Vollständige Version anzeigen : Zur Strategie des Pushhands
Sommerloch ade - hier ein kleiner Gedanke von mir:
Zur Strategie des Pushhands
Die Tai Chi-Ecke: Kleiner Gedanke: Zur Strategie des Pushhands (http://taichi-ecke.blogspot.de/2016/08/kleiner-gedanke-zur-strategie-des.html)
Gruß
Martin
Achtung Schleichwerbung.. :rolleyes:
Weslhalb direkt mit Werbung aktiv werden, wenn man den Forenbesucher gleich durch Interesse auf seine Seite locken kann und so bessere Verkaufschancen hat?
Das präsentierte Prinzip wurde hier schön angewendet.
Hallo Quitte,
sorry, falls es zuviel Werbung für dich war.
Für mich ist der Punkt aber wirklich spannend und daher übersetze ich auch so gerne Texte rund um das Tai Chi Chuan und aus dem weiteren Umfeld.
Ich habe jetzt schon viele Tai Chi'ler und nicht Tai Chi'ler befragt, was sie tun würden, wenn sie in der stärkeren Position sind und alle ohne Ausnahme sagten, sie wurden zuschlagen (überraschender Weise auch die Tai Chi'ler). Auch wenn es zu "Pushhands-Kämpfchen" kommt kann man das oft beobachten.
In der chinesische Strategemik ist da ja genau umgekehrt. Ich denke, dass muss man sich erst einmal klar machen, dass da ganz anders gedacht wird. Sonst wird man vieles nicht richtig einordnen können.
Es reicht wohl nicht, bestimmte Techniken zu erlernen - auch die Denke gehört dazu und ist vielleicht auch der schwierigere Teil.
Gruß
Martin
Ich habe jetzt schon viele Tai Chi'ler und nicht Tai Chi'ler befragt, was sie tun würden, wenn sie in der stärkeren Position sind und alle ohne Ausnahme sagten, sie wurden zuschlagen (überraschender Weise auch die Tai Chi'ler). Auch wenn es zu "Pushhands-Kämpfchen" kommt kann man das oft beobachten.
Im SV -Kontext? Dann hatten wohl einfach alle (überraschender Weise auch die Tai Chiler) recht. Die Position ist ja dann schon stärker, braucht sie noch stärker zu sein? Möchte ich dafür das Risiko des Kontrollverlustes eingehen?
Je schneller geklärt, desto besser.
Warum nicht noch stärker.
Stärker heißt ja nicht unbedingt, dass man siegen wird. Ein kleiner Fehler und schon ist es geschehen. Oder der Gegner wat in der Lage, einen zu täuschen und man hat sein "stärker" gar nicht gehabt.
Gerade in der SV-Situation ist das auf 100% Sicherheit gehen vielleicht eine gute Idee.
Anmerkung: Hatte die Leute eher generell (in Bezug auf den Buch-Kontext) und die Tai chi'ler generell und zum Pushhands befragt.
Gruß
Das ist einfach ein logischer Gedanke, weil ein Wurf ins Mobiliar zuverlässiger ist als ein Schlag, sofern derjenige noch irgendwie ne Hand dazwischen bekommt. So richtig viele Leute mit 1-Punch-KO-Power habe ich bei Hobbyfritzen auch nicht gesehen, da wird eher massiv überschätzt wieviel Wirkung man persönlich erzielt.
Hallo Martin,
.zu folgendem Satz deines Textes
"Auch gegen einen unterlegenen Partner nicht sofort aktiv werden,
sondern ihn erst aus der Reserve locken
und ihn zu einer eigenen Aktion verleiten.
Dann ist es umso leichter ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen."
möchte ich gern folgendes anführen:
Es ist durchaus gefährlich, in einer SV Situation so wie zitiert zu reagieren.
Denn zum Einen weiß man nicht, ob der Gegner wirklich unterlegen ist oder man selbst dies nur falsch einschätzt.
