Vollständige Version anzeigen : Vergleich HEMA und japanische Schwertkunst
karate_Fan
20-01-2017, 12:13
Hallo liebe HEMA Freunde und auch Freunde der japanischen Schulen (Falls die sich hierher verirren sollten :D:p)
https://www.youtube.com/watch?v=GS2sNZug9iw
was halt ihr von diesem Video, dass erst vor kurzem herausgekommen ist.
Finde es interssant, was der Herr zu sagen hat, traue mich aber nicht eine Meinung zu bilden, da man leicht zu falschen Schlüssen kommen könnte.
Gab ja zu meiner Anfangszeit ein paar Diskussionen wo ich wohl in Fettnäpfchen getreten bin.
Daher teile ich das Video mal ohne Kommentar, da sich daraus ein paar interssante Diskussionen entwicklen könnten, wenn sich HEMA und Koryu Leute hier beteiligen würden.
Mal gucken was daraus wird.
ps: Ist ein langes Video so bringt Zeit wenn ihr es gucken wollt.
Den entscheidenden "Vorteil" den die Japaner (egal ob Koryu oder Kendo) haben, ist dass es dort tatsächlich noch Menschen gibt bzw. nicht vor nicht allzu langer Zeit gab, die andere Menschen mit dem Schwert getötet haben bzw. ihre Schwerter an anderen Menschen "getestet" haben. Dazu gibt es genug Aufzeichnungen zB aus der Mandschurei etc.. Dieses Wissen ist noch recht "frisch" und lebt. In der HEMA Szene gibt es das nicht und wenn man lernen will, wie man jemanden realistisch mit einem Schwert tötet, ist dieses Detail wohl sehr wichtig. Das hat mMn gar nicht mal so viel mit bloßer Technik zu tun.
karate_Fan
20-01-2017, 16:18
Den entscheidenden "Vorteil" den die Japaner (egal ob Koryu oder Kendo) haben, ist dass es dort tatsächlich noch Menschen gibt bzw. nicht vor nicht allzu langer Zeit gab, die andere Menschen mit dem Schwert getötet haben bzw. ihre Schwerter an anderen Menschen "getestet" haben. Dazu gibt es genug Aufzeichnungen zB aus der Mandschurei etc.. Dieses Wissen ist noch recht "frisch" und lebt. In der HEMA Szene gibt es das nicht und wenn man lernen will, wie man jemanden realistisch mit einem Schwert tötet, ist dieses Detail wohl sehr wichtig. Das hat mMn gar nicht mal so viel mit bloßer Technik zu tun.
Interessant. Nur wird dieses "Wissen" in den Schulen auch noch weitergeben und werden nicht wirklich nur Technik gelehrt?
Das kann man bei der limitierten Informationspolitik der Japaner nur erraten.
Das Quellmaterial an das man auch als nicht Mitglied einer Schule kommt weckt nicht den Eindruck das profunde Anatomie Kentnisse gelehrt werden. Aber der Eindruck täusch wohl.
Was die Waffenwirkung betrifft ist die Euro Szene aber gut vorne. Vielleicht keine Kenntnisse von den Vorfahren aber Mittels Experimente. Der Kanal von Thrand Elgrim machen z.B viele Versuche in der Richtung.
Was den Vorteil mit der Kampferfahrung betrifft, das wird sich bald aus biologischen Gründen erledigt haben. Viele WW2 Veteranen dürften nicht mehr am Leben sein.
Und ob diese Veteranen alle KK Lehrer waren die dann ihre praktische Kampferfahrung weitergeben haben ist auch eine Frage die sich mir aufdrängt?????????
Jadetiger
20-01-2017, 16:24
Den entscheidenden "Vorteil" den die Japaner (egal ob Koryu oder Kendo) haben
Einen entscheidenden "Nachteil" den die Japaner, speziell im Bereich Koryu, Kendo natürlich ausgenommen, haben ist, dass es dort durch den starken Hang zur Ritualisierung kaum noch Schwertkämpfer gibt, die wirklich mal in Echtzeit frei fechten.
Ich unterrichte und erlerne westliches Fechten und ich bin untergemietet in einem Dojo einer Kenjutsu Koryu, die noch sehr großen Wert auf Gekiken (also Vollkontakt-Freifechten) legt. Was ich von dem Lehrer dort gesehen habe, fand ich sehr beeindruckend, weil es für mich nachvollziehbar und für mein fechterisches Verständnis korrekt war (Stichwort Tempozählung!). Was ich in Katas anderer Ryu gesehen habe, ringt mir kaum ein müdes Lächeln ab.
Was mir als großer Unterschied auffällt ist, dass es soweit ich gesehen habe in Japan kaum eine Kultur des kritischen Quellenstudiums gibt. In Europa, speziell in den HEMA, ist (oder sollte) das fester Bestandteil der fechterischen Ausbildung (sein).
Fazit: In den HEMA wie im japanischen Schwertkampf gibt es Leute mit beeindruckendenden Fähigkeiten genauso wie Bullshitakrobaten.
Dafür, dass die Japaner mit dem Katana aus der Historie heraus IMO schlicht die schlechtere Waffe zur Verfügung haben, dafür können sie ja nichts :D
Ich unterrichte und erlerne westliches Fechten und ich bin untergemietet in einem Dojo einer Kenjutsu Koryu, die noch sehr großen Wert auf Gekiken (also Vollkontakt-Freifechten) legt. Was ich von dem Lehrer dort gesehen habe, fand ich sehr beeindruckend, weil es für mich nachvollziehbar und für mein fechterisches Verständnis korrekt war (Stichwort Tempozählung!). Was ich in Katas anderer Ryu gesehen habe, ringt mir kaum ein müdes Lächeln ab.
