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Vollständige Version anzeigen : Taijiquan Anwendungen. Eure Meinung.



mst78
24-11-2016, 08:39
Hallo miteinander!
Habe mich die Tage ein bißchen mit der Thematik IMAs beschäftigt.
Bin dann auch auf einige für mich doch recht interessante Texte, Ansichten und Anwendungen im Taijiquan gestoßen.
Ich kenne mich mit Taijiquan nicht aus, daher meine Frage an Euch Trainierende bezüglich der folgenden Videos.
Kann man sich Taijiquan so in Anwendung vorstellen? Ist das Taijiquan oder doch verfälscht, gemixt.
Bitte aber keine müßigen Streitereien über Funktionalität, einpacken gegen MMAler oder dergleichen. Mir geht es nur um die veranschaulichten Anwendungen.
Vielen Dank Euch schon mal!
(Sorry, weiß nicht wie man Videos einbettet)

https://youtu.be/vcc0jNJwgJA

https://youtu.be/dTP16HPFMms

https://youtu.be/0WgJYYDW6Fw

https://youtu.be/y52B64y3HYw

https://youtu.be/b3Mlao2iHo0

washi-te
24-11-2016, 09:35
In den "klassischen" Stilen sind m.E. immer die Dinge enthalten, die man in einer Auseinandersetzung braucht. Und es gibt immer vielfältige Interpretationen.

Vid 1 scheint mir doch etwas an den Haaren herbeigezogen. Natürlich kann man die Schritt so interpretieren, aber m.E. ist es bei dieser Bewegung wichtiger, die Sinn von "Peng" zu erfassen und zur Anwendung zu bringen. Kann sein dass ich mich täusche, aber ich vermute, der sportliche junge Mann weiss davon nicht viel.

Vid 2 - Das ist Chen Zhiqiang. Das ist auch ein Demo-Kampf, aber es kommt m.E. gut rüber, dass der schwere Mann nicht die Mittel findet, seine Kraft zu übertragen. Das ist Taji-Prinzip.

Die anderen schau ich vielleicht später nooch an.

Gast
24-11-2016, 09:50
-

Gast
24-11-2016, 11:01
Inwiefern Demo-Kampf?
Das ist doch freies PH...


Kann man jetzt drüber streiten inwieweit der "Gegner" den richtigen Druck rein gibt damit es spektakulär aussieht.
ABER von von Chen Zhiqiang gibt es genug Videos wo freies pushen gezeigt wird sogar wo er mal selbst geworfen wird.
Sieht für mich schon wie realistisches Training aus und wie man sich die Anwendung im Kampf dann vorstellen kann. Mal was abseits von den ganzen, Kurbeln wir mal mit dem Armen Übungen.

Die Chen Pushhand Sachen scheinen sich auch immer sehr zu ähneln.
kIxB7jEpXHw&t=112s

* Silverback
24-11-2016, 11:12
...
Vid 2 - Das ist Chen Zhiqiang. Das ist auch ein Demo-Kampf, aber es kommt m.E. gut rüber, dass der schwere Mann nicht die Mittel findet, seine Kraft zu übertragen. Das ist Taji-Prinzip.

@ Vid 2: Kann mich nur anschließen. Beeindruckend.

Zum Video 1 nur die Anmerkung: Jack Mace ist IMHO so eine Art "Hansdampf in allen KK-Gassen"; was davon nun wirklich über den Showanteil hinausgeht, das mögen die jeweiligen Experten beurteilen :confused:

Klaus
24-11-2016, 14:24
Zu "Anwendungen von Taijiquan" muss man auch immer fragen, auf welchem Niveau ? Jemand mit der perversen Kraft die Chen Yu zwischendurch hatte kann so einiges machen, das ohne diese innere Kraft einfach nicht geht. Jemand ohne die Kraft aber ein bischen Talent kann zumindest was das Ringerische angeht auf niedriger Eskalation ein bischen spielen, was eventuell auch einfach reicht. Dazwischen gibt es eine Menge Abstufungen, je nach Talent und verfügbarer Kraft. Ein Landwirt oder Bauarbeiter ist schon mit halbwegs ordentlichem PH nach einem oder zwei Jahren ein Monster und Endgegner, ein Schreibtischtäter nicht. Nichts davon sieht gleich aus.

Das hier wäre hohes PH-"Trick"-Niveau:
2xAC8QJ_GWM

scarabe
25-11-2016, 00:00
Es gibt ja auch verschiedene Stufen- wir haben früher bei Chen Ziqiang ordentlich herumgerauft und er hat mich auch mal quer durch den Raum geschmissen, aber mit den Jahren wirds dann doch runder, weicher, weniger Ringen und Boxen und mehr instinktives Ausnutzen von Struktur, Spiralen und dem, was man in den Formen gelernt hat.
Speziell bei den inneren "Geschichten" gibts aber auch Dinge, die man besser nur im Notfall am Gegner anwendet (auch laut Chen Ziqiang), weshalb es immer unterschiedliche Videos geben wird, die die unterschiedlichen Bereiche des Pushhands zeigen- manche seriös, manche nicht.
Chen Ziqiang hat ein enormes Gespür für die Bewegungen und den Schwerpunkt des Gegners und versteht es bestens, dies auszunutzen, aber er hat körperlich auch eine Kraft, die man jemandem seiner Größe nicht zutrauen würde.

Was Kraft betrifft- es gibt ein paar Übungen, die jemand mit ordentlich Kraft vollkommen blockieren kann, z.B. wenn im Fixed Steps je eine Hand am Oberkörper und eine Hand am Ellbogen des Partners ist zur Kontrolle und man dann so versucht, den Partner durch spiraligen Druck im Zentrum zu erwischen- wenn hier einer deutlich stärker ist, kann er den Ellbogen so kontrollieren, daß der Partner damit keinen Druck mehr ausüben kann, kaum doch den Körper berühren kann.
In einem Kampf würde man das dann vermeiden und Techniken anwenden, die besser zur Situation passen- aber beim Üben gibt es eben auch manchmal Übungen, die nur bei etwa Gleichstarken Sinn machen.

Was die Raufereien in den Anfangsvideos betrifft- da entspricht vieles nicht den eigentlichen Taiji-Kriterien,- aber ich denke, auch früher gingen de Kämpfe nicht immer lehrbuchmässig schön vonstatten.....

washi-te
25-11-2016, 20:14
Jemand mit der perversen Kraft die Chen Yu zwischendurch hatte kann so einiges machen, das ohne diese innere Kraft einfach nicht geht.

...Ein Landwirt oder Bauarbeiter ist schon mit halbwegs ordentlichem PH nach einem oder zwei Jahren ein Monster und Endgegner, ein Schreibtischtäter nicht. Nichts davon sieht gleich aus.



Ähhmmm ... ich denke man setzt gerade nicht "Kraft" ein? :ups:

Schnitzelsekt
25-11-2016, 21:36
Washi-Te, Ich glaube nicht, dass Du so ganz verstehst, was Klaus meint ;)

washi-te
25-11-2016, 21:41
Washi-Te, Ich glaube nicht, dass Du so ganz verstehst, was Klaus meint ;)

Genau, deswegen frag ich ja nach... :)

Gast
25-11-2016, 21:50
-

washi-te
25-11-2016, 22:53
Doch, natürlich, was denn sonst?




.. na Yi, Qi und Jin ... ? :o

Gast
25-11-2016, 23:12
-

mst78
25-11-2016, 23:39
Vielen Dank für die bisherigen Antworten und weiteren Videos.
Sehe ich das richtig, wenn ich sage daß das Hauptaugenmerk in der Anwendung auf eine Art Ringen liegt?
Zumindest sieht man kaum Videos auf denen frei mit Schlägen und Tritten gearbeitet wird.
Zudem liegt der Fokus, neben Gesundheit und Kultivierung des Geistes, im Training auf den Aufbau innerer Kraft und Struktur, um im Kampf in der "Clinchdistanz" aus einer starken Struktur heraus auf den Punkt genau mit innerer Kraft zu arbeiten?
Sind somit Tritte(Feger mal außen vor) und Schläge nur "Beiwerk" für den Notfall oder um die Distanz zu schließen?

washi-te
25-11-2016, 23:53
Yi ist ein Geistesapekt.
Qi ist der Mittler zwischen Geist und Körper und Jin ist Kraft (als Resultat des Zusammenspiels von Geist und Körper).
Hier ein Artikel eines Schülers des von Klaus erwähnten Chen Yu:

Die Antwort auf Deine Frage:

kann also lauten: da fehlt ein Adjektiv, man setzt idealerweise keine unbeholfene Kraft ein

... wie in allen anderen Disziplinen auch, würd ich mal sagen.

washi-te
26-11-2016, 00:02
Sehe ich das richtig, wenn ich sage daß das Hauptaugenmerk in der Anwendung auf eine Art Ringen liegt?
Zumindest sieht man kaum Videos auf denen frei mit Schlägen und Tritten gearbeitet wird.

Zudem liegt der Fokus, neben Gesundheit und Kultivierung des Geistes, im Training auf den Aufbau innerer Kraft und Struktur, um im Kampf in der "Clinchdistanz" aus einer starken Struktur heraus auf den Punkt genau mit innerer Kraft zu arbeiten?
Sind somit Tritte(Feger mal außen vor) und Schläge nur "Beiwerk" für den Notfall oder um die Distanz zu schließen?

Wenn sich beide dicke Handschuhe anziehen, dann kommt sowas raus wie in Vid 3 und 4.

Taijiquan enthält alles was man braucht. Die Frage ist: Wie komm ich möglichst unbeschadet aus einer Klemme? Da eignet sich dann einfach die mittlere und Nahdistanz besser.

"Gesundheit" beruht auf der sachgerechten Übung, "innere Kraft" ist eine Folge der richtigen Struktur, und zwar in jedem Augenblick. DAS ist die Kunst. Tritte und Schläge werden auch verwendet - wenn es angebracht ist.

Gast
26-11-2016, 00:23
-

washi-te
26-11-2016, 11:20
Scheint mir auch so, das klingt dann aber eventuell nicht mehr so besonders wie "wir benutzen Yi statt Muskeln" oder dergleichen...:p;)

Auf den Punkt genau mit "innerer" Kraft zu arbeiten kann ja auch ein Ellenbogen in das Gesicht bedeuten....:)

So sieht´s aus!

Klaus
26-11-2016, 11:52
Kraft in inneren Methodiken ist immer im Kontext, mit etwas das ich als Body-Trickserei bezeichnen würde (weites Feld), als auch mit Ressourcen die in grauer Vorzeit mal für den Überlebenskampf reserviert waren. Diese halten nicht ewig, müssen "ausbalanciert" werden um sich nicht krank zu machen, und über einen LANGEN Zeitraum recht vorsichtig aufgebaut werden. Das Ergebnis ist dann aber ein perverser Output, solange die Ressourcen halten. So viel Kraft hatte ich früher nie. Allerdings ist auch irgendwo Ende, ein trainierter Mann der 60 Kilo schwerer war, war dann nicht mehr so zu beeindrucken wie Leute die in etwa so schwer sind wie ich oder leichter. Benutzt man das nicht mehr, baut es sich langsam wieder ab. Da kann man dann viel "philosopieren" und faseln, aber wenn man das erlebt hat, weiss man ziemlich genau wie das so abläuft, und dass das nicht nur "die Winkel!" und irgendwas mit dem Zeh nach innen und dann ... ist. Das ist einfach eine besondere Form von Kraft die die Outputsteigerung irgendwo her nimmt, und die ist endlich weil die biochemischen Ressourcen der Energiebereitstellung endlich sind und eine Zeit brauchen um nachprodzuiert zu werden. Reizt man das komplett aus gibt man fast den Löffel ab, auch das hatte ich mal. Seitdem tue ich mich schwer damit das Leistungssportlern zu empfehlen die regelmässig an Grenzen gehen, da muss man extrem vorsichtig rantasten und immer aufpassen genug Ruhe zu haben und das nicht zu verschleissen. Die Trickserei kommt noch oben drauf, jedenfalls wenn man beides hat.

So sieht das dann etwa aus. Es geht nicht (nur) darum irgendwie zu zappeln, da bewegt sich über einen ganz kleinen Weg die gesamte Torsomuskulatur und die der Wirbelsäule und gibt Strom, daher kommt die Grösse der Kraft. Prinzipiell kann das aber jeder Muskel, nur dass halt viele Muskelfasern die in die gleiche Richtung so ziehen mehr machen als wenige. Mit dem Kopf macht das niemand, das macht der Körper irgendwann von alleine oder eben auch nicht. Wie man dahin kommt dass er das macht ist eine andere Frage.
zGRXaYbUCs4

washi-te
26-11-2016, 23:54
Ähhhmmm .. ja. Also ich hab den letzten Satz verstanden. Hoffe ich. Und zwei in der Mitte.

Aber zum B. das hier:
Es geht nicht (nur) darum irgendwie zu zappeln, da bewegt sich über einen ganz kleinen Weg die gesamte Torsomuskulatur und die der Wirbelsäule und gibt Strom, daher kommt die Grösse der Kraft.

.. jaa, also da würd ich schon gern mal nachfragen. Wie das ist. Mit dem Strom und so.:confused:

panzerknacker
27-11-2016, 12:33
Ähhhmmm .. ja. Also ich hab den letzten Satz verstanden. Hoffe ich. Und zwei in der Mitte.

Aber zum B. das hier:

.. jaa, also da würd ich schon gern mal nachfragen. Wie das ist. Mit dem Strom und so.:confused:

guck Dir halt das Video von Klaus nochmal an, der zeigt das doch sehr schön
der zuckt nicht unkontrolliert, sondern generiert "Kraft" Impulse
edit
könnte man in der gojushiho sho vor der letzten Wendung mit dem doppelten Handflächenstoß testen gelle ;)

washi-te
27-11-2016, 13:27
guck Dir halt das Video von Klaus nochmal an, der zeigt das doch sehr schön
der zuckt nicht unkontrolliert, sondern generiert "Kraft" Impulse



.. ahhh - ich glaub jetzt seh ich´s ...



könnte man in der gojushiho sho vor der letzten Wendung mit dem doppelten Handflächenstoß testen gelle ;)

Das ist kein Taiji, oder? :)

scarabe
05-01-2017, 19:56
Vielleicht mal back to the roots/basement.... und ein paar Grundsätze:

Zunächst fängt man ja auch im Taiji mit einer soliden Basis an.
So, wie ein Haus zunächst ein solides Fundament braucht, damit die Mauern tragfähig werden und starke Mauern das Dach und die Balkone tragen- und erst dann Fassadenstuck sinnvoll angebracht werden kann....

so bauen wir natürlich auch im Taiji die Fähigkeiten und den Körper auf.
Gemäß dem Grundsatz "Haare wachsen auch nicht schneller, wenn man an ihnen zieht"... (sie werden höchstens dünner oder brachen ab...).

muß man sich auch im Taiji erst mal durch eine schwierige Anfangszeit durchbeissen, die einem mental und motorisch oft viel abverlangt.


Fast-Food-Mentalität bringt nicht weiter, Körper und Geist brauchen eine Weile, bis man Fangsong umsetzen kann und mental ruhig und leer wird und "Gedankenflöhe" und innere Antreiber genauso, wie das Ego einigermaßen unter Kontrolle sind und nicht mit dem Übenden "davongaloppieren"....

Zum Glück baut der Körper in dieser Zeit bereits Taiji-typische (Tiefen-)Muskulatur auf und man arbeitet an Struktur, Spiralen bzw. runden, weichen Bewegungen, versteht, daß innere Kraft nicht Muskelkraft und Fali nicht Fajin ist.

Man versteht nach und nach, den eigenen Körper in seinen Tiefen zu spüren und auch den des Partners, zu folgen, zu Kleben, Kraft aufzunehmen und umzuleiten oder neutralisieren usw.
So kann aus scheinbar schlappiger Lockerheit und Gelöstheit blitzschnell große Kraft entstehen- und viel schneller, als aus einem kraftvoll-angespanntem Körper- der verglichen werden kann mit einer angezogenen Handbremse, die erst gelöst werden muß, bevor man Vollgas geben kann....

All dies geschieht nach und nach ganz von selbst, wenn man sein Programm aus Stehen, Seidenweber, viel Form und ruhigen, ein- und beidhändigen Tuishou Routinen gewissenhaft trainiert und keine wichtige Zeit und Energie verliert, indem man nach Abkürzungen sucht oder unliebsame Bestandteile einfach rauslässt.

Es ist ein bisschen, wie bei einem Kochrezept- auch wenn man einzelne Gewürze nicht mag, sind sie doch für ein erfolgreiches Gesamtergebnis wichtiger. Schmeisst man zuviel Butter oder Zucker rein, macht das Naschen im Augenblick zwar vielleicht Spaß, aber das Ergebnis zerfließt oder wird zu träge oder sonstwie ungenießbar....

Nun hat - zumindest im Chen ist das auch in Büchern, z.B. von GM CZL, gut nachlesbar- jede Bewegung der Form in jedem Bewegungsabschnitt mehrere Anwendungsmöglichkeiten.
Und wie die Formen ihre Schwierigkeit langsam steigern, lernt man durch die enthaltenen Anwendungsdetails- wenn man sie übt- nach und nach auch, die Bewegungen effektiv und richtig auszuführen und kämpferisch anzuwenden. Speziell auch die einfachen Tuishou-Routinen zeigen sehr gut, ob jemand in der Form gut gearbeitet hat, denn sonst funktioniert die Kraftübertragung und Verwurzelung nicht richtig.

Von Bewegung zu Bewegung der Form kann man sich also durch kämpferische Basis-Skills hindurcharbeiten bis hin zu sehr anspruchsvollen Anwendungen, bei denen tatsächlich durch entsprechende Dantian-Kontrolle neben der äußeren Bewegung und Kraftübertragung auch die innere Kraft die Muskelkraft ergänzt. Also Fajin und nicht nur Fali, sozusagen....

Schon in den ersten Bewegungen den Laojia lernt man so einiges über Balance, Distanz, Schrittarbeit, Abwehr, Peng Jin, Neutralisieren, empfindliche und angreifbare Punkte am Gegner usw....
(Zugleich beschreibt CZL auch bei jeder Bewegung Abschnitt für Abschnitt die inneren Energieverläufe, so daß man auch gut mit Yi sein Jin "entwickeln" ;-) kann....)

Leider habe ich aber festgestellt, daß Schüler oft nur sehr oberflächlich an diesen Anwendungen und dem entsprechenden Aufbau ihres Skills und Verständnisses interessiert sind, sondern viel lieber gleich mit vermeintlich "spannenderen" Dingen wie Qinna und Co anfangen wollen- obwohl sie dafür bis dato weder Struktur, noch Sensibilität noch Balance uva. entwickelt haben und auch nicht mitbringen.
Generell wollen einige auch weniger lernen, als vielmehr können... ;-)

Gekonnte Koordination der verschiedenen Anforderungen- das ist dann auch nochmal so ein Stolperstein. Ding und Chen; Dantian-Rotation und Kraftübertragung- der richtige Rahmen und die richtige Gewichtung der Bewegungen. Distanz und Reichweite....
Was nutzen kraftvoll vibrierende Unterarme und zitternde Fäuste nach einer Kraftbewegung aus dem Dantian, wenn die Fäuste aber nicht die richtige Reichweite und die Bewegung nicht genug Peng hat, um weit genug zu reichen und den Gegner auch an der richtigen Stelle zu treffen?
Umgekehrt nutzt es auch nichts, mit großen, leeren Armbewegungen herumzufuchteln, aber ohne innere Kraft dahinter...
Und wer wissenschaftlich nach unten schaut, wirkt zwar seriös, würde aber im Ernstfall gar nicht den Überblick haben, um Situation und Gegner umfassend wahrzunehmen.... Usw. usw... So viel zu üben!!!


Vielleicht wißt Ihr auch, was ich meine, wenn Ihr an diverse Tuishou-Wettkämpfe denkt, die statt weichem, spiraligem Ableiten sehr viel mit Drücken und Zerren und starrem Krafteinsatz zu tun haben...


Allerdings muß man auch sagen- wenn im Unterricht selbst auf Nachfrage keine Anwendungen gezeigt oder angeboten werden, wie sollen die Schüler dann dafür das entsprechende Verständnis entwickeln?
Oder wenn Bewegungen gar vereinfacht werden, die so essentiellen Bögen (der Gliedmassen) rausgenommen, die Gewichtung vereinfacht und der Rahmen/korrekte Umfang der Bewegungen genauso vernachlässigt werden, wie das stete Aufrechterhalten des Peng Jin???

Oder wenn statt langsamer, "langweiliger" Detailarbeit lieber die äußerlich sensationeller aussehenden, allgemeinen Würfe und Schubsereien und ein paar Hebel gemacht werden, weil das dem allgemeinen Geschmack und den Vorstellungen eher entspricht, als mühsames Aufbauen durch Detailarbeit...

Ich finde es jedenfalls schön, bei einem Bewegungsabschnitt- z.B.- von links nach rechts zu verlagern und dabei deutlich darauf zu achten, Druck aus dem entsprechenden Fuß zu geben, um dann die Unterarme/Handkanten kraftvoll auseinanderzubewegen mit den inneren Intention, einen Schattengegner zu "öffnen", um ihm dann einen Schulterstoß verpassen zu können... (der in der Form aber gar nicht enthalten ist, weil es gleich weitergeht zur nächsten Position- mit entsprechender Anwendungsmöglichkeit... :-)


Allerdings ist es auch nicht immer leicht, Anwendungen im Unterricht entsprechend unterzubringen- ein Teil der Leute mag Berührungen nicht und erwartet kassentypisches Wellness-Taiji- ein anderer Teil hat die Geduld nicht und will lieber gleich wild und "männlich" herumraufen....
(naja, was ist schon gut.... das Gros der Leute kann sich mit einem Schnitzel mit Pommes ja auch besser anfreunden, als mit dem Menu von einem Sternekoch...)
aber diejenigen, die sich drauf eingelassen haben, sind alle gut geworden....

Das bedeutet aber auch, zunächst einmal viel Zeit mit feinen, kleinen Pushhandsroutinen der einfachen Art zu verbringen (neben Form und Jibbengong), bevor man lernt, den Gegner durch einen gezielten Stoß im intuitiv erfassten richtigen Moment zu entwurzeln und in eine Flugbahn zu schicken.....

Das wollte ich nur mal erwähnen- für das Gleichgewicht von Yin und Yang beim Taiji-Lernen, sozusagen ;-)

Luggage
07-01-2017, 12:13
Das sehe ich auch so, scarabe.

Mich stört daher immer an der Visualisierungs- und alles-muss-sofort-eine-Anwendung-haben-Fraktion, dass man mit dergestalt zielgerichtetem Üben diese Feinheiten garnicht erfahren kann. Wenn ich einem Anfänger bei der einhändigen Seidenübung sage, dass hier ein Ellbogenstoss stattfindet, zerreißt er mit dem Fokus darauf sofort seine Körperzusammenschlüsse und führt die Bewegung mit dem Ellenbogen. Außerdem vergibt er sich völlig das Üben des Hüft- und Schulterstosses, des Wurfes und des Handballenstosses und allem dazwischen, was noch enthalten ist. Lasse ich ihn ohne entsprechende Bilder einfach die Übung mit Fokus auf die Energiearbeit machen, lernt sein Körper ganz unbefangen alles, ohne von Absichten gestört zu werden.

Deswegen ist hier und da mal eine Anwendung zwar nett, ohne die jahrelange Körperarbeit ist sie aber nutzlos und man läuft Gefahr, sie völlig aus dem Kontext gerissen zu betrachten. Sich zuviel mit solchen Erklärungen zu beschäftigen stört nach oben gesagten mE. das Vorankommen und losgelöst von der täglichen Übung der Basics ist isoliertes Betrachten von Anwendungsbeispielen völlig sinnlos.

scarabe
07-01-2017, 14:11
Ja, gerade Dein Beispiel mit dem ellbogenstoß ist sehr treffend.
Sowohl bei einsteigern, die die Körperkorrdination/-synchronisation noch nicht so gut drauf haben, als auch bei sehr erfahrenen Leuten aus äußerem Kampfsport, die jahrelang gelernt haben, sich eben fur auf den ellbogen (Arm, Faust... Fuß...) zu fixieren und die Bewegung mehr aus der Schulter heraus zu machen, als sie wirklich "ganzheitlich", also mit Kraft aus dem Boden, bzw. der Körpermitte (yao/ Funktion vgl. Getriebe beim Auto) auszuführen....

Auch in den Formen passiert es oft, daß die langsamen Bewegungen schön einheitlich zusammengeschlossen sind, aber sobald es schnell wird und Fajins verlangt werden, löst sich die Einheitlichkeit auf und die Arme trommeln durch die Gegend, ohne von "weiter unten" geleitet/unterstützt zu werden.

Das zu verstehen ist ein erster Schritt, danach kommt das Üben.

(Habe gestern irgendwo ein Zitat gelesen, das sinngemäß sagt, wer denkt, Schnelligkeit ist sein Freund, aber seine Techniken noch nicht sauber drauf hat, der irrt.... und wer denkt, er braucht viele Techniken, aber das Konzept mißachtet, macht auch einen Fehler. Begreife das Konzept und Du hast automatisch viele Techniken... das gilt auch für die Anwendungen im Taiji)

Gast
07-01-2017, 19:25
-

* Silverback
07-01-2017, 20:02
...
Mich stört daher immer an der Visualisierungs- und alles-muss-sofort-eine-Anwendung-haben-Fraktion, dass man mit dergestalt zielgerichtetem Üben diese Feinheiten garnicht erfahren kann.
Bei aller grundsätzlicher Zustimmung: Möglicherweise hat es aber auch einfach was mit dem Lerntyp zu tun. Es gibt halt Menschen, die lernen am besten, wenn sie wissen WAS genau sie da eigentlich lernen; andere begreifen am besten, wenn sie das WOZU (Nutzen, i.S.v. Anwendung) kennen; und wieder andere brauchen direkt eine Erklärung zum WIE.
Wobei es sich "nur" um 3 unterschiedliche Zugänge (zu ein- und demselben Sachverhalt) handelt.
Daher sollte ein guter Lehrer (der ja nicht weiß, welche/n Schüler er gegenüber hat) IMHO möglichst schnell zumindest einen kurzen Abriss aller dieser 3 verschiedenen Aspekte anbieten (anstatt alle Schüler nur über einen Kamm zu scheren und auf seine eigene Lehrmethodik einzuschwören).


Wenn ich einem Anfänger bei der einhändigen Seidenübung sage, dass hier ein Ellbogenstoss stattfindet, zerreißt er mit dem Fokus darauf sofort seine Körperzusammenschlüsse und führt die Bewegung mit dem Ellenbogen. ...
* s.o..
* Plus: Eine Frage für weitere Lehr-/ Lerninputs: Eher Big Picture-Lernen oder eher Detail-Lernen.

scarabe
08-01-2017, 15:04
Bei aller grundsätzlicher Zustimmung: Möglicherweise hat es aber auch einfach was mit dem Lerntyp zu tun. Es gibt halt Menschen, die lernen am besten, wenn sie wissen WAS genau sie da eigentlich lernen; andere begreifen am besten, wenn sie das WOZU (Nutzen, i.S.v. Anwendung) kennen; und wieder andere brauchen direkt eine Erklärung zum WIE.

* Plus: Eine Frage für weitere Lehr-/ Lerninputs: Eher Big Picture-Lernen oder eher Detail-Lernen.

Naja, man erlebt es als Lehrer halt öfter, daß man durchaus die kleinen, feinen diversen Anwendungsdetails der Bewegungsabschnitte erwähnt, ausfürhlich erzählt, zeigt oder auch übt, aber das ist den Leuten dann wieder nicht spektakulär genug und ihnen steht der Sinn nach Höherem- obwohl sie das Einfache noch nicht sauber hinkriegen.

Wer nun beim Turmspringen gleich ne Schraube mit Salto machen will statt nem sauberen Köpper, der platscht vielleicht böse auf den Bauch und merkt selber, daß er erst noch Vorbereitung braucht, aber in einer KK wie Taiji ist das in Sachen Verletzungsrisiko und vieler anderer Faktoren ja immer so eine Sache....

Ist nicht immer ganz einfach, die einen zu motivieren, daß sie überhaupt auf die Anwendungen achten (hach, ist mir zu brutal oder huch, ist mir zu viel Nähe), während anderen eben der Sinn nach Spektakulärerem steht, bevor die Basis sitzt...

* Silverback
08-01-2017, 19:09
...
Ist nicht immer ganz einfach, die einen zu motivieren, daß sie überhaupt auf die Anwendungen achten (hach, ist mir zu brutal oder huch, ist mir zu viel Nähe), während anderen eben der Sinn nach Spektakulärerem steht, bevor die Basis sitzt...

Glaub ich sofort ... weswegen ein Lehrer (zumindest im westlichen Sinne (das fernöstliche 'Standardprogramm' "ich mache vor, ihr macht nach - und wer es nicht rafft, hat hier eh nix verloren" lasse ich jetzt mal außen vor)), der seine unterschiedlichsten Schüler oft bei der Stange halten will/ muss, ja genau dafür eigentlich auch so einiges bedenken muss ... eben um die unterschiedlichsten Lern-/ Wahrnehmung-"typen" abzuholen und anzusprechen. Am Bsp. oben: Nähe-/Distanztyp, Anwendung vs. "Grundschule", "Warum- vs Wie-Typ", proaktiv vs. reaktiv, kognitiv vs. motorisch vs. Sinnhaftigkeit, hin zu (z.B. mehr Wehrhaftigkeit) vs. weg von (z.B. Opfer sein) usw. usf.; nix davon ist "das einzig Richtige", sondern halt nur für eine bestimmte Person wichtig/ entscheidend). Da kann in Summe (und das neben dem fachlichen Inhalt) schon was zusammenkommen für den "gemeinen Trainer" :D, was alles so bedacht werden will.

GilesTCC
09-01-2017, 10:11
Wenn ich Anwendungen unterrichte (und auch für mich selbst trainiere) lasse ich die Technik zuerst schön langsam oder gar ‚sanft‘ üben. ABER dabei achte ich vor allem darauf, dass der Anwender seinen Trainingspartner mit der Technik tatsächlich bewegen kann und zwar ohne sich selbst nach vorne (sprich, aus dem eigentlich Zentrum heraus) zu werfen oder sich exzessiv anzuspannen. So trainiert man, dass eine Technik/Anwendung genug (kinetische) Energie durch den anderen oder in den anderen hinein überträgt und nicht nur ‚anklopft‘. Auf dieser Basis ist es wahrscheinlicher, dass die Technik, schnell und entschieden ausgeführt, tatsächlich etwas bewirken kann anstatt den anderen nur zu verärgern. Vor allem bei kleineren/leichteren Menschen ist das wichtig.

