Juche Hyong/Tul [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Vollständige Version anzeigen : Juche Hyong/Tul



Moog
12-12-2017, 20:30
Unser Verein ist vor ungefähr 20 Jahren von Hyongs auf die Taeguk- bzw. Poomse-Formenschule gewechselt. Ich habe mir heute mal die gesamten Hyongs/Tuls angeschaut um vergleichen zu können, ob die Formen tatsächlich technisch anspruchsvoller waren, wie viele es sagen respektive in Erinnerung haben.

Im Kup-Bereich sehe ich nicht wirklich einen höheren Schwierigkeitsgrad. Die Hyongs/Tuls sind lediglich etwas länger, enthalten aber keine Techniken, die nur Technik-Leistungssportler sauber laufen können.

Anders sieht es bei den höheren Formen aus. Die technisch anspruchsvollste Poomse ist meiner Meinung nach die Koryo, da sie sechs Yop-Chagis enthält und insbesondere viele ältere Sportler keinen sauberen Seitwärtstritt mehr ausführen können. Die anschließenden Formen sind technisch leichter. Zwar sinkt der Anspruch nicht mit jeder Form bis Nummer 17 ab, aber er steigt auch nicht mit jeder Form von Nummer 9 bis 17 kontinuierlich an.

Beim Anschauen der Hyongs/Tuls fiel mir insbesondere die Form "Juche" auf, die mit anspruchsvollen Techniken vollgestopft ist. Das ist die Form zum dritten Dan, also das Gegenstück zur Poomse Kumgang:

https://www.youtube.com/watch?v=Kds7VgvtYNs

Den gesamten Körper mit gestreckten Bein in Kopfhöhe um 180 Grad zu drehen (unter anderem Minute 0:11 bis 0:16), schafft selbst unter Dan-Trägern vermutlich nur einer aus hundert Sportlern. Hinzu kommt, dass man diese Technik mit beiden Beinen machen muss.

Einen Tymyo-Tora-Yop-Chagi mit gestrecktem Bein (unter anderem Minute 1:11 bis 1:14) zu landen, schafft vermutlich auch kaum jemand.

Spätestens am Gawi-Chagi (1:21 bis 1:23) würden alle scheitern.

Wenn das eine eine Poomse-Pflichtform wäre und man in einer Prüfung bei einer falschen Technik durchfällt, wäre der zweite Dan für 99,99% der Prüflinge die Endstation. :)

TKD-Dragon
13-12-2017, 07:15
Hi,

ist richtig, Juche Tul ist eine verhasste Tul. Wenn man Glück hat kann man aber drum rum kommen sie bei der Prüfung laufen zu müssen.
Allerdings wird gerade bei älteren Sportlern nicht erwartet, dass diese die schwierigen Techniken perfekt schaffen.

Der "Tymyo-Tora-Yop-Chagi" ist übrigens in Wirklichkeit ein Pyhamio-bandae-dollyo chagi, also ein bandae dollyo während man nach hinten springt. In dem Video wird der Kick (fälschlicherweise) von dem Sportler gehalten.

Die Juche Tul gab es übrigens bei den früheren 20 Hyongs nicht. Sie ist später, bei der Umstellung auf die 24 Tul hinzugekommen.

Noch schwieriger ist übrigens die Moon-Moo Tul
https://www.youtube.com/watch?v=cD-9nYJ0CHQ

Moog
13-12-2017, 21:30
Allerdings wird gerade bei älteren Sportlern nicht erwartet, dass diese die schwierigen Techniken perfekt schaffen.

Das ist mittlerweile überall so. Als ich angefangen habe, fiel man in Kup-Prüfungen bei nur einer falschen Technik in einer Form durch. Man hatte zwar einen zweiten Versuch, aber der musste dann passen. Eine falsche oder schlecht gelaufene Form konnte nicht ausgeglichen werden.


Der "Tymyo-Tora-Yop-Chagi" ist übrigens in Wirklichkeit ein Pyhamio-bandae-dollyo chagi, also ein bandae dollyo während man nach hinten springt.

Ich habe die Technik nicht nachgeschaut, aber das Einfrieren eines Fersendrehschlags kenne ich nur aus dem Einschrittkampf. Die traditionellen Stile trainieren diese Technik ja regelmäßig, während in DTU-Vereinen der Pandae-Dollyo-Chagi normal trainiert wird.



