt eine große Bandbreite des Begriffes und daher sollte man für optimales Verständnis bei der Verwendung immer dazu sagen, welche Art von Natürlichkeit man jetzt meint. Sonst denken die Leute wirklich, Yiquan ist die KK-Variante von im Wald leben und Beeren essen :D
MagetaDerLöwe
08-06-2016, 15:16
Ich muss aber schon sagen, dass ich mir schwer vorstellen kann, wie man lernt, einem einfach mal ne hochwertige Faust reinzudrücken, wenn man das keine zwei mal im Leben gemacht hat. Da ist meine Vorstellungskraft aber vielleicht einfach zu begrenzt - was ich ernsthaft hoffe, denn ich finde Yiquan unglaublich interessant. Ich denke schon, dass jemand der das geübt hat, es besser kann. Das heißt ja nicht, dass man seine Techniken wie einen Drill oder ein Programm abspult, nur weil man diese Bewegung mal geübt hat. Oder?
Stichwort: Basalganglien (https://www.dasgehirn.info/entdecken/anatomie/die-basalganglien). ;)
Aber diesbezüglich wäre kanken der Fachmann. Er hat aber auch schon so einiges dazu im KKB angedeutet.
Wir sind da hier in MS schon dran. Evtl. fließt ein wenig davon bald in eine Masterthesis mit ein und ich arbeite da auch an einigen sehr interessanten therapeutischen Punkten. Bisherige Proben sind da recht vielversprechend ;)
Momentan stehen jedoch andere Dinge für mich an erster Stelle, wissenschaftliche Arbeiten werden da erst später kommen.
Evtl. werde ich meine bisherigen Ideen und Ergebnisse mal bei uns intern vorstellen, einfach um schon mal ein wenig Struktur zu schaffen.
Gerade der Bereich Neurowissenschaften und Bewegung ist mehr als spannend, zumal wenn man Psychiatrie mit reinnimmt.
Grüße
Kanken
* Silverback
08-06-2016, 15:25
...
Evtl. werde ich meine bisherigen Ideen und Ergebnisse mal bei uns intern vorstellen, einfach um schon mal ein wenig Struktur zu schaffen....
Fände ich persönlich sehr spannend!
Fände ich persönlich sehr spannend!
Hier in MS trainieren wir mit Physios/Sportphysios, Ostheopathen, Physikern, Mathematikern, Nanobiologen, Internisten und Psychologen da findet schon ein recht intensiver Austausch statt, gerade zu dem was bei den Trainingsmethoden in Körper und Geist passiert, zumal wir die Ergebnisse ja auch am eigenen Leib spüren :D
Ergebnisse/Ideen würde ich jedoch dort diskutieren, bzw. Zusammenfassen, zumal das auch tief in die Inhalte der KK geht, das wäre leider eher nix für Außenstehende. Das kompatibel für Leute außerhalb unserer Trainingsgruppe zu machen wäre dann der nächste Schritt, wobei ich dabei bin mir da auch Konzepte zu überlegen ;)
Grüße
Kanken
MagetaDerLöwe
08-06-2016, 15:43
Hier in MS trainieren wir mit Physios/Sportphysios, Ostheopathen, Physikern, Mathematikern, Nanobiologen, Internisten und Psychologen da findet schon ein recht intensiver Austausch statt, gerade zu dem was bei den Trainingsmethoden in Körper und Geist passiert, zumal wir die Ergebnisse ja auch am eigenen Leib spüren :D
(...)
