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Vollständige Version anzeigen : Theorie, Hintergründe?



kanken
08-03-2017, 09:34
Mich würde mal interessieren in wie weit in Euren Schulen und Traditionen auf die Geschichte des Stils und der Techniken eingegangen wird und erklärt wird was man anRitualen warum macht, bzw. wo diese Dinge herkommen.

Der Hintergrund ist der, dass ich von Anfang meiner KK-Laufbahn an "gezwungen" würde mich mit der Geschichte und dem "Warum?" auseinanderzusetzen.
Wir mussten damals die historischen Wurzeln des Karate, bzw. unseres Stils lernen, wir mussten wissen wie und warum der "Sprung" nach Japan vollzogen wurde und durch wen. Warum gibt es den militärischen Drill, die Uniform (Gi) etc.. Was hat sich warum im Karate verändert etc.
Ich habe diese Fragen also quasi mit der KK-Muttermilch aufgezogen.

Als ich mich dann für eine chinesische KK entschied war es für mich völlig natürlich mich mit der Geschichte der CMA zu befassen.
Auf der einen Seite gibt es natürlich das, was mir mein Lehrer über unseren Stil, seine Entwicklung und seine Ausübenden erzählt. Das ist eine mündliche Quelle mit vielen Details.
Dann gibt es natürlich Erklärungen dazu warum es das Lehrsystem gibt, nach dem unterrichtet wird (Alltagskleidung, private Räume etc.), warum wird unterrichtet was unterrichtet wird (diverse Arten von Waffen), warum wird die Gewichtung und Reihenfolge des Materials so gewählt (Partnerübungen, waffenlose Anwendungen als Grundlage für die Waffen etc., Arbeit mit Yi etc.).

Alles, was ich lerne wurde mir erklärt warum ich es so lerne, wie ich es lerne.
Nebenbei lerne ich natürlich immer noch die Geschichte der CMA und mit jedem Buch verstehe ich besser was ich warum und wie mache.
Wo liegen die Wurzeln, der eigentliche Zweck, was hat sich wann warum verändert, bzw. wurde dazu genommen, entfernt?

Gibt es solche Erklärungen auch in anderen Richtungen der CMA? Wird dort erklärt warum es z.B. den Löwentanz gibt, bzw. wo seine Wurzeln liegen? Warum trägt man "Seidenanzüge" oder woher kommen die buntenTücher an einigen Waffen?

Ich habe manchmal das Gefühl das sehr viel einfach übernommen wird und nicht hinterfragt wird warum man etwas macht. Im Karatebereich kam ja gerade wieder die Frage nach "Kyusho" auf und u.a. darum frage ich nach.

Ich finde es ehrlich gesagt erschreckend wie wenig die Leute, die teils eine KK seit Jahren! machen über die geschichtlichen Zusammenhänge wissen, egal ob im Karate, "Kung Fu", etc.

Gibt es dafür einfach kein Interesse? Halten sie es für nicht wichtig genug? Kennt man einfach nicht entsprechende Literatur, Quellen?

Wie seht ihr das für Euch? Was habt Ihr für Erfahrungen gemacht in Euren unterschiedlichen KK?

Hinterfragt Ihr was Euch erzählt wird und versucht es durch andere Quellen zu belegen/widerlegen/besser zu verstehen? Auch wenn ich meinem Lehrer und unsere Linie bedingungslos glaube und traue, überprüfe ich das Gesagte doch immer für mich, bzw. versuche es so weit es möglich ist.

Grüße

Kanken

kanken
08-03-2017, 09:38
Eine Sache noch, die, für mich, damit auch essentiell zusammen hängt:

Die Frage nach der Geschichte führt ja auch zur Frage nach dem Zweck des jeweiligen Stils und wie er sich evtl. in den Jahrzehnten, durch geänderte historische Bedingungen, verändert hat.

Jeder muss doch eine KK mit einem bestimmten Ziel machen und damit muss man doch auch überprüfen ob meinheutiges Ziel mit dem Ziel der KK übereinstimmt? Gibt es dort überhaupt die Inhalte (ggf. noch), die ich suche?

Grüße

Kanken

va+an
08-03-2017, 11:17
Ich selbst habe immer großes Interesse an der Historie der KK gehabt.
Allgemein, wie auch spezifisch Stilabhängig.
Daher hat mich das ebenfalls immer mitbegleitet.
Letztlich macht es das eine und andere in der KK (Technik/Bewegung/Methode) auch manchmal klarer.

Wenn man interesse zeigt, hatte ich oft Lehrer, die da auch Infos gaben.

WulongCha
08-03-2017, 12:46
Sehr interessante Frage Kanken,
In einer authentischen Linie bzw. Clan/Familiensystem, stellt sich die Frage für die Schüler die "im Haus praktizieren" (Tudi, "Adoptiert durch Teezeremonie") eigentlich gar nicht, da dort eine sehr gut geprüfte Methode, auch in Geschichte und Theorie, in einem für den Schüler richtigen Zeitfenster vermittelt wird.

Die im "Hof praktizieren" sehen es oft nicht als Weg, sondern als Hobby oder zur Genesung und bekommen natürlich andere oder weniger entscheidende Dinge vermittelt.

Authentische Methoden führen immer das Wissen um die Kriegskunst-Anwendungen (also das endgültige Finale) mit medizinischen Wissen zusammen, welches wiederrum mit dem Wissen um diverse, auch "harte Neigong"Praktiken, mit dem Ligong (Übungen um spezifische Kräfte zu üben, kurz Krafttraining) und der Abhärtung zusammen geführt wird. Zumindest in südchin. Linien!

Aber auch im Xinyiliuhe, welches ich heute praktiziere ist es so, aber mit deutlich andeten Schwerpunkten. Trotzdem ist alles, was ein vollständiges chin. System ausmacht, beinhaltet.

Die größte Problematik sehe ich allerdings in der Waffenführung bzw. deren Anwendung. Da sind viele Linien, die an sich (noch) intakt sind, an der Grenze. Entweder ist es Taolu oder Doujin Entwicklung. Das war aber nie das Ziel. Die Frage, die ich oft Stelle, wenn's um trad. Waffenführung geht ist immer: gibt es eine sinnvolle Übungsmethode, einen intakten Unterricht am Mann wie z.B. beim Wangbao Sspeer? Zu 99% ist es leider nicht so und da muss halt der Schüler in seiner Linie differenzieren können und dazu muss er es halt schon wissen. Spätestens hier scheiden sich dann die Geister!

Ich möchte zum Schluss noch gerne etwas an Alle zum Nachdenken anregen: Muss jede vollständig überlieferte Tradition genau identische Inhalte und Schwerpunkte haben, wie jede andere auch?! Und wenn es Unterschiede gibt, kann man allein daraus, eine bessere oder schlechtere Einschätzung der Linie abgeben???
Gruße,
WLC

WulongCha
08-03-2017, 13:15
Hätte ich fast übersehen:

Hinterfragt Ihr was Euch erzählt wird und versucht es durch andere Quellen zu belegen/widerlegen/besser zu verstehen? Auch wenn ich meinem Lehrer und unsere Linie bedingungslos glaube und traue, überprüfe ich das Gesagte doch immer für mich, bzw. versuche es so weit es möglich ist.

Das ist mMn. ein absolut notwendiger Schritt für den Schüler, um sein System und deren Methoden/Inhalte wirklich greifen zu können! Leider kenne ich persönlich viele sog. Lehrer/Gruppenleiter, die sich durch sachliches Hinterfragen angegriffen fühlen und sich manchmal sogar vom Schüler distanzieren:(. Hatte ich früher leider oft so erfahren. Heut darf ich zum Glück nerven und fragen, soviel ich es brauche. Musste dafür aber auch Jahre suchen und hatte einfach Glück! Dieses Phänomen scheint in asiatiscvhen KK aber scheinbar weit verbreiteter zu sein, als in unseren heimischen Traditionen!?

Lunaedge
08-03-2017, 13:17
Interessante Frage. Anfangs zu Taekwondo Zeiten war es mir relative egal es kommt aus Korea und ist laut Meister uralt. Hat man als Jugendlicher so hingenommen. Mit ca. 20 gings dann ins Karate (Shotokan). Hier war die Geschichte schon interessanter, aber eher Sachen so um die WW2 Zeit rum und als Karate nach Japan gebracht wurde, weniger Okinawa usw. Beim Wechsel zum Kyokushin ist das große Forschen und Hinterfragen dazugekommen. Zum einen die Geschichte, Kyokushin Geschichte und allgemein Karate, also Okinawa, austausch mit China, Siam etc. (mich regt es auf das andere einflüsse neben China nie erwähnt werden, Okinawa hatte mit deutlich mehr Kulturen Kontakt) zum anderen das Warum. Warum machen wir die Technik so und im anderen Stil bzw früher wurde sie anders gemacht. Ich hatte einen Lehrer der auf jede Technik eine plausible Kampf und SV bezogene Erklärung hatte. Ich weiß Kyokushin ist sehr "neu" im Vergleich zu anderen KK aber neu/modern muss nicht gleich schlechter sein als alte KK, schlieslich lebt KK von anpassung und Modifizierung.
Ich hab immer wieder Ausflüge in andere KK gemacht, Kung Fu, Bujinkan, Muay Thai, JJ usw. und habe für mich gemerkt dass das alter und der Ursprung der KK mir relativ egal sind, die Technik muss für mich Sinn machen. Trotzdem beschäftige ich mich privat gerne mit alter KK, vor allem mit alten Ryukyu/Okinawa Karate. Es selbst aussüben möchte ich jedoch nicht, mich persönlich sprechen einfach Kickboxen oder VK Stile wie Kyokushin mehr an, auch wenn Sie vieleicht nicht die "Tiefe" haben wie was altes Chinesisches, aber ich bin froh über die Vielfalt in der KK Welt.

gast
08-03-2017, 15:49
....

kanken
08-03-2017, 16:45
Kann man es denn trennen?
Ergibt sich der Inhalt des Trainings nicht aus der Geschichte? Wenn man bestimmte Dinge weggenommen hat, oder hinzugefügt hat, dann hat das ja einen historischen Grund.
Jede Übung in einem Stil hat doch einen bestimmten Grund und der ergibt sich doch aus dem historischen Kontext.

Ich bin mir sicher das sehr viele Richtungen nicht mehr genau sagen können was von wem hinzugefügt wurde, aber es sollte doch zumindest klar sein warum eine bestimmte Übung gemacht wurde und was der konkrete Zweck war.

Ein Beispiel:
Als ich über den "Armor of the Golden Bell" gelesen habe und gesagt wurde dies sei eine konkrete Technik gewesen (vgl. Esherick) musste ich etwas schmunzeln, da ich mir denken könnte das bestimmte Inhalte unseres Übens mit Sicherheit so verstanden werden könnten, vor allem wenn man nicht gezeigt bekommt was da eigentlich mit bezweckt wurde (ich meine jetzt hier keine Zauberformeln!). Ähnliches über das Kreisgehen oder Wechseln.

Wenn man einige dieser Übungen also ohne Wissen über das Warum üben würde, dann könnte da ziemlicher Quatsch bei rumkommen. Andererseits kann man die gleichen Übungen auch so machen das sie als Gesundheitsübungen dienen. Der eigentliche Zweck, so jedenfalls bei uns, war ganz konkret effektives Kämpfen durch komplexe Körpermechanik und Intent.
Zu wissen was da warum gezeigt wird und was man da sonst noch mit machen kann hilft doch ungemein das eigene Tun zu verstehen.

Das ist jetzt nur ein Beispiel, es gibt noch sehr viel mehr. Warum nutze ich die Halbmondmesser, warum ist der Speer so wie er ist, warum nutze ich erst den Säbel, dann das Schwert. Warum ist das unbewaffnete wichtiger als die Waffen? Etc.

Interessiert es die Leute nicht warum sie einen Löwentanz machen, oder warum sie bestimmte Kleidung tragen, oder warum sie irgendwelche Rituale durchführen? Ist es nicht spannend zu wissen wo die Wurzeln all dessen liegen was man heute übt?
Mag sein dass dies nur ein Spleen von mir ist, da ich schon immer extrem historisch interessiert war, daher ja meine Frage.

Du hast natürlich Recht, man muss nicht zwingend die Geschichte kennen, es mag sein dass der Inhalt auch so da ist. Aber ich habe sowohl im Karate, als auch im Bagua festgestellt das bestimmte Inhalte auch immer an historischem Wissen gebunden sind.
Interessanterweise ist dies in beiden Fällen die Jahrhundertwende 19/20 gewesen, bzw. der Anfang des 20. Jhds.

Grüße

Kanken

gast
08-03-2017, 18:11
....

kanken
08-03-2017, 19:19
Grundsätzlich ist Kampfkunst natürlich nicht aus dem Vakuum entstanden sondern ist immer gesammelte Erfahrung durch die Geschichte hindurch. Trotzdem muss sie immer wieder durch eine konkrete Person aktualisiert und umgesetzt werden. In wie weit das gelingt hängt höchstens zur Hälfte von der Tradition ab. Zum größten Teil aber eher von Didaktik des Lehrers und Begabung und Fleiss des Schülers. Die Geschichte/Tradition und Vermittlung von Geschichte/Tradition ist dafür kein Garant. Daher lässt sich Geschichte nicht immer unbedingt mit Inhalt gleichsetzen.

Ausserdem, wenn Sachen dazukamen oder weggenommen wurden war das nicht immer zwingend sinnvoll. Es konnte weggefallen sein aufgrund von Unverständnis und es konnte was dazu genommen worden aus Unverständnis. Der historische Grund kann daher ganz einfach auch Unverständnis gewesen sein. Oft wird ein gewisses Unverständnis auch von Seiten des Lehrers nicht zugegeben und es wird eine Antwort erfunden, die der Schüler in den Anfängen oft gar nicht überprüfen kann.

Historisch betrachtet ist Geschichtsbewusstsein und Tradition in den KK sogar eher ein Garant dafür, dass etwas verloren geht. Gerade eben weil es ziemlich schnell nicht mehr lebendig ist.

Auch Unverständnis kann ja unter Umständen aus dem historischen Kontext heraus betrachtet werden.
Jemand wurde aus diversen Gründen von einem Lehrer nicht so ausgebildet wie ein anderer. Er war nicht schlau genug, nicht brutal genug/zu brutal, konnte, oder wollte, nicht so viel trainieren etc.
Auch da wäre es natürlich im Sinne des historischen Kontextes zu gucken ob der Lehrer überhaupt einen Einblick in das System haben konnte, der tief genug war um das zu lernen was er behauptet.



Das kann ich ehrlich gesagt nicht verstehen. Der Grund ergibt sich doch nicht zwingend aus dem historischen Kontext. Wenn man das funktionieren eines Stiles nur auf Form und Technische Anwendung reduziert, dann mag es schon sein, dass bestimmte Formen, Bewegungen, Techniken und Übungen einen historischen Kontext haben.
Aber das Herz der Kampfkünste sind eben gerade nicht diese Dinge, sondern es ist eine Didaktik Körper und Geist entsprechend den Anforderungen und der Zielsetzung die man an sie hat zu trainieren und zu entwickeln. Nur so kann sie lebendig bleiben und sich den Anforderungen einer modernen Zeit anpassen. Was bringt es mir heute, wenn ich ständig Übungen mache wie ich mich mit einem Säbel gegen einen Speer verteidige (sei es mit oder ohne Waffe)?

Geist-Körperkoordination, Kraft und Geschwindigkeitsentwicklung, verschiedene Qualitäten von Kräften klar trainieren und unterscheiden zu können, das sollte m.M.n. erstmal im Zentrum stehen. Das ist Didaktik und Verständnis, die nichts zwingend mit Geschichte zu tun hat.

Eine Didaktik entsteht ja aber nicht aus dem Nichts. Sie wird von bestimmten Personen zusammengestellt und das in einem speziellen historischen Kontext auf Basis des von dieser Person erworbenen Wissens.
Ob den nordchinesischen KK da eine gemeinsame Wurzel zu Grunde liegt oder nicht hat damit ja erst einmal nichts zu tun.

Dong Haichuan hat sein Bagua auf der Basis der von ihm erlernten Kampfkünste entwickelt und seine Erfahrungen aus seiner "Wanderzeit" im Nordchina des 19 Jhd. mit seinen Sekten, Schwertgesellschaften Milizen, Nationalismus etc. haben ihn da ja auch geprägt. Seine Zeit als Steuereintreiber mit Yin Fu haben mit Sicherheit auch Spuren hinterlassen...



Wie man das nachher an Waffen und in der Realität umsetzt, da muss man halt einfach auch direkt in die Realität gehen und seine Erfahrung sammeln. Auch früher hat einen der Lehrer rausgeschickt in die weite Welt um seine Erfahrungen zu machen. Das kann einem weder Lehrer noch die Geschichte nicht geben.

Es kommt halt darauf an wie diese Welt aussieht. Wenn jemand wie Dong oder ein anderer seiner Zeitgenossen eine Ausbildung in den KK gehabt haben, dann wird ihre Welt eine andere gewesen sein als z.B. die von Zhao Daoxin oder seinen Zeitgenossen.
Es ist schon eine Unterschied ob ich in einem Sicherheitsdienst des 19. Jhd. arbeite oder in einer republikanischen Gesellschaft des beginnenden 20. Jhd.




Natürlich kommt da Quatsch raus. Aber das warum ergibt sich doch nicht zwingend aus der Geschichte. Sondern es muss immer wieder neu aktualisiert werden. Verständnis und Sinn ist in dem Sinne etwas zeitloses. Mechanische Gesetze lerne ich zu verstehen, weil sie Sinn machen und weil ich sie konkret anwenden und überprüfen kann. Ob ich die Geschichte von Newton kenne oder nicht tut da nicht viel zur Sache.

Natürlich bleiben Inhalte gleich, aber die Sprache diese Inhalte zu vermitteln kann sich ändern. Wenn ich eine sehr esoterische Sprache habe, weil ich z.B. die Begriffe einer Sekte verwende, oder einer speziellen Glaubensrichtung, dann werden die gleichen Inhalte mit anderen Begriffen vermittelt als wenn ich die Sprache einer modernen, westlichen, Welt nutze.

Du hast absolut Recht, die Inhalte müssen immer aktualisiert werden und dem AKTUELLEN HISTORISCHEN KONTEXT angepasst werden. Jemand, der in Europa des 21. Jhd. lehrt sollte andere Begriffe nutzen als jemand der in Nordchina des 19 Jhd. lehrt.
Wir alle haben unseren eigenen soziokulturellen Hintergrund und unsere eigene Vorbildung unter der wir alle unsere Erfahrungen einzuordnen versuchen.




Magst du vielleicht ein konkretes Beispiel geben um es besser zu verstehen?

Ich habe oben ja schon mit Dong ein Beispiel gegeben. Aber nimm auch Zhang Zhao Dong. Er war ein Kopfgeldjäger, der in einer Zeit des massiven Umbruchs in China tätig war.
Die Kampfkünste wurden in ihrer traditionellen Form immer unwichtiger, Schusswaffen waren verbreitet, das Militär orientiere sich am Westen, die gesamte Gesellschaft orientierte sich am Westen.
Zhao Daoxin wuchs in dieser Zeit auf. Er lernte von Leuten wie Wang, Zhang Zhao Dong noch den alten Zweck, aber er mußte sich auch in einer Zeit zurechtfinden als Gesellschaften wie Jing Wu entstanden und an die Kampfkünste andere Ansprüche gestellt wurden. Von der Zeit danach will ich erst gar nicht anfangen.




Ich würde schon behaupten, dass das was allgemein als Gongfu bezeichnet wird, einfach Fertigkeiten sind, die nicht des historischen Kontextes bedürfen, sondern ein Handwerk sind. So wie ein Schreiner auch nicht wissen muss wie sich seine Werkzeuge entwickelt haben um gut damit umzugehen und man nicht die ganze Entwicklung des Computers verstehen muss um ein guter Programmierer zu sein oder sich die Technik anderweitig nützlich zu machen.

Die Frage ist aber in wie weit diese Fertigkeiten weitergegeben werden können?
Wer kann sie noch und vor allem wer kann sie lernen? Wer investiert heute noch so viel Zeit in das Training um diese Dinge zu lernen?
Die Gesellschaft hat sich geändert, hier und erst Recht in China. Kampfkünste haben keinen praktischen Wert mehr und um mit Ihnen Geld zu verdienen braucht man den eigentlichen Inhalt nicht. Es finden sich genug denen man jeden Scheiß verkaufen kann. Hier und auch in China.

Auch unser jetziger historischer Kontext wird dazu beitragen dass sich die KK so entwickeln werden wie sie es tun werden.

Wie gesagt bin ich ganz bei Dir wenn du sagst der eigentliche Kern (Samen) der KK ist zeitlos und kann immer weitergegeben werden. Die Frage ist halt wie sich dieser Kern ausprägt und wie groß der Baum wird/werden kann, der sich aus ihm entwickelt, bzw. was es überhaupt für ein Baum wird...

Grüße

Kanken

karate_Fan
08-03-2017, 19:35
Sehr interssanter Faden. Ich interssiere mich ja generall für die Hintergründe der Kampfkünste die ich ausübe. Als ich noch karate gemacht habe, fand ich es auch interssant die Hintergründe über Karate zu erfahren, und auch wenn ich wohl nicht mehr aktiven Karate zurückkehren werde, wird Karate Historie wohl immer ein Hobby von mir bleiben.

Das Thema HEMA ist ohnehin ein Riesen Forschungsgebiet und in der Szene fühle ich mich wohl.

CMA übe ich (noch) nicht selbst aus, aber auch dort finde die Hintergründe sehr interssant.

Ob es einem hilf die KKs besser zu begreifen im technischen Sinn ist eine interssante Frage, die ich so einfach beanworten kann.

Wenn man so wie ich modernes Karate gemacht at, so hilft es einem nicht theoretisch gesehen zu wissen, das es früher möglicherweise mal ganz anders ausgesehen hat. Da bräuchte man schon einen lebenden Lehrer der einen bestimme ideen im körperlichen Sinn zeigen kann.

Für Fortgeschrittene, besonders in den CMA dürfte sozial kulturelle Hintergründe über durchaus weiterhelfen die Techniken zu begreifen. Es ist immer gut zu wissen in welchen Umfeld die KK entstanden ist, um technische Ideen besser zu erfassen.

Kommt aber wohl immer auf den Bildungsgrad der KKler an.

Für einen KK Grundschüler wie mich wäre dieses Wissen nicht sehr nützlich, da mir die Grundlagen fehlen.:p:p

gast
08-03-2017, 20:08
Ich würde halt einfach nicht beides zwingend in einen Topf schmeissen.

Meiner Meinung nach ist die Kampfkunst erstmal ein Handwerk die in dem Sinne völlig losgelöst von der Geschichte gut existieren kann, wie jedes andere Handwerk auch professionell erlernt werden kann ohne dass man zwingend alles über die Geschichte herleiten muss um den Sinn und Kontext vollständig erfassen zu können.

Dass historische Zusammenhänge verstehen zu lernen etwas spannendes und bereicherndes ist steht für mich dabei ausser Frage, aber erstmal auf einem ganz anderen Blatt.

shin101
08-03-2017, 22:42
Ich fange jetzt gerade neu bei einem Lehrer an.Soweit ich das bisher sehe gibt es das "muss" bisher(Daoist) bei ihm nicht. Was er von selbst macht ist immer zeigen wofür man jede Bewegung macht. Und mein Interesse an Geschichte nimmt er sehr gut auf und erklärt sehr viel :-)


Liebe Grüße,
Shin

Klaus
09-03-2017, 11:56
Natürlich hat das jeder thematisiert. Allerdings sollte einem auch klar sein, dass da nicht immer die alleinige und vollständige Wahrheit erzählt wird. Ich habe noch - fast - niemanden getroffen aus diesen Kreisen der nicht irgendwann mal über die Konkurrenz herzieht und erklärt, dieser und jener habe gar nicht alles gelernt und gegen den und den verloren und das und das falsch gemacht.

