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Vollständige Version anzeigen : richtiges Pratzen halten



karla.schnikov
09-06-2017, 08:40
Moin zusammen,
in einem Artikel darüber, was einen guten Trainingspartner ausmacht (http://www.muay-thai-guy.com/7-ways-to-be-a-better-muay-thai-training-partner.html) stand folgendes:



Learn how to hold pads and mitts

You will have to hold pads and/or mitts for your partners at some point (in Western gyms, partners often have to switch back and forth on the pads during training), so learn how to do it properly. Take some time to invest in your pad holding skills. This could mean holding your coach and the more experienced fighters after training, or it could mean attending a pad holding seminar (if your gym doesn’t already offer something like this, request it). Make sure that you’re comfortable holding pads and mitts for both orthodox and south paw stances. Learning how to be a great pad holder will work in your favor. Holding pads and mitts strengthens your footwork, timing and your ability to recognize strikes as they’re coming. These are skills that you can carry on into your own training and into your fights.

Meine Fragen an euch dazu:
- Was sind da die groben Eckpunkte/Skills, auf die der Pratzenhalter zu achten hat?
- Gibt es bei euch solche Seminare?

hand-werker
09-06-2017, 08:45
Partner sollte leicht "gegenhalten / tippen" damit man nicht das Gefühl hat, ins Leere zu schlagen.
Partner sollte nicht wie ein nasser Sack in der Gegend rumstehen, sondern mitgehen und sich verhalten "wie im Sparring". Kann ich schwer ausdrücken, er sollte halt mitdenken und "alive sein" wie man so schön sagt.

Little Green Dragon
09-06-2017, 09:31
Meine Fragen an euch dazu:
- Was sind da die groben Eckpunkte/Skills, auf die der Pratzenhalter zu achten hat?
- Gibt es bei euch solche Seminare?

Seminar gibt es wohl sehr vereinzelt (meine der MTBD hat sowas mal verbandsoffen angeboten), dass sowas auch in den Clubs selber intensiv behandelt wird ist wohl eher die Ausnahme.

Wie vom Hand-Werker schon angesprochen:

- mit Gegendruck arbeiten und nicht nur die Pratze einfach hinhalten
- nicht nur wie ein Baum in der Gegend rumstehen, sondern aktiv mitarbeiten
- variabel sein - auch wenn man selbst noch nicht alle Schläge perfekt beherrscht nicht nur den Jab oder Jab/Cross anzeigen (einfach mal bei den anderen schielen was die so machen)

Leider haben einige scheinbar die Auffassung wenn sie mit dem halten dran sind wäre das jetzt die Zeit in der man sich ausruhen kann während der andere arbeitet. Dabei ist es fast genauso anstrengend die Pratzen vernünftig zu halten als dagegen zu schlagen.

Gerade Anfänger haben hier doch massive Probleme / Defizite auch wenn im Vorfeld der Übung vom Trainer angesprochen wird wie sich der Halter doch bitte verhalten sollte.

Nur wie viel Trainingszeit will man dafür dann aufwenden? Und wenn so etwas als extra Einheit angeboten wird kommen die die es eigentlich am nötigsten hätten dann wahrscheinlich eh nicht.

Kannix
09-06-2017, 09:36
Wie Handbetrieb es sagt:D
Den Anfängern muss man 2-3 Sachen erklären, normalerweise kommt das von selbst.
Prinzipiell sollte man so die Pratzen halten wie man sie selbst gehalten bekommen möchte. D.h. durch das trainieren an pratzen lerne ich auch das halten. Neben den Gegendruck auf die Pratzen ist die Beinarbeit wichtig und bestimmte Winkel für unterschiedliche Techniken.
Normalerweise reicht einmal erklären und der Wille des Pratzenhalters

Balthus
09-06-2017, 11:06
Also ausser in der Türkei beim Kickboxen (Ka da wurd das übersehen)

wurde mir immer gesagt: "auch der Pratzenhalter trainiert"

Also Schrittarbeit mit machen,
je nach aufgabenstellung Pratzen offen halten oder für Reflexarbeit aus der verdeckten Haltung aufgemacht wird.
Oder eben auch mal Angriffe mit simulieren.

Den Angriffen etwas entgegen gehen d.H. mit erkennen wann der Angriff kommt.