Außerdem hilft diese Herangehensweise, die Hemmungen etwas abzubauen. Ein langsamer, vorsichtiger aber durchdringender Push zum Kopf oder Gesicht, wobei man selber zentriert bleibt und den anderen deutlich von den Füßen bzw. durch den Raum bewegt, ist für manche Leute auch nicht ohne, aber immerhin etwas zugänglicher als „den anderen ins Gesicht schlagen“. Stück für Stück aufbauen. Und auch für Leute mit mehr Erfahrung ist es oft gut zu überprüfen, ob man bei ‚aggressiven‘ Anwendungen gut geerdet und durchlässig bleibt oder doch – buchstäblich oder sinnbildlich – dabei die Zähne zusammenbeißt. Jedenfalls ist es für mich ganz gut. :D

Was Lerntyp betriff: Beim Gruppenunterricht mache ich mir zuerst nicht so viel Gedanken darum, sondern versuche mein Ding einfach so klar und nett wie möglich zu vermitteln. Sonst verliere ich den roten Faden. Wenn jemand Probleme mit dem Aufnehmen hat, dann versuche ich spezifischer zu gucken, was jemanden spezifischer braucht. Das bleibt auch für mich ein Lernprozess, vor allem wie man das kurz und ökonimisch macht. Jeder ist anders. Aber widmet der Lehrer zu viel Zeit den spezifischen individuellen Bedürfnissen, geht die Gruppendynamik verloren. Aber das geht ja mehr um Pädadogik allgemein und wird vielleicht OT.

kanken
09-01-2017, 10:50
Das sehe ich auch so, scarabe.

Mich stört daher immer an der Visualisierungs- und alles-muss-sofort-eine-Anwendung-haben-Fraktion, dass man mit dergestalt zielgerichtetem Üben diese Feinheiten garnicht erfahren kann. Wenn ich einem Anfänger bei der einhändigen Seidenübung sage, dass hier ein Ellbogenstoss stattfindet, zerreißt er mit dem Fokus darauf sofort seine Körperzusammenschlüsse und führt die Bewegung mit dem Ellenbogen.

Das ist halt das Problem wenn man Visualisierungen nicht gescheit aufbaut. Die Seidenübungen sind, neurobiologisch betrachtet, auch nichts anderes als Visualisierungen, jedoch schon sehr komplexe, vor allem wenn es darum geht verschiedene Kräfte zu spüren/entwickeln/anzuwenden.

Man muss die Kopplung von Erregungsmustern im Gehirn behutsam beginnen und entwickeln. Das propriozeptive Input eines Partners gehört da jedoch dazu. Des Weiteren ist es wichtig "Techniken" eben nicht als Techniken zu unterrichten, sondern als Bewegungen, die auf Visualisierungen aufbauen. Die "Technik" ist dann nichts weiter als ein "Nebenprodukt" des zu Grunde liegenden Prinzips, welches ich immer weiter entwickle und immer komplexer verknüpfe, was in einer immer effektiveren Anwendung mündet.

Früher hatten die Leute ja auch nicht Jahre Zeit um kämpfen zu lernen, sondern mussten rasch einigermaßen fit werden, vor allem mit Waffen. Da kommen die CMA her.

Grüße

Kanken

Gast
09-01-2017, 11:13
-

kanken
09-01-2017, 11:23
Dafür gibt es ja dann die Tuishou-Routinen, die als Seidenübungen mit Partner beginnen und bei denen man dann mit weiteren äußeren Kräften außer der Schwerkraft übt.


Aber wenn man doch eine Kampfkunst lernen will, warum übt man dann nicht die realen Anwendungen und sucht darin das, was ich im Tuishou prinzipiell übe? Tuishou kann man doch auch in den Anwendungen finden, bzw. dort eben zur Anwendung bringen.
Kämpfen, bzw. Kampfkunst, hat doch einen Zweck: Kämpfen. Dazu brauche ich Dinge, die mich das effektiv machen lassen (eben die Anwendungen, bewaffnet wie unbewaffnet). Um das immer effektiver werden zu lassen gibt es eine Reihe zusätzlicher Übungen, die eben die Prinzipien, die in den Anwendungen wirken, getrennt zu schulen.
Diese Übungen für die Prinzipien wiederum sind natürlich auch für sehr viele andere Dinge nützlich, gar keine Frage, aber sollte für eine KAMPFkunst nicht der Fokus auf den Anwendungen liegen?

Versteh mich nicht falsch, ich will hier das TaiChi nicht schlecht machen, ich versuche nur zu verstehen was die Motivation ist jemanden erst einmal nur "Gesundheitsübungen" zu zeigen und gleichzeitig zu sagen es ist aber auch eine Kampfkunst? Sollte man dann nicht besser sagen "So wie wir es machen ist es erst einmal gut für die Gesundheit, aber wirklich Kämpfen lernt man so nicht, dazu müßte man anders trainieren."?

Noch einmal, ich sage nicht man könne mit TaiChi nicht kämpfen, ich stelle nur den Weg dahin, so wie er heutzutage gelehrt wird, in Frage.

Grüße

Kanken

zocker
09-01-2017, 11:33
... Sollte man dann nicht besser sagen "So wie wir es machen ist es erst einmal gut für die Gesundheit, aber wirklich Kämpfen lernt man so nicht, dazu müßte man anders trainieren."? ...



Das fände ich grundsätzlich das einzig richtige, um klarheit hinsichtlich des unterrichtsangebotes zu schaffen - nicht nur im tai chi.


Möglicherweise steht aber die schaffung von klarheit hinsichtlich des unterrichtsangebotes nicht überall im vordergrund.


Gruss

Gast
09-01-2017, 11:48
-

kanken
09-01-2017, 12:50
Das kommt mir nun wieder so vor wie eine Strohmannfrage..
Wo hast Du den die Information her, dass man im Taijquan nicht Anwendungen übt?
Von Paul?
Aus irgendwelchen Büchern?
Aus der Teilnahme eines VHS-Taijiquan-Kurses?


Nun ja, alles was ich bisher vom TaiChi gesehen habe macht zu 80-95% im Training Form/ZZ oder höchstens mal ein wenig Tuishou. Wirkliches Training mit Anwendungen von Waffen, ringerische Würfe, Schlagen, Treten etc. habe ich bisher im TaiChi eher wenig gesehen und wenn nicht bei Anfängern. Ich weiß dass es das gibt, aber es ist eben nicht die Regel.

Geh doch mal in einen Park oder eine TaiChi Schule und frag ob die Leute wissen wie man mit diesen Bewegungen effektiv kämpft, gegen einen Gegner, der sich ernsthaft wehrt, evtl. sogar mit Waffen.
Was meinst Du, von wievielen erhalte ich da kompetente Antworten??? Woran liegt das?

Das ist ja ein Problem das nicht nur das Tai Chi betrifft, sondern auch das Bagua, Yiquan und andere chinesische Richtungen. Das Gleiche Problem hat man ja auch in China, auch da wissen nur sehr wenige um die Anwendungen.

Grüße

Kanken

Klaus
09-01-2017, 14:28
Es wird halt schnell gefährlich wenn man sowohl "realistisch" als auch "ernsthaft" echte "Anwendungen" praktizieren möchte. Da ist man dann nämlich bei Fajin aus Setups heraus, oder direkt als Konter in die Aktion. Kabumm, Gelenk 'put.

Also sowas hier z.B. statt im Stand anfangen per Meidbewegung und Closing in aufbauen (also prinzipiell ähnlich wie ein Grappler im MMA-Setup), und da wo er einfach nur loslässt dann ziehen und auf den Kopf werfen oder reinhauen/-treten per Fa. So mit Ellbogen oder Knie gegen den Schädel gegen einen Gegner der die Kontrolle verloren hat und unkoordiniert in eine Faust läuft oder schief geworfen wird. Da sind Brüche vorprogrammiert, so wie im Judo wenn einer doof fällt weil er den Ippon verhindern will.

https://www.youtube.com/watch?v=Y0areLRLhiw

kanken
09-01-2017, 14:37
Ich rede hier von den klassischen Anwendungsübungen, bei denen man Dinge wie den Armdrag übt, diverse Würfe, Hebel etc. Eben die ganzen Sets die es auch in anderen CMA gibt (irgendwo habe ich mal ein paar aus dem Ba Fan Shou gepostet).
Da muss man nicht mit kurzer Kraft anfangen, dafür gibt es zum üben eben die lange Kraft, ohne das etwas passiert. Man muss auch nicht sofort mit Schlägen arbeiten.

Eben in der Art wie diese Anwendungen mit den Dingen aus dem ZZ und dem Tuishou ineinandergreifen liegt doch die Didaktik der CMA. Die "Formbewegungen" sind doch nichts anderes als eben diese Anwendungensbewegungen...

Grüße

Kanken

GilesTCC
09-01-2017, 14:47
Geh doch mal in einen Park oder eine TaiChi Schule und frag ob die Leute wissen wie man mit diesen Bewegungen effektiv kämpft, gegen einen Gegner, der sich ernsthaft wehrt, evtl. sogar mit Waffen.
Was meinst Du, von wievielen erhalte ich da kompetente Antworten??? Woran liegt das?

Wie seit langem besprochen (und moniert), liegt es hauptsächlich an der wohlbekannten Geschichte der Verbreitung des TCC in der 2. Hälfte des 20 Jahrhunderts. Manches Tai Chi (Chuan) wird so unfundiert unterrichtet, dass ich auch an die gesundheitsfördende Wirkung zweifeln würde. Aber wenn das Trainieren von TCC immerhin mehr körperliche und psychische/seelische Gesundheit zur Folge hat, ohne dass man besonders 'effektiv' damit kämpfen kann, dann auch gut. Es leiden und sterben weitaus mehr Menschen in D-Land an den Folgen von Bewegungsmangel und von Depression, z.B., als von den Folgen von zwischenmenschlichen Gewalt (vor allem die Arten von Gewalt, wo Kampfkunstfähigkeiten überhaupt eine "lindernde" Rolle spielen können).

Außerdem sind 'Kampfkunst' und 'Selbstverteidigung' immer ein Kontinuum zwischen 0 und 100. Wenn ein Trainingsprogramm fast bei 100 ist, also tatsächlich einen ausschliesslichen Fokus auf 'Kampf' hat ("kill or be killed" u.s.w.), ohne ausgleichende Elemente im Training, wird dieses Programm für viele Teilnehmer auf Dauer ihre körperliche und psychische/seelische Gesundheit eher schaden. Was dann auch wenig mit „Selbstverteidigung“ im breiteren (wahren) Sinne zu tun hat.

Ich zumindest trainiere die Sache, weil sie mir auf vielen Weisen gut tut, richtig Spaß macht, mir erwiesenermaßen hilft, Gewaltdrohungen zu erkennen, vermeiden und entkräften, und meine Chancen in einer „durchschnittlichen“ Auseinandersetzung wahrscheinlich ein bisschen verbessert. Mehr als das kann ich auch nicht an anderen weitergeben.

Hundertzehn
09-01-2017, 14:50
Aber wenn man doch eine Kampfkunst lernen will, warum übt man dann nicht die realen Anwendungen und sucht darin das, was ich im Tuishou prinzipiell übe?

Der Gewichtheber will 200 kg reißen. Warum fängt der nicht mit der 200 kg Hantel an, wenn das doch das ist, was er im Endeffekt will?

GilesTCC
09-01-2017, 14:50
Ich Rede hier von den klassischen Anwendungsübungen, bei denen man Dinge wie den Armdrag übt, diverse Würfe, Hebel etc. Eben die ganzen Sets die es auch in anderen CMA gibt (irgendwo habe ich mal ein paar aus dem Ba Fan Skou gepostet).
Da muss man nicht mit kurzer Kraft anfangen, dafür gibt es zum üben eben die lange Kraft, ohne das etwas passiert. Man muss auch nicht sofort mit Schlägen arbeiten.

Eben in der Art wie diese Anwendungen mit den Dingen aus dem ZZ und dem Tuishou ineinandergreifen liegt doch die Didaktik der CMA. Die "Formbewegungen" sind doch nichts anderes als eben diese Anwendungensbewegungen...

Was das betrifft, volle Zustimmung.

kanken
09-01-2017, 15:05
Der Gewichtheber will 200 kg reißen. Warum fängt der nicht mit der 200 kg Hantel an, wenn das doch das ist, was er im Endeffekt will?

Er fängt aber sehr wohl mit der selben Bewegungsmechanik an und nimmt ein Gewicht in die Hand. Er wird wohl kaum mit zwei Hanteln arbeiten oder Yoga als "Gewichtheben" deklarieren...

Grüße

Kanken

scarabe
09-01-2017, 20:59
Ich rede hier von den klassischen Anwendungsübungen, bei denen man Dinge wie den Armdrag übt, diverse Würfe, Hebel etc. Eben die ganzen Sets die es auch in anderen CMA gibt (irgendwo habe ich mal ein paar aus dem Ba Fan Shou gepostet).
Da muss man nicht mit kurzer Kraft anfangen, dafür gibt es zum üben eben die lange Kraft, ohne das etwas passiert. Man muss auch nicht sofort mit Schlägen arbeiten.

Eben in der Art wie diese Anwendungen mit den Dingen aus dem ZZ und dem Tuishou ineinandergreifen liegt doch die Didaktik der CMA. Die "Formbewegungen" sind doch nichts anderes als eben diese Anwendungensbewegungen...

Grüße

Kanken

Naja, mal kurz zu den Anfängen und Ursprüngen.
General Chen Wangting, der Begründer des Chenstils, kam aus einem Bauerndorf und es lag ihm sehr daran, seinen Nachwuchs derart in einer Kampfkunst zu schulen, daß sie nicht dauernd verletzt waren- denn sie waren Bauern und mussten aufs Feld.
Ausserdem sollten junge ungestüme Leute auch ein bisschen "kultiviert" werden. Es floss eben die damalige Lebens- und Weltanschauung mit ein.
Auch Qi Gong, denn Krankenhäuser gabs keine in der Nähe.

Andererseits waren die Leute damals natürlich viel fitter, kräftiger und motorisch geschickter, als der durchschnittliche heutige Stadtmensch.
Ihr wisst schon, Büro-Rücken und Kinder, die nicht emhr richtig rückwärtslaufen können.....

Wurden damals die Routinen also erst einmal geübt, um Stabilität und Struktur zu verstehen und Disziplin und Selbstkontrolle zu üben (bes. auch ZZ-Stehen) - und natürlich generell das Spiralprinzip und die Bewegung aus der Mitte als Konzept des Taiji- , die dann sehr schnell ins Praktische übertragen wurden, dauert das heute erheblich länger....
die modernen Menschen brauchen viel mehr Zeit, bis sie ihren Körper entsprechend ausrichten können. Oft fehlt es auch an Geduld, denn auch viele Kampfsportler sind ziemlich ungeduldig und unflexibel, wenn es darum geht, Gewohnheiten erst einmal aussen vor zu lassen.

Wenn Ihr nun mal an so ein paar typische Anfänger-Gefahren denkt- schnell irgendwo reissen, schubsen oder zerren, gewaltsam mit Kraft statt Technik Würfe oder Hebel durchbringen wollen ohne korrekte Technik oder Einfühlungsvermögen für den Körper des Partners....
diese Leute kann man nicht gleich in den praktischen Kampfkurs lassen, weil sie- selbst wenn sie unverletzt bleiben und auch niemanden verletzen- viel zu ungeschickt und ungeduldig wären, um wirklich aus der Körpermitte die Kraft des Partners und die Kraftrichtung zu erspüren und dementsprechend ohne rohe Gewalt zu nutzen oder umzulenken.

(Wie man ja auch in vielen Tuishou-Wettbewerben sieht, wo gedrückt und gezerrt wird....)

Und das ist eben auch der Unterschied zwischen Taiji und anderem Kampfsport, daß man eben einen Großteil dessen, was man an Techniken und Struktur im Kampf braucht, in den Formen und Routinen übt und automatisiert, um es dann im freieren Pushen und freiem Kampf in die Praxis umzusetzen.

Dann kommt natürlich noch dazu, daß das durchschnittliche "Publikum" in einem Taiji-Kurs dank Esotherik- und Entspannungswelle auch gar nicht bereit ist, die Mühen, Disziplin und Anforderungen eines richtigen Kampfsport- Trainings auf sich zu nehmen und daß es nicht immer ganz einfach ist, alle samt Lehrplan unter einen Hut zu bringen.
(oder genug Leute für einen separaten Pushhands-Kurs zu finden)

kloeffler
09-01-2017, 22:05
Und das ist eben auch der Unterschied zwischen Taiji und anderem Kampfsport, daß man eben einen Großteil dessen, was man an Techniken und Struktur im Kampf braucht, in den Formen und Routinen übt und automatisiert, um es dann im freieren Pushen und freiem Kampf in die Praxis umzusetzen.


Ich finde die Abgrenzung von Tai Ji Quan zu anderen chinesischen Kampfkünsten sehr bezeichnend.

Dass Praktisches kaum gelehrt wird, liegt meiner Meinung nach daran, dass man seine Schülerschaft nicht vergraulen will und viele Lehrer, die sich in ihren modernen chinesischen Graduierungen sonnen, aus guten Gründen nicht vollständig ausgebildet worden sind und höchstens einen Schimmer von Anwendung haben. Man will sich ja keine Blöße geben...

money makes the world go round ;-)

Gast
09-01-2017, 23:12
-

scarabe
10-01-2017, 00:14
Ich finde die Abgrenzung von Tai Ji Quan zu anderen chinesischen Kampfkünsten sehr bezeichnend.

Dass Praktisches kaum gelehrt wird, liegt meiner Meinung nach daran, dass man seine Schülerschaft nicht vergraulen will und viele Lehrer, die sich in ihren modernen chinesischen Graduierungen sonnen, aus guten Gründen nicht vollständig ausgebildet worden sind und höchstens einen Schimmer von Anwendung haben. Man will sich ja keine Blöße geben...

money makes the world go round ;-)

Ich weiß jetzt nicht, wo Du das her nimmst, denn ich hatte Taiji ja nicht mit anderen chin. Kampfkünsten verglichen, sondern mit Kampfsport- also z.B. Boxen, Judo, Ringen.....
Da mein Vater Ringer war, habe ich mit drei Jahren angefangen, Ringen zu lernen und später Judo und noch so einiges andere- ich war zwar kein Weltmeister, aber so ein bisschen was gelernt und ein paar Kämpfe gemacht hab ich dabei schon. (ich gehe mal davon aus, Du spielst oben auf meinen 5. Duan im Chenstil an)- Erst viel später kam ich zum Taiji.

Auch mir ist es schwer gefallen, gewisse Gewohnheiten und ein gewisses Überlegenheitsgefühl ("ich komme ja aus dem Kampfsport, ich weiß ja schon alles und sowieso besser, als mein dt. Taiji-Lehrer..:") abzulegen und auch bei mir hat es eine Weile gedauert, bis ich kapiert habe, welches Konzept hinter Taiji steckt und wie die Prinzipien tatsächlich wirken und sich auswirken. Und ich habe noch ordentlich was dazugelernt, was mir gerade jetzt, wo ich älter werde und nicht mehr so auf Kraft und Belastung arbeiten kann, sehr nützlich ist- in jeglicher kampfkünstlerischer und auch in charakterlicher Hinsicht.

Ich biete in meinem Unterricht durchaus Anwendungen und Pushhands an, habe aber festgestellt, daß es nichts bringt, die Leute dazu zu zwingen, die partout nicht wollen, bzw. nur widerwillig ihre Pflichtroutinen drehen. Einige kommen nach und nach auf den geschmack, aber die PH Kurse sind grundsätzlich von viel weniger Leuten besucht, als die Formenkurse- und andererseits muß ich auch sagen, daß bei uns im Westen eben auch viele ältere Leute erst mit Taiji beginnen, die sowieso keine gewaltigen Kämpfer mehr werden- und das auch nicht wollen.

Ein paar Talentierte habe ich und auch einige, die zumindest Interesse haben, mal sehen, vielleicht läßt sich das ja ausbauen.


Ich stimme Dir zu, daß die Chinesen lieber die Glasperlen herausgeben und die Goldstücke für sich behalten, aber es ist auch so, daß man die Dinge letztendlich lernen darf, wenn man hartnäckig genug ist und wirklich will. Auf dem Silbertablett bekommt man sie aber nicht geboten. Aber wozu auch, Königsweg und Kampfkunst, das passt einfach nicht.

kloeffler
10-01-2017, 06:43
Ich gehe mal davon aus, Du spielst oben auf meinen 5. Duan im Chenstil an

Nö, darauf wollte ich nicht anspielen, war mir gar nicht bewusst.

Ich finde, die Standardisierung und Vermarktung wie sie z.B. im Chen Tai Ji stattfindet, ist eher kontraproduktiv.

Solche offiziellen Veröffentlichungen aus Chenjiagou bestätigen mich in meiner Meinung:

https://m.youtube.com/watch?v=d5L7uz8B8X4

kanken
10-01-2017, 07:51
Gibt's im Bagua eine Form?


Nö. Es gibt die acht Handhaltungen und zwei/drei grundlegende Wechsel. Das ist die Basis. In unserem System gibt es zwar acht Wechsel, wobei die weiteren Wechsel nur wiederum eine andere Zusammenstellung von grundlegenden Handhaltungen/Wechsel sind. Quasi nur weitere Beispiele.
Es gibt Baguarichtungen die haben bis zu 64 Wechsel, was fast schon zu Formen führt, das ist aber nicht das was Bagua ausmacht.

Es geht im Bagua um das Erkennen von natürlichen Prinzipien mit Hilfe des Verstandes, was dann zu natürlicher Bewegung führt, was man dann zum effektiven Kämpfen nutzt, in dem man diese Prinzipien in den Anwendungen übt. Die Anwendungen wiederum sind in den Handhaltungen und den Prinzipien des Wechseln ebenfalls enthalten, da sie ja den natürlichen Prinzipien folgen (müssen).
Das Kreisgehen und Stehen dient dann der Übung dieser Prinzipien und Anwendungen um wieder völlig natürlich zu handeln.

Das Erkennen und üben der Prinzipien ist dabei nichts was nur das Bagua macht. Diese Idee ist die Grundlage aller CMA (so jedenfalls die Meinung in unserer Linie) und nichts was Dong sich ausgedacht hat. Er hat es nur mit dem Kreisgehen kombiniert anstatt es auf einer Linie oder im Stehen zu üben. Die Leute damals in Tianjin könnten sich ja eben deswegen gut verstehen, egal ob aus dem XingYi, Shuaijiao, diversen Shaolinderivaten, Bagua, Liu He Ba Fa, Tai Chi etc..
Die Prinzipien sind gleich, die Anwendungssets sind gleich, es gibt nur unterschiedliche Methoden und Didaktiken das zu trainieren.
Ohne Anwendungen kann man immer noch einige Prinzipien trainieren, dann ist es jedoch halt keine Kampfkunst, sondern Gesundheitsübung.

Grüße

Kanken

Gast
10-01-2017, 08:15
Das ist doch jetzt alles nichts Neues oder Verschiedenes.

In jedem Stückchen der Yilu sind Prinzipien und Anwendungen. Die Frage ist halt, ob man diese kennt und mittels der Form übt (man übt ja nicht die Form als Selbstzweck, was soll man denn da üben?), oder halt nicht.
Ich kann auch leeres Bagua, Xingyi, Badi, Yiquan etc. machen.

Der zweite Aspekt sind halt Solo- und Partnerübungen. Und aus dem Stegreif fällt mir keine CMA ein, wo nicht beides dazu gehört.
(Das Verhältnis kann individuell und je nach Stil vielleicht anders sein, aber gibt doch zumindest immer beides, oder?)

kanken
10-01-2017, 08:28
Hi Julian,

ich habe ja auch nicht gesagt das es was neues wäre ;) Ich habe auch nicht gesagt das Formen etwas schlechtes wären ;)
Es kommt halt darauf an was man wie und warum übt. Ich schrieb doch das all das die gemeinsame Basis aller CMA ist. Einige üben das mit Formen, andere ohne ist doch Wurscht, solange es geübt wird.
Man kann es für die Gesundheit üben, oder für den Kampf, ist auch Wurscht.
Wenn man es jedoch für den Kampf übt, dann sollte man auch die Tools haben damit es funktioniert, also die realistischen Anwendungen zu den Bewegungen. Bewaffnet wie unbewaffnet. Auch die gibt es in allen CMA. So etwas wird halt nur nicht so verbreitet geübt, leider.

Grüße

Kanken

Gast
10-01-2017, 10:56
-

kanken
10-01-2017, 11:23
Anwendungen werden von kooperativ bis unkooperativ bis frei geübt, ganz nach Lust und Laune (und Kenntnisstand).

Wenn die Tai Chi Lehrer alle die Anwendungen können und nur nicht zeigen weil es keinen Bedarf gibt, dann ist ja gut. Dann wird Tai Chi halt größtenteils nur zur Gesunderhaltung geübt. Ich frage mich dann nur: Mit wem üben die Lehrer dann kämpfen, wenn nicht mit ihren (fortgeschrittenen) Schülern, oder sind sie so gut, dass sie gar nicht mehr kämpfen üben müssen?

Was die "Prinzipien" angeht: So etwas komplexes kann man wohl kaum schriftlich erklären. Die Prinzipien der Kräfte, der Qualitäten, der Wechsel all das kann man wohl kaum schriftlich adäquat zusammenstellen. Das muss erfahren und gefühlt werden.

Nur weil es im Bagua kein Dantien gibt heißt es nicht das es ein anderes Prinzip sein muss. Wie man etwas nennt und wie man es beschreibt muss nicht unbedingt gleich sein und kann dennoch das Gleiche meinen.



Auf jeden Fall scheint mir die praktische Umsetzung in Übungen schon in Substilen der gleichen Familie teilweise so unterschiedlich zu sein, dass ich es sehr gewagt finde, wenn sich jemand hinstellt und seine eigene Variante als
maßgeblich nicht nur für einen Stil sondern sogar gleich für alle chinesischen Kampfstile erklärt.

Nicht ich, sondern Leute wie Dong Hai Chuan und seine Schüler oder Zhang Zhao Dong, WXZ, Zhao Daoxin und noch andere, die damals in Tianjin gemeinsam trainiert haben. All das waren ja nicht "irgendwelche" Leute. Da war extrem viel Wissen und Kompetenz in den nordchinesischen Kampfkünsten an einem Ort, die sich ausgetauscht haben und nach Gemeinsamkeiten gesucht haben.

Wie gesagt, auch heute kann man sich wunderbar im persönlichen Kontakt austauschen und nach den Gemeinsamkeiten suchen...

Grüße

Kanken

Glückskind
10-01-2017, 11:39
Wenn die Tai Chi Lehrer alle die Anwendungen können und nur nicht zeigen weil es keinen Bedarf gibt, dann ist ja gut. Dann wird Tai Chi halt größtenteils nur zur Gesunderhaltung geübt. Ich frage mich dann nur: Mit wem üben die Lehrer dann kämpfen, wenn nicht mit ihren (fortgeschrittenen) Schülern, oder sind sie so gut, dass sie gar nicht mehr kämpfen üben müssen?


Kann man denn "die" Tai Chi Lehrer alle so pauschal über einen Kamm scheren?

Was ist für Dich ein Tai Chi Lehrer bzw. ab wann ist die Bezeichnung für Dich passend?

Im Wu Stil haben die von Ma ausgebildeten Lehrer (Tudis) das Tai Chi inkl. Anwendungen gelernt. Ich denke mal, das wird in dem Großteil der anderen Linien ähnlich gehandhabt. Diejenigen die hier so in der Breite Taiji unterrichten sind aber nun mal nicht alle auf diesem Lernstand.

Solange das offen kommuniziert wird sehe ich da auch kein Problem. Wer "mehr" bzw. "alles" lernen möchte muss sich dann eben einen entsprechend qualifizierten Lehrer suchen der das auch noch so weitergeben kann und will.

kanken
10-01-2017, 11:59
Kann man denn "die" Tai Chi Lehrer alle so pauschal über einen Kamm scheren?

Was ist für Dich ein Tai Chi Lehrer bzw. ab wann ist die Bezeichnung für Dich passend?


Da machst Du ein großes Fass auf. Ich habe das geschrieben weil es sich bei Aruna so anhört dass die Leute, die hierzulande (aber teilweise auch in China) unterrichten (und sich als Lehrer bezeichnen) alle die Anwendungen kennen und im Kampf einsetzen können.

Ich würde jemanden dann Lehrer nennen, wenn er das System in seiner Gesamtheit kennt und kann und von seinem Lehrer die Erlaubnis zum unterrichten bekommen hat.

Ich zum Beispiel würde mich niemals als Lehrer bezeichnen, dazu ist mein Einblick in die CMA viel zu gering. Sicher, wir dürfen hier in MS Anfängern die Grundlagen im Bagua zeigen, aber ich käme niemals auf die Idee mich als Lehrer zu sehen. Leute wie Paul oder sein Lehrer, DAS sind Lehrer, wie ich sie verstehe. Diese Leute erforschen und leben die CMA ihr Leben lang, das ist Verständnis.

Ein Grundkriterium wären für mich aber IMMER kämpferische Fähigkeiten. Es sind schließlich KAMPFkünste.
Wer mit mir nicht körperlich fertig wird, den würde ich nicht als Lehrer bezeichnen, denn im Vergleich zu meinem Lehrer kann ich nichts und er spielt mit mir (er ist über 50...) und sein Lehrer mit ihm (der ist über 70).

Grüße

Kanken

Glückskind
10-01-2017, 12:52
Da machst Du ein großes Fass auf. Ich habe das geschrieben weil es sich bei Aruna so anhört dass die Leute, die hierzulande (aber teilweise auch in China) unterrichten (und sich als Lehrer bezeichnen) alle die Anwendungen kennen und im Kampf einsetzen können.


Ok. Bei dem "im Kampf einsetzen können" bin ich persönlich schon bereit Abstriche hinzunehmen wenn ich ansonsten qualitativ guten Unterricht erwarten kann. Sofern die Sachen sauber unterrichtet werden obliegt das lebendig machen ja sowieso den Schülern. Für mich sind sowieso gute Schüler eine der wichtigsten Visitenkarten für die Qualität des Lehrers.



Ich würde jemanden dann Lehrer nennen, wenn er das System in seiner Gesamtheit kennt und kann und von seinem Lehrer die Erlaubnis zum unterrichten bekommen hat.


Dito.

Heping
10-01-2017, 13:07
Wenn die Tai Chi Lehrer alle die Anwendungen können und nur nicht zeigen weil es keinen Bedarf gibt, dann ist ja gut. Dann wird Tai Chi halt größtenteils nur zur Gesunderhaltung geübt. Ich frage mich dann nur: Mit wem üben die Lehrer dann kämpfen, wenn nicht mit ihren (fortgeschrittenen) Schülern, oder sind sie so gut, dass sie gar nicht mehr kämpfen üben müssen?


Ich bin nicht repräsentativ. Ich habe mir einen Sohn herangezüchtet, weil die wenigsten im Training so was üben wollen ;)
Ansonsten bin ich halt ab und zu in China und lerne.

pilger
10-01-2017, 13:18
Anwendungen werden von kooperativ bis unkooperativ bis frei geübt, ganz nach Lust und Laune (und Kenntnisstand).

Wenn die Tai Chi Lehrer alle die Anwendungen können und nur nicht zeigen weil es keinen Bedarf gibt, dann ist ja gut. Dann wird Tai Chi halt größtenteils nur zur Gesunderhaltung geübt. Ich frage mich dann nur: Mit wem üben die Lehrer dann kämpfen, wenn nicht mit ihren (fortgeschrittenen) Schülern, oder sind sie so gut, dass sie gar nicht mehr kämpfen üben müssen?