Zum anderen findet auch öfter mal das berühmte blinde Huhn sein Korn, sprich es könnte sein dass selbst der schwächere Gegner dir voll eine verbrezelt weil er dich im wahrsten Sinne des Wortes auf dem falschen Fuß erwischt.
Daher sehe ich es so, in einer SV Situation zu handeln, sowie es geboten ist und die Chance besteht.
Unnötig abzuwarten erhöht deutlich die Chance, selbst ordentlich eins rein zu bekommen.
Selbstverständlich, nur um das in einem Forum nochmal klar zu stellen, sollte man die SV Handlung so wählen, dass sie im Rahmen der rechtlichen Notwehr bleibt.
Grüße Pilger
Hallo Pilger,
ich denke, hier gehen wir gleich - der entscheidende Punkt ist ja das Wort "unnötig Abwarten".
Die korrekte Einschätzung der Situation ist das Entscheidende. Da kann abwarten und genaues analysieren schon einmal helfen - sollte aber natürlich nicht überdehnt werden.
Anbei ein Bild dazu mit folgenden Ratschlägen (nicht von mir, passt aber hier ganz gut):
1. Manchmal ist es am besten, sich nicht zu einem Kampf provozieren zu lassen.
2. Man sollte nicht alle Gelegenheiten ergreifen - sie könnten Fallen sein.
3. Man kann sich so darin verrennen, jemand anderes zu vernichten, dass man selbst vernichtet wird.
Gruß
Martin
Kamenraida
04-10-2016, 17:54
Martin, zunächst ein Dank, wie üblich, für die anregenden Gedanken.
In diesem Fall komme ich allerdings nicht ganz mit.
Eine überlegene Position nicht in direkter Weise auszunutzen und den Sack sozusagen zuzumachen, führt eigentlich nur zu folgendem: man siegt in eleganterer Weise. Das ist hübsch, besagt aber nicht viel.
Spannender im taichi-kontext erscheint mir folgendes: Wie "strategisches" Verhalten in einer Situation der Schwäche hilft, also der Unterlegenheit. Ist es nicht das, was wir suchen? Den eher simplen Attributen der Stärke - Kraft, Schnelligkeit, Rohheit, etc - mit Raffinesse zu begegnen?
Obwohl, im Grunde beißt sich die Katze in ihre hintere Verlängerung: "strategische" Raffinesse - im körperlichen Sinne - ist ja im Resultat Überlegenheit.
Hallo Kamenraida,
verschiedene Gedanken:
"Eine überlegene Position nicht in direkter Weise auszunutzen und den Sack sozusagen zuzumachen, führt eigentlich nur zu folgendem: man siegt in eleganterer Weise."
Gut gesagt, würde aber vielleicht auch sagen: mit weniger Verlusten. Es geht ja darum, den anderen sich weiter verausgaben zu lassen. Schlägt man zu früh los gewinnt man den Kampf, verliert aber vielleicht den einen oder anderen Zahn.
"Obwohl, im Grunde beißt sich die Katze in ihre hintere Verlängerung: "strategische" Raffinesse - im körperlichen Sinne - ist ja im Resultat Überlegenheit."
Yup, hier wollte ich hin - körperliche Unterlegenheit in z.B. Kraft oder Schnelligkeit durch strategische Entwicklungen ausgleichen.
Gruß
Noch ein Gedanke:
Aus einer überlegenen Position zuschlagen ist ja keine Garantie zu siegen.
Der andere kann sich durchaus erholen und zurückschlagen, oder der eigene Angriff schlägt durch ein Missgeschick fehl.
Wie heißt es doch so schön: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.
Kenne so einige SV-Leute - die sind auch sehr Vorsichtige dabei.
Aber auch zugegeben - blitzschnell zuschlagen kann auch zum Ziel führen. Hoffentlich wird es ein Wirktreffer.