Ja, das Tempo(und auch Mensur). Klassisches Problem beim Beobachten japanischer Kata. Meines Wissens nach sind die Omote Versionen, sprich die die man öffentlich sieht, ja oft absichtlich falsch. Soviel zur Informationspolitik. :)
Quellenstudie wird in vielen Fällen schwer, da die Informationen der einzelnen Schulen nicht öffentlich zugänglich sind. Ich kann mir nunmal nicht einfach so die Densho der Yagyu Shinkage Ryu durchschauen oder gar kaufen. Weiteres zur Informationspolitik. :D
Ansonsten gebe ich dir Recht.
karate_Fan
20-01-2017, 18:08
Fazit: In den HEMA wie im japanischen Schwertkampf gibt es Leute mit beeindruckendenden Fähigkeiten genauso wie Bullshitakrobaten.
´
Ich denke du beschreibst die Sachlage sehr gut. Auch nett jemanden hier in der Diskussion zu haben der beide Systeme schon mit eigenen Augen gesehen hat, und auch noch ein Lehrer eines westlichen Systems ist.
Deine Ausführungen sind im Fred hier Gold wert.
Weil sonst kann als Außenstehender die japanischen Systeme kaum beurteilen. Denke nicht das YT Material dem Thema gerecht wird, so sollte man dies nicht als Quelle heranziehen.
Axel_C_T
20-01-2017, 18:10
Hi zusammen,
erstmal muss ich sagen, dass ich es ziemlich anstrengend fand, das Video zu schauen und ich hab es nur bis zur Hälfe geschafft.
Erstmal finde ich es gut, dass sich "Gudkarma" so respektvoll ausdrückt.
Dann habe ich mich gefragt, was wir denn eigentlich vergleichen sollen? Was ist praktikabler? Was ist "tödlicher"? Was ist näher am Original?
Ich persönlich denke, dass selbst bei einer "ununterbrochenen" Weitergabe einer Schwertkunst diese sich automatisch immer weiter verändert, da Menschen diese lernen, für sich adaptieren und anpassen.
Was ich persönlich gerade an HEMA schätze ist, dass es - so wie ich es bisher kennengelernt habe - üblich ist, sich kritisch mit Techniken und Funktionsweisen auseinanderzusetzen. Das sehe ich gerade bei den fernöstlichen Kampfkünsten nicht gegeben.
Ach und unterm Strich zählt nur der Kämpfer.... wobei auch immer ;-).
Jadetiger
24-01-2017, 14:43
Ich persönlich denke, dass selbst bei einer "ununterbrochenen" Weitergabe einer Schwertkunst diese sich automatisch immer weiter verändert, da Menschen diese lernen, für sich adaptieren und anpassen.Ich glaube, dass sich GERADE bei einer ununterbrochenen Weitergabe die Kunst weiterverändert. Das ist auch der Grund, warum ich gerne auf den Unterschieden wischen HEMA und EMA rumreite. Bei HEMA kann sich zwar die Lesart und Interpretation der Quelle verändern, aber eben nicht die Quelle selbst. Bei lebendigen Traditionen ändert sich mit jedem Lehrer der Stil.
Ich halte es daher auch nur für mittelprächtig interessant, ob eine KK eine jahrhundertealte Tradition hat. Falls niemand aufgehört hat, über die Techniken nachzudenken, lernt man heute sowieso etwas komplett Anderes als vor 300 Jahren.
Auch wenn ich das obige Video immer noch nicht ganz angeschaut habe, kann ich hier noch ein paar Eindrücke zu den Unterschieden im Unterrricht Kenjutsu (Hokushin Itto-Ryu Chiba-Dojo) vs. westliches Fechten (Fechtboden Zimmermann, Club difesa e sport, Scuola d'Armi Tigre di Giada, MTV München v. 1879 e.V.) schreiben:
Kenjutsu, egal wie anwendungsorientiert, lehrt sehr stark über Kata. Selbst in den Partnerübungen mit direktem Anwendungsbezug werden relativ lange Bewegungssequenzen memoriert, die mehrere Funktionen haben: Sie lehren neben den unmittelbaren Bewegungen auch einen Kontext, in dem die Anwendung sinnvoll stattfinden kann und zeigt außerdem immer auch das Distanzverhalten zum Gegner.
In der westlichen Tradition (mal abgesehen von einpaar wenigen südeuropäischen Traditionen) sind Kata unbekannt. Es gibt zwar das "Schattenfechten"/"Spiegelfechten"/"Pazziatura", das funktioniert aber über freie Bewegungsfolgen gegen einen imaginären Gegner statt. Gelehrt wird im Normalfall immer die Einzelaktion. Um den Kontext zu lehren, gibt es Zusatzübungen wie das Übungsassaut, das Aufgabenfechten, Mensurspiele, usw.
Was ich im Kenjutsu auch noch nicht gesehen habe, ist das explizite Lehren von Scandaglio (Ausforschen/Lesen des Gegners). Gibt es soetwas im Kenjutsu-Unterricht?
Was mir außerdem noch aufgefallen ist, ist, dass im Kenjutsu Partnerübungen scheinbar fast immer ohne Schutzausrüstung durchgeführt werden. Es wird anscheinend nur äußerst selten "auf den Treffer" geübt, sondern immer nur angedeutet. Das halte ich persönlich für suboptimal. Im westlichen Fechtunterricht ist das Treffen in er Partnerübung Alltag.
Und zum Schluss noch etwas Verwunderliches. Im Kenjutsu lassen sich die Schüler offenbar das stundenlange wiederholen ein und derselben Bewegungsfolge ohne Weiteres gefallen. Man sagt dazu, "das ist eben die japanisce Kultur".