Zu meinen noch kämpferisch aktiven Zeiten war es so, dass ich einen festen Trainingspartner meines Stiles hatte (der zusätzlich lange Jahre weitere Kampfsportarten wie Judo und Jujutsu praktizierte) und sich immer gerne raufte und Anwendungen trainierte. Ein weiterer kam aus dem Yang Stil, mit ihm ging es nicht ganz so heftig zu aber dennoch über sanftes Pushhands hinaus. Und dann habe ich, um zu sehen was das Taichi denn Wert ist, immer mal wieder mit nem Kickboxer trainiert. Er seine Techniken, ich meine. Hochinteressant.
Und letztlich hatte ich auch den ein oder anderen Test unter realen Bedingungen.

Allerdings, und das ist das meiner Ansicht nach Entscheidende, zieht Taichi, durch seinen allgemeinen Ruf als entspannende Bewegungsgymnastik, idR keine Menschen an, die kämpfen lernen wollen, sondern mehr die Menschen, die im weitesten Sinne auf der Entspannungswelle surfen, völlig ohne Wertung gemeint.
Jedenfalls ist es deshalb schwer, über die Form hinaus, Taichi(chuan) an den Mann oder die Frau zu bringen.
Zumindest derzeit nicht großflächig sondern eher nur vereinzelt im Kämmerlein in privaten Sessions.

Aber in dem privaten Bereich gibt es dies schon hin und wieder. Man braucht halt viel viel Herzblut, um über eine "eins zwei Hauruck Anwendung" hinaus zu kommen und irgendwann die Bewegungen so verinnerlicht zu haben, dass sich die darin enthaltenen Bewegungsprinzipien dann, erst ähnlich der Form und schließlich formlos, am Mann anwenden lassen.

Diesen Weg bin ich bis zu einem gewissen Punkt gegangen. Aber mittlerweile, wie du weißt, verfolge ich ihn in dieser Hinsicht nicht mehr, sondern übe fast nur noch zur Selbstkultivierung und Gesunderhaltung. Was sehr gut funktioniert.
Das ist das Herrliche am Taichi...wenn man das Chuan abhängt, bleibt immer noch viel Wertvolles über :)

Grüße Pilger

scarabe
10-01-2017, 13:59
Heping- Ich wusste gar nicht, daß Dein Sohn auch in PH Wettbewerben unterwegs ist? Oder muß er sich mit Dir kloppen? ;-) Seine Wettkampf-Formen sind allerdings durchaus überzeugend.

Kankens Frage ist trotzdem berechtigt.
Leider besteht wenig Bedarf, weil Taiji falsch vermarktet wird und überwiegend Menschen anzieht, bei denen nicht der Kampf im Vordergrund steht.
Die dann für PH und Anwendungen zu begeistern ist oft ein hartes Stück Arbeit und dementsprechend fällt zwangsläufig der anwendungs- und kampfbezogene Teil kürzer aus.

Dann- Link oben- sind die von manchen Systemen standardisierten Anwendungen und eigens kreierten Formen/Partnerformen auch von Sinn und Fluß her nicht das Gelbe vom Ei, zumal diese von der entsprechenden Orga mehrfach überarbeitet und umgeändert wurden, so daß das, was im Lehrbuch steht, so und in dieser Form gar nicht mehr gesehen werden will, weil es inzwischen (3-4 x!!!) verändert und verbessert wurde und dementsprechend auch erwartet wird (hatte dazu interessante Erfahrungen in USA; man muß sagen, es ist sicher auch nicht CXWs Meisterstück, was da zu sehen ist).

Man muß aber auch sagen, der Link bezieht sich nicht auf das traditionelle, gewachsene Taiji der Chenfamilie, sondern auf im Nachhinein entworfene und zusammengestellte Kurzformen, die eigens für einheitliche Prüfungskriterien entstanden. Zwar eine interessante Abwechslung, fühlen sich aber komplett anders an, als traditionelle Formen und sonstige Arbeit. Gut, um zu sehen, wie sich jemand jenseits der gewohnten Routinen zurechtfindet, aber eben diese neuen Übungen werden- sehr zu recht- in den Prüfungen ergänzt durch traditionelle Formen, von denen der Teilnehmer sich nach eigener Wahl eine aussuchen und in Ruhe vorbereiten kann (üblicherweise), um so auch zeigen zu können, wie sein Level im traditionellen Bereich in den gewachsenen Formen usw. ist, mit denen er/sie vertraut ist.
Kurzum, der Link ist nicht repräsentativ.


Ich bringe deshalb ein anderes Beispiel- Bewegung 3 Lan Zha Yi, erster Abschnitt der Bewegung- hier ein Auszug aus (einem) Buch von Großmeister Chen Zhenglei.
Auf diese Inhalte (und mehr) kann man also beim Formenlauf achten und - wenn man will- auch im dazugehörigen Anwendungstraining:

Es handelt sich nur um einen Bewegungsteil von wenigen Sekunden!!!! 0:51- 0:54
https://www.youtube.com/watch?v=ZTyIQm-_Bj4

Action 1- Bewegungsbeschreibung (Deutsch übersetzt, in Stichworten)
leicht nach links wenden, Schwerpunkt nach rechts; rechte Faust öffnet sich/offene Handfläche, bewegt sich (twining outward) nach aussen ni chan, während sie gleichzeitig nach oben abwehrt und sich ausdehnt (ward off, peng jin), linke Hand schiebt nach aussen und unten (twining, ni chan)

Requirements: während die rechte Hand... (wie oben, oh nee, ich mach Englisch weiter), first drop and rotate your waist, using your body to drive your right hand to ward off (peng) in an upward arc. Your left hand pushes downward (an) in conjunction with your right hand`s action. This energy manifests a type of energy known as opening energy (kai jin). Inhale during this action.

Internal energy (das Stichwort für alle Zweige und Schulen, die ohne Esoterik oder Qi auskommen wollen ;-) ): Your energy (jin) starts out from the dantian and, through the turning of your waist and relaxing of your shoulders, twines into your two arms. Your right hand (Wdh. der Bewegungsbeschreibung der Arme/Hände wie unter action1)... with all of your qi going through the middle fingers of both hands.

Self Defense application:
(man bedenke, es handelt sich nur um ein diagonales Öffnen der Arme mit leichter Drehung): Your two hands separate the attacker`s hands and open him up for a shoulder strike (der in der Form gar nicht ausgeführt wird!).Your two hands can also be used to protect yourself, the rightbhand protecting the head area, the left hand the body.


So. Und hier kann man nun mit ordentlich was an Yi (siehe anderer Thread ;-) ) seine Bewegung, bzw. diesen einen winzigen Abschnitt, entsprechend focussieren.
Die Vorstellung an innerem Kraftaufwand für ein Öffnen des Gegners gegen dessen möglichen Widerstand hin und das entsprechende Hineinschrauben des erst linken, nach Gewichtsverlagerung rechten Fußes in den Boden, um dazu auch den nötigen, festen Stand zu haben, fühlen sich etwas anders an, als wenn ich mir vorstelle, da kommt von oben (re) ein Schlag oder der linken Seite ein Tritt oder Schlag und ich muß diese mit meinen Armen abfangen.
Trotzdem sieht die Bewegung äußerlich gleich aus.

Und jetzt: aus Standpunkt des Lehrers: Ihr glaubt gar nicht, wie viele Schüler die Arme unsauber positionieren oder das Gewicht falsch verlagern, so daß weder die eine, noch die andere praktische Anwendungsvariante tatsächlich funktionieren würde! Von Anspannung und hochgezogenen Schultern, gebrochener Struktur oder sonstig fehlendem Fangsong noch gar nicht gesprochen! Und das war ja noch nicht mal eine ganze Bewegung, sondern nur ein Teil!

Wer also Lust auf Anwendungen hat, der kann schon im Alleinverfahren beim Formenüben ordentlich was anlegen und vorbereiten- um dann in Pushhands und Partneranwendungen herausfinden zu können, ob er (sie) seine Formenarbeit richtig gemacht hat und die Struktur (sowohl vom Skelett, als auch energetisch peng, lu, ji, an....) tatsächlich auch der Belastung durch eine andere Person standhält!
Und wer so vorbereitet ins PH geht und so seine Formen durcharbeitet, hat ja auch einen ganz anderen kämpferischen Bezug, als die reinen "Wolkenschieber"....

Das Problem liegt sehr oft aber auch in der Ungeduld, wenn Leute meinen, diese Details wären unwichtig und sie könnten diesen Schritt überspringen und wären gleich zu "höherem" berufen....

Na, und dann beim PH noch die Stichworte Fangsong, Ting Jin, wir kleben, folgen, fühlen.... und wenn unsere Bewegungen und Routinen sitzen und das Spiralprinzip und eine tragende Struktur automatisch und verinnerlicht vorhanden sind- die Hüfte offen lassen, Bögen in den Beinen behalten, nicht zu weit drehen usw....
dann gehts ans exakte Anwenden der Techniken und ums erfassen der richtigen Moments- also das Timing, im Bruchteil einer Sekunde zu spüren, wann der Gegner eine "Lücke", Disbalance o.ä. aufweist und diesen Moment intuitiv zu nutzen, um durch blitzschnelle eigene Action den kampf für uns zu entscheiden.

Klar, daß man dazu Zeit braucht und viel und oft üben müsste- wie in jedem Kampftraining.
Und- das brauche ich nicht eigens zu erwähnen- klar, daß man mit einer halben Stunde Tuishou pro Woche (wenn überhaupt) nicht in absehbarer Zeit zum (großen) Kämpfer wird.
Aber- aus SV-Perspektive- lernt man schon, balanciert und weich zu bleiben und ggf starre Kraft eines Angreifers abzuleiten, so daß man in einer Gefahrensituation vielleicht einen entscheidenden Vorteil gewinnt oder die nötige Zeit, um sich mit einem gezielten Tritt und/oder Weglaufen auf der Gefahrensituation zu befreien. Eventuell.


Hier zum Schluß (und zum Vergnüngen) noch ein paar traditionellere Anwendungen, das beliebte "Qinna", Hebel, wie sie ebenfalls in vielen Formbewegungen versteckt sind (u.a. im nächsten Teil von Lan Zha Yi, der Bewegung danach Liu Feng Si Bi) usw usw.
Ich glaube, daran sieht man schon, daß eine gewisse Erfahrung nötig ist, um Verletzungen durch falsche Ausführung (oder ungünstige Landung eines Laien) zu verhindern (GM CZL und sein Sohn)
https://www.youtube.com/watch?v=muCahu9WxWo

kanken
10-01-2017, 14:20
Und da kommen jetzt wieder die Bilder ins Spiel. Warum von Anfang an so kompliziert? Diese Bewegung baut, jedenfalls im Bagua, auf sehr vielen verschiedenen Visualisierungstufen auf. Man braucht doch nicht gleich die spiraligen Bilder dafür, schon gar nicht in der etwas "blumigen" Sprache des "Qi leitens".
Wenn man die einfachen Bilder für das Drücken und Ausdehnen nimmt, dann kann man damit schon sehr einfach anfangen und die Leute erst einmal in die einfache Anwendung für diese Bewegung führen (z.B. den Armdrag, der ja auch darin ist, oder meinetwegen die Schwert-/Säbelentwaffnung die darin enthalten ist, wenn es eine Anfängeranwendung für Waffen sein soll). Ein Schulterstoß ist ja schon etwas fortgeschrittener und erfordert gutes Hand- und Bodywork (und wir reden hier noch nicht von spiraligen Bewegungen).

Warum lehrt ihr gleich so etwas kompliziertes? Warum nicht die einfachen Basisanwendungen und darauf aufbauend dann die komplexen Dinge??? Diese Bewegung ist doch auch Teil der Peitsche (jedenfalls Elemente davon). Ich weiß nicht wie Ihr die aufbaut, aber auch da geht man doch nicht gleich auf den Genickbruch?

Wenn man mit so komplizierten Dingen anfängt, dann wundert es nicht dass die Leute frustriert sind. Wenn man mir es so erklären würde, dann würde ich auch denken "Oh shit, wie soll ich das alles lernen?" :ups:

Grüße

Kanken

P.S.

Im Bagua ist diese Bewegung u.a. Teil des doppelten Handwechsels, des Trennens von Himmel und Erde und dem ballspielenden Löwen.

scarabe
10-01-2017, 14:42
Daß es so ausführlich im Buch steht, heißt ja nicht, daß man das den Anfängern schon so beibringt.

Früher, als es noch üblich war, vor dem Formenlernen erst ein Jahr lang täglich mindestens 45 Min Zhan Zhuang (Arme auf Brusthöhe) zu stehen, um Energie, Struktur und meditative Ruhe/Kraft zu entwickeln, hatten die Formenläufer natürlich schon ein ganz anderes Gefühl für die inneren Prozesse, als ein heutiger Anfänger. Auch fiel den motorisch oft geschickteren Leuten die Bewegungskoordination meist leichter, so daß es für sie nicht so schwer war, alles sozusagen "unter einen Hut zu bringen".

Aber bei uns heute ist das schon anders. Am Anfang steht deshalb der erste Formendurchgang, wo man die Bewegung erst mal einigermaßen sauber lernt und erfährt, welches die Anwendungsmöglichkeiten wären- das hilft nämlich vielen Leuten auch, sich die Bewegungen besser zu merken.
Allerdings- und das ist sehr wichtig, damit der spätere Weg nicht verbaut wird und damit die Bewegungen auch ihren Gesundheitseffekt nicht verlieren- dürfen die Schüler körperlich nicht in dieselbe Anspannung gehen, in die man für diese Bewegungen in einer rein äußeren KK gehen würde, denn sonst sind die Gelenke dicht und es wird nie mehr was (oder nur mit sehr mühsamem Umgewöhnen) mit innerem Fluß (der ist ja sowohl für KK als auch für Gesundheitstaiji wichtig) und später innerer Kraft/ Jin ergänzt Li/ Fajin usw.

Es bleibt also nichts anderes übrig, als durchaus auch von Anfang an das Qi/Jin und das Yi nicht so ganz ausser acht zu lassen- denn was das Taiji-Hänschen nicht lernt, lernt Hans nur sehr schwer. Aber dafür sorgen zum Glück ja auch die Seidenweberübungen und die sonstigen Basics.

Wir Lehrer haben hier also einen Spagat zwischen einerseits einem relativ leichten, oberflächlichem, äußeren Durchlauf, dem Aufbau des Rohbaus sozusagen- müssen andererseits aber schon die Kanäle schaufeln und die Knotenpunkte frei halten, damit später die internen Leitungen gezogen werden können.... sozusagen.

Und dann sei nicht vergessen: Taiji ist nunmal Taiji und keine rein äußere KK.
Dank unserer modernen Zeit besteht ja eine breite Auswahl an Kampfkünsten und Kampfsport, so daß jeder sicherlich etwas Passendes finden kann.
Wer Taiji nicht mag, weil ihm die inneren Aspekte mißfallen, der kann nun zwar unvollständiges Taiji lernen- er könnte aber stattdessen natürlich auch eine andere Kampfkunst machen, die ihm/ ihr besser passt....
jeder wie er mag....

kanken
10-01-2017, 14:49
Nun ja, zumindest im Wu Tai Chi wird ja am Anfang auch mit sehr viel einfacheren Bildern gearbeitet um bestimmte Qualitäten zu entwickeln. Das Spiralige (egal über welche Ideen man das jetzt entwicklen will) am Anfang zu zeigen ist, in meinen Augen, wenig zielführend, zumindest wenn man Wert auf kämpferische Anwendung legt.

Leute mit solch komplexen Dingen zu überschütten und Ihnen zu sagen man dürfe bloß nichts anders machen, weil man sich dann andere Wege verbaut ist jedoch ein guter Marketinggag um die Leute bei der Stange zu halten.
Dann kann man schön Geld kassieren und muss nicht viel Preis geben. DAS wiederum würde sehr gut zu dem passen, was ich über diverse Lehrer aus China gehört habe...

Grüße

Kanken

scarabe
10-01-2017, 14:59
Die Spirale, bzw. Rotationskraft ist eines der am einfachsten zu begreifenden Dinge, mit dem meine Schüler gar kein Problem haben (vom Verständnis; die Umsertzung ist schon schwieriger, weil man ein wenig Fangsong und Struktur braucht).

Man nehme ein drehendes Rad (Fahrrad, Autoreifen) und schmeisse einen kleinen Stein drauf- dem Rad passiert gar nichts, der Stein aber wird in seiner Bahn umgelenkt und fliegt in hohem Bogen davon.
Hat bisher jeder begriffen, selbst die Omis.

Ansonsten schmunzle ich über deinen - zumindest, so, wie es auf mich wirkt- nicht ganz vorurteils- und aggressionsfreien Kommentar über Geld verdienen und Zeit schinden mal.
Ehrlichkeit gehört nämlich auch zu einer Kampfkunst- und nicht den Leuten zu erzählen, es wäre alles ganz einfach und schnell machbar, wenn man genau weiß, daß es - je nach Trainingsauwand- Jahre dauern kann, bis jemand wirklich was kann.
Zaiji ist in gewisser Weise komplex und beruht auf einer anderen Lebensfilosofie, die überall zum Vorschein kommt. Wäre es denn ehrlicher, die Leute mit falschen Versprechungen (leicht, einfach, in falschem Sinne entspannend).... anzulocken?
(ist aber in anderem Kampfsport auch so- ohne Fleiß und Zeitaufwand kein Fortschritt. Wieso sollte das bei Taiji anders sein?)

scarabe
10-01-2017, 15:47
Leute mit solch komplexen Dingen zu überschütten und Ihnen zu sagen man dürfe bloß nichts anders machen, weil man sich dann andere Wege verbaut ist jedoch ein guter Marketinggag um die Leute bei der Stange zu halten.


Wenn ich hier im Forum etwas unter Kampfkünstlern direkt schreibe, ist das ja doch etwas anderes, als wenn ich im Unterricht meinen Schülern etwas vermitteln muß.
Allerdings- man kann den Leuten nicht immer das sagen, was sie gerne hören wollen. Man kann sich durch falsches Training Wege zubauen und es liegt in der Verantwortung des Lehrers, die Schüler nicht ohne Warnung in diesen Irrweg hineinlaufen zu lassen. Auch wenn die Entscheidung beim Schüler liegt.

Jeder seriöse Chen-Zweig wird seinen Schülern diese Dinge sagen. Es gibt eben Fehler, die zu vermeiden sind.
Das hat nichts damit zu tun, ob man nun nach diesem oder jenem Lehrer lernt. Manche Dinge sind essentiell für richtigen Chenstil und darauf sollte man achten.
Nicht alle Schüler werden dadurch marketingträchtig "bei der Stange" gehalten; es gibt auch einige, die- wie Du oben schon kritisiert hast- auch den mühsamen, geduldigen Weg scheuen und dann lieber nicht bei mir Taiji machen.
Aber letztendlich, denke ich, landet doch jeder da, wo er hingehört und das Passende findet.



PS: Im Nachhinein - hast Du schon einen Punkt. Es gibt sicher Anbieter, die die Komplexität des Chenstils ausnutzen, um Schüler festzuhalten. Aber nicht alle sind schwarze Schafe.
Ich persönlich fände es schön, wenn ich mehr talentierte Schüler hätte, die gut umsetzen können, was man ihnen beibringt und dadurch etwas zügiger vorankommen. Aber nicht jeder hat das motorische Talent, die Zeit oder das tiefere Interesse.

Einige Meister haben extra wegen dieses Problems Kurzformen erfunden, weil die Schüler die schneller lernen können- aber auch das wird kritisiert;
und andererseits- eine Geige ist ja auch viel schwieriger zu erlernen, als z.B. Blockflöte; trotzdem vereinfacht man die Geige nicht zum einhändigen Zupfinstrument.... Es wäre ja auch schade, weil es dem Taiji, äh der Geige, die Finesse nehmen würde....

Gast
10-01-2017, 22:06
-

scarabe
10-01-2017, 22:31
Das "Spiralige", auch Spiralprinzip genannt, ist eigentlich einer der entscheidenden Faktoren, durch die sich Taiji von anderen Kampfkünsten und anderem Kampfsport unterscheidet. (ist aber auch nicht die einzige KK, die es nutzt!)
Ich denke, schon, daß man von Anfang an darauf achten sollte- denn wer es in Anwendungen oder Kampf nicht einbezieht und stattdessen zu sehr mit harter, linearer Kraft arbeitet, macht kein wirkliches Taiji.

Weiter oben habe ich das Beispiel mit dem Stein gebracht, der an ein drehendes Rad geworfen wird- und in hohem Bogen davonfliegt, ohne daß das Rad besonders dabei gestört würde.

Allerdings findet man das Spiralprinzip auch in jeder Bewegung der Taiji Form und den Seidenweberübungen wieder.
In Lan Zha Yi z.B. entsteht in der Endposition Peng Jin/ Druckausübung der rechten Hand/des rechten Arms eben nicht durch eine lineare schiebende Kraft aus dem rechten Bein, sondern durch eine Kraft, die sich spiralig aus dem Boden vom linken Bein in die rechte Hand schraubt.

DIE BEWEGUNG ENTSTEHT/ENTSPRINGTT DABEI SPIRALIG DURCH LÖSEN DER LINKEN HÜFTE (vg. "Reinsetzen");
wenn sind diese löst, also quasi leicht nach hinten unten geht, schiebt sich gleichzeitig die rechte Seite vor (simpel ausgedrückt) und durch diese Drehung um die Mittelachse bei gleichzeitiger Gewichtsverlagerung "schraubt" sich die rechte Körperseite samt Arm in Richtung Gegner.
(Man selber bleibt stabil und geerdet, da die Kraft aber auch im Gegner spiralig weiterarbeitet, kann sie ihn oft auch leichter entwurzeln, als lineare, gröbere Kraft.)

Seidenweberprinzip, Hüft-8; in jeder Bewegung ist es enthalten, ganzheitlich synchronisiert durch den gesamten Körper durch.

Auch Ableiten gegnerischer Kraft entsteht durch "Platz machen", indem man die jeweilige Hüfte löst, der Körper/besser: sein Zentrum dadurch aus der Angriffsrichtung herausdreht und man zugleich den Gegner packen und in seiner Angriffsrichtung spiralig (d.h. in eine Kreisbewegung lenkend, die durch meine Körperdrehung um die Mittelachse initiiert wird) weiter- bzw. ableite und ggf. noch beschleunige. (Lu)
Also nicht vorbeugen oder lehnen, sondern in der Körperstruktur bleiben und durch Lösen statt durch harte Kraft in den Anwendungen die Spiralkraft nutzen, z.B. also den Gegner bzw. seine Kraft aufnehmen und spiralig umlenken!
(wenn er dadurch noch nicht "abfliegt", kann man dann weitere Techniken hinzufügen, also ihn stolpern lassen ("zerreissen") oder, falls er zurückzieht, ihm noch einen Schubs mitgeben etc etc....)

Wer also das Spiralige am Anfang vernachlässigt und in den Anwendungen nicht darauf achtet, wird nur sehr schwer verstehen lernen, was Taiji eigentlich ausmacht....

kanken
11-01-2017, 07:50
Wer also das Spiralige am Anfang vernachlässigt und in den Anwendungen nicht darauf achtet, wird nur sehr schwer verstehen lernen, was Taiji eigentlich ausmacht....

Ist das wirklich so? Auch im Bagua ist die Spiralbewegung extrem wichtig (always twisting and coiling, like a dragon in the Sky), sie wird jedoch nicht von Anfang an gelehrt, sondern systematisch aufgebaut.

Wenn du sagst man müßte im Taiji das von anfang an beachten, ist es dann nicht so als wenn du einen Flugschüler in seiner ersten Stunde in eine F22 setzt und dann von ihm verlangst das Ding mit 6G zu fliegen? Alleine beim Anblick des Cockpits wird er wahrscheinlich gnadenlos überfordert sein.
Du kannst so jemanden doch nicht mit aeronautischen, physikalischen, waffentechnischen und taktischen Fachtermini auf Niveau eines ausgebildeten Kampfpiloten zuschütten und erwarten er würde so lernen zu fliegen.

Muss man nicht langsam anfangen und erst einmal zu Grunde liegende Prinzipien und Fähigkeiten entwickeln? Sollte dafür nicht z.B. das Tuishou da sein?

Im Bagua dienen dafür die systematischen Ideen, die, je nach Fortschritt, eben diese Prinzipien lehren und die grundlegenden Fähigkeiten schulen.
Man kann direkt am Anfang ja z.B. schon mit den Snake Hands anfangen, man muss aber da noch nicht die fortgeschrittenen Dinge drin üben, sondern man übt erst einmal einfachere Sachen (oder einfach nur die Motorik).

Gibt es so etwas nicht auch im Taiji?

Von der Neurobiologie her macht es doch auch Sinn erst einmal verschiedene Erregungsmuster separat zu etablieren und sie dann nach und nach zu koppeln.

Grüße

Kanken

Cam67
11-01-2017, 08:11
Muss man nicht langsam anfangen und erst einmal zu Grunde liegende Prinzipien und Fähigkeiten entwickeln? .
Man kann direkt am Anfang ja z.B. schon mit den Snake Hands anfangen, man muss aber da noch nicht die fortgeschrittenen Dinge drin üben, sondern man übt erst einmal einfachere Sachen (oder einfach nur die Motorik).

Gibt es so etwas nicht auch im Taiji?

Von der Neurobiologie her macht es doch auch Sinn erst einmal verschiedene Erregungsmuster separat zu etablieren und sie dann nach und nach zu koppeln.

Grüße

Kanken

was , wenn das spiralige in den Stand setzen (sinken) im Tai Ji genauso essentiell und Basic , grundlegende Motorik, ist , wie die Snake Hands im Bagua.
geht dann nicht jeder von euch beiden sinnhaft vor,......entsprechend SEINER Methode ?

kanken
11-01-2017, 09:23
Wie ich schon schrieb muss man zwischen einer äußeren Bewegung und einer differenzierten Bewegungskontrolle unterscheiden. Ich kann eine Bewegung äußerlich gleich machen, aber eine komplett andere "Ansteuerung" wählen. Eine einmotorische Propellermaschiene fliegt genau so wie eine F22.

Die spiralige Motoriksteuerung erfordert eine sehr feine Abstimmung von Muskelketten, sowohl intra- als auch intermuskulär, so etwas muss man aufbauen und kann nicht verlangen das man das ad hoc lernt. Ein solches Bild zu geben wie oben ist da, in meinen Augen und basierend auf meinen Erfahrungen, eher wenig zielführend (oder halt sehr wohl zielführend, je nachdem wie man es sieht :rolleyes: ).

Grüße

Kanken

Cam67
11-01-2017, 09:45
Wie ich schon schrieb muss man zwischen einer äußeren Bewegung und einer differenzierten Bewegungskontrolle unterscheiden. Ich kann eine Bewegung äußerlich gleich machen, aber eine komplett andere "Ansteuerung" wählen. Eine einmotorische Propellermaschiene fliegt genau so wie eine F22.

Die spiralige Motoriksteuerung erfordert eine sehr feine Abstimmung von Muskelketten, sowohl intra- als auch intermuskulär, so etwas muss man aufbauen und kann nicht verlangen das man das ad hoc lernt. Ein solches Bild zu geben wie oben ist da, in meinen Augen und basierend auf meinen Erfahrungen, eher wenig zielführend (oder halt sehr wohl zielführend, je nachdem wie man es sieht :rolleyes: ).

Grüße

Kanken

nichts für ungut kanken , aber ich habe es bei Scarabe als eine Beschreibung einer Bewegung verstanden und nicht als ein konkretes Bild für ihre Schüler.

vll. sollte hier generell unterschieden (in allen Threads) werden, zwischen einer Visualisierung allgemein und einer konkreten Visualisierungsmethode . und sollte auch deutlich so kommuniziert werden. das könnte einige Mißverständnisse im Vorfeld verhindern. ( wie z.b. im Visualisierungsthread geschehen).

ich hab das Gefühl du argumentierst sehr oft aus deiner Methode heraus. ... nur muss das nicht unbedingt zielführend und sinnvoll für andere Linien sein.

wie so oft sollte immer erst danach gefragt werden, was ? will ich wie ? erreichen.

wenn etwas aus Sicht deiner Linie wenig sinnvoll ist , dann kann man das auch so rüberbringen , nur muss man nicht im gleichen Atemzug das Konzept anderer in Frage stellen ohne vll. jemals selbst vor Ort gewesen zu sein.

oder man benutzt das alte Spiel des Rückfragens. wie z.b. bei mir/uns haben sich die und die Probleme dabei ergeben. wie habt ihr das gelöst mit eurer Art des Vorgehens.? das wäre doch mal was , gelle ? :D

so würde auch mehr etwas wie Diskussionen entstehen und andere vll. noch dazu lernen.

kanken
11-01-2017, 09:53
Noch mal anders:

Nehmen wir die oben von Scarabe gepostete Bewegung.

Taiji ist eine chinesische KAMPFkunst die entwickelt wurde um im bewaffneten Kontext das Überleben zu sichern.

Früher hieß das: man mußte mit Waffen umgehen können.

Diese Bewegung ist in vielen CMA bekannt und hat dort sowohl unbewaffnet, als auch bewaffnet, mehrere überlieferte Anwendungen.

Welchen Taiji LEHRER muss ich treffen damit er mir die Spiralkraft (die doch so basal ist) in den Basisanwendungen am Schwert, Säbel und Speer in DIESER Bewegung zeigt. Am liebsten frei und unkooperativ. Im Bagua gibt es dafür mehrere Anwendungen mit unterschiedlichen Waffen.

Ich bin in den CMA noch ein Anfänger, es sollte doch für einen Lehrer mit zig Jahren Erfahrung kein Problem sein mich im bewaffneten Übungskampf unter Kontrolle zu bringen und mir die Anwendungen und das Spiralprinzip zu erläutern. Immerhin ist Taiji eine KAMPFkunst und es gibt ja auch in Dtld. Leute die behaupten es als solche zu unterrichten.
Mich würden da die Gemeinsamkeiten (und evtl. Unterschiede) in den Anwendungen interessieren.

Also bitte: Wo kann ich hinfahren? Basiswaffenanwendungen in der freien (realistischen) Anwendung im Taiji. Wen muss ich dafür treffen?

Wenn die chinesischen Lehrer die Westler nicht nur verarschen und bei der Stange halten um Geld zu verdienen, dann müßten sie ja mittlerweile dieses Wissen auch in ihre Organisationen gebracht haben.

Grüße

Kanken

Gast
11-01-2017, 09:55
-

Cam67
11-01-2017, 10:02
nur das ich das richtig verstehe. wenn ich also nie den Umgang mit Waffen gelernt habe, könnte ich auch nie richtig Schlagen , Werfen , Hebeln ? ? ? obwohl ich mit dem gleichen Körper arbeite ?

wie schon gesagt, stülpst du in meinen Augen deine eigene herangehensweise zu stark anderen über bzw. lässt wenig bis gar keinen Raum für andere herangehensweisen.

ich bestreite ja nicht , daß Waffen ein tieferes Verständnis für Anwndungen , Motoriken v.a. traditioneller Stile ermöglichen, aber zu sagen ohne sie gehts nicht, hmh, da scheiden sich die Geister. spätestens wenn man dann trotzdem von einem geworfen wird , der noch nie mit Schwert oder Säbel hantiert hat.

kanken
11-01-2017, 10:25
Ich sagte nur als Lehrer einer KAMPFKUNST, deren primärer Inhalt der Umgang im bewaffneten Kontext war, erwarte ich dass dieser mir die Basisdinge im Umgang mit dem Schwert, Säbel, Speer (letztere immerhin die Basisausrüstung der Soldaten) erklären kann.
Taiji ist eine solche Kampfkunst und da sollte ein Lehrer das doch können???