Noch schwieriger ist übrigens die Moon-Moo Tul

Die beiden Formen sind vergleichbar schwer. Für mich ist die Juche minimal anspruchsvoller. Man sollte die beiden Formen in den WT-Technik-Pool für den Turnier-Leistungssport (nicht für Prüfungen) migrieren statt sich neue Formen für den Technikbereich auszudenken, die nach einem halben Jahr keiner mehr läuft.



Die Juche Tul gab es übrigens bei den früheren 20 Hyongs nicht. Sie ist später, bei der Umstellung auf die 24 Tul hinzugekommen.

Interessanter wäre eher die Frage, wieso es überhaupt zu zwei Formenschulen kam. Unabhängig von den existierenden Verbänden wäre es für Taekwondo als Ganzes deutlich sinnvoller gewesen, wenn nur eine einzige Formenschule entwickelt worden wäre, die in allen Verbänden gelehrt wird.

Für mich als DTUler stellt sich zudem die Frage, wieso die Hyong-Fraktion auf Poomse umgestellt hat. Die Poomse-Fraktion war vor 20 Jahren in Deutschland eine Minderheit. Als wir umgestellt hatten, wusste ich nicht mal, dass es eine andere Formenschule überhaupt gibt.

Für den Technik-Leistungssport war dieser Schritt wichtig, da die Taeguk-/Poomse-Formenschule die offizielle Formenschule des Weltverbands ist. Für Vereine ohne Interesse an Technik-Turnieren, also reine Breitensport- und kampforientierte Vereine, ist die Formenschule eigentlich nur für Prüfungen interessant. Mich wundert, dass die ursprünglichen Hyong-Vereine der DTU als Mehrheit kollektiv umgestellt haben.

TKD-Dragon
14-12-2017, 07:29
Ich stimme dir zu, ein einheitlicheres Taekwon-Do wäre wirklich wünschenswert.
Warum die Umstellung?

Ich denke, die WTF wollte sich schlicht von der ITF abgrenzen und hat darum die neuen Formen, Poomsae eingeführt. Außerdem wurden neue Begrifflichkeiten eingeführt.
Die WTF wird dann dafür gesorgt haben, dass sich die ihr angeschlossenen Landesverbände auch alle umstellen.

Huangshan
14-12-2017, 13:47
Waren die Hyong nicht zu nahe an den japanischen Karate Wurzeln(Shotokan),

wollte man sich nicht Damals von der japanischen Besatzungszeit distanzieren?

Drax
21-12-2017, 16:04
Das ist mittlerweile überall so. Als ich angefangen habe, fiel man in Kup-Prüfungen bei nur einer falschen Technik in einer Form durch. Man hatte zwar einen zweiten Versuch, aber der musste dann passen. Eine falsche oder schlecht gelaufene Form konnte nicht ausgeglichen werden.



Ich habe die Technik nicht nachgeschaut, aber das Einfrieren eines Fersendrehschlags kenne ich nur aus dem Einschrittkampf. Die traditionellen Stile trainieren diese Technik ja regelmäßig, während in DTU-Vereinen der Pandae-Dollyo-Chagi normal trainiert wird.




Die beiden Formen sind vergleichbar schwer. Für mich ist die Juche minimal anspruchsvoller. Man sollte die beiden Formen in den WT-Technik-Pool für den Turnier-Leistungssport (nicht für Prüfungen) migrieren statt sich neue Formen für den Technikbereich auszudenken, die nach einem halben Jahr keiner mehr läuft.




Interessanter wäre eher die Frage, wieso es überhaupt zu zwei Formenschulen kam. Unabhängig von den existierenden Verbänden wäre es für Taekwondo als Ganzes deutlich sinnvoller gewesen, wenn nur eine einzige Formenschule entwickelt worden wäre, die in allen Verbänden gelehrt wird.

Für mich als DTUler stellt sich zudem die Frage, wieso die Hyong-Fraktion auf Poomse umgestellt hat. Die Poomse-Fraktion war vor 20 Jahren in Deutschland eine Minderheit. Als wir umgestellt hatten, wusste ich nicht mal, dass es eine andere Formenschule überhaupt gibt.

