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Vollständige Version anzeigen : Gekken und Kendo



Gast
21-07-2016, 13:41
Zufällig entdeckt - schon bekannt? Schon wer reingelesen?

http://www.diss.fu-berlin.de/diss/servlets/MCRFileNodeServlet/FUDISS_derivate_000000011785/GekkenxundxKendox-xdiexjapanischexFechtkunst.pdf

FireFlea
22-07-2016, 07:01
Ich habe noch nicht reingelesen, allerdings muss so ein Thema ohne Rezeption von Primär-Literatur (jap. Quellen) zwangsläufig an Grenzen stoßen. Scheinbar wurden keine jap. Quellen verwendet.

Gast
22-07-2016, 07:41
Ja, das ist mir auch gleich aufgefallen; die Arbeit ist ja auch nicht in der Japanologie verfasst.
Leider okkupieren neben den Sportwissenschaften halt Psychologie, Pädagogik etc. mehr und mehr die ureigensten Gebiete der Japanologie...

AlexAikido
22-07-2016, 13:40
S. 448f.:

"Ursprünglich erlangte die Fechtkunst ihre Bedeutung als Mittel zur
philosophischen Selbstfindung über die Auseinandersetzung im
Kampf auf Leben und Tod, die mit Schwertern ausgetragen wurde. "

Ahja.

Der Fragebogen ist auch äußerst fragwürdig gestaltet, ist er doch mehr im Stil einer Person, die nicht soviel Ahnung von Layouten hat....ein wenig peinlich für eine Diss.

Weiter gehts auf Seite 442 wo die Einteilung der europäischen Epochen schon recht ungenau und teils sogar unkorrekt ist.

Wenn ich mir dann das Literatur- und Quellenverzeichnis anschaue kommt mir das Brechen: Lediglich 6 Seiten und dann keine Originalquellen?

Spricht nicht gerade für eine gut recherchierte Arbeit. Vor allem wenn man bedenkt, das die Person gut 400 Seiten Reinschrift verfasst hat.

KK-Baghira
23-07-2016, 10:25
Hmmm...ich kannte die Dissertation bislang auch nicht - vom Autor bin ich vor Jahren für eine publizierte Hausarbeit nur über eine deutschsprachige Publikation über Kendo in einem wohl aus einer Tagung resultierenden Buch von Jörg Möller als Bestandteil einer Reihe, herausgeben von Matthias von Saldern (https://hdms.bsz-bw.de/files/286/Kampffkunst.pdf) gestolpert...

Ich bin ja nun auch kein Japanologe und stehe manchmal in meinen Publikationen vor dem entsprechenden Problem der Grenze, was ich auch nicht lösen kann. Ich versuche, mir der Grenzen bewusst zu sein und - so gut es mir möglich ist - zu kontextualisieren bzw. dann weitere, überwiegend englischsprachige Quellen von Japanologen heranzuziehen. So bereits 2009, wo auch Potrafki zur Sprache kommt.

Was mich auch bei dieser Arbeit irritiert, ist bspw. das
- es nicht vlt. möglich gewesen wäre, weitere Quellen heranzuziehen - mich verwundern 6 Seiten Quellenverzeichnis auf über 400 Seiten Text - bei mir sieht das Verhältnis immer anders aus XD. Gerade wenn man selbst kein Japanologe ist, die Arbeit aber doch eher in deren Forschungsgebiet fällt.
Zwei kurze Beispiele:
1. Nitobe wird nicht kontextualisiert - gleiches gilt für die Ausführungen zum Seppuku. Bierwirth (2005) äußert sich dazu zumindest und zu Nitobe gibt Bodiford immer wieder Hinweise.
2. Appropos Bodiford: Merkwürdig ist, dass im Jahr 2012 die Enzyklopädien von Thomas Green (2001) bzw. Green & Svinth (2010) keinerlei Berücksichtigung finden - mehrere Artikel von Bodiford oder eindeutige Artikel zu Kendo wären m.E. einen Blick und Berücksichtigung wert gewesen.

Positiv ist doch, dass das Wissen durchscheint, wenn der Autor "in der Gegenwart verfasste Texte
japanischer Autoren mit einem ambivalenten Bezug zur Fechtkunst" (14) heranzieht bzw. im Schlusswort schreibt:

Was hier den Anschein eines übergroßen Vorhabens erweckte, war aus meiner persönlichen Sicht eigentlich ‚nur’ die
Auswertung einer mehr als 30-jährigen Praxis und Erfahrung im Kendo, die mich eng mit japanischen Größen in diesem Feld und mit dieser Kultur im Allgemeinen verband. Seit Jahrzehnten erhielt ich das unermessliche Geschenk, von außergewöhnlichen Persönlichkeiten mit aller Ernsthaftigkeit in die japanische Fechtkunst eingewiesen zu werden.
So hinkt hier mein Selbstbezug vlt., da der Autor ganz andere Möglichkeiten & Erfahrungsräume hat, die meine übersteigen...

Müsste man die Arbeit dann vlt. genauer studieren...?

Schönes Wochenende,
Baghira

ryoma
23-07-2016, 21:11
Hmmm, interessant. Werde ich bei genügend Zeit mal durchlesen.

Etwas seltsam mutet folgendes an, wo es um die Führungsschicht der Meiji-Zeit geht:


Mindestens für Sakamoto Ryoma (1835 - 1867) - einem der wichtigsten Vordenker der Meiji-Reformen - kann hier bestätigt werden, dass
die Fechtkunst in seinem Leben eine wichtige Funktion erfüllte.