Das Warum ist eine ziemlich dynamische sich wandelnde Geschichte. Warum hatten Leute aus der Zeit der Streitenden Reiche, vor und nach den Bücher- und Menschenverbrennungen, von den Tang, Ming, Qing und später in sino-japanischen Kriegszeiten unterschiedliche Auffassungen ? Weil die Voraussetzungen immer unterschiedlich waren. Wenn ich einen Militär, Kopfgeldjäger, Verbrecher, Gelehrten oder taoistischen Meister frage was das wichtigste ist, bekomme ich vermutlich ziemlich unterschiedliche Antworten. Vom Taoisten in der Regel eine Gegenfrage. ;)

Fu Sheng
09-03-2017, 14:09
Das generelle Interesse an chin. Kultur und Geschichte hat mich damals (1995/1996) zum 7 Star Mantis Kung Fu gebracht. Ansonsten wäre ich wohl erstmal beim in meinem Umfeld extrem angesagten Taekwondo gelandet.
Zu der Zeit war mann auch noch auf die theoretischen/historischen Ausführungen des Meisters/der älteren Schüler angewiesen. Vernünftige Bücher/Videos waren ohne Beziehungen oder das nötige Kleingeld nicht so ohne weiteres zu bekommen. Natürlich waren da auch einige Klischees dabei: "Kommt natürlich aus Shaolin", "Die Meister unserer Linie waren alles bekannte/beühmte Kämpfer", "Unser Stil wurde im Anti-Qing Wiederstand ausgeübt" etc.
Aber es wurde Wert auf Theorie und Geschichte des Stils gelegt, war auch Prüfungsrelevant.

Wenn ich mir heute unsere Anfänger anschaue ist da kein grosses Interesse an Theorie/Geschichte. Die Leute sind froh wenn sie die Namen der Stellungen/Techniken halbwegs auf die Reihe kriegen und die Namen der bisher gelernten Formen draufhaben. Warum Formen ihren Namen tragen ist da schon das höchste der Gefühle.
Kommt wohl mit der Zeit, die meisten die bei uns anfangen suchen etwas sportlich Betätigung in Verbindung mit etwas Kampf/SV.
Ist ja auch völlig legitim.

T. Stoeppler
09-03-2017, 17:12
Die Geschichte ist bei einigen Stilen das einzige Mittel, um ein reverse-engineering durchzuführen - soweit möglich - und dadurch kann man bestimmte Einflüsse voneinander trennen. Man kann sich immer mal zu jedem Stil fragen "was war die erste Idee dahinter?". Oder was hat den ersten Praktiker des Stiles so hervorgehoben, dass andere ihm(oder ihr) gefolgt sind? Und dann kommt noch hinzu - warum dies und jenes verändert, adaptiert etc wurde.

In jedem Kampfkunst Stil, der schon ein paar Jahrhunderte auf dem Buckel hat, gibt es Einflüsse aus:

-Kriegswesen
-Duellwesen
-Zivile Selbstverteidigung
-Sport bzw öffentliche Kämpfe
-Folkloristische Elemente
-religiöse/spirituelle Elemente

Das findet sich mit der Zeit überall. Dann wird auch ein ggf (Natur)philosophischer Unterbau (der sich mit der Zeit auch gerne mal wandelt) und einige Praktiken besonders hervorhebt bzw andere mal ausblendet.

Mir hat das beim Liechtenauer System und beim Xing Yi in der Praxis sehr geholfen. Beim Taiji leider weniger. Das ist bekanntermassen unverfolgbar obskur.

Gruss, Thomas

karate_Fan
10-03-2017, 10:41
Mir hat das beim Liechtenauer System und beim Xing Yi in der Praxis sehr geholfen. Beim Taiji leider weniger. Das ist bekanntermassen unverfolgbar obskur.

Gruss, Thomas



Tai Chi scheint ja generell ein sehr komplexes und nur schwer zu verstehendes Thema zu sein. Zumindest für mich. Selbst bei der rein historischen Betrachtung der Dinge ist alles andere als leicht einen klaren Überblick zu bekommen.

Dein Versuch das theoretische Wissen mit dem praktischen Wissen, das ich aus meinem Üben von Yang TC (nur gesundheits orientiert ohne Anwendungen) bekommen habe, habe ich gar nicht erst versucht.

Sorry für das OT. Dir ist es also Gelungen das Wissen aus den Lichtenauer Versen in dein praktisches Üben zu integrieren?

Falls ja Respekt, die Verse sind ja recht blumig geschrieben..

gast
10-03-2017, 11:27
Die Geschichte ist bei einigen Stilen das einzige Mittel, um ein reverse-engineering durchzuführen - soweit möglich - und dadurch kann man bestimmte Einflüsse voneinander trennen. Man kann sich immer mal zu jedem Stil fragen "was war die erste Idee dahinter?". Oder was hat den ersten Praktiker des Stiles so hervorgehoben, dass andere ihm(oder ihr) gefolgt sind? Und dann kommt noch hinzu - warum dies und jenes verändert, adaptiert etc wurde.

Mir hat das beim Liechtenauer System und beim Xing Yi in der Praxis sehr geholfen. Beim Taiji leider weniger. Das ist bekanntermassen unverfolgbar obskur.


Auf alle Fälle spannend und wird bestimmt auch immer wieder von kleinen Erfolgserlebnissen und einem tieferen Verständnis der Materie belohnt werden. Doch macht so ein Forschen auch erst wirklich Sinn, wenn man schon ein gewisses handwerkliches Grundwissen und Können mit sich bringt. Sonst kann man zu solchen Quellen oft kaum einen konkreten Bezug herstellen.

Deswegen find ich es meiner Meinung nach einfach wichtig nicht beides direkt zu vermengen und Geschichte/Tradition nicht zu einer Voraussetzung zum eigentlichen Verständnis eines Stils zu erheben.
Sinn des Trainings und Idee von bestimmten Übungen erschliessen sich nicht aus historischer Einordnung, sondern richten sich als allererstes nach der Zielsetzung des Praktizierenden.

T. Stoeppler
10-03-2017, 14:47
Hi Karate_Fan



Sorry für das OT. Dir ist es also Gelungen das Wissen aus den Lichtenauer Versen in dein praktisches Üben zu integrieren?

Ja auf jeden Fall - passt alles auch ganz gut. Natürlich ist das wie immer eine Interpretationssache; mit den Jahren (ich habe damit ungefähr 2002 so angefangen) sieht man das auch hin und wieder etwas anders.

@Beniwitt
Sehe ich genauso. Handwerk ist Handwerk, ohne geht's halt nicht. Wenn man jetzt aber z.B. ein Stilmonstrum wie z.B. Pek Kwar oder so hat, da wird's dann schon interessant in welchem Kontext was wo wie eingefügt wurde. Dann kann man das System eben auch als gut sortierte Bibliothek sehen, wenn man so will.

Wenn man jetzt z.B. sich das Xing Yi Quan anguckt, dessen Entwicklung von Basisdrills bishin zu den deutlich komplexeren heutigen Systemen mit verschiedensten Neigongeinflüssen - da kann man schon schauen, was man wo braucht. Manchmal gibt's spannende bzw eigentlich logische Paralellentwicklungen (Xing Yi´5 Elemente & Liechtenauers 5 Haue).

Gruss, Thomas

kanken
13-03-2017, 09:33
Sicher ist Kämpfen Handwerk, aber bestimmte Dinge sind in einen größeren Überbau eingebettet und es kann nicht schaden zu verstehen wie einige Anweisungen zu verstehen sind. Klar, der Lehrer erklärt es und gibt einem den Kontext, aber ich zumindest bin gewohnt wichtige Dinge noch einmal selber zu erarbeiten und das Gesagte/Gehörte darin zu integrieren.
Ist wie eine Vorlesung. Man hört etwas, muss es aber dennoch selber lernen. Dazu braucht man, neben der Vorlesung, noch ein Buch und vor allem natürlich Übungen um das Gelernte zu verstehen und zu festigen.

Ist wie mit Anatomie.
Man hört die Vorlesung beim Prof. (Lehrer), man hat die Übungen (Präperationskurs) mit den Tutoren (fortgeschrittenen Schülern), bei dem der Prof immer mal wieder vorbeikommt und hilft. Man hat das Eigenstudium am Präparat und man hat das eigenständige Lernen der Theorie.
Präparieren ist Handwerk, so wie operieren (ist halt präparieren am Lebenden), aber ohne das richtige theoretische Wissen wird es schwer wirklich weit zu kommen.

Nimm folgendes:

The Tao gives birth to One.
One gives birth to Two.
Two gives birth to Three.
Three gives birth to all things.

All things have their backs to the female
and stand facing the male.
When male and female combine,
all things achieve harmony.

Ordinary men hate solitude.
But the Master makes use of it,
embracing his aloneness, realizing
he is one with the whole universe.

Tao Te Ching, Kapitel 42

und das hier:

https://2.bp.blogspot.com/-N6SKT_23SfU/V0qEYOb07xI/AAAAAAAACzk/Pv1naX7BGrYJFbcuObWOdT4kONREELrUgCLcB/s640/23fa02afa40f4bfbc9fa6e0c004f78f0f63618bc.jpg

Wie willst du daraus effektives Kämpfen generieren wenn du die Theorie und den Kontext dazu nicht kennst?

Es ist extrem wichtig zu verstehen wo diese Dinge entstanden sind und wofür sie stehen. Der Lehrer kann das natürlich erklären (tut er auch) aber das heißt nicht dass du es verstehst, dazu musst du dich damit selber beschäftigen.

Die beiden o.g. Dinge sind absolut essentiell für das Bagua, aber ohne den historischen Kontext kann man es nicht verstehen, geschweige denn in einem Kampf anwenden...
Was für Leute früher "Allgemeinwissen" war ist für einen Europäer des 21. Jhd. sehr sehr weit weg...

Es gibt einen Grund warum die Chinesen lange geglaubt haben Westler könnten ihre KK nicht verstehen, das war nicht nur Nationalismus.

Versteht mich nicht falsch, so etwas sind keine Dinger mit denen man sich am Anfang befassen muss! Ich denke nur je weiter man geht und je ernsthafter man es betrachtet, desto wichtiger wird es.

Grüße

Kanken

gast
13-03-2017, 10:07
Tao Te Ching, Kapitel 42

und das hier:

https://2.bp.blogspot.com/-N6SKT_23SfU/V0qEYOb07xI/AAAAAAAACzk/Pv1naX7BGrYJFbcuObWOdT4kONREELrUgCLcB/s640/23fa02afa40f4bfbc9fa6e0c004f78f0f63618bc.jpg

Wie willst du daraus effektives Kämpfen generieren wenn du die Theorie und den Kontext dazu nicht kennst?

.......

Die beiden o.g. Dinge sind absolut essentiell für das Bagua, aber ohne den historischen Kontext kann man es nicht verstehen, geschweige denn in einem Kampf anwenden...


Könntest du das vielleicht ein wenig konkretisieren in wie fern du aus den beiden oberen Zitaten aus welchem Kontext auch immer effektives Kämpfen generieren kannst und wie es für das Bagua essentiell ist. Ich kann das bei bestem Willem nicht ganz nachvollziehen?

Grüße

Beni

kanken
13-03-2017, 10:16
Die beiden Dinge enthalten die Quintessenz dessen, was ich momentan im Bagua kann und kenne.
Für mich sind es sehr konkrete Anweisungen für den Kampf. Das zu erläutern wäre aber sehr komplex und gehört auch nicht in die Öffentlichkeit.
Es war nur ein Beispiel für etwas was man nur im historischen Kontext verstehen kann.

Grüße

Kanken

Doc Norris
13-03-2017, 12:19
Mich würde mal interessieren in wie weit in Euren Schulen und Traditionen auf die Geschichte des Stils und der Techniken eingegangen wird und erklärt wird was man anRitualen warum macht, bzw. wo diese Dinge herkommen. ...

Das Interessiert bei uns keinen. :D

Persönlich sehe ich das wie mein Trainer. Obwohl er sich mit der Geschichte und Tradition des Karate auseinandergesetzt hat, sieht er das Philosophie und Geschichtszeug vielmehr als Hobby für alte Leute.

Aus diesem Grund hebe ich mir das Zeug auch für das "Alter" auf. Wer weiß, vielleicht interessiert es mich dann ja mal. :D


...
Der Hintergrund ist der, dass ich von Anfang meiner KK-Laufbahn an "gezwungen" würde mich mit der Geschichte und dem "Warum?" auseinanderzusetzen.
...

Das ist in der Tat übel.

kanken
13-03-2017, 14:36
Das ist in der Tat übel.

Och, das hat mir viel Scheiß erspart und mich letztendlich zu meinem jetzigen Lehrer gebracht. Es kann einen schlimmer treffen... :D

Man kann gestandene Karateka immer schön durcheinander bringen wenn man sie nach dem Ursprung ihrer "HJ-Uniform" fragt (das war nämlich durchaus auch ein Gedanke von Kano und dem DNBK...) und was Grundschulgymnastik nach preußischem Vorbild mit militärischen Drill nach "Sgt. Yabu" mit dem zu tun haben für das der friedliche "Budo" (Achtung Ironie!) steht...

Schau Dir an wo mangelndes Wissen und Verständnis dessen, was man da tut, das Karate hingeführt hat. Wir viele Leute glauben noch immer die Mär vom Waffenverbot auf Okinawa und dem unbewaffneten Kampf von Bauern gegen die bösen Satsuma?
Daraus werden dann solche dummen Gedanken wie "Kyusho" geboren.

Wie viele Leute halten auch heute noch das ganze moderne Wushu-Gedöns für authentische KK und "Shaolin" für die Wiege der chinesischen KK?

Grüße

Kanken

Doc Norris
13-03-2017, 16:51
...

Man kann gestandene Karateka immer schön durcheinander bringen wenn man sie nach dem Ursprung ihrer "HJ-Uniform" fragt (das war nämlich durchaus auch ein Gedanke von Kano und dem DNBK...) und was Grundschulgymnastik nach preußischem Vorbild mit militärischen Drill nach "Sgt. Yabu" mit dem zu tun haben für das der friedliche "Budo" (Achtung Ironie!) steht... ...

Das der Weg des Kriegers wenig mit "friedlichem parlieren" zu tun hat, kann man sich mit einem Minimum an "Verstand" auch so erschließen - heißt ja immerhin "Weg des Kriegers" und nicht des "Schwätzers". :D


... Schau Dir an wo mangelndes Wissen und Verständnis dessen, was man da tut, das Karate hingeführt hat. Wir viele Leute glauben noch immer die Mär vom Waffenverbot auf Okinawa und dem unbewaffneten Kampf von Bauern gegen die bösen Satsuma?
Daraus werden dann solche dummen Gedanken wie "Kyusho" geboren. ...

Naja, ohne die betreffenden Personen wäre die KK-Welt ziemlich langweilig. Man muss ja schließlich über irgendwas lachen können. Die Jungs und Mädels haben jedenfalls einen guten Unterhaltungswert. :D


...
Wie viele Leute halten auch heute noch das ganze moderne Wushu-Gedöns für authentische KK und "Shaolin" für die Wiege der chinesischen KK?

Grüße

Kanken

Das Problem ist doch vielmehr, dass es schön anzusehen ist und mystisch verkauft wird. So dass der Eindruck entsteht, dass dem so sein. Den Leuten, die auf so perfekte Inszenierungen hereinfallen, kann man also nicht wirklich einen Vorwurf machen. Der Zauberer im Zirkus und dessen Tricks wirken immerhin auch "echt", obwohl man eigentlich weiß, dass dem nicht so ist. :D

Gast
13-03-2017, 18:01
Ist wie mit Anatomie.
Man hört die Vorlesung beim Prof. (Lehrer), man hat die Übungen (Präperationskurs) mit den Tutoren (fortgeschrittenen Schülern), bei dem der Prof immer mal wieder vorbeikommt und hilft. Man hat das Eigenstudium am Präparat und man hat das eigenständige Lernen der Theorie.
Präparieren ist Handwerk, so wie operieren (ist halt präparieren am Lebenden), aber ohne das richtige theoretische Wissen wird es schwer wirklich weit zu kommen.


Ist für einen guten Chirurgen auch notwendig, sich in Medizingeschichte auszukennen?

kanken
13-03-2017, 18:16
Ist zumindest ein Pflichtfach im 2. Staatsexamen gewesen...

Grüße

Kanken

gast
13-03-2017, 21:44
Aber es gibt einen eigenes Institut für Medizingeschichte.... Das hat erst mal nichts mit dem Medizinstudium (entspricht Handwerk) an sich zu tun. Auch wenn man in letzterem vielleicht etwas Medizingeschichte streift.

Das ist ungefähr so, wie wenn ich von meinem Lehrer erzählt bekomme, dass Xingyi aus Xinyi entstanden ist und auf Shaolin, Yuefei oder sonst jemanden zurückgeht. Ob ich nun weiss, ob und wie sich Xinyi Techniken im Xingyi gewandelt haben und was und ob Wang Xiangzhai z.B. daraus wiederum gemacht hat, ist erstens kaum wirklich nachzuvollziehen und zweitens geht es einfach am eigentlichen Kern der Kampfkunst vorbei. Das ist von einem Lehrer vermittelt zu bekommen wie ich die Grundelemente der Kampfkunst sinnvoll und effektiv trainieren kann, gemäß einer Zielsetzung. Stell Dir mal vor jeder MMA-Kämpfer müsste erstmal die ganze Geschichte all der Stile die es seit der Entstehung des MMA inzwischen gibt studieren um ein wirklich erfolgreicher und überragender Kämpfer zu werden....

Wie gesagt, natürlich kann es spannend sein irgendwann mal Überlegungen und Nachforschungen anzustellen wie sich das evtl alles entwickelt hat und warum es heute so ist wie es ist. Aber das ist eine ganz andere Fragestellung.

Man erwartet z.B. auch nicht von einem Trainer, dass er mal Hochleistungssportler war und Goldmedaillen gewonnen hat. Tatsächlich sind die meisten Trainer nicht zwingend erfolgreiche Hochleistungssportler gewesen und anders herum wird ein erfolgreicher Hochleistungssportler nicht zwingend ein guter Trainer sein. Ganz einfach weil Handwerk bzw. Hochleistung und Forschung erstmal zwei Wege sind, welche zwar gewisse Kreuzungspunkte haben, aber nicht zwingend mit einander verwoben sind.

Versteh mich nicht falsch, ich finde deinen Ansatz ja prinzipiell sehr gut und sinnvoll, aber ich würde das nicht alles so ohne Unterscheidung in einen Topf schmeissen. Vor allem vor dem Hintergrund wenn man TCMA als ernsthafte KK verstehen will und wie du ja immer wieder betonst im Kontext von brutaler Gewalt. Einen guten Kämpfer kann man ausbilden ohne viel historisches Wissen und den Kontext. Jedoch kann es definitiv im Laufe der Zeit bereichernd sein über den Tellerrand hinauszuschauen und versuchen das gelernte aus einem historischen Kontext heraus zu verstehen.

Gong Fu
15-03-2017, 11:41
Ich persönlich gehe sogar noch einen Schritt weiter. Man sollte sich zusätzlich auch mit der Sprache und den Märchen/Legenden beschäftigen.
Nur so machen Quanpu wirklich einen Sinn.

kanken
19-03-2017, 09:41
Einen guten Kämpfer kann man ausbilden ohne viel historisches Wissen und den Kontext. Jedoch kann es definitiv im Laufe der Zeit bereichernd sein über den Tellerrand hinauszuschauen und versuchen das gelernte aus einem historischen Kontext heraus zu verstehen.

Das stimmt, bestimmte Dinge kann man ohne ein historisches Verständnis entwickeln, aber ich wüßte nicht wie man z.B. Bagua tiefer verstehen könnte wenn man so etwas:

https://3.bp.blogspot.com/-xTMv1X_e0q8/V8Tt7qNzFPI/AAAAAAAADik/6fMefWKpphYZ6171z-MRRsQB4yE2YnmtQCEw/s320/img_34061.jpg

https://qph.ec.quoracdn.net/main-qimg-b384fde22cd996af8cf6874ea21743fe-c

http://i24.photobucket.com/albums/c33/Guan_/ChineseSoldierSpearmen-1.jpg

nicht zumindest schon einmal gesehen hätte (ja, ich weiß, das ist weit vor Dong Haichuang).

Wie will man das "Wechseln" im Bagua wirklich verstehen wenn man das DaoDeJing, bzw. zumindest die Ideen aus ihm, nicht kennt?

Wer Kämpfen auf reines Handwerk reduziert, der wird niemals über Oberflächlichkeiten hinauskommen. Sicher, Kämpfen ist AUCH Handwerk, ohne das macht KAMPFkunst keinen Sinn. Es ist aber eben auch sehr sehr viel mehr und wenn man dieses mehr Kennenlernen will, dann muss man sich auch mit der Geschichte und dem Kontext beschäftigen.

Nimm ein weiteres Beispiel:


Partial means whole
crooked means straight
hollow means full
worn-out means new


Dao De Jing Vers 22

Wie will man die Ideen von wechselnden Zentren oder "öffnen und Schließen" (um mal ein Thema aus einem anderen Faden hier aufzunehmen) lernen umzusetzen, wenn man all diese Dinge nicht vor Augen hat und die Theorie dazu nicht kennt?

Sicher, am Anfang lernt man erst einmal nur die reine äußerliche Motorik, was bewegt sich wie, wo etc. aber wirkliches Verständnis kann, meiner Meinung nach, erst entstehen wenn man die zugrundeliegenden IDEEN kennt und versteht.
Ich wüßte nicht wie ich "Öffnen" und "Schließen", bzw. die Zentren, ohne die kulturspezifische Ideen erklären sollte, jedenfalls ab einem gewissen Punkt.
Am Anfang sind das banale Übungen, bei denen man nix von irgendwelchen Hintergründen erwähnt. Es ist handwerkliches Üben, aber wenn man ab einem gewissen Punkt anfängt Dinge zusammenzuführen, dann wird es interessant und dann brauche ich eben mehr Theorie und diese ist eingebettet in einen konkreten Kontext (jedenfalls so wie ich es lerne).
Die Kunst besteht, in meinen Augen, darin diesen Kontext in unsere heutige Zeit und heutiges Weltbild zu übertragen, bzw. einzubetten.

Noch einmal: Für das reine Handwerk brauche ich das nicht, aber das ist irgendwann limitiert. Das sind Techniken, die ggf. hoch effektiv sind, keine Frage. Wenn man aber auf die Prinzipien zurückgeht, dann kommt man um den Kontext nicht drum herum.

Ich brauche den Kontext nicht um ein annehmbares Niveau im Kämpfen zu kriegen, ich brauche ihn jedoch um irgendwann weiter zu kommen, um wirklich die Kunst zu verstehen (was auch das Kämpfen wiederum effektiver macht).
Wie willst du mit deinen "Sehnen die Sterne ziehen" oder "das Universum bewegen" wenn du nicht weißt (und verstehst) in welchem Kontext solche Lehrsprüche getätigt wurden?
Ohne das Verständnis um die konkrete körperliche Übung zu solchen Sprüchen kommt nur esoterischer Quatsch bei raus, man muss auch wissen wie man das im Kampf konkrete umsetzt, dazu ist das Handwerk GRUNDVORAUSSETZUNG.
Diese Ideen, diese Prinzipien sind "das Studium" was AUF DEM HANDWERK aufbaut.

"Lebendige" Kampfkunst bedeutet für mich diese Ideen und diese Sprache in unseren heutigen Kontext zu übertragen, sie mit unserem Verständnis auszudrücken.

Grüße

Kanken

FireFlea
19-03-2017, 10:39
Ich stelle im Karate fest, dass 'Hintergründe' als sehr wichtig erachtet werden. Karate Philosophie & Hintergründe, wer propagiert das nicht? Allerdings in den meisten Fällen einen Pseudo-Hintergrund, eine orientalische Märchenwelt, in der man sich gut aufgehoben fühlt und die nach außen verteidigt wird. Und das ist das Problem...

gast
19-03-2017, 11:07
Hallo Kanken,

Mir ist das einfach noch ein bisschen zu abstrakt alles. Wenn du etwas konkreter werden würdest, könnte man da auch ganz gut weiter diskutieren.