@Aruna
Das hört sich bei Dir auch wieder anders an, aber wie gesagt solche Dinge sind besser im persönlichen Kontakt zu klären und zu spüren.

Noch einmal: Ich halte das (Chen-) Taiji nicht für schlecht und ich glaube auch dass es einer ausgeklügelten Didaktik folgt.

Mich beschleicht halt nur manchmal das Gefühl dass den (westlichen?) Schülern nicht alles gezeigt wird, warum auch immer, und man aber gerne ihr Geld nimmt.

Wenn man behauptet das "komplette" Taiji zu lehren, dann müßten doch diese Basiswaffengeschichten kein Problem sein, oder?

Grüße

Kanken

Cam67
11-01-2017, 10:32
ah ok. danke Kanken , nun hab ich es auch kapiert. manchmal fällt der Groschen eben langsamer.

mist, und ich hatte schon gehofft dich mal zu einem Randori herauszufordern , um zu sehen wie anders sich ein Waffengestählter Körper bewegt . :p

kanken
11-01-2017, 10:40
Randoris mache ich auch so immer gerne :rolleyes:

Cam67
11-01-2017, 10:47
Randoris mache ich auch so immer gerne :rolleyes:

dann plane ich das mal wirklich für mich ein , falls dir das recht ist. interessiert mich wirklich , deine Art mit dem Körper zu antworten. Ego-frei sollte bei uns ja kein Problem sein. :D

GilesTCC
11-01-2017, 13:21
Beste Vorgehensweise in Tai Chi (ich bin nicht qualifiziert, über Bagua zu reden)…

Bevor man mit Spiralen anfängt, zuerst die Synergie der Bewegung/Körperorganisation zwischen Erde und Himmel etablieren. Körperqualität von „song“/“sung“ = die Wirkung der Schwerkraft auf den Körper nicht bekämpfen, sondern spüren und willkommen heißen; überflüssige Spannungen in den Muskeln (und dann allmählich in manchen anderen Geweben) so weit wie möglich lösen; zugleich das Skelett bzw. die Wirbelsäule aufrichten. = gleichzeitiges/synergetisches „Loslassen“ und „Aufrichten“.

Danach können Spiralen langsam von selber entstehen bzw. gefördert werden. Meiner Erfahrung nach: Wenn Spiralen im Körper explizit gesucht oder gemacht werden, bevor eine solche Himmel/Erde-Verbindung entwickelt ist (was meistens Zeit braucht), bringen die Spiralen dem „Spiralenden“ nicht viel. Oder haben sogar eine blockierende Wirkung. Das zeigt sich spätestens bei Tuishou und Anwendungen.

Klaus
11-01-2017, 13:35
Das Stichwort ist "etablieren". Da geht es darum dass der Körper das von alleine tut, und der tut eine Menge in dem Fall. Ich hatte Reaktionen dass (grosse) Kräfte von hinten auf mich eingewirkt haben, und mein Körper hat das autonom bevor ich das gemerkt habe mithilfe von (Fa)jin so rausgedrückt dass sowohl meine Struktur als auch meine Balance erhalten blieben. Wenn ich gerade ausgelaufen bin, bin ich danach immer noch geradeausgelaufen, und wenn das kräftemässig nicht möglich war hat sich mein Körper selbständig so umorganisiert dass ich nur "parallelverschoben" wurde und immer noch weitergelaufen bin. Nur halt zwischen zwei Schritten ein paar Meter durch die Luft geworfen. DAS ist unter anderem eine Kernkompetenz, wer das machen möchte indem er mit dem Schädel fuhrwerken will wird feststellen dass es nicht klappt. Die Entscheidung ob ich stehenbleibe weil die Kraft reicht, oder mich drehen lasse weil sie nicht reicht, fälle ich nicht, das macht mein Körper in Millisekunden. In den Fällen wo das mal zu langsam wurde habe ich schwere Verletzungen davongetragen, das ist also existentiell ob das klappt. Ich habe aber auch zig Situationen völlig unverletzt überstanden *weil* mein Körper sofort und mit irrwitziger Artistik reagiert hat. Seine Knochen mit Jin stabilisiert, aber gleichzeitig sich auf die Kraft gelegt um getragen zu werden. So wichtig ist es mir nicht alles stets und immerdar völlig zu kontrollieren, das nennt man auch Kontrollzwang.

scarabe
11-01-2017, 15:49
Ich habe mir die Posts jetzt mal in Ruhe durchgelesen (quer gelesen) und habe viel Wichtiges entdeckt, aber auch festgestellt, daß es anscheinend ein paar Mißverständnisse gibt, bzw. einige zu sehr aufs Detail oder eine bestimmte Vorstellung fixiert sind und dadurch "den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen".
Anders, der Elefant: Einer fühlt das stämmige Bein, ein anderer den dünnen, peitschenden ******* (am Hinterteil zum Fliegen wegwedeln ;-) ), wieder ein anderer den weichen, muskulösen, schlängelnden Rüssel und noch einer die harten, glatten, gebogenen Stoßzähne- und jeder bekommt einen anderen Eindruck, was der Elefant ist- obwohl dieser ja eine harmonische Zusammensetzung aus allem ist und all seine Gliedmaßen zusammenspielen, wenn er irgendwas macht.


So in etwa verhält es sich auch mit dem Spiralprinzip im Taiji.
Es ist einfach überall enthalten.
Im Stehen und der Ruhe, im Innen und außen, in der Körperhaltung während jeder Bewegung einschließlich Stillstand- egal, ob gesundheits- entspannungs- oder kampforientiert.

Also etwa so, wie ein Steinhaus nunmal aus Stein ist und nicht aus Holz oder ein Kreis eben rund ist und kein Dreieck.


Wie zeigt sich das und wie, um Himmels willen, bringt man das den Schülern bei? (auch motorisch-koordinativ)????


Also, zuerst mal-
man muß begreifen, daß alles im Taiji auf Bögen, Kreisen, Ellipsen, Spiralen basiert und nicht auf Geraden. (Dazu hat GM Zhu Tiancai sogar mal extra ein Video gemacht, damit die Leute nicht immer mehr und mehr lineare Bewegungen einbauen, was falsch ist!)
Und daß sich- wurde ebenfalls schon erwähnt- das Spiralprinzip innerlich nur richtig entfalten kann bei korrektem Ding und zugleich Chen (Scheitel/Baihui nach oben aufgerichtet/ Yang-Kraft, Verwurzelung- Yin- etwa, wie plus UND Minus bei ner Batterie BEIDE ZUGLEICH wichtig sind, damit Strom fließen kann!!!)


Die 5 Bögen (=> rund, Spiralprinzip in simpler, äusserer Manifestation), ein ganz wichtiges Kriterium im Taiji, das gerne vergessen wird, aber immer vorhanden sein muß:
Arme bilden Bögen.
Beine bilden Bögen
Der Rumpf bildet den 5. Bogen
(und manche zählen den Horizontalbogen durch die gelöste Brust als 6. Bogen dazu, was Sinn macht).

Das heißt:
Egal, ob ich im Taiji (Zhan Zhuang- oder Wuji) stehe oder in einer Position aus der Form bin oder mich bewege, alles bewegt sich in mehr oder weniger äußerlich erkennbaren Bögen und jede Bewegung ist rund und keine Gerade.

Ich gehe gleich weiter darauf ein- muß jedoch sagen, daß Giles mit seinem Hinweis auf die Wichtigkeit des Fangsong- also des Lösens und Sinkens ein ganz wichtiges Ding erwähnt-
den Anfänger müssen unbedingt zuerst am Fangsong arbeiten, dem Lösen, Sinken und Öffnen des Körpers-
sonst ist weder eine korrekte spiralige Bewegung möglich, noch eine korrekte explosive Kratfübertragung spater.

Trotzdem muß klar sein, daß Fangsong nicht geht ohne rund/Spirale, Kreis, sonst ist es kein Taiji.

Selbst im Zhan Zhuang- die Arme bilden Bögen, die Brust ist gelöst (Fangsong) und bildet einen verbindenden Bogen zwischen den Armen.

Durch den Zwickel läuft ein Bogen in die beiden Beinbögen und die Erde. (dieser Bogen wird in D oft vernachlässigt, bzw. die Oberschenkel innen sind nicht gedehnt genug oder das Steißbein ist nicht gelöst, was zur Folge hat, daß die unterstützende Energie, die vom Boden durch die Beine eine tragende Brücke bildet und unsere Bein-Muskelkraft in den (tieferen, wenn korrekten) Ständen unterstützt, nicht richtig genutzt warden kann).
Genau genommen fühlt es sich an, wie ein Kreis aus Jinkraft, der durch die Erde durch wieder ins Bein läuft, ähnlich wie der Energiekreis, der bei den Armen von den Fingern einer Hand in die der anderen Hand überspringen kann...

Der Rumpfbogen (innerlich noch etwas komplizierter, da ellipsenartige Wellen der Kraftübertragung und Verbindung durch den Rumpf laufen und auch der Kleine Himmlische Kreislauf sich im ZZ etabliert) verbindet dann oben und unten.

Als ob das im ZZ Stehen noch nicht genug ware, bilden sich nach und nach auch noch rankenartige Spiralen um Rumpf, Arme und Beine, die einerseits die Ausdehung unterstützen (vgl. peng), als auch die Arme/Beine heranziehen, was mich so ein bisschen an die Federn an einem elastischen Stoßdämpfer erinnert. Oder Efeuranken um einen Ast.... oder der Sog eines Strudels....

Am Anfang ist das alles nicht so gut zu fühlen, weil die Schüler ja erst einmal das Loslassen üben, dann alle möglichen Verspannungen bemerken und so allmählich ihre Körperwahrnehmung erhöhen und in Ruhe und Geduld finden....
aber unter der sichtbaren "Spitze des Eisbergs" tut sich so einiges, womit sich das Spiralprinzip entwickelt und etabliert.

(Zugleich entwickelt sich beim ZZ in Synchronisation mit dem Fangsong und dem Spiralprinzip auch die sonstige Struktur- alles gehört zusammen, das eine läuft nicht richtig ohne das andere. Zum Glück passiert das meiste natürlich und automatisch, so dass man Anfänger damit theorietisch nicht zu sehr zu stressen braucht)


Wortauf aber auch beim Fangsong für Beginner zu achten ist, sind Bestandteile des Spiralprinzips:
Bogen in den Armen, geöffnere Gelenke, Zwicken und Achseln GEÖFFNET!!!!!!
Bogenschritte... usw.


Dann gehts weiter mit sonstigen Basis- und Fangsong-Übungen- entspannende, lösende Wellen- und Spiralbewegungen. Ganz natürlich und entspannend, Wellness...... den Körper lösend, öffnend, Meridiane stimulierend....
ohne daß man dem Schüler sofort erklären muß, daß dieselben Bewegungen in etwas focussierterer und strukturierterer Weise im Kampf ebenfalls verwendet werden! (sonst spannen sich einige "Spezialisten" nämlich gleich wieder an und der langsam entstehende innere Fluß ist perdu!)

So entwickeln sich Fangsong und Spiralen gleichzeitig und spielerisch.

Dann, ich Chenstil, die Spiral- und Strukturübung schlechthin, Chan Si Gong/Seidenweberübungen:
Armkreise koordiniert mit einer 8 des Zwickels und dem spiraligen Lösen und Sinken der Hüfte, welche sich ebenfalls in einer 8 bewegt.....
Koordiniert mit Dantian-Rotation uvm.
Innere Arbeit leitet die Jin-Energie vom Dantian in die äußeren Extremitäten und zurück, man "schaufelt" die Kanäle frei, entwickelt Gefühl für inneren Energiefluß, lernt, die im Stehen entwickelte korrekte, bogige Körperstruktur und Stabilität in einfache Bewegungsmuster zu übertragen und zugleich mit der inneren Energieführung zu koordinieren....

(nee, Leute, das kommt gar nicht nur aus dem Chen- auch die Shaolins, Wudanger und Hunyuan-Leute (uva.) nutzten schon solch spiralige, Endlos-Bewegungsfolgen, um ihre Körper zu lösen und "in Fluß" zu bringen!)

Bis schließlich diese strukturirten, Jin-Kraft-gefüllten Spiralbewegungen in der Form und im Pushhands verfeinert werden.
Unterstützung von Muskelkraft durch Jin-Kraft, Fajin.... usw.


Wenn man aber nicht von Aanfang an darauf achtet, daß die Bewegungen auf spiraliger Basis, nach spiraligem/runden Muster ausgeführt werden, kann es schnell passierent, daß sich Schüler eckige, lineare oder/und dauernd unterbrochene Bewegungen angewöhnen und somit genau genommen am Taiji vorbeischiessen....
deshalb sollte man schon darauf achten, daß von Anfang an Struktur, Spiralprinzip UND Fangsong koordiniert vermittelt warden.
Und FLUSS!!!!! Yin-Yang, langsam-schnell, sanft- (nach und nach) explosiv- aber nicht abreißen und unterbrechen!

Klar ist das nicht ganz einfach für die Schüler- aber, wie gesagt, Geige zu lernen ist auch anspruchsvoller, als Blockflöte....

Zum Glück treten wohltuende Entspannungseffekte und mehr Geduld schnell auf und der angenehm lösende Körper- und Energieeffekt entschädigt die Leute für die etwas mühsamen ersten Monate.



So- und nun sagen sicher einige: ja, nett, aber sie erzählt hier von allgemeinen Übungen- wo bleibt die Kampfkunst?
Spiralprinzip, das bedeutet doch, mit Spiralkraft oder spiraligem Aufnehmen gegnerischer Kraft zu KÄMPFEN!!!???

Genau. Auch.
Der gesamte Elefant. Jeder Arm, jedes Bein, jedes bisschen Jin-Energie, jede einzelne Formbewegung, jede Kampfanwendung, jede Faust- Ellbogen- oder Schulterstoß-
alles basiert auf Spiralen, die sich aus entspanntem (Fangsong) Einsatz korrekter Körperstruktur heraus entfalten.

Egal, ob das eine ausgreifende Bewegung mit einem Fauststoß ist (dessen Spirale vergleichbar ist mit der eines Bohrers, also der in sich drehende/rotierende Arm schießt scheinbar gerade nach vorne, während Rumpf/Kraftübertragung aus dem Boden aber auch spiraling durch den Körper laufen-
oder eine kleine Bewegung, wie ein Schulterstoß oder ein Handhebel usw....
(Im Chenstil sind speziell die Xinjia-Formen ja voller netter kleiner, kampftauglicher und vor allem sichtbarer Spiralen- während man in der Laojia eher das etwas geräumigere Bewegungsprinzip anschaulich erfahren kann- welches aber in der Xinjia nicht vergessen werden darf!!!! Man will ja nicht nur eindrucksvoll in der Luft herumfummeln, sondern notfalls auch die Reichweite und Zielsicherheit haben, um den Gegner effektiv zu treffen!)

Alles besteht aus lauter ineinandergreifenden, ineinander übergehenden Spiralen, innen, aussen, überall.
Es ist eben ein gesamtes Prinzip, ein gesamtes Konzept.

Und hier sind wir wieder bei dem netten Spruch:
Lerne tausend Techniken-
oder begreife ein Konzept- dann entstehen die tausend Techniken von selbst.
Wunderbar übertragbar aufs Taiji-Prinzip.



(In diesem Zusammenhang möchte ich nun schon mal darauf hinweisen, daß es im modernen Taiji leider (Un-)Sitte geworden ist, bis zum geht-nicht-mehr zu vereinfachen.
So sehe ich im Chen z.B. immer öfter horizontal-lineare Armbewegungen statt Bögen, eine unkorrekte Gewichtung (statt70/30 L oder 60/40X) fast komplett auf einem Bein, Yongquan und Kniekehle (Weizhong) gequetscht statt offen, das andere Bein statt Bogen fast durchgedrückt... Kraftübertragung dadurch linear statt spiraling....
Statt koordinierter "ganzheitlicher" Bewegung mit der Körpermitte als Transformator beinahe festgeschraubte Hüfte und unkoordinierte Armbewegungen....

Ich glaube nicht, daß man den Schülern dadurch einen Gefallen tut, den so können sie ihr Taiji ja nie richtig und umfangreich in all seinen Aspekten entfalten und erfahren- vor allem auch nicht richtig begreifen!

Wer sich diese "Marotten" aber erst mal angewöhnt hat, kann sie sich nur schwer abgewöhnen oder noch umlernen.
Darüber möge jeder selber nachdenken.


Es ist ja auch so- wenn z.B. ein älter werdender Großmeister seine Bewegungen nach über 60 Jahren allmählich reduziert und wegen alterstypischer (aber vergleichsweise ja immer noch geringer) Abnutzungserscheinungen hier oder da mal entlastet- oder eine Bewegung äußerlich kaum noch sichtbar ist- dann kann es durchaus sein, daß sein Jinkraft-bezogenes "Innenleben" das ausgleichen kann und darüber entschädigt....
Aber wenn (relative) Anfänger dann meinen, sich den mühsamen Weg über deutliche, im Großen beginnende und erst allmählich - über die Jahre- kleiner werdende körperliche Bewegungen hin zu wachsenden inneren Prozessen sparen zu können und gleich da einzusteigen, wo der alte Großmeister nach über 60 Übungsjahren ist.... das kann nicht funktionieren.
Äußerlich mag es ähnlich aussehen, aber innerlich ... nix da.

Wer den Leuten das erzählt, ist in meinen Augen nicht wirklich seriös - und wers nicht glaubt und nicht genug eigene Erfahrung hat, findet auch genügend seriöse Fachliteratur aus den chinesischen Heil- und Kampfkünsten, die von seriösen Meistern über die Jahrhunderte erstellt worden ist und sehr anschaulich erklärt, worauf in welchem Stadium zu achten ist...

In diesem Sinne- fröhliches und erfolgreiches Trainieren!

Gast
11-01-2017, 16:08
So in etwa verhält es sich auch mit dem Spiralprinzip im Taiji.


Das "Spiralprinzip" ist nicht eine Sache des Taiji oder einer anderen Kampfkunst.
Es ist ein Prinzip der Natur, und ist im menschlichen Körper manifestiert.
Was man üben und lernen muss, ist sich dem natürlichen Aufbau des Körpers entsprechend zu bewegen, sich die vorhandenen Verbindungen bewusst zu machen und sie zu nutzen.

scarabe
11-01-2017, 16:13
Das "Spiralprinzip" ist nicht eine Sache des Taiji oder einer anderen Kampfkunst.
Es ist ein Prinzip der Natur, und ist im menschlichen Körper manifestiert.
Was man üben und lernen muss, ist sich dem natürlichen Aufbau des Körpers entsprechend zu bewegen, sich die vorhandenen Verbindungen bewusst zu machen und sie zu nutzen.

Jain.
Das Spiralprinzip entspringt der Natur (siehe oben meinen Hinweis auf efeu oder Strudel...), die damalige Weltanschauung basierte darauf und somit auch das Taiji.
So, wie es in Natur und Kosmos überall enthalten ist, ist es auch im Taiji überall enthalten.
Deshalb geht Taiji ja auch nicht ohne ;-)

Leider verlernt jeder, der den Mutterleib verlassen hat, sich nach diesem natürlichen Prinzip zu bewegen und so muß es eben parallel zu einem "gründlichen Reset" im menschlichen Bewegungs- und Energiemodus neu installiert werden.



Im Taiji gibt es eben bestimmte etablierte Methoden, das Spiralprinzip zur Entfaltung zu bringen. In diesem Sinne darfst du das verstehen.

Leider ist die schlaue Theorie immer viel einfacher, als die praktische Anwendung! ;-)

kanken
11-01-2017, 16:20
Das mit den Bögen, Kreisen etc. ist ja alles schön und gut und auch im Bagua essentiell (wenn auch mit einer anderen Didaktik, Sprache, Idee), aber, wie Inryoku schon schrieb, ist das einfach die natürliche Art sich zu bewegen. Unterschiedliche Schulen mögen dies unterschiedlich schulen, viele Wege führen nach Rom, aber das Ziel ist eine solche natürliche Bewegung.

Noch einmal: Taiji ist eine KAMPFkunst (und zwar eine hocheffektive gewesen):

http://www.kampfkunst-board.info/forum/f52/taijiquan-anwendungen-meinung-180911/index7.html#post3553790



Welchen Taiji LEHRER muss ich treffen damit er mir die Spiralkraft (die doch so basal ist) in den Basisanwendungen am Schwert, Säbel und Speer in DIESER Bewegung zeigt. Am liebsten frei und unkooperativ. Im Bagua gibt es dafür mehrere Anwendungen mit unterschiedlichen Waffen.

Ich bin in den CMA noch ein Anfänger, es sollte doch für einen Lehrer mit zig Jahren Erfahrung kein Problem sein mich im bewaffneten Übungskampf unter Kontrolle zu bringen und mir die Anwendungen und das Spiralprinzip zu erläutern. Immerhin ist Taiji eine KAMPFkunst und es gibt ja auch in Dtld. Leute die behaupten es als solche zu unterrichten.
Mich würden da die Gemeinsamkeiten (und evtl. Unterschiede) in den Anwendungen interessieren.

Also bitte: Wo kann ich hinfahren? Basiswaffenanwendungen in der freien (realistischen) Anwendung im Taiji. Wen muss ich dafür treffen?

Wenn die chinesischen Lehrer die Westler nicht nur verarschen und bei der Stange halten um Geld zu verdienen, dann müßten sie ja mittlerweile dieses Wissen auch in ihre Organisationen gebracht haben.


Grüße

Kanken

scarabe
11-01-2017, 18:06
Ja, mein Guter das ist ja wirklich reizend von Dir, daß Du mich hier bloßzustellen versuchst, aber das Video ist ein MITSCHNITT während eines Einführungsseminars für ANFÄNGER, von denen einige zum ersten Mal ein Schwert in der Hand hatten.
Es wurde aufgenommen, damit sie zuhause eine Erinnerung haben, was wir gemacht haben, bzw., was sie üben können.

Dementsprechend ging es ausnahmsweise weniger ums Spiralprinzip und auch nicht um eine marketingwirksame "Heldendarstellung", als um den anfänger-kompatiblen Beginn der Chen -Schwertform und darum, wie man das Schwert hält und seine ersten Bewegungen damit ausführt, damit man es locker bewegen kann, es einem aber auch nicht aus der Hand fällt....
Ansonsten ist es ziemlich korrekt und nichts, wofür sich ein 5. Duan schämen müsste ;-) Der Kollege auf dem anderen Video sieht zwar interessanter aus, ist in seiner Bewegungsausführung in der Form aber deutlich schlampiger. Sorry.
(sein Video wurde hier im Board aber vor Jahren schon ausführlich diskutiert)

Ansosnten (Video): Das mit dem Mittelfinger und dem lockeren Zeigefinger wirst Du ja wohl wissen/ sehen? Und daß die Bewegung nicht nur aus dem Arm kommen soll? die Schwertspitzen-Richtung während der ersten Bewegungen?
Und das alles so, daß die Teilnehmer verstehen, aber auch nicht frustriert werden.....
na, über dieses Problem hattest Du es in einem Deiner früheren Posts hier ja auch schon.

Jan hingegen hat ein werbewirksames Reklamevideo gemacht in romantischer Umgebung.
Das ist in etwa so, wie wenn Du das mal eben gekochte Frühstücksei kritisierst, weil es nicht mit einem speziell angerichteten Mittagsmenü konkurrieren kann. Soll es auch gar nicht.
Allerdings- die korrekten Ausrichtungen, die im Chenstil in der Schwertform verlangt werden- die nimmt mein Kollege auch nicht immer so ganz genau...

Trotz Deiner Bemühungen- mein obiger Post über Sprialkraft wird dadurch nicht unwahrer.
Ansonsten ist Dein letzter Post o.t.

scarabe
11-01-2017, 18:27
Hier ist auch was Unspektakuläres und wenig Heldenhaftes ;-), aber wenigstens hat es mit Kreisen zu tun... Lösen, Sinken, Struktur.... und Spiralen: Basis Seidenweber
watch?v=ICdXR6GAb2w


Hier ist ein anderes Schwertvideo von mir, a la Frank Miller, was man mit Fortgeschritteneren (als denen auf dem Einsteiger Video) ganz entspannt fürs Schwert- und Distanzgefühl machen kann- vielleicht gefällt Dir das besser? (Facebook, aber öffentlich sichtbar- wir waren ein bisschen vorsichtig, weil ohne Schutz-Ausrüstung))

https://www.facebook.com/alfie.chentaiji/videos/vb.100000569341978/1184483998247234/?type=3&theater

Und hier gleich noch ein paar kleinere Spiralbewegungen von heute Training/Unterricht (kommt gleich, kämpfe noch mit youtube):

Quitte
11-01-2017, 18:30
Wenn die chinesischen Lehrer die Westler nicht nur verarschen und bei der Stange halten um Geld zu verdienen, dann müßten sie ja mittlerweile dieses Wissen auch in ihre Organisationen gebracht haben.


Man kann den Spiess auch umdrehen:

Karate hat sehr viele Techniken, im Sportkarate ist es dann bloss noch Kickboxen.
Escrima hat viele Techniken, im Sparring ist es nur noch gefuchtel.
WingChun ist super technisiert und durchdacht, wenn der andere dagegenhält geht nicht mehr viel.


Die Liste kannst du gerne weiter führen, mit so ca. allen KKs die viel technische Anwendung trainieren.



IMA (TaiChi) ist zu grossem Teil Attribut Training.

Quitte
11-01-2017, 20:06
Ein guter Lehrer vermeidet, dass ein Schüler Umwege geht.
Das macht Scarabe. Auch wenn ich die Form nicht so toll finde, lese ich aus ihren Beiträgen genügend Sachverständnis raus.

scarabe
11-01-2017, 21:20
Ein guter Lehrer vermeidet, dass ein Schüler Umwege geht.
Das macht Scarabe. Auch wenn ich die Form nicht so toll finde, lese ich aus ihren Beiträgen genügend Sachverständnis raus.

Danke.
Die Schwertform ist auch nicht auf besonders attraktiv gelaufen, sondern ganz banal klassisch-korrekt. Nach einigen Jahren bei Wang Haijun und als Kampfrichterin weiß ich in etwa, worauf es da ankommt- auch wenn in unserem Land viele andere Varianten gerne geübt werden.
Zuletzt musste die Form langsam, deutlich und nicht zu schnell oder tief gezeigt werden, denn die Schüler (man sieht sie ja auch im Video) hatten wirklich noch nicht lange ein Schwert in der Hand.

Erst mal korrekt, langsam und hoch, vor allem die Klinge richtig positioniert- danach kommt die Verfeinerung.


So.
Und hier habe ich den Chen-bezogenen Anwendungsteil der Bewegung Jin Gan Dao Dui nochmal aus dem Video ausgeschnitten (ein paar Form-Sekunden am Anfang müsst Ihr einfach überspringen) und auch wenn hier nun einige Kampfsportler aus anderen Bereichen nur gähnen werden sind es doch diese Details, mit denen man langsam und Stück für Stück die Leute an die Bewegungen und Anwendungen aus dem Chenstil heranführt.
(das ist übrigens immer noch nicht alles, was an App in der Bewegung steckt, aber alles, was wir von der Bewegung aufgenommen haben. Also wie gesagt, wer seine Form intensiv betreibt, hat schon einiges an Anwendugen zum Üben)

watch?v=jHZNFlEM6vY

(Und bitte, Leute, seid fair: Diese Videos wurden einfach im Unterricht mit aufgenommen, nicht lange vorbereitet oder als Verkaufsvideos aufbereitet. Manchmal klappt dann halt was nicht ideal oder sieht nicht so spektakulär aus, aber dafür ist es live und tatsächlicher Unterricht. Auch der "Box-Teil" am Ende soll einfach nur einen Eindruck vermitteln, wie es sich am Handgelenk anfühlt, wenn man wo draufhaut (speziell für die Mädels), eine Entfernung überbrücken muß oder man ausweicht usw. Keiner von uns ist Kickboxer o.ä.)

panzerknacker
11-01-2017, 21:49
Was das sein soll, ist mir schon klar, machen 1000 verschieden Systeme
völlig ohne internal Zeugs
finde ich so schon zumeist eher schlecht ausgeführt, pitschepatsche drills ohne Ziel
warum? einfach weil keiner weiß, was das mit den Waffen zu tun hat, da hat Kanken völlig recht
und selbst, wenn die Leute mit Waffen ´rummachen, machen sie den gleichen Murks, das dann aber wenigstens deutlich dynamischer
funktioniert auf die Art und Weise sowieso nicht, alles Spielkram
das bedarf einiger tweaks, die sich erst umsetzen lassen, wenn man versteht,
was da überhaupt passiert, und dann bedarf es eines entsprechenden mindsets

Ist ja nichts gegen langsames Üben einzuwenden, aber dann doch bitte mit
der richtigen Geometrie, timing und Intent und vor allem vollständiger Bewegung

Kämpfen heißt Bewegen, daß kann man durchaus sparsam machen, sofern man eine gute Struktur hat, auf die Außen zu kommen, erfordert aber neben grundlegendem Verständnis von Zeit und Raum perfektes bridging und ein gutes Maß an zielgerichteter Aggressivität.
Ja ich kenne Leute, die das, ohne die Waffen gelernt zu haben, können.
Die haben das im Rückenmark, nennt man wohl Talent.
Alle anderen müssen sich das mühsam antrainieren.

Das was Du da zeigst ist der first contact eines counteroffensive Operierenden gegen einen Fauststoß, von dem Du nur zufällig weißt, daß er so kommt (hast Du ihm ja vorher gesagt, was er machen soll).
Da machst Du dann erstmal ´ne schöne Leerbewegung, um with the force zu kommen, das bridging der rechten Hand schafft keinerlei clearing, Du hast da kein Vertrauen in Deine eigene Bewegung (besser ist das) und duckst Dich, die controlposition (control statt break muß man sich erst mal leisten können nur so am Rande) ist falsch, Du bist unentschlossen oder planlos, ob Du jetzt die Bewegung des Gegners mit Winkelschritt brechen willst oder weiterführen willst in einen takedown, die backhand zu den Rippen ist ja wohl gar nichts, die Applikationen, speziell der takedown über seine linke Schulter, wird so im Leben nicht funktionieren, die Version auf die andere Seite kommentiere ich jetzt nicht weiter.

Wäre mir ja grundsätzlich egal, was Du da in Deinem Training treibst, aber Du hast es selbst veröffentlicht, der Fred hier heißt Taijiquan Anwendungen, ihr redet hier von peng, ji, Spiralkraft, fajin usw., seid beleidigt, wenn Kanken das nicht ernst nehmen kann ( der hat deutlich mehr Plan von internal power, als ich jemals haben werde behaupte ich mal) und dann so ein Video als Anwendungsbeispiel?
Da ist doch gar nix, nicht mal external power.