Intensiv wurde das nie speziell angesprochen aber eigenlich vor jeder Pratzeneinheit kurz in Erinnerung gerufen...

marq
09-06-2017, 12:35
Normalerweise reicht einmal erklären und der Wille des Pratzenhalters du hast wohl nur blitzauffasser und willesnstarke im training ;)

Kannix
09-06-2017, 13:34
du hast wohl nur blitzauffasser und willesnstarke im training ;)



Nein ich habe auch Patienten. Die muss man anders betreuen

TREiBERtheDRiVER
09-06-2017, 13:49
Dem Pratzenhalter damit drohen, das wenn er nicht richtig hält, er seine Pratzen gegen Schutzkleidung tauschen muss.

JanX
10-06-2017, 09:12
Es gibt verschiedene Dinge, die ich beim Pratzenhalten hasse:

Der Halter geht mit meinem Tritt oder Schlag mit, bevor ich getroffen habe. Der Tritt/Schlag geht fast ins Leere - das kann schon mal heftig weh tun in den Gelenken.

Der Halter kommt mir genau im Moment des Trittes/Schlages entgegen. Das tut auch weh, denn erstens treffe ich in einem Moment, wo ich das Bein/den Arm noch nicht in Schlagstellung ausgestreckt habe. Und zweitens treffe ich mit mehr Wucht als für mich gut wäre.

Der Halter hält die Pratze in einem falschen Winkel. Ich treffe also mit Körperteilen, die dafür nicht unbedingt gedacht oder zumindest nicht eingeplant sind.

Der Halter hält die Pratze in der falschen Höhe. Ich muß mich ständig irgendwie verbiegen, und übe nicht so, wie das für einen Kampf notwendig wäre.

Womit ich keinerlei Probleme habe ist, wenn der Halter fest steht. Bei Tritten und Schlägen in Körperpratzen ist das auch für den Halter OK, und wenn der wie ein Betonklotz steht übe ich auch automatisch, fester zu treten um ihn doch noch irgendwie zu bewegen - das ist purer persönlicher Ehrgeiz. Bei Handpratzen sollte das natürlich nicht sein, denn die Schläge und Tritte gehen dann voll auf seine Ellenbogen und Schultern - schmerzhaft und auf Dauer auch schädigend.

JanX

Narexis
10-06-2017, 11:27
Vieles wurde schon gesagt. Noch ein paar Basics und Fehler, die ich häufiger sehe:

Gegendruck und Widerstand bieten. (Insbesondere bei Kicks muss der Körper hinter den Pratzen sein und ich gehe nicht mit dem Kick/Schlag mit, damit der Kickende/Schlagende auch wirklich den Widerstand eines Körpers spürt und nicht nur auf die Arme oder in die Luft kickt.)
Allerdings komme ich ihm nicht die halbe Strecke entgegen. Der Druck wird in einem kurzen Punkt aufgebaut, damit der Trainierende sein Distanzgefühl nicht verschlechtert. Die Techniken kommen zu Dir, nicht Du zu ihnen! Sie zeigen die Wirkung und wenn Dich der Tritt nicht bewegt - zumindest bei gleichschweren oder schwereren Partnern - gebe ich auch nicht nach.

Hände werden in der Nähe des Kopfes (nicht direkt davor und keinen Meter entfernt!) und auf Kopfhöhe (keine Aufwärtshaken auf Brusthöhe stoppen oder bis zur Stirn schlagen lassen!) abgefragt, Kicks eng am Körper.

Signale setzten und nicht die Pratzen einfach die ganze Zeit oben halten. Irgendwann müssen die Momente erkannt werden, wann man agieren kann, das beginnt damit, dass er nicht schlagen kann, wann er will, sondern auf die Pratzen wartet.

Sonst, je nach Ziel, einfach spielen: Marschiert der Trainierende immer nach vorne, werde ich ihm teilweise auch entgegengehen und mich nicht immer nur jagen lassen. Es ist seine Aufgabe, die passende Distanz zu finden und das zu schulen. Andere werden teilweise gezogen etc.

Realistische Kombinationen abfragen und drillen - außer es dient bewusst einem anderen Zweck.

Lücken aufzeigen, Deckung abfragen, auch als Pratzenhalter aktiv sein und einzelne Angriffe/Konter starten.
Der Trainierende hat den letzten Schlag. Wenn ich aktiv werde, muss eine Antwort folgen! (Bei Fortgeschrittenen gehe ich sonst so lange aktiv nach, bis eine Antwort erfolgt oder die Überforderung zu stark wird.)

