Vollständige Version anzeigen : Was ist mit "Struktur" (speziell im Kontext der CMA) gemeint?
* Silverback
20-09-2017, 13:48
Hallo zusammen,
ich stelle eine NEUE FRAGE hier ein, die mich schon seit längerem beschäftigt.
HINTERGRUND
Die eine oder andere Antwort habe ich schon erhalten (live oder per google) - aber weil diese sehr weit auseinanderliegen, und z.T. nicht wirklich kompatibel miteinander sind (und ich es ganz offen gesagt bisher einfach (noch) nicht verstanden habe), und obendrein mein Trainer noch immer mit dem Jetlag nach der China-Reise zu kämpfen hat, würde ich gerne die Zeit nutzen, um meine Suche selbst fortzusetzen und weiter zu komplettieren.
Die BASISFRAGE ist (möglicherweise ebenso schlicht wie naiv):
Was bedeutet - speziell im Kontext der CMA (noch genauer im Taiji) - der Begriff "Struktur"?
Ich bin für jeden inhaltlichen Impuls (oder gerne auch Verweis an eine entsprechende Webadresse) sehr DANKBAR!
Den Körper so ausrichten, dass er die wirkenden Kräfte (Schwerkraft, Kraft des Partners/ Gegners) optimal aufnehmen kann.
Im zweiten Schritt muß man bedenken, dass die Angriffskräfte und - winkel ständig wechseln. Die Struktur muß also ständig angepasst werden. Das ist die Kunst.
* Silverback
20-09-2017, 14:24
Den Körper so ausrichten, dass er die wirkenden Kräfte (Schwerkraft, Kraft des Partners/ Gegners) optimal aufnehmen kann.
Im zweiten Schritt muß man bedenken, dass die Angriffskräfte und - winkel ständig wechseln. Die Struktur muß also ständig angepasst werden. Das ist die Kunst.
Erstmal: VIELEN DANK für die Antwort!
NACH-FRAGE: Hast Du vielleicht noch ein ganz konkretes Beispiel (anhand einer ganz konkreten einfachen Bewegung), damit ich das noch besser nachvollziehen kann, das wäre super.
Glückskind
20-09-2017, 17:30
Es ist Stil- und teils auch Linienabhängig was mit dem
Begriff Struktur gemeint bzw. darunter verstanden wird.
Im Ving Tsun (WSL - PhB - Linie) ist der Begriff Struktur ja ein
zentraler Aspekt der auch eine Säule des Trainings einnimmt.
Jedoch kann ich die gute(!) Definition für Struktur die Wong F. gerade
gegeben hat so nicht nehmen; für Taiji evtl. schon, für Ving Tsun nicht.
Dafür kann ich die Formulierungen als Vorlage
nehmen und genau andersrum passt es dann:
Den Körper so ausrichten, dass er optimal Kraft abgeben kann.
Die Struktur wird unabhängig von den einwirkenden Kräften ständig beibehalten.
:)
Konkrete Beispiele für Punkt 1: Der VTler will immer schlagbereit sein und wird dies auch schnellstmöglich ausnutzen wollen.
Punkt 2: eindringende Kräfte werden durch die Struktur aufgehalten, abgeleitet oder wo dies nicht mehr machbar ist bewegt sich
der ganze Kerl unter Beibehaltung seiner Struktur (in etwa: Körperhaltung).
Jedoch kann ich die gute(!) Definition für Struktur die Wong F. gerade gegeben hat so nicht nehmen; für Taiji evtl. schon, für Ving Tsun nicht.
Dafür kann ich die Formulierungen als Vorlage
nehmen und genau andersrum passt es dann:
Den Körper so ausrichten, dass er optimal Kraft abgeben kann.
Die Struktur wird unabhängig von den einwirkenden Kräften ständig beibehalten.
:)
Was im Prinzip das gleiche ist. Yin und Yang, Kraft = Gegenkraft. Das ist auch nicht an die IMA gebunden. Auch ein Boxer begibt sich in eine bestimmte Körperhaltung, um maximale Schlagenergie zu entwickeln.
Punkt 2: eindringende Kräfte werden durch die Struktur aufgehalten, abgeleitet oder wo dies nicht mehr machbar ist bewegt sich der ganze Kerl unter Beibehaltung seiner Struktur (in etwa: Körperhaltung).
Genau was ich sage. Der Punkt ist nur: Wenn merke ich, dass es mit "Ableiten" nichts wird und stattdessen die Gesamtstruktur ausweichen muß?
Ein Weg, die dies zu trainieren, ist halt Chi Sao. :D .. Man probiert langsam aus, dann geschwinder und mit Variationen, am Ende dann frei, wobei das dann eben nicht mehr nach Chi Sao/ Tuishou/ Kakie aussieht.
ist dann gerichtete struktur in der bewegung bei passendem timing = fajin?
Die BASISFRAGE ist (möglicherweise ebenso schlicht wie naiv):
Was bedeutet - speziell im Kontext der CMA (noch genauer im Taiji) - der Begriff "Struktur"?
Ich denke hierbei gilt es zu berücksichtigen, dass die Frage eigentlich vom Kopf auf die Füße gestellt werden muss. Soll heißen: Im originalen Kontext der CMA/des Taijiquan kommt ja das (deutsche/lateinische) Wort "Struktur" nicht vor. Wir müssten daher eigentlich schauen, welche Begrifflichkeiten und Qualitäten in den chinesischen Beschreibungen der CMA und des Taijiquan vorkommen, die wir hier dann mit Struktur wiedergeben oder assoziieren.
Circle Defense
20-09-2017, 19:22
ist dann gerichtete struktur in der bewegung bei passendem timing = fajin?
Für mich ist Fajin die Herstellung einer stabilen Verbindung zum Boden mit dem ausführenden Körperteil (Faust, Hand, Ellbogen, Schulter, Fuß, Knie etc.), wenn auch nur für eine ganz kurze Zeit, und damit eine Übertragung von Ganzkörperkraft- der Grad der Übertragung ist abhängig von den Fähigkeiten des Ausführenden und dem Stil/der konkreten Technik/den Zweckmäßigkeiten. Die Chinesen verwenden häufig den Ausdruck Fali, den wir im Westen manchmal von Fajin abgrenzen. Der Ausdruck Fajin beinhaltet die Sehnen als übertragendes Element.
Circle Defense
20-09-2017, 19:58
Im Wing-Chun-Kontext versteht man unter Struktur wohl eher eine feste Struktur, ein Halten der Position. ZB in Bagua geht es eher darum, den Gegner durch unerwartete Bewegungen nicht nur der Hände, sondern auch des Körpers zu treffen. Daher kann man meiner Meinung nach Fajin sowohl durch Veränderung als auch Halten der Struktur erzeugen.