Gruß
wie hoch musst du deinem gegner überlegen sein, um
- die ruhe zu haben wahrzunehmen und zu analysieren
- abzuwarten auf eine noch bessere gelegenheit
- alle möglichen fallen zu erkennen
?
Wenn man die Überlegenheit hat, kann man warten - niemand zwingt einem zum Angriff, oder?
Richtig ist allerdings auch:
Besteht die Überlegenheit nur einen Moment oder man ist sich ihr nicht so sicher, dann ist der schnelle Überraschungsangriff eine Methode - oder die schnelle Überraschungsflucht (nicht so schön für das Ego - aber vielleicht weniger risikoreich für den Körper).
Gruß
GilesTCC
06-10-2016, 10:25
Hi Martin,
ich glaube, man sollte hier zwischen Push-Hands als Übungsmethode und Tai Chi in einer Selbstverteidigungssituation unterscheiden. Es scheint mir, dass die zwei Dinge in diesem Thread ein bisschen durcheinander kommen. In manchen PH-Trainingssituationen kann (und soll) man Möglichkeiten erforschen. Also, wenn’s gerade passt, dann durchaus
- die Ruhe (finden) um wahrzunehmen und zu analysieren
- abzuwarten auf eine noch bessere Gelegenheit
- alle möglichen Fallen zu erkennen
Das ist ein Teil des Lernens. Allerdings auch im ‘freundlichem Push-Hands’ kann und soll man manchmal ganz anders agieren, und sofort einen vermuteten Vorteil ergreifen. Ob der Vorteil echt ist oder nicht, wird man dann eben erfahren… ;)
In einer SV-Situation ist es ganz anders. Wenn jemand dir wirklich Böses will, wenn schon Schläge oder sonstige Aktionen im Gange sind, dann kann man nicht abwarten. Vielleicht gelingt es dir, einen ersten Schlag abzuwehren, auf welche Art auch immer. Mit jedem weiteren Schlag usw. eines Angreifers, selbst wenn man weiter abwehrt, steigt rasant die Wahrscheinlichkeit, dass man etwas Böses kassiert. Dann ist es meistens eh vorbei. Und das wahrscheinlich alles innerhalb ein paar Sekunden.
Mein Ziel wäre dann, falls ich mich nicht aus dem Staub machen kann und es unvermeidlich zur Berührung kommt, meine PH-Fähigkeiten zu nutzen, um mir innerhalb 1 bis 2 Sekunden im Kontakt einen kurzen Vorteil zu verschaffen und das zu nutzen, um den Angreifer zumindest für ein paar Sekunden auszuschalten (zum Boden bringen, paar Schritte weg bewegen, harten Schlag versetzen…). Und mich dann aus dem Staub machen… ;)
Wenn ich da "abwarte", dann vielleicht intuitiv eine halbe Sekunde länger, um nicht in eine gerade sich aufmachende Lücke zu stoßen bevor sie tatsächlich offen ist. Aber dann schon – reingehen! Umso länger eine Auseinandersetzung dauert, umso wahrscheinlicher, dass ich gegenüber einem aggressiven Angreifer den Kürzeren ziehe. "Auf eine noch bessere Gelegenheit abzuwarten", wenn das mehr als 3 oder 4 Sekunden dauert, verbessert einerseits meine Chancen um vielleicht 10% - und verschlechtert sie zugleich um 90%.
Habe ich genug Zeit, eine Situation länger "wahrzunehmen und zu analysieren", habe ich wohl auch genug Zeit, einfach wegzulaufen...
Viele Grüße,
Giles
Hallo Giles,
ich möchte dir widersprechen und zustimmen.
Ich glaube nicht, dass man zwischen SV und Pushhands unterscheiden sollte.
Im Pushhands kann man Teilaspekte der SV unter kooperativen Bedingungen üben (didaktische Reduktion). Die Bewegungen und die Strategie sollten aber mit der SV Übereinstimmen, sondern wird der Übergang vom Pushhands zur SV später sicherlich schwer.