Nicht (unbeabsichtigt!) bei Kicks die Pads zu horizontal halten. Ebenfalls nicht zu seitlich halten - ca. 45° zur Seite, der Druck muss sich gut über die Pads verteilen - sonst ist insbesondere bei spitzeren Kicks die Gefahr groß, dass er am Körper vorbeikickt, anstatt im spitzen Winkel von unten in die Rippen zu gehen oder mit den falschen Partien trifft. Ellenbogen liegen am Körper an und sind nicht irgendwo in der Luft.

Halte ich Pushkicks vor dem Körper und habe keinen Bauchgurt, muss ich ein Stück zurückgehen, damit er sich kein schlechtes Distanzgefühl angewöhnt - oder ich blocke die Schläge generell etwas weiter vor dem Kopf, bin ich allerdings kein Fan davon, da ich den Partner gerne möglichst nah an meinem Körper arbeiten lasse.

(Persönliche Präferenz, da es sonst bei guten Kickern oder schweren Jungs ziemlich wehtun kann: Daumen außen (wie beim Grappling oft gesehen), nicht von unten um den Griff gegriffen. Halte ich mit den Pads Lowkicks, muss man ab einer gewissen Stärke auch aufpassen, dass man sich nicht selbst (trotz Pad) zu viel Wirkung einfängt und mit der eigenen Faust, die am Bein anliegt, den Oberschenkel lahm legt. Deshalb lieber mit Lowkick-Protektoren oder Schildern, bei maximaler Härte.)

Ach und weil man es nicht oft genug sagen kann: Beinarbeit, Beinarbeit, Beinarbeit und beweg Deinen (Ober-) Körper beim Pratzenhalten, je nach Technik.

Mach Dir über die Vor- und Nachteile der jeweiligen Pads Gedanken - ich schreibe im Moment von Thai-Pads. Allerdings kann man sie auch hervorragend kombinieren (Bauchgurt und dann zusätzlich: zwei Thai-Pads, ein Thai-Pad und ein Fokus Mitt, ein Thai-Pad und eine freie Hand (z.B. für bedingtes Clinchen), zwei freie Hände (z.B. zum Training von Präzision - gerade bei Anfängern zu empfehlen - oder intensivem Clinchen), zwei Fokus Mitts, ein Thai-Pad und ein Kickschild, usw.)

Im Prinzip kann man das Pratzenhalten als eine Art des Sparrings sehen (nicht als hüpfenden Sandsack!), mit besserem Schutz für den Halter und beim Trainierenden mit der Möglichkeit ohne Schutz und mit voller Härte zu arbeiten. Du musst „nur“ aufpassen, dass der Trainierende sich keine schlechte Angewohnheiten antrainiert - beispielsweise und insbesondere ein verschobenes Distanzgefühl, schlechte Form, dass er dem anderen immer seinen Willen aufzwingen kann, schlechtes/vernachlässigtes Deckungsverhalten oder dass es in Ordnung ist, inaktiv zu sein und der andere nach einem Angriff sofort aufhören wird.

Sehe es wie Kannix, meistens reicht einmaliges Erklären, wenn die Person will, aufpasst und ein Grundverständnis fürs Bewegen und Angreifen hat; bei Anfängern scheitert es meist am letzten Punkt. Dazu noch der Hinweis, dass sie sich einfach merken sollen, wie es ihnen besonders gefällt und was sie stört. Dann kommt es mit der Zeit und wenn der Trainingspartner den Mund aufmacht oder man sich zum wiederholten Male die Pads ins Gesicht gehauen hat.
Für die meisten Trainierenden ist es ganz in Ordnung und für das richtig gute Pratzenhalten, bis ins Detail, ist dann der Trainer zuständig - das ist allerdings auch erst bei wirklich hochrangigen Wettkämpfern ausschlaggebend.


(Habe den Text während des Wartens auf den Trainingsbeginn geschrieben. Falls ich noch etwas Entscheidendes vergessen habe, füge ich es hinzu. Generell kann man es leichter zeigen als schriftlich erklären - falls also Fragen offen sind, ihr Verbesserungsvorschläge, Anmerkungen oder Kritik habt, einfach stellen/schreiben. Sollte ich mal zu viel Zeit haben, werde ich eventuell etwas ausführlicher und ins Detail gehend schreiben.)


LG

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