Grüße
Kanken
Da fehlt definitiv ein Politikwissenschaftler...chrm..chrm...:D
* Silverback
08-06-2016, 16:00
Hier in MS trainieren wir mit Physios/Sportphysios, Ostheopathen, Physikern, Mathematikern, Nanobiologen, Internisten und Psychologen da findet schon ein recht intensiver Austausch statt, gerade zu dem was bei den Trainingsmethoden in Körper und Geist passiert, zumal wir die Ergebnisse ja auch am eigenen Leib spüren :D
Ergebnisse/Ideen würde ich jedoch dort diskutieren, bzw. Zusammenfassen, zumal das auch tief in die Inhalte der KK geht, das wäre leider eher nix für Außenstehende. Das kompatibel für Leute außerhalb unserer Trainingsgruppe zu machen wäre dann der nächste Schritt, wobei ich dabei bin mir da auch Konzepte zu überlegen
Bin als "MS-Außenstehender" und KK-Involvierter gerne bereit, bei Bedarf Impulse (oder Fragen) einzustreuen. Wobei ich mir schon grad die Frage stelle, ob die Nanobiologen et al. alle zu eurer / einer KK-Gruppe/Gemeinschaft gehören (aber vielleicht hab ich da aus dem Text auch einfach was interpoliert :confused: :D).
IMHO nachwievor: Toller Themenkomplex (i.S.v. Interdisziplinarität ist die neue lineage!) :halbyeaha
P.S.: Aus reiner Neugierde (und völliger MS-Unkenntnis): Welche Uni ist denn darin involviert?
Wobei ich mir schon grad die Frage stelle, ob die Nanobiologen et al. alle zu eurer / einer KK-Gruppe/Gemeinschaft gehören (aber vielleicht hab ich da aus dem Text auch einfach was interpoliert :confused: :D).
IMHO nachwievor: Toller Themenkomplex (i.S.v. Interdisziplinarität ist die neue lineage!) :halbyeaha
Die Leute trainieren alle Bagua bei uns im Dojo, nur der Psychologe noch nicht, der macht noch Karate, aber den krieg ich auch noch... :D
Ansonsten braucht man all dieses "Wissen" natürlich nicht um Bagua oder Yiquan zu machen, aber da wir das Know How einfach vor Ort haben sehen wir natürlich immer unser Training auch durch die Augen unserer täglichen Tätigkeit und tauschen uns darüber aus. Daher ergeben sich immer extrem viele "Aha-Momente".
Ich kenne kein genialeres System als die Arbeit mit Yi für das körperliche und geistige Training und für den Umgang mit Gewalt und Traumata, gerade auch was die Nutzung von ZZ und Kreislaufen (oder Shili) angeht. Ganz einfache Dinge aus dem Komplex nutze ich sogar momentan schon therapeutisch (und mit guten Erfolgen).
Mal sehen was sich da noch so alles ergibt ;)
Grüße
Kanken
Die Diskussion zur Natürlichkeit hier verwundert mich etwas.
(Habe den Thread nur kurz überflogen, evtl. auch was übersehen.)
Natürlichkeit bezieht sich auf die optimale Funktionsweise des menschlichen Körpers. Ein Kind ist noch frei von geistiger, emotionaler und körperlicher Spannung/Verspannung. Das wird doch gemeinhin als natürlich bezeichnet und dahin will man auch. Das hat dann nichts mit Urmenschen oder Kurltur zu tun, sondern einfach mit well-being.
Das Qi-System im Körper soll wieder in Harmonie kommen und somit versucht man doch die Jingluo wieder frei zu bekommen. Die Energie an den richtigen Punkten zu sammeln und geistige Blockaden zu lösen.
„Wer Taijiquan übt, wird stark wie ein Holzfäller, geschmeidig wie ein kleines Kind und gelassen wie ein Weiser.”
Wer die Zeit hat was für sich selbt zu tun, der übt TaiChi oder QiGong. Wer eben keine Zeit hat, der geht zur TCM.
Natürlich ist ein Kind nicht automatisch ein KK-Experte. Dazu braucht es eben noch Bewegungen und Anforderungen an Bewegungen. (Auch ein Kind muss erst lernen Fahrrad zu fahren)
MagetaDerLöwe
11-06-2016, 18:52
Man hört diese Kind Analogie so oft - ob das wirklich stimmt, hat aber eigentlich nie jemand überprüft, oder?
* Silverback
11-06-2016, 19:34
Man hört diese Kind Analogie so oft - ob das wirklich stimmt, hat aber eigentlich nie jemand überprüft, oder?
Naja, und es gibt schon so ein paar Weise, die alles andere als gelassen sind ...