Im westlichen Fechten kann man sich solches "Einschleifen" ohne große Abwechslung nur leisten, wenn über der Tür "OFC Bonn" oder "Fecht-Club Tauberbischofsheim" steht (oder wenn man "Zimmermann" heißt und mehrheitlich völlig wahnsinnige Masochisten als Schüler hat ;)).
Wie empfindet ihr das?
karate_Fan
24-01-2017, 14:58
@Axel Das Video kaum wohl deshalb zustande weil in der Youtube HEMA Szene schon manche Leute versucht haben Mythen über die japanischen KK zu beseitigen. Matt Easton hat z.B ne nette Katana Serie herausgebracht, ein italienischer Youtuber names Metraton hat ein paar vids über Iaido und Kendo herausgebracht, ein Video vom ihn würde da sogar im Board diskutiert.
Das diese videos eine Gegenreaktion von der anderen Seite auslösen würden war nur eine Frage der Zeit.
Ich finde es viel spannender die Gemeinsamkeiten von HEMA und Koryu herauszufinden als die Unterschiede.
Ich glaube, dass sich GERADE bei einer ununterbrochenen Weitergabe die Kunst weiterverändert. Das ist auch der Grund, warum ich gerne auf den Unterschieden wischen HEMA und EMA rumreite. Bei HEMA kann sich zwar die Lesart und Interpretation der Quelle verändern, aber eben nicht die Quelle selbst. Bei lebendigen Traditionen ändert sich mit jedem Lehrer der Stil.
Ich halte es daher auch nur für mittelprächtig interessant, ob eine KK eine jahrhundertealte Tradition hat. Falls niemand aufgehört hat, über die Techniken nachzudenken, lernt man heute sowieso etwas komplett Anderes als vor 300 Jahren.
Das ist ein interssanter Ansatz. Sehe das ähnlich. Halte es auch für fraglich, dass nicht jeder Lehrer seinen eigenen "Geschmack" in die Schule integriert und das es sich sich das ganze dann automatisch mit der Zeit immer weiterverändert hat.
Die Frage ist auch würde die Schule immer nur von den besten Kämpfern in die nächste Generation geführt, oder konnte man auch nur aus politischen Gründen zum Oberhaupt der Schule ernannt zu werden, ohne wirklich der beste seiner Zunft zu sein, wenn es um das kämpferische geht????????
Weiß offen gestanden zu wenig darüber um eine definitive Aussage zu machen, aber bei meinen Nachforschungen bin auf nennen wir mal Hinweise gestoßen, die implizieren, das manche Koryu besonders zur Edo Zeit auch eine Art Politikum waren, und das nicht nur um reine militärische Effektivität ging.. Da könnte man sich schon die Frage stellen wie das mit der "Thronfolge" genau funktioniert hat, und nach welchen Kritieren da vorgegangen würde..
Jadetiger
24-01-2017, 15:25
Das ist ein interessanter AnsatzDanke :blume:
Die Frage ist auch würde die Schule immer nur von den besten Kämpfern in die nächste Generation geführt, oder konnte man auch nur aus politischen Gründen zum Oberhaupt der Schule ernannt zu werden, ohne wirklich der beste seiner Zunft zu sein, wenn es um das kämpferische geht????????Veränderung muss tatsächlich nicht immer zu einer Verbesserung führen. Es gibt so einige Stile (vor allem aus dem Kung Fu-Bereich) bei denen ich heute die Anwendbarkeit stark bezweifle, die aber bestimmt mal mit einer guten Idee angefangen haben. Eine große "Falle" ist hier die Überritualisierung, zu der ja gerade die Japaner in allen Lebensbereichen stark neigen. So verliert sich nach und nach der eigentliche Kontext und man landet bei einer Art Cargo-Kult der nur noch leere Bewegungen ausführt.
Ich finde es viel spannender die Gemeinsamkeiten von HEMA und Koryu herauszufinden als die Unterschiede.Gemeinsamkeiten gibt es natürlich auch sehr viele. Dazu kann itto-ryu sicher Einiges berichten.
Spontan fällt mir z.B. ein, dass es explizite Übungen zum Auslösen einer Reaktion beim Gegner gibt. Man kann soetwas dann als zum Öfnen eines Angriffskorridors oder für "Pressing" (psychologischer Druck auf den Gegner) verwenden.
Ein weiterer Punkt ist das ein gewisses Mindset heutzutage gar nicht so gerne gesehen ist, das nötig ist um mit Klingenwaffen effektiv zu arbeiten.
Systeme, die es geschafft haben dieses Mindset in die heutige Zeit zu transferieren, werden schon alleine aus Selbstschutz entweder geschlossen sein (wie die Koryu) oder nicht zu finden sein (wie in den authentischen CMA).
Wenn man heute nach "lebendigen" Systemen dieser Art sucht, dann muß man sich in diverse "Subkulturen" begeben.
Grüße
Kanken
Jadetiger
24-01-2017, 15:44
Zum Mindset gibt es meiner Erfahrung nach unterschiedliche Ansätze.
Sowohl die meisten Koryu als auch das westliche (Langwaffen-)Fechten, haben in fast allen Fällen das Ideal des "Schach mit der Klinge", das bedeutet, dass man auch unter hohem Druck der "eiskalte Planer" bleibt. Als höchste Schule würde ich hier das klassische Hofdegenfechten bezeichnen, weil das eine Waffe ist, die so minimalistisch und feinmotorisch funktioniert, dass sie keine Emotion verzeiht. Der ideale Charakter dafür wäre ein "soziopathischer Killer". Und das wiederum ist ja eine Eigenschaft die man in manchem modernen Kontext auch als gewollt interpretieren kann. Hedgefond-Manager und Unternehmensberater machen nichts anderes :devil:
Ich denke, dass ist einer der Gründe, warum man früher KK oft mit hohem moralischen Ansprüchen verknüpft hat. Das ist gewissermaßen die Kette, an die man den Kampfhund legt.