Für den Technik-Leistungssport war dieser Schritt wichtig, da die Taeguk-/Poomse-Formenschule die offizielle Formenschule des Weltverbands ist. Für Vereine ohne Interesse an Technik-Turnieren, also reine Breitensport- und kampforientierte Vereine, ist die Formenschule eigentlich nur für Prüfungen interessant. Mich wundert, dass die ursprünglichen Hyong-Vereine der DTU als Mehrheit kollektiv umgestellt haben.1. In den ersten 24 Formen gab es die Juche noch nicht, seinerzeit wurde Kodang gelaufen. Juche ersetzte diese später
2. Die Erweiterung von 20 auf 24 Formen sollte die hinzugedichtete Philosophie von Choi bestärken 'für jede Stunde des Tages eine Form
3. Mit der Einführung von Juche ging die sogenannte Sinuswelle einher, die Hyong wurde zur Tul
4. Die DTU wurde seinerzeit gezwungen umzustellen. Ich war seinerzeit in der N***. Viele Vereine haben damals die DTU verlassen und es gründete sich z.B. der DTB
5. Ich mache weiterhin Hyong ;-)

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Vagabund
21-12-2017, 21:09
Für mich als DTUler stellt sich zudem die Frage, wieso die Hyong-Fraktion auf Poomse umgestellt hat. Die Poomse-Fraktion war vor 20 Jahren in Deutschland eine Minderheit. Als wir umgestellt hatten, wusste ich nicht mal, dass es eine andere Formenschule überhaupt gibt.


Ich war zu der Zeit zwar schon aktiv, habe mich aber damals nicht für die Hintergründe interessiert. Dax weiß mehr ;)

Ansonsten gibt es noch dieses:

"Auf Druck der WTF stellte die DTU 1995 das bis dahin bevorzugte Formensystem der ITF, die von General Choi Hong-hi eingeführten Hyongs auf Taekwondo Poomsae und Taeguks um. Andernfalls hätten deutsche Sportler nicht an den Olympischen Spielen teilnehmen dürfen." Zitiert aus http://www.ilyodo.de/fileadmin/downloads/tkd/theorie/6_2_tkd-poomsae.pdf

Das war damals ein riesiges Politikum, wie ich heute weiß. Etliche Vereine haben die DTU deswegen verlassen. Heute scheint Gras über die Sache gewachsen zu sein.

Warum es zu 2 (eigentlich 3, Palgue!) Formenschulen kam... Dazu gab es mal einen guten Text, muss ich aber suchen.

Moog
22-12-2017, 16:52
Mit der Einführung von Juche ging die sogenannte Sinuswelle einher, die Hyong wurde zur Tul.

Ich dachte immer, dass die Sinuswelle der maßgebliche Punkt ist, der ITF-Hyongs von Hyong-Vereinen/-Schulen außerhalb der ITF unterscheidet. Der Gründer meines Vereins hat auch bei Song, Chang-Ho (Münster) gelernt, allerdings war die Sinuswelle nie ein Thema bei uns. Unabhängig davon ob die Sinuswelle letztlich sinnvoll ist, stört mich persönlich das betonte Ausatmen.

Der ITF-Laufstil mit Sinuswelle ist wiederum deutlich schöner anzusehen als das viel zu schnelle Abspulen von Techniken der traditionellen Kwon Jae-hwa-Schulen. Deren Leute sind zwar technisch herausragend, aber die Hyongs ohne Pausen oder Sequenzen zu laufen, sieht beim Zuschauen einfach furchtbar aus.



Die DTU wurde seinerzeit gezwungen umzustellen. Ich war seinerzeit in der N***. Viele Vereine haben damals die DTU verlassen und es gründete sich z.B. der DTB

Gibt es da Zahlen zu? Bei uns im Verein war die Umstellung kein großes Thema. Wir fanden es zwar auch nicht toll, sind aber mitgezogen (in der NTU geblieben). Hätte die Umstellung den Bereich Kampf betroffen, weiß ich nicht, wie wir reagiert hätten.