Du beschreibst die SV mit "Schläge sind schon im Gange, heißt, man hat die überlegene Position, zumindest aus Sicht des Gegners schon verloren.
Du sagst, jetzt muss man durch eigene Aktionen die Überlegenheit wieder herstellen. Vollkommen richtig!
Aber darüber wollte ich nicht sprechen. Es ging ja darum, was man macht, wenn man die Überlegenheit errungen hat:
Man kann dann sofort zuschlagen, in der Hoffnung, dass das hilft, oder nutzt den entstandenen Vorteil aus und versucht ihn anders zu entwickeln.
Es geht hier sicherlich nicht um längeres abwarten oder passives rumstehen - (da hab ich mich im letzten Post falsch ausgedrückt - sorry - kommt davon wenn man schnell zwischen Tür und Angel schreibt - und im ursprünglichen Artikel steht auch nichts davon http://taichi-ecke.blogspot.de/2016/08/kleiner-gedanke-zur-strategie-des.html) - sondern vielmehr darum, den von mir kontrollierten Gegner durch z.B. einen Scheinrückzug aus der Reserve zu locken.
Ich werde also aktiv - aber nicht so, wie es der Gegner erwartet.
Ich sehe nicht, warum dies in der SV nicht erfolgreich sein sollte. Der Gegner erwartet doch gerade den Angriff des Stärkeren. Eine kleine Überraschung hat noch nie geschadet. Es greift mich ja keiner an, der denkt, er sei mir unterlegen.
Diesen Satz von dir finde ich toll:
"Habe ich genug Zeit, eine Situation länger "wahrzunehmen und zu analysieren", habe ich wohl auch genug Zeit, einfach wegzulaufen..."
Gruß
Martin
Hallo Giles,
ich möchte dir widersprechen und zustimmen.
Ich glaube nicht, dass man zwischen SV und Pushhands unterscheiden sollte.
Im Pushhands kann man Teilaspekte der SV unter kooperativen Bedingungen üben (didaktische Reduktion). Die Bewegungen und die Strategie sollten aber mit der SV Übereinstimmen, sondern wird der Übergang vom Pushhands zur SV später sicherlich schwer.
Du beschreibst die SV mit "Schläge sind schon im Gange, heißt, man hat die überlegene Position, zumindest aus Sicht des Gegners schon verloren.
Du sagst, jetzt muss man durch eigene Aktionen die Überlegenheit wieder herstellen. Vollkommen richtig!
Aber darüber wollte ich nicht sprechen. Es ging ja darum, was man macht, wenn man die Überlegenheit errungen hat:
Man kann dann weiterhin sofort zuschlagen, in der Hoffnung, dass das hilft, oder nutzt den entstandenen Vorteil aus und versucht ihn zu entwickeln.
Es geht hier sicherlich nicht um längeres abwarten (da hab ich mich im letzten Post falsch ausgedrückt - sorry - kommt davon wenn man schnell zwischen Tür und Angel schreibt - und im ursprünglichen Artikel steht auch nichts davon http://taichi-ecke.blogspot.de/2016/08/kleiner-gedanke-zur-strategie-des.html) oder passives rumstehen - davon habe ich nichts geschrieben - sondern vielmehr darum, den von mir kontrollierten Gegner durch z.B. einen Scheinrückzug aus der Reserve zu locken.
Ich sehe nicht , warum dies in der SV nicht erfolgreich sein sollte. Der Gegner erwartet doch gerade den Angriff des Stärkeren. Eine kleine Überraschung hat noch nie geschadet. Es greift mich ja keiner an, der denkt, er sei mir unterlegen.
Diesen Satz von dir finde ich toll:
"Habe ich genug Zeit, eine Situation länger "wahrzunehmen und zu analysieren", habe ich wohl auch genug Zeit, einfach wegzulaufen..."