So habe ich nur ein Gefühl, dass du Zweck und Nutzen von Bild und Idee zu direkt nimmst. Ein wenig wie den Finger mit dem Mond verwechselst. Aber dazu müsstest du konkreter werden. Da kann ich mich gerne täuschen.

Handwerk, wie ich es verstehe, meint nichts technisches. In der Kampfkunst ist es einfach

1. das Zusammenspiel von Körper und Geist zu optimieren, sprich Intelligent und Effizient zu trainieren;
2. Das Zusammenspiel von Körper - Geist mit der Kraft der Erde zu optimieren;
3. verschiedene Qualitäten von Kraft zu entwickeln.
4. diese Kraftqualitäten am lebendigen Partner zu trainieren und zu überprüfen.

Das Handwerk geht natürlich noch weiter, aber sind erstmal ein paar ganz konkrete Grundlagen, um die keine Kampfkunst, egal zu welcher Zeit, herumkommt.

Wie schon mal gesagt, Bilder sind, zumindest im Yiquan wie ich es kennengelernt habe, nichts anderes als die Umschreibung eines Gefühls und der Erfahrung.

Im Unterricht stoßen wir aber auf das Problem, dass wir jemanden gegenüberstehen, der dieses Gefühl nicht hat. Wie bringe ich nun jemand vom Anfängerniveau auf ein fortgeschrittenes Niveau?
Die Arbeit mit Ideen und Bildern kann hier eine sehr gute didaktische Methode sein. Wichtig ist aber, dass der Lehrer den Sinn hinter den Bildern, d.h. die Idee hinter den Bildern wirklich versteht. Tut er das, dann kann er Bilder auch beliebig dem Verständnis des Schülers anpassen. Denn Ziel ist es ein gewisses Gefühl, eine Qualität zu vermitteln.

Natürlich hat sich die Arbeit mit Ideen darin nicht erschöpft. Ein weiterer Vorteil ist, dass der gesamte senso-motorische Apparat im Menschen viel intensiver angesprochen wird und dadurch auch effektiver ausgebildet wird.

Doch warum ich dazu historisches Wissen brauche erschließt sich mir noch nicht.:gruebel:

kanken
19-03-2017, 12:24
Hallo Kanken,
So habe ich nur ein Gefühl, dass du Zweck und Nutzen von Bild und Idee zu direkt nimmst. Ein wenig wie den Finger mit dem Mond verwechselst. Aber dazu müsstest du konkreter werden. Da kann ich mich gerne täuschen.

Das mag evtl. an den Ideen liegen die ich ganz konkret zum Kämpfen vermittelt bekommen habe, davon trennen würde ich "grundlegendere" Ideen bzgl. Bewegung allgemein.
Diese grundlegenderen Ideen sind evtl. das, was du als "Handwerk" bezeichnen würdest:


1. das Zusammenspiel von Körper und Geist zu optimieren, sprich Intelligent und Effizient zu trainieren;
2. Das Zusammenspiel von Körper - Geist mit der Kraft der Erde zu optimieren;
3. verschiedene Qualitäten von Kraft zu entwickeln.
4. diese Kraftqualitäten am lebendigen Partner zu trainieren und zu überprüfen.


Das ist im Bagua jedoch nur ein sehr kleiner Teil der Arbeit mit Ideen (wenn auch ein sehr grundlegender).




Wie schon mal gesagt, Bilder sind, zumindest im Yiquan wie ich es kennengelernt habe, nichts anderes als die Umschreibung eines Gefühls und der Erfahrung.

Da geht das Bagua, das ich kennenglernt habe, dtl. weiter. Auf der einen Seite umschreiben sie Gefühle und Erfahrungen, auf der anderen Seite können sie aber auch eben diese entwickeln (wechselnde Zentren, öffnen/schließen etc.).




Die Arbeit mit Ideen und Bildern kann hier eine sehr gute didaktische Methode sein. Wichtig ist aber, dass der Lehrer den Sinn hinter den Bildern, d.h. die Idee hinter den Bildern wirklich versteht. Tut er das, dann kann er Bilder auch beliebig dem Verständnis des Schülers anpassen. Denn Ziel ist es ein gewisses Gefühl, eine Qualität zu vermitteln.

Da bin ich absolut bei Dir!
Bestimmte, extrem "grundlegende" Ideen, sind jedoch, so wie ich es lerne, eingebettet in den soziokulturellen Kontext. Hätte ich vor einem Jahr aber auch so nicht für möglich gehalten...

Grüße

Kanken

kanken
19-03-2017, 12:30
Allerdings in den meisten Fällen einen Pseudo-Hintergrund, eine orientalische Märchenwelt, in der man sich gut aufgehoben fühlt und die nach außen verteidigt wird. Und das ist das Problem...

Darüber brauchen wir uns gar nicht zu unterhalten. Benjamin hat schon Recht wenn er sagt es fängt alles mit dem Handwerk an (und daran scheitert es schon oft genug).
Man braucht erst einmal die konkreten Anwendungen, bewaffnet und unbewaffnet, um überhaupt über "Kampfkunst" reden zu können. Diese sind die Basis von allem anderen. Werfen, Schlagen, Schneiden, Stechen, Hacken etc. müssen erst einmal geübt werden. Diese Anwendungssets sollten die Basis bilden, jedenfalls wenn wir von Kämpfen reden.

Darauf aufbauend kann man sich dann über grundlegendere Dinge unterhalten (das, was Benjamin ja auch noch als Handwerk bezeichnet). Das ist dazu geeignet die Anwendungen effizienter zu gestalten. In der nächsten Stufe sucht man dann die "Gesetzmäßigkeiten", die hinter den Ideen stehen.

Grüße

Kanken

gast
19-03-2017, 12:45
Mich würde jetzt aber schon mal interessieren wie es denn jetzt weiter geht.

Du hast ja oben schon ein paar Beispiele verlinkt. Die Bilder mit der Drachenschuppenrüstung, die "Speere" und das Laozi Zitat. Ich fände es schon mal gut, wenn du da ein wenig mehr konkrete Bezüge herstellen könntest.

Wenn ich die Bilder sehe kann ich mir zwar schon einiges vorstellen, aber eben nichts sehr besonderes..... jedenfalls nichts was unersetzbar wäre oder nicht aus dem historischen Kontext zu lösen.

Um wieder konkret zu werden, ich wüsste nicht, warum das Öffnen und Schliessen nur über historische, chinesische Bilder voll und ganz erschlossen werden könnte.... Oder habe ich dich Mißverstanden? Schwimme einfach noch ein wenig bei deinen Aussagen

kanken
19-03-2017, 13:15
Mich würde jetzt aber schon mal interessieren wie es denn jetzt weiter geht.

Du hast ja oben schon ein paar Beispiele verlinkt. Die Bilder mit der Drachenschuppenrüstung, die "Speere" und das Laozi Zitat. Ich fände es schon mal gut, wenn du da ein wenig mehr konkrete Bezüge herstellen könntest.


Das werde ich in einem Forum nicht werden. Wenn Du Dir schon einiges darunter vorstellen kannst, dann können wir uns gerne mal auf einem Tee austauschen.
Diese Dinge sind dann schon etwas komplexer als dass sie "mal eben" aufgeschrieben werden könnten...

Grüße

Kanken

gast
19-03-2017, 13:45
Vielleicht mal auf einen Urlaub im Allgäu;)

Ich kann dich zwar schon ganz gut verstehen. Aber erst eine saftige Bratwurst hinhalten und dann sagen, die gibts jetzt aber nicht zu essen, ist ehrlich gesagt schon ein wenig mager. Leider werden die Diskussionen meistens dann wenns interessant wird immer irgendwie abgebrochen. Finde ich ehrlich gesagt ein wenig schade.

kanken
19-03-2017, 15:10
Aber erst eine saftige Bratwurst hinhalten und dann sagen, die gibts jetzt aber nicht zu essen, ist ehrlich gesagt schon ein wenig mager. Leider werden die Diskussionen meistens dann wenns interessant wird immer irgendwie abgebrochen. Finde ich ehrlich gesagt ein wenig schade.

Weil ein Forum nun einmal keinen direkten Austausch ersetzen kann, so jedenfalls meine Meinung. Gewisse Dinge kann man zwar "andiskutieren", aber alleine der schriftliche Kommunikationskanal begrenzt den Austausch schon extrem.
Dazu kommt dass es doch eh außer uns Beiden kaum jemanden zu interessieren scheint, oder die Leute etwas mit dem anfangen können was ich schreibe.

Wenn man auf der Matte steht, z.B. einen Armdrag zeigt und wie man den entwickelt, effektiver macht, wie man von dort in einen Wurf kommt oder wie man das Ganze auf Waffen überträgt, dann kann man so leeres Geschreibsel schon sehr konkret mit Gefühlen und Konkretem füllen. Auch warum man ggf. ein wenig Geschichte und Theorie können sollte, das ändert nämlich sehr konkret die Technikausführung, aber das geht nicht schriftlich mitzuteilen. Aus Genua diesem Grund treffe ich mich immer gerne mit jedem. Viele Fragen erübrigen sich dann.

Grüße

Kanken

ThomasL
19-03-2017, 15:34
Dazu kommt dass es doch eh außer uns Beiden kaum jemanden zu interessieren scheint, oder die Leute etwas mit dem anfangen können was ich schreibe.
Ich denke es gibt da mehr als einen interessierten, stillen Leser :D

kanken
19-03-2017, 15:39
Wenn man die "Technik" "der Wasserfall, der den Berg hinunterströmt" aus dem LHBF nimmt, die so ja auch im Bagua enthalten ist (z.B. im Green Dragon) und deren Ideen es ja auch im Yiquan gibt, dann wäre es bestimmt spannend darüber zu diskutieren wie man darin konkret wechseln kann (auf den unterschiedlichen Anwendungsniveaus) oder wie man dorthin kommt, oder was es alles für Anwendungen daraus gibt und wie sie durch die "Gesetzmäßigkeiten" des Öffnen und Schließen verbunden sind, wie man dort mit den verschiedenen Zentren umgeht, wie man das auf einer Linie übt, wie auf dem Kreis, was die Wirkung mit einer Waffe am Körper ist, etc.
Spannend wäre auch eine Diskussion darüber was dort für grundlegende Gesetzmäßigkeiten drin sind und wie sie sich manifestieren können, bzw. was sich dann daraus ergibt.

Es wird aber schon daran scheitern dass die wenigsten die Anwendungen dazu kennen und die kann man eben nicht "mal eben" aufschreiben, bzw. wird eine schriftliche Formulierung dem nicht gerecht.
Wer aber die Anwendungen nicht kennt, mit dem muss man nicht über andere, grundlegende Dinge, reden, denn die Anwendung ist der Übungsplatz für die grundlegenden Dinge, die man dann wieder alleine üben kann.

Es steht und fällt alles mit den Anwendungen, jedenfalls so wie ich unterrichtet werde und die muss man spüren und erleben. Dann kann man, anhand von ihnen, tiefer gehen.
Seit dem letzten Besuch von Paul fange ich z.B. gefühlt wieder ganz von vorne in den Anwendungen an, da ich jetzt auf andere Dinge achte und so die Anwendungen noch einmal "neu" (detaillierter) lerne, vor allem wie sie zusammenhängen, was sie verbindet (wo wir wieder bei dem soziokulturellen Kontext sind).

Grüße

Kanken

karate_Fan
19-03-2017, 22:33
Ich denke es gibt da mehr als einen interessierten, stillen Leser :D

Ja ich z.B. Bin ein durchaus interssanter mehr oder weniger stiller Leser, der mit den Beträgen hier eine Freude hat, auch wenn ich nicht alles verstehe was hier gepostet wird. :D:D:D

gast
20-03-2017, 07:01
Bring doch einfach mal den Schuppenpanzer oder das Laozi Zitat in einen konkreteren Zusammenhang. Die Grundfrage war ja immer noch, dass chinesisch historischer Kontext (hier Schuppenpanzer und Laozi) unabdinglich ist um Ideen (oder Bilder?) für das konkrete Training zu verstehen.

Ich weiss nicht, ob ich es richtig verstanden habe, aber z.B. öffnen und schließen nur über Laozi wirklich verstehen und tiefer trainieren zu können, da würde ich schon ein sehr großes Fragezeichen machen. (Zumal ich hier die Übersetzungen teilweise schon wieder ziemlich Haare sträubend finde)

gast
20-03-2017, 07:25
Oder um bei dem Bild "der Wasserfall, der den Berg hinunterströmt" zu bleiben. Was ist dabei jetzt vom historischen Kontext so wichtig welches das konkrete Verständnis für die Anwendung vertieft?

Und ehrlich gesagt kann ich nicht verstehen, wo es hier noch so viel weitergehen soll als wenn ich von Handwerk rede? Ich halte die Diskussion über eine technische Anwendung eigentlich für ziemlich unproduktiv, da es in der Realität meistens nur gegen deutlich schwächere Gegner funktioniert, mit denen man sowieso so ziemlich alles machen kann. Gegen ebenbürtige oder stärkere kommt man mit Anwendungstraining nicht unbedingt weiter. Das geht vor allem über Grundlegende handwerkliche Fähigkeiten und eine intuitive senso-motorische Intelligenz.

kanken
20-03-2017, 07:47
Bring doch einfach mal den Schuppenpanzer oder das Laozi Zitat in einen konkreteren Zusammenhang.

Der Zusammenhang ist in der Didaktik begründet wie Wechseln und Kämpfen gelehrt wird. Es sind konkrete Ideen, die zu Bewegung und Kampfanwendungen führen.
Du erwartest du jetzt nicht ernsthaft dass ich "mal eben" die Didaktik und den Inhalt unseres Baguas hier hinschreibe? Wenn Du meinst bestimmte Dinge aus deinem Yiquan wiederzuerkennen ist das doch schön, dann können wir das gerne persönlich besprechen, aber das gehört nicht in die Öffentlichkeit.

Mir geht es darum zu zeigen dass man bestimmte didaktische Inhalte in einem historischen Kontext sehen muss, z.B. warum erst einmal Anwendungen gedrillt wurden und "Ideen" erst im weiteren dazu kommen.
Ein weiterer Punkt wäre z.B. warum es im Bagua keine großen Formen gibt, oder warum Waffen in der Art und Weise unterrichtet werden, wie sie unterrichtet werden und vor allem welche Waffen.

Jede KK ist vor einem spezifischen Hintergrund entstanden und hat eine Entwicklung durchgemacht, ich halte es schon für wichtig zu wissen wie das aussah, auch um die Realität von Mythen und Theater zu unterscheiden.
Ich für meinen Teil möchte schon gerne wissen was ich warum mache und wie es dazu gekommen ist dass ich es jetzt so mache.

Grüße

Kanken

kanken
20-03-2017, 08:02
Oder um bei dem Bild "der Wasserfall, der den Berg hinunterströmt" zu bleiben. Was ist dabei jetzt vom historischen Kontext so wichtig welches das konkrete Verständnis für die Anwendung vertieft?

Z.B. um zu verstehen was mir dieses Set in einem bewaffneten Kampf auf Leben und Tod zeigen will. Dazu muss ich wissen wie und womit damals auf Leben und Tod gekämpft wurde und in welchem Kontext. Im Militär wurde anders gekämpft als im "zivilen" Bereich. Warum übe ich es aber unbewaffnet (da sind wir dann wieder bei den grundlegenden Prinzipien)? Warum kann ich die Idee so gut im Pushen einsetzen und wie übertrage ich das auf Klingen? Warum wird heute dass so viel mehr im Pushen geübt und so wenig mit Klingen (wer kennt dazu die Klingenanwendung?)?



Ich halte die Diskussion über eine technische Anwendung eigentlich für ziemlich unproduktiv, da es in der Realität meistens nur gegen deutlich schwächere Gegner funktioniert, mit denen man sowieso so ziemlich alles machen kann. Gegen ebenbürtige oder stärkere kommt man mit Anwendungstraining nicht unbedingt weiter. Das geht vor allem über Grundlegende handwerkliche Fähigkeiten und eine intuitive senso-motorische Intelligenz.

Das halte ich für eine ziemlich gewagte Aussage. Boxer, Ringer, BJJ'ler üben auch "nur" Technik und Anwendungen. Zu behaupten das sei unproduktiv finde ich a) arrogant und b) falsch.
Ich würde behaupten jeder Ringer, Boxer oder BJJ'ler frühstückt nach einem Jahr intensiven Training jeden Yiquan oder Xingyi-Übenden mit dem gleichen Pensum an Training, jedenfalls so, wie es heutzutage gelehrt wird. Von TaiChilern fange ich erst gar nicht an zu reden, da reichen wahrscheinlich ein paar Wochen (wenn überhaupt).
Technisches Anwendungstraining ist die Basis für alles andere, jedenfalls wenn ich kämpfen lernen will. Interessiert mich Kampf nur am Rande, dann kann ich anders trainieren und meinen Fokus anders setzen, das wiederum entspricht nicht der historischen Realität, denn die Jungs haben geübt um zu überleben (oder halt um auf Marktplätzen Geld zu verdienen...).

Grüße

Kanken

kanken
20-03-2017, 09:04
Ein anderes Beispiel:

http://www.chineseshaolins.com/upfiles/image/2014/05/14/201405141045526541.jpg

Das Schwert ist zu groß, aber darum soll es nicht gehen.
Diese Bewegung findet sich in vielen Schwertschulen und hat unterschiedliche Anwendungen und um diese zu verstehen muss man halt auch wissen aus welchem Kontext sie kommen und wie sich daraus z.B. verschiedene Arten des Greifens und Übergebens der Hände ergeben haben, u.a. dafür ist z.B. das Verständnis der Rüstung wichtig (um mal bei einer Anwendung zu bleiben), oder um bei einer anderen Anwendung dieser Bewegung zu verstehen warum diese so effektiv tötet.

Wenn man nicht die Anwendungen zu dieser Bewegung kennt und nicht weiß aus welchem Kontext sie kommt, dann wird man essentielle Dinge halt nur schwer verstehen können. Sicher, man kann die Bewegung lernen, man kann sogar die Anwendungen dazu lernen, aber für einen bestimmten Grad des Verständnisses bedarf es einfach auch der Kenntnis des historischen Kontextes.

Grüße

Kanken

Gast
20-03-2017, 09:23
Wenn man nicht die Anwendungen zu dieser Bewegung kennt und nicht weiß aus welchem Kontext sie kommt, dann wird man essentielle Dinge halt nur schwer verstehen können. Sicher, man kann die Bewegung lernen, man kann sogar die Anwendungen dazu lernen, aber für einen bestimmten Grad des Verständnisses bedarf es einfach auch der Kenntnis des historischen Kontextes.


Die Frage ist jetzt an alle gerichtet.
Kann es sein, dass die verschiedene Gewichtung ob man die geschichtlichen Hintergründe kennen muss oder nicht, daher kommt wie man die Anwendung heutzutage sieht?
Ich gehe mal stark davon, dass heutzutage mit dem groß der historischen Waffen nicht mehr gekämpft wird, noch dass man in Rüstung herum läuft.
Jetzt wird der eine sagen, das Wissen brauchen ich erst Recht, der anderen dafür, deswegen kann ich eher darauf verzichten.

gast
20-03-2017, 09:59
Z.B. um zu verstehen was mir dieses Set in einem bewaffneten Kampf auf Leben und Tod zeigen will. Dazu muss ich wissen wie und womit damals auf Leben und Tod gekämpft wurde und in welchem Kontext. Im Militär wurde anders gekämpft als im "zivilen" Bereich. Warum übe ich es aber unbewaffnet (da sind wir dann wieder bei den grundlegenden Prinzipien)? Warum kann ich die Idee so gut im Pushen einsetzen und wie übertrage ich das auf Klingen? Warum wird heute dass so viel mehr im Pushen geübt und so wenig mit Klingen (wer kennt dazu die Klingenanwendung?)?




Das halte ich für eine ziemlich gewagte Aussage. Boxer, Ringer, BJJ'ler üben auch "nur" Technik und Anwendungen. Zu behaupten das sei unproduktiv finde ich a) arrogant und b) falsch.
Ich würde behaupten jeder Ringer, Boxer oder BJJ'ler frühstückt nach einem Jahr intensiven Training jeden Yiquan oder Xingyi-Übenden mit dem gleichen Pensum an Training, jedenfalls so, wie es heutzutage gelehrt wird. Von TaiChilern fange ich erst gar nicht an zu reden, da reichen wahrscheinlich ein paar Wochen (wenn überhaupt).
Technisches Anwendungstraining ist die Basis für alles andere, jedenfalls wenn ich kämpfen lernen will. Interessiert mich Kampf nur am Rande, dann kann ich anders trainieren und meinen Fokus anders setzen, das wiederum entspricht nicht der historischen Realität, denn die Jungs haben geübt um zu überleben (oder halt um auf Marktplätzen Geld zu verdienen...).

Grüße

Kanken

Finde ich jetzt ehrlich gesagt ein bisschen schade die Diskussion hier auf so ein Niveau runter zu ziehen. Es geht ganz klar an dem vorbei was der Ausgangspunkt deines Threads war.

Du hast hier einige Sachen ziemlich vermischt in einen Topf geschmissen. Machst Andeutungen mit Bildern und Aussagen darüber wie anderes ohne historischen Kontext nur sehr begrenzt ist. Wenn man versucht zu differenzieren und konkreter zu werden um es verständlicher zu machen weichst du nur noch aus.

Ich will mich jetzt nicht mit Dir rumstreiten hier und bohre einfach nicht weiter nach.

Die Diskussion hier bringt mich aber schon wieder an einen sehr interessanten Punkt. Der Grund warum sich die chin. KK nur im Kreis drehen und praktisch nur in ihrer eigenen Blase existieren können. Im sport und trainingsdidaktischen Bereich, sowie im Wettkampf spielen sie auf internationaler Bühne und im Dialog mit anderen Disziplinen eigentlich überhaupt keine Rolle. Das ist nicht ein kultur-historisches Problem, sondern ein Problem der Eigenreflexion und Unfähigkeit sich klar auszudrücken. Gerade hier sollte man sich wirklich mal die Entwicklung des BJJ und das Aufkommen der MMA im weitesten Sinne (Vale Tudo) mal vor Augen halten. Hier wurden Grenzen gesprengt, gerade weil sich jeder nur in seiner eigenen historischen Blase gedreht hatte. Die Szene hat inzwischen echt gute Leute und didaktisch eine sehr ausgereifte Methodik hervorgebracht. Ich frag mich dabei halt immer wieder, was kann die TCMA hier eigentlich noch beitragen? Hat sie überhaupt was beizutragen?

Ich würde die Fragen ganz klar mit Ja beantworten. Aber es sind meiner Meinung nach bestimmt nicht irgendwelche Formanwendungen wie "der Wasserfall, der den Berg hinunterströmt". Da kannst du noch so viele historische Backgrounds dazugeben, es wird dich nicht um Klassen besser machen als ein gut austrainierter KKler.

Um was es geht ist wie man seine Zeit und seine Gesundheit möglichst effektiv und effizient einsetzen kann um Kraft, Geschwindigkeit und handwerkliche Fähigkeiten zu entwickeln, die man auf lebendige Art und Weise versucht an seinem Gegenüber immer weiter auszubauen und zu konkretisieren. Mit lebendig meine ich jetzt nicht irgendwelche Anwendungsdrills. Sondern ein Aufgaben- und zielorientiertes Training, dass bewusst intuitive Fähigkeiten und Anwendungsmöglichkeiten des Menschen fördern.

Klaus
20-03-2017, 10:11
Sind die Sammlungen von daoistischen Texten die irgendwann zu Werken zusammengestellt wurden nicht eher entweder tagesaktuelle Schriften die aus konkreten (uns nicht bekannten) Anlässen an konkrete Menschen (Freunde, Schüler, Offizielle) geschrieben wurden, oder allgemeine Schriften der Lebenspflege und daoistischen Alltagspraxis ? Alle Krieger sind Menschen, aber nicht alle Menschen sind Krieger, oder wollen welche werden.

karate_Fan
20-03-2017, 10:16
beniwitt Das mit der Didaktiv ist ein eben so eine Sache.