Na Ihr macht das schon, ernsthafte Auseinandersetzungen sollest Du aber so auf jeden Fall vermeiden.

scarabe
11-01-2017, 23:15
Na, immerhin. Aber vielleicht setzt Du Dir einen Kopfhörer auf und hörst den Text dazu an. Dann wird sich Dir vieles erschließen, was nicht mit mangelndem Vertrauen zu tun hat, sondern mit Erklärungen und Unterrichten.

Hat vielleicht auch was mit den unterschiedlichen Egos von Männern und Frauen zu tun ;-) Ich muß nicht aussehen wie ein Weltmeister- Hauptsache, meine Schüler verstehen das, was sie in der jeweiligen Stunde mitnehmen sollen.

Es geht noch nicht mal um BaFa, Peng und Lu ja, aber Ji und An werden hier noch gar nicht erklärt, wie gesagt, Anfänger und sonst zu viel Input.
Es geht darum, daß die Leute sehen, was alles in der Bewegung steckt. Sie verstehen dann besser, was sie tun und können sich die Bewegungen besser merken. Sie dürfen mal wo draufhauen usw., um das mal zu spüren.
Kämpferisch im Sinne von richtig Herumraufen wirds erst viel später.


Für alle, die sich wundern: es geht um Möglichkeiten, wenn ein Fauststoß kommt: Ausweichen, Wegducken, ins Gesicht getroffen werden ;-) oder ihn in irgendeiner Weise Abfangen/Kontern.
Da im Kurs z.T. Leute stehen, die noch nie von sowas gehört haben, wird es sehr langsam, deutlich und behutsam gezeigt.
Auch, weil welche drin sind, die auf Schnelligkeit setzen ohne Technik oder Treffsicherheit..... aber stell Dir vor, sie erwischen dann echt mal das Knie oder hebeln den Ellbogen zu stark....


Klar sage ich meinem Partner, was er machen soll.
Immerhin geht es hier nicht um Freikampf-Training, sondern um die Anwendung einer ganz bestimmten Bewegung aus der Form, die sich wieder auf ganz bestimmte Anwendungs-Varianten bezieht.
Siehe auch, was das Bein alles machen kann...

In der Bewegung drehen wir ja auch erst nach links, dann nach rechts, dann kommt das Bein raus usw.....

Womit wir wieder bei der anfänglichen Diskussion wären, wieso man den Leuten erst mal eine gewisse Basis beibringt, bevor sie herumraufen dürfen.

Gast
12-01-2017, 09:43
Jain.
...
So, wie es in Natur und Kosmos überall enthalten ist, ist es auch im Taiji überall enthalten.


Eher nicht "im Taiji", sondern im menschlichen Körper, deswegen funktioniert es.
Schau dir mal die Anatomie der Strukturen des menschlichen Körpers an.
Spiralige Strukturen sind ein wesentliches Grundprinzip der Strukturen.
Muskelketten sind spiralig aufgebaut, Knochenstrukturen wie das Fußgewölbe, Faszienstrukturen, etc.
Taiji und andere Kampfkünste machen sich diese anatomischen Gegebenheiten auf eine besondere Weise zu Nutze. Natürlich sind es auch Trainingssysteme, um die natürliche Bewegung entsprechend diesen Gegebenheiten zu entwickeln.
Im Grunde genommen ist aber jede Form optimierter Bewegung Ausdruck dieser natürlichen Spiralstrukturen, denn so arbeitet der menschliche Körper nun mal.

ThomasL
12-01-2017, 11:21
scarabe:
...wo sich hier alles ums Spiralprinzip nicht nur in Anwendungsbezug dreht, irgendwelche Grundlagenvideos und Auszüge aus meinem Anfängerunterricht herbei- nein, nicht Anwendungen oder Tuishou, sondern Formen- und Basisunterricht Schwert- stellst irgendeinen unnachvollziehbaren Bezug zu Kampfanwendungen her- worum es in den Videos weder geht, noch verantwortlicherweise im Einsteigerkurs gehen sollte

Was ich an dieser Aussage nicht ganz verstehe. Ich habe mich auch lange und intensiv mit "Waffenkampf" beschäftigt, erst im Escrima und dann im HF ("Langschwert", Schwert und Buckler).
In beiden Bereichen habe ich auch bei Partnerübungen für Anfänger bzw. in Formen (Esrima) nur Dinge gezeigt bekommen (bzw. im HF später auch gezeigt), die so auch 1 zu 1 in "der Anwendung" gemacht werden können.
Das dies am Anfang noch sehr grob ist und viele Details erst viel später ausgearbeitet (eher verfeinert) werden ist klar, ebenfalls, dass vieles später mit weniger Bewegungsspielraum ausgeführt werden kann (teils auch sollte). Die grundlegende Bewegungen waren aber immer schon praktisch anwendbar. Ist das bei Euch anders?

Von IMA habe ich noch wenig Ahnung, aber auch die ersten Anfängeranwendungen im Bagua, die mir Kanken gezeigt hat, waren durchweg so angelegt, dass man sie auch praktisch anwenden könnte (natürlich noch die Langform). Das sie einer verbesserten Bewegungssteuerung (die erst zu erarbeiten ist) natürlich noch endlos zu verfeinern sind, ist dabei auch klar,

kanken
12-01-2017, 11:32
Klar kannst Du vorbeikommen und mitmachen. Bei uns ist jeder immer gerne gesehen und willkommen. Wir stellen in der Regel immer einen von uns "ab" damit er sich um Neue (oder Gäste) kümmert. Da ist das Niveau immer an die Vorkenntnisse angepasst.

Noch einmal zu meinem "Ausbruch" oben:
Ich bin nicht auf Streit aus und auch nicht auf irgendwelche Prügeleien. Ich denke man kann alles in einem gemeinsamen Training vernünftig besprechen und zeigen.
Was mich halt nur immer ankotzt ist das die Leute, die meinen alles besser zu wissen, sich sehr häufig in der Anonymität des Netzes verstecken und man nicht überprüfen kann wer da was behauptet.

Meiner Erfahrung nach hat man mit Leuten, die wirkliche Gewalterfahrung und -kompetenz haben die besten Trainingserfahrungen, ganz ohne ein hartes Sparring oder irgendwelche Egogeschichten. Diese Leute haben aber auch kein Problem zu Ihrer Meinung mit Ihrem Namen zu stehen.

Man merkt im persönlichen Kontakt in der Regel sehr schnell wer wirklich etwas kann, im Gegensatz zu irgendwelchem Geschreibsel im Netz.

Grüße

Kanken

scarabe
12-01-2017, 11:33
Eher nicht "im Taiji", sondern im menschlichen Körper, deswegen funktioniert es.
Schau dir mal die Anatomie der Strukturen des menschlichen Körpers an.
Spiralige Strukturen sind ein wesentliches Grundprinzip der Strukturen.
Muskelketten sind spiralig aufgebaut, Knochenstrukturen wie das Fußgewölbe, Faszienstrukturen, etc.
Taiji und andere Kampfkünste machen sich diese anatomischen Gegebenheiten auf eine besondere Weise zu Nutze. Natürlich sind es auch Trainingssysteme, um die natürliche Bewegung entsprechend diesen Gegebenheiten zu entwickeln.
Im Grunde genommen ist aber jede Form optimierter Bewegung Ausdruck dieser natürlichen Spiralstrukturen, denn so arbeitet der menschliche Körper nun mal.

Ja, selbstverständlich. Um Mißverständnisse zu vermeiden-

Nur ist es ein Unterschied, ob man sich im Alltag einfach so bewegt (was meistens in der Kindheit abtrainiert wird und mühsam wieder angelernt werden muß) oder ob man dieses Prinzip zu kämpferischen Zwecken nutzt.

Der Kosmos, die Natur, selbst unser Erbgut kommen nicht ohne Spiralen aus und es war naheliegend, dieses Prinzip auch für die Kampfkunst heranzuziehen.

Spiralen allein machen noch keine Kampfkunst- und zum anderen gibt es aus dieser Zeit und aus Asien (also mit derselben Weltanschauung) ja durchaus auch Kampfsport, der sich weit weniger aufs Spiralprinzip bezieht, als Taiji.

Anders gesagt, eine Spirale macht noch keine Kampfkunst, dazu gehört mehr, die Spirale kann als natürliches Prinzip aber natürlich optimal dafür genutzt werden.

carstenm
12-01-2017, 12:44
... zum anderen gibt es aus dieser Zeit und aus Asien (also mit derselben Weltanschauung) ja durchaus auch Kampfsport, der sich weit weniger aufs Spiralprinzip bezieht, als Taiji.Aus dem OT angemerkt sei nur der Vollständigkeit halber, daß Taiji nicht die einzige Kunst ist, die sich auf "das Spiralprinzip" bezieht, bzw. es anwendet.

scarabe
12-01-2017, 13:12
Auf jeden Fall. Ich habe es ja auch nicht ausgeschlossen.... das alles bezog sich auf die Posts vor 2 Seiten, als wir übers Anwendungstraining zur diskussion von Spiralen kamen.

pilger
12-01-2017, 13:24
Mal etwas Grundsätzliches zum Unterrichten von Anwendungen:

Nach meinem Dafürhalten sollte man Anwendungen tatsächlich nur unterrichten, wenn man bereits ein paar wirkliche Auseinandersetzungen hatte.
Das schränkt zwar den Kreis derer ein, die es dann tun, senkt also die Quanitit an Kampflehrern für Taichuchan (und andere IMA) noch weiter nach unten als sie sowieso schon ist, erhöht aber gleichzeitig die Qualität des Gezeigten, weil es dann nur noch Menschen zeigen, die wissen wie sich körperliche Gewalt anfühlt und einen Kampfinstinkt entwickelt haben und in der Folge auch zumindest in etwa eine saubere Anwendung zeigen und vermitteln können!
Und dann besteht auch die Hoffnung, dass der Schüler eines solchen Lehrers ein Gefühl bekommt, anwendungsbezogen hinter den jeweiligen Prinzipien steckt.
Und ich traue mir durchaus zu, zu beurteilen, nachdem ich jemandem persönlich begegnet bin, manchmal sogar aufgrund von Videos, zu beurteilen, zu welcher Kategorie derjenige gehört.
Dafür muss ich garnicht volle Kanne mit ihm Sparring gemacht haben, ein wenig miteinander bewegen und Ansätze spüren reicht da aus.

Und Kanken, auch wenn er hier hart mit scarabe ins Gericht geht, habe ich im obigen Sinne ein wenig gespürt. Und daher weiß ich, dass er definitiv zu der Sorte von Menschen gehört, die Gewalterfahren sind und bereits einige Male entsprechendes anwenden mussten. Er besitzt diesen Kampfinstinkt.
Und wenn dann Videos gezeigt werden mit Anwendungen, bei denen man sieht, dass der Anwender (sorry scarabe, du erklärst wirklich toll, aber das was du in den Videos zeigst, enthält für mich nicht im Ansatz Kampferfahrung, mal die Rauferein mit deinen Brüdern die du so gern betonst, außer Acht gelassen, denn Brüder sind Brüder und keine gewalttätigen Gegner) keine wirkliche Gewalterfahrung hat, aber dann versucht, Anwendungen an den Mann zu bringen, sieht man einfach, dass es an der Brücke fehlt, das vorhandene Wissen um die Prinzipien von der Form in die Anwendung zu bringen.
Scarabe unterrichtet sicherlich hervorragend Form usw. Aber Anwendungen mit dem Anspruch, im Notfall damit agieren zu können, würde ich mir eher (so ich denn unerfahren wäre) von jemandem wie Kanken beibringen lassen.
Er hat den Kampfinstinkt den es braucht.
Schade dass er keine Videos hat. Der ein oder andere könnte dann dort bereits sehen was Kanken öfter meint.

Grüße Pilger

kanken
12-01-2017, 13:32
Nach meinem Dafürhalten sollte man Anwendungen tatsächlich nur unterrichten, wenn man bereits ein paar wirkliche Auseinandersetzungen hatte.

Das schränkt zwar den Kreis derer ein, die es dann tun, senkt also die Quanitit an Kampflehrern für Taichuchan (und andere IMA) noch weiter nach unten als sie sowieso schon ist, erhöht aber gleichzeitig die Qualität des Gezeigten, weil es dann nur noch Menschen zeigen, die wissen wie sich körperliche Gewalt anfühlt und einen Kampfinstinkt entwickelt haben und in der Folge auch zumindest in etwa eine saubere Anwendung zeigen und vermitteln können!

...

Dafür muss ich garnicht volle Kanne mit ihm Sparring gemacht haben, ein wenig miteinander bewegen und Ansätze spüren reicht da aus.



Danke Pilger! Du hast sehr genau und gut getroffen was ich (emotional gefärbt) versucht habe zu sagen!

Gerade das fett markierte verstehen viele Leute (leider) nicht.

Viele Grüße

Kanken

concrete jungle
12-01-2017, 14:51
Stimme dem vom Escrima/ Kali her zu, auch HF, Mensur, Sportfechten, wo ich mal Mittrainierte oder mich zu austauschte, waren sehr konkret und pragmatisch auf Erfolg getrimmt. Umso westlich geprägter, desto mehr!

Auch im Boxen, diversen Tretboxstilen habe ich das so kennen- und schätzengelernt.

Auch einem guten Boxer kann man imho in wenigen Einheiten was mit kurzen Waffen beibringen, so zB weniger einzustecken...;)

Wenn dann Leute mit komischen Mottenjagen mit einem Schwert oder Säbel daherkommen sollten die sich mal einen DM im Degen mit einem small sword vorstellen. ARRRGHHH die Motte ist fällig...und ich glaube auch mit ,,Intent'' !

scarabe
12-01-2017, 16:19
Kampferfahrung, mal die Rauferein mit deinen Brüdern die du so gern betonst, außer Acht gelassen, denn Brüder sind Brüder und keine gewalttätigen Gegner) keine wirkliche Gewalterfahrung hat, aber dann versucht, Anwendungen an den Mann zu bringen, sieht man einfach, dass es an der Brücke fehlt, das vorhandene Wissen um die Prinzipien von der Form in die Anwendung zu bringen.
Scarabe unterrichtet sicherlich hervorragend Form usw. Aber Anwendungen mit dem Anspruch, im Notfall damit agieren zu können, würde ich mir eher (so ich denn unerfahren wäre) von jemandem wie Kanken beibringen lassen.
Er hat den Kampfinstinkt den es braucht.
Schade dass er keine Videos hat. Der ein oder andere könnte dann dort bereits sehen was Kanken öfter meint.

Grüße Pilger

grrrrummel!
Ich habe zwar geschrieben, daß meine Geschwister einiges gemacht und gewonnen haben- Karate, Judo, Kickboxen.... und meine Schwester habe ich als Trainingspartnerin auf ihre Judowettkämpfe vorbereitet. Aber gerauft habe ich altersbedingt früher hauptsächlich mit den anderen Ringern/ ihren Kindern, beim Judo, mit der Kinder-Lausbubenbande bei uns am Block usw. usw.

Wenn ich Einsteigern ganz friedlich Anwendungen hinter einer Formbewegung erkläre, die sie noch NICHT selber machen sollen, dann sieht das nunmal ein bisschen anders aus, als wenn ich irgendwo angegriffen werde und mich wehren muß oder auf die Matte gehe, um mit ner anderen Frau meiner Gewichtsklasse herumzufighten. Früher hab ich da immer recht ordentlich abgeschnitten.

Aus dem Alter, wo man solche Herausforderungen sucht, bin ich aber raus; ich hatte früher ein paar Begegnungen auf der Straße und mit gewalttätigen Menschen, die hab ich ganz gut überstanden. Die Reflexe haben auch funktioniert, vermutlich würden sie das heute im Ernstfall auch noch- aber mit 50 lege ich keinen Wert mehr darauf, das auszutesten.
Und bin auch nicht im Kampftraining, alles zu seiner Zeit.

T. Stoeppler
12-01-2017, 16:31
Kurz von mir:

Ich werde jetzt einfach mal alle unnötigen Posts hier entfernen, insbesondere jene, welche den Thread zum entgleisen brachten. Wenn dabei etwas vielleicht unfairerweise unter die Räder kommt, bitte PN an mich.

Ich bitte alle Beteiligten, keine ad-hominems (auch keine indirekten) zu verfassen.

Das Thema ist Taijiquan Anwendungen.

Nachtrag: aussortiert, Fazit
@Kanken - weniger unnötige Provokation und ad-hominems bitte. Gutes hervorheben, Besseres zeigen, über den Rest schweigen.
@Scarabe - Nicht immer drauf anspringen. Du bist lange genug dabei.
@Inryoku - Deine Beiträge waren jetzt auch nicht förderlich. Wenn die Kankens Posts nicht passen, entweder die Ignorier-Funktion verwenden oder eben ihm eine Mecker-PN schreiben. Am besten scheint mir hier aber gegenseitiges Ignorieren zu sein.
@Tai-Ji-Anwender: alles mal ein bischen locker sehen :)


Gruss, Thomas

scarabe
12-01-2017, 16:47
Noch mal anders:

Nehmen wir die oben von Scarabe gepostete Bewegung.

Taiji ist eine chinesische KAMPFkunst die entwickelt wurde um im bewaffneten Kontext das Überleben zu sichern.

Früher hieß das: man mußte mit Waffen umgehen können.


Grüße

Kanken

Hintergrund Chenjiagou: Bauerndorf. Faustkampf bei Streitigkeiten war genauso wichtig, wie bewaffneter Kampf. Waffen waren alles, was Bauern zur Verfügung hatten: Stöcke, Dreschflegel, ab und zu auch mal ein Schwert.
Es heisst aber Taiji-Boxen und nicht Taiji Fechten, aus gutem, historischen Grund.

marv_marvin
12-01-2017, 17:45
Hintergrund Chenjiagou: Bauerndorf. Faustkampf bei Streitigkeiten war genauso wichtig, wie bewaffneter Kampf. Waffen waren alles, was Bauern zur Verfügung hatten: Stöcke, Dreschflegel, ab und zu auch mal ein Schwert.
Es heisst aber Taiji-Boxen und nicht Taiji Fechten, aus gutem, historischen Grund.

So ähnlich kenn ich das auch. Von den paar Büchern über (Chen) Taiji die ich gelesen habe war das anfangs ein Zeitvertreib des ehemaligen Generals Chen Wangting (Chen Stil) der in seinem kleinen Heimatdorf Formen und Push Hands gemacht hat. Das wurde dann eben der Familienstil des Chen Clans im kleinen Bauerndorf und erst bekannter als Yang Luchan (Yang Stil) in Peking vereinzelte Offiziere der Mandschu Garde unterrichtet hat die aus einflussreichen Mandschu Familien rekrutiert wurden. Der Gründer des einen Wu Stils war ein Sohn eines Mandschu Offiziers und der Gründer des anderen Wu Stils war auch irgendein Regierungsbeamter. Die Story des 5. Stils kenn ich nicht.

Keine Ahnung inwiefern da jemals sowas wie "Überleben auf dem Schlachtfeld" oder "tödlichen Kämpfen" priorisiert wurde.

Klaus
12-01-2017, 18:32
Bei Leibwächtern in fester Position (also keine Karawanenwächter sondern Leute die irgendwo rumstanden) sicher. Als Dorfzeitvertreib eher nicht. Allerdings drängt sich mir die Idee auf, dass ein Teil der Intention hinter etwas wie Taijiquan war, NICHT die Leute platt zu machen die sich besoffen daneben benehmen. Das waren dann nämlich Neffen und Nichten von Hofschranzen oder Kaisers, die durften zwar den Chef nicht erreichen, sollten aber noch alle Körperteile haben wenn sie nach Hause gehen.

kloeffler
12-01-2017, 19:39
Wieso ist es nicht möglich, dass man Anfängern zumindest eine korrekte Fausthaltung, vernünftiges Abstandverhalten und Timing von Beginn an vermittelt? Das ist die Voraussetzung für jedes Anwendungstraining und auch ohne Verletzungsgefahr zu vermitteln.

Alles andere ist meiner Meinung nach Selbstbetrug.

Wieso sollen die Leute Hebel üben oder Gefäße angreifen, wenn sie nicht einmal einen Schimmer von den grundlegendsten Grundlagen haben? (siehe Scarabes Anwendungsvideos..) Genau so vermittelt man seinen Anfängern eine trügerische Selbstsicherheit, die unter Umständen in einem sehr bösen Erwachen enden kann.

Meiner Meinung nach ist das ein generelles Problem in den chinesischen Kampfkünsten, nicht nur im Tai Ji Quan: wenige wollen sich wirklich tiefgehend mit den "langweiligen" Grundlagen beschäftigen, viele wollen Formen, Spiralen und das Gefühl haben, was ganz Besonderes zu machen.

Kankens kleinen Ausbruch kann ich gut nachvollziehen.

Quitte
12-01-2017, 20:28
Alles andere ist meiner Meinung nach Selbstbetrug.


Die meisten KKs sind Selbstbetrug.

Gegen das hilft ganz gut ein Scarab - von Microtech. :D

kloeffler
12-01-2017, 20:31
Die meisten KKs sind Selbstbetrug.



Danke. Sehr weise. Da hab ich ja mal wieder viel dazugelernt. ;-)

marv_marvin
12-01-2017, 21:49
Bei Leibwächtern in fester Position (also keine Karawanenwächter sondern Leute die irgendwo rumstanden) sicher. Als Dorfzeitvertreib eher nicht. Allerdings drängt sich mir die Idee auf, dass ein Teil der Intention hinter etwas wie Taijiquan war, NICHT die Leute platt zu machen die sich besoffen daneben benehmen. Das waren dann nämlich Neffen und Nichten von Hofschranzen oder Kaisers, die durften zwar den Chef nicht erreichen, sollten aber noch alle Körperteile haben wenn sie nach Hause gehen.

Ja, aber welche Rolle hat dabei das Training Yang Luchan für die Ausbildung der Bodyguards gespielt und wegen was wurde der bekannt? Waffenhandwerk? Hat der "im Kasernenhof" unterrichtet oder einfach nur ein paar Einzelleute die sich für sein Können interessierten. Wissen tu ich es selbst nicht, aber ich kenn halt nichts was Kanken Behauptung unterstützt, dass früher Taiji hauptsächlich dafür entwickelt wurde, um in bewaffneten Kämpfen zu überstehen? Oder das es deswegen bekannt geworden ist. Wäre halt schön wenn er dafür eine Quelle nachreichen könnte.

Die Mandschus legten (wie die benachbarten Reiternomaden in der Urheimat) neben dem Reiten und Bogenschießen ja sehr viel Wert auf "Ringen" und haben das auch nach Peking mitgenommen und Wettkämpfe organisiert. War natürlich grundlegenste Ausbildung von Gardisten. Shan Pu Ying heißt der Pekingstil im Shuaijiao und bei Shuaijiao gibts ja im Gegensatz zum westlichen Ringen ja auch Tritte und Schläge . Das ist jetzt reine Spekulation meinerseits, wissen tu ich nichts: aber für mich wäre es plausibel, dass der Yang Luchan gar kein übelster Schlachtenschnetzler gewesen sein musste um den Fuß in die Tür zu bekommen. Richtig guter "Ringer" oder Trainer dafür wär vllt. schon interessant genug?

Kann natürlich auch ganz anders gewesen sein. Kann auch sein, dass Kanken recht hat und Taiji früher für den bewaffneten Kampf gedacht war.

Naja, sind halt nur so ein paar Überlegungen von mir. Hab mich mit CMA und Taiji ein wenig beschäftigt als ich den Hintergrund von Goju Ryu ein wenig recherchiert habe. Ich glaube halt, dass bei vielen "traditionellen" KK Ringen (im weitesten Sinn) viel wichtiger und grundlegender war als im heutigen Training und viel von den inneren/weichen Geschichten darauf aufgebaut haben oder man halt ringerische Vergleichskämpfe auch im Alter noch bestehen können wollte wenn das Kreuz und die Knie schon im Poppes waren ;)

http://www2.jslib.org.cn/was5/web/media/tupian/tiyu/20080825y_060.jpg

Quitte
12-01-2017, 21:57
Danke. Sehr weise. Da hab ich ja mal wieder viel dazugelernt. ;-)

Ich glaube hier lernt man sowieso nichts. ;-)

Soll ich jetzt still stehen, spiralig drehen, im Kreis gehen? .. bin mal raus.

kloeffler
12-01-2017, 22:24
Ich glaube hier lernt man sowieso nichts. ;-)

Soll ich jetzt still stehen, spiralig drehen, im Kreis gehen? .. bin mal raus.

Haste recht. Das Lernen findet im echten Leben statt.

scarabe
13-01-2017, 00:12
Wieso ist es nicht möglich, dass man Anfängern zumindest eine korrekte Fausthaltung, vernünftiges Abstandverhalten und Timing von Beginn an vermittelt? Das ist die Voraussetzung für jedes Anwendungstraining und auch ohne Verletzungsgefahr zu vermitteln.

Alles andere ist meiner Meinung nach Selbstbetrug.

Wieso sollen die Leute Hebel üben oder Gefäße angreifen, wenn sie nicht einmal einen Schimmer von den grundlegendsten Grundlagen haben? (siehe Scarabes Anwendungsvideos..) Genau so vermittelt man seinen Anfängern eine trügerische Selbstsicherheit, die unter Umständen in einem sehr bösen Erwachen enden kann.

Meiner Meinung nach ist das ein generelles Problem in den chinesischen Kampfkünsten, nicht nur im Tai Ji Quan: wenige wollen sich wirklich tiefgehend mit den "langweiligen" Grundlagen beschäftigen, viele wollen Formen, Spiralen und das Gefühl haben, was ganz Besonderes zu machen.

Kankens kleinen Ausbruch kann ich gut nachvollziehen.

Naja, klein ist Definitionsfrage- da kam wohl eher der Groll früherer Zeiten wieder hoch.


Kennst Du die 2. Bewegung in der Taiji Form, Buddhas Wächter stampft mit dem Stößel?
Im Video zeige ich einfach nur, welche Anwendungen darin stecken. Keine Rede davon, daß sich Anfänger gleich gegenseitig hebeln. Aber sie brauchen ein gewisses Verständnis, damit sie nicht einfach nur in der Luft herumfummeln.
Ein bisschen um Distanz gehts auch....

Anwendungen im Taiji, das bedeutet nicht, einfach nur auf der Matte herumtoben, sondern es bedeutet, jede Bewegung im Detail zu kennen und zu verstehen, welche kämpferischen Möglichkeiten dahinter stehen. Also viel Feinarbeit, Theorie, Verständnis, statt einfach nur irgendwelche Kampftechniken lernen, ohne sie den Formbewegungen zuordnen zu können.

Am Anfang gehts also erst mal um ein Grundverständnis. Und die Voraussetzungen des Schülers. Alter, Vorerfahrung....

Das ist ganz einfach im Taiji.
Zuerst wird Form gelernt, bevor die Leute kämpfen.
Während des Formenlernens wird ihnen zwar gezeigt, welche Apps in den Bewegungen stecken, damit sie die Bewegungen besser begreifen, aber sie trainieren es noch nicht oder nur sehr limitiert/einfache Dinge, weil sie überwiegend dazu sowieso noch nicht trainiert genug sind.

Wenn so langsam Struktur und Prinzipien erkennbar sind und etwas mehr Kraft da ist, gehts an die Pushhands-Routinen.
Da können sie noch nicht viel Schaden anrichten und lernen auf langsame und sichere Art, sich mit der Krafteinwirkung durch den Gegner/Partner auseinanderzusetzen, weich statt starr zu arbeiten, Struktur zu behalten, zu kleben usw.

Auch, sich zu beherrschen, nicht aggressiv, hektisch oder hart zu werden.

Erst wenn das einigermaßen funktioniert, kommen die Anwendungen ins Spiel- und auch die werden im PH erst aus den Routinen heraus geübt, bevor es ans freie Sparren geht.

Das ist nunmal der reguläre "Lehrplan".

Parallel in dieser Zeit gibts natürlich irgendwann ein bisschen Fallschule, Wurftraining, es wird gegen Pratzen gekloppt und getreten, um ein Gespür zu entwickeln.
Hebel sollten eigentlich erst relativ spät im Programm sein, weil da wirklich einiges danebengehen kann.


Ansonsten bestimmt im Westen der Markt oft das Programm.
Es wird oft schon früh wild herumgerauft, weil die Kunden nunmal kämpfen wollen, die machen dann irgendwas, nennen es Anwendung, wissen aber trotzdem nicht, welche Apps eigentlich in den Formbewegungen drinstecken.
Kein besonders tiefes Verständnis von Taiji, weil die Brücke zwischen Form und Anwendung, etwas ganz Wesentliches im Taiji, fehlt.
Während in anderen Schulen gar keiner auch nur pushen will, weil lauter Entspannungssuchende unterwegs sind.


Wir zeigen unseren Leuten durchaus, auch relativ am Anfang, wie sie mit der Faust oder dem Ellbogen auf die Pratze hauen, ohne sich zu verletzen und sie lernen auch mal, zu treten, ohne gleich auf dem Hintern zu landen. Weil eben auch das in der Form drin ist.
Und es sind alle Handgelenke heil geblieben/die Haut auf den Fingerknöcheln nicht immer.

Aber dann ist es auch gut, denn wenn sie anfangen, aneinander herumzuzerren und zu drücken, bevor sie an Struktur, Fangsong und Spiralen gearbeitet haben, gewöhnen sie sich nur Fehler an, die später mühsam wieder abgewöhnt werden müssen oder verletzen sich.
Ungeduld zahlt sich nicht aus.


Der Focus liegt am Anfang nicht gleich im Kampf und das ist - zumindest im Chen- in jeder seriösen Schule (der Neuzeit) so.


Nach und nach fügt sich dann alles zusammen.

Wie schon erwähnt, es dauert aus kämpferischer Sicht deutlich länger, als wenn jemand zum Kickboxen geht (o.ä.). Wenn einer überhaupt kämpfen will und diesen Weg verfolgt. Es ist ja auch ein Unterschied, ob jemand täglich trainiert oder nur 1-2 mal pro Woche- und dann erwartet, ein großer Kämpfer zu werden.

Taiji ist mehr, als nur Kampf.Auch wenn ein Kickboxer schneller effektiv kämpfen lernt. Aber welcher Kickboxer ist schon mit 70 noch aktiv? Taiji bietet diese Bandbreite.

Ich habe selber eine Weile gebraucht, bis ich das begriffen habe, aber irgendwann wars klar.

Als Selbstbetrug würde ich Kampfkunst nicht bezeichnen.
Nur, wer einfach nur raufen und kämpfen will, sollte keine Kampfkunst machen, sondern was anderes.
Ich fahre ja auch nicht in die Berge und beschwere mich dann, daß ich nicht ins Meer springen kann....

Und wir sind auch keine Bauernkinder in Chenjiagou, die sich mangels TV von Kindheit an gekloppt haben und jeden Tag 6 Stunden trainieren.
(Der Kaiserhof kam erst später)

kloeffler
13-01-2017, 00:51
.

kloeffler
13-01-2017, 01:00
Sorry.
Gelöscht. Ist der Mühe nicht wert.

karate_Fan
13-01-2017, 10:17
marv_marvin Bin kein Experte, und habe mich zu meiner Karate Zeit ebenfalls ein wenig mit der Geschichte der CMA beschäftigt, um die Hintergründe des Karate zu erfahren, aber das macht mich nicht zu einem Experten.