MagetaDerLöwe
11-06-2016, 20:03
Naja, und es gibt schon so ein paar Weise, die alles andere als gelassen sind ...
Den Satz verstehe ich nicht?:D
WulongCha
11-06-2016, 20:43
Ziran (weitestgehend Natürlichkeit) ist kein genau definierter Prozess.
Er kann im Yiquan, zumindest in zwei mir bekannten Linien, sehr frei ohne Fremdeinflusse, sprich andere Stile wie Bagua stattfinden. Hier geht es um das erlernen von "Handwerk" , wie z.B. knallhartes, präzises Schlagen, nicht um "Anwendungen" oder dergleichen!
Ziranmen (Du Xinwu/Wan Leisheng Linie) interpretiert es komplett anders:
Erst erlernen von Liuhemen Taolu als Technik, danach Ausarbeitung von einzelnen Sequenzen mit anderen "Spielregeln und Input", danach Befreiung von all diesem und reine Arbeit an Qualitäten.
Es könnten jetzt noch eine Vielzahl von weiteren Methoden benannt werden, aber hier erkennt man schon: es gibt keine endgültige, wahre Methode, nur die Individuen, die nach Neigung wählen dürfen, welcher Weg wohl stimmiger und vor allem effizienter ist.
Oder mit den Worten von S. Augier: "Erst brauchst du die Fahigkeit jemanden auszuknocken (Handwerk/Qualität), danach kannst du Taiji lernen". Etwas worüber es sich mMn lohnt nachzudenken!
Man hört diese Kind Analogie so oft - ob das wirklich stimmt, hat aber eigentlich nie jemand überprüft, oder?
Wie kommst du darauf?
Geist_Faust
11-06-2016, 22:37
Man hört diese Kind Analogie so oft - ob das wirklich stimmt, hat aber eigentlich nie jemand überprüft, oder?
Also zumindest die Geschmeidigkeit iSv Beweglichkeit kann ja jeder selbst an kleinen Kindern beobachten. Und die dürfte zu einem guten Teil an einer geringeren Anspannung liegen.
Auch was das Lösen von (Bewegungs-)Aufgaben angeht, gehen kleine Kinder meistens sehr entspannt-spielerisch vor: Ausprobieren-scheitern-was anderes machen-wieder probieren-scheitern ... usw. bis es irgendwann klappt.
Soweit allerdings bisweilen behauptet wird, kleine Kinder hätten zunächst eine den Taiji/Qigong-Prinzipien entsprechende Körperhaltung, scheint mir das eher nicht zu stimmen. Die stehen doch des öfteren mit einem ziemlichen Hohlkreuz.
Gruß
Geist_Faust
MagetaDerLöwe
11-06-2016, 22:49
Wie kommst du darauf?
Ich weiß nicht, ob dass überprüft wurde aber für mich ist es halt so ein Spruch, der ständig gesagt wird und alle sagen dann immer "ja voll, stimmt!". Ich könnt mir schon vorstellen, dass es vielleicht romantisches Wunschdenken ist.
Ich weiß nicht, ob dass überprüft wurde aber für mich ist es halt so ein Spruch, der ständig gesagt wird und alle sagen dann immer "ja voll, stimmt!". Ich könnt mir schon vorstellen, dass es vielleicht romantisches Wunschdenken ist.
Trainiere einfach mehr.
MagetaDerLöwe
11-06-2016, 23:25
Trainiere einfach mehr.
Und dadurch erfahre ich, ob das mit den Kindern stimmt? Ich verstehe =D
Was genau erwartest Du von "wie ein Kind sein" ? 40 Kilo wiegen ?
Spontan und unbekümmert wie ein Kind sein - check
Intuitiv spielen, neue Dinge erfinden - check
Sich nicht fünf Stunden aufwärmen müssen sondern sofort loslegen können - check
Schwierig ist, das mit einer gewissen Härte umzusetzen, die man als Kind nicht besitzt, jedenfalls nicht besitzen dürfte. Aber es ist ja auch nur eine Analogie.