Bei manchen Anwendungen gibt es einen kein modernes Ekvivalent in den modernen Sportwissenschaften da sich niemand ernsthaft mit dem Thema beschäftigt.

Es geht dabei um die weniger schönen Aspekte der KK, wenn es darum geht anderen richtig weh zu tun oder schlimmer. Was die Wirksamkeit der Techniken in einem nicht regelmentierten Bereich betrifft bleiben einen quasi nur die alten Überlieferungen als Referenz.

Und da können manche CMA Richtungen wirklich froh sein, dass sie solche Überlieferungen haben.

Wir HEMA Leute tappen da im Dunklen. Die Fechtbücher tragen dazu nur wenig bei. Wir üben im HEMA zwar zu treffen ohne selbst getroffen zu werden, aber ob unsere Treffer mit einem richtigen Schwert in Sachen Zielwirkung was ausrichten würden, werden wir nie erfahren. Das es keine zumindest mir bekannten Überlieferungen in HEMA zum Punkto richtig schneiden gibt.

Ist ja auch ein unappetitliches Thema, das man nicht unbedingt wissen muss, wird jetzt der eine andere sicher behaupten.

Kann ich nicht abstreiten. Hoffe das niemand von uns je in die Situation kommt wo man ein solches Wissen braucht.

Aber trotzdem bin ich auch ein Purist, der schon gerne den effektiven Umgang mit einem Schwert lernen möchte, und da gehören auch weniger zivilisierte Aspekte dazu, wie z.b die Zielwirkung..

Gast
20-03-2017, 10:22
Ist ja auch ein unappetitliches Thema, das man nicht unbedingt wissen muss, wird jetzt der eine andere sicher behaupten.

Kann ich nicht abstreiten. Hoffe das niemand von uns je in die Situation kommt wo man ein solches Wissen braucht.

Aber trotzdem bin ich auch ein Purist, der schon gerne den effektiven Umgang mit einem Schwert lernen möchte, und da gehören auch weniger zivilisierte Aspekte dazu, wie z.b die Zielwirkung..

Finde ich durchaus legitim, ich frage mich nur ob man es wirklich weiß weil man alte Überlieferungen hat?
Das bezweifel ich nämlich, es bleibt halt Wissen aus zweiter Hand. Der Rest ist halt Üben an leblosen Objekten.

kanken
20-03-2017, 10:25
Ich will mich mit Dir auch nicht streiten Benjamin, im Gegenteil, aber gewisse Dinge, gerade wenn es um konkrete Anwendung geht, erkläre ich nicht schriftlich, sondern nur persönlich. Da gibt es eben mehr Kommunikationskanäle.

Ich meine auch dass die TCMA sehr sehr viel für die moderne Entwicklung der KK tun könnten, denn sie enthalten sehr sehr viel biomechanisches und psychologisches Wissen, von dem jeder Kämpfer profitieren kann.
Leider interessieren sich die wenigsten Athleten für die "klasssischen" Kampfkünste (und das kommt leider nicht von ungefähr).
Andererseits braucht man nicht mit biomechanischen Prinzipien kommen wenn man die einfachsten kämpferischen Dinge nicht beherrscht. Wenn ich nicht weiß wie ich mit einer Schlagkombi umgehe, wenn ich nicht weiß wie ich mit einem Takedown umgehe, wenn ich keinen Backtake hinbekomme und mich jeder einigermaßen ambitionierte moderner KK frühstückt, wie soll ich da als "Traditioneller" ernstgenommen werden?
Daran scheitert es doch leider in der Realität. Wie viele kämpferisch ernstzunehmende TCMA kennst du denn? Die Leute, die heutzutage in den Ring steigen, verlangen zu Recht dass man das, was man behauptet auch praktisch umsetzen kann, gegen sie und andere.
4 Oz, nen Mundschutz und ggf. nen Tiefschutz und dann los. So etwas geht doch auch freundschaftlich, da muss doch keiner gleich sterben. Man kann ja auch nur Ringen oder mit dickeren Handschuhen Boxen, aber wie viele TCMA'ler würden denn das ohne nachzudenken tun, wenn jemand sie darum bittet?

Auch das hat etwas mit dem historischen Kontext zu tun. Die TCMA müssen ihren Weg vom Töten mit Waffen zum sportlichen Kämpfen der Neuzeit schaffen. WXZ hat da ja schon sehr viel getan, Zhao Daoxin und andere Schüler von ihm auch. Die haben ja auch erkannt was man vermitteln kann, nur wird das leider oft nicht geübt und man spürt lieber das Qi in den rechten Sack fließen :D

Ringen ist ein essentieller Bestandteil der TCMA gewesen, aber wie viele TCMA'ler würden sich trauen gegen einen Ringer auf die Matte zu gehen? Warum?

Ich fände es Klasse wenn sich TCMA-Lehrer und "moderne" KK austauschen würden um miteinander und voneinander zu lernen, DAS wäre lebendige TCMA, aber dafür müßten die modernen Athleten auch auf TCMA-Lehrer treffen, die sie ernst nehmen können...

Grüße

Kanken

karate_Fan
20-03-2017, 10:32
Finde ich durchaus legitim, ich frage mich nur ob man es wirklich weiß weil man alte Überlieferungen hat?
Das bezweifel ich nämlich, es bleibt halt Wissen aus zweiter Hand. Der Rest ist halt Üben an leblosen Objekten.

Wirklich wissen, wird man es wohl nur wenn man es selber tut, was heutzutage ja glücklicherweise nicht mehr nötig ist. Aber die alten Überlieferungen können einem zumindest einen Weg zeigen wie man es machen könnte, wenn man einen guten Lehrer in dem Bereich hat.

Das macht einen wohl nicht zum Super Kämpfer der alles weiß, aber es ist immer noch besser, als in einer Disziplin unterwegs zu sein, wo noch keine alten Quellen zu dem Thema gefunden worden sind.......????

Aber jetzt genug vom OT, sorry.

Gast
20-03-2017, 10:47
Das macht einen wohl nicht zum Super Kämpfer der alles weiß, aber es ist immer noch besser, als in einer Disziplin unterwegs zu sein, wo noch keine alten Quellen zu dem Thema gefunden worden sind.......????


Wieso OT, noch sind wir im Bereich historisches Wissen/Quellen, nur mit einer kleinen Gegenüberstellung?!

Naja, darüber kann man jetzt streiten ob es besser ist das einfach zu glauben oder doch das ganze neu für sich zu entdecken und zumindest so gut wie möglich zu üben, zu verwerfen, neue Gedanken haben, und dann wieder von vorne.
Wissen wird es halt keiner mehr, außer irgendwer hat nachweislich am lebenden Objekt geübt.

kanken
20-03-2017, 10:59
Wurde gerade eben veröffentlicht und passt wie die Faust auf's Auge:

https://monkeystealspeach.com/interviews-of-masters/seven-star-praying-mantis-dog-brother-thomas-holtmann/

Der User "Gong Fu" bringt es besser auf den Punkt als ich es je könnte!

Grüße

Kanken

kanken
20-03-2017, 11:08
Ich denke die Äußerungen eines Sanda-Champions, Full-Dogs, BJJ-Blackbelts, der Baishi Tudi eines wirklich traditionelles Lehrers der CMA ist und einen MA in chinesischer Literatur, Geschichte und Sprache hat sollte man zu diesem Thema ruhig zwei mal und gründlich lesen... ;)

Grüße

Kanken

gast
20-03-2017, 12:48
Lieber Kanken,

Mir geht hier einfach alles ein wenig zu sehr durcheinander. Du stellst gewisse Behauptungen auf und bevor man sich mal ein Argument packt und genauer anschaut, bist du schon wieder ganz woanders.



Auch das hat etwas mit dem historischen Kontext zu tun. Die TCMA müssen ihren Weg vom Töten mit Waffen zum sportlichen Kämpfen der Neuzeit schaffen. WXZ hat da ja schon sehr viel getan, Zhao Daoxin und andere Schüler von ihm auch. Die haben ja auch erkannt was man vermitteln kann, nur wird das leider oft nicht geübt und man spürt lieber das Qi in den rechten Sack fließen :D


Ich bin der Meinung, dass um KK effektiv ausüben zu können (ganz egal ob heute MMA im weitesten Sinne oder TCMA) man nicht zwingend den historischen Kontext braucht. Dieser aber sehr wohl auch interessant sein kann. Nur sollte man das nicht in einen Topf schmeissen.

Der Grund warum sich BJJ und MMA im weitesten Sinne geformt haben war eben genau der Grund in einem möglichst freien Umfeld mit möglichst wenigen Regeln und Beschränkungen eine Möglichkeit zu schaffen sich zu messen. BJJ hat hier z.B. genau die ganze traditionelle und historische Sache hinter sich gelassen und hat sich einfach gefragt was macht Sinn, wie funktioniert was? Und hat etwas modernes, richtungsweisendes geschaffen.
Jetzt lassen wir mal die Waffen aussen vor, da es dadurch etwas zu komplex wird. Aber immer dieses Argument, dass die TCMA fürs Töten geschaffen sind und die KK heute sich nur auf reglementierten Wettkämpfen messen und die TCMA deshalb nicht mithalten kann, weil sie den Übergang nicht vollzogen haben und sich nicht angepasst haben -- das halte ich schon für ein wenig realitätsfremd. In den Vale Tudo Kämpfen zu Beginn war alles ausser Augenstiche und Beissen erlaubt. Das waren nicht nur hau-drauf-Kämpfer, sondern die hatten sich alle sehr viele Gedanken um ihr Training und ihr Handwerk gemacht. Wenn du jetzt behaupten solltest, dass man mit entsprechender TCMA und dem historischen Wissen dazu die alle über den Haufen schieben könnte, dann halte ich das für guten Stoff für einen KungFu-Film, aber schon etwas realitätsfremd.

Für mich betreibt jeder KKler ein Handwerk. Da gibt es für mich nicht etwas was auf fortgeschrittener Stufe plötzlich über das Handwerk hinaus geht und noch einen speziellen Kick bekommt.

Wo ich mir sicher bin wo die TCMA auch der KK-Szene im weitesten Sinne etwas zu bieten hat und sich eigentlich nicht zu verstecken braucht, ist im Bereich des effektiven und effizienten Trainings. Den Verschleiss beim Training möglichst gering zu halten und den Nutzen aus dem Training möglichst groß zu machen. Sie haben eine ganz eigene Weise Kraft, Geschwindigkeit und Handwerk zu Trainieren, die spannend ist zu erkunden und kennenzulernen.

ThomasL
20-03-2017, 12:56
Danke für den Link. Ein wirklich sehr guter Artikel!

gast
20-03-2017, 13:09
Ach ja, zu dem verlinkten Text kann ich jetzt nicht so viel sagen ehrlich gesagt. Es ist auch nicht mein Ziel hier einen Tastaturkrieg gegen alle möglichen Leute zu führen. Ich bin mir sicher er macht gute Arbeit und gutes Training mit dem Qixing Tanglang.

Aber wenn wir von der historischen Bedeutung für realitätsnahen Kampf heute reden, dann sollte man einfach mit klaren Argumenten kommen und nicht einfach nur ein paar Bilder und Klassikerzitate hier posten und dann pauschal irgendwelche Behauptungen aufstellen. Letztendlich habe ich hier angefangen zu diskutieren, weil du bestimmte Behauptungen aufgestellt hast und ich habe einfach nur versucht sie ein wenig zu differenzieren und von deinem Absolutheitsanspruch herunter zu holen. Entweder wir bleiben bei der Diskussion und führen Argumente ins Spielfeld oder wir lassen die ganze Sache. Dafür ist mir echt die Zeit zu schade.

Um nochmal konkret zu werden. Wenn du glaubst öffnen und schliessen kann nur mit Rüstungsbildern und Laozi-Zitaten in letzter Tiefe verstanden und umgesetzt werden, dann würde ich genau hier sagen, das ist einfach ein zeitloses Handwerk was man jedem heute didaktisch sehr klar und einfach beibringen kann, ohne Bezug zu irgendwelchen historischen Bildern oder Sprüchen nehmen zu müssen.

karate_Fan
20-03-2017, 13:19
Wieso OT, noch sind wir im Bereich historisches Wissen/Quellen, nur mit einer kleinen Gegenüberstellung?!



Da stimme ich dir zu, noch sind wir bei einer einfachen Gegenübeürstellung,aber man sollte das ganze nicht zu sehr in Richtung HEMA lenken. Da HEMA und CMA doch verschieden sind, und nur beschränkt miteinerander verglichen werden können. Daher finde ich das man da vorsichtig sein sollte in welcher Richtung sich das Thema lenken sollte.

Was das Wissen über den Waffeneinsatz betrifft, dürfte es sich weniger um eine Glaubesfrage handeln, denke ich. oder gibt es mehrere Möglichkeiten eine Klinge so auszurichten das sie sich ins Ziel schneidet und dort nicht abprallt? Oder gibt mehrere Möglichkeiten wie man sticht hackt oder schneidet um den größtmöglichen Schaden anzurichten?

Kanken hat ja angedeutet, das es zumindest in seiner Linie ein paar detalierte Anweisungen zu dem Thema gibt...

So etwas ist in den heutigen KK, seltensens und wohl auch nicht gebrauchtes Wissen..

Gast
20-03-2017, 13:26
So etwas ist in den heutigen KK, seltensens und wohl auch nicht gebrauchtes Wissen..

Und hier gute unsere Meinung halt auseinander, es wird zwar überliefert aber nicht verwendet, wie du sagst. Ist halt Wissen aus zweiter Hand, Theoretiker bin ich trotzdem. Selbst mit Anweisung.

T. Stoeppler
20-03-2017, 15:47
Also bis jetzt läuft das ja noch in geordneten Bahnen, aber mit einem bischen konkreten Input könnte man hier noch eine ordentliche Diskussion draus machen.
Falls sich die Downward Spiral aber schneller dreht, wird eben geschlossen.

P.S.
Natürlich haben wir im Historischen Fechten reichlich Anweisung wie die Waffen auf den Mann zu bringen sind. Nur past epidermis gibts keine bzw minimale Anweisung.

Gruss, Thomas

ThomasL
20-03-2017, 17:14
Ich finde HF ein gutes Beispiel warum historische Kenntnisse oft sehr wichtig beim Verständnis von Anwendungen sein können.
Wenn ich bedenke wie oft Leute einfach nicht verstehen konnte, warum man in Rüstung das Schwert (oft) mit der zweiten Hand an der Klinge greift (Halbschwerttechniken) und welche Ziele man dabei angreift. Beides erklärt sich erst, wenn man die Ausrüstung (Waffe, Rüstung) sehr genau kennt.

karate_Fan
20-03-2017, 18:04
[COLOR="Red"]
P.S.
Natürlich haben wir im Historischen Fechten reichlich Anweisung wie die Waffen auf den Mann zu bringen sind. Nur past epidermis gibts keine bzw minimale Anweisung.

Gruss, Thomas


Ich meinte damit eher so detalierte Anweisungen, welche Ziele man mit welcher Technik am besten angreift, oder wie man die Schneide vom Schwert am besten ausrichtet das man wirklich gut schneidet. Mir sind da zumindest keine detailierten Anwesungen bekannt, aber es auch schwer wirklich alle Fechtbücher zu kennen. Ob es auch detalierte anotomische Anweisungen gibt weiß ich auch nicht.

Was die Waffenwirkung betrifft kenne ich nur ein paar ziemliche brutale Zeichnungen von Thalhofer , die Waffenwirkung eindrucksvoll demonstrieren.

T. Stoeppler
20-03-2017, 18:15
Ich meinte damit eher so detalierte Anweisungen, welche Ziele man mit welcher Technik am besten angreift, oder wie man die Schneide vom Schwert am besten ausrichtet das man wirklich gut schneidet.

Mini-Off-Topic:
Segnos von Fiore, Vadi und von Baumann/CW Fechtbuch. In den ital. Quellen ist das ausführlicher - die Bologneser sind da präziser. Hiebmechanik selbst ist in der 3227a beschrieben, kann man im Kal aber auch gut sehen. Das einzige, was wir nicht haben, ist Tameshigiri aber es gibt in einer polnischen Quelle auch sowas, da hat man vom Pferd aus Lehmfiguren geschnitten. Grossartiges Feedback-Tool, man fällt vom Gaul wenn die Ausrichtung der Klinge nicht stimmt ;)

So back on topic - es gibt soweit ich weiss keinen, der authentische chinesisches Rüstzeug fürs Kampftraining anlegt. In Japan ist das aber mittlerweile auch keine Seltenheit, Hatsumi hat das in den 70ern ja auch gemacht. Vielleicht wäre das mal eine ganz spannende Sache.

Gruss, Thomas

Gast
20-03-2017, 18:22
So back on topic - es gibt soweit ich weiss keinen, der authentische chinesisches Rüstzeug fürs Kampftraining anlegt. In Japan ist das aber mittlerweile auch keine Seltenheit, Hatsumi hat das in den 70ern ja auch gemacht. Vielleicht wäre das mal eine ganz spannende Sache.

Gruss, Thomas

Daraus konnte man die Frage ja erweitern, reicht es die Hintergründe zu kennen oder sollte man alle Tools, nicht nur Waffen, ins Training einbeziehen?
Und meine vorherige Frage nochmal, braucht es historisches Hintergrundwissen wenn ich das ganze im modernen Setting anwenden will?

T. Stoeppler
20-03-2017, 18:30
Das ist eben die Frage, was man will... wenn man ALLES haben will, muss man auch ALLES machen ;) Für ALLES sind die Tage nur meist zu kurz. Wenn man z.B. sich auf das Duellwesen spezialisiert, muss man z.B. auch die Formalien, Brauchtum und Rechtslage (je nach Region und Zeit) kennen. Die kann die präferierten Techniken massiv beeinflussen.

Gruss, Thomas

gast
20-03-2017, 18:53
Ich denke hier kommen wir jetzt ziemlich genau an den Punkt warum man nicht alles in einen Topf werfen sollte, sondern schon sehr genau differenzieren sollte.

Geht es jetzt um ein Spezialthema? Eine Waffe und wie sie angewendet wurde? Historische Kriegsführung? Wie Kriegsführung und Kampf früher ausgesehen hat?
Dann sind wir bei einem historischen Thema.

Wenn es um das konkrete Ausbilden von Kampffertigkeiten heute geht, mal irgendwelche Spezialfälle von historischen Waffen und Anwendungen ausgeschlossen, dann sehe ich einfach nicht die Notwendigkeit sich unter dem handwerklichen Aspekt zwingend mit der Geschichte seines Stiles auseinander zu setzen, nur um wesentlich größere Fortschritte in seinem Training zu machen. Wenn ja finde ich es auch super spannend, doch dann sollte man schon richtige Argumente einbringen. Ich denke das BJJ ist da ein Paradebeispiel wie es sich von seinem historischen Background gelöst hat und sehr erfolgreich eigene Wege gegangen ist.
Um z.B. beim Yiquan zu bleiben, stand für Wang auch ganz klar das Ausbilden von handwerklichen Fähigkeiten im Vordergrund, die sich dann ohne weiteres auf die Waffe übertragen lassen. Sein Intermezzo mit Sawai liefert den historischen Beweis dafür. Er hat ihn, als Meister seines Faches in Japan, mit einer Rute gegen Holzschwert so klar davon überzeugt, dass die Waffe nur die Verlängerung des Armes ist. Der Grund warum er das konnte war, weil er seine handwerklichen Fähigkeiten extrem gut ausgebildet hatte.

Spezialfälle ergeben sich immer irgendwann und irgendwie. Kommt eben dann genau auf die Zielsetzung drauf an. Da ist aber die Spitze des Eisberges. Das muss man sich dann aber genauer anschauen. Aber da steht eine handwerkliche Ausbildung dahinter, die den allergrössten Teil erstmal ausmacht. Und hier den Spezialfall mit der allgemeinen Ausbildung zu vermischen sehe ich einfach sehr kritisch.

gast
20-03-2017, 18:56
Das ist eben die Frage, was man will... wenn man ALLES haben will, muss man auch ALLES machen ;) Für ALLES sind die Tage nur meist zu kurz. Wenn man z.B. sich auf das Duellwesen spezialisiert, muss man z.B. auch die Formalien, Brauchtum und Rechtslage (je nach Region und Zeit) kennen. Die kann die präferierten Techniken massiv beeinflussen.

Gruss, Thomas

Genau das ist der springende Punkt. Man muss klar sagen um was es konkret geht; was für eine Zielsetzung man hat; und von was man redet. Einfach alles miteinander zu vermengen führt zu keiner klaren Diskussion.

aikibunny
20-03-2017, 20:05
Ich finde die Ausgangsfrage sehr interessant; in meiner Erfahrung hängt es sehr vom Ziel des Übenden ab, aber auch vom "Ethos" der KK.

Als ich mit Aikido angefangen habe, noch vor dem Internet, war das Ethos (oder vielmehr der Mythos) sehr "historisch" orientiert, und ich habe es mit Anfang zwanzig voll geglaubt: Ueshiba galt als der unübertroffene Meister, dessen Schüler als immernoch legendär, und von dort ging es - naja, irgendwo wo ich mich hinträumte, dachte ich, aber de facto - abwärts. Da mir die KK sehr am Herzen lag war es mir extrem wichtig, diese Entwicklung historisch zu verstehen, bis ich dann für mich irgendwann zu dem Schluss kam, dass das, was ich anfangs suchte, im Aikido nicht mehr vorhanden ist; dafür anderes, was für mich inzwischen Wert hat. Historische Auseinandersetzung war dabei zentral.

Im BJJ war mir die Geschichte immer völlig egal, aber auch die Ausrichtung aller anderen im Training war nicht historisch. Mein Lehrer war einer der besten in D, es wurde jeden Trainningsabend klar, wer was kann, und wo das herkommt war mir wurscht, ich wollte halt besser werden. Ich wurde nie gut und es war trotzdem großartig. Genauso mit Dan Harden. Dem ist es völlig wurscht, was er in der Hand hat oder nicht, und er besiegt die Leute halt. Da wird Geschichte mir dann auch egal (Ich sage nicht, dass sie ihm egal ist).

Im LHBF interessiert mich die Geschichte gerade nicht besonders, weil es mir um das Üben im Moment geht und mir als Anfänger mein Lehrer genug ist. Ich denke, Geschichte würde wieder wichtig werden, wenn ich viel, viel besser werden sollte, aber auch dann nur zur Einordnung der Übertragungslinie, nicht wegen irgendwelcher höherer historischer Wahrheiten über das Kämpfen.

Ich kann mit KK Fundamentalismus, der irgendwie behauptet, früher war es besser, oder realer, wenig anfangen. Wir leben ja schließlich jetzt, und die KK muss zu unserem Leben passen, und zu was immer für Zielen wir darin haben. Und die Lehrer dazu muss ich doch heute finden? Schließlich gibt es die ja. Aber vielleicht versteh ich ja was falsch?

Wenn es jemand in erster Linie um historische Rekonstruktion geht, fein, hab ich Respekt davor. Muss aber auch nicht sein.

kanken
20-03-2017, 22:03
Es geht mir nicht um Fundamentalismus, im Gegenteil.
Ich bin eben der Meinung das man für einige Sachen den historischen und/oder kulturellen Kontext braucht um sie wirklich zu begreifen.

Grüße

Kanken

Gong Fu
20-03-2017, 22:08
Ich bin eben der Meinung das man für einige Sachen den historischen und/oder kulturellen Kontext braucht um sie wirklich zu begreifen.

Grüße

Kanken

Ja, auf jeden Fall! Aber die meisten Leute kratzen nur an der Oberfläche und daher werden sie das nie verstehen. Aber das ist doch auch vollkommen okay :)

gast
20-03-2017, 22:42
Hallo Gongfu

Finde Deinen Kommentar jetzt etwas Grenzwertig. Ich bezieh es jetzt mal nicht auf mein Geschreibe.