Gruß
Martin
Hallo Martin,
du weißt vielleicht bereits, dass ich ein Fan von deinen Büchern bin und dich für die Mühe und das Herzblut sehr schätze.
Deshalb nimm mir bitte meine folgende Frage nicht übel.
Hand aufs Herz. Warst du jemals in einer körperlich richtig ernsthaften Auseinandersetzung, also in einer Schlägerei, in der einfach die Fäuste und sozusagen auch die Brocken geflogen sind?
Denn von einer solchen Situation ausgehend gibt es kein Taktieren mehr um Vorteile usw.
Da handelt etwas in einem drinnen, was sozusagen tiefer liegt. Wenn ich da den Denkapparat einschalte um eventuelle Überlegenheit und Vorteile abzuwägen, und sei es noch so kurz, dann ist auch dieses kurze Zeitfenster zu lang, denn in der Zeit schlägt es bei mir ein, im dümmsten Fall mitten auf die Zwölf
Wenn ich aber mit dem tiefer in mir liegenden (kann es nicht besser ausdrücken) Bereich in einer solchen Situation AGIERE, ohne denken sondern einfach nur den Moment (der Schlägerei) völlig lebe, also auch in dieser Situation ganz im Hier und Jetzt bin, dann habe ich eine Chance, in der Schlägerei zu meinen Gunsten mit zu mischen und hoffentlich zumindest einigermaßen heil raus zu kommen.
Nur meine kleine persönliche Erfahrung aus Situationen die zum Glück schon länger her sind.
Viele Grüße
Pilger
Hallo Pilger,
ja, war ich schon drei mal - leider.
Beim erstmal bei einer größeren Schlägerei (mit diversen Verletzten später im Krankenhaus) kam einer mit einer Dachlatte mit Nägeln drin auf mich zu - bin noch nie so schnell gerannt.
Beim zweiten Mal hat mich einer provoziert und ich dachte, den krieg ich schon - habe einen auf die Fresse bekommen - hatte mich etwas verschätzt.
Beim dritten Mal gingen Skinheads auf einen Ausländer los.
Beinahe wäre ich mit drin gewesen.
Ein Kumpel von mir hielt mich zurück - zog mich außer Reichweite - etwas weiter weg und rief dann zu den Skinheads:
"Ich sehe euch genau - ich kann euch wiedererkennen und bei der Polizei identifizieren." Da haben sie sich getrollt - sie leben von der Anonymität. Er sagte dann, dass er diese Technik beigebracht bekommen hat und regelmäßig geistig übe - hat mich sehr beeindruckt und entspricht für mich dem Artikel, den ich geschrieben habe.
Aber vielleicht hast du recht - das reicht sicherlich nicht, um kompetent über SV zu schreiben.
Ich sehe nur das Pushhands als Grundlage der SV und damit auch seine Strategie. Die Leute, die ich bei meinem Training getroffen habe und die sich regelmäßig speziell auf SV-Situationen vorbereiten, haben sich oft gerade für diesen Aspekt interessiert.
Aber wie gesagt, nichts für ungut und ist bei mir auch schon länger her. Bleiben wir/ich vielleicht lieber beim Pushhands, da ist meine Erfahrung größer.
Gruß und danke für deinen netten Post.
Hallo Pilger,
ja, war ich schon drei mal - leider.
Beim erstmal bei einer größeren Schlägerei (mit diversen Verletzten später im Krankenhaus) kam einer mit einer Dachlatte mit Nägeln drin auf mich zu - bin noch nie so schnell gerannt.
Beim zweiten Mal hat mich einer provoziert und ich dachte, den krieg ich schon - habe einen auf die Fresse bekommen - hatte mich etwas verschätzt.
Beim dritten Mal gingen Skinheads auf einen Ausländer los.
Beinahe wäre ich mit drin gewesen.