Die Frage ist auch würde die Schule immer nur von den besten Kämpfern in die nächste Generation geführt, oder konnte man auch nur aus politischen Gründen zum Oberhaupt der Schule ernannt zu werden, ohne wirklich der beste seiner Zunft zu sein, wenn es um das kämpferische geht????????
Nein. Die Ryûha wurden nicht immer von den besten Kämpfern geführt.
Eine Ryûha zu führen, zu lehren und auch anzuwenden sind alles unterschiedliche Qualitäten. Die nicht unbedingt alle in einer Person in jeder Generation vereint werden können.
Der bester Kämpfer auf der Welt ist als Sôke einer Ryûha nutzlos wenn kein soziales/politisches Geschick hat oder wenn er seine Fähigkeiten nicht an die nächste Generation weitergeben kann.
Sowas kann natürlich recht schnell zu internen Spannungen führen, daher ist die Entscheidung über den nächsten Sôke allein oftmals ein Drahtseilakt.
Nochmal anders ist die gesamte Geschichten in Traditionen die in der Familie geführt werden. Hier muss der Sohn, der als nächster in der Linie steht, zwar auch nicht der beste sein. Jedoch braucht er das nötige Geschick die Leute die "besser" als er sind bei der Stange zu halten und in der Ryûha zu halten.
Hierfür ist der Aikikai eigentlich auch ein recht gutes Beispiel. Da die Führung der Organisation zwar in der Hand des Doshû liegt, aber der Doshû nicht unbedingt der beste lebende Aikidôka ist(was natürlich nicht heißt das er schlecht ist). Er aber im Zentrum stehen muss.
Das ist zum Teil das ironische daran. Der Sôke/Doshû/Iemoto hat zwar volle Entscheidungsgewalt, aber für das Wohl der Tradition darf er kein Diktator sein.
Das dies nicht immer gelingt, davon Zeugen dann die vielen verschiedenen Seitenlinien in den Koryû.
Billy die Kampfkugel
24-01-2017, 16:45
Und zum Schluss noch etwas Verwunderliches. Im Kenjutsu lassen sich die Schüler offenbar das stundenlange wiederholen ein und derselben Bewegungsfolge ohne Weiteres gefallen. Man sagt dazu, "das ist eben die japanisce Kultur".
Im westlichen Fechten kann man sich solches "Einschleifen" ohne große Abwechslung nur leisten, wenn über der Tür "OFC Bonn" oder "Fecht-Club Tauberbischofsheim" steht (oder wenn man "Zimmermann" heißt und mehrheitlich völlig wahnsinnige Masochisten als Schüler hat ;)).
Wie empfindet ihr das?
Es ist ein großes Glück heute auf moderne Weise fechten (lernen) zu können. Das Sportmaterial und die Schutzausrüstung machen sehr schnell Übungen am Mann und Treffen möglich. Damals musste man anders mit Anfängern üben denke ich. Das ernsthafte Üben von Kampfsport ist kein Spaß. Als die Wurfstöße aufkamen und Tauberbischofsheim und andere richtig abgesahnt haben, haben wir im Verein versucht es nach zu trainieren. Stunden um Stunden sich gegenseitig die Schulter blau zu klopfen bis Coupé und Bingo sitzen ist schon zäh, aber letztlich gab der Erfolg ihnen auf den Turnieren ja recht. Ich denke damals vor hunderten Jahren war man froh überhaupt etwas gezeigt zu bekommen, was das eigene Leben auf dem Schlachtfeld retten konnte, sich irgendwie zu beschweren dürfte eine ziemlich neue Erscheinung sein.
Ich habe wenige populäre Quellen über asiatische Schwertkunst gelesen und kann vieles darin nicht nachvollziehen. Manches mag dem damaligen Material geschuldet sein, vielleicht hat man sich auch auf die Rüstung verlassen oder es wurde in einer langen Friedensperiode verfasst und war entsprechend vergeistigt, oft liest sich wie ein übertriebener Werbeprospekt für die Schule… ohne sich den jeweiligen Kontext zu erarbeiten kann man daraus m.E. wenig Nutzen ziehen. Zu akademisch sollte man es auch nicht sehen, Experimente sind durchaus naheliegend und man sollte bei so einem Hobby mehr Spaß haben, als ihn der Soldat damals hatte.
Wie empfindet ihr das?
Mich amüsiert es gerade, dass das Training das du im westlichen Fechten beschreibst fast 1 zu 1 auf's Kendo zutrifft. Wir üben nur immer noch Kata wenn auch in den meisten Vereinen sehr selten. Ansonsten hauptsächlich Einzelaktionstraining mit darauf aufbauenden komplexeren Aufgabenstellungen u. Übungen.
Scandaglio so wie ich diesen Ausdruck jetzt verstanden habe ist dabei allgegenwärtig und eine der Königsdisziplinen. Ein guter Fechter steht und fällt damit.
fujikomma
24-01-2017, 22:29
Ich fand ja bis jetzt interessant das keiner die kleine Anmerkung von Suriage bzgl der Mandschurei aufgegriffen hat....
Dort haben sich die Japaner richtig ausgetobt "Men behind the Sun"-Unit 731 oderso.
Abhärtungsformen vom "feinsten"
Gefangene in eine Grube und neue Rekruten sollten dann mit dem Bayonett soviele umbringen wiemöglich...