Schreib doch vielleicht was konstruktives und bring etwas aus Deinem Erfahrungsschatz ein. Ich glaube alle hätten mehr davon. Vielleicht magst du ja auch direkt deinen verlinkten Artikel hier persönlich etwas näher bringen;).

Gong Fu
20-03-2017, 22:58
Hallo Gongfu

Finde Deinen Kommentar jetzt etwas Grenzwertig. Ich bezieh es jetzt mal nicht auf mein Geschreibe.

Schreib doch vielleicht was konstruktives und bring etwas aus Deinem Erfahrungsschatz ein. Ich glaube alle hätten mehr davon. Vielleicht magst du ja auch direkt deinen verlinkten Artikel hier persönlich etwas näher bringen;).

Das ist Dein gutes Recht. Ich finde hier auch so einiges grenzwertig...
'You can lead a horse to the river, but you can not force it to drink'

Was möchtest Du denn bitte wissen bzw. was ist an dem Interview nicht verständlich?

Nagare
20-03-2017, 23:01
Bin mit dem Lesen etwas im Verzug, sorry. Aber um auf die Ausgangslage des Threads zurückzukommen:





[...]

Alles, was ich lerne wurde mir erklärt warum ich es so lerne, wie ich es lerne.
[...] Wo liegen die Wurzeln, der eigentliche Zweck, was hat sich wann warum verändert, bzw. wurde dazu genommen, entfernt?


[...] Gibt es solche Erklärungen auch in anderen Richtungen der CMA? Wird dort erklärt warum es z.B. [XY]gibt, bzw. wo seine Wurzeln liegen?

Ich erwarte von einem Lehrer, dass er mir erklären kann, was ich wie wozu lerne. Wenn ich mir die namenhaften Repräsentanten der jeweiligen CMA anschaue, dann ist es für sie - mal mehr, mal weniger tiefgründig - definitiv ein fester Bestandteil.
Mir ist es noch nicht untergekommen, dass solche Inhalte gänzlich ausgelassen wurden. Oder aber diese Art des Unterrichtens ist an mir (aus guten Gründen) vorbei gegangen.



Gibt es dafür einfach kein Interesse? Halten sie es für nicht wichtig genug? Kennt man einfach nicht entsprechende Literatur, Quellen?[...]

Wie seht ihr das für Euch? Was habt Ihr für Erfahrungen gemacht in Euren unterschiedlichen KK?

Gründe gibt es sicher so viele, wie es Praktizierende gibt. Für mich gehört sowas dazu. Mir sind aber auch nicht wenige begegnet, die a) keinen Zugang zu solchen Inhalten bekommen können, da sie nicht wissen wo sie anfangen sollen und b) nicht in der Lage sind, wertvolle von unsinnigen Inhalten trennen können. Wiederum ist es manchen einfach zu viel Arbeit, dessen Merhwert für sie nicht ersichtlich ist.


Hinterfragt Ihr was Euch erzählt wird und versucht es durch andere Quellen zu belegen/widerlegen/besser zu verstehen? Auch wenn ich meinem Lehrer und unsere Linie bedingungslos glaube und traue, überprüfe ich das Gesagte doch immer für mich, bzw. versuche es so weit es möglich ist.



Hier decken sich meine Erfahrungen mit denen von WulongCha:





Das ist mMn. ein absolut notwendiger Schritt für den Schüler, um sein System und deren Methoden/Inhalte wirklich greifen zu können! Leider kenne ich persönlich viele sog. Lehrer/Gruppenleiter, die sich durch sachliches Hinterfragen angegriffen fühlen und sich manchmal sogar vom Schüler distanzieren.

Es geht m. A. n. nicht darum etwas bestmöglich zu kopieren, sondern seinen eigenen Weg bestmöglich zu gehen - und dazu muss ich "(er-) forschen".




Die Frage nach der Geschichte führt ja auch zur Frage nach dem Zweck des jeweiligen Stils und wie er sich evtl. in den Jahrzehnten, durch geänderte historische Bedingungen, verändert hat.

Jeder muss doch eine KK mit einem bestimmten Ziel machen und damit muss man doch auch überprüfen ob mein heutiges Ziel mit dem Ziel der KK übereinstimmt? Gibt es dort überhaupt die Inhalte (ggf. noch), die ich suche?






"Lebendige" Kampfkunst bedeutet für mich diese Ideen und diese Sprache in unseren heutigen Kontext zu übertragen, sie mit unserem Verständnis auszudrücken.



Der Thread hat sich leider in einem "Damals vs. Heute" festgefahren. Ohne Kontext geht es nicht! - das sage ich schon seit Jahren ;)
Wenn wir mal die zeitliche Dichotomie aufzulösen versuchen, dann kommen wir dem näher, was meine Vorstellung von dem betrifft und, so denke ich, ist es das, was kanken auszudrücken versucht.
Ob historisch oder gegenwärtig, der Mensch ist mit seinem Tun und Handeln immer in einem Kontext! Also haben wir auf der einen Seite einen "vergangenen Kontext" und für unser heutiges Leben einen "gegenwärtigen Kontext".
Für unsere Praxis in der heutigen Zeit müssen wir also genauso schauen, was uns wie beeinflusst, wodurch die Dinge geprägt sind und welcher Zweck/Sinn damit verbunden ist. Man kann versuchen es alleinig im "hier und jetzt" zu untersuchen. Zieht man jedoch die historische Perspektive hinzu, dann ändert sich meine gegenwärtige Sicht der Dinge alleine dadurch, dass ich die Vorgeschichte kenne.
Ich nutze das Verstehen über den damaligen/historischen Kontext (soziale, kulturelle, psychologische Hintergründe), um meine Praxis in der Gegenwart zu reflektieren und mit anderer Bedeutung aufzuladen.
Wenn ich bspw. etwas lerne, ohne mich mit dem Hintergrund der Entstehungs- und Bedeutungsgeschichte zu beschäftigen, dann werden mir eventuell einige Erkenntnisse über den Zweck sowie die Art und Weise der Ausübung der Praxis dementsprechend verschlossen bleiben. Ebenso ist die Relfexion der eigenen Praxis wichtig, für die man wissen muss, wieso sich etwas in genau diese Richtung entwickelt hat. Diese Art der "autodidaktischen Forschung" hat natürlich unmengen an Facetten und man kann sich in die zig verschiedenen Inhalte bis nahezu ins endlose vertiefen. Inwiefern das die Qualität der Praxis an sich beeinflusst, kann wohl jeder nur für sich bewerten.
Wenn ich mich mit CMA befasse, insbesondere mit Bewegungen, die in einer gewissen Kodierung (die zu einem ganz anderen historisch-sozio-kulturellen Kontext) stattgefunden hat, dann hilft mir dieses Wissen beim re-kodieren und reflektieren in der Gegenwart.
Der wesentliche Schritt ist dann, dieses Verständnis in die heutige Zeit zu übertragen und für seinen eigenen Weg zu erforschen und umsetzen zu können, was sicher viel Arbeit, Zeit, Energie und gewisse analytische Kompetenzen erfordert.

Edit:
Was bei einer Entkontextualisierung (die auch wiederum kontextgebunden stattfindet, weshalb man gar von einer Re-Kontextualisierung sprechen könnte) geschieht, können wir auch an genügend Beispielen sehen. Es geht damit ein Verfall/Verlust der konservativen "cultural identity" (und der damit verbundenen Werte, Normen, Rituale etc. pp.) einher, die dann durch eine Art "Reframing" neu bzw. umdefiniert wird - stattfindend in dem neuen/anderen Kontext. Das bietet bspw. viel Raum für Dinge wie der "invented tradition" oder einer anderen (/artifiziellen/artenfremdeten) Bedeutungsaufladung der Bewegungspraxis.

Klaus
21-03-2017, 00:11
Ich möchte, aus eigener Erfahrung, mal in den Raum werfen, nicht alles was man tun kann ist auch gut auf lange Sicht. Von daher würde ich gerne eine daoistische Urpraxis anregen, sich mal länger in Ruhe zu lassen, und von der inneren Inspiration finden zu lassen. Das zu tun, das zu entwickeln, das zu lernen, von innen heraus was gut für einen ist. Auch wenn man das noch nicht weiss, oder versteht, warum man das nötig hat. Hätte ich gerne 10 Jahre gekonnt bevor ich das gemacht habe, das hätte mir ziemlich was erspart. Und das funktioniert 1:1 heute wie vor 2500 Jahren.

gast
21-03-2017, 00:21
Der Thread hat sich leider in einem "Damals vs. Heute" festgefahren. Ohne Kontext geht es nicht! - das sage ich schon seit Jahren ;)


Ich bin der Meinung der Thread hat sich eher in einer diffusen Verallgemeinerung festgefahren.

Es wäre einfach wichtig konkret zu bleiben. Und wenn man Beispiele in den Raum stellt diese auch zu diskutieren. Wie du sagst, ohne Kontext gehts nicht.

Der Thread heisst Theorie und Hintergründe. Kanken meinte historische Hintergründe und das Verständnis derer und sprach die Bedeutung des historischen Kontextes für das Ausüben der Kampfkunst heute an. Er ist der Meinung, dass ohne den historischen Kontext sich eine traditionelle Kampfkunst heute nicht voll entfalten lässt. Oder anders gesagt, dass die Anwendungen der TCMA nicht ihr volles Potential entfalten kann wenn man nicht deren historischen Kontext und die historische Idee/Bild dahinter kennt.

Jetzt sollten wir halt einfach differenzieren worüber wir hier diskutieren. Geht es darum die TCMA für den heutigen Kampf realistisch auszutrainieren, oder geht es darum die trad. Formen und Anwendungen zu verstehen und Sinn hinein zu bringen? Geht es um Waffenkampf oder geht es um Waffenlosen Kampf. Geht es um eine Duell Situation oder geht es um den Einsatz in der Armee? Will ich etwas historisch rekonstruieren oder einfach nur effektiv nutzen heute? Ich finde diese Fragen kann man einfach nicht alle in einen Topf schmeissen.

Wenn es darum geht etwas aus den TCMA heute effektiv zu nutzen und im freien (waffenlosen) Kampf gewinnbringend umzusetzen, dann würde ich es schon kritisch sehen die historische Betrachtung bestimmter Anwendungen hier zu einem Muss zu erheben, ohne die man nicht den effektiven Trainingseffekt erzielen kann. Da sind wir einfach mit der heutigen Realität konfrontiert. Das heisst die Messlatte ist hier ganz einfach alles das was es heute an MMA/Freefight im weitesten Sinne gibt. Zu sagen das ist einfach nur reglementierter Sport und nicht realistisch kann ein Standpunkt sein, halte ich aber für eine Ausrede.

Natürlich sieht es im Strassenkampf wo mal jemand schnell ein Messer zückt oder sonst ne fiese Aktion mit einer versteckten Waffe macht anders aus. Aber das ist ein Extremfall. Da bringt einem auch der historische Kontext einer Anwendung nicht weiter wenn man in dem Fall keine Waffe bei sich hat und selber einfach schneller und skrupelloser ist und jemand einfach ausschaltet bevor irgendeine brenzlige Situation entsteht (Schusswaffen bringen hier nochmal eine andere Dimension rein).
Es hat also schon einen Grund, dass sich das Vale Tudo, UFC und MMA entwickelt hat. Und in den Anfangszeiten gab es dort keine Gewichtsklassen und fast keine Regeln. Näher kann man an die Realität glaube ich nicht ran. Ich glaube das ist schon eine Messlatte.

Vor diesem Hintergrund zu sagen Handwerk sei nur der Anfang und das eigentliche gibt dann die historische Idee quasi als Turbo Boost dazu um es wirklich effektiv und effizient zu machen, ich finde so eine Aussage sollte man schon mal genauer unter die Lupe nehmen was es denn plötzlich so effektiv macht.

Wenn man das ganze jetzt nicht vor dem Hintergrund der heutigen Effektivität diskutieren will und einfach nur die Anwendungen aus ihrem historischen Kontext erschliessen will, um sie dann relativ effektiver ausführen zu können, dann ist das eine andere Sache die ich so auch sofort unterstreichen würde. Wenn man nicht weiss und versteht was man macht kommt einfach nur Blödsinn dabei raus. Da bin ich ganz bei Kanken und der Wichtigkeit des historischen Kontextes.

gast
21-03-2017, 00:32
...... eine daoistische Urpraxis anregen, sich mal länger in Ruhe zu lassen, und von der inneren Inspiration finden zu lassen. Das zu tun, das zu entwickeln, das zu lernen, von innen heraus was gut für einen ist
......
Und das funktioniert 1:1 heute wie vor 2500 Jahren.

Ich würde auch sagen, gewisse Dinge sind einfach zeitlos und gehen über einen historischen Kontext hinaus und können von jedem Menschen zu jederzeit entdeckt und erfahren und gewinnbringend genutzt werden.

gast
21-03-2017, 00:53
Was möchtest Du denn bitte wissen bzw. was ist an dem Interview nicht verständlich?

Es geht eigentlich nicht darum was ich wissen will, sondern darum, dass du einen konstruktiven Beitrag einbringst.

Schreib doch einfach mal wo denn historischer Kontext oder Idee einer Sache, Übung, Anwendung der TCMA im heutigen Kontext unerlässlich ist, dass es wirklich effektiv wird. Wirklich konkret wird das für mich im Interview ehrlich gesagt auch nicht ganz.

Gong Fu
21-03-2017, 08:06
Es geht eigentlich nicht darum was ich wissen will, sondern darum, dass du einen konstruktiven Beitrag einbringst.

Schreib doch einfach mal wo denn historischer Kontext oder Idee einer Sache, Übung, Anwendung der TCMA im heutigen Kontext unerlässlich ist, dass es wirklich effektiv wird. Wirklich konkret wird das für mich im Interview ehrlich gesagt auch nicht ganz.

Ich bin ehrlich gesagt etwas verwirrt. Du warst doch in China. Hat Dein Shifu Dich nicht darin unterwiesen? Als Baishi Tudi solltest Du doch etwas tiefer in die Materie eingetaucht sein.
Dir sollte doch wohl schon klar sein, dass Koujue nur dann einen Sinn ergeben, wenn man sie mit der richtigen Fangfa in den historisch kulturellen Kontext einordnen kann.
Nimm zum Beispiel 二郎担山.
Wer war Er Lang? Welches tragen ist Dan? Was bedeutet "Berg"? Wenn ich das lese, entsteht ein Bild in meinem Kopf. Das in Verbindung mit der Theorie von 分手 und schon entsteht eine Yongfa mit mehreren Bianhua.
Da du nach historischem Kontext gefragt hast: Warum gibt es im Tang Lang Quan für eine Technik verschiedene Koujue?
- Das Pferd zur Tränke führen
- Den Gast bitten
- Die Rüstung herunterreißen

Wie sah zur Zeit als die Technik benutzt wurde eine Rüstung aus? Was haben alle drei Varianten im Bezug auf den Kraftvektor gemein? Was bedeutet das für die Anwendung? Und wie kann ich selbige mit ihren Varianten auf die heutige Zeit übertragen?

Um es einfacher zu gestalten: Wir haben im Tang Lang verschiedene Arten von "Kleben". Eine Art wird als "wie angetrockneter, zerdrückter Reis" (z.B auf einem Tisch) definiert. Stell Dir vor Du kennst keinen Reis, wie willst Du das richtige Bild im Kopf haben?
Wenn Du dann noch dialektale Lautverschiebungen miteinbeziehst wird es richtig spannend. Da wird aus einem Beng schnell mal ein Peng. Oder aus einem Sou ein Shou.
Schau Dir Tang Lang in Yantai und Hong Kong an...
Daher sind hier dann die Hanzi so interessant, da auch sie einem helfen den Ursprung näher zu ergründen.

Ohne das dazugehörige Wissen kratzt man immer nur an der Oberfläche.

Zum Interview: Es ist ein Interview mit mir, nicht mehr und nicht weniger. Aber es macht den Anschein, dass der eine oder andere durchaus etwas für sich selbst daraus ziehen kann.

kanken
21-03-2017, 08:38
Geht es um Waffenkampf oder geht es um Waffenlosen Kampf.

Schade, du kennst ganz offensichtlich einen essentiellen Lehrspruch nicht, daher macht es auch keinen Sinn mit Dir an dieser Stelle weiter zu diskutieren.

Trainiere weiter dein Yiquan. Wenn für Dich der historische Kontext nicht wichtig ist, dann ist es ja gut. Ich kann das, bis zu einem gewissen Grad, nachvollziehen und will mich nicht mit Dir streiten.
In der Tradition, in der ich lerne, sind einige historische/kulturelle Dinge sehr wichtig und das scheint ja bei einigen anderen hier auch der Fall zu sein, bei wiederum anderen nicht. Ist halt so.

Grüße

Kanken

karate_Fan
21-03-2017, 08:46
@beniwitt Ich denke es kommt eben wirklich immer auf den Kontext an. Das Thema CMA ist ja ein sehr breites.

In Punkto Waffenlose Anwendungen kann sicher aus den heutigen Sportwissenschaften und den Wettkampfkulturen lernen um das Kampfhandwerk zu verbessern keine Frage.

Nur in Punkto Anwendungen von antiquierten Waffen ist das eben anders. Da ist ein Bezug zur Vergangenheit essential, da sich heute niemand ernsthaft mit Klingenwaffen beschäftigt und es deshalb niemand besser wissen könnte.

Ich lasse Militär und bestimmte kriminelle Elemente mal bewusst außen vor, da man in diese Kreise als 0815 Bürger nicht herankommt.

Ich sehe das ganze eben mehr aus der HEMA Brille, und bin momentan eigentlich nur noch Waffen KK interessiert. Waffenlose Anwendungen interessieren mich nur noch am Rande.

Aber CMA ist mehr als Waffen. So ist schwer eine allgemeingültige Aussage zu treffen wie wichtig altes Wissen wirklich ist, um die CMA zu optimieren.

Kommt darauf von welcher CMA man spricht, wäre vielleicht eine gute Antwort auf die Frage???


@T. Stoeppler Danke für die Antwort auf meinei HEMA Frage

ThomasL
21-03-2017, 10:13
@Nagare: 1+

Für mich die wichtigste Aussage:

Wenn ich bspw. etwas lerne, ohne mich mit dem Hintergrund der Entstehungs- und Bedeutungsgeschichte zu beschäftigen, dann werden mir eventuell einige Erkenntnisse über den Zweck sowie die Art und Weise der Ausübung der Praxis dementsprechend verschlossen bleiben.

Wobei ich es wie auch Karate_Fan bisher in erster Linie aus der HF Perspektive bewerte. IMA stehe ich ja noch ganz am Anfang, allerdings sehe ich keinen Grund warum es hier anders sein soll.

Klaus
21-03-2017, 10:28
Die Frage ist doch nicht, ob man sich nicht unter anderem mit den Hintergründen irgendeiner CMA aus Hobby (oder professionell für Lehrtätigkeit) beschäftigen darf und könnte.

Sondern ob man aus "ich richte all mein Streben auf das Dao aus" "ich richte all mein Streben auf das Töten bestimmter Menschen aus weil ich in der Vergangenheit was erlebt habe" macht. Nicht nur klappt das in hiesiger Gegend nicht, es ist auch lebensqualitätstechnisch nicht wirklich gut für einen. Schafft man es, am Anfang schon den Spagat hinzubekommen es zu können aber nicht zu "müssen", spart man sich einen längeren Rückweg. Auf dem bin ich immer noch.

kanken
21-03-2017, 10:45
@Klaus


‘The Tao is everywhere.’ ... ‘When you see form, you see the mind.’ But people only see form. They don’t see the mind. If you can look into the depths and think about what you are doing one action at a time, you will suddenly see. This is called seeing your nature. You can’t know this nature through knowledge. You can’t perceive it through perception. This nature has no form or appearance. When you don’t see it, you see it. When you see it, you don’t see it.”
-Chia-shan-


Noch ein Grund warum man CMA auch immer im kulturellen Kontext sehen sollte ;)

Grüße

Kanken

Gast
21-03-2017, 10:46
Wobei ich es wie auch Karate_Fan bisher in erster Linie aus der HF Perspektive bewerte. IMA stehe ich ja noch ganz am Anfang, allerdings sehe ich keinen Grund warum es hier anders sein soll.

Bin da eher auf beniwitts Seite, dass man Differenzieren muss.
Aber das kommt wohl stark auf die Zielsetzung und auch den Stil an.
Hintergrundwissen halte ich schon für wichtig. Ob man da automatisch historisches Wissen rein zählt ist eine andere Frage.

aikibunny
21-03-2017, 10:49
Es geht mir nicht um Fundamentalismus, im Gegenteil.
Ich bin eben der Meinung das man für einige Sachen den historischen und/oder kulturellen Kontext braucht um sie wirklich zu begreifen.

Grüße

Kanken

Nicht-rhetorische Frage: Wie sieht denn für Dich das Verhältnis zwischen dem Wissen, dass in Deinen Lehrern direkt verfügbar ist, und dem historischen aus? Wie handhabst Du das für Dein Training/ deien Praxis? Leiten Deine Lehrer vielleicht sogar eine historische Beschäftigung selber an?

Deine Aussage oben finde ich vage; klar braucht man kulturellen Kontext für vieles. Mein persönliches Streben (und das ist nur meins) ist, den historischen Anteil dabei wo möglich zu reduzieren um in einen für mich passenden heutigen Kontext zu kommen. Aber vielleicht willst du das ja gerade mit hist. Beschäftigung erreichen, indem Du Dinge "aktualisierst"?

gast
21-03-2017, 11:08
Das wird mir jetzt zwischen den Zeilen alles ein bisschen zu persönlich. Jemandem einfach nur weil er eine andere Sichtweise hat oder etwas in einem Kontext differenzierter betrachten will die Expertise abzusprechen ist keine Weise eine Diskussion zu führen.

Entweder man sagt A, dann muss man auch bereit sein B zu sagen wenn man genauer nachfrägt. Einfach nur zu sagen Handwerk ist nur Grundlage und historischer Kontext gibt immer erst die richtige Dimension dazu ist einmal einfach nur eine pauschale Behauptung und zum anderen eine Unterstellung das mein Verstehen sehr begrenzt ist.
Deswegen möchte ich den Fall ganz gerne etwas genauer anschauen. Ich lass mich auch gerne eines anderen Belehren, aber da müsste man schon mal die Argumente auf den Tisch legen.

Wir waren da bei den Rüstungsbildern und den Laozi Zitaten. Kanken hat ganz klar den Kontext zu heute hergestellt und das Öffnen und Schliessen und Wandel des Zentrums als Beispiel angeführt.
Ich frag mich jetzt ganz einfach glaube ich zurecht, wo jetzt hier die Brücke zum Schuppenpanzer und dem Laozi Zitat geschlagen wird, und zwar so dass dieser Kontext unerlässlich ist.

Oder sind diese Bilder und Ideen nicht einfach ein didaktisches Mittel um jemandem eine helfende Brücke zu schlagen bestimmte senso-motorische Zusammenhänge herzustellen und die Bilder eben auf das Verständnis des Schülers abgestimmt werden sollten?
Wenn jemand nie Wasser gespürt hat macht es keinen Sinn jemanden mit Wasserideen zu unterrichten. Wenn jemand nie einen chinesischen Rüstungspanzer gesehen, gespürt und angehabt hat, dann macht es auch keinen Sinn mit diesem als Idee einen Inhalt zu transportieren.

Jetzt ist halt die interessante Frage, ob das Bild zu ersetzen ist oder nicht? Und hier würde ich erstmal behaupten auf den heutigen Kontext bezogen ziemlich sicher. Jetzt müsste Kanken einfach mal den Bezug herstellen wie Laozi und Rüstungspanzer nach seinem Verständnis zwingend dafür Notwendig sind das volle Potential von Öffnen und Schliessen und Wandel des Zentrums auszuschöpfen?