* Silverback
20-09-2017, 20:17
Ich denke hierbei gilt es zu berücksichtigen, dass die Frage eigentlich vom Kopf auf die Füße gestellt werden muss.
Oder wie die Engländer sagen: "Think on your feet" :) (kleines Wortspiel am Rande, das mir gerade kam, sorry).
Soll heißen: Im originalen Kontext der CMA/des Taijiquan kommt ja das (deutsche/lateinische) Wort "Struktur" nicht vor. Wir müssten daher eigentlich schauen, welche Begrifflichkeiten und Qualitäten in den chinesischen Beschreibungen der CMA und des Taijiquan vorkommen, die wir hier dann mit Struktur wiedergeben oder assoziieren.
Ok, danke; so tief stecke ich definitiv (noch) nicht drin in der Materie. Hab den Begriff "Struktur" bisher nur im Taiji-Zusammenhang gehört .... aber eben so unterschiedlich, dass ich frei nach dem Motto "alle Klarheiten restlos beseitigt" :ups: irgendwie noch nicht den Durchblick habe (bzw. der "geglaubte" Durchblick sich wieder in Rauch aufgelöst hat).
Aber das hört sich interessant und nachvollziehbar für mich an - wenn mein Trainer entjetlagged ist, werde ich die Frage definitiv in mein Frage-Repertoire mitaufnehmen.
Circle Defense
20-09-2017, 20:28
Soweit ich das verstehe (man möge mich bei Bedarf korrigieren):
im Xing Yi und im VT (und 80er WT) versucht man, dem Gegner die eigene Struktur aufzuzwingen (relativ starre und starke Struktur).
Im (nicht 80er) Wing Tsun und noch stärker im Tai Chi versucht man, durch Nachgeben den Gegner zu überwinden (flexible Struktur- wenn es denn funktioniert).
Im Bagua ist alles möglich, da es zumindest im Vergleich zu den anderen genannten- die umfangreichste Kampfkunst ist- und sowohl harte als auch weiche Aspekte berücksichtigen kann.
Glückskind
20-09-2017, 21:18
im Xing Yi und im VT (und 80er WT) versucht man, dem Gegner die eigene Struktur aufzuzwingen (relativ starre und starke Struktur).
Im Ving Tsun steht was Struktur betrifft das Bewahren der eigenen Struktur im Fokus.
Ich würde nicht sagen das man dem Gegner seine Struktur aufzwingt; aber man
möchte die des Gegners definitiv (zer)stören, vorzugsweise durch Fauststöße.
Das Ganze ist wie Du ja schon schreibst wirklich nur relativ starr, es wirkt teilweise so.
Meine Versuche, das jetzt niederzuschreiben lasse ich lieber bleiben; die Textform ist
dafür einfach kein geeignetes Medium. Philipp und jeder andere VTler ist ja idR gerne
bereit das persönlich zu zeigen und zu erklären wenn man aufrichtig interessiert nachfragt.
Ich sehe da übrigens auch keinen grundlegenden Unterschied zum Taiji, sondern nur
einen Graduellen. Wenn der Taiji'ler "wie ein Berg" sein möchte oder wenn der VTler
mal entsprechend gelaunt ist und eher "wie Rauch" sein möchte dann nähert sich das
jeweils aneinander an. So mein Empfinden dazu, besonders gut können kann ich
das ja auch noch nicht. :o
:)
Circle Defense
20-09-2017, 22:10
Das sehe ich genauso. :)
Ich habe auch einmal mit einem VTler geübt, wobei das aufgrund seiner Größe (2m) wohl auch etwas verfälscht war. Dafür hat er sich über meine Schlagkraft gewundert.
Es ist in allen Stilen das gleiche Prinzip, denn alle Stile werden von Menschen betrieben. Wenn ich kämpfen will, brauch ich Gleichgewicht, dazu ist es wichtig, den Körper zu „strukturieren“.
-----
Duden: Struktur, die
1. Anordnung der Teile eines Ganzen zueinander; gegliederter Aufbau, innere Gliederung
2. Gefüge, das aus Teilen besteht, die wechselseitig voneinander abhängen; in sich strukturiertes Ganzes
3. ...
Synonyme zu Struktur:
Anatomie, Anlage, Anordnung, Architektonik, Architektur, Aufbau, Bau, Gefüge, Gliederung, Ordnung, Organisation; (bildungssprachlich) Komposition, Konstruktion
-----
Den Körper, auch gegen angreifende Kräfte, im Gleichgewicht halten, braucht es Struktur. Andererseits will man das Gleichgewicht des anderen möglichst stören, also muß man versuchen, seine Struktur zu stören.
Z.B. im Judo: Kuzushi – Stören des Gleichgewichts. Kann z.B. passieren durch Ashi-Barai, also das Fegen eines Beines und damit die Entfernung einer der beiden Stützen der Struktur. Ähnlich im Karate.
Ähnlicher Ansatz im Taiji, es wird versucht, die Gesamtstruktur des Gegners aus dem Gleichgewicht zu bringen, das sog „Entwurzeln“, indem man den eigenen Schwerpunkt unter den des Gegners bringt.
Dritte Möglichkeit: Über einen Hebel (Schmerzzufügung) wird A in eine ungünstige Struktur gezwungen.
Dies alles Bespiele, die zum Ziel haben, den Körper des A ein eine für ihn ungünstige Position zu bringen. Der gesamte Körper wird bewegt.
Karatetypische Technik geht dahin, möglichst hohe Energie auf möglichst kleiner Fäche zur Wirkung zu bringen. Zweck ist die Verletzung von Körperstrukturen, was in der Folge auch zum Zusammenbruch der (Gesamt)-struktur führen kann. Diese Energie freizusetzen bedarf es ebenfalls einer bestimmten Körperstruktur.
Unterschiedliche Stile bevorzugen dies oder jenes, am Ende kommt m.E. meist eine Mischung heraus. Ebenso die Unterschiede in der Stellung. Tiefe Stellung – hohe Standfestigkeit, aber geringe Beweglichkeit. Hohe Stellung – gerade umgekehrt. In der Praxis kommt wieder eine gewichtete Mischung heraus.
Noch ein Punkt: Ein Muskel hat seine höchste Leistungsfähigkeit bei einem bestimmten Gelenkwinkel. Z.B. der Trizeps brachii hat seine höchste Leistungsfähigkeit bei etwa 120° Winkel zwischen Unter- und Oberarm. Das gleiche bei allen anderen Gelenken. Ziel ist also, im Moment der Energieabgabe (z.B. Stoß) die Gesamtstruktur so ausgerichtet zu haben, dass alle Muskeln optimale Kraft entfalten können.
So unterschiedlich die Trainingsmethoden, dürften diese Zielstellungen wohl auf alle Stile zutreffen.
Was bedeutet - speziell im Kontext der CMA (noch genauer im Taiji) - der Begriff "Struktur"?