Ich mache weiterhin Hyong ;-)

Formenorientierter Verein? Für reine Breitensportvereine oder Vereine mit Schwerpunkt Kampf ist die Formenschule eigentlich nebensächlich. Der Zwang auf eine neue Formenschule umstellen zu müssen, ist eigentlich nur in der Übergangsphase nicht schön. Die Zwangsumstellung wäre für mich kein Grund gewesen aus einem Verband auszutreten.



Auf Druck der WTF stellte die DTU 1995 das bis dahin bevorzugte Formensystem der ITF, die von General Choi Hong-hi eingeführten Hyongs auf Taekwondo Poomsae und Taeguks um. Andernfalls hätten deutsche Sportler nicht an den Olympischen Spielen teilnehmen dürfen

In den Vereinigten Staaten von Amerika laufen viele WTF-Schulen heute noch Hyongs. Sind deren Schüler auch von Olympia ausgeschlossen?

Drax
22-12-2017, 17:31
USA ist nicht DE. Hier herrscht überall Beamtentum. Andere Länder sehen das deutlich lockerer.

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Moog
22-12-2017, 19:02
USA ist nicht DE. Hier herrscht überall Beamtentum. Andere Länder sehen das deutlich lockerer.

Die Vereins-/Schulen- und Verbandsstruktur mag in Deutschland anders sein, aber hier ging es darum, dass die WTF deutsche Sportler von Olympia ausschließen wollte, wenn der nationale Verband (DTU samt deren Mitglieder) die Formenschule nicht vereinheitlicht. Der Weltverband hat natürlich mehr Befugnisse als nationale Verbände oder einzelne Schulen. Was er aber nicht machen kann, ist die Sportler eines nationalen Verbands wegen einer unerwünschten Trainingsphilosophie auszusperren und die Sportler eines anderen nationalen Verbands wegen exakt derselben Sache zuzulassen. Da muss die WTF (WT) konsequent sein und sagen:

Gürtelprüfungen nur nach Taeguk-/Poomse-Formenschule
Technikturniere ausschließlich für Taeguk-/Poomse-Wettbewerbe (bereits umgesetzt)
Kampfturniere nur für olympisches Taekwondo (Vollkontakt)
Teilnahme an offiziellen Turnieren nur für Sportler, die ihre Prüfungen nach WT-Richtlinien (Poomse-Formenschule, Kampf mit Weste) abgelegt haben
einheitlichtes Prüfungswesen weltweit (meilenweit entfernt)

Samurai85
23-12-2017, 08:40
Die Hyongs in ihrer "ursprünglichen" Form/Ausführung/Ablauf entsprechen den 15 grundlegenden Shotokan Kata, die Gichin Funakoshi von Okinawa mit nach Japan gebracht hat.

So wie die Hyongs heutzutage in den "tradtionellen" Schulen, wie Kwon, Jae-Hwa, Twin Taekwondo, Traditional Taekwon-Do Centers etc gelaufen werden ... ist es einfach nur ein sinnloses "Herrunterlaufen" ohne Bezug zu Technik und Rythmus. Von Anwendung ganz zu schweigen ;)

Ein gutes Beispiel hierfür wäre:

https://www.youtube.com/channel/UCb75_IEuc4YaDH2VgrW-GTw/videos

Ich will den Herren nicht schlecht machen. Talent und Technik sind gegeben, aber so läuft man keine Hyongs.

Die Hyongs sollte man mit "Koshi" "Gamaku" laufen, also mit Hüfteinsatz sowie im Karate.

Vagabund
23-12-2017, 09:54
Was er aber nicht machen kann, ist die Sportler eines nationalen Verbands wegen einer unerwünschten Trainingsphilosophie auszusperren und die Sportler eines anderen nationalen Verbands wegen exakt derselben Sache zuzulassen.

Angesichts dessen, was die WTF/WT in der Vergangenheit sonst schon so alles gemacht hat, würde mich eine solche Ungleichbehandlung nicht wundern.

Wir hatten in Deutschland ja schließlich sogar die "Ost-Berlin-Affäre". Auch auf solche Agentengeschichten muss die TKD-Welt in den USA leider verzichten...

Leider findet sich zu den Vorgängen anno 1995 fast nichts mehr im Internet und auch in "Tödliche Kunst" steht nur sehr wenig dazu.