Bei solchen Diskussionen kommt es immer auf den Kontext an, wie es mein Lieblings Youtuber Matt Easton in Sachen HEMA wohl sagen würde.:D:D


Man muss sich die Frage stellen, wie es um die Verbreitung von Waffen im kaiserlichen Stand um zur Frage zu bekommen ob TC früher mal wirklich für den bewaffneten Kampf gedacht war oder nicht.

Wie streng war die Gesetzgebung in Sachen Waffen im alten China? Dürfte fast jedermann mit Schwertern Messern, oder Dolchen herumlaufen oder nicht?

Falls Waffen damals alltäglich wären, dann könnte die Vermutung nahe liegen das der bewaffnete Kampf damals im TC nicht unwichtig war...

Aber die Beantwortung dieser Fragen überlassen wir lieber den Experten.

Ich praktiziere ein wenig Yang TC ja nur aus Gesundheitsgründen, so wurde das auch klar vom Kursleiter so dargelegt. Anwendungen übern wir leider keine.


Jetzt aber sollten wir das Feld den Experten überlassen, die vielleicht mehr zu den historischen Hintergründen aus der Zeit sagen können, als TC entstanden ist..

ThomasL
13-01-2017, 10:57
Sorry, aber in all den langen Texten wurde meine Frage leider nicht wirklich beantwortet. Die Antwort darf gerne kurz ausfallen, 2 - 3 Sätze müssten doch reichen.
Hier nochmal die Frage an scarabe:

Die grundlegende Bewegungen waren aber immer auch praktisch anwendbar. Ist das bei Euch anders?
siehe auch Beitrag 91 für den gesamten Zusammenhang der Frage

kanken
13-01-2017, 11:21
Kann natürlich auch ganz anders gewesen sein. Kann auch sein, dass Kanken recht hat und Taiji früher für den bewaffneten Kampf gedacht war.


Die Bewegungen gehen u.a. auf General Qi zurück und sind somit die gleichen wie in den meisten anderen CMA. Sie entstammen der militärischen Tradition. Sie haben viele Anwendungsmöglichkeiten, u.a. eben mit Waffen. Es wird schon nicht ohne Grund diese ganzen Waffenformen im Taiji geben :rolleyes:

Was anscheinend größtenteils aus dem Taiji gemacht wurde, dazu hat sich WXZ ja schon vor knapp hundert Jahren geäußert, scheint ja ganz offensichtlich nicht besser geworden zu sein :D

Grüße

Kanken

Gast
13-01-2017, 11:51
Was anscheinend größtenteils aus dem Taiji gemacht wurde, dazu hat sich WXZ ja schon vor knapp hundert Jahren geäußert, scheint ja ganz offensichtlich nicht besser geworden zu sein :D


das bezog sich meinem Eindruck nach auf das Yang-Taijiquan von Personen, die er "Freunde" nennt.
Es tauge nicht zum Kampf, und sei gesundheitlich bedenklich.
Ich habe hier ja mal nachgefragt, ob er seinen Zeitgenossen Chen Fake je persönlich getroffen habe und der einzige Antwortende verneinte das eher.
An dem Wissen der Basher über den Gegenstand ihrer Schmähreden scheint sich seit damals nichts geändert zu haben...

washi-te
13-01-2017, 12:00
das bezog sich meinem Eindruck nach auf das Yang-Taijiquan von Personen, die er "Freunde" nennt.
Es tauge nicht zum Kampf, und sei gesundheitlich bedenklich.

...

An dem Wissen der Basher über den Gegenstand ihrer Schmähreden scheint sich seit damals nichts geändert zu haben...

Hab ich da was verpasst?

kanken
13-01-2017, 13:06
das bezog sich meinem Eindruck nach auf das Yang-Taijiquan von Personen, die er "Freunde" nennt.
Es tauge nicht zum Kampf, und sei gesundheitlich bedenklich.
Ich habe hier ja mal nachgefragt, ob er seinen Zeitgenossen Chen Fake je persönlich getroffen habe und der einzige Antwortende verneinte das eher.
An dem Wissen der Basher über den Gegenstand ihrer Schmähreden scheint sich seit damals nichts geändert zu haben...

Dann lies bei WXZ lieber noch mal nach. Er sagte sehr wohl es gibt Leute die sehr gutes Taiji machen, aber sie sind sehr rar...

Grüße

Kanken

marv_marvin
13-01-2017, 13:14
Die Bewegungen gehen u.a. auf General Qi zurück und sind somit die gleichen wie in den meisten anderen CMA. Sie entstammen der militärischen Tradition. Sie haben viele Anwendungsmöglichkeiten, u.a. eben mit Waffen. Es wird schon nicht ohne Grund diese ganzen Waffenformen im Taiji geben :rolleyes:

Was anscheinend größtenteils aus dem Taiji gemacht wurde, dazu hat sich WXZ ja schon vor knapp hundert Jahren geäußert, scheint ja ganz offensichtlich nicht besser geworden zu sein :D

Grüße

Kanken
Ich kenn Qui Jiguangs Leitfaden zum Faustkampf und das passt meiner Meinung nach auch eher zu "chinesisches Ringen" als zu "bewaffneter Kampf auf Leben und Tod". Dass früher das Waffentraining dazugehört hat und dass das Niveau früher sehr viel höher war bezweifle ich gar nicht. Aber du hast hier im Thread mehrmals geschrieben, dass Taiji für Kasernenhöfe und hauptsächlich für den bewaffneten Kampf entwickelt wurde. Wäre halt schon wenn du irgendeine Quelle nennen könntest, die das untermauert.

Meiner Meinung nach wäre es nach der bekannten Taiji-Geschichte ebenso glaubhaft, dass das hauptsächlich ringerischer Volkssport für die Miliz war und das Waffentraining sozusagen als Add-On gedient hat oder nur für wenige gedacht war. Ob die Chen's richtige Soldaten für die Grünen Standarden ausgebildet haben weiß ich nicht. Als Ausbilder für die 8 Banner wären sie sicher berühmt genug gewesen, dass man das wie in Yang Luchan's Fall auch in die Taiji-Historie mitaufgenommen hätte.

Für heutiges Taiji und CMA hat das ganze aber eh nicht viel zu bedeuten.

kanken
13-01-2017, 13:25
Für heutiges Taiji und CMA hat das ganze aber eh nicht viel zu bedeuten.

Es gibt durchaus noch CMA die in einer authentischen Linie stehen und so unterrichten. Die findet man aber nicht einfach, auch nicht in China.

Grüße

Kanken

marv_marvin
13-01-2017, 13:28
Ach, wär auch zu schön wenn man in der KK-welt mal ein paar richtige Infos kriegen würde :(

kanken
13-01-2017, 13:34
Kriegt man, aber in der Regel nicht in Foren :D

marv_marvin
13-01-2017, 13:36
Jop

karate_Fan
13-01-2017, 13:39
Kriegt man, aber in der Regel nicht in Foren :D


Foren können aber ein guter Anfang sein, Leute zu finden, die etwas wissen könnten. Ob man sie dann aufsuchen kann oder nicht, ist wiederum eine andere Geschichte. Das hängt von jedem persönlich ab.


Für mich ist es immer wieder interssant, was diesen anderen Ansätzen zu lesen, und auch wo man diese Leute finden kann.

Leider kann ich sie ohne vorher etwas Geld zu sparen nicht besuchen,aber es ist schon mal gut zu wissen, dass es diese Leute mit dem Wissen noch gibt, wenn auch nicht sehr häufig.

marv_marvin
13-01-2017, 13:41
Foren können aber ein guter Anfang sein, Leute zu finden, die etwas wissen könnten. Ob man sie dann aufsuchen kann oder nicht, ist wiederum eine andere Geschichte. Das hängt von jedem persönlich ab.


Für mich ist es immer wieder interssant, was diesen anderen Ansätzen zu lesen, und auch wo man diese Leute finden kann.

Leider kann ich sie ohne vorher etwas Geld zu sparen nicht besuchen,aber es ist schon mal gut zu wissen, dass es diese Leute mit dem Wissen noch gibt, wenn auch nicht sehr häufig.
Naja, wenn es um so Themen wie Geschichte geht muss man nicht unbedingt quer durch die BRD reisen nur damit einem gesagt wird, dass man das einfach nur so dahergeschrieben hat und eigentlich auch nicht mehr weiß. Als Karateka bin ich es halt leid, dass 99% von den KK-Stories wenig mit der historischen Forschung zu tun haben. China/CMA kenn ich nicht so, aber würd mich nicht wundern wenn das auch hauptsächlich nachplappern von wenigen und schlecht recherchierten Quellen in westlichen Sprachen ist. Für Japan gibts zum Glück den ein oder anderen richtigen Experten der auch KK macht. Da kann man zumindest ein wenig abstecken wo die Fantasiewelt anfangen könnte.

karate_Fan
13-01-2017, 13:46
Naja, wenn es um so Themen wie Geschichte geht muss man nicht unbedingt quer durch die BRD reisen nur damit einem gesagt wird, dass man das einfach nur so dahergeschrieben hat und eigentlich auch nicht mehr weiß.

Mir ging es eher um die praktische Anwendungen. Möchte eines Tages richtig mal ne anwendunsorentierte CMA tranieren. Was Geschichte angeht, gibt es doch ein paar gute Autoren.

Auf Deutsch dürfte das Tai Chi Buch von Nabile Ranne

https://www.amazon.de/Wiege-Taijiquan-soziokulturelle-Kampfkunsttheorie-Bewegungsformen/dp/3832524770/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1484315055&sr=8-1&keywords=nabil+ranne

sehr gut sein.

Allgemeine chinesische Militärgeschichte auf English

kann ich dir Peter Lorge

https://www.amazon.de/Chinese-Martial-Arts-Antiquity-Twenty-First/dp/0521878810/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1484315115&sr=8-1&keywords=Peter+Lorge

empfehlen.


Für die Geschichte von Shaolin KK ist

das hier

https://www.amazon.de/Shaolin-Monastery-History-Religion-Chinese-ebook/dp/B014N3997O/ref=sr_1_fkmr0_1?ie=UTF8&qid=1484315157&sr=8-1-fkmr0&keywords=shaolin+monestry+shahar

sehr gut.

Und Brian Kennedy hat ein nettes Buch über die Geschichte von manchen CMA Manuels geschrieben

Allerdings alles auf English.

Was gute CMA Bücher auf Deutsch betriff, würde mir das TC Buch von Ranne einfallen. Dann gibt es noch ein gutes Buch von Maik Albrecht über seine Erlebnisse während seines Trainings in China.

Und das hier

https://www.amazon.de/Die-chinesische-Kampfkunst-traditioneller-Ostasien-Studien/dp/3935693230

ist auch noch gut.

marv_marvin
13-01-2017, 13:50
Danke karate_fan. Mir ging es aber um das hier im Thread geschriebene und dass Kankens Behauptungen für mich anhand meiner Taiji Recherche halt wenig nachvollziehbar ist. Quellen und Infos dazu bekomm ich aber anscheinend nicht.

kanken
13-01-2017, 14:02
Lorge, Shahar, Kennedy, Filipiak es gibt sehr viel, sehr gut recherchierte, wissenschaftliche Quellen zu den chinesischen Kampfkünsten.

Ich werde Dir hier nicht das Lesen abnehmen. Wenn Du dich ein wenig mit den geschichtlichen Zusammenhängen von alten chin. KK befasst (Boxen des General Yue, Ba Fan Shou, Wen Familien Boxen etc.) dann wirst du sehen dass sehr viele dieser alten Sets aus dem militärischen Umfeld kommen und sowohl bewaffnet wie auch unbewaffnet ausgeführt werden können. Der Kampf ist immer auch ein Ringen mit Waffe gewesen. Wenn man mal gesehen hat wie ein "Double leg" aus dem Ringen mit Säbel aussieht, dann weiß man warum ;)

Wie gesagt, dieses Wissen existiert in authentischen Linien bis heute, man muss sie nur suchen...

Grüße

Kanken

Edit:
und weg ist er...

scarabe
13-01-2017, 14:17
Wer Englisch oder Chinesisch kann- es gibt genug Literatur aus den jeweiligen Stilen und Gegenden.
Es lohnt sich, quer zu lesen, denn die jeweiligen Schulen und Verbände preisen natürlich ihre jeweiligen Vorzüge besonders :-)

Im Chenstil gibts z.B. sowas wie der Dorfchronik: jede Menge Erzählungen, die zwar ein bisschen verbrähmt sind, aber doch deutlich zeigen, daß es bei weitem nicht nur um Waffenkampf ging.

Ich glaube, der ursprüngliche Thread meinte auch eher erst mal die Anwendungen aus der "Handarbeit" und nicht gleich die Waffen?
Chen Wangting hat seinen Stil jedenfalls zuerst mal aus Box- bzw. Faustformen entwickelt....
(Schmunzel, es steckt ja auch Qi Gong drin, ich dachte gerade an Schwert- oder Säbel- Qi Gong.... wenn da mal nicht jemand bald eine kassentaugliche Marktlücke schliesst ;) )

Immerhin muß ja erst mal eine gewisse Körperkoordination und Kraft da sein, bevor jemand sinnvoll seine Waffen schwingen kann....
Bei tollen, top-trainierten, KK-erfahrenen Jungs wie Euch ist das natürlich kein Thema, aber der durchschnittliche Taiji-Anfänger hat da oft ein paar Defizite....

---Genauso, wie das tollste Pushhands- und Anwendungstraining auch nur dann wirklich Taiji ist (und nicht ein Mischmasch aus dem Kampfsport wie Allkampf o.ä.), wenn dabei die Taiji-Prinzipien befolgt werden.

Kurzum, Taiji ist laut historischem Anspruch
"Stahl, gewickelt in Baumwolle"
(aussen weich und nachgiebig wie Baumwolle, innen belastbar wie Stahl)

das gilt auch für die Struktur und die ganzen anderen lästigen Dinge wie Kleben, Spiralen usw, das Zentrum wahren und die eigene Mitte wahren, was auch an Einflüssen herbeiprasselt ;) ,
die in der Grundlagenarbeit und Form automatisiert und im Pushhands dann in die kämpferischen Aspekte am Partner übertragen und verbessert werden.
Schritt für Schritt. Solide Mauern brauchen ein solides Fundament.


Wenns Taiji sein soll. Es gibt ja auch genug anderen Kampfsport, Sparring usw., womit man sich auch austoben kann.

Aber das kann jeder selber historisch nachlesen.
(Oder sich die Literatur heraussuchen, die die eigenen Vorstellungen bestätigt)

Und die Entwicklung der jeweiligen Stile verfolgen.
Denn das, was der erste General gemacht hat, wurde im Lauf der Zeit ergänzt, verfeinert, z.T. verändert.
Die Stile haben sich entwickelt, Yang Luchan hat das, was er bei den Chens gelernt hat, auch wieder entsprechend den Bedürfnissen des Kaiserhofs verändert, usw. usw.....

Dementsprechend kann es sich schon lohnen, mal darüber nachzulesen-

und zuerst den Deckel der eigenen Erwartungshaltung abzuschrauben- damit man auch was aufnehmen kann, denn nur wer offen genug ist, kann auch was aufnehmen, was den Horizont erweitern könnte..... DAs ist manchmal nicht das, was man eigentlich erwartet....
Anders gesagt, etwas lernen kann man überall, vorausgesetzt, man lässt es an sich ran.

Gong Fu
13-01-2017, 16:45
Hebel sollten eigentlich erst relativ spät im Programm sein, weil da wirklich einiges danebengehen kann.


Sorry, aber was für ein Blödsinn! Sowohl im Qi Xing Tang Lang Quan als auch im Brazilian Jiu Jitsu unterrichte ich "Hebel" und die dazugehörigen Prinzipien von Anfang an.

Gast
13-01-2017, 16:58
Dann lies bei WXZ lieber noch mal nach. Er sagte sehr wohl es gibt Leute die sehr gutes Taiji machen, aber sie sind sehr rar...


wo ist denn "bei WXZ"?
Ich kenn nur das Interview (http://gong-fu.eu/wp-content/uploads/pdf_wxz_essenz.pdf) und da steht, zumindest in der englischen Übersetzung:


"As masters of the original ‘Taijiquan’, I should recommend the Yang brothers Shaohou and Chengfu. They are also old friends of mine, thus I know that this boxing really has some knowledge of mechanics, but out of one hundred persons not even one gains its essence, and even if one can gain it, it is still one-sided, because the basic skills of intuitive perception already died out a long time ago, thus their lower bodies have no real strength to speak of."

Er bezeichnet (empfiehlt) also seine "alten Freunde" Yang Shaohou und Yang Chengfu als Meister des "original Taijiquan".
Das soll wohl heißen, dass die sehr gutes Taijiquan machen, aber eben Tajiquan.:hehehe:
0% kriegen es wirklich hin, und selbst wenn es einer schaffte, bliebe es einseitig, da Basisfähigkeiten ausgestorben sind (rarer geht's nicht), und die Praktizierenden über keinen nennenswerte Kraft in der unteren Körperhälfte verfügen.
Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde :D

Die Degeneration der Kunst begann seiner Ansicht nach wohl mit Wang Zongyue, (der scheint mir historisch so gesichert wie ein Ritter der Tafelrunde) und setzte sich dann mit der Kreation der Langformen fort:


"Originally this boxing consisted of three fists, also called the "old three cuts", Mr. Wang Zongyue changed it into thirteen postures", and it was later changed into as much as one hundred and forty or fifty postures, this is the major reason for the distortion."

Anwenden im Kampf kann man das schon gar nicht, wenn der Gegner nicht gerade etwas unbeholfen ist:


"As for dealing with an enemy in a fight, against a master-hand, please do noteven consider it, if the adversary is not stiff and sluggish, even the famous masters of this boxing have no chance to apply their skills. "

Die meisten Taijiquanpraktizierenden sind seiner Meinung nach nicht in der Lage, richtig von falsch zu unterscheiden, die die es können, können es nicht praktisch umsetzen:


"For the last twenty years, most people who have studied this boxing have not been able to differentiate right and wrong, even if someone has been able to differentiate them, he has not been capable of putting it into practice."

Also, wenn das von WXZ stammt und nicht durch die Übersetzung stark verfälscht wurde, dann lese ich da, im Bezug auf das Thread-Thema, dass nach seiner bescheidenen Ansicht keiner seiner Zeitgenossen in der Lage war, Taijiquan im Kampf gegen einen ernsthaften Gegner anzuwenden.

Falls das ein Fake ist, im Original ganz anders klingt, oder er sich an anderer Stelle anders geäußert hat, freue ich mich natürlich, dazu zu lernen :)

scarabe
13-01-2017, 19:11
Wenn dann Leute mit komischen Mottenjagen mit einem Schwert oder Säbel daherkommen sollten die sich mal einen DM im Degen mit einem small sword vorstellen. ARRRGHHH die Motte ist fällig...und ich glaube auch mit ,,Intent'' !

du wirst mir das hoffentlich nicht zu sehr nachtragen, aber wie realistisch sind denn Eure Degenkämpfe?
Mit wieviel Kraft erstichst Du denn Deine Gegner durch die Rüstung durch, wie breit ist denn der Raum um euch herum, wie viele andere Kämpfer mischen sich denn ein? Usw.
Wie schwer sind Eure Rüstungen? Wie uneben der Boden?
Schlachtfeld-Atmosphere sieht aber auch anders aus!

Realistischerweise wäre ein Kampf ja auch schnell beendet, weil echte Verletzungen am Weitermachen hindern... und wer tödlich getroffen ist, steht nicht wieder auf, um weitere Punkte zu holen....


Genauso unrealistisch fuchteln wir in den Formen in der Luft herum, bilden uns ein, jemandem das Schwert in den Bauch zu rammen, abzuwehren oder sonstwas.
Haben genauso unsere Schwierigkeiten, an der richtigen Stelle Kraft in die Klinge zu bringen, weil sie sonst niemals in den Gegner eindringen könnte, geschweige denn zielsicher die Schwachstellen der Rüstung treffen und durchdringen könnte...
Usw....


Ob dann einer Mottenjacke trägt oder Strumpfhosen mit Leine, was solls...?


Durchaus Respekt vor Leuten, die Schwertkampf üben und mit richtig Kraft usw. arbeiten.... zweifellos können sie mit dem Schwert im Kampfbereich mehr, als ein Kampfkünstler, der aus Spaß an der Freude ein bisschen Schwertform läuft und zum besseren Verständnis ein paar Stiche und Schwerttechniken übt und ein bisschen Partnerarbeit macht -aus Spaß an der Freude und nicht, um ein zweiter Musashi zu werden-
und mit Freude und Yi versucht, die Klinge sauber durch die Luft zu "wedeln"...
jedem sei sein Schwerpunkt gegönnt.

Anders als früher ist es trotzdem.
Ich finde das gut. Sonst wäre die Hälfte aller Krieger hier schon längst nicht mehr dabei.

scarabe
13-01-2017, 19:17
Sorry, aber was für ein Blödsinn! Sowohl im Qi Xing Tang Lang Quan als auch im Brazilian Jiu Jitsu unterrichte ich "Hebel" und die dazugehörigen Prinzipien von Anfang an.


Fein. Dann viel Glück.
Wir warten damit, bis die Leute ein bisschen Gefühl dafür entwickelt haben. Dann lernen sie es schneller und es gibt weniger Blessuren. Am Anfang stehen andere Prioritäten. Ich hab die Regeln im Taiji nicht gemacht, aber die alten Meister haben sich schon was dabei gedacht.
Ums Geld gings nicht, der Nachwuchs wurde kostenlos unterrichtet.

Wobei das Publikum bei Euch möglicherweise auch ein anderes ist, als bei uns. Gerade heutzutage und im Westen.

T. Stoeppler
13-01-2017, 20:13
Zu den TJQ Jiantechniken - interessanterweise ging das Taiji-Jian wohl erstmal "verloren" und wurde dann später wieder als Form (re)integriert. Es wird auch gerne mal erzählt, es sei eine ZSF Wudang-Variante, aber das muss man mit Vorsicht geniessen.

Mann muss da auch das grobe Handwerk von der inneren Arbeit trennen. Das Handwerk mit dem Schwert sieht überall auf Erden gleich aus, zumindest was die Feld-High-Percentages betrifft, Duelltechnik kann da stellenweise SEHR von abweichen.

In den Taijischwertformen (Yang, Chen, "Wudang") sind da sowohl Basics als auch speziellere Eingänge zu finden. Der Grundaufbau der Form ist fundiert. Je nach Stil hat man andere innere Arbeit dahinter, die Chens haben ihre Methodik, andere haben andere.

Bei der Entstehung der Dörfer Chenjiagou und Zhaobao waren die Begründer als hervorragende Fechter bekannt, denen keiner so einfach beikommen konnte.

Egal wie man die Stories jetzt alle bewertet, am Ende zeigt sich ein Kanon an Schwerttechnik - mit verschiedenen Ausprägungen, der sich auch im Tajiquan findet und eben dort auf eine eigene Art und Weise praktiziert wird.

Üblicherweise mit dem Ziel, die waffenlosen Qualitäten zu verbessern - und bei den Leibgarden Ausbildungen wars wohl genau andersrum - die waffenlose, spezialisierte Taijiquan Technik war für die Leibgarden interessant, ein Blick über den üblichen grundlegenden Shuai-Jiao (in erster Linie packen und auf den Kopf werfen) Tellerrand.

Gruss, Thomas

Quitte
13-01-2017, 20:50
Wobei das Publikum bei Euch möglicherweise auch ein anderes ist, als bei uns. Gerade heutzutage und im Westen.

Sehr wichtiger Punkt.

Das beginnt schon beim Trainingspensum. Viele Park-Gruppen in China trainieren täglich 1-2h. (Auch wenn es nur Form ist)
Hier in Europa gehts ewigkeiten bis jemand nur schon die Laojia halbwegs drauf hat. Nutze ich nun noch die Hälfte der Zeit für Anwendungstraining, dann geht das ins Endlose. Zumal eine Anwendung ohne Fajin und innerem Drive tote Bewegung ist.

Bei den Gruppen in China die ich gesehen habe, haben wenigstens viele Fajin drauf. So kann auch eine dicke alte Frau noch äusserst überraschend jemandem eins auf die Nase pfeffern. Dann noch bisschen Stand und paar Strukturbrecher, voila, bissl KK. Auch ohne gross auf Tötungsskills trainiert zu haben.

Möchte man mehr draus machen, liegts an jedem selbst, seinem Umfeld und den Kollegen mit denen man trainiert.

Ich bin schon froh wenn jemand zwischen den Trainings mal 2 Sekunden reflektiert was im Training behandelt wurde und es nicht als follow-me Kurs ansieht und einen wohlig warmen Wohlfühlfaktor nach jedem Training erwartet :rolleyes:

Wer KAMPFkunst sucht, der sucht meist gar nicht nach TaiChi oder ist nicht bereit so zu trainieren, dass die angestrebten Attribute in Erscheinung treten. Apps, ich will Apps..

Anstatt in historischen Texten danach zu suchen was es wohl mal war, wie der und jener es vor hunderten von Jahren wohl mal gemeint haben könnte, nimmt man doch lieber das was wir heute haben und macht was draus.

Als ich meinen Lehrer das letzt mal nach mehr Anwendungen gefragt habe, kam ein Verweis auf einen damals kürzlich verstorbenen Wettkämpfer in China. Wer wirklich die Killermaschine werden will, der muss ein gewisses Verletzungsrisiko eingehen, das will doch 99% der TaiChiler gar nicht. Auch viele andere KKler verstecken sich lieber hinter Partnerdrills und Freeze-Anwendungstraining ohne je zu wissen, ob das Zeug REAL funktionieren würde. Das nenn ich mal Selbstbetrug. Wenn einer freezed und ich meine Kombos abziehe, dann fühl ich mich auch wie jackie chan. Davon hatte ich genug und schätze nun die Ruhe von solchen Allmachtsansprüchen im Training.

panzerknacker
13-01-2017, 20:58
Fein. Dann viel Glück.
....
Wobei das Publikum bei Euch möglicherweise auch ein anderes ist, als bei uns. Gerade heutzutage und im Westen.

Mit Glück hat das bei GongFu wohl eher weniger zu tun, gibt nämlich auch "neue" Meister.
Das, was so CMA im Sinne von Kanken vermutlich ausmacht und wovon hier immer geredet wird, kann man sich durchaus im real life anschauen.
Vermutlich bei Kanken auch, habe ich leider noch nicht persönlich erlebt.
Dieser Fred heißt hier definitiv Anwendungen , das ganze Geschnacke
von lustigen historischen Begebenheiten und wie geil das Chi bei
irgendwem fließt, mag ja ganz lustig sein, aber mit dem topic hat das alles Null zu tun.
Ein Video mit ´nem 3er Kontakt ist nun wirklich so verbreitet und basic,
daß das dann auch wirklich auf den Punkt und knackig sein muß.
Dazu dann vielleicht mit nachvollziehbaren Erläuterungen Eurer
TaiChi Prinzipien, weil sonst wäre das auch bei einer guten und vor allem korrekten Ausführen nur BlaBla, macht ja jede Wurst so´n Zeug.
Besser wird das davon dann auch nicht, erwähnte ich schon.
Das ist eh Spielkram, weil da wichtige Rahmenbedingungen nicht beachtet werden, oder mit Absicht nicht gezeigt werden, das ist bei den Philippinos gerne mal die Ursache bei Chinesen vermutlich auch.

Ich bin sicher das GongFu mit klassischen Mantisbewegungen und Kanken
mit seinem Karate/Bagua kombative Anwendung zeigen könnten,
die die jeweiligen Prinzipien ihrer Künste beinhalten.
Ob das im TCC so ist, ist ja wohl noch immer nicht geklärt.
Ob TCC gesundheitsfördernd oder eine gute Gymnastik ist war ja nicht die Frage.
Ist auch nicht die Frage, ob man eine einzelne Bewegung aus irgendeiner
Eurer Formen so zurechtbiegen kann, daß man da so einen entry wie in Scarabes Video hinschnitzt auch nicht.
Eine Form ist mehr als nur eine Sammlung von mehr als einer Technik.
Ich erwarte von einer Form, daß sie systematisch zumindest einige essentielle
kombative Anwendungen mit logischer Verknüpfung und einer zentralen Struktur aufweisen.
Beispiel Tekki Shodan/Naihanchi, relativ kurze Form, die beide Körperseiten
identisch nacheinander zeigt.
Werde jetzt hier nicht mein Bunkai betreiben, aber da wird gezeigt: Schwerpunkt, Rotationsmöglichkeiten, Feger, Wurf, Gelenkhebel, Handwechsel, instinktives Schlagen, Schlagen aus der Rotation, Auswinkeln,.....

Ergo muß doch hier im Fred doch anhand Eurer jeweiligen Formen, wovon es ja auch wohl eine mit 108 Bewegungen gibt, die external Anwendungen zumindest systematisch erläutert werden können und die internal Geschichten
müßte man doch zumindest zeigen können.
Kanken hatte letztens ein pushhand Video von Nassem verlinkt, da kann sogar ich Sachen erkennen, der TaiKiKen Mensch zeigt Eure Säule und findet für sich eine Anwendung.
Bleibt halt mal beim topic und stellt fest, ob man sich mit Eurem Zeugs kloppen kann oder halt nicht, wäre ja nicht so schlimm, man könnte ja zu Thomas gehen und Mantis lernen, oder irgendwas anderes bei sonst jemandem.
Gruß
F.

panzerknacker
13-01-2017, 21:00
..... Auch viele andere KKler verstecken sich lieber hinter Partnerdrills und Freeze-Anwendungstraining ohne je zu wissen, ob das Zeug REAL funktionieren würde. Das nenn ich mal Selbstbetrug. Wenn einer freezed und ich meine Kombos abziehe, dann fühl ich mich auch wie jackie chan. Davon hatte ich genug und schätze nun die Ruhe von solchen Allmachtsansprüchen im Training.

so isses

Heping
13-01-2017, 21:12
Zu den TJQ Jiantechniken - interessanterweise ging das Taiji-Jian wohl erstmal "verloren" und wurde dann später wieder als Form (re)integriert. Es wird auch gerne mal erzählt, es sei eine ZSF Wudang-Variante, aber das muss man mit Vorsicht geniessen.

Ich habe ja das auch schon viel gehört und gelesen. Ich habe mich dann aber gefragt, wie das dann wieder mit ähnlicher Basis und Struktur beispielsweise wieder zu Chen und Yang gekommen ist. Dass sowohl Faust- wie Schwertform von selbem Ursprung ist sieht man zwar nicht auf den ersten Blick, spätestens aber beim dritten Blick (hängt dann aber auch wieder vom Vorführenden ab). Viele Yang-Stil Vertreter gefallen mir eigentlich nicht, im Gegensatz zu dem hier, Fu Qingquan (Enkel von Fu Zhongwen) mit der Schwertform:

Fu Qingquan (https://www.youtube.com/watch?v=5z0yLTMzdd0)

Und zum Vergleich hier mal Chen Bing aus der CXW-Linie:

Chen Bing (https://www.youtube.com/watch?v=icxGuADIokQ)

pilger
13-01-2017, 22:16
Nochmal grundsätzlich zu den ganzen Anwendungsvideos die man so sieht.
Na klar frieren die Angreifer alle ein. Für mich aus zwei Gründen.
1. Kann ich nur auf diese Art erreichen, eine Bewegung bzw eine Sequenz der Form annähernd 1 zu 1 als Anwendung zu verpacken. Denn zieht ein Schläger seine Faust so schnell wieder zurück wie er geschlagen hat, kann das ganze schon nicht mehr funktionieren.
2. Sähe dann der "Meister" sehr schlecht aus, wenn er von 10 Versuchen die Hand zu packen 9 mal daneben greift oder gar eins in die Fr....e bekommt.