Struktur erkläre ich - insbesondere für fachunkundige Personen - mit 六合 (Liu He / sechs Harmonien).
Knüpft auch gleich an die Anforderung von Julian an, die ich als wertvolle und didaktisch nachhaltige Herangehensweise zum Thema "Gong Fu" empfinde, die leider immer wieder zu oft vergessen wird.
Im originalen Kontext der CMA/des Taijiquan kommt ja das (deutsche/lateinische) Wort "Struktur" nicht vor. Wir müssten daher eigentlich schauen, welche Begrifflichkeiten und Qualitäten in den chinesischen Beschreibungen der CMA und des Taijiquan vorkommen, die wir hier dann mit Struktur wiedergeben oder assoziieren.
vielleicht noch ein ganz konkretes Beispiel (anhand einer ganz konkreten einfachen Bewegung), damit ich das noch besser nachvollziehen kann, das wäre super.
https://media.giphy.com/media/VMcOv8BloFyj6/giphy.gif
Bildquelle (https://www.youtube.com/watch?v=pJjiSgt3ylQ)
Als Sinologe sind für mich die unterschiedlichen Fachtermini natürlich mehr als wichtig. Dennoch denke ich, dass für ein Grundverständnis von "Struktur" gerade für Anfänger das Bild von einer "Kette" und Manipulation selbiger für den Bruch einer Struktur einfacher nachzuvollziehen ist, als z.B. im Tang Lang das Bild des großen Wagens (七星).
So erfolgt die Manipulation einer Struktur:
- am oberen Kettenglied (Kopf)
- am unteren Kettenglied (Fuß bis hoch zum Knie)
- am mittleren Kettenglied (Hüfte)
Hier kann man dann sehr schön den Nutzen von Bufa und Shenfa sehen. Kombiniert mit den einzelnen Kräften (im Tang Lang nutzen wir vier unterschiedliche) erzielt man auch recht schnell ordentliche Ergebnisse.
Natürlich können auch die Henkel der Box (Arme) für eine Manipulation genutzt werden. Genauso bewirkt eine Kombination einzelner Strukturbrüche ein größeres Output. Meiner Meinung nach sollte man am Anfang jedoch die Dinge so einfach wie möglich halten, damit die Schüler erst einmal die unterschiedlichen Strukturbrüche spüren können.
Hier ein paar Beispiele von meinem Seminar bezüglich des Themas "Brechen der Struktur":
http://www.kampfkunst-board.info/forum/f95/breaking-the-structure-184090/
Geist_Faust
21-09-2017, 07:43
@*Silverback:
Mich würde mal interessieren, welche inkompatiblen Definitionen von Struktur im KK-Kontext du gehört hast. Hier im Thread läuft ja letztlich alles auf das gleiche hinaus, nämlich die ideale Ausrichtung des Körpers / der Körperteile zum Übertragen oder Absorbieren von Kraft. Unterschiedlich scheinen mir vor allem die Perspektiven (eigene Struktur stärken / halten vs. gegnerische Struktur brechen; stabile Struktur vs. flexible Struktur). Das entspricht auch meinem Verständnis (das ich hoffentlich auch so vermittelt habe, nicht dass ich noch an der Verwirrung schuld bin).
Beim Pushen arbeiten wir genau daran. Den eigenen Körper so "organisieren", dass er den einwirkenden Kräften mit möglichst wenig Gegenkraft standhält und gleichzeitig möglichst viel eigene Kraft auf den Partner zu übertragen. Dabei passen wir unsere Struktur ständig an die einwirkenden Kräfte an und versuchen Schwachpunkte in der Struktur des Partners zu finden oder zu provozieren, um seine Struktur ohne brachiale Kraft brechen zu können.
Häufige Situation bei uns beiden "Spezis": Ich pushe, du nimmst das durch Gewichtsverlagerung / Hüftrotation auf und weil ich den Push überdehne, kannst du mich durch einen leichten Zug endgültig aus dem Gleichgewicht bringen. Du hast deine Struktur angepasst, damit provoziert, dass ich meine schwäche und dann meine Struktur gebrochen. Bingo!
Geist_Faust
PS: Wir müssen dringend mal wieder Pushen!
Struktur im Bagua:
https://comps.canstockphoto.de/can-stock-photo_csp12269202.jpg
Grüße
Kanken
* Silverback
21-09-2017, 08:37
...
Ähnlicher Ansatz im Taiji, es wird versucht, die Gesamtstruktur des Gegners aus dem Gleichgewicht zu bringen, das sog „Entwurzeln“, indem man den eigenen Schwerpunkt unter den des Gegners bringt. ...
FRAGE: Wäre es also falsch/ (zu) grob vereinfachend, wenn man sagt:
"Struktur ist gleich stabile/r Körperhaltung/ Stand" ?
("stabil" verstanden als im Gegensatz z.B. zu "labil")
Oder noch anders gefragt (wahrscheinlich bin ich zu einfach gestrickt):
Ich komme gut zurecht mit einfachen 1 Satz-Definitionen, a la:
* METHODIK: "Methodik ist die Lehre von Unterrichtsverfahren, ihren Maßnahmen und Hilfsmitteln"
* MOTIVATION: "Motivation bezeichnet die Gesamtheit aller Motive (Beweggründe), die zur Handlungsbereitschaft führen, ..."
So etwas (Ähnliches) suche ich noch für "Struktur" (im CMA-Kontext); und dann (on top/ idealerweise) noch eine Definition, die nicht nur von einer Person alleine kommt, sondern der auch andere zustimmen (können).
Das wär's für mich ... für den Einstieg.
* Silverback
21-09-2017, 08:44
[IMG]...
Ok, DANKE auf jeden Fall!
Optisch kann ich das GUT nachvollziehen - kognitiv noch nicht 100%ig, weil zwischen "richtig" und "falsch" IMHO etliche Unterschiede liegen, und sich mir die (Zusatz-)Frage aufdrängt: Gehört das alles zur "Struktur" (und wenn ja, wie würde man "das Alles" nennen, oder nur ein Teil (und wenn ja: welcher ist der Entscheidende))?
Oder noch anders: Ist der Begriff "Struktur" immer nur Kontextabhängig (und setzt zumindest ein Grundwissen/-verständnis des jeweiligen Kontextes voraus)? Oder kann man nicht "Struktur" (wie hier in manchen Posts schon z.B. zitiert) (konkret) allgemeiner definieren?
Struktur ist das, was die äußere Form zusammenhält :D
* Silverback
21-09-2017, 08:53
@ Geist_Faust: ... Hier im Thread läuft ja letztlich alles auf das gleiche hinaus, nämlich die ideale Ausrichtung des Körpers / der Körperteile zum Übertragen oder Absorbieren von Kraft.
...
nicht dass ich noch an der Verwirrung schuld bin ......