MagetaDerLöwe
12-06-2016, 00:27
Gewisse Attribute sind sicher erstrebenswert, aber alle (und damit meine ich nicht das Gewicht oder die Größe...so genau nehme ich es mit Analogien auch nicht:D )? Ich weiß nicht, da fehlt mir wie gesagt das Wissen bzw. der Zugang
* Silverback
12-06-2016, 06:47
Den Satz verstehe ich nicht?:D
Naja, der Satz ...
„Wer Taijiquan übt, wird stark wie ein Holzfäller, geschmeidig wie ein kleines Kind und gelassen wie ein Weiser.”
... bezieht sich IMHO auf den Kontext, aus dem er wohl herstammt ... sprich: "das alte" China. Und wenn das so ist, lässt er sich ganz sicher nicht 1:1 (wenn überhaupt) übertragen auf unsere westlichen (deutschen, aber auch andere) vorliegenden Gegebenheiten!
Heisst:
- Kinder: Da ist ja schon was zu gesagt worden (Klaus: 1+ :halbyeaha); ich persönlich würde es auf die körperliche UND geistige GESCHMEIDIGKEIT beziehen (wobei eben IMHO beide in der modern angepassten westlichen Welt schon gelitten haben).
- Holzfäller: Ganz sicher 1 uralt-Metapher. Wenn ich mir heutige Holzfäller so auf Arte anschaue, dann sind das (recht gut gebaute, aber) normale Exemplare ... die halt gut mit einer Motorsäge oder einem Unimog umgehen können. Kann mir nicht denken, dass das mit dem Satz gemeint war :D.
- Weiser (und darauf bezog sich mein Satz): Auch die Weisen (in der westlichen Welt) von heute sind nicht mehr das was sie mal waren :rolleyes: (aus welchem Grund auch immer).
Heisst in toto, dass der Spruch von Anbeginn an eine idealisierende Metapher war, die auf einen ganz bestimmten Kontext (Ort, Zeit etc.) zugeschnitten war - nicht weniger, aber eben auch nicht mehr.
Auch was das Lösen von (Bewegungs-)Aufgaben angeht, gehen kleine Kinder meistens sehr entspannt-spielerisch vor: Ausprobieren-scheitern-was anderes machen-wieder probieren-scheitern ... usw. bis es irgendwann klappt.
Das ist das Entscheidende was eine "Kunst" ausmacht. In den Formen und "Proto-Formen" lernt man das Handwerkszeug um sich natürlich und frei zu bewegen, spielerisch und durch ausprobieren.
All diese Erkenntnisse muss man dann in den Partnerübungen erproben und zum funktionieren bringen, aber auch das geschieht zunächst spielerisch und entspannt. Je besser es funktioniert und je mehr man gelernt hat desto mehr "Ernsthaftigkeit" kann man an den Partner bringen.
Ein junger Tiger lernt auch zunächst laufen, dann rauft er sich mit seinen Geschwistern, das dort Gelernte bringt er in die Jagd und schließlich setzt er sich mit seinesgleichen wegen der Frauen auseinander :D
Spielerische Natürlichkeit ist der Schlüssel, der Rest sind nur Hilfsmittel um das zu erreichen und Laboratorien um es auszuprobieren.
Grüße
Kanken
karate_Fan
12-06-2016, 10:53
Oder mit den Worten von S. Augier: "Erst brauchst du die Fahigkeit jemanden auszuknocken (Handwerk/Qualität), danach kannst du Taiji lernen". Etwas worüber es sich mMn lohnt nachzudenken!
Diese Aussage finde ich wirklich interssant, und kann sie als jemanden der TC nur als Gesundheitsport übt bestätigten. Die Form des TC die ich in dem TC Kurs mometan lerne schult wirklich keine kämpferischen Atribute.
Geht S.Augier in einem seiner Text näher darauf an wie man das Handwerk/Qualität jemanden auszunocken seiner Meinung nach lernen kann?
Die Frage wie man TC einen kämpferischen Schub geben könnte, beschäftigt mich schon länger.
* Silverback
12-06-2016, 11:51
Diese Aussage finde ich wirklich interssant, und kann sie als jemanden der TC nur als Gesundheitsport übt bestätigten. Die Form des TC die ich in dem TC Kurs mometan lerne schult wirklich keine kämpferischen Atribute.