Für mich ist es deshalb Quatsch, Formbewegungen nach Schlägen 1 zu 1 umsetzen zu wollen.
Geht eher wenn ich am Mann dran bin. Und selbst dann wird es nur auf einer der Form ÄHNLICHEN Weise gehen aber nicht wirklich 1 zu 1.
Ich bin der Meinung, dass wer Taichi ernsthaft als Kampfkunst trainieren will, neben der Form und Pushhands auch grundlegende Dinge mit Partner trainieren muss wie Schlagen, Schläge fangen, Wurfeingänge bis zum Abwinken, usw.
Die Form dient nur dazu, die spezifischen Muskelketten zu entwickeln und in einen entspannten Modus zu gelangen. Natürlich werden auch die Bewegungen eingeschliffen. Aber wenn ich nicht die o.a. erwähnten Dinge trainiere wie in jedem anderen System zum Kämpfen auch, werden Anwendungen auf ewig nur lächerlich aussehen und das gezeigte von den ganzen so called Meistern nicht überschreiten.
Wer aus Pushhands heraus ganz gut was zaubern kann (und er ist genau einer derer, der eben nicht nur Form und Pushhands macht) ist Tim Cartmell.
Der gefällt mir sehr gut.

https://youtu.be/Uj3ZDwR9MLc

Natürlich ist auch dieses Video sehr spielerisch gehalten.
Aber man sieht deutlich, dass es sich bei ihm wirklich um jemanden handelt der was drauf hat.

Hongmen
13-01-2017, 22:17
A0cK7SXia5c

Gast
14-01-2017, 03:38
Schläge fangen.

Ja, wer öfter mal eins in die Fresse kriegt, ist im Anwendungsfall dann eventuell nicht mehr durch die Erweiterung seines diesbezüglichen Erlebnishorizonts gefesselt...:)

Gong Fu
14-01-2017, 07:22
Fein. Dann viel Glück.
Wir warten damit, bis die Leute ein bisschen Gefühl dafür entwickelt haben. Dann lernen sie es schneller und es gibt weniger Blessuren. Am Anfang stehen andere Prioritäten. Ich hab die Regeln im Taiji nicht gemacht, aber die alten Meister haben sich schon was dabei gedacht.
Ums Geld gings nicht, der Nachwuchs wurde kostenlos unterrichtet.

Wobei das Publikum bei Euch möglicherweise auch ein anderes ist, als bei uns. Gerade heutzutage und im Westen.

Und wieder einmal: Was für ein Blödsinn! Merkst Du eigentliche nicht dass Du genau die Gruppe von sogenannten TCMA Trainern darstellst die ganz offensichtlich keine Ahnung von Yongfa (用法) und Bianhua (变化) haben?!
Die Unterweisung in korrekten Mechanismen nach Prinzipien die zum Grundsatz einer jeden Kampfkunst gehören haben doch nichts mit Glück zu tun.
TCMA sind KAMPFkünste-"Kunst" kommt von "Können"...Aber das muss dann auch vorhanden sein sonst verliert man sich ganz schnell im theoretischen Raum.
Aber in einer Sache stimme ich mit Dir überein, die Leute die zu mir kommen machen das aus einem bestimmten Grund. Und das ist mit Sicherheit nicht dass ich im Seidensnzug über "Qi" lamentiere...:rolleyes:

pilger
14-01-2017, 07:42
Ja, wer öfter mal eins in die Fresse kriegt, ist im Anwendungsfall dann eventuell nicht mehr durch die Erweiterung seines diesbezüglichen Erlebnishorizonts gefesselt...:)
Ich meinte nicht sich Schläge einfangen, sondern die auf einen zusausende Hand sozusagen "fangen", greifen. Sauschwer und geht nur wenn man den Schlag entweder schon erahnt hat (Stichwort "vor dem Gegner da sein") oder wenn er schlecht ausgeführt ist.
Aber selbst hier muss man das üben und üben. Täglich Form und Pushhand reichen da nicht aus.
Das kann man üben indem einer schlägt und der andere ausschließlich passiv ist und versucht die Schläge zu erahnen, zu sehen und dann zu agieren indem er ausweicht abwehrt und wenn es ganz gut läuft die schlagende Hand mit der eigenen Hand unter Kontrolle zu bringen, also zu fangen.
Und wer das immer wieder übt, hat irgendwann mal ne Chance, eine Anwendung nach Schlag umzusetzen.
Denn was nützt die tollste Körperstruktur und die tollsten Wurf-und Hebeltechniken welche in der Form enthalten sind, wenn mir beim Training die Zwischenstufe fehlt, um einen Schläger in die dafür gewünschte Position und Distanz zu bringen.
So meinte ich das.

Edit. Aber das was du oben schriebst unterschreibe ich auch :)

PS.
Eine andere Alternative nem Schlag zu begegnen ist natürlich zu versuchen, unter Deckung an den Mann ran zu kommen um dann Kontakt herzustellen. Aber ist halt sehr riskant. Wenn er trotzdem nen Schlag landet.

Jedenfalls ist daher das, was die Anwendungen in Videos zeigen oft fern der Realität, weil eben der Aggressor erst mit 200 Sachen Anlauf nimmt, auf einen zu stürmt, den Schlag durch Telefonieren ankündigt um dann plötzlich stehen zu bleiben.

Man muss halt wissen dass das nicht real ist und so idealisiert im Kampf nicht vorkommt. Und wenn man das weiß, hat das die Konsequenz Dinge wie Schläge fangen und selbst ordentlich schlagen zu üben ohne Ende.
Nur meine bescheidene Meinung.

Nick_Nick
14-01-2017, 09:28
Ich meinte nicht sich Schläge einfangen, sondern die auf einen zusausende Hand sozusagen "fangen", greifen. Sauschwer und geht nur wenn man den Schlag entweder schon erahnt hat (Stichwort "vor dem Gegner da sein") ...

Das ist wohl das Zauberwort. Die richtig, richtig guten Leute erkennen wohl aus den Mikrobewegungen in Gesicht und/oder Körper, wann welche Art von Angriff kommt. Sieht dann aus wie Gedankenlesen.
Die können dann auch erheblich langsamer sein als der Gegner, dem nützt eben seine Schnelligkeit nichts.
Um das zu können, fehlt aber hinter deinem "üben und üben" noch das "üben" :).

Grüße

pilger
14-01-2017, 09:34
Das ist wohl das Zauberwort. Die richtig, richtig guten Leute erkennen wohl aus den Mikrobewegungen in Gesicht und/oder Körper, wann welche Art von Angriff kommt. Sieht dann aus wie Gedankenlesen.
Die können dann auch erheblich langsamer sein als der Gegner, dem nützt eben seine Schnelligkeit nichts.
Um das zu können, fehlt aber hinter deinem "üben und üben" noch das "üben" :).

Grüße
Natürlich, du hast völlig recht. Dieses erkennen zu lernen ist in der Tat eine sehr hohe Kunst. Nicht nur in der Kampfkunst. Gleichzeitig braucht es aber dann eben auch die körperlichen Attribute, um diese Ahnung tat- und schlagkràftig umsetzen zu können :)

washi-te
14-01-2017, 10:05
Ich meinte nicht sich Schläge einfangen, sondern die auf einen zusausende Hand sozusagen "fangen", greifen. Sauschwer und geht nur wenn man den Schlag entweder schon erahnt hat (Stichwort "vor dem Gegner da sein") oder wenn er schlecht ausgeführt ist.
Aber selbst hier muss man das üben und üben. Täglich Form und Pushhand reichen da nicht aus.
Das kann man üben indem einer schlägt und der andere ausschließlich passiv ist und versucht die Schläge zu erahnen, zu sehen und dann zu agieren indem er ausweicht abwehrt und wenn es ganz gut läuft die schlagende Hand mit der eigenen Hand unter Kontrolle zu bringen, also zu fangen.

Denn was nützt die tollste Körperstruktur und die tollsten Wurf-und Hebeltechniken welche in der Form enthalten sind, wenn mir beim Training die Zwischenstufe fehlt, um einen Schläger in die dafür gewünschte Position und Distanz zu bringen.
So meinte ich das.

.

Wenn ich einen anfahrenden Zug erwischen will, muß ich etwa seine Geschwindigkeit haben.

Wenn ich eine Hand greifen will, muß meine HAnd in etwa ihre Geschwindigkeit haben und sich in gleicher Richtung bewegen.

Die Brücke ist m.E. (die hier seit neuestem vielgeschmähten) Chisao- bzw. Tuishou-Übungen. Dabei kann ich z.B. üben, in welchem Moment des Kontaktes ich zugreifen kann und wo es sich eher nicht lohnt. :o

Günther
14-01-2017, 10:27
Ich unterrichte ja kein "reines Taijichuan" sondern beschränke mich auf Ideen & Prinzipien, welche ich in einige Formen (waffenlos & Waffen) und Grundübungen übe/unterrichte. Da fließt (aus dem "IMA-Bereich") neben Taijichuan auch Baguazhang (und Wing Chun) mit ein.
Und doch ist es so, dass im Training (in welchem wir großen Wert auf Anwendbarkeit legen - da bin ich einfach ziemlich "old school Wing Chun geprägt") immer wieder Sequenzen entstehen, welche 1:1 aus Form-Segmenten abgeleitet hätten werden können. Manches wirklich "positionsgetreu", manches aus den Bewegungen abgeleitet.
Wenn´s wen interessiert kann er/sie sich das gerne mal live in Tirol anschauen/anfühlen, alles andere ist "Tastaturspielerei" / schade um die Zeit, da weder die Situation umfassend nachkonstruiert werden kann, noch Sachen wie Trainingserfahrung, Intuition und Kraftlinien erklärt werden können. Und nein, mit meinen über 40 Jahren hab ich keine Lust auf "Vergleichskämpfe" und ähnliches (das war früher mal), "miteinander spielen" ist aber durchaus gerne gesehen.

Zusammengefasst: IMA´s eignen sich sehr gut für die Anwendung (braucht aber sicher länger als Boxen, KM udgl.), viele gute Lehrer dafür gibt´s nicht (aber in welchem Bereich gibt´s die schon) - und interessierte Schüler nicht viel mehr.... IMA´s setzen eben viele Jahre Kung Fu (Beständige Arbeit) voraus um zu wirken. Und wer nimmt sich heutzutage schon noch die Zeit über einen Zeitrahmen von 10 Jahren aufwärts an sich zu arbeiten?
Muss ja immer alles gleich und sofort sein, ab Besten noch ohne viel dafür tun zu müssen ;-)

Nick_Nick
14-01-2017, 13:59
Natürlich, du hast völlig recht. Dieses erkennen zu lernen ist in der Tat eine sehr hohe Kunst. Nicht nur in der Kampfkunst.

Ja, wahrscheinlich könnte man von einem guten Verkäufer oder Verhörexperten da eine ganze Menge lernen.
In der Reihenfolge der Ausbildung wird es aber sicher ziemlich weit hinten stehen.



Gleichzeitig braucht es aber dann eben auch die körperlichen Attribute, um diese Ahnung tat- und schlagkràftig umsetzen zu können :)

Ich glaube, die Attribute haben schon die meisten Kämpfer, einen schlafen zu schicken. Reicht ja bereits ein ordentlicher "Fußballfan" aus.

Auffällig ist aber schon, dass die mit einer Wahnsinns-Körperarbeit im Schnitt nicht die großen Kämpfer sind bzw. dann im Kampf nichts mehr davon zu sehen ist, und umgekehrt die Kämpfer sich wenig um diffizile Körperarbeit scheren.

Vielleicht bzw. vermutlich ist es sofort problematisch, wenn nicht von Beginn an Anwendungen und Kämpfen gelehrt wird.

Irgendwer hatte mal gesagt, dass innere Körperarbeit auch nur ein Tool ist von vielen, die einem Kämpfer zur Verfügung stehen. Und vermutlich nicht das wichtigste.

Grüße

Quitte
14-01-2017, 15:01
Auffällig ist aber schon, dass die mit einer Wahnsinns-Körperarbeit im Schnitt nicht die großen Kämpfer sind bzw. dann im Kampf nichts mehr davon zu sehen ist, und umgekehrt die Kämpfer sich wenig um diffizile Körperarbeit scheren.


Die richtigen Kämpfer schlagen auch einfach drauf los. Darum kämpfen sie ja. Und wer möchte so ein Kämpfer sein? Imo nicht erstrebenswert.
Soll ich jetzt damit beginnen am Bahnhof rumzulungern und Passanten anzupöbeln weil sie mir zu doll auf den Döner schielen? Oder an Sportveranstaltungen teilnehmen, dabei schon mal paar Pyros mitnehmen und im Gruppenwahn die öffentlichen Verkehrsmittel auseinander nehmen.
Strassenschlachten mit der Polizei führen, wegen irgendwelchen Themen die mir sowieso egal sind?

Das sind heute DIE Kämpfer die es auch anwenden, brauchen und richtig üben. Dann meist noch auf eine feige Art, in der Gruppe, unerwartet, Opfer suchen.
Ein normaler Bürger lernt in den KK Schulen, braucht es im Schnitt evtl. einmal in 10 Jahren und trainiert für Spass, Fitness, Wohlbefinden, Faszination, geistige Haltung etc. etc. (kampfKUNST)

Also, ich weiss nicht was ihr wollt. Ich will das nicht. Und ich weiss, dass wenn ich austicke doch was kurz und klein kloppen kann. Das reicht.

Es gibt schier unendlich viele EWTO Schulen, Karate Schulen, JuJitsu Clubs, Boxen,.. whatever. In den News steht höchstens mal was davon, dass jemand am Bahnhof bewusstlos gekickt wurde als er schon am Boden lag. Von überragender KK Selbstverteidigung mit Knochenbrüchen, kaputten Gelenken oder Schwerteinsätzen las ich bisher noch nichts.

Auch die Ausbilder der tödlichsten KKs sind Dojo Krieger. Und wenn er kein Dojo Krieger ist, dann ist oder war er höchstwahrscheinlich ein ziemliches A....och.

Also wie war das mit Schwertkampf nochmal? Müsste ich jetzt einen Killer suchen der mir zeigen kann wie schwer oder leicht eine Klinge an welchem Ort den Körper durchbohrt? (Bleibt meine Klinge stecken? Kann er mich dann nicht auch noch töten, in den 1-2 oh-shit Sekunden?) Ob einer nach einem Schnitt wirklich den Arm nichtmehr heben kann, ob es Kinge an Klinge kleben tatsächlich gibt oder so wie Chisao sich im Kampf in Luft auflöst? (Wäre noch dumm, das erst beim ersten richtigen Kampf zu erfahren). Das grosse Schwertkampfwissen ist weg! imo.

washi-te
14-01-2017, 16:19
Wollt Ihr Euch wohl mal das "tödlichst" abgewöhnen!!! :D

Ansonsten Zustimmung.

Es wird jetzt auch im Taiji-Faden klar gemacht, wer den längsten hat, und alles andere hat keinen Wert.

Sehr merkwürdig, wie schnell das "Zurückziehen in neue Aufgaben" beendet ist, wenn sich leichte Opfer (im Forum) finden. Dann gehts heldenhaft drauf. "Geist der Kampfkunst", scheinbar.

T. Stoeppler
14-01-2017, 16:42
...Viele Yang-Stil Vertreter gefallen mir eigentlich nicht, im Gegensatz zu dem hier, Fu Qingquan (Enkel von Fu Zhongwen) mit der Schwertform:

Fu Qingquan (https://www.youtube.com/watch?v=5z0yLTMzdd0)
...


Ja, das sieht sehr gut aus :)

@Pilger
Das Cartmell Video kannte ich doch ;) aber ja das ist feines Üben!

Gruss, Thomas

Gast
14-01-2017, 17:46
Ich meinte nicht sich Schläge einfangen, sondern die auf einen zusausende Hand sozusagen "fangen", greifen. [...]
Das kann man üben indem einer schlägt und der andere ausschließlich passiv ist und versucht die Schläge zu erahnen, zu sehen und dann zu agieren indem er ausweicht abwehrt und wenn es ganz gut läuft die schlagende Hand mit der eigenen Hand unter Kontrolle zu bringen, also zu fangen.


Schöner wäre es, nicht (nur) die schlagende Hand unter Kontrolle bringen, sondern den Gegner. Über eine gefangene Hand (so es denn klappt) scheint mir das schwierig zu sein.
Einer konnte es sogar beidhändig:):

http://i.giphy.com/LVJGDOLTdoTKg.gif

Hier eine hier schon bekannte Anwendungsdemo (im Sinne von Anwendung von Formbewegungen bei fester Rollenverteilung) von bekannten Meistern (die Brüder Chen Xioaxing, Chen Xiaowang (ab 3:33) und deren Vetter Chen Yu (ab 12:20)) im TV:
Gleich zu Beginn zeigt Chen Xiaoxing die Herstellung des Kontakts bei einem Faustschlag. Nicht durch Händefangen, sondern eben durch Kreisförmiges in den Weg bringen der eigenen Hand/Unterarm (meinst Du das so, oder doch tatsächliches Händefangen?)
(Auch da sieht man die von Dir beschriebene Problematik, dass die Schläge eher vorhersehbar sind und teilweise gar nicht treffen würden.)

yRr1gGfcR8I


und hier ein auch schon besprochener ritualisierter Anwendungskanon, der mich an das Einschrittsparring aus dem TKD erinnert (incl. Hand an der Hüfte), der glaube ich, Teil von standardisierten Stufen-Prüfungen irgendeiner chinesischen Organisation werden sollte.
Ich weiß nicht, ob da was draus geworden ist, oder ob scarabe so was vorführen musste (ist jetzt nicht so mein Fall, aber immer noch besser als nur Form vorführen...):

d5L7uz8B8X4

Das der Angreifer z.B. hier noch in eine Formstellung geht, erscheint mir persönlich albern, hat aber eventuell gymnastische Zwecke...:o

http://i.giphy.com/133rQ4U8kfnfW.gif

Nick_Nick
14-01-2017, 18:00
Hallo Quitte,

hast meinen Post irgendwie anders verstanden als er gemeint war, das war kein Angriff, nur eine Feststellung.


Die richtigen Kämpfer schlagen auch einfach drauf los.

Ordinäre Schläger schlagen vielleicht einfach drauf los, aber sicher keine richtigen Kämpfer (und schon gleich gar nicht in der Gruppe auf Schwächere).
Ich finde es aber schon spannend, seine Kampffähigkeiten immer mehr zu verbessern und immer mehr eine KampfKUNST zu betreiben, was natürlich irgendwann heißt, härter und freier zu üben. Da muss man bloß akzeptieren, dass anfangs 99 von 100 Versuchen schiefgehen. Und man damit nicht als Gottvater erscheint. Wie auch vermutlich bei wirklichen Könnern keineswegs alles immer klappt.

Ich denke übrigens, man kann auch ein adäquates Stresslevel im Training erreichen und muss nicht gleich in die Kneipe einrücken. Bspw. durch wirklich aggressive Angriffe in abgesprochenen waffenlosen Partnerübungen, Angriffe mit halbwegs „Aua“-Potenzial in freien Übungen oder Waffenübungen. „ryoma“ hat hier im Forum geschrieben, dass er mit seinem Lehrer freien Schwertkampf mit scharfen Klingen geübt hat. Dürfte auch ganz gut für den Adrenalinspiegel sein.

Grüße

Gast
14-01-2017, 18:10
Auffällig ist aber schon, dass die mit einer Wahnsinns-Körperarbeit im Schnitt nicht die großen Kämpfer sind bzw. dann im Kampf nichts mehr davon zu sehen ist, und umgekehrt die Kämpfer sich wenig um diffizile Körperarbeit scheren.


Kannst Du mal konkrete Beispiele nennen, wer in Deinen Augen eine "Wahnsinns-Körperarbeit" hat (also nicht im Sinne von Yoga oder Tanz, sondern bezüglich der in Kampfkünsten angestrebten Fähigkeiten) und kein großer Kämpfer (wie ist das gemeint?) ist oder einen großen Kämpfer, der diesbezüglich eher ein Körperklaus ist?
Das z.B. halte ich für sehr gute Körperarbeit:

51090bGcoR8

Aus irgendwelchen Gründen ist heute auch Kraken, der ja durchaus zu den besseren Kämpfern nicht nur im KKB zählt, in Münster.
Mal sehen, was er so berichtet :)

Gast
14-01-2017, 18:32
Dann meist noch auf eine feige Art, in der Gruppe, unerwartet, Opfer suchen.

Wenn man das Ziel hat, den Gegner bei möglichst geringer Eigengefährdung möglichst sicher auszuschalten, durchaus sinnvoll.

Nick_Nick
14-01-2017, 20:05
Kannst Du mal konkrete Beispiele nennen, wer in Deinen Augen eine "Wahnsinns-Körperarbeit" hat (also nicht im Sinne von Yoga oder Tanz, sondern bezüglich der in Kampfkünsten angestrebten Fähigkeiten) und kein großer Kämpfer (wie ist das gemeint?) ist oder einen großen Kämpfer, der diesbezüglich eher ein Körperklaus ist?


Ersteres einige CMAler oder Aikidoka, zweiteres diverse mir bekannte "Fußballfans", die zwar keine Körperkläuse sind, aber auch nicht ausgebildet. EDIT: Letzteres schlechtes Beispiel, aber auch egal.
Konkreter wird´s nicht, Videos gibt´s von meiner Seite auch keine.

Grüße

Gast
14-01-2017, 21:57
Ersteres einige CMAler oder Aikidoka, zweiteres diverse mir bekannte "Fußballfans", die zwar keine Körperkläuse sind, aber auch nicht ausgebildet. EDIT: Letzteres schlechtes Beispiel, aber auch egal.
Konkreter wird´s nicht, Videos gibt´s von meiner Seite auch keine.


o.k. hab es auch so verstanden
Du meinst wohl Leute, die in einem bestimmten Rahmen manche Leute kontrollieren können, aber wenn es freier/rauher/ der Gegner entschlossener wird, dann klappt es nicht mehr?

scarabe
14-01-2017, 22:02
Ich habe ja das auch schon viel gehört und gelesen. Ich habe mich dann aber gefragt, wie das dann wieder mit ähnlicher Basis und Struktur beispielsweise wieder zu Chen und Yang gekommen ist. Dass sowohl Faust- wie Schwertform von selbem Ursprung ist sieht man zwar nicht auf den ersten Blick, spätestens aber beim dritten Blick (hängt dann aber auch wieder vom Vorführenden ab). Viele Yang-Stil Vertreter gefallen mir eigentlich nicht, im Gegensatz zu dem hier, Fu Qingquan (Enkel von Fu Zhongwen) mit der Schwertform:

Fu Qingquan (https://www.youtube.com/watch?v=5z0yLTMzdd0)

Und zum Vergleich hier mal Chen Bing aus der CXW-Linie:

Chen Bing (https://www.youtube.com/watch?v=icxGuADIokQ)

Nun muß man ja generell sagen, daß es wesentlich raffiniertere und umfassendere Schwertformen gibt, als im Chen. Nicht, daß im Chen nicht die wesentlichen Techniken drin wären, aber es zeigt doch zumindest auf, daß das Gros der Dorfbewohner vermutlich nicht den ganzen Tag mit dem Schwert herumgespielt hat, schon alleine deshalb, weil gar nicht jeder eins hatte....
Auch wenn Chen Wangting und ein paar andere Offiziere sehr gut in den Klingenwaffen waren und diese Skills auch an den Nachwuchs weitergegeben wurden.


In diesem Zusammenhang würde mich interessieren, ob Du als Sinologe die Möglichkeit hast, herauszufinden, wie das damals prozentual in CJG so aussah? Und zu welchen Zeiten ggf. mehr oder weniger Schwert gemacht wurde?

scarabe
14-01-2017, 22:15
Und wieder einmal: Was für ein Blödsinn! Merkst Du eigentliche nicht dass Du genau die Gruppe von sogenannten TCMA Trainern darstellst die ganz offensichtlich keine Ahnung von Yongfa (用法) und Bianhua (变化) haben?!
Die Unterweisung in korrekten Mechanismen nach Prinzipien die zum Grundsatz einer jeden Kampfkunst gehören haben doch nichts mit Glück zu tun.
TCMA sind KAMPFkünste-"Kunst" kommt von "Können"...Aber das muss dann auch vorhanden sein sonst verliert man sich ganz schnell im theoretischen Raum.
Aber in einer Sache stimme ich mit Dir überein, die Leute die zu mir kommen machen das aus einem bestimmten Grund. Und das ist mit Sicherheit nicht dass ich im Seidensnzug über "Qi" lamentiere...:rolleyes:

Alles zu seiner Zeit. Wenn Du Hebel mit Leuten machst, die zuviel Kraft und Schnelligkeit reinstecken, aber kein Gefühl, weil sie noch nicht gelernt haben, sich zu beherrschen und ihre Bewegungen zu kontrollieren, dann hast Du Glück, wenn Du nicht nach jedem Training ins Krankenhaus fahren musst.
Deshalb nicht gleich die Balkone einbauen wollen, sondern erst mal die Fassade bauen.

Ein Lehrer, der mit unerfahrenen Schülern gleich an Hebel geht, ist in meinen Augen entweder unerfahren oder verantwortungslos, sorry.

Und immer dran denken, daß neben kämpferischer Technik auch noch ein paar andere Qualitäten geschult werden müssen, wenn die Leute sich nicht gegenseitig massakrieren sollen.

Ansonsten würde mich interessieren, wie Du Fajin entwickeln willst ohne Qi? Nur so nebenbei, Taiji ist ja doch ne innere KK...?

washi-te
14-01-2017, 22:17
o.k. hab es auch so verstanden
Du meinst wohl Leute, die in einem bestimmten Rahmen manche Leute kontrollieren können, aber wenn es freier/rauher/ der Gegner entschlossener wird, dann klappt es nicht mehr?

Ich fürchte es ist trivialer. Leute, die sich mit "Körperarbeit" beschäftigen, können unter Umständen nicht so doll zuhauen oder haben nicht die nötige Aggressivität wie andere, die sich mit ihrer Körperstruktur nie beschäftigt haben.

Der Erkenntnisgewinn hält sich im Rahmen.

washi-te
14-01-2017, 22:22
weil sie noch nicht gelernt haben, sich zu beherrschen und ihre Bewegungen zu kontrollieren, dann hast Du Glück, wenn Du nicht nach jedem Training ins Krankenhaus fahren musst.
Deshalb nicht gleich die Balkone einbauen wollen, sondern erst mal die Fassade bauen.

Ein Lehrer, der mit unerfahrenen Schülern gleich an Hebel geht, ist in meinen Augen entweder unerfahren oder verantwortungslos, sorry.


Also ich mal Hebel auch in der Kindergruppe. Zum "Hineinfühlen".



Ansonsten würde mich interessieren, wie Du Fajin entwickeln willst ohne Qi? Nur so nebenbei, Taiji ist ja doch ne innere KK...?

Was ist Qi? :p

scarabe
14-01-2017, 22:24
o.k. hab es auch so verstanden
Du meinst wohl Leute, die in einem bestimmten Rahmen manche Leute kontrollieren können, aber wenn es freier/rauher/ der Gegner entschlossener wird, dann klappt es nicht mehr?


Leute, es geht doch weiter:

erstens, nicht jede Technik ist für jeden Gegner geeignet.
Wenn meine Arme zu kurz sind, um bei einem großen Gegner bis zum Kopf durchzudringen, sollte ich es lassen. (Punch, Kinnhaken)
Wenn der Gegner deutlich zu klein oder zu groß ist, macht z.B. auch ein Hüftwurf nicht viel Sinn.
Wenn jemand deutlich stärker ist, als ich, vermeide ich tunlichst, mich auf einen Ringkampf einzulassen.

Wenn jemand deutlich stärker ist als ich, komme ich u.U. nicht mit dem saubersten Hebel durch, weil seine Körperkraft ausreicht, selbst in schon etwas ungünstiger Position noch zu blockieren (wers nicht glaubt, sagt einfach mal euren Kids, sie sollen euch hebeln...)

und nicht zuletzt spielt die Erfahrung des Gegners die tragende Rolle, weil er ja vermutlich auch versuchen wird, sich zu wehren.


Es gibt viele schöne Techniken und Anwendungen in den Bewegungen der Kampfkunst-Formen und sie helfen sehr, viele Details automatisch richtig zu machen, weil z.B. einer einfach gelernt hat, den Arm in der richtigen Position zu halten, um sich zu decken (uva), aber was dann in welcher praktischen Situation und bei welchem Gegner auch sinnvoll benutzt werden kann, ist eine ganz andere Frage und erschließt sich nur mit entsprechender Kampferfahrung und -routine.

Gast
14-01-2017, 22:26
Ein Lehrer, der mit unerfahrenen Schülern gleich an Hebel geht, ist in meinen Augen entweder unerfahren oder verantwortungslos, sorry.


Hast Du nicht mal Judo trainiert?

scarabe
14-01-2017, 22:32
Also ich mal Hebel auch in der Kindergruppe. Zum "Hineinfühlen".

Was ist Qi?






ja fühlen lassen kannst Du sie ja, das ist ja gut :-)

Aber ansonsten läßt Du nen Turmspringer im ersten Training ja vielleicht auch nicht gleich die Schraube vom 5er machen, sondern fängst mit dem Köpper vom Einer an?

Ich will mich ja nicht in andere KK mischen, aber im Taiji macht es schon sehr viel Sinn, erst ein bisschen was an Struktur, Fangsong und Spiralen gelernt zu haben- schon allein, weil man das für die richtige Neutralisierung/Konter der Hebel braucht. (wie üblich, auch in der Form enthalten)


Ja, was ist Qi?
Der Urzustand vom Jin vielleicht? :p

scarabe
14-01-2017, 22:37
Hast Du nicht mal Judo trainiert?

Ja, auch. Und eben. Wenn da einer die Hüfte deutllich höher hat, als meine Beine lang sind, wird schwer.... da kann ich besser mit "Beinstellern"/ Fegern arbeiten u.a.
und wenn einer so klein ist, daß ich mich (Hüfte) kaum drunterschieben kann, auch....

Nicht zu vergessen, ist ja immer ein Zeitfaktor. Wenn der richtige Moment verpasst ist, weil man zu mühsam rankommt, kann mans besser lassen...

scarabe
14-01-2017, 22:44
Ich fürchte es ist trivialer. Leute, die sich mit "Körperarbeit" beschäftigen, können unter Umständen nicht so doll zuhauen oder haben nicht die nötige Aggressivität wie andere, die sich mit ihrer Körperstruktur nie beschäftigt haben.

Der Erkenntnisgewinn hält sich im Rahmen.