Ok, mea (maxima) culpa: Vielleicht hab ich genau an der Stelle gerade durch einen Furz des Universums abgelenkt nicht so genau hingehört (oder es nicht verstanden, oder .....); weil: Genau das isses schon (für meinen einfach gestrickten Geist), VIELEN DANK!
Und @ Verwirrung: Die Verwirrung liegt ja (vielleicht einzig) bei mir - also stellt sich hier ganz sicher keine "Schuldfrage", sondern IMHO nur eine Ergebnis-(Optimierungs)-Frage :D!
PS: Wir müssen dringend mal wieder Pushen!
Sowas von mit!
Wie schaut's denn nächste Woche bei Dir aus?
Circle Defense
21-09-2017, 08:59
Oder noch anders: Ist der Begriff "Struktur" immer nur Kontextabhängig (und setzt zumindest ein Grundwissen/-verständnis des jeweiligen Kontextes voraus)?
Würde ich so sagen. Da jeder Stil bestimmte Methoden bevorzugt (wobei teilweise auch andere Methoden in geringerem Maße enthalten sind) ist der Grad an Struktur veränderlich. Du möchtest die Gemeinsamkeit herausfiltern, um die optimale Vorgehensweise zu finden, richtig? Es ist meiner Meinung nach aber eher Schere, Stein, Papier- wenn du das eine hast, wird dich das andere verlassen (weiß jetzt nicht, ob das von Laotse oder einem anderen Taoisten stammt).
* Silverback
21-09-2017, 09:02
Struktur ist das, was die äußere Form zusammenhält
@ Kanken: Ich schätze Dich als hochkompetenten Profi (anhand Deiner für mich spannend zu lesenden Posts) ein! - und ordne diese Aussage mal (SORRY!) in den Bereich "der lässig/lockeren Aussage von hochkompetenten Leuten" ein, die alle Insider sofort verstehen würden :) ....
nur habe ich halt gemerkt, dass ich, was diesen Begriff angeht, noch ganz sicher nicht zu dem "inner circle of trust" (um mal mit Robert de Niro zu sprechen) gehöre :ups: ... oder halt einfach etwas mental einfacher gestrickt bin, maybe.
Heißt konkret: Unter der obigen Aussage kann ich mir eine Menge (und Nichts) vorstellen; sie ist ganz sicher ein weiteres gutes Puzzleteilchen - aber noch ncht das, wo es bei mir "Klick" macht (eben weil sie IMHO noch zuviel Raum fürs "Reininterpretieren" lässt). Trotzdem Danke.
* Silverback
21-09-2017, 09:04
Würde ich so sagen. Da jeder Stil bestimmte Methoden bevorzugt (wobei teilweise auch andere Methoden in geringerem Maße enthalten sind) ist der Grad an Struktur veränderlich. Du möchtest die Gemeinsamkeit herausfiltern, um die optimale Vorgehensweise zu finden, richtig? Es ist meiner Meinung nach aber eher Schere, Stein, Papier- wenn du das eine hast, wird dich das andere verlassen (weiß jetzt nicht, ob das von Laotse oder einem anderen Taoisten stammt).
Ok, DANKE.
Dazu fällt mir gerade das (ich glaube Brecht war's) Zitat ein:
"Und so sehen wir jetzt betroffen, den Vorhang zu und alle Fragen offen."
KK-Baghira
21-09-2017, 11:03
Würde ich so sagen. Da jeder Stil bestimmte Methoden bevorzugt (wobei teilweise auch andere Methoden in geringerem Maße enthalten sind) ist der Grad an Struktur veränderlich. Du möchtest die Gemeinsamkeit herausfiltern, um die optimale Vorgehensweise zu finden, richtig? Es ist meiner Meinung nach aber eher Schere, Stein, Papier- wenn du das eine hast, wird dich das andere verlassen (weiß jetzt nicht, ob das von Laotse oder einem anderen Taoisten stammt).
Gemeinsam mit Julian Brauns Worten, dass das Wort Struktur sich so nicht finden wird und es eine Vergleichsarbeit [mit Vor-Kategorien und dem Ziel eher Ähnlichkeiten und Analogien herauszuarbeiten, wie Sixt Wetzler dies für Kampfkunstwissenschaft angeregt hatte?] wird, emfinde ich das als sehr gute Anregungen - ich hänge da gefühlt "zwischen den Stühlen", wovon der Beitrag wohl Zeugnis ablegen wird (FMA, Raw Combatives, ZZ, Taji Quan):
Ich bin in den CMA ja noch Anfänger, bringe daher eher wenig aus den FMA und eigenen Lernerfahrungen ein:
Im Kontext der FMA bin ich auf Dan Anderson (Background in Modern Arnis und auch ein bisschen Bagua) gestoßen. Dieser hat in seinem Buch "Filipino Martial Arts: The Core Basics, Structure & Essentials" (2009), einmal Struktur direkt im Titel und führt dies ähnlich, wenn vlt auch etwas 'steifer' aus, wie Gong Fu mit dem Bild der Kette:
Anderson, 2009: 21ff. (https://www.amazon.de/Filipino-Martial-Arts-Structure-Essentials/dp/1482633507/ref=sr_1_2?ie=UTF8&qid=1505986825&sr=8-2&keywords=Dan+anderson+structure)]
[S]tructure having to do with the natural position of the body while alignment has to do with maximum execution [...]. When I look at structure I look at the positioning of the body itself [...]. A very simple concept I use to describe structure is the 'three cardboard box rule.' [sic] If you take three cardboard boxes of equal dimensions and stack them exactly one on top of another, they will be stably upright. This aligns with three points of the body; the knees, the hips, and the upper torso [...].
Your key to superior position or structure is to maintain your structure while breaking your opponent's [...]. In taking a look at structure a very key point is to keep the spinal column vertical. It is easy to do this. All you need to do is to tuck your butt under your waist [...]. Structure (along with alignment) has a lot to do with the transfer of power to your opponent when you connect with your strike as well [...].
Where I draw the line between structure and alignment is that structure has to do with balance and the natural up & down position of the body [...]. Alignment has to do with your position in relation to your opponent for maximum efficiency in your application of techniques.
Ich fand und finde das beachtenswert, konnte für mich aber dieses Jahr auf einem Seminar mit Jim Armstrong zu dem Thema viel 'brainfu*k' spüren: Jims Raw Combatives (http://www.rawcombatives.com.au/) war sehr spannend und ausprobierenswert (und fühlte mich bei dem von Aruna eingebrachten Video von Jan Silberstorff daran erinnert) - er würde vermutlich an Andersons Kisten rumfeilen und sie aufweichen und mit Strichmännchen arbeiten: Structure hatte für Jim mit chest-belly-testes als "slight forward lean but your butt does not stick out as such" zu tun.