...
Die Frage wie man TC einen kämpferischen Schub geben könnte, beschäftigt mich schon länger.
Find ich sehr spannend (weil ich in einer ähnlichen Situation stehe).
Neugierige und bescheidene Frage daher: Welche "Form des TC" lernst Du?
Hintergrund meiner Frage: Ich selbst habe TC eigentlich auch aus gesundheitlichen Gründen angefangen (meine "Ausknock-Zeit" liegt schon ein bisschen zurück :) ). Allerdings merke ich, selbst bei der bescheidenen 24er-Pekingform, mit der wir ursprünglich im Kurs angefangen haben, dass da schon "Potenzial drin ist" (milde ausgedrückt). In anderen Worten: Wenn mein Trainer die Anwendung der "so harmlos daherkommenden Grundbewegungen" verdeutlicht ... joh, dann wird es (mir) deutlich: Das taugt mit Sicherheit! Vielleicht nicht alles (aber das ist ja nicht sooo anders wie in anderen KS-Arten auch).
Und daher würde ich die 2. Frage oben (für mich) so ergänzen: Form festigen, Anwendungen bewusst machen und trainieren, PushHands ergänzen, Prinzipien verinnerlichen; in Praxis bin ich ganz sicher noch nicht da, aber ich ahne den Weg.
karate_Fan
12-06-2016, 12:41
@ Silverback Ich mache Yang Tai Chi. nach der ITCCA. Könnte durchaus sein, das in dem ITCCA TC durchaus auch Anwendungen gibt, aber der ausführende Lehrer bei uns beschränkt sich nur auf den Gesundheitsaspekt der Formen nicht auf die Andwendungen.
* Silverback
12-06-2016, 12:49
@ Silverback Ich mache Yang Tai Chi. nach der ITCCA.
Vielen Dank!
Da Du jetzt keine "Nummer" dazugeschrieben hast, geh ich mal davon aus, dass es ne längere Form als die Standard-24er-Pekingform ist. Wenn dem so ist, wär jetzt meine Vermutung (aber mangels Wissen wirklich nur Vermutung), dass in der Form selbst mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit noch viel MA-Potenzial drin ist - inwieweit das gleiche Potenzial allerdings dann auch beim Trainer vorhanden ist, kann ich natürlich nicht sagen (und das scheint mir ganz oft der eigentliche limitierende Faktor zu sein!).
WulongCha
12-06-2016, 14:00
@Karate Fan: Das war eine mündliche Aussage von Serge gegenüber einem Schüler.
In seinen online Texten gab es irgendwo einen Text über Koordination, wo er etwas dazu sagt. Leider nur sehr oberflächlich.
Wie Taijiquan einen kämpferischen Schub bekommt, kann ich dir auch nicht sagen, da ich es nie praktiziert habe.
"Kämpferisch" wird das wenn die entsprechenden Fähigkeiten vorhanden sind, und das hängt erstmal davon ab dass man die Grundlagen täglich in ausreichender Dauer trainiert. Auch z.B. mit irgendeiner wippenden stabilen Stange, und/oder einer ausreichend schweren Kugel (für Fortgeschrittene, muss nicht). Der Herr hier macht sowas halt nicht fünf Minuten sondern ein bischen länger, und wie man am 2. Video sieht auch so langweiliges Zeug im Sitzen.
https://www.youtube.com/watch?v=N_MxJy-sVN4
https://www.youtube.com/watch?v=OEl1PPQ3HHI
Wenn die Physis vorhanden ist, fällt einem so einiges leichter. Und der Sinn von IMA ist nicht "im Ring" gut auszusehen, sondern wenn einem wirklich was passiert damit umgehen zu können. Das ist nicht selten bei Unfällen den Aufprall oder Fall aushalten zu können, entweder gar nicht erst auf den Kopf zu fallen, oder wenn doch das auszuhalten (ich hatte beides). Mein Kopf hat den Aufprall eines richtigen Zaunpfahls ausgehalten, was ich auf passive Iron-Body-Fähigkeiten zurückführe. Ne Prellung bzw. massive Schwellung gab's trotzdem, aber es ging nichts permanent kaputt.