Ein Kampfsportler sollte sich immer mit Körperarbeit beschäftigen, schon allein wegen seiner Elastizität und seines Körpergefühls. Wer sich selber nicht richtig spürt, wie soll der dann erkennen, was im Gegner abgeht?
Ab einem gewissen Alter gehts sowieso nicht mehr ohne.

Zweitens: ein Kampfkünstler lernt, seine Aggressivität aufzulösen und nur dann zuzulassen, wenn sie wirklich benötigt wird. Das geht in Sekundenbruchteilen.

Drittens: Ordentlich draufhauen können ist eine Frage des Trainings.
Ich kann sowohl ordentlich hinhauen, als auch ziemlich aggressiv und kalt werden- aber ich bin ziemlich zufrieden, daß ich dank der sog. "Inneren Kultivierung" meiner Kampfkunst nicht mehr Sklave meiner Impulse und meines Adrenalins bin, sondern weitaus entspannter und gelassener, als früher.
Unnötige Aggression und Hörte sind Energieverschwendung und Härte im Taiji ist sowieso so ein Kapitel, weil sie nicht der Starrheit oder überflüssiger Anspannung entstammen darf.

Nick_Nick
14-01-2017, 22:57
o.k. hab es auch so verstanden
Du meinst wohl Leute, die in einem bestimmten Rahmen manche Leute kontrollieren können, aber wenn es freier/rauher/ der Gegner entschlossener wird, dann klappt es nicht mehr?

Ja. Und genau dann fängt m.E. wirkliche Kampfkunst an. Wobei das für mich schon sehr hohes Level ist, dann seine Prinzipien durchzuziehen (insbesondere die hier offensichtlich wichtige innere Arbeit) und kein - am besten auf einmal artfremdes - Sparring zu veranstalten (sondern schnellstes Beenden zu bewerkstelligen).


Ansonsten würde mich interessieren, wie Du Fajin entwickeln willst ohne Qi?

Wirkliche Interessensfrage: Wofür benötigt man Fajin im Waffenkampf? Wie ich´s verstehe ist Fajin explosive, immense Kraft. Wofür brauche ich die bei scharfen Klingen?

Grüße

washi-te
14-01-2017, 23:14
Wirkliche Interessensfrage: Wofür benötigt man Fajin im Waffenkampf? Wie ich´s verstehe ist Fajin explosive, immense Kraft. Wofür brauche ich die bei scharfen Klingen?

Grüße

Ein Schlag - tot? Vielleicht mal die Schwertleute fragen oder "Schnittest" auf youtube...

scarabe
14-01-2017, 23:41
Ja. Und genau dann fängt m.E. wirkliche Kampfkunst an. Wobei das für mich schon sehr hohes Level ist, dann seine Prinzipien durchzuziehen (insbesondere die hier offensichtlich wichtige innere Arbeit) und kein - am besten auf einmal artfremdes - Sparring zu veranstalten (sondern schnellstes Beenden zu bewerkstelligen).



Wirkliche Interessensfrage: Wofür benötigt man Fajin im Waffenkampf? Wie ich´s verstehe ist Fajin explosive, immense Kraft. Wofür brauche ich die bei scharfen Klingen?

Grüße


Frag mich das in 20 Jahren mal, vielleicht kann ich dann Fajin in die Schwertspitze schicken und muß jemanden gar nicht mehr stechen?

Spaß beiseite, es dürfte genügen, Kraft über die Schwertspitze hinaus in den Gegner zu richten, was wir aber praktisch nicht ausprobieren können, da unser reslistischer Schwertkampf an der Schutzausrüstung des Partners endet und nicht erst in ihm oder gar durch ihn hindurch.

Fajin- der restliche Körper. Oder, auch schon was- tatsächlich in der Faust.

Vorher aber kommt -ganz banal und speziell von "Kämpfern" oft vernachlässigt- das Fangsong, bzw. Lösen von Anspannung im Körper vor dem Fali- damit sozusagen die Handbremse schon gelöst ist, wenn einer plötzlich Vollgas geben muß.

Nick_Nick
15-01-2017, 00:27
... oder "Schnittest" auf youtube...


Spaß beiseite, es dürfte genügen, Kraft über die Schwertspitze hinaus in den Gegner zu richten, was wir aber praktisch nicht ausprobieren können, da unser reslistischer Schwertkampf an der Schutzausrüstung des Partners endet und nicht erst in ihm oder gar durch ihn hindurch.

Fajin- der restliche Körper.

Hmm, also Fajin, um durch die Rüstung zu schneiden? Bin etwas skeptisch, weil die Japaner (Samurai) haben meines Wissens ein solches Konzept nicht. Und die hatten auch genug mit Waffenkampf zu tun.

Grüße

washi-te
15-01-2017, 00:36
Hmm, also Fajin, um durch die Rüstung zu schneiden? Bin etwas skeptisch, weil die Japaner (Samurai) haben meines Wissens ein solches Konzept nicht. Und die hatten auch genug mit Waffenkampf zu tun.

Grüße

Bei den Schwertleuten weiß ich nicht, ob es so heißt. Ansonsten heißt es KIME. Bedeutet in etwa Konzentration der gesamten (körperlichen und geistigen) Energie in einem Punkt. Das gibt es auf jeden Fall mit dem Schwert auch. Nach meinem Verständnis ist das die Entsprechnung zu Fajin.

Nick_Nick
15-01-2017, 01:12
Bei den Schwertleuten weiß ich nicht, ob es so heißt. Ansonsten heißt es KIME. Bedeutet in etwa Konzentration der gesamten (körperlichen und geistigen) Energie in einem Punkt. Das gibt es auf jeden Fall mit dem Schwert auch. Nach meinem Verständnis ist das die Entsprechnung zu Fajin.

Fajin ist definitiv ein ganz anderes Kaliber als das Kime im Karate. Hat ganz stark etwas mit Körperorganisation zu tun, die man mal nicht eben so nebenbei aufbaut.

Grüße

Gast
15-01-2017, 05:35
Ja, auch. Und eben.

Habt ihr da nicht gehebelt, bzw. erst, nachdem ihr F16
fliegen konntet?



Ja. Und genau dann fängt m.E. wirkliche Kampfkunst an. Wobei das für mich schon sehr hohes Level ist, dann seine Prinzipien durchzuziehen (insbesondere die hier offensichtlich wichtige innere Arbeit) und kein - am besten auf einmal artfremdes - Sparring zu veranstalten (sondern schnellstes Beenden zu bewerkstelligen).


Die Level-Hypothese (http://www.nickgudge.ie/5.d.ix.-five-levels-of-gong-fu-choy-chia.html) wird ja auch von CXW aufgestellt (da würden dann manche wieder das berühmte Liao Bai-Video dagegenstellen:D).
IMO ist es wie bei anderen Attributen: es gibt nicht die unbegrenzte Superkraft, die alle anderen Attribute überpowert, sondern es kommt immer drauf an, was wie stark entwickelt wurde.
Man denke nur an die häufigen Kraft vs. Technik Dikussionen...
Ich hab mal im FMA-Rahmen Pratzentraining mit einem sehr großen und muskulösen Menschen gemacht (ich bin jetzt auch nicht gerade ein Hänfling), da musste ich beim Halten stark aufpassen, dass der mir in manchen Positionen, die Pratze nicht in das Gesicht gehauen wird, angesichts der Power, die da rüberkam. :cool:
Leuten die wirklich an ihren Kampffähigkeiten interessiert sind, würde ich dringend Austausch mit handfesten Menschen von anderen Sportarten empfehlen, da gehen dann vielleicht ein paar Illusionen flöten.




Wirkliche Interessensfrage: Wofür benötigt man Fajin im Waffenkampf? Wie ich´s verstehe ist Fajin explosive, immense Kraft. Wofür brauche ich die bei scharfen Klingen?


Díesbezüglich (Fajin) gibt es ja verschiedene Ansichten.
Eigentlich bedeutet Fajin meines Wissens nur Abgeben von Kraft.
Natürlich ist damit meist das Abgeben in explosiver (Bao?) Form gemeint.
Aber auch das ist für mich nix mystisches oder muss "immens" sein, eher das, was hier kurze Kraft genannt wird, d.h. eine schnelle, gleichwohl verbundene Bewegung.
Das kann dann auch nur so ein kleines Rütteln sein, um die Struktur des Gegners aufzulockern.
Auch bei Waffen muss man ja mitunter schnell zustechen, will tief eindringen, eine Rüstung durchdringen oder eben auch einfach, z.b. mit dem Säbel oder der Hellebarde möglichst fest draufhauen.


Hmm, also Fajin, um durch die Rüstung zu schneiden? Bin etwas skeptisch, weil die Japaner (Samurai) haben meines Wissens ein solches Konzept nicht. Und die hatten auch genug mit Waffenkampf zu tun.


Beim Kendo (oder gilt das als Stockkampf?) tragen die doch so schwere Rüstungen und bekommen nach einigen Verlautbarungen Brummschädel. Wohl kaum, weil die sich da nur streicheln...

Ein Stich, der schnell beschleunigt wird, kommt natürlich auch eher beim Gegner an.
Mir scheint, auch Sportfechter führen ihre Stiche explosiv aus, ohne nun die Schutzweste des Gegners durchdringen zu wollen:

ezoZfZK75zA

Wenn Du Dir z.B. diese Interpretation der Schwerform anschaust, da würde ich jede explosive Bewegung als Fajin bezeichnen.
(Da das so mystifiziert wird, spreche ich auch lieber von Explosivbewegungen)

ac_JpADrr6M


kurze Kraft (hier Fali genannt), die nicht so spektakulär aussieht (keine Ahnung, warum der Typ im roten Shirt so rumstöhnt...:p), wenden ja auch Leute an, die auch höhere Ansprüche erfüllen:

Q-T0ZKgXIWA

Ich versteh wahrscheinlich nicht, was ich da sehe, aber mir kommt es so vor, dass hier die Fähigkeit, sich schnell bzw. explosiv verbunden zu bewegen, genutzt wird, um auch schnell eine Position zu ändern, Kombinationen zu schlagen, eine Lücke zu schaffen oder schnell zu nutzen bzw. auch auf kurzem (Bescheunigungs-)Weg
Wirkung zu erzeugen.

Natürlich können manche Menschen dabei erstaunliche Kräfte entwickeln,
Bei den spektakulären Abflügen solltest Du allerdings im Hinterkopf behalten, dass da teilweise Streckreflexe beim Gegenüber induziert werden, d.h. ein nicht unwesentlicher Teil der Kraft stammt vom Gegner.

Gast
15-01-2017, 05:57
Ich fürchte es ist trivialer. Leute, die sich mit "Körperarbeit" beschäftigen, können unter Umständen nicht so doll zuhauen

Das Strukturtraining dient nicht zuletzt dazu, den Körper auch besser explosiv bewegen zu können. Wenn das in Schlägen klappt, dann kann man doller zuhauen, als man es selbst ohne die diesbezügliche Körperarbeit könnte.

Holnh-VEysA

Quitte
15-01-2017, 08:21
Sehr gutes Fajin am Mann (Das ist für mich richtige Kampfkunst) :

FBTXQV7GKow



Was ich paar Seiten weiter hinten schrieb.

Zumal eine Anwendung ohne Fajin und innerem Drive tote Bewegung ist.

pilger
15-01-2017, 09:16
Schöner wäre es, nicht (nur) die schlagende Hand unter Kontrolle bringen, sondern den Gegner. Über eine gefangene Hand (so es denn klappt) scheint mir das schwierig zu sein.
Einer konnte es sogar beidhändig:):

http://i.giphy.com/LVJGDOLTdoTKg.gif

Hier eine hier schon bekannte Anwendungsdemo (im Sinne von Anwendung von Formbewegungen bei fester Rollenverteilung) von bekannten Meistern (die Brüder Chen Xioaxing, Chen Xiaowang (ab 3:33) und deren Vetter Chen Yu (ab 12:20)) im TV:
Gleich zu Beginn zeigt Chen Xiaoxing die Herstellung des Kontakts bei einem Faustschlag. Nicht durch Händefangen, sondern eben durch Kreisförmiges in den Weg bringen der eigenen Hand/Unterarm (meinst Du das so, oder doch tatsächliches Händefangen?)
(Auch da sieht man die von Dir beschriebene Problematik, dass die Schläge eher vorhersehbar sind und teilweise gar nicht treffen würden.)

yRr1gGfcR8I


und hier ein auch schon besprochener ritualisierter Anwendungskanon, der mich an das Einschrittsparring aus dem TKD erinnert (incl. Hand an der Hüfte), der glaube ich, Teil von standardisierten Stufen-Prüfungen irgendeiner chinesischen Organisation werden sollte.
Ich weiß nicht, ob da was draus geworden ist, oder ob scarabe so was vorführen musste (ist jetzt nicht so mein Fall, aber immer noch besser als nur Form vorführen...):

d5L7uz8B8X4

Das der Angreifer z.B. hier noch in eine Formstellung geht, erscheint mir persönlich albern, hat aber eventuell gymnastische Zwecke...:o

http://i.giphy.com/133rQ4U8kfnfW.gif
Na klar meine ich nicht Hände fangen wie Bud Spencer :D Fangen bitte nicht wörtlich nehmen.
Ich meine Kontakt aufnehmen und kleben und mit dem ganzen Mann weiter arbeiten.
Aber genau das ist eben sauschwer weil ja niemand die Hände stehen lässt.
Brauchen wir aber nicht weiter vertiefen denke ich, denn wir reden von den gleichen Dingen. War etwas flapsig von mir ausgedrückt. Dachte es sei klar was ich meine im Bereich Taichi.

Grüße Pilger

washi-te
15-01-2017, 09:17
Fajin ist definitiv ein ganz anderes Kaliber als das Kime im Karate.

Grüße

Hmmmm ... ;) .. woran machst du das fest?

washi-te
15-01-2017, 09:23
Sehr gutes Fajin am Mann (Das ist für mich richtige Kampfkunst) :



.. das ist aber gar kein Taiji! :D

Quitte
15-01-2017, 09:28
.. das ist aber gar kein Taiji! :D

Oh, hats doch jemand gemerkt. :D naja..

Gast
15-01-2017, 09:37
Dachte es sei klar was ich meine im Bereich Taichi.


man weiß ja nie...:p
In machen Gegenden Süddeutschlands beginnen die Füße am Knie oder der Hüfte, das kann auch zu Missverständnissen führen...



Sehr gutes Fajin am Mann (Das ist für mich richtige Kampfkunst) :

Was ich paar Seiten weiter hinten schrieb.

besonders lebendig wirken die Partner da allerdings nicht...


.. das ist aber gar kein Taiji! :D

Bei so einem Dantian ist das Taiji :cool:

Quitte
15-01-2017, 09:54
besonders lebendig wirken die Partner da allerdings nicht...


Aber es sieht cool aus wenn da noch einer steht der einsteckt.
Er könnte aber auch einfach das ganze als Form üben, käme wohl aufs selbe raus. (oder am Kleiderständer üben)

T. Stoeppler
15-01-2017, 10:09
Wirkliche Interessensfrage: Wofür benötigt man Fajin im Waffenkampf? Wie ich´s verstehe ist Fajin explosive, immense Kraft. Wofür brauche ich die bei scharfen Klingen?


Das Fajin ist nützlich bei der Anfangsbewegung, wenn man die Waffe auf den Mann ausrichtet; das schliesst die Schrittarbeit auch mit ein. Je direkter und knackiger das rüberkommt, desto weniger Chancen hat der Gegenmann zur Parade.

In einer Waffenbindung kann man in eine Richtung ein Fajin geben, und entweder die Waffe des Gegners wegfegen oder eben durch die Bindung durchkloppen. Oder, wenn man deutlich überlegen und "nett" ist, dem Gegner damit die Waffe aus der Hand schlagen.

Für die reine Trefferwirkung mit einem Schwert braucht es das Fajin nicht, da reicht Alltagskraft mehr als aus. Bei einem Stock oder einer kurzen Hiebwaffe ist der extra-Impuls aber gern gesehen. Oder man muss eine Rüstung durchstossen.

Gruss, Thomas

pilger
15-01-2017, 10:39
man weiß ja nie...:p
In machen Gegenden Süddeutschlands beginnen die Füße am Knie oder der Hüfte, das kann auch zu Missverständnissen führen...



So kurze Beine hab ich doch garnicht :D

Nick_Nick
15-01-2017, 11:52
@Aruna, Quitte und T.Stoeppler

Danke für die Antworten.

Für mich war Fajin immer das an Stelle 1:42:



Holnh-VEysA

Dort sieht für mich die Art der Kraftgenerierung irgendwie auch völlig anders aus als hier (tatsächlich mehr aus dem Inneren):



FBTXQV7GKow



Sehr gutes Fajin am Mann (Das ist für mich richtige Kampfkunst).
Wie doch die Meinungen auseinandergehen (oder ich habe die Ironie nicht verstanden): Für mich ist´s eher Posen (abgesehen davon, dass bei dem Menschen wirklich was um die Ecke kommt). Und ich kriege einen Hals, wenn sich der Vorturner so an den Probanden auslässt, dass die Angst haben müssen, anzutreten.

Grüße

washi-te
15-01-2017, 12:11
@Aruna, Quitte und T.Stoeppler

Danke für die Antworten.

Für mich war Fajin immer das an Stelle 1:42:

Dort sieht für mich die Art der Kraftgenerierung irgendwie auch völlig anders aus als hier (tatsächlich mehr aus dem Inneren):



Grüße

Bitte, gern geschehn. :)

Btw. .. der zweite Film ist kein wirklich gutes Beispiel für Kime ...

carstenm
15-01-2017, 12:53
Ein Lehrer, der mit unerfahrenen Schülern gleich an Hebel geht, ist in meinen Augen entweder unerfahren oder verantwortungslos, sorry.Ist es dir irgendwie möglich, den Unterschied der Hebel im Taichi zu den Hebeln im aikidô zu erläutern?
Im aikidô beginnen Anfänger sehr häufig ihr Üben bereits in der allerersten Stunde mit zwei Hebeln (ikkyo, shiho nage).

Quitte
15-01-2017, 13:06
Wie doch die Meinungen auseinandergehen (oder ich habe die Ironie nicht verstanden): Für mich ist´s eher Posen (abgesehen davon, dass bei dem Menschen wirklich was um die Ecke kommt).

Wie müsste denn eine nicht poserische, funktionierende KK daherkommen? .. Dilemma :D (evtl. in Münster zu finden? :D)

Vielleicht such ich mir bald mal eine Yoga Schule. Da habe ich keine KK Ego Probleme. Oh Nein, da muss ich mir dann die tolle Matte und Tasche dazu kaufen. Tolle Hosen (edit: gibts das auch für Männer? Sonst bleib ich bei den TaiChi Hosen, die sind cool genug) und Selfies auf alles was social Media heisst stellen.

Das Leben ist Poserei. Und Kampfkünste sind irgendwie Kinderkram :o

Vielleicht hab ich wieder bessere Laune wenns wärmer wird, wer weiss. :D

Heping
15-01-2017, 13:19
In diesem Zusammenhang würde mich interessieren, ob Du als Sinologe die Möglichkeit hast, herauszufinden, wie das damals prozentual in CJG so aussah? Und zu welchen Zeiten ggf. mehr oder weniger Schwert gemacht wurde?

Wie kommst du zum Schluss, dass ich Sinologe bin? Bin ich nicht.

Gast
15-01-2017, 13:48
@Aruna, Quitte und T.Stoeppler

Danke für die Antworten.

Für mich war Fajin immer das an Stelle 1:42:



Dort sieht für mich die Art der Kraftgenerierung irgendwie auch völlig anders aus als hier (tatsächlich mehr aus dem Inneren):


wo das her kommt, bzw. von wo das gesteuert wird, zeigt er ja ab 3:19 (https://youtu.be/Holnh-VEysA?t=3m19s):

http://i.giphy.com/9H5ipylJ2GnWE.gif

http://i.giphy.com/Lt2EIBOfBUjFm.gif

Nick_Nick
15-01-2017, 14:31
Btw. .. der zweite Film ist kein wirklich gutes Beispiel für Kime ...

Wieso?


Wie müsste denn eine nicht poserische, funktionierende KK daherkommen? .. Dilemma :D (evtl. in Münster zu finden? :D) ...

Hmm :gruebel:. Was will der Künstler damit sagen? Weiß er wahrscheinlich selber nicht.


wo das her kommt, bzw. von wo das gesteuert wird, zeigt er ja ab [URL="https://youtu.be/Holnh-VEysA?t=3m19s"]3

Bleibt noch die Preisfrage, ob Paul Mills in Quittes Video auch so Kraft generiert wie CXW. Nach meinem Dafürhalten nicht.

Grüße

Klaus
15-01-2017, 15:12
Nur mal am Rande, das mit der "Hand fangen" ist Trainingssache. Das soll so munkelt man mal eine Spezialität im Bagua-Umfeld gewesen sein, dafür gab es extra Übungen die man dafür macht.

Was nicht geht ist "während" man eine Aktion fängt die 3/10tel Sekunden dauert vier Schritte machen die 8/10tel brauchen. Ich kann vor und während der Aktion was anderes machen, entgegen gehen, im Winkel vorbei usw. Aber es kann halt nichts gemacht werden was länger dauert als das was mir entgegen kommt.

Diese Fragen stellen sich aber gar nicht, wenn man die bekloppten Übungen dafür einfach macht, und sieht was geht und wofür einfach kein Timing da ist. Wenn mir einer mit Boxhandschuhen Hände an die Schulter wirft (damit ich im Versagensfall nicht die Zähne verliere), dann stelle ich fest wie gut ich mit irgendwelchen Aktionen damit umgehen kann. Und bitte nicht indem der Angreifer markiert und "mitspielt", und solange wartet bis meine 47-Aktionen-"Technik" fertig ist. Wenn ich die 2. Aktion nicht unterbrechen kann dann ist meine 47-Aktionen-"Antwort" schei$$e.

scarabe
15-01-2017, 18:31
Ist es dir irgendwie möglich, den Unterschied der Hebel im Taichi zu den Hebeln im aikidô zu erläutern?
Im aikidô beginnen Anfänger sehr häufig ihr Üben bereits in der allerersten Stunde mit zwei Hebeln (ikkyo, shiho nage).

Im Aikido lernen die Schüler am Anfang erst mal, zu fallen und sich fallen zu lassen. Wenn also ein Hebel kommt, mitzugehen und sich notfalls (oder auch "koperativ") hinzuschmeissen, so daß ihnen nichts passiert.
Auch der Bewegungsfluß im Aikido vom Beginn der Aktion bis zum Fixieren am Boden ist etwas anders als beim Taiji.
Auch weniger blockierend was die Körperbewegung angeht, so daß der Gehebelte eben fallen, rollen, springen kann etc. und nicht eingeschraubt, fixiert und einfach nur runtergedrückt (natürlich spiralig) und dadurch "zerrissen" wird (o.ä.).

Auch die Konter, z.B. beim Taiji Ellbogen auf Brust/Herz (= eventuell tot), Tritt an Knie usw.,während im Aikido das Ablenken meist in einen ebenfalls vergleichbar weichen Gegenangriff übergeht, aber nicht in einen finalen Schlag.

Andererseits steht im Taiji-Unterricht auch nicht als erstes der Kampf im Focus, so daß die Leute, oft auch Ältere- tatsächlich in eine gewisse Gefahr geraten würden, wenn schon nicht durch den Hebel, so doch durch damit einhergehende Techniken wie "Zerreissen" unsanft zu fallen und hier entsprechende Blessuren davonzutragen.
Die Lehrpläne verschiedener Kampfkünste sind- wie ihr Focus- oft eben unterschiedlich.
Taiji ist ja auch ziemlich vielseitig und umfangreich.

Als ich kürzlich vor meinem Kurs unserem Aikido- Unterricht zuhörte, hörte ich z.B. auch, dass manche Samurai durchaus einen Handgelenksbruch durch Hebel riskierten, um sozusagen mit diesem "Bauernopfer" dafür an den König/die Königin heranzukommen, also den Gegener zu öffnen und zu töten.
Ich fand diesen Praxisbezug interessant, zumal der Lehrer erfahren und vernünftig ist und schon weiß, was er mit den Leuten macht.

Ich habe nur sehr wenig Aikido selber gemacht und es ist über 10 Jahre her, aber auch wenn die Hebel an sich dieselben sind (weil ja der Körper immer gleich augebaut ist), bestehen doch erhebliche Unterschiede zu z.B. Hapkido, wo die Hebel wirklich fixierend und bis weit über die Schmerzgrenze hinaus geübt werden. Unser damaliger Lehrer machte sie absichtlich so fest, daß wir die Arme noch tagelang spürten, um uns an den Schmerz zu gewöhnen, der im Kampf evt. aufkommt (falls das Adrenalin ihn nicht neutralisiert).
Hier herrscht ein strenger Drill und wer übertreibt, macht Liegestütze o.ä.
Im Taiji sind die Leute oft weniger fit und weniger "diszipliniert", vor allem an Anfang, deshalb wäre dieses Vorgehen weniger zu empfehlen.

scarabe
15-01-2017, 18:42
Nur mal am Rande, das mit der "Hand fangen" ist Trainingssache. Das soll so munkelt man mal eine Spezialität im Bagua-Umfeld gewesen sein, dafür gab es extra Übungen die man dafür macht.

Was nicht geht ist "während" man eine Aktion fängt die 3/10tel Sekunden dauert vier Schritte machen die 8/10tel brauchen.

In meinem viel bemeckerten Buddhawächter Anwendungsvideo habe ich am ende ja darauf hingewiesen, daß natürlich die tollste Technik nur dann anwendbar ist, wenn man den Arm zu fassen kriegt, was unwanhrscheinlich ist, weil der Gegner die Faust ja nicht in der Luft stehen lässt, sondern zurückzieht.

Nun müßt Ihr aber auch bedenken, daß Taiji na nicht nur Boxen, sondern jede Art von " Begegnung" mit dem Gegner einbezieht. Kommt es zu einem Ringkampf, kann man den Arm durchaus greifen und bei entsprechender Gelegenheit eben genau diese oder jene Technik, die in der App gelernt wird, anwenden.

Um diese Dinge zu lernen und den Instinkt/das Erkennen von Chancen zu trainieren, gibt es die Pushhands-Routinen.
Diese dienen nicht nur dazu, bei Gelegenheit den Gegner möglichst tough irgendwohin zu schubsen, sondern vor allem den Moment zu erkennen, wann er mit welcher Technik/Methode angreifbar ist und die dann auch intuitiv anzuwenden, bevor der richtige Moment wieder vorbei ist.

scarabe
15-01-2017, 19:39
Wie kommst du zum Schluss, dass ich Sinologe bin? Bin ich nicht.

Na, macht ja nichts, aber Chinesisch kannst Du, auch lesen, das genügt ja schon....

Gast
15-01-2017, 20:38
Im Aikido lernen die Schüler am Anfang erst mal, zu fallen und sich fallen zu lassen. Wenn also ein Hebel kommt, mitzugehen und sich notfalls (oder auch "koperativ") hinzuschmeissen, so daß ihnen nichts passiert.
Auch der Bewegungsfluß im Aikido vom Beginn der Aktion bis zum Fixieren am Boden ist etwas anders als beim Taiji.
Auch weniger blockierend was die Körperbewegung angeht, so daß der Gehebelte eben fallen, rollen, springen kann etc. und nicht eingeschraubt, fixiert und einfach nur runtergedrückt (natürlich spiralig) und dadurch "zerrissen" wird (o.ä.).

Auch die Konter, z.B. beim Taiji Ellbogen auf Brust/Herz (= eventuell tot), Tritt an Knie usw.,während im Aikido das Ablenken meist in einen ebenfalls vergleichbar weichen Gegenangriff übergeht, aber nicht in einen finalen Schlag.
.

offenbar gibt es auch im Taijiquan Lehrer, die Hebelansätze ganz sanft und ohne irgendjemand in den Boden zu schrauben oder beim Gegenangriff aus Versehen zu töten, aus PH-Routinen entwickeln können:):
(Sieht man Dich da nicht im Hintergrund?):

SO2V8S7QFEk

Klaus
15-01-2017, 21:09
Ich unterschreibe sofort, dass man bei totalen Anfängern die überhaupt keine Ahnung von der Wirkung von Angriffen haben vorsichtig sein muss mit Aktionen, die unsachgemäss ausgeführt zu Verletzungen führen. Ob das Hebel sind, Würfe, Tritte oder Schläge.

Die Erfahrung musste ich mit Anfängern auch machen, dass ich jemandem gesagt habe er soll den Hebel nicht "andeuten" sondern richtig machen aber nicht zuziehen. Den letzten Teil hat das Mädchen überhört, und Zack Gelenk überstreckt. Bei Würfen die auch auf den Kopf gehen können wird es richtig gefährlich, da besteht Lebensgefahr, und Unfälle mit Querschnittslähmung sind bekannt.

Das heisst aber nicht dass man gar nichts probieren darf, aber der Lehrer muss sich wirklich zusammenreissen und die Leute einschätzen, und vorsichtig vorgehen. Wir haben hier Prominente an Bord die durch solche "kleinen Unfälle im Training" die Schulter komplett geschrottet haben.

scarabe
15-01-2017, 21:27
Bin absolut mit Dir einig. Kommt immer drauf an, wie man die Schüler davon abhalten kann, Blödsinn zu machen. Dementsprechend geht mehr oder eben weniger.

Hongmen
15-01-2017, 22:27
Wer Tai Chi Anwendungen kennenlernen will, kann sich gerne an einen von uns wenden!

GEMEINSCHAFT PROFESSIONELLER TAI CHI LEHRER (http://www.gptcl.de/)

Gong Fu
16-01-2017, 05:43
Ein Lehrer, der mit unerfahrenen Schülern gleich an Hebel geht, ist in meinen Augen entweder unerfahren oder verantwortungslos, sorry.



Ansonsten würde mich interessieren, wie Du Fajin entwickeln willst ohne Qi? Nur so nebenbei, Taiji ist ja doch ne innere KK...?

Also bezeichnest Du Leute wie Großmeister Zhong Lianbao oder aber Mestre Helio Gracie als unerfahren oder verantwortungslos? Sehr interessant...
Ist Dir schon mal in den Sinn gekommen dass Du keine Ahnung von der Mechanik von Hebeln hast? Und dann durch rohe Kraft Deine technische Unwissenheit kompensierst?

Nein, Tai Ji ist keine "innere Kampfkunst", aber dies wurde doch schon an anderer Stelle diskutiert. Und nein, für Fa Jin brauchst Du kein Konstrukt wie "Qi". Aber auch dies wurde schon an anderer Stelle von Kanken sehr gut erklärt.

T. Stoeppler
16-01-2017, 06:44
EDIT - Nachtrag von Scarabe, zum Ausräumen von Missverständnissen

"Hebel mit roher Kraft durchzudrücken - das machen viele Anfänger und deshalb gibts bei mir kein Hebeltraining, solange sie aus diesem Stadium nicht raus sind. Ich mache fast nichts mit roher Kraft und das soll auch nicht über meine Schule in den Umlauf kommen."




Das dreht sich jetzt wieder alles im Kreis.. ich schliesse daher hier vorerst. Wenn sich die Gemüter nach einer Weile beruhigt haben, eröffne ich wieder... ansonsten PN an mich, wenn noch irgendwas.. THEMENBEZOGENES da sein sollte.

***closed***

Gruss, Thomas