Für mich steht dies in einem Grenzverhältnis zu CMA Ausführungen wie bspw. bei Lam Kam Chuen für Zhan Zhuang oder Ute Engelhardt für Taji Quan - beide schreiben auch zu Atmung und Vorstellungskraft:
Wu Chi - the first position [...] Relax your hips and belly. Let the bottom of your spine unfold downward so that neither your belly nor your bottom is sticking out [...].
Holding the balloon - the second position [...]. From the first position [...] sink down slightly. Your knees bend as you sink downward [...]. Your spine unfolds downward and straightens naturally. Do not bend forward. Imagine you are simply resting your bottom on the edge of a high stool.
Die elastischen Bewegungen des entfalteten Körpers
In Faustkampftraktaten lauten die Regeln:
(1) "Mit neutralem Nacken die wesentliche Energie auf den Scheitel konzentrieren; das qi zum Zinnoberfeld hinabsenken."
(2) "Die Brust etwas zurücknehmen und sich im Rücken aufrichten, die Schultern senken und die Ellbogen fallen lassen."
(3) "Die Hüfte lockern und das Gesäß rundmachen; den Schritt öffnen und die Knie beugen."
(4) "Shen ansammeln und qi konzentrieren; Rumpf und Hände entfalten."
[...]
Wie oben bereits gesagt, müssen in der Praxis des Taiji-Faustkampfes Rumpf und Glieder entfaltet sein, um die Elastizität des gesamten Körpers zu erhöhen. Erst wenn diese Elastizität besteht, kann man eine höhere Stufe des Könnens erreichen und die wesentliche Energie zum "Parieren" ausbilden. [...]
Will man sich in der wesentlichen Energie zum "Parieren" üben, muß man zunächst die dem menschlichen Körper eigene Steifheit auflösen.
Allgemein wird bei allen Bewegungen, z.B. beim Heben eines schweren Gegenstandes, Kraft aufgewendet. Nach vielen Jahren führt das dazu, daß der Mensch von Jugend auf die Gewohnheit pflegt, mit der mobilisierten wesentlichen Energie Schweres zu ergreifen und zu heben. Der Einsatz der mobilisierten wesentlichen Energie bedeutet eine unnötige Anstrengung; sie wird auch als grobe Kraft bezeichnet. Im Taiji Faustkampf ist jedoch die "wesentliche Energie einer Sprungfeder" ausschlaggebend. Sie resultiert aus der Entfaltung des gesamten Körpers [...]. Wenn aber die alte wesentliche Energie nicht weicht und die neue nicht aufkommt, so heißt es dazu in den Faustkampftraktaten:
"Bewege die wesentliche Energie zusammenhängend, als ob du Stahl hundertmal (unendlich oft) schmelzen würdest, welche Steifheit könnte da nicht aufgelöst werden?" [...].
Um diese Art der elastischen, wesentlichen Energie zu erlernen, muß man sich ausschließlich nach den oben genannten vier Lehrsätzen richten. Ihre Hauptforderung besteht darin, daß man durch Imagination die Entfaltung zunächst gedanklich bewältigt. Nun kommt es darauf an, mit der gedanklichen die körperliche Entfaltung des Rumpfes und der Glieder zu koordinieren, so daß es zu keiner Abweichung zwischen Gedanken und Bewegung mehr kommt.
Anmerkung zum Schluss: Gerade Engelhardts Ausführungen lassen für mich erahnbar werden, wie wichtig ein Lehrer (mit 'Verständnis', der zur 'richtigen' Stelle spricht, fragt, zeigt, spüren lässt, schweigt?) sein dürfte, damit es (Training) nicht zusammenhangslos oder oberflächlich oder - im Falle des schmelzens/Auflösens von Steifheit - gar nicht passiert?
Irgendwo in diesem Feld (oder auch nicht) steht vlt. Martin Mellishs Buch "A Tai Chi Imagery Workbook: Spirit, Intent, and Motion" (2011): das Buch ist in drei Teile gegliedert: 1: Structure (da ist sie wieder :P); 2: Spirit und 3: Application. Er schreibt:
How to work with this book
Not all of the images in this book will necessarily resonate with you at first reading [...]. Not only do you not need to pracrice or even understand every single image in order to benefit from this book, but by working on even one of these images you are working on them all. If you shine a light anywhere, you will see it reflected everywhere. the Chinese say: "one breakthrough leads to a hundred breakthroughs." [...] Part I and Part II may be read independently of each other - some readers may choose to alternate between the two. Part III depends very significantly on both Part I and Part II, and you will get the most out of it if you are already familiar with the ideas in the first two parts.
Schöne Grüße
Baghira
PS. irgendwie bekomm ich die Verlinkungen in den Zitaten nicht gebacken? ^^''''
* Silverback
21-09-2017, 11:32
...
PS. irgendwie bekomm ich die Verlinkungen in den Zitaten nicht gebacken?
Interessante Ausführungen, Danke; da muss ich mich jetzt mal durchkämpfen :).
@ P.S.: Vielleicht liegt's daran, dass jeweils die schließende "]-Klammer fehlt" (keine Ahnung, nur so ne Idee)?
Die Struktur kann man durchaus wörtlich nehmen, das ist die Anordnung der vorhandenen (andere haben wir nicht ...) Elemente die der Körper für mechanische Wirkung verwendet. Also Knochen, Sehnen, Muskeln, die wie der Teufel will oft über, an und für Gelenke verbunden sind. :)
Das ist immer eine Momentaufnahme, und eine dynamische Komponente. Man tut gut daran, diese dynamische Anordnung und Änderung im konkreten Moment über Feedback, Intuition und Erleben zu optimieren, nicht anhand irgendwelcher verbalen Strickungen. In der Regel ist das nämlich eine Optimierungsaufgabe, anhand von aktuellen Kräften, erwarteten Kräften, und gewünschten Kräften. Und dabei kommt eine Näherungslösung heraus, "optimal" gibt es nur wenn man tatsächlich ALLE Erwägungen die der Körper einsetzt auch erfasst. Man will gesund bleiben, sich möglicherweise fortbewegen, Effekte erzielen, sozial akzeptabel bleiben, lehrreiche Erfahrungen verbreiten. Aus dem Sammelsurium die Anordnung zu finden, die möglichst gut alle diese Erwägungen erfüllt, ist eine Kunst. Unser Körper ist ein Kunstwerk, der macht das meist erstaunlich intelligent. ;)
Sich total auf eine von vorne wirkende Kraft zu konzentrieren ist zwar eventuell nett, aber wenn man schon weiss dass von hinten die Abrissbirne kommt, nicht priorisiert. Die Positionierung ist auch unterschiedlich wenn man auf Glatteis steht, oder auf griffigem Beton. Von daher sind die meisten Faustregeln nur oberflächliche Überlegungen, die konkret oft problematisch sind wenn man haufenweise Überlegungen einfach vergisst. Physikalisch kann ich meinem Nachbarn den Kopf abreissen, sozialadäquat ist es nicht, also tut man es auch nicht. Jonglieren lernt man auch indem man es tut, und nicht indem man die Impulse berechnet und Winkeldiagramme zeichnet.