Wenn man für eine Schlachtsituation vor 300 Jahren trainiert und so etwas historisch rekonstruieren möchte, dann ist das eine spannende Sache. Und man wird in dieser Auseinandersetzung mit der Materie bestimmt auch in gewisser Weise profitieren. Sich für einen Strassenkampf heute zu wappnen ist dagegen was ganz anderes und in den Ring zu steigen oder einen bare knuckle fight zu machen ist wieder was anderes. Historische Kriegskunst als Grundlage für ein effektiveres Training heute in den TCMA zu sehen halte ich deswegen schon für eine Behauptung die man diskutieren sollte.

kanken
21-03-2017, 11:08
@aikibunny
Mein Lehrer fördert diese Beschäftigung mit der Geschichte und gibt mir sogar selber Literaturempfehlungen, wobei das immer schrittweise kommt. Wenn er der Meinung ist ich müsse mich mit etwas beschäftigen, dann gibt er mir dazu Literatur und diese muss ich dann lesen und drüber nachdenken und ggf. mit ihm besprechen. Wichtig ist immer den konkreten Bezug zum Üben zu bekommen! Man darf nicht in theoretischen Überlegungen stecken bleiben und das Üben vernachlässigen! Beides muss harmonisieren.

Ich möchte hier noch einmal auf diesen Beitrag hinweisen:

https://www.judo-blog.de/wordpress/allgemein/unterrichtsdidaktik-in-den-cma/

Jeden Teilbereich ich kann ich Üben ohne den historischen/kulturellen Kontext zu kennen.
An dem Punkt, wo sich die Kreise überschneiden, brauche ich ihn jedoch, jedenfalls meiner Meinung nach.

Grüße

Kanken

kanken
21-03-2017, 11:21
Jetzt müsste Kanken einfach mal den Bezug herstellen wie Laozi und Rüstungspanzer nach seinem Verständnis zwingend dafür Notwendig sind das volle Potential von Öffnen und Schliessen und Wandel des Zentrums auszuschöpfen?


Das wird Kanken aber nicht machen :D

Ich kann mir nicht vorstellen wie ich ab einem gewissen Punkt bestimmte Dinge erklären sollte ohne diesen Kontext zu nutzen. Einiges geht auch mit anderen Ideen, gar keine Frage, es gibt aber einen Punkt da käme ich ohne das nicht weiter (und das gilt für alle Bereiche aus dem o.g. Artikel, egal ob Körper, Geist, oder Anwendung).

Nagare
21-03-2017, 12:08
Ich bin einfach zu langsam für diesen Thread. Aber eines würde ich gerne noch aufgreifen:


Ich würde auch sagen, gewisse Dinge sind einfach zeitlos [...].

Das, finde ich, ist eine gute These, zu der man ebenso die Anti-These "alles ist an die jeweilige Zeit gebunden" aufstellen und die von Dir verschiedenen Aspekte mal gedanklich durchgehen kann.
Betrachtet man Gewalt, so wird alleine an der Waffenentwicklung, der Gesetzgebung, der gesellschaftlichen Akzeptanz (bspw. Ethik) und damit auch der Praxis (wie man auf Gewalt reagiert) deutlich, dass sie dem Wandel der Zeit unterliegt.
Betrachtet man Bewegungsqualität an sich - und da ist es egal ob mit oder ohne Waffe, ob Duellsituation oder nicht - dann stimme ich Dir zu, dass diese zeitlos ist, da es sich hier um physikalische Prinzipien handelt. (Gegenpositionen erwünscht)

Da wir nun aber über CMA reden, ist die Frage, auf welchen Weg man zu der gewünschten Bewegungsqualität kommt. Und da ist der letzte Beitrag von Gong Fu gut platziert. Auch sein Interview zeigt deutlich, dass er sich gefragt hat, welche Rolle "Gewalt" in den CMA spielt und hat diesen Aspekt in seinem historischen Kontext untersucht und auf seine persönliche Weise auf die heutige Zeit adaptiert (s. seine Erklärung, was ihn zu den Dog Brothers getrieben hat).

gast
21-03-2017, 12:40
Ich bin ehrlich gesagt etwas verwirrt. Du warst doch in China. Hat Dein Shifu Dich nicht darin unterwiesen? Als Baishi Tudi solltest Du doch etwas tiefer in die Materie eingetaucht sein.

Das habe ich jetzt mal einfach überlesen....


Dir sollte doch wohl schon klar sein, dass Koujue nur dann einen Sinn ergeben, wenn man sie mit der richtigen Fangfa in den historisch kulturellen Kontext einordnen kann.

Es wäre mal interessant zu diskutieren wie man koujue übersetzt. Und ob das heute nicht vielleicht einfach nur noch Kaugummi ist um etwas einfaches kompliziert zu machen --- wenn es um das KK-Handwerk geht.

Natürlich ist es spannend koujue historisch zu untersuchen, aber zu sagen sie sind unerlässlich um TCMA im heutigen Kontext des MMA, SV, Gesundheit, Selbstverwirklichung oder einer Killerausbildung im weitesten Sinne effektiv nutzbar zu machen würde ich schon mal kritisch und genauer diskutieren wollen.



Nimm zum Beispiel 二郎担山.
Wer war Er Lang? Welches tragen ist Dan? Was bedeutet "Berg"? Wenn ich das lese, entsteht ein Bild in meinem Kopf. Das in Verbindung mit der Theorie von 分手 und schon entsteht eine Yongfa mit mehreren Bianhua.

Vielleicht solltest du erstmal deutsche Begriffe verwenden dass andere hier, die nicht des chinesischen mächtig sind auch verstehen können was du meinst.

Dann lass uns doch mal diesen koujue genauer anschauen.

Um anderen anschaulicher zu machen von was für einer Bewegung du hier sprichst, können wir uns ja einfach direkt von Zhong Lianbao mal diese Anwendung zeigen lassen. Er sagt, dass die Fertigkeiten (Gongfu) auf Meisterebene aus einem Satz (erlang danshan, d.h. aus einer Grundbewegung) viele Variationen hervorbringen. In diesem Fall zeigt er 5 Variationen. (Wahrscheinlich ist noch mehr drin).

Video (https://www.youtube.com/watch?v=gIsMk_4jxmg)

Vielleicht magst du uns jetzt näher erklären was du oben angedeutet hast.
Und dann vielleicht einen Schritt weitergehen und die Unumgänglichkeit des chinesischen, historischen Kontextes mit diesem koujue in Bezug zur effektiven Umsetzung der Bewegung heute bringen. Was macht dieses koujue so unerlässlich, dass die Anwendung so richtig effektiv wird? Das muss man doch mal kritisch hinterfragen?


Da du nach historischem Kontext gefragt hast: Warum gibt es im Tang Lang Quan für eine Technik verschiedene Koujue?
- Das Pferd zur Tränke führen
- Den Gast bitten
- Die Rüstung herunterreißen

Es gibt für eine Anwendung in fast jedem Stil eine andere Bezeichnung und dieselbe Bezeichnung kann in den Stilen zu ganz anderen Bewegungen führen.
Was hat Gracie gemacht? Er hat sich einfach gefragt wie das funktioniert und für was er das braucht und hat daraus eine moderne, didaktisch gut ausgearbeitete, effektive und relativ leicht erlernbare KK gemacht. Also in wie weit brauchen wir die Koujue oder nicht könnte man jetzt einfach mal diskutieren.


Wie sah zur Zeit als die Technik benutzt wurde eine Rüstung aus?

Das ist eine historische Betrachtungweise und ist für sich spannend und lohnenswert sie zu ergründen. Ob das ein Muss für jemanden ist der TCMA im modernen Kontext anwenden will würde ich erstmal verneinen.


Was haben alle drei Varianten im Bezug auf den Kraftvektor gemein?

Gibt das koujue Auskunft über ein geheimes Verständnis der Krafvektoren um es effektiver und Sinnvoler einsetzen zu können?


Was bedeutet das für die Anwendung?

Das frag ich mich auch?


Und wie kann ich selbige mit ihren Varianten auf die heutige Zeit übertragen?

Eine legitime Frage wäre hier, kann man sich nicht einfach fragen was man heute braucht? Was heute Sinn macht? Was ich brauche? Und dann aus dem Arsenal von Bewegungen und Anwendungen das zu trainieren was für einen Sinn macht? Ist hier nicht viel mehr der springende Punkt überhaupt erstmal "Gongfu" zu entwickeln, so dass ich überhaupt ein bisschen qualitativ hochwertige Power hab um effektiv Anwendungen anbringen zu können. Das sind für mich zeitlose Grundfragen, wie man effektiv und effizient Kraft, Geschwindigkeit und Handwerk trainieren kann. Ich sehe noch nicht an welcher Stelle die historische Auseinandersetzung zwingend zu einem qualitativen Formsprung verhelfen kann??
Die gute Frau in dem Video kann doch machen was sie will. Jeder der stärker ist und ihr das Handgelenk an der richtigen Stelle presst löst bei ihr Schmerzen aus. Sie wird das bei anderen nicht machen können, weil ihr ganz einfach die Power und das Gongfu fehlt.


Um es einfacher zu gestalten: Wir haben im Tang Lang verschiedene Arten von "Kleben". Eine Art wird als "wie angetrockneter, zerdrückter Reis" (z.B auf einem Tisch) definiert. Stell Dir vor Du kennst keinen Reis, wie willst Du das richtige Bild im Kopf haben?

Dafür lässt sich erstens ein anderes Bild finden weil es einfach nur die Umschreibung eines Gefühls ist. Zweitens wird mir das ein bisschen zu speziell jetzt. Ich weiss nicht ob verschiedene Klebearten drauf zu haben dir im Kampf einen wesentlichen Vorteil bringen und ob du die bei einem gleichwertigen oder vielleicht sogar stärkeren Gegner überhaupt noch umsetzen kannst.


Wenn Du dann noch dialektale Lautverschiebungen miteinbeziehst wird es richtig spannend. Da wird aus einem Beng schnell mal ein Peng. Oder aus einem Sou ein Shou.

Na und? Daher ist lebendige Überlieferung so wichtig. Denn hinter all diesen Namen stecken Qualitäten. Wenn ich die Qualitäten spüren kann und verstehen kann, dann ist es zweitrangig was die für einen Namen haben. Tatsächlich sind viele Bedeutungen der chin. Zeichen nicht über das Zeichen aufschlüsselbar sondern bestehen auch nur aus einem phonetischen Teil mit dem Radikal dazu. Da muss aus Beng noch nicht mal Peng werden. Es reicht schon wenn die Zeichen einfach anders geschrieben wurden. Allein für Beng fallen mir da gleich 5-6 Varianten ein die einfach nur ein anderes Radikal haben aber ansonsten gleich sind. Fakt ist auch, dass die Leute früher auch manchmal nicht wussten wie ein Zeichen geschrieben wird und man einfach ein vergleichbares genommen hat, oder weil es für ein umgangssprachliches Wort kein Zeichen gab hat man einfach irgendeines genommen was dieselbe Aussprache hat, so dass wenigsten die Aussprache gegeben war. Sich immer den Sinn einer Aussage über das Zeichen herzuleiten macht manchmal einfach keinen Sinn. Vor allem in der Kampfkunst haben wir das Phänomen sehr oft. Gerade bei Peng (siehe Taiji) und Beng (Xingyi) macht es wenig Sinn sich den Sinn über das Zeichen erklären zu wollen, sondern es geht um die Qualität, die hier wenig Rückschlüsse auf das Zeichen zulässt. Warum das jetzt alles Essentiell für die effektive Umsetzung heute sein soll erschliesst sich mir nicht?



Schau Dir Tang Lang in Yantai und Hong Kong an...
Daher sind hier dann die Hanzi so interessant, da auch sie einem helfen den Ursprung näher zu ergründen.

Ohne das dazugehörige Wissen kratzt man immer nur an der Oberfläche.

Das stimmt pauschal gesagt. Ohne Wissen kratzt man immer an der Oberfläche. Ich warte immer noch gespannt ob du uns ein wenig unter die Oberfläche schauen lässt, oder ob es nur bei Worten bleibt.


Zum Interview: Es ist ein Interview mit mir, nicht mehr und nicht weniger. Aber es macht den Anschein, dass der eine oder andere durchaus etwas für sich selbst daraus ziehen kann.

gast
21-03-2017, 12:55
Ich bin einfach zu langsam für diesen Thread. Aber eines würde ich gerne noch aufgreifen:



Das, finde ich, ist eine gute These, zu der man ebenso die Anti-These "alles ist an die jeweilige Zeit gebunden" aufstellen und die von Dir verschiedenen Aspekte mal gedanklich durchgehen kann.

Zeitlos meinte ich hier vor allem im Kontext auf das Training. Sprich in wie weit der historische Kontext zu einem so großen Mehr wird, dass es zu einer Notwendigkeit wird sich damit auseinander zu setzen für jemand der sich CMA heute effektiv nutzbar machen will.
Ich sehe darin erstmal ein Handwerk, das sich mit der Entfaltung des Potentials von Körper und Geist auseinandersetzt. Das bedeutet für mich auf grundlegender Ebene wie ich das Zusammenspiel von Bewusstsein und Körper immer weiter optimieren kann. So erstmal eine weiche Ganzkörperkraft zu erarbeiten; dann auf dieser Grundlage aufbauen lernen verschiedene Kraftqualitäten zu spüren, zu differenzieren und einzusetzen; dann das ganze am Partner in lebendiger Weise mit immer mehr Druck umzusetzen.
Wie kann ich dabei Kraft entwickeln? Wie kann ich dabei Explosionskraft, sprich Geschwindigkeit entwickeln, ohne dass meine Kraft abnimmt?

Das sind für mich alles zentrale Fragen einer KK und sind für sich zeitlos. Denn jeder KK zu jederzeit wird sich wenn er sich ernsthaft mit KK auseinandersetzt diese Fragen stellen müssen. Wie er sie für sich auflöst und umsetzt hängt natürlich vom historischen Kontext und der Zielsetzung ab.


Betrachtet man Gewalt, so wird alleine an der Waffenentwicklung, der Gesetzgebung, der gesellschaftlichen Akzeptanz (bspw. Ethik) und damit auch der Praxis (wie man auf Gewalt reagiert) deutlich, dass sie dem Wandel der Zeit unterliegt.
Betrachtet man Bewegungsqualität an sich - und da ist es egal ob mit oder ohne Waffe, ob Duellsituation oder nicht - dann stimme ich Dir zu, dass diese zeitlos ist, da es sich hier um physikalische Prinzipien handelt. (Gegenpositionen erwünscht)

Da wir nun aber über CMA reden, ist die Frage, auf welchen Weg man zu der gewünschten Bewegungsqualität kommt. Und da ist der letzte Beitrag von Gong Fu gut platziert. Auch sein Interview zeigt deutlich, dass er sich gefragt hat, welche Rolle "Gewalt" in den CMA spielt und hat diesen Aspekt in seinem historischen Kontext untersucht und auf seine persönliche Weise auf die heutige Zeit adaptiert (s. seine Erklärung, was ihn zu den Dog Brothers getrieben hat).

Auf welchem Weg wir zu der Qualität kommen?! Das ist genau die Frage die hier nicht mehr konkreter diskutiert wurde. Sind die ganzen historischen Sachen zwingend nötig um wirklich ein qualitativ hohes Niveau zu erreichen oder brauchen wird das historische nicht? Das ist schon eine spannende Frage.

gast
21-03-2017, 13:04
Das wird Kanken aber nicht machen :D

Ich kann mir nicht vorstellen wie ich ab einem gewissen Punkt bestimmte Dinge erklären sollte ohne diesen Kontext zu nutzen. Einiges geht auch mit anderen Ideen, gar keine Frage, es gibt aber einen Punkt da käme ich ohne das nicht weiter (und das gilt für alle Bereiche aus dem o.g. Artikel, egal ob Körper, Geist, oder Anwendung).

Genau das find ich aber schade. Du hast eine interessante Diskussion angestossen und steigst auf halber Strecke aus und sprichst mir im Abspringen noch mehr oder weniger die Kompetenz ab die Dinge nicht wirklich tiefergehend zu verstehen...... :gruebel:

kanken
21-03-2017, 13:07
Genau das find ich aber schade. Du hast eine interessante Diskussion angestossen und steigst auf halber Strecke aus und sprichst mir im Abspringen noch mehr oder weniger die Kompetenz ab die Dinge nicht wirklich tiefergehend zu verstehen...... :gruebel:

Ich spreche Dir nicht die Kompetenz ab, ich sage lediglich dass du einen Lehrspruch, den ich als essentiell gelernt habe, nicht kennst. Das hat doch nix mit Kompetemz zu tun, sondern nur mit einer fehlenden gemeinsamen Basis.
Ich hatte gedacht dass in Deiner Linie dieser Lehrspruch, sowie das Bild mit der Rüstung enthalten ist, ist es aber nicht, daher ist es müßig zu versuchen dass hier schriftlich zu erklären.
Kompetenz spreche ich dir aber damit nicht ab.
Du kannst deine Inhalte des Yiquan ganz offensichtlich ohne historisch/kulturelle Zusammenhänge weitervermitteln, ist doch OK. Ich kann es nicht, wieso da eine Wertung reinbringen?

Ich übe teile von dem, was mir die Rüstung beibringt auch beim Fahrradfahren, bringe es also sehr wohl in einen aktuellen Kontext, dennoch brauchte ICH diese Rüstung um die Idee dahinter zu begreifen. Sie hilft die Idee(n) zu verinnerlichen die Rekontextualisierung kann dann erfolgen (und erfolgt auch teils) in Bezug auf meinen eigenen soziokulturellen Kontext und mein Wissen. Zum Verstehen brauchte ich aber das "ursprüngliche" Bild (im Sinne von "in unserer Tradition verwandt").
Diese Bilder sind aufeinander abgestimmt, bauen aufeinander auf und finden sich an vielen Stellen der Didaktik wieder. Sie haben sich ja anscheinend bewährt, daher kann man sie aus didaktischen Gründen auch nutzen. Wenn man die Idee einmal "hat" dann kann man sie rekontextualisieren, aber ich fände es schwer bestimmte Ideen anders zu beschreiben.

Grüße

Kanken

Nagare
21-03-2017, 13:17
[...]

Das sind für mich alles zentrale Fragen einer KK und sind für sich zeitlos.

In der Tat. Selbiges meinte ich ja - die Arbeit mit sich selbst bzw einer Optimierung der Bewegungsqualität an sich ist so gesehen zeitlos (mal außen vor gelassen, dass ich als Mensch das nicht bin).




Auf welchem Weg wir zu der Qualität kommen?! Das ist genau die Frage die hier nicht mehr konkreter diskutiert wurde. Sind die ganzen historischen Sachen zwingend nötig um wirklich ein qualitativ hohes Niveau zu erreichen [...]?

Die Bildung einer These, Antithese und schlussendlich Zusammenführung zur Synthese könnte da eventuell weiter helfen.
Ob sowas zwingend notwendig ist, so meine Antwort, nein. Es gibt das ein oder andere lebendige Beispiel, das auch ohne die Beschäftigung mit den historischen Sachen zu einer sehr beachtlichen (kampfbezogenen) Bewegungsqualität gekommen ist.
Meine persönliche Beobachtung zeigt mir aber, dass es immens vielen Menschen hilft, ein tieferes Verständnis für ihre eigene Praxis zu bekommen (was sich wiederum in der Zielsetzung, den Trainingsmethoden und damit auch der Bewegungsqualität zeigt), wenn sie sich mit dem historischen Sachen beschäftigen bzw. das zur Selbstreflexion heranziehen.

Mehr kann ich zu dem Thema auch nicht beitragen. Von daher transformiere ich mich nun zum stillen Mitleser ;)

gast
21-03-2017, 14:41
Schade, du kennst ganz offensichtlich einen essentiellen Lehrspruch nicht, daher macht es auch keinen Sinn mit Dir an dieser Stelle weiter zu diskutieren.

Trainiere weiter dein Yiquan. Wenn für Dich der historische Kontext nicht wichtig ist, dann ist es ja gut. Ich kann das, bis zu einem gewissen Grad, nachvollziehen und will mich nicht mit Dir streiten.
In der Tradition, in der ich lerne, sind einige historische/kulturelle Dinge sehr wichtig und das scheint ja bei einigen anderen hier auch der Fall zu sein, bei wiederum anderen nicht. Ist halt so.



Ich spreche Dir nicht die Kompetenz ab.....


Genau das find ich aber schade. Du hast eine interessante Diskussion angestossen und steigst auf halber Strecke aus und sprichst mir im Abspringen noch mehr oder weniger die Kompetenz ab die Dinge nicht wirklich tiefergehend zu verstehen...... :gruebel:

Na ja, du steigst aus der Diskussion aus, weil ich den Lehrspruch nicht kenne, aber im Prinzip schon vorher gesagt hast darüber redest du nicht, nachdem du sie in den Raum gestellt hast. Das heisst für mich auf halber Strecke aussteigen.

Du trittst einfach schon mit einem gewissen Absolutheitsanspruch auf, mit dem du gewisse Thesen hier vertrittst und mehrmals direkt sagst, dass es nur über den historischen Kontext tiefer geht bestimmte Funktionen in ihrer ganzen Bandbreite und ihrer effektiven Umsetzung heute zu verstehen und das Handwerk da nicht so tief rankommt. Das sollte man schon diskutieren oder sich einfach nicht so weit aus dem Fenster lehnen.

Gast
21-03-2017, 15:57
Wäre ja auch möglich, diesen Lehrspruch hier mal zu zitieren, dann könnte ja jeder selbst entscheiden ob er was damit anfangen kann.
Welches große Geheimnis würde man denn preisgeben?

ThomasL
21-03-2017, 17:32
Natürlich ist es spannend koujue historisch zu untersuchen, aber zu sagen sie sind unerlässlich um TCMA im heutigen Kontext des MMA, SV, Gesundheit, Selbstverwirklichung oder einer Killerausbildung im weitesten Sinne effektiv nutzbar
Liegt vielleicht hier das grundlegende Problem der ganzen Diskussion?
Wenn es einem gar nicht darum geht die TCMA ausschließlich(!) im heutigen Kontext zu betrachten (wer braucht heute noch einen Speer, wenn er eine Schusswaffe verwenden kann), dann werden doch viele der hier bereits angesprochenen historischen Hintergründe schnell relevant.

Fragen wie:
Wie muss ich mich bewegen, damit die Bewegung auch in einer Rüstung möglich / sinnvoll ist?
Welche Ziele muss ich wie angreifen (welche Schwachstellen hat die Rüstung)?
Von welchen Waffen gehe ich aus (was ermöglicht die Waffe, welche Limitierungen muss man beachten)?
Oder was mir bei meinen ersten Schritten in den IMA besonders ins Auge sticht:
Von welchem Umfeld gehe ich aus welche Einflüsse ergeben sich auf den Kampfstil (Duell, Schlacht, Ehrencodex etc...)?
Worauf ist im Clinch zu achten, wenn ich generell bewaffneten Kampf ausgegangen wird (nicht alles was im MMA gut funktioniert, ist dann noch sinnvoll)?

Gast
21-03-2017, 17:52
Liegt vielleicht hier das grundlegende Problem der ganzen Diskussion?
Wenn es einem gar nicht darum geht die TCMA ausschließlich(!) im heutigen Kontext zu betrachten (wer braucht heute noch einen Speer, wenn er eine Schusswaffe verwenden kann), dann werden doch viele der hier bereits angesprochenen historischen Hintergründe schnell relevant.


Ja, nur dann trennt man ja auch und es ist völlig legitim das historische weg zu lassen wenn man nur für die moderne Anwendung trainiert.
Kam nur einigen so vor, dass das anders kommuniziert wurde.

kanken
22-03-2017, 08:17
Du trittst einfach schon mit einem gewissen Absolutheitsanspruch auf, mit dem du gewisse Thesen hier vertrittst und mehrmals direkt sagst, dass es nur über den historischen Kontext tiefer geht bestimmte Funktionen in ihrer ganzen Bandbreite und ihrer effektiven Umsetzung heute zu verstehen und das Handwerk da nicht so tief rankommt. Das sollte man schon diskutieren oder sich einfach nicht so weit aus dem Fenster lehnen.