Ein Kumpel von mir hielt mich zurück - zog mich weiter weg und rief dann zu den Skinheads:
"Ich sehe euch genau - ich kann euch wiedererkennen und bei der Polizei identifizieren." Da haben sie sich getrollt - sie leben von der Anonymität. Er sagte dann, dass er diese Technik beigebracht bekommen hat und regelmäßig geistig übe - hat mich sehr beeindruckt und entspricht für mich ganz dem Artikel, den ich geschrieben habe.
Aber vielleicht hast du recht - das reicht sicherlich nicht, um kompetent über SV zu schreiben.
Ich sehe nur das Pushhands als Grundlage der SV und damit auch seine Strategie. Die Leute, die ich bei meinem Training getroffen habe und die regelmäßig spezielle auf SV-Situationen vorbereiten, haben sich oft gerade für diesen Aspekt interessiert.
Aber wie gesagt, nichts für ungut und ist bei mir auch schon länger her. Bleiben wir/ich vielleicht lieber beim Pushhands, da ist meine Erfahrung größer.
Gruß und danke für deinen netten Post.
Hi Martin,
vermutlich ist das Verhalten in einer realen SV Situation so individuell wie die DNA.
Und vielleicht ging ich aus einer ziemlich unvollständigen Perspektive in entsprechende Situationen hinein. War halt meine DNA, mein spezieller Fingerabdruck um die Situationen heil zu überstehen.
Vermutlich ist das von dir Beschriebene im Pushhands die wahre Meisterschaft, wenn man nämlich in der Lage ist, das in reale SV Situationen umzusetzen.
Da ich aber seit Jahren (zum Glück) in keine Echt-Situation mehr gekommen bin, in der ich körperlich agieren musste, ist es für mich nur Spekulation ob ich das irgendwann könnte...und das ist auch gut so, denn in aller erster Linie möchte ich friedvoll durchs Leben fließen anstatt mich irgendwo "durchzuboxen". Und das gelingt mir mittlerweile sehr gut. :)
LG Pilger
Hallo Pilger,
sehe ich genauso.
Und das mit der wahren Meisterschaft - so ist es ja oft im Tai Chi Chuan - z.B. dem Schwert - wie elegant - wie filigran und auch noch schön anzuschauen, aber damit im bewaffneten Kampf zu bestehen, da muss man schon richtig was drauf haben. Mit einer klassischen Doppelaxt hat man da vielleicht schneller durchschlagenden Erfolg :D. Aber das Schwert macht trotzdem super Spaß.
Gruß und danke
Martin
Hallo Pilger,
anbei noch zwei Anekdoten von Leuten, die mal bei mir gelernt haben - ich denke, wird dir gefallen.
1) Da war mal ein Brite, großer Fan des Miitärs (in jüngeren Jahren bei den Spezialforces mit Kampfeinsätzen), den befragte ich zum Tai Chi Chuan und Kämpfen. Aber er hielt da generell nicht viel von den Kampfkünsten. Er sagte: "So etwas habe ich nicht geübt, das bringt nicht viel. Wenn es sein musste, bin ich immer voll rein und direkt drauf. Dann hat sich das immer schnell erledigt."
Er litt aber unter Stresstörungen durch seine Einsätze und machte intensiv die Tai Chi-Form. Es hat ihm sehr geholfen und war der totale Fan davon.
2) Ein Typ 1.95, Boxer, Jujutsu, Fan des Open Fight Clubs und des Kampfes in der Straße generell. Nach ein paar Jahren Tai Chi-Training sagte er mir, sein Kampfstil habe sich vollkommen verändert. Früher habe er versucht, durch Geschwindigkeit und schnellen Schlägen auf den Kopf zu gewinnen.