FRAGE: Wäre es also falsch/ (zu) grob vereinfachend, wenn man sagt:
"Struktur ist gleich stabile/r Körperhaltung/ Stand" ?
("stabil" verstanden als im Gegensatz z.B. zu "labil")
Ja, ist falsch. Es geht um die Organisation des Körpers. Die kannst du nutzen z.B., um stabil zu stehen, aber auch, um dich optimal zu bewegen, Stichwort Ganzkörperbewegung.
Ich komme gut zurecht mit einfachen 1 Satz-Definitionen,
So etwas (Ähnliches) suche ich noch für "Struktur" (im CMA-Kontext); und dann (on top/ idealerweise) noch eine Definition, die nicht nur von einer Person alleine kommt, sondern der auch andere zustimmen (können).
Ist geschehen, denke ich. Struktur meint einfach das, was der Wortsinn sagt: Die optimale Organisation deines Körpers im Hinblick auf die Anforderungen im Kampf. Vergl. Klaus´Beitrag.
Zufälligerweise sind das die gleichen Eigenschaften, die du auch für eine gesunde Lebensführung anstreben solltest.
Philosophische Umschreibungen wie z.B. "Sechs Harmonien" drücken m.E. sinngemäß das gleiche aus.
* Silverback
21-09-2017, 15:19
Ja, ist falsch. Es geht um die Organisation des Körpers. Die kannst du nutzen z.B., um stabil zu stehen, aber auch, um dich optimal zu bewegen, Stichwort Ganzkörperbewegung.
Ok, 's wird deutlicher. Ich muss darüber nochmal meditieren :), DANKE.
Ist geschehen, denke ich. Struktur meint einfach das, was der Wortsinn sagt: Die optimale Organisation deines Körpers im Hinblick auf die Anforderungen im Kampf. Vergl. Klaus´Beitrag.
...
Hab's noch nicht ganz, aber es kommt (bin halt ein langsamer Denker :mad:).
Man kann es verkürzen auf die optimale Organisation der Haltestrukturen (Knochen, Gelenke mithilfe von Muskeln, Sehnen, Schwerkraft oder wirkenden Kräften von aussen) aus einem Lebensgefühl heraus. Der Input kommt aus diversen Elementen von Wahrnehmung und Bewusstsein, dazu gehören nämlich auch Informationen über den derzeitigen Gesundheits-/Körperzustand. Wenn dein rechtes Knie defekt ist, dann nützt "Wissen" über die "optimale Organisation" für Leute ohne defektes Knie nicht, der Körper muss sich so organisieren wie DU das kannst und es bei DIR optimal ist. Die darin einfliessenden Überlegungen, die DEIN Körper vornimmt, sind so komplex, die kann man nicht wirklich aufzählen. Was man tun kann ist, über verschiedene Übungen den Ablauf erleichtern, dafür gibt es Formen, Feedbackübungen mit komischen Apparaten oder ohne, und Partnerübungen. Die entstehenden Ressourcen verändern auch über die Zeit die Möglichkeiten die dein Körper hat, und erst wenn die da sind wird er sie anfangen einzusetzen.
Ok, DANKE auf jeden Fall!
Optisch kann ich das GUT nachvollziehen - kognitiv noch nicht 100%ig, weil zwischen "richtig" und "falsch" IMHO etliche Unterschiede liegen, und sich mir die (Zusatz-)Frage aufdrängt: Gehört das alles zur "Struktur" (und wenn ja, wie würde man "das Alles" nennen, oder nur ein Teil (und wenn ja: welcher ist der Entscheidende))?
Welches Glied ist das entscheidende in einer Kette?
Du kannst ja mal ein paar Unterschiede aufzählen und ich (und andere) können Dir sagen, ob das nach dem jeweiligen Verständnis zur Struktur gehört oder nicht.
Die Übung wird übrigens als "Strukturschieben" oder "Strukturtest" bezeichnet.
hier eine Betrachtung der grundlegenden Mechanik:
Zur Statik des Strukturschiebens (http://www.wctag.de/statik_pushhands.html)
Oder noch anders: Ist der Begriff "Struktur" immer nur Kontextabhängig (und setzt zumindest ein Grundwissen/-verständnis des jeweiligen Kontextes voraus)? Oder kann man nicht "Struktur" (wie hier in manchen Posts schon z.B. zitiert) (konkret) allgemeiner definieren?
Klar ist der Begriff, wie viele allgemeine Begriffe ("Energie", "Stoß", "Schlag"...) Kontextabhänig.
Struktur (von lateinisch strūctūra ‚Zusammenfügung‘, ‚Bauart‘, ‚Sinngefüge‘) steht für:
Struktur (Geologie), die richtungsunabhängigen Eigenschaften des Gefüges
Struktur (Soziologie), Größen und Kräfte zwischen sozialen Akteuren
Struktur (Systemtheorie), Gesamtheit und Wechselwirkungen der Elemente eines Systems
Struktur (Textilie), Beschaffenheit eines Stoffes, einer Textilie
Struktur (erste Stufe), Grundbegriff der Modelltheorie und universellen Algebra
Struktur, psychische Instanz, siehe Strukturmodell der Psyche
Struktur in Programmiersprachen, siehe Verbund (Datentyp) #Strukturen in den Programmiersprachen C++ und C
in zusammengesetzter Form:
Chemische Struktur, Stoffaufbau auf molekularer Ebene
Datenstruktur, in der Informatik ein Objekt zur Speicherung und Organisation von Daten
Kristallstruktur, Aufbau eines Kristalls
Mathematische Struktur, Untersuchungsgegenstand der Mathematik
Oberflächenstruktur und Tiefenstruktur; Struktur einer Sprache
Organisationsstruktur, Teile, die organisiert werden und Abläufe, wie diese Teile miteinander funktionieren
Sozialstruktur, Einteilung menschlicher Gesellschaften nach ihren sozialen Merkmalen
Siehe auch:
Muster (Struktur), sichtbare Oberflächenzeichnungen oder -strukturen, auch räumlich oder zeitlich sequentielle Strukturen in Signalen
Strukturalismus (interdisziplinäre Forschungsmethoden)
https://de.wikipedia.org/wiki/Struktur
Im Kontext des Verhaltens eines menschlichen Körpers bezüglich äußerer Kräfte ist damit meistens die Organisation und das Zusammenspiel der verschiedenen Teile des menschlichen Körpers (vor allem Bewegungsapparat) gemeint .
Die diesbezüglich optimale Struktur ist dann wieder kontextabhängig (abhängig von den äußeren Kräften und abhängig von der Bewegungsaufgabe).