Ungeahnte Möglichkeiten für realisches Kenjutsu-Training:ups
Schüler deren Lineage jemand mit Mandschureierfahrung umfasst kriegen am ehesten"the real Thing"!
karate_Fan
25-01-2017, 06:58
Ungeahnte Möglichkeiten für realisches Kenjutsu-Training:ups
Schüler deren Lineage jemand mit Mandschureierfahrung umfasst kriegen am ehesten"the real Thing"!
Ich habe das aufgegriffen und die Frage in den Raum geworfen, wie viele von diesen Leuten hier auch KK Lehrer waren und das Wissen weitergegeben haben?
Kam bisher noch keine Antwort oder würde vielleicht übersehen..
itto_ryu
25-01-2017, 07:06
Hm, aber ist das nicht etwa so, als würde man Massenerschießungen als gutes Training für Tactical Shooting ansehen? Wenn wir von Lehrern sprechen, die ihre Guntos noch im Nahkampf des 2. Weltkrieges geschwungen haben gegen Bajonette etc., das ist schon was anderes. Auch wenn ich den Sinn von Schnitttests selbstverständlich nicht abspreche, wenn auch hier in einem krassen Kontext.
Bedenken sollte man auch, dass durch ca. 300 Jahren quasi Frieden Japans Schwert- und andere Waffenkunst wohl nicht völlig unverändert blieb. Und insbesondere die westlichen Einflüsse im späten 19. Jhd. Was meint ihr?
Allgemein finde ich, von meiner Erfahrung bisher, dass es mehr Gemeinsamkeiten, als Unterschiede gibt. Vieles sind doch eher Detailsfragen, Spezifikationen der Waffe, kulturelle Unterschiede usw.
In den chinesischen KK gibt es durchaus noch Leute deren Lehrer bis in die Mitte des 20. Jhd. ihre Waffenskills aus einer traditionellen Linie angewandt haben und dies auch weitergegeben haben. Finden wird man sie jedoch aus diversen kulturellen Gründen eher schwer (und ich meine damit nicht Jingwu oder Wushu).
Wäre mal spannend zu wissen wie viele Leute aus einer Koryu damals im 2. WK waren und was sie so aus ihrer KK mitnehmen konnten (und damit meine ich nicht unbedingt Schwerttechniken), bzw. wie sie das erlebte in die Koryu zurückgebracht haben.
Grüße
Kanken
fujikomma
25-01-2017, 08:46
@itto-ryu:Es ging nicht um einigermassen ausgeglichene Verhältnis in der Mandschurei!
Die Japaner haben dort Kriegsverbrechen an Zivilisten und Kriegsgefangenen begangen...
Massenerschiessungenin Verbindung mit Tacticalshooting zubringen ist UNangemessen...
Ich dachte im Bereich Kenjutsu an Tamashigiri mit lebenden Subjekten
-die Japaner hatten ja bestimmte Vorstellungen in Bezug auf die Wertigkeit ihrer Gegner-
und wenn die Testschnittsubjekte eine begrenzte Möglichkeit bekamen sich zuwehren-wurde es interessant und "lehrreich"!
Tamashigiri war ja in Japan veboten aber in der Mandschurei gab genug Spielraum!
Natürlich gefällt es heutigen zivilisierten Kenjutsuka nicht diese Möglichkeiten der Praxiserprobung ihres Kunsthandwerks in Betracht zuziehen!
Höflich ausgedrückt.
hand-werker
25-01-2017, 09:28
Hm, aber ist das nicht etwa so, als würde man Massenerschießungen als gutes Training für Tactical Shooting ansehen?
Nein, auch für das Ziel Tactical Shooting wäre die Beteiligung der Soldaten an Exekutionen oder Massakern vermutlich brauchbar, um die Soldaten "scharf" zu machen.
So werden ja auch heute noch u.a. Kindersoldaten "abgehärtet". Ändere den Kontext und Töten wird normal...
Grüße
Kanken
itto_ryu
25-01-2017, 09:54
In diesem Zusammenhang, Tötungspsychologie okay, das ist mir klar.
@fujikomma: Ich glaube, du missverstehst mich. Das war kein Angriff auf die Aussage an sich, ebenso wenig ein gutheißen. Hier empfinde ich keinerlei Unterschied zwischen Massenerschießungen oder Massakern der Japaner mit Blankwaffen wie in Nanking. Wenn Soldaten aufs Töten gedrillt werden im Zusammenhang mit Kriegsverbrechen, dann hat das keinen Belang, welche Methoden dafür benutzt werden, es bleibt ein Verbechen. Daher finde ich, dass dieser angeblich "Vorteil" von japanischen Schulen auch nicht hervorgehoben werden sollte, weil eben Offiziere und Soldaten mit ihren Guntos Kriegsgräuel begangen haben. UNangemessen ist meiner Ansicht also beides, um es mal deutlich zu sagen. Ich würde mich hüten, trainierte ich eine koryu zu sagen "Ja unsere ryu ist so traduiert, weil noch der Soke meines Soke im 2. Weltkrieg Menschen masskriert hat." Deswegen war mein Vergleich auch eher sarkastisch gemeint. Wird es klarer dadurch?
Wenn jedoch ein polnischer Kavallerist der 30er Jahre, um mal ein europäisches Beispiel zu nennen oder ein japanischer Offizier als Fechtlehrer nachweislich im Kriegseinsatz (nicht Kriegsverbrechen) im Gefecht seine Blankwaffe eingesetzt hat, ist dies durchaus interessant für eine Traduierung.
fujikomma
25-01-2017, 10:42
Naja,mein Missverstehen gründet sich darauf das natürlich der Polnische Kavallarist wie auch der japanische Soldat natürlich sagen wird:
"Habe ich im Gefecht gelernt!"
Analog zu den Aussagen von Zuhältern,die behaupten ihre "Pferdchen" immer gut behandelt zuhaben oder mit Gegner immer ohne Messer und mit offnen Visier gekämpft zuhaben...