Heute wartet er eher ab. Er sagte: "Ich bin gut im einstecken - ein paar ins Gesicht, dass macht nichts. Der andere ist dann oben so beschäftigt, das ich ihn mit einem Fußfeger von den Füßen hole, dass es beim Aufschlag richtig kracht. Die Gesichter solltest du mal sehen - die haben ja oft ihre Fallschule nicht gut geübt."
Tja, so unterschiedlich sind die Menschen und die Strategien.
Gruß
Ja stimmt, die Menschen und Strategien sind da sehr unterschiedlich, und letztlich wird genau dadurch auch das Taijiquan eines jeden Menschen, auch bei jenen die beim selben Lehrer gelernt haben, ein unterschiedliches Sein.
Spätestens dann, wenn der Schüler über das reine Kopieren von Form und Anwendung hinaus ist und die gelernten Sachen an die eigenen Gegebenheiten anpasst.
Sowohl körperlich, denn ein großer Mensch kann besser dies, ein kleiner jenes usw, als auch geistig/intellektuell.
Ich meine natürlich nicht, dass man aus dem Gelernten irgendein sinnfreies Mischmasch kreieren soll, sondern dass sich diese Unterschiede beim Beachten der Grundsätze des Gelernten innerhalb der Jahre der Praxis einfach durch den individuellen Stempel eines jeden Menschen ergeben.
Viele Grüße
Pilger
Pilger, Deine Beschreibung stimmt schon. Diese innere Reaktion "aus dem Herzen" kann durchaus eine - bzw. hatte, bei mir - artistische Qualität an den Tag legen. Sprich, "elegant" abgefahrene Moves initiieren die auf den Punkt kommen obwohl man sie so noch nie geübt hat. Die können auch defensiv sein, sprich man stellt jemanden ins Aus ohne ihm weh zu tun, sozusagen als Demonstration. Da spielt Intuition eine grosse Rolle, wo der Hammer nötig ist, und wo ein kleiner Wink völlig ausreicht und moralisch sinnvoll ist. Diese Intuition muss aber SCHNELL agieren, darum fühlt man sich da öfter wie ein Beifahrer.
Was absolut überhaupt nicht geht ist, in solchen Situation breit nachzudenken was man denn machen könnte. Ich weiss nicht wie sowas in die Vorstellung von "Tai Chi" Eingang gefunden hat. Innere Kraft ist eine besondere Form oder Art von Kraft, aber KRAFT, mit einem spontan geleiteten intuitiven Korsett das man sich in "langweiligen" Techniksetups anlegt. Die ist grösser als die normale Arbeitskraft des entsprechenden Individuums, was nicht heisst dass sie grösser sein muss als die Arbeitskraft von nem Typen der 40kg schwerer ist, oder schwere körperliche Arbeit gewohnt.
Nochmal zusammengefasst, zu Boden bekommt man sich heftig bewegende Angreifer auch ohne Kraft, aber kaputt nicht. Fajin ist nicht stronzolesque eingesetzte imperiale Denkkraft aus kühlster Überlegung, mit dem Reissbrett in langen Denkperioden "warte doch mal!" entworfen. Sondern eine spontane Krafteruption die besonders gross ist, und sich am Maximum orientiert dessen was die eigene Muskulatur schafft. Insofern ist Martins Bild nicht falsch, es gibt schon dieses "schelmische" Aus-dem-Gleichgewicht bringen (O-Ton Handballer: "hör bloss auf mit der Schei***!!!!"). Die ist aber nicht Ausdruck von "denk - denk - denk - denk ...". Wer dabei denkt bekommt in die Fr*. Irgendwas in mir hat bei mir damals gedacht, aber das lief quasi an mir vorbei. Ich fand's lustig, leider ist es aber nicht geblieben (der komische Grund: partnerschaftliche Streiterei mit besonders psychopathischem Anteil).