Die hier schon erwähnten sechs Harmonien oder Verbindungen sind nach meinen Informationen in vielen CMA eine Grundanforderung an das Zusammenwirken des Bewegungsapparats und des Geistes.
Der Protagonist in dem von mir geposteten Gif differenziert dabei noch zwischen (korrekter) Struktur und dem Add on "verbundene Entspannung"
Hier am Beispiel der ersten der sechs Harmonien (Schulter<->Hüfte)
Connected Relaxation (https://youtu.be/ERyFy1mqBYo?t=22s)
Du kannst Struktur über die Anordnung des Körpers in sich (also "geometrisch") oder über die Verbindung der 3/6 Harmonien (" energetisch") herstellen - oder im Idealfall eben beide Zugänge kultivieren.
Gesendet von meinem BV5000 mit Tapatalk
Melphin2
26-09-2017, 15:00
.
@Melphin
Aus welcher Tradition stammt denn diese Einteilung des peng jin?
Outsider:
Mich erinnert die Debatte um die "Struktur" immer an den Begriff des "Strukturalismus", den ich auch noch nie richtig verstanden habe.
Irgendwie scheint es sich um Einzelteile zu handeln, die zueinander irgendwie in Beziehung stehen.
Hinzu kommt eine Unterscheidung von "innerer" und "äußerer Struktur".
Es scheint mir ein nebulöser Terminus, den man - so man will - durchaus einfacher haben kann.
https://de.wikipedia.org/wiki/Strukturalismus
* Silverback
26-09-2017, 16:59
...
Mich erinnert die Debatte um die "Struktur" immer an den Begriff des "Strukturalismus", den ich auch noch nie richtig verstanden habe.
Irgendwie scheint es sich um Einzelteile zu handeln, die zueinander irgendwie in Beziehung stehen.
Hinzu kommt eine Unterscheidung von "innerer" und "äußerer Struktur".
Es scheint mir ein nebulöser Terminus, den man - so man will - durchaus einfacher haben kann....
Als Verursacher der Debatte war/ ist ja meine Hoffnung genau die: Das einfach/er zu haben!
Ja ich geb's zu: Trotz aller guten Posts hier (für die ich sehr DANKBAR bin!!), hat's bei mir noch nicht endgültig Klick gemacht, sorry mein Fehler.
Aber ich bleibe am Ball :)!
Eine einfache, präzise Frage wurde gestellt.
Beantworten müssen sie letztlich diejenigen, die den Begriff "Struktur" immer wieder sehr wortreich verwenden.
Die einfachste Antwort wäre: vorbeikommen und ich zeigs dir ;) wie bei so vielen Themen der schnellste und nachhaltigste Weg gewisse Dinge zu erklären
Gesendet von meinem BV5000 mit Tapatalk
Melphin2
27-09-2017, 13:17
.
Hi Silverback,
vielleicht habe ich es ja überlesen. Wozu benötigst Du denn die "Strukturdefinition" im CMA-Rahmen?
Meine Frau und ich benutzen den Begriff Struktur in verschiedenen Aspekten.
Entweder um kinetische Energie zu kontrollieren (erzeugen umleiten oder aufnehmen) und im Bezug auf Gleichgewichtsbrechung (verhindern und erzeugen).
Lustig ist, das eigentlich jedem klar ist, was gemeint ist, die Definition aber doch recht schwierig ist.
Sorry, für den fast inhaltsleeren Post (musste aber mal schauen ob mein Zugang noch funktioniert).
Liebe Grüße
DatOlli
Wofür "brauchst" du denn eine "Definition" oder Erklärung ? Ohne Struktur könntest du nicht mal stehen, der Körper muss die Schwerkraft permanent ausgleichen und ein Umkippen verhindern. Die Frage ist also nicht ob es das gibt oder was das ist, weil das jeder hat, sondern wie das optimiert wird. Da sind wir schlicht bei Übungen. Die sind aber nicht statisch, weil es für viele Dinge eine Näherungslösung mit mehr oder weniger heuristisch gesteuerten freien Wahlmöglichkeiten gibt. Wenn man einen Ball fängt der seitlich von einem auf halber Höhe ankommt gibt es viele Möglichkeiten den zu fangen, je nachdem wie fest der kommt und auf welcher Linie genau. Da muss der gesamte Körper so einer Entscheidung folgen und sich während des Flugs an die Bahn anpassen, je nachdem wie rum man greift und wo man den Ball annimmt. Sowas sind dynamische Vorgänge, und die Struktur dahinter muss sich formen damit die Haltung genau da ankommt wo der Ball ist wenn er die Stelle passiert, und man noch stabil steht und nicht umfällt. Solche Entscheidungen gibt es ständig während man sich bewegt, und Struktur ist ein Element der Organisation des Körpers um da zu sein wo er sein muss. Wenn man im Sitzen die Struktur aufgeben würde, würde der Kopf auf die Brust fallen und den ganzen Körper nachziehen. Ausser im Liegen flach auf dem Rücken oder wenn man irgendwo befestigt ist gibt es IMMER eine Struktur.
GilesTCC
27-09-2017, 17:14
Man kann es verkürzen auf die optimale Organisation der Haltestrukturen (Knochen, Gelenke mithilfe von Muskeln, Sehnen, Schwerkraft oder wirkenden Kräften von aussen) aus einem Lebensgefühl heraus. Der Input kommt aus diversen Elementen von Wahrnehmung und Bewusstsein, dazu gehören nämlich auch Informationen über den derzeitigen Gesundheits-/Körperzustand. Wenn dein rechtes Knie defekt ist, dann nützt "Wissen" über die "optimale Organisation" für Leute ohne defektes Knie nicht, der Körper muss sich so organisieren wie DU das kannst und es bei DIR optimal ist. Die darin einfliessenden Überlegungen, die DEIN Körper vornimmt, sind so komplex, die kann man nicht wirklich aufzählen. Was man tun kann ist, über verschiedene Übungen den Ablauf erleichtern, dafür gibt es Formen, Feedbackübungen mit komischen Apparaten oder ohne, und Partnerübungen. Die entstehenden Ressourcen verändern auch über die Zeit die Möglichkeiten die dein Körper hat, und erst wenn die da sind wird er sie anfangen einzusetzen.
Ich finde das eine ganz brauchbare Definition von Klaus. Ich habe mir erlaubt, zwei Sätze hervorzuheben.