Dieses Aufhübschen der eigenen Geschichte,diese spezielle Art sich als besser darzustellen kann ich akzeptieren weil sich ja keiner als Bösewicht sieht.
aber der(bedingungslose) Glauben der Anhänger solcher Leute,die selbst nicht dumm sind,darauf komme ich nicht klar.
karate_Fan
25-01-2017, 11:03
Wäre mal spannend zu wissen wie viele Leute aus einer Koryu damals im 2. WK waren und was sie so aus ihrer KK mitnehmen konnten (und damit meine ich nicht unbedingt Schwerttechniken), bzw. wie sie das erlebte in die Koryu zurückgebracht haben.
Grüße
Kanken
Das ist wirklich eine sehr spannende Frage.
Ist jetzt nicht wirklich Koryu im Sinne der Definition, aber Nakamura Taizaburo mit seiner Nakamura Ryu könnte ein solcher jemand sein, der sein Wissen in seine eigene Schüle möglicherweise mitgenommen hat.
Er hat ja soweit ich richtig informiert bin ursprünglich die Toyama Ryu, im japanischen Militär gelernt und war dann während des Kriegs in China stationiert wo er einiges erlebt haben dürfte. Er hat auch ein Buch geschrieben, dass es auf English gibt. Habe es aber leider noch nicht gelesen kann also nichts zur Qualität des Buches sagen.
Das es in den chinesischen KK solche Leute gibt, hast du ja bereits hier im Forum erwähnt. Ein ebenfalls sehr spannendes Thema, das aber einen eigen Thread verdient hätte.
@Tanukiyarô Vielen Dank für die Hintergrundinfos. :):verbeug:
itto_ryu
25-01-2017, 11:16
Naja,mein Missverstehen gründet sich darauf das natürlich der Polnische Kavallarist wie auch der japanische Soldat natürlich sagen wird:
"Habe ich im Gefecht gelernt!"
Analog zu den Aussagen von Zuhältern,die behaupten ihre "Pferdchen" immer gut behandelt zuhaben oder mit Gegner immer ohne Messer und mit offnen Visier gekämpft zuhaben...
Dieses Aufhübschen der eigenen Geschichte,diese spezielle Art sich als besser darzustellen kann ich akzeptieren weil sich ja keiner als Bösewicht sieht.
aber der(bedingungslose) Glauben der Anhänger solcher Leute,die selbst nicht dumm sind,darauf komme ich nicht klar.
Ich glaube, ich verstehe, was du meinst. Du kritisierst damit den Ursprungspost im Bezug auf "noch lebendige Trainer" usw. von Suriage?
Im Bezug auf die polnische Kavallerie kann man zumindest nachweisen, dass es z.B. während des Sowjetisch-Polnischen Krieges um 1919-21 noch größere Reitereigefechte zwischen Rotarmisten und Polen gab, weshalb es in den 1930ern also noch durchaus Lehrmeister in der polnischen Armee gab, die aktiven Gefechtseinsatz mit dem Säbel hatten.
Jadetiger
25-01-2017, 15:17
Um mal wieder ein kleines Bischen mehr Richtung Hauptthema zu schwenken:
In den europäischen KKs gibt es eine recht deutliche Trennung zwischen Duellstilen und Schlachtfeld- bzw. Selbstverteidigungsstilen.
Wird diese Unterscheidung in den Koryu auch gemacht? Die Anforderungen an den Fechter sind für diese Szenarien ja doch sehr unterschiedlich.
Axel_C_T
25-01-2017, 17:18
Bei HEMA kann sich zwar die Lesart und Interpretation der Quelle verändern, aber eben nicht die Quelle selbst.
Unterschiedliche Interpretationen können schon reichen, um starke Veränderungen anzuführen ;-).
Kenjutsu, egal wie anwendungsorientiert, lehrt sehr stark über Kata. Selbst in den Partnerübungen mit direktem Anwendungsbezug werden relativ lange Bewegungssequenzen memoriert, die mehrere Funktionen haben: Sie lehren neben den unmittelbaren Bewegungen auch einen Kontext, in dem die Anwendung sinnvoll stattfinden kann und zeigt außerdem immer auch das Distanzverhalten zum Gegner.
In der westlichen Tradition (mal abgesehen von einpaar wenigen südeuropäischen Traditionen) sind Kata unbekannt.
Das sehe ich etwas anders. Beim Langen Schwert nach Liechtenauer gibt es Stücke, die erklären, wie wann was funktioniert. Diese bauen auf bestimmte Reaktionen des Gegners auf. Deswegen finde ich das durchaus vergleichbar mit einer Kata.
Wird diese Unterscheidung in den Koryu auch gemacht?
Ja. Aber manchmal gibt es auch Hybrid Stile die Kata sowohl für den einen als auch den anderen Kontext beinhalten.
Katchu Bujutsu und Suhada Bujutsu.
Jadetiger
26-01-2017, 07:57
@Tanukiyarô
Danke! Die Begriffe kannte ich nicht.
Unterschiedliche Interpretationen können schon reichen, um starke Veränderungen anzuführen ;-).Stimmt schon, habe ich gerade selbstbeim Säbelfechten erlebt. Durch eine kleine Verständniskorrektur meines Lehrers hat sich meine komplette Verteidigung auf der unteren Linie verändert (und ist jetzt um ein Vielfaches effizienter). Trotzdem stellt die "tote" Quelle einen Fixpunkt dar, den ein lebendiger Stil nicht hat.