WulongCha
12-06-2016, 23:12
Wie soll Karate Fan oder jeder weitere Interessierte denn diese Grundlagen wie Die Qiu (Eisenkugel) oder Dagun/Daqiang (Langstock/Speer) denn (kennen)lernen, wenn es keine Unterrichtsmöglichkeit gibt??
Alleine, ohne tiefere und sehr genaue TCMA Kenntnisse sicher sehr riskant!
Und ohne diese "Trainingslehre" (auch nur zwei unter sehr vielen) wird es kaum Möglich sein, nennenswerte Kampffähigkeiten unter IMA Kriterien zu entwickeln.
Alles andere ist nur Form & Anwendung und das ist imo nur sehr limitiert nutzbar (in der gewalttätigem, realen Kneipenschlägerei, um mal ein echtes "Yi" Bild zu nutzen))!
Es reicht aus 1-2× im Jahr einen guten Lehrer, einen guten Workshop zu besuchen und einen guten Trainingspartner zu haben und ein wenig Intelligenz und Skepsis zu nutzen, um sich ein progressives Trainingsprogramm zusammen zu stellen...
karate_Fan
13-06-2016, 09:09
@Silverback Ja sorry habe ich vergessen zu erwähnen. Ist die 24er Peking Form.
Die Vermutung das sich auch in dieser Form kämpferische Potential verbirgt halte ich für durchaus möglich. Ob der ausführende Lehrer diese Anwendungen auch beherrscht kann ich nicht sagen. Vielleicht oder Vielleicht auch nicht. Interesse daran sie zu unterrichten hat er jedenfalls nicht. Habe schon nachgefragt.
WulongCha Ok alles klar. Danke für die ausführliche Antwort. :verbeug:
Dein Vorschlag Workshops von guten Lehrern zu besuchen gefällt mir übrigens. Ist ne nette Idee, der ich nicht abgeneigt wäre, sofern sich was ergeben sollte.
Ist allerdings schwierig im ziemlich undurchsichtigen TC Dschungel einen guten Praktiker zu finden.
Was die Sache nicht leichter macht, den Versuch zu starten, TC als Kampfkunst zu ergründen.
Mein oberflächlicher Eindruck (der natürlich falsch sein könnte) ist jedenfalls das es zwar viele TC Lehrer gibt, aber nur wenige Leute die es auch als praktische KK üben.
ruediger
13-06-2016, 09:20
@Silverback Ja sorry habe ich vergessen zu erwähnen. Ist die 24er Peking Form.
[..]
@karate_Fan
Rein aus Neugier :)
Du machst die 24er Peking Form innerhalb der ITCCA?
Ich kenne den Lehrinhalt bei der ITCCA so, dass schon von Anfang an die "lange" Yang Form geübt wird (108er). Aufbauend dann die Vertiefungsstufen -> Zentrumsbewegung, Bein/Halsspirale, Fighting Form etc.pp.
Das gibt es da wo du übst so nicht?
karate_Fan
13-06-2016, 09:26
@ruediger Bin erst seit kurzem dabei und somit ein völliger Anfänger. Wurde auch gesagt das zum Enstieg die 24er Peking Form gemacht wird. Danach kommt noch eine weitere Form. Das wird wohl die von dir erwähnte lange Yang Form sein. So genau habe ich nicht nachgefragt um ehrlich zu sein.
WulongCha
13-06-2016, 09:35
@Karate Fan: P. Rogers ist demnächst in Münster. Schon deine erste Möglichkeit:). Schreib doch dem beniwitt ne PN, vielleicht geht da ja was im Süden?
Ich kann dir evtl. auch noch ne PN mit Lehrern nennen, hier ist es der falsche Faden dafür und dann fühlt sich noch jemand übergangen und es gibt hier wieder Drama, dass keiner braucht! Außerdem gibt es ja auch schon nen thread mit bundesweiter Lehrerliste, da is sicher auch wer für dich bei...
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