P.S.: Nur zur Sicherheit, damit man nicht ausgrenzt: wenn das langsam abläuft, kann sich das wie Denken anfühlen. Sobald das aber Fahrt aufnimmt und in Sekundenbruchteilen abläuft, läuft das an einem vorbei, obwohl das über ein paar Sekunden wie eine perfekte Action-Film-Inszenierung mit "unglaubwürdigen" Tricks ablaufen kann.
Pilger, Deine Beschreibung stimmt schon. Diese innere Reaktion "aus dem Herzen" kann durchaus eine - bzw. hatte, bei mir - artistische Qualität an den Tag legen. Sprich, "elegant" abgefahrene Moves initiieren die auf den Punkt kommen obwohl man sie so noch nie geübt hat. Die können auch defensiv sein, sprich man stellt jemanden ins Aus ohne ihm weh zu tun, sozusagen als Demonstration. Da spielt Intuition eine grosse Rolle, wo der Hammer nötig ist, und wo ein kleiner Wink völlig ausreicht und moralisch sinnvoll ist. Diese Intuition muss aber SCHNELL agieren, darum fühlt man sich da öfter wie ein Beifahrer.
Was absolut überhaupt nicht geht ist, in solchen Situation breit nachzudenken was man denn machen könnte. Ich weiss nicht wie sowas in die Vorstellung von "Tai Chi" Eingang gefunden hat. Innere Kraft ist eine besondere Form oder Art von Kraft, aber KRAFT, mit einem spontan geleiteten intuitiven Korsett das man sich in "langweiligen" Techniksetups anlegt. Die ist grösser als die normale Arbeitskraft des entsprechenden Individuums, was nicht heisst dass sie grösser sein muss als die Arbeitskraft von nem Typen der 40kg schwerer ist, oder schwere körperliche Arbeit gewohnt.
Nochmal zusammengefasst, zu Boden bekommt man sich heftig bewegende Angreifer auch ohne Kraft, aber kaputt nicht. Fajin ist nicht stronzolesque eingesetzte imperiale Denkkraft aus kühlster Überlegung, mit dem Reissbrett in langen Denkperioden "warte doch mal!" entworfen. Sondern eine spontane Krafteruption die besonders gross ist, und sich am Maximum orientiert dessen was die eigene Muskulatur schafft. Insofern ist Martins Bild nicht falsch, es gibt schon dieses "schelmische" Aus-dem-Gleichgewicht bringen (O-Ton Handballer: "hör bloss auf mit der Schei***!!!!"). Die ist aber nicht Ausdruck von "denk - denk - denk - denk ...". Wer dabei denkt bekommt in die Fr*. Irgendwas in mir hat bei mir damals gedacht, aber das lief quasi an mir vorbei. Ich fand's lustig, leider ist es aber nicht geblieben (der komische Grund: partnerschaftliche Streiterei mit besonders psychopathischem Anteil).
P.S.: Nur zur Sicherheit, damit man nicht ausgrenzt: wenn das langsam abläuft, kann sich das wie Denken anfühlen. Sobald das aber Fahrt aufnimmt und in Sekundenbruchteilen abläuft, läuft das an einem vorbei, obwohl das über ein paar Sekunden wie eine perfekte Action-Film-Inszenierung mit "unglaubwürdigen" Tricks ablaufen kann.
Dein Post deckt sich in großen Bereichen mit meiner persönlichen Erfahrung!
Manches ist halt über das Schreiben schwer auszudrücken.
Ich glaube mittlerweile sogar, dass viele, die über Jahre hinweg bestimmte Übungen machen, auch zwingendermaßen ähnliche Fähigkeiten und Kräfte usw entwickeln, denn unsere Körper funktionieren bei all der äußerlichen Unterschiedlichkeit innen drinnen halt doch sehr sehr ähnlich.
Nur werden diese erlebten Kräfte vielleicht recht unterschiedlich ausgedrückt, weil Sprache zum Einen individuell und zum Anderen auch in manchen Bereichen einfach unzureichend ist.
Viele Grüße Pilger
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