Das sehe ich etwas anders. Beim Langen Schwert nach Liechtenauer gibt es Stücke, die erklären, wie wann was funktioniert. Diese bauen auf bestimmte Reaktionen des Gegners auf. Deswegen finde ich das durchaus vergleichbar mit einer Kata.Die Stücke sehe ich eher vergleichbar mit den Kata im Kendo. Suriage hat ja in Post #15 (http://www.kampfkunst-board.info/forum/f65/vergleich-hema-japanische-schwertkunst-181579/#post3556531) schon auf die sehr großen Ähnlichkeiten zwischen Kendo und westlichem Fechten hingewiesen. In den Koryu habe ich so kurze Sequenzen noch nicht gesehen.
Ich persönlich finde außerdem nicht, dass Stücke (in meinen deutschen Quellen heißen sie "angesagte Gänge") den vollen Kontext einer Technik zeigen, aber ich bin da nicht der totale Experte.
In den Koryu habe ich so kurze Sequenzen noch nicht gesehen. In der Itto, die ja soweit ich weiß eines der Vorbilder für die Kendo-Kata war, sind die offenbar durchaus üblich: jScJxtLdIBU
Angriff - Abwehr - Konter - Schluss. Manchmal noch`n zweiter Konter for good measure. :cool:
Jadetiger
26-01-2017, 12:19
Ah ok, danke für das Video :)
Ich sehe da aber weit mehr Als Angriff-Abwehr-Konter. Die Kata beginnt doch bereits wesentlich früher. Ich sehe ein Stellung einnehmen in weiter Mensur, Abschätzen des Gegners, Vorsichtige Annäherung mit korrekter Deckung durch die Klinge, Angriff, Abwehr, Konter, Weiterführen des Schnittwinkels, Abzug vom Gegner mit korrekter Klingendeckung.
ps.: Man beachte auch die "Pratzenarbeit" in dem Video. Schon spannend, dass moderne Boxer auf die gleiche Idee kamen.:)
Was funktioniert, wird ja in der Regel mehrfach erfunden.
Ich sehe da aber weit mehr Als Angriff-Abwehr-Konter. Die Kata beginnt doch bereits wesentlich früher. Ich sehe ein Stellung einnehmen in weiter Mensur, Abschätzen des Gegners, Vorsichtige Annäherung mit korrekter Deckung durch die Klinge, Angriff, Abwehr, Konter, Weiterführen des Schnittwinkels, Abzug vom Gegner mit korrekter Klingendeckung.Ja, ok. Aber wirklich länger als ein europäisches "Stück" werden die Dinger doch dadurch nicht, oder?
Im Gegenteil find ich die Ähnlichkeiten zu den europäischen Legern/Huten, Abhauen & co., wie ich die etwa aus dem Meyer kenne, doch sehr offensichtlich. Auch interessant, dass beides etwa um die gleiche Zeit, bloß eine halbe Welt entfernt, entstanden ist.
Obwohl, gerade beim Meyer zeigt sich ja, dass der auch gerne die kurzen "Stücke" zu längeren Übungssequenzen kombiniert. Was dann etwa den längeren Kata aus andren Koryu entsprechen könnte.
Jadetiger
26-01-2017, 13:27
Davon habe ich keine Ahnung.
Mein HEMA (deutsch) findet etwa 300 Jahre nach Meyer statt.
Mein TEMA (italienisch) findet etwa 450 Jahre nach Meyer statt (sprich: heute).
:D:D:D
Davon habe ich keine Ahnung.
Mein HEMA (deutsch) findet etwa 300 Jahre nach Meyer statt.
Mein TEMA (italienisch) findet etwa 450 Jahre nach Meyer statt (sprich: heute).
:D:D:DAh, ok. Davon hab ich wiederum keine Ahnung. :)
Bei allem, was ich so kenne, seh ich aber tatsächlich zeit- und ortsübergreifend mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Was nicht heißt, dass die Unterschiede deshalb nun nicht besonders interessant wären.
itto_ryu
28-01-2017, 14:56
Also neben der erwähnten Ono-Ha Itto Ryu, ist auch die Mozoguchi-Ha Itto Ryu recht "kurz angebunden" in den Kata und entspricht Stücken oder auch den späteren Drills mit dem Broadsword oder Säbel. Das gilt übrigens auch für die Kata der Hyoho Niten-ichi ryu:
G3f8KxUGj0U
Schulen mit langer Kata-Sequenz haben meines Wissens nach auch oft eine Art langes Spiel, in dem die eigentlichen Techniken "verborgen" sind und die sich in Einzelelemente mit unabhängig voneinander ausführbaren Techniken aufdröseln lassen. Das ist übrigens den langen Drillsequenzen von Henry Angelo´s Broadsword Divisions gar nicht so unähnlich. Und soviel anders als mittelalterliche Stücke finde ich das auch nicht. Die Katori Shinto Ryu erklärt hier z.B. diese Aufdröselung ihrer kata (wie hier am Ende der kleinen Doku von Teil 1 und am Anfang von Teil 2):
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Was die oftmals erwähnte Ritualisierung japanischer Schulen angeht, auch da muss ich teils einhaken. Erstens dienen viele dieser rituellen Handlungen einem Zweck, wie z.B. korrekte innere Einstellung zur kata, entsprechend korrekte Distanz usw. Auch hier vergleiche ich mal mit z.B. einigen der ungemein langen und kunstvollen Salutes in meinen Broadsword-Quellen, die von außen betrachtet auch durchaus ritualisiert wirken.
Weißergürtel
21-02-2017, 10:07
Auf jeden Fall ein cooles Video :)
Na das ist doch mal wieder eine interessante Diskussion hier im KKB!