Meiner persönlich Auffassung nach, ist die Körperstruktur im Sinne von Tai Chi Chuan (und sehr wahrscheinlich nicht nur Tai Chi Chuan) am Effizientesten, wenn die Gesamtstabilität des Körpers durch eine 'dynamische Instabilität' auf der (mehr oder weniger) Microebene der Muskeln, Gelenken usw. entsteht. Daher auch die vielzitierter "Entspannung", die unter andere dafür sorgt, dass der Körper die innere Freiheit hat, sich selbst in Reaktion auf neue Impulse ständig neu in sich und 'automatisch' auszurichten und die 'optimale Organisation' stets neu herzustellen. Schon die Schwerkraft und natürliche Schwankungen sorgen für die Notwendigkeit der subtilen Anpassung; kommt ein anderer Mensch dazu, ist der Input und das Chaos umso größer.
Ich finde das eine ganz brauchbare Definition von Klaus. Ich habe mir erlaubt, zwei Sätze hervorzuheben:
die optimale Organisation der Haltestrukturen (Knochen, Gelenke mithilfe von Muskeln, Sehnen, Schwerkraft oder wirkenden Kräften von aussen)
Struktur ist das, was die äußere Form zusammenhält :D
Finde das passt ganz gut zusammen ;)
Das ist es ja auch was die CMA lehren optimal zu verwenden... :D
Grüße
Kanken
Das ist doch was.
"Struktur" bezeichnet das Innere des menschlichen Körpers, das die äußere Form zusammenhält.
http://www.philosophyib.com/3/images/slides/gvsd.jpg
Connection Matters (http://www.philosophyib.com/3/wholebrain/diamond-vs-graphite)
Stimmt ;)
http://www.naturheilkunde-berlin.eu/wp-content/uploads/osteopathie-Faszien.jpg
Grüße
Kanken
Spud Bencer
29-09-2017, 14:30
Stell dich in einer beliebige Figur, lass jemanden an dir ziehen und rütteln. Wenn du trotzdem entspannt und stabil stehst, hast du eine gute Struktur. Klassiker, auch in anderen Kampfkünsten: Du stellst dich in die Endphase eines gerade Fauststoßes und jemand drückt gegen deine Faust. Du solltest jetzt fähig sein, den Druck in den Boden abzuleiten (Kraftlinien, ground path usw).
Kannst auch zu den Akrobaten gehen und dich ganz unten in die Pyramide stellen, da lernst du's noch schneller :D
Das ist Struktur. Keine Ahnung, warum hier alle so rumrätseln.
Das ist eher knöcherne Ausrichtung und macht allerhöchstens steif.
Struktur im menschlichen Körper ist etwas hochgradig dynamisches, da es das gesamte muskuloskeletale System umfasst. Das wußten auch die Leute früher in China.
@TE
Wenn du etwas über „Struktur“ lernen willst und keine anatomischen Fachbücher wälzen willst, dann würde ich dir die Franklinmethode wärmsten ans Herz legen.
Irgendwo gegenzudrücken und damit fest zu werden ist keine Struktur, das macht nur hart und steif.
Schau Dir an was für eine „Struktur“ Raubkatzen, Bären oder Schlangen haben, dann kommst du dem Begriff „Struktur“ in den CMA nahe.
Grüße
Kanken
* Silverback
02-10-2017, 10:47
...
@TE
Wenn du etwas über „Struktur“ lernen willst und keine anatomischen Fachbücher wälzen willst, dann würde ich dir die Franklinmethode wärmsten ans Herz legen....
Super, Danke!
Ich kannte es noch nicht.
Franklin-Methode Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Franklin-Methode)
Wikipedia für interessierte.
LG DatOlli
Spud Bencer
02-10-2017, 21:55
Das ist eher knöcherne Ausrichtung und macht allerhöchstens steif.
Falsch.
Hi Spud,
den von Dir erwähnten Test kenne ich als Test für die Körperstatik - also eine Position einnehmen und Zug / Druck wiederstehen bzw. als Verständnisvereinfachung wenn man lernt welche Stände (Techniken) in welche Richtungen besonders gut (kinetische) Energie entwickeln und in welche schlecht. Auch zum lernen wo man noch stabil ist und wo nicht.
Da geht es aber mMn eher um Statik als um Struktur. Klar ohne Struktur keine Statik. Umkehrschluss funktioniert da mEn nicht.
Wieso das Steif machen soll entzieht sich mir allerdings auch es sei denn jemand macht das häufig, als isometrische Übung (das hast Du aber vmtl. Nicht gemeint). Wäre aber Mal interessant zu erfahren.
Und was meinst Du genau mit: "Falsch." ?
Liebe Grüße
DatOlli
Ich kannte es noch nicht.
Franklin-Methode Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Franklin-Methode)
Wikipedia für interessierte.
LG DatOlli
Sein Buch als PDF Datei :
https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&cad=rja&uact=8&ved=0ahUKEwiWu-DbrtTWAhVpBcAKHQtsBWgQFggnMAA&url=http%3A%2F%2Fgirshon.ru%2Fwp-content%2Fuploads%2F2015%2F12%2F14Franklin-Dynamic-Alignment.pdf&usg=AOvVaw2Y3k1uZNMfJOdzHoEb-vzl
Cool ich sage Mal als erster
DANKE!
* Silverback
03-10-2017, 13:15
Sein Buch als PDF Datei ...
Oki, dann reihe ich mich mal ein: DANKE!
P.S..: Muss gestehen, die Wiki-Seite war schon mal als "Erstaufschlag" nett - aber IMHO halt auch "nur nett", heißt: Ich brauche mehr dazu/ darüber. Bin gespannt!
Ihr werdet verdammt viele Dinge sehen, die ihr in den CMA oder dem Qigong schon mal gehört habt... ;)
Er hat mit Tänzern zusammengearbeitet, dort ist die Arbeit mit Yi (die nennen es natürlich nicht so) seeehr verbreitet.
Die CMA haben ihr ganz spezielles Gedankenkonstrukt von logisch aufeinander aufbauenden Ideen und auf einmal wird der „kleine Energiekreislauf“ zu einer physiotherapeutischen Übung und dann der große und dann kann man das noch anwenden...
DAS ist mit Körperarbeit gemeint, diese Übungen und kein energetischer Hokuspokus.
Grüße
Kanken
Nach meiner bescheidenen und eingeschränkten Erfahrung darf man auch sagen:
Professionelle (Ballett-)Tänzer werden mit spätestens 30 Lebensjahren ausgesorgt. Sie sind dann einfach fertig. Der Körper ist in der Regel kaputt.
Vielleicht (??!!) wird ihnen mit dieser Methode etwas weitergeholfen.
panzerknacker
04-10-2017, 19:32
Nach meiner bescheidenen und eingeschränkten Erfahrung darf man auch sagen:
Professionelle (Ballett-)Tänzer werden mit spätestens 30 Lebensjahren ausgesorgt. Sie sind dann einfach fertig. Der Körper ist in der Regel kaputt.
Vielleicht (??!!) wird ihnen mit dieser Methode etwas weitergeholfen.
soso
vBulletin v4.2.5, Copyright ©2000-2025, Jelsoft Enterprises Ltd.