Für nahezu alle der später bekannt werdenden Meiji-Offiziellen gibt es Belege für ihre Fechtausbildung in den unterschiedlichen Ryûha. Und für alle erfüllte die Fechtkunst eine wichtige Funktion an einem gewissen Punkt in ihrem Leben. Warum soll das nur bei Sakamoto möglich gewesen sein? Das wird zumindest angedeutet.

Meine Schule wird ja auch erwähnt und bereits da habe ich einige Unstimmigkeiten entdeckt beim kurze überfliegen.

karate_Fan
25-07-2016, 09:24
Gibt es eigentlich andere Arbeiten zu dem Thema die auch japanische Primärquellen verwendet haben?

Das Thema wie sich Kendo im Laufe der Zeit entwickelt hat ist zumindest für mich alles andere als Langweilig.

Muss auch mal wenn ich Zeit habe die SU Funktion vom Board hier verwenden. Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt ist da bereits einiges an Infos in den verschiedensten Threads zusammen gekommen...

KK-Baghira
25-07-2016, 12:33
Nur kurz nachgeschlagen:

1.
a) Kürzlich an anderer Stelle ja bereits besprochen, und relativ frisch erschienen, das Buch "Kendo: culture of the sword" von Alexander Bennett (2015) (https://www.amazon.de/Kendo-Culture-Sword-Alexander-Bennett/dp/0520284372/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1469444625&sr=8-1&keywords=Kendo+history).

b) Selbiger hat auch den Artikel in Green & Svinth Enzyklopädie aus dem Jahr 2010 verfasst - dort stehen im Quellenverzeichnis noch etwas Allgemeinere Quellen:

Guttmann, A. & Thompson, L. (2001): Japanese Sports: A History. Konolulu: University of Hawai'i Press. (https://www.amazon.de/Japanese-Sports-History-Guttmann-2001-08-01/dp/B01A1MU54M/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1469445260&sr=8-1&keywords=Japanese+Sports%3A+A+History)

Hurts, C.G. (1988]sic!] eigtl. 1998): Armed Martial Arts of Japan: Swordmanship and Archery. New Haven, CT: Yale University Press. (https://www.amazon.de/Armed-Martial-Arts-Japan-Swordsmanship/dp/0300116748/ref=sr_1_fkmr0_1?ie=UTF8&qid=1469445168&sr=8-1-fkmr0&keywords=Armed+Martial+Arts+of+Japan%3A+Swordmansh ip+and+Archery)

Rogers, J.M. (1988): The Development of the Military Profession in Tokugawa Japan. Unpublished Ph.D. dissertation, Harvard University.

2. Einen Blick wert scheint -in weiterem Kontext - folgendes Buch zu sein, wo ich gerade auf der Suche nach einer Textmöglichkeit von Rogers Dissertation drauf gestoßen bin (das Pendant zu China gibts auch *_* (https://www.amazon.de/dp/1598844156/ref=wl_it_dp_o_pC_S_ttl?_encoding=UTF8&colid=1RQYFR679W21I&coliid=I328CA52COBN9D)):

Perez, L.G. (2013): Japan at war. An Encyclopedia. Santa Barbara: ABC-Clio. (https://www.amazon.de/Japan-War-Encyclopedia-Louis-Perez/dp/1598847414/ref=sr_1_1?s=books&ie=UTF8&qid=1469445403&sr=8-1&keywords=9781598847413)

3. Obiger Camron Hurst III hat 2001 den Artikel für Greens Enzyklopädie verfasst - habe die dortigen Bücher mal gesichtet (Fridays Legacies of the Sword, Bücher von Craig und Donohue, die aber nicht vertieft historisch arbeiten und ein Buch von Ozawa ist historisch eher spärlich:

Ozawa, H. (1997): Kendo: The Definitive Guide. New York & Tokyo: Kodansha International. (https://www.amazon.de/Kendo-Definitive-Guide-Hiroshi-Ozawa/dp/4770021194/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1469446078&sr=8-1&keywords=Ozawa+Kendo)

EDIT: Ferner scheinen mir manche der Aufsätze in dem von Bennet herausgegebenen Buch "Budo Perspectives" (http://www.kendo-world.com/wordpress/?page_id=283) einen Blick wert - habs zumindest mal bestellt.

karate_Fan
26-07-2016, 09:16
:verbeug:@KK-Baghira Danke für die umfangreiche Literatur Liste. Da wird man eine Bibliothek in näher Zukunft wieder wohl ziemlich wachsen.

KK-Baghira
26-07-2016, 17:33
Und dann - ohne die gemeinsamkeiten zu Bennetts Buch zu kennen - kann Bennetts Dissertation zur "Socio-historical Evolution of Japanese Swordsmanship and its Correlation with Cultural Nationalism" aus dem Jahr 2012 online (http://ir.canterbury.ac.nz/bitstream/handle/10092/6869/Thesis_fulltext.pdf?sequence=1&isAllowed=y) eingesehen werden.

EDIT: In der Encyclopädie von Green & Svinth gibt es in Band 2 (S. 598ff.) ebenfalls einen ähnlich gelagerten Artikel - Social and cultural Evolution of Kendo - von ihm.

Schöne Grüße
Baghira