:D
Jadetiger
21-02-2017, 13:04
Andere Frage zum Thema:
Im europäischen Fechten gibt es ein bewusstes gezieltes Austrainieren der Entscheidungsfähigkeit des Schülers. Im Wesentlichen gibt man zwei Signale als Trainer vor und der Schüler muss in einer stufenweise stressiger werdenden Situation diese Signale erkennen und sich korrekt für A oder B entscheiden. Als Varante davon gibt es auch die Möglichkeit, dem Schüler mehrdeutige Signale zu geben, so dass es im Grund ideal ist oder er A oder B wählt aber er muss sich entscheiden. So kann man die "Analysis Paralysis" wegntrainieren.
Gibt es ähnlich Übungen im japanischen Schwertkampf? Oder gibt es andere typische Trainingsmethoden zur Ausbildung bestimmter taktischer Fähigkeiten?
Im europäischen Fechten gibt es ein bewusstes gezieltes Austrainieren der Entscheidungsfähigkeit des Schülers. Im Wesentlichen gibt man zwei Signale als Trainer vor und der Schüler muss in einer stufenweise stressiger werdenden Situation diese Signale erkennen und sich korrekt für A oder B entscheiden. Als Varante davon gibt es auch die Möglichkeit, dem Schüler mehrdeutige Signale zu geben, so dass es im Grund ideal ist oder er A oder B wählt aber er muss sich entscheiden. So kann man die "Analysis Paralysis" wegntrainieren.
Im Kendo gibt es eine zentrale Übungsmethode namens Uchi-Komi-Geiko. Dabei gibt die "Lehrerseite" gewisse Ziele frei und der Schüler soll so schnell wie möglich diese angreifen. Danach wird gewendet und das ganze beginnt wieder von vorne. Mit Anfängern macht man das noch recht gemächlich, bei Fortgeschrittenen geht das schon recht zackig. Ziel ist wie du sagst, einen Automatismus zu entwickeln.
Darauf aufbauen kommt die nächste Stufe in Form von Kakari Geiko. Dabei muss man sich die Lücke selbst öffnen, die Lehrerseite unterstützt vllt. noch minimal, und blitzschnell angreifen. Öffnet man die Lücke nicht sauber(weil man schon ausgepumpt ist zB) hat die Lehrerseite die Verantwortung sie wieder zu schließen oder zu kontern.
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Das Uchi-Komi ist da noch sehr gemächlich aber man sieht gut was passiert.
Das Kakari-Geiko finde ich persönlich nicht so berauschend...
Quellenstudie wird in vielen Fällen schwer, da die Informationen der einzelnen Schulen nicht öffentlich zugänglich sind. Ich kann mir nunmal nicht einfach so die Densho der Yagyu Shinkage Ryu durchschauen oder gar kaufen. Weiteres zur Informationspolitik. :D ...
Doch, doch, das ist durchaus möglich. In den Antiquariaten im Jimbocho-Viertel von Tokyo findet man wirklich sehr viele verschiedene Densho aller möglichen Schulen. Die meisten sind auch nicht wirklich teuer (im Schnitt so 200 EUR). Der Preis richtet sich natürlich nicht nach Inhalt sondern meist nach Erhaltungszustand und ob es nur eine rein schriftliche Rolle ist oder ob es noch schöne Zeichnungen drin hat.
Apropos Shinkage-Ryû... hatte mir genau von dieser Schule vor etwa 20 Jahren eine Densho gekauft. Weiss gerade nicht mehr was für eine XXX Shinkage-Ryû, von denen gab es ja auch viele verschiedene. Ja, schönes Stück das zuhause verstaubt (wer Interesse hat, bin für Angebote offen ;) ).
Der Punkt ist der: Damit kann man kein Quellenstudium betreiben. Die meisten Densho und Mokuroku geben nicht viel an Infos her. Schulen werden eben kaum schriftlich weitergegeben, sondern mündlich.
Densho dienen als Beleg, dass eine gewisse Stufe erreicht wurde. D.h. es werden evtl. gewisse Kata-Sets oder -Namen erwähnt, der Stammbaum der Sôke, geschichtlich-mythologisches zur Schule.
Densho mit Zeichnungen sind da nicht hilfreicher.
Heisst also: Densho mögen rein historisch und Sammlungstechnisch gesehen einen Wert haben. Technische Finesse daraus ableiten zu können, ohne schon selbst weit fortgeschritten in der Schule zu sein, halte ich für unmöglich.
So, mal ein paar schnelle Fotos gemacht.
Die Densho ist datiert mit Tempô 10 (1839) und stammt von der "Shinkage-Ryû Hyôhô" und tatsächlich findet sich darauf auch der Name Yagyu.
Ja, eigentlich ein wirklich schönes Teil. Und erst noch Bakumatsu! :-)
karate_Fan
21-02-2017, 21:51
Danke für das Posten von den Photos der Densho. Ist auch sehr interssant, das die nicht wirklich so extrem teuer sind. Dachte man müsste für solche Antiquitäten in der Regel viel mehr investieren, als ca 200 Euro. Da habe ich wieder etwas gelernt.
Dieses Teil war schon etwas teurer, da es eben auf wirklich schönem, goldbezogenem Papier geschrieben wurde. ;)
Ah, ok. Davon hab ich wiederum keine Ahnung. :)
Bei allem, was ich so kenne, seh ich aber tatsächlich zeit- und ortsübergreifend mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Was nicht heißt, dass die Unterschiede deshalb nun nicht besonders interessant wären.
Das Thema ist zwar schon älter, aber dennoch spannend.
Unser Dojo hat eine Kooperation mit dem örtlichen HEMA Verein begonnen und wir haben bereits in den ersten Schnuppertrainig viel gemeinsames entdeckt und das erste Intensiverer Fechten in Vollschutz lief sehr gut.
Ziel ist der Austausch von Technik und Sparringeinheiten.
Schauen wir mal, wo es hinführt. Neue Freunde generiert es schonmal :).
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