Denk' mal drüber nach wie man ohne den historischen Kontext, NUR mit Handwerk, in der "Leere nach dem Konkreten" forschen kann. Das ist natürlich auch eine sehr konkrete körperliche Übungsanweisung (ähnlich wie "Fülle und Leere verlagern sich wie ein Achspunkt"), aber dennoch steht sie in einem tieferen soziokulturellen Kontext und bedient sich aus diesem an Bildern und Ideen.
Im Bagua wird dies sehr konkret in den Anwendungen zum Ausdruck gebracht, sie sind, wie gesagt, das Übungsfeld um damit zu experimentieren, während das Stehen das Labor ist um es zu erfahren.
Natürliche Ideen sind jedoch nur ein anfängliches Hilfsmittel, jedenfalls so wie ich es lerne, es geht noch sehr viel tiefer und genau dafür brauche ich dann den soziokulturellen Hintergrund. Wie gesagt, es ist wie eine Zwiebel...

Grüße

Kanken

P.S. Kämpfen kann ich auch lernen ohne dieses "Mehr", dafür brauche ich lediglich die Anwendungen. Das "Mehr" macht es nur ab einem gewissen Punkt einfacher und effektiver. Das braucht man für dieses Gefühl von "Elektrizität" oder "Nebel".

P.P.S
Nein, ich werde hier darauf nicht weiter eingehen und werde "unkronket" bleiben, da ich keinen Mehrwert darin sehe meine Zeit darauf aufzuwenden etwas schriftlich zu erklären, was man nicht schriftlich erklären kann. Da übe ich lieber.

ThomasL
22-03-2017, 08:19
Ja, nur dann trennt man ja auch und es ist völlig legitim das historische weg zu lassen wenn man nur für die moderne Anwendung trainiert.

Ob das z.B. im Bagua so einfach möglich ist, kann ich als blutiger Anfänger nicht sagen. Das müsste Kanken beantworten. Da ja auch im waffenlosen die Waffenanwendungen mit trainiert werden stelle ich mir das nicht so einfach vor (und auch nicht als sinnvoll).
Für mich (!) jedenfalls wäre eine auf "modere Anwendungen" reduziertes Training deutlich weniger interessant.
Ich finde gerade der Umstand, dass es keine künstliche Trennung von bewaffneten und waffenlosen "Techniken" gibt, ist doch eine der Besonderheiten.

ThomasL
22-03-2017, 08:21
Ja, nur dann trennt man ja auch und es ist völlig legitim das historische weg zu lassen wenn man nur für die moderne Anwendung trainiert.

Ob das z.B. im Bagua so einfach möglich ist, kann ich als blutiger Anfänger nicht sagen. Das müsste Kanken beantworten. Da ja auch im waffenlosen die Waffenanwendungen mit trainiert werden stelle ich mir das nicht so einfach vor (und auch nicht als sinnvoll).
Für mich (!) jedenfalls wäre eine auf "modere Anwendungen" reduziertes Training deutlich weniger interessant.
Ich finde gerade der Umstand, dass es keine künstliche Trennung von bewaffneten und waffenlosen "Techniken" gibt, ist doch eine der Besonderheiten.

Nachtrag: Ah, Kanken war schneller.

Münsterländer
22-03-2017, 08:23
Ob das z.B. im Bagua so einfach möglich ist, kann ich als blutiger Anfänger nicht sagen. Das müsste Kanken beantworten. Da ja auch im waffenlosen die Waffenanwendungen mit trainiert werden stelle ich mir das nicht so einfach vor (und auch nicht als sinnvoll).
Für mich (!) jedenfalls wäre eine auf "modere Anwendungen" reduziertes Training deutlich weniger interessant.
Ich finde gerade der Umstand, dass es keine künstliche Trennung von bewaffneten und waffenlosen "Techniken" gibt, ist doch eine der Besonderheiten.
dito:)

habe als ehemals rein waffenlos Übender ein wenig gebraucht, um zu dieser Einsicht zu kommen, aber inzwischen absolute Zustimmung.

karate_Fan
22-03-2017, 08:42
Ich finde gerade der Umstand, dass es keine künstliche Trennung von bewaffneten und waffenlosen "Techniken" gibt, ist doch eine der Besonderheiten.


Geht mir genauso. Das ist eine der Hauptgründe warum mich die TCMA so faszinieren, das ich wirklich hoffe mal einen guten Lehrer in dem Bereich zu finden. Aber selbst der Kurs im Yang TC ohne Anwendungen hat mich beindruckt, da es so herrlich anders war, als das was ich bisher kannte.

Wie tief aber ein praktizierender in die Geschichte seines Stiles eintauchen möchte liegt natürlich eigenen Ermessen das Stilisten.

Bin zu unerfahren darüber zu urteilen wie wie tief man in die Materie der jeweiligen Stile wirklich eintauchen muss, um ein besserer KKler zu werden.

Für mich als Geschichts Nerd, ist das ein wichtiger Aspekt des Trainings, sich ausgiebig mit der Geschichte zu befassen. Aber das sehe ich natürlich wieder zu sehr mit der HEMA Brille.

Gast
22-03-2017, 10:02
@ThomasL

Ich glaub wir reden aneinander vorbei, Waffenkunde und Waffentraining fällt für mich noch nicht unter tiefes historisches Wissen.

gast
22-03-2017, 10:27
Es wird immer noch verwechselt zu differenzieren oder den Sinn des historischen Forschens abzulehnen. Letzteres ist überhaupt nicht in meinem Sinne. Ich wäre da nur einfach ein bisschen vorsichtiger und würde mir das mal genauer anschauen. Ich habe mich sehr wohl mit der Geschichte der CMA auseinandergesetzt. Aber zu sagen, man kann CMA nicht effektiv und tiefergehend lernen ohne sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen halte ich für eine sehr gewagte These.
Gerade bei den Themen Fülle-Leere; Öffnen-Schliessen; Zentrum. Da reden wir ja noch nicht mal von Bewegungen mit kulturhistorischen Background, sondern von Biomechanik, die im besten Fall durch unseren Geist weiter und effektiver optimiert werden kann als wenn man nur mechanisch übt.

Wenn wir mal bei Laozi bleiben. Der Grundtenor des Daodejing ist, dass es eigentlich um etwas geht, was sehr einfach ist, aber gerade weil es so einfach ist ist es sehr "schwierig". Nicht die Komplexität an Bildern und Ideen macht etwas tief und effektiv. Sondern in der Einfachheit tut sich immer mehr eine Komplexität auf, die schier unmöglich ist in ihrer Tiefe auszuloten. Sich diese einfache Komplexität zugänglich zu machen ist eine ziemlich spannende Sache.

Konkret gesagt: Beim Boxen z.B. haben wir "nur" drei (vier) Grundschläge. Das ist so einfach, das kann jedes Kind nach einer kleinen Einweisung machen. Aber Qualität reinzubringen ist eine lebenslange Aufgabe. Das ist Komplexität in der Einfachheit. In diesem Sinne sind die Grundschläge im Boxen keine Technik, keine Anwendung, sondern ein lebendiges Handwerk. Hier stellt sich jetzt didaktisch die Frage: wie kann ich das Schlagen optimal trainieren?
Einen Boxer umfassend auf einen Wettkampf vorzubereiten ist hier alles Handwerk. Handwerk ist Handwerk -- und zwar auf allen Ebenen, bis zur "Meisterschaft". Es lässt sich nicht einteilen in Handwerk ist Grundlage und dann erst geht es in die Tiefe (mit historischem Kontext?)

Für einen Kickboxer stellt sich die ähnliche Frage.

Im BJJ wird es nicht sehr viel anders sein. Doch da wage ich mich noch nicht so ganz aus dem Fenster zu lehnen.

In den CMA ist es auf jeden Fall so. Das kann ich historisch, theoretisch und praktisch belegen.

gast
22-03-2017, 10:40
P.P.S
Nein, ich werde hier darauf nicht weiter eingehen und werde "unkronket" bleiben, da ich keinen Mehrwert darin sehe meine Zeit darauf aufzuwenden etwas schriftlich zu erklären, was man nicht schriftlich erklären kann. Da übe ich lieber.

Natürlich kann man darüber reden. Sonst verwendest du ja auch Stunden darauf Zusammenhänge von Gehirnforschung, Körper und KK herzustellen, wo am Schluss keiner mehr mitreden kann.

Es steht immer noch im Raum: Öffnen - Schliessen, Zentrumsverlagerung, Wechsel. Wo sind hier historische Bilder (Schuppenpanzer und Laozi Zitat) zwingend Notwendig um ein tieferes Verständnis zu bekommen und eine bessere Effektivität in der Anwendung zu bekommen.

Anstatt so viel Zeit zu investieren in Diskussionen die uns nicht weiter bringen und nur die Atmosphäre unschön machen schreib doch einfach Mal was konkretes dazu. Jeder der etwas Background hat kann einen konkreten Bezug zu etwas herstellen. Das Bild des Schuppenpanzers ist ja schon gegeben. Da kann sich jetzt jeder was drunter Vorstellen. Du wirst doch jetzt nicht sagen wollen, dass du einen Schuppenpanzer hast und nur wenn man den mal angezogen hat kann man verstehen von was man redet? Auch Dir ist es erklärt worden und du hast dabei irgendwas verstanden. Schreib das doch einfach mal hierher. Ist das denn so schwer?

aikibunny
22-03-2017, 11:02
Was schriftlich nicht erklärt und verstanden werden kann ist im Übrigen doch für unsere Zwecke historisch sowieso verloren? Wie sonst kann es denn überliefert sein? Oder braucht es Worte und materielle Überreste, z.B. den Schuppenpanzer? (Keine Polemik!)

kanken
22-03-2017, 11:27
Man könnte es schon schriftlich ausformulieren, dennoch würde das Gefühl fehlen wenn man es demonstriert bekommt. Erst durch diese Wahrnehmung kann ich eine Beziehung zu dem verbal/schriftlich Gelernten herstellen und es mir so bewußt werden lassen.

Da es aber viel Zeit kosten würde das niederzuschreiben spare ich mir das. Warum sollte ich es tun? Die, die es interessiert können mich besuchen, der Rest wird damit leben müssen es hier nicht zu erfahren.
Wenn ich hier schreibe in meinen Augen kann man den Schuppenpanzer und Laozi nicht ohne einen soziokulturellen Kontext verstehen und Benjamin meint für ihn so das nur Handwerk, dann ist das für ihn halt so und für mich anders.

Theorie und Praxis sind in meinen Augen halt beides wichtig und müssen sich die Waage halten. Zu wenig Handwerk ist genauso schlecht wie zu wenig Theorie.

Das Wunderbare an den CMA ist ja das ich jederzeit und immer üben kann. Bei allem was ich mache. Denken und Üben sind Eins. Ich lese und übe und ich übe und Denke. Geist und Faust...

Grüße

Kanken

gast
22-03-2017, 12:55
Wenn ich hier schreibe in meinen Augen kann man den Schuppenpanzer und Laozi nicht ohne einen soziokulturellen Kontext verstehen und Benjamin meint für ihn so das nur Handwerk, dann ist das für ihn halt so und für mich anders.

Theorie und Praxis sind in meinen Augen halt beides wichtig und müssen sich die Waage halten. Zu wenig Handwerk ist genauso schlecht wie zu wenig Theorie.

Das Wunderbare an den CMA ist ja das ich jederzeit und immer üben kann. Bei allem was ich mache. Denken und Üben sind Eins. Ich lese und übe und ich übe und Denke. Geist und Faust...

Sag mal merkst du eigentlich, dass du gar nicht verstanden hast wovon ich rede?

Es geht hier nicht um das Verhältnis von Theorie zu Praxis. Und schon gar nicht ist Handwerk wie ich es definiert habe (und auch allgemein) mit einem Ausbleiben oder Mangel an Theorie gleichzusetzen. Und es geht hier nicht darum Hamdwerk gegen Geschichte auszuspielen.

Ich übersetze jetzt mal deine Aussage aus dem ersten Schuppenpanzer post von Dir in den Kontext hier. Da geht es um die Qualität die historische Bilder bewirken auf die Effektivität der Kampffähigkeiten und tieferes Verständnis des Bagua. Ohne das würde man weniger effektiv kämpfen und Bagua nicht wirklich in seiner Tiefe verstehen. Das ist deine Aussage. Was du iben schreibst ist eine völlige Verdrehung dessen.
Es steht doch völlig ausser Frage dass man den Schuppenpanzer und Laozi nicht ohne soziokulturellen Kontext verstehen kann. Es geht doch um die Wirkung die dieses Bild evoziert! Die Frage ist, ob man diese Wirkung auch anders evozieren kann. Da kann man ja gerne anderer Meinung sein, aber man sollte sie begründen.
Wirkung entsteht über Grad und Qualität wie man Körper und Geist zusammenbringen kann. Bilder sind doch keine magische Formel. Es geht darum was für eine Qualität und Wirkung dadurch entsteht um das Potential des Menschen zu fördern.

Ich möchte eigentlich schon seit einigen Kommentaren aussteigen aus der Diskussion, aber Deine Aussagen zwingen einen ja fast schon dazu was zu sagen....

Gong Fu
22-03-2017, 13:12
@beniwitt: Es ist mit rätselhaft warum jemand der der chinesischen Sprache mächtig ist von seinem Shifu nicht das nötige Hintergrundwissen vermittelt bekommen hat. Gewisse Leitsätze sind da doch durchaus Standard. Aber er wird schon seine Gründe haben.
Ich werde hier nicht weiter darauf eingehen. Du hast von Kanken und von mir schon genügend Anhaltspunkte bekommen.
Ich sehe mich nicht in der Position Dich zu unterrichten. Du hast Deine Meinung und das ist auch gut so. Vielen Leuten reicht es aus ein paar Anwendungen zu beherrschen und nicht in die Tiefe einzutauchen. Du bist also nicht alleine. Jeder wie er mag.

Dadurch dass wir hier auf einer schriftlichen Ebene kommunizieren wird es doch recht schwer "mehr als Worte" zu verwenden. Manche Dinge muss man spüren. Aber es sollte doch mittlerweile hinreichend bekannt sein dass jeder herzlichst eingeladen ist bei mir vorbeizukommen. Bring einfach Deinen Zahnschutz mit und dann schauen wir weiter.

Klaus
22-03-2017, 13:30
Ad-Hominem-Diskussionen sind ein Zeichen des tiefsten überlegenen Verständnis des Daoismus und seiner praktischen Anwendung ?

Ich empfehle mal sich praktisch an das Zitat von Chia Shan zu halten, und empfehle mich dann mal hier.

Gast
22-03-2017, 14:18
Ich bin ehrlich gesagt auch irritiert über die subtile oder teils offene Aggression, die hier zutage tritt.

Wenn z.B. das Laozi-Zitat und der Schuppenpanzer für Kanken seinen Bagua-Stand derzeit optimal versinnbildlichen, ist das doch in Ordnung.
Dass zudem ein Verständnis (was immer mit "Verständnis" eigentlich genau gemeint ist) dieses Zitats oder "des Schuppenpanzers" ein bestimmtes Level innerhalb der persönlichen Entwicklung in der Linie von ...-Paul-Kanken darstellt, und gewissermaßen notwendig entweder vorhanden sein muss, oder das Zitat und der Panzer zur rechten Zeit für die weitere Entwicklung eingeführt werden - kann ja sein, keine Ahnung.
Dass darüber hinaus ganz allgemein und in der Kampfkunst oder CMA nur dann, wenn ein Verständnis von dem Zitat und dem Panzer gegeben sind, höchste Skills erreicht werden können - glaube ich nicht. Aber das wollte/will Kanken doch vermutlich auch gar nicht sagen?

Und nur weil mir vielleicht jemand eine aufs Maul hauen kann, werden dadurch doch auch nicht alle Behauptungen oder Ansichten desjenigen darüber richtig, was den Zusammenhang zwischen Kulturverständnis und Kampffertigkeit betrifft.

Die Ausgangsfrage ist doch durchaus interessant. Ich habe da auch keine abschließende Meinung dazu. Für mich ist das Verständnis von kulturellen Werten und philosophischen Konzepten z.B. insofern hilfreich, weil es einfach die Sprache ist, in der darüber gedacht und geschrieben wurde. Verstehe ich die Sprache und ihre Inhalte besser, verstehe ich auch besser was die verschiedenen Leute darüber gedacht und gesagt haben. Und das hilft mir einerseits, meine eigenen Interpretationen davon zu trennen, und andererseits, gezielter zu üben.

Historisches Wissen wiederum kann mir helfen, mich vor naiven oder irrtümlichen Zielsetzungen zu bewahren. (Z.B. wenn mir klar ist, dass es keine 2500-jährigen, ungebrochen weitergeführten Traditionen mit erleuchteten Kämpfern gab und gibt, werde ich auf jemanden der so was anbietet nicht reinfallen.)

Ansonsten fände ich es auch einfach spannender, noch konkrete Beispiele zu suchen in der Art: "Durch das Verständnis der damaligen Umstände, der Kleidung, der Essgewohnheiten, der sozialen Regeln etc. wird eigentlich erst klar, warum diese oder jene Technik/Bewegungsablauf so oder so gemacht werden, gemacht wurden, gemacht werden sollten etc."

gast
22-03-2017, 14:27
....
Bring einfach Deinen Zahnschutz mit und dann schauen wir weiter.

Nehmen wir mal an ich würde kommen. Du würdest mich in einem takedown zu Boden werfen und per submission das Duell gewinnen... das wäre dein Argument, dass das Tanglang dem Yiquan überlegen ist und der historische Kontext im Training den entscheidenden Effekt gibt die Tiefe der TCMA zu verstehen????

kanken
22-03-2017, 14:35
Dass darüber hinaus ganz allgemein und in der Kampfkunst oder CMA nur dann, wenn ein Verständnis von dem Zitat und dem Panzer gegeben sind, höchste Skills erreicht werden können - glaube ich nicht. Aber das wollte/will Kanken doch vermutlich auch gar nicht sagen?

Nein, das will ich nicht sagen. Das Zitat und der Panzer bezog sich einzig und allein auf mein Verständnis des Baguas, das ich lerne.
Wie Thomas in dem Interview schon sagt sind es ja gerade spezifische Ideen, die die verschiedenen Richtungen unterscheiden. Daher ja meine Frage in wie weit dieses Verständnis bei Anderen wichtig ist.




Für mich ist das Verständnis von kulturellen Werten und philosophischen Konzepten z.B. insofern hilfreich, weil es einfach die Sprache ist, in der darüber gedacht und geschrieben wurde. Verstehe ich die Sprache und ihre Inhalte besser, verstehe ich auch besser was die verschiedenen Leute darüber gedacht und gesagt haben. Und das hilft mir einerseits, meine eigenen Interpretationen davon zu trennen, und andererseits, gezielter zu üben.

EXAKT. Es ist die Sprache, der Kontext, in der gedacht wurde, in der die Didaktik entstand. Verstehe ich sie ist es einfacher den Inhalt zu begreifen (bzw. macht es, in meinem Fall, erst möglich).



Historisches Wissen wiederum kann mir helfen, mich vor naiven oder irrtümlichen Zielsetzungen zu bewahren. (Z.B. wenn mir klar ist, dass es keine 2500-jährigen, ungebrochen weitergeführten Traditionen mit erleuchteten Kämpfern gab und gibt, werde ich auf jemanden der so was anbietet nicht reinfallen.)

Ansonsten fände ich es auch einfach spannender, noch konkrete Beispiele zu suchen in der Art: "Durch das Verständnis der damaligen Umstände, der Kleidung, der Essgewohnheiten, der sozialen Regeln etc. wird eigentlich erst klar, warum diese oder jene Technik/Bewegungsablauf so oder so gemacht werden, gemacht wurden, gemacht werden sollten etc."

Das alles sind in meinen Augen eben auch wichtige Teilaspekte!
Gerade für letzteres hatte ich ja auch das Bild mit dem Baguasäbel gepostet...

Grüße

Kanken

gast
22-03-2017, 15:01
Nein, das will ich nicht sagen. Das Zitat und der Panzer bezog sich einzig und allein auf mein Verständnis des Baguas, das ich lerne.


Ich bin jetzt im Zug unterwegs und tu mir ein bisschen schwer übers Handy zu schreiben. Deswegen werde ich auch bald ganz aussteigen aus der Diskussion. Muss aber ganz ehrlich sagen dass ich Kankens Texte nicht so gelesen habe. Und wenn man sich seine Aussagen durchliest nimmt er zwar auch immer wieder Bezug zu seinem Bagua, bezieht es aber meistens auf die CMA an sich.

Seine These ist ganz klar in den CMA ist historischer Kontext unerlässlich für das tiefere Verständnis und die effektivere kämpferische Umsetzung. Einfach den Anfang dieser Kontroverse nochmal lesen. Ist ziemlich mühsam das ganze übers Handy einzufügen.
Weiter ging es, dass Handwerk nicht wirklich in die Tiefe geht und mehr nur der Praxis zuzuordnen ist, während der historische Kontext allgemein erst richtig in die Tiefe führen kann......

naja, jetzt habe ich die Argumentationen hier so oft wiederholt. Hab jetzt wirklich nichts mehr zu sagen, ausser Kanken oder Gong Fu sind bereit hier wirklich zu argumentieren.

Glückskind
22-03-2017, 15:27
Schade, du kennst ganz offensichtlich einen essentiellen Lehrspruch nicht, daher macht es auch keinen Sinn mit Dir an dieser Stelle weiter zu diskutieren.


Basiert diese Schlussfolgerung eigentlich auf einer Gewissheit das beniwitt einen
grundlegenden Lehrspruch nicht kennt oder lediglich auf der Annahme dessen?

Denn aus Benis Frage ("Geht es um Waffenkampf oder geht es um Waffenlosen
Kampf.") einfach mal abzuleiten, er kenne ihn nicht, halte ich für ziemlich gewagt.

Ich vermute nämlich, es geht um einen so weit bekannten Spruch das er
Ihn sicherlich kennt. Vielleicht mag er da ja noch selbst was zu sagen?

(Die Waffe ist die Verlängerung des Arms. Sowas in der Art, oder?)

kanken
22-03-2017, 15:35
Basiert diese Schlussfolgerung eigentlich auf einer Gewissheit das beniwitt einen
grundlegenden Lehrspruch nicht kennt oder lediglich auf der Annahme dessen?

Denn aus Benis Frage ("Geht es um Waffenkampf oder geht es um Waffenlosen
Kampf.") einfach mal abzuleiten, er kenne ihn nicht, halte ich für ziemlich gewagt.

(Die Waffe ist die Verlängerung des Arms. Sowas in der Art, oder?)

Den Spruch, den ich meine, habe ich noch nicht woanders gehört (es ist ganz sicher nicht der von dir zitierte) und ja, ich bin mir sicher das Benjamin ihn nicht kennt, alleine auf Grund dieses Zitates.
Und ehe jetzt hier wieder Öl ins Feuer gekippt wird: "essentiell" meint in unserem Bagua.

Grüße

Kanken

gast
22-03-2017, 15:43
Es ist eine deutsche Übersetzung aus der nicht wirklich ersichtlich ist was es auf chinesisch heissen könnte.

Weitere Bemerkungen verkneif ich mir jetzt einfach mal....

T. Stoeppler
22-03-2017, 16:12
Zuviel ad-hominem, Strawmans und Diskreditierung. Wenn im Laufe des Abends nix mehr KONKRETES kommt, mache ich hier zu.

Gruss, Thomas

Klaus
22-03-2017, 17:25
Die Kanone von Laozi und Co. sind nicht unbedingt ohne genaues Wissen der jeweiligen Umstände ihrer Entstehung zu verstehen, und die kennen wir meist nicht. Diese angeblich so stringente Top-Down-Architektur wo grosse Geister alle universellen Prinzipien minutiös aufgezeichnet und vorgegeben haben, und wer selbst viel können will muss die alle "wissen" und lernen und so interpretieren wie das Meister X vorgenommen hat, das gibt es meiner Meinung nach einfach nicht. Ich spreche jetzt nicht von Gongfu's Quanpu-Kanonen zu konkreten Stilen, sondern von kosmologischen Werken. Das sind teils Dinge die direkt auf eine bestimmte Situation z.B. als Antwort geschrieben wurden, an bestimmte Menschen, oder es sind Eingebungen gewesen wie die berühmte Formel des Benzol-Rings. Man will was wissen, und im Traum kommt halt "Dao gives birth to One, One gives birth to Two, Two give birth to Three, Three give birth to ten-thousand things" (was übrigens Kapitel 42 ist und nicht 1). Die Interpretation davon ist entweder nicht einfach, weil tatsächlich "deep", oder es ist einfach eine Zusammenfassung der seinerzeit üblichen Kosmologie (Dao -> Yin & Yang -> Qi, Jing, Shen). Wie soll denn bitteschön ein einzelner Mensch wie Laozi oder der tatsächliche Schöpfer der einzelnen Kapitel darauf gekommen sein ? Wenn wir den brennenden Busch mal vorsichtig ausblenden, waren das Intuitionen. "Wir" von der Gesellschaft der vollständigen Realität glauben, dass uns diese komischen neumodischen Ideen die einfach so mittendrin in Krisen kommen, oder ansonsten nachts um 3 per heftige Träume, weil das Dao selbst (oder was auch immer das dunkle grosse Nichts ist) uns das selbst mitteilt. Einfach mal so aus Spass. Hoffentlich nicht aus Schalk. :ups: Eine dieser Formulierungen die mich stark betroffen hat war "es wird sich nie jemand dafür entschuldigen" (und ich hatte die Frage nicht mal gestellt). Soll meinen, ein Mensch wird sich nicht dafür entschuldigen was er getan hat weil er es tun wollte, man kann nur beeinflussen was er noch tun wird. All die Menschen die mir grotesk mitgespielt haben werden es nicht tun. Woher kam diese Eingebung ?

Nur hat das genau nichts mit Kämpfen, Bagua, Waffen oder Armeen zu tun. Interpretieren kann man viel, man kann aber auch einfach die Übungen machen und dann ergibt sich das schon. Die Leibwächter der Kaiser waren breite bärenstarke Reitersoldaten und keine Kosmologen, und Tung hat sicher mehr gelernt durch häufiges Üben von Basisübungen seiner Familienstile von klein auf, und später intuitives Bewegen aus daoistischer Praxis heraus, als durch "tiefes" Verständnis von Sätzchen aus einem 2500 Jahre alten kryptischen Pamphlet. Ja, es gibt einige meditative Übungen, durch die sich der Kern eines Selbst leichter einschalten kann, und einen "führen". Man handelt plötzlich komisch intuitiv, schneller als normal, es überholt einen. Das ist aber ein geistiger Zustand der aus Trance und Meditation entsteht, und nichts für das man Laozi gelesen haben muss.

Ich kann nur empfehlen diese meditativen und mechanischen Übungen zu machen, da ist man besser dran. Klar kann man einige Aktionen nur verstehen wenn man weiss, dass ein Schuppenpanzer entweder mit Bullenkraft von unten an der Naht durchstossen werden kann, mit Scherbewegung, oder eben am Hals wo er offen ist. Nur hat sowas nichts mit innerer Kraft zu tun, die entsteht aus der Körperchemie wenn das Hirn entsprechende Dinge freigibt die meist im Alltag nicht aktiv sind. Bagua ist eine von verschiedenen Formen von Training für Innere Kraft und mit derselben wenn sie vorhanden ist, und mit diesen intuitiven Zuständen wenn man sie ZULÄSST. Einzelne Aktionen hängen daran mit wem man zu tun hat und was der gerade mitbringt (Schild mit Haumesser, Lanze, Säbel ?), andere nicht. Heute kommt keiner mehr mit Schild angerannt, man wird das nicht nötig haben es zu können. Aber mit den Folgen muss man heute mehr als früher umgehen können, und defensives Agieren kann weiterhelfen damit es kein Danach gibt. Wenn man das darüber erreicht dass der Gegenüber jedes Mal entkernt tot am Boden liegt, fällt das der Polizei doch irgendwann ein bischen auf, die sind misstrauisch.

Im Nahkampf ohne Waffe gibt es einige grundlegende Prinzipien die man auch so trainieren kann. Sprüche braucht es dafür keine. Grundlegende Mechaniken kann die eigene Intuition so wie es passt zusammenbauen, da kommen - bei mir, experimentally proven - komische wahnwitzige Manöver raus die wirken wie choreographiert. Man trainiert die Einzelkomponenten wie Scheren von Armen, "Fangen" der Faust mit der Handfläche, kurze Tritte, Rammen, und die Intution baut daraus eine Kette wo alles miteinander verbunden ist, und auf den Punkt passt. Sowas kann man nicht vorplanen. Man kann aber den meditativen Zustand herstellen üben, indem man schlicht so übt.

Bei mir ist da was rausgekommen, was ich im Wesentlichen auf dem üblen Schlachtfeld des Handballs verwendet habe. Ich muss den Ball in der Hand behalten, und mit der anderen Hand und dem freien Teil des Arms Leute daran hindern mir in die Fre$$e zu hauen, mich umzureissen, mich zu treten und weiss der Geier worauf Leute noch alles gekommen sind, ohne dass der Schiedsrichter merkt dass es sich um eine spätmittelalterliche Kampfkunst aus dem chinesischen Hochland handelt. Das hatte viel mit Öffnen, Schliessen, Koubu und Baibu, Groundpath, intuitiv-automatisches Verteilen der Last durch meine "Skelettintelligenz" selbst - ohne es merken zu müssen, das lief an mir völlig vorbei wie Blutfluss oder Schwitzen - und nur ganz wenig mit Messerstichen zu tun. Die bevorzuge ich gegen mehrere und gefährliche Leute auch selbst, aber eher selten im Sport oder beim Treppen steigen oder Sachen tragen.

Gong Fu
22-03-2017, 18:03
Nehmen wir mal an ich würde kommen. Du würdest mich in einem takedown zu Boden werfen und per submission das Duell gewinnen... das wäre dein Argument, dass das Tanglang dem Yiquan überlegen ist und der historische Kontext im Training den entscheidenden Effekt gibt die Tiefe der TCMA zu verstehen????

Duell?? Quatsch, daran habe ich kein Interesse. Trauring dass Du so in Schubladen denkst. 武林一家
Ich gehe nie irgendwo ohne meinen Zahnschutz hin. Better safe than sorry ;)
Wenn Deine Takedown Defense so mies ist könnten wir auch zusätzlich daran arbeiten. Zeige Dir gerne ein paar Ansätze die Du bestimmt mit Deinem Training verbinden kannst.

Klaus
22-03-2017, 19:22
Wäre ich eigentlich auch mal interessiert dran, aber meine Zähne halten leider keinen Zahnschutz mehr da Brücke. :/

Habe übrigens endlich die Zierteile für Dein Schwert gefunden das schon ewig hier an der Wand steht und nie fertig wurde. Für ne Sanmei-Konstruktion müsste ich beim alten Schmied aber nochmal betteln gehen, was ich habe ist das was Du getestet hattest. Also eigentlich eine Spur zu weich für langfristiges Cutting. Aber damit könntest Du Dich endlich mal ordentlich rasieren. ;)

Gong Fu
25-03-2017, 09:12
Wäre ich eigentlich auch mal interessiert dran, aber meine Zähne halten leider keinen Zahnschutz mehr da Brücke. :/

Habe übrigens endlich die Zierteile für Dein Schwert gefunden das schon ewig hier an der Wand steht und nie fertig wurde. Für ne Sanmei-Konstruktion müsste ich beim alten Schmied aber nochmal betteln gehen, was ich habe ist das was Du getestet hattest. Also eigentlich eine Spur zu weich für langfristiges Cutting. Aber damit könntest Du Dich endlich mal ordentlich rasieren. ;)

Also eine Brücke ist bei einem professionellen Zahnschutz kein Problem. Habe selber eine und mein Zahnschutz sitzt bombenfest! Hat dafür auch 150€ gekostet. Ist aber wenn man mit MMA Profis trainiert bzw. beim Gathering kämpft wirklich jeden Cent wert!

Super! Eine Qiangang-Konstruktion wäre auch ausreichend :)

panzerknacker
25-03-2017, 18:11
Also eine Brücke ist bei einem professionellen Zahnschutz kein Problem. Habe selber eine und mein Zahnschutz sitzt bombenfest! Hat dafür auch 150€ gekostet. Ist aber wenn man mit MMA Profis trainiert bzw. beim Gathering kämpft wirklich jeden Cent wert!

Super! Eine Qiangang-Konstruktion wäre auch ausreichend :)

hab jetzt kurzfristig überlegt, was für´n Zahnschutz eine Qiangang Konstruktion sein könnte :ups:
@topic
ansonsten ist es mir schleierhaft, wie man sich intensiv mit irgendetwas beschäftigen kann, ohne sich für Hintergründe jeglicher Art zu interessieren
da fehlt ja total der Kontext

Klaus
25-03-2017, 20:31
Fünf Frontzähne oben sind eine Brücke (Eishockey ...), die wird Frontaltreffer nicht gut halten.

Huangshan
26-03-2017, 10:32
Bin kein Freund langer Romane deshalb kurz zum Thema:


Ich finde es ehrlich gesagt erschreckend wie wenig die Leute, die teils eine KK seit Jahren! machen über die geschichtlichen Zusammenhänge wissen, egal ob im Karate, "Kung Fu", etc.

Gibt es dafür einfach kein Interesse? Halten sie es für nicht wichtig genug? Kennt man einfach nicht entsprechende Literatur, Quellen?

Wie seht ihr das für Euch? Was habt Ihr für Erfahrungen gemacht in Euren unterschiedlichen KK?

Hinterfragt Ihr was Euch erzählt wird und versucht es durch andere Quellen zu belegen/widerlegen/besser zu verstehen? Auch wenn ich meinem Lehrer und unsere Linie bedingungslos glaube und traue, überprüfe ich das Gesagte doch immer für mich, bzw. versuche es so weit es möglich ist.


-Mündliche und praktische Überlieferung sind im Gong Fu üblich.

-Quanpu 拳谱 wurden in einigen Schulen verfasst, die jedoch wenn man kein tieferes Wissen,Verständnis hat ein Buch mit 7 Siegeln sind.

- Eigenes recherchieren , hinterfragen, erforschen etc. sollte ab einer bestimmten Stufe selbsverständlich sein.

-Man muss zwischen Mythen,Legenden und nachvollziehbaren , historischen Fakten unterscheiden, diese trennen.
usw.


Einige sind Konsummenten die auf schnellen Weg ohne grosse Mühe,Zeitaufwand.... Superkämpfer à la Kung Fu Film Held werden wollen und die den Märchen von möchtegern Grossmeistern die als Kampfkunstkrämer agieren glauben schänken, ohne ihr eigenes Hirn einzuschalten.

karate_Fan
27-03-2017, 10:09
ansonsten ist es mir schleierhaft, wie man sich intensiv mit irgendetwas beschäftigen kann, ohne sich für Hintergründe jeglicher Art zu interessieren
da fehlt ja total der Kontext


Sehe ich eigentlich nicht so. Für viele ist KK eben nur ein Hobby. wie Fußball und Modellbau. Man kann Hobbies durchaus betreiben ohne den Hintergrund zu kennen.

Natürlich stellt sich dann die Frage auf welchen Niveau man es betreibt. Um richtig gut zu werden kann historischer Kontext nur nützlich sein, aber um es auf reiner Hobby Ebene zu betreiben ist es meiner bescheidenen Meinung nach nicht unbedingt nötig.

Außerdem kommt es darauf an, welches Bild man KK hat. Die meisten Leute sind wohl durch die Popular Culture zu den KK gegangen.

Die haben nur das Bild aus den Medien von den KK und das reicht ihnen aus um ihren Still Hobby mäßig zu betreiben. Sind halt mehr Konsumenten wie Huangshan schon gesagt hat.


Ich bin ja ein Sonderfall.

Mich hat mein Interesse an Geschichte zu den KK gebracht.

Die Mainstream Interpretation der KK hat mich immer mehr abgeschreckt als motoviert mich mit den KK zu beschäftigen.

Mir war das Mainstream Bild der KK immer suspekt. Ganz besonders komisch war ja immer die Darstellung der japanischen und vor allem der chinesischen KK.

Die ganzen Kung Fu Filme waren zwar unterhaltsam, haben mich aber nie dazu motiviert mich für die CMA zu interessieren.

Erst ein Blick in die richtige chinesische Kultur und Geschichte hat mich dazu angeregt mich näher damit zu beschäftigten und darüber bin ich froh.

Die Realität ist viel spannender als ein Kung Fu Streifen je sein könnte.

panzerknacker
27-03-2017, 14:55
da Du mich so schön zitiert hast, ich sprach von INTENSIV mit IRGENDWAS beschäftigen, dazu zähle ich nicht ein bißchen kicken im Stadtpark, Rumzappeln auf ´ner Tanzfläche, Kritzeln beim Telefonieren, Schmieren eine Brötchens, ....
wohingegen Fußball, Tanzen, Zeichnen, Kochen,.... auf irgendeinem intensiveren Niveau ohne Hintergrund total sinnlos sind
spielen ohne Taktik, Tanzen ohne Raum-,Partner-,Musikverständnis, Zeichnen ohne Technik,Abstraktion,Perspektive, Kochen ohne Rezepte, Warenkunde, Anrichten, Ökotrophologie, ......

Shice halt

karate_Fan
28-03-2017, 09:28
Und das sehe ich eben anders Panzerknacker. Mann kann auch gut in etwas sein, sprich sich intensiv mit etwas beschäftigen ohne den genauen Hintergrund zu können.

Oder muss ein Sportschütze wirklich wissen, wer John Browning war, nur weil zufällig eine Browning HP Pistole besitzt? Solange er damit die Scheibe trifft und die Pistole reinigen kann, schmälert fehlendes historisches Wissen nicht seine Fähigkeiten.

Bei den KK ist das ähnlich. Solange ein KKler die Techniken heute im Jahr 2017 anwenden kann, spielt es keine große Rolle ob er eine komplette Abhandlung über die Geschichte der KK schreiben kann.

Mich interessieren solche Dinge , da ich ein Geschichtsnerd bin, aber das hilft mir nicht ein besserer Kämpfer zu werden.

Dafür ist dieses Wissen was ich mir angeeignet habe nutzlos. Fürs Kämpfen braucht man eine lebende Quelle und kein historisches Hintergrundwissen.


Das ist natürlich nur aus der Sicht einer Person geschrieben, die nur KK ohne lebende Traditionen übt.

Für Leute die auf eine lebende Übertragunslinie zurück blicken können, wie z.B Kanken, Huangshan und viele andere in den CMA oder auch für Koryu Leute sieht das möglicherweise anders aus. Da ist historisches Wissen in Verbindung mit Kontext möglicherweise essential um bestimmte Aspekte der KK besser zu begreifen... ???????

Nur die Aussage das sich jemand nicht etwas intensiv beschäftigt nur weil er kein Theoretiker ist, halte ich für etwas übertriebe.

Gong Fu
28-03-2017, 10:15
Fürs Kämpfen braucht man eine lebende Quelle und kein historisches Hintergrundwissen.



Wenn Du alles rausholen willst, dann schon. Ich habe es ja oben schon geschrieben. Es gibt Gründe dafür warum es verschiedene Bezeichnungen für etwas gibt was im ersten Augenblick gleich aussieht. Wenn Du weißt wie die Rüstung aussah verstehst Du wie die Variante ausgeführt wird und kannst dann schauen ob es auf die heutige Zeit übertragbar ist.
Wenn Du die Leitsätze kennst die Kanken angesprochen hat verändert das Dein Verständnis für den Kampf mit Waffe und waffenlos.

karate_Fan
28-03-2017, 11:23
Wenn Du alles rausholen willst, dann schon. Ich habe es ja oben schon geschrieben. Es gibt Gründe dafür warum es verschiedene Bezeichnungen für etwas gibt was im ersten Augenblick gleich aussieht. Wenn Du weißt wie die Rüstung aussah verstehst Du wie die Variante ausgeführt wird und kannst dann schauen ob es auf die heutige Zeit übertragbar ist.
Wenn Du die Leitsätze kennst die Kanken angesprochen hat verändert das Dein Verständnis für den Kampf mit Waffe und waffenlos.


Das ist sicher richtig. Wie gesagt habe nur aus der Sicht einer Person geschrieben die keine KK mit lebender Tradtionsline steht. Da ist theoretisches Wissen zwar nett, aber solange es keinen Lehrer gibt, der eine Brücke zwischen Theorie und Praxis bauen kann, ist theoretisches Wissen sicher interessant, aber die Theorie kann nur schwer zum Lebend erweckt werden.

Leue wie du und Kanken die in einer nennen wir es mal lebenden Tradtionslinie stehen haben es da einfacher. Da gibt es wohl noch Lehrer die in der Lage sind Theorie und Praxis miteinander zu kombinieren und das ergibt dann natürlich ein völlig anderes Bild von der Materie.

Huangshan
28-03-2017, 11:37
Es gibt Gründe dafür warum es verschiedene Bezeichnungen für etwas gibt was im ersten Augenblick gleich aussieht. Wenn Du weißt wie die Rüstung aussah verstehst Du wie die Variante ausgeführt wird und kannst dann schauen ob es auf die heutige Zeit übertragbar ist.
Wenn Du die Leitsätze kennst die Kanken angesprochen hat verändert das Dein Verständnis für den Kampf mit Waffe und waffenlos.


So ist es.

Einige Konzepte wurden fürs Schlachtfeld etwickelt andere sind für Zivile Konflikte gedacht, bewaffnet, waffenlos usw. .

Einige äffen etwas nach ohne tieferes Verständniss, ohne zu hinterfragen.

Die Beschäftigung mit der Historie weckt das Verständniss und es wird einem bewusster wieso dies so und so in einem Stil weitergegeben wurde,wird.

T. Stoeppler
28-03-2017, 15:38
Auch beispielsweise im historischen Fechten ist Kontextforschung unerlässlich, wenn man ein bischen mehr herausholen möchte. Beispielsweise ist die Liechtenauer-Terminologie im Kern ihres Seins in der Scholastik begründet die ihrerseits in beträchtlichem Masse auf den (damals wiederentdeckten) Werken von Aristoteles fusst. Wenn man jetzt dort Begriffe und Redewendungen liest, kann man das recht leicht nachvollziehen, bzw gibt erst den entscheidenden Tipp was da gemeint ist.

Das ist nicht zwingend und man kann es auch bis zur totalen Überinterpretation übertreiben, aber kennen sollte man das zumindest schon.

Gruss, Thomas

kanken
05-04-2017, 11:31
Weil wir den ersten Teil hier auch hatten:

https://monkeystealspeach.com/interviews-of-masters/seven-star-praying-mantis-dog-brother-thomas-holtmann-part-2/

Selten so viel Wahres über TCMA in so wenigen Zeilen gelesen...
Eigentlich sollte man beide Teile des Interviews als Fullquote hier im Unterforum pinnen...

Grüße

Kanken

Münsterländer
05-04-2017, 11:45
Weil wir den ersten Teil hier auch hatten:

https://monkeystealspeach.com/interviews-of-masters/seven-star-praying-mantis-dog-brother-thomas-holtmann-part-2/

Selten so viel Wahres über TCMA in so wenigen Zeilen gelesen...
Eigentlich sollte man beide Teile des Interviews als Fullquote hier im Unterforum pinnen...

Grüße

Kanken

Klasse:verbeug:

Nagare
05-04-2017, 14:11
https://monkeystealspeach.com/interviews-of-masters/seven-star-praying-mantis-dog-brother-thomas-holtmann-part-2/




Schön finde ich die Erläuterung über den Wert der Soloarbeit.

Schwierig finde ich allerdings folgende Aussage:

"All traditional weapon arts are dead."

Ich kann zwar den Ausführungen danach folgen, würde dennoch diesen Satz so nicht bestätigen.
M. A. n. gibt es durchaus, wenn auch sehr vereinzelt, noch Leute die 1) eine traditionelle Linie bewahren und/oder 2) sehr wohl wissen wie sie mit Hieb- und Stichwaffen umzugehen haben.
Bspw. Paul oder Thomas Holtmann und ihre jeweiligen Lehrer sind doch ein lebendiges Beispiel dafür, oder missverstehe ich da etwas?

kanken
05-04-2017, 14:21
Er schreibt ja auch dass es solche Lehrer sehr vereinzelt noch gibt...

Nagare
05-04-2017, 14:25
Ja, das hatte mich irritiert, weshalb ich denke da eventuell was missverstanden zu haben; scheinbar nicht.

Will mich auch nicht in Wortklauberei verfangen. Ging mir nur darum es korrekt verstehen zu wollen, da ich für mich einen Widerspruch herausgelesen hatte.

Zhen Wu Germany
05-04-2017, 15:13
Ich habe ihn da so verstanden, dass (von den sehr wenigen Ausnahmen) sich keiner mehr die Mühe macht, die traditionellen Waffen als das zu verstehen, was sie eigentlich sind: Waffen zum töten. Und insofern wird die Handhabung der Waffen immer mehr verfälscht.

Eine One on One Situation wie bei den DogBrothern zu schaffen bringt da eine Menge Licht ins Dunkel um diesen Umstand genauer zu verstehen, allerdings wird dann auch nur umso deutlicher wie tot diese Kunst ist. Denn selbst dort, wirst Du den Waffen nicht gerecht.
Blankwaffen rufen ganz andere Verletzungen hervor, als es stumpfe Holzwaffen können. Insofern sind einige der Waffengänge auch bei den Dogs eben nur auf bestimmter Ebene dicht dran.

Aber letztendlich ist das auch alles graue Theorie bei mir, denn ich habe ebenfalls nie mit den Waffen richtig gekämpft und ganz ehrlich: ich will es auch nicht, da meine Einsicht in die Kunst und meine Fantasie ausreichen um mir viele Szenarien auszumalen.

Das in Kürze.

Nagare
05-04-2017, 15:16
Ich habe ihn da so verstanden, dass (von den sehr wenigen Ausnahmen) sich keiner mehr die Mühe macht, die traditionellen Waffen als das zu verstehen, was sie eigentlich sind: Waffen zum töten. Und insofern wird die Handhabung der Waffen immer mehr verfälscht.

Eine One on One Situation wie bei den DogBrothern zu schaffen bringt da eine Menge Licht ins Dunkel um diesen Umstand genauer zu verstehen, allerdings wird dann auch nur umso deutlicher wie tot diese Kunst ist. Denn selbst dort, wirst Du den Waffen nicht gerecht.
Blankwaffen rufen ganz andere Verletzungen hervor, als es stumpfe Holzwaffen können. Insofern sind einige der Waffengänge auch bei den Dogs eben nur auf bestimmter Ebene dicht dran.

[...]

Super, so macht es (wenn es so gemeint sein sollte) für mich Sinn, danke!

panzerknacker
05-04-2017, 18:18
DBMA gathering ist nach eigenem Bekunden ritualisierter Zweikampf "this is a stick, not a sword, not a magic ward,..."
Thomas wollte zum Ausdruck bringen nehme ich mal an, daß, wenn man es noch nicht mal hinkriegt in so einem setting zu sparren, keine ominösen Geschichten über den Kampf mit Klingen zu verbreiten.

Ich werde ganz sicher nicht mehr mit Ü50 an einem gathering teilnehmen, kann Euch aber versichern, daß bereits ein Vorbereitungssparring mit fulldogs echte Augenöffner beinhaltet, weil es eben nicht so ist, daß da irgendwie wild geprügelt wird, sondern technisch hochklassig der Schmerz verteilt wird.

Wie man sich mit HEMA beschäftigen und eine Aussage wie diese "Fürs Kämpfen braucht man eine lebende Quelle und kein historisches Hintergrundwissen" treffen kann, werde ich jetzt nicht weiter kommentieren.
Muß man sich nicht wundern, wenn Kanken bei Roboterkarate die Hände vor die Augen schlägt.
Das dann WKF Wettkampfkarate besser ist, sehe ich auch so, das ist modern, sportiv, hat ein Regelwerk, braucht keine Tradition, lauter nette bodenständige Leute, mit denen man sich freundschaftlich kloppen kann.