PDA

Vollständige Version anzeigen : Robert Follis - Ein Selbstmord und Statement?



Offline_Fighter
23-12-2017, 15:36
Ich wusste nicht direkt in welches Forum es gehört habe es aber bei Bjjee gelesen und stelle es deshalb hier rein.

Der Selbstmord von Robert Follis kam für viele überraschend und Depression war soweit ich das raus lesen konnte die Hauptursache.

Drysdale schrieb dazu einen offenen Brief

Drysdale: Coaching is a S*it Job, The People Who Teach You Deserve Better
Link (https://www.bjjee.com/articles/drysdale-coaching-sit-job-people-teach-deserve-better/)

Habt oder hattet ihr schon mal eine ähnliche Situation wo euch das Coachen so auf den Zeiger ging das ihr alles wirklich hinschmeißen wolltet?
Wie geht ihr mit respektlosen Schülern um? Und was sagt ihr zu den Worten von Drysdale?

Björn Friedrich
23-12-2017, 17:00
Leider ist das was da passiert ist, gar nicht so selten. Wenn man die US Foren anschaut, findet man immer wieder Artikel über MMA und BJJ involvierte Kämpfer und Lehrer, die Selbstmord gemacht haben.

Klar gibt es respektlose Schüler, aber ganz ehrlich, ich denke das so eine Entscheidung weit tiefer geht und tiefere Motive hat, als ein paar respektlose Schüler.....

Syron
24-12-2017, 00:01
Kann man ja auch ganz losgelöst von BJJ betrachten, daher melde ich mich mal zu Wort: Ich finde es macht es sich zu leicht.
Oder die Tragödie; wie auch immer man es nun nennen mag.

Die Schuld einfach mal so auf die Schüler schieben, weil diese ja auch so undankbar sind, schiebt es für meinen Geschmack zu sehr auf andere und läßt das viel größere Problem - die Depression - zu sehr außen vor.

Da finde ich es um einiges wahrscheinlicher, daß man hätte woanders ansetzen müssen.
Mag es dazu beigetragen haben, als Stressfaktor?
Kann sicherlich sein; aber selbst dann nehme ich an, werden es weniger "die Schüler" gewesen sein, als viel mehr das Gesamtkonstrukt "Training geben".

Ich persönlich finde es auch nicht respektlos, wenn die Schüler fragen, ob man sie coachen würde; aus dem Teil bin ich, offen gestanden, nicht ganz schlau geworden; vielleicht liegt es an der Uhrzeit.

Gast
24-12-2017, 01:07
das problem, so jedenfalls sehe ich das, besteht einfach darin, daß nicht-betroffene kaum etwas über depressionen wissen.
und damit sind nicht "traurigkeit" oder "verstimmung" gemeint, sondern echte, schwere, manifeste und chronische depressionen.

hat man so etwas nicht, kann man nicht wirklich helfen, es sei denn, man macht sich wirklich fachkundig - und wer macht das schon?
ist man selbst betroffen, hat man u.u. so schwer mit sich selbst zu kämpfen, daß man als helfer ebenfalls ausfällt.

depressionen werden noch immer nicht als schwere, chronische krankheit ernstgenommen. sehr, sehr oft (falls der betroffene es überhaupt schafft, darüber zu sprechen) muß er sich mehr oder weniger anhören, er solle sich zusammenreißen, denn "andere können sich ja auch nicht einfach so gehen lassen".

sport hilft bis zu einem gewissen grad.
aber wenn betroffene dann im sport stress erleben ... dann wirds nicht eben einfacher.
traurig und ermüdend ist es, wenn manche verhaltensweisen, die nachweisbar auf die depressive erkrankung (und deren begleiterkrankungen) zurückzuführen sind, leichthin als "schlechter charakter" oder "überempfndlichkeit" und ähnliches gedeutet werden.

selbst wenn betroffene mit dieser wirklich schlimmen erkrankung (für die, nebenbei, niemand etwas kann!) ganz offen umgehen, wird ihnen wiederholt unterstellt, sich entweder "interessant machen" zu wollen, oder schlicht zu lügen oder "entschuldigungen zu suchen" für ein in manchen punkten "nicht normgerechtes verhalten".

wie leicht es doch ist, andere für etwas zu verurteilen, unter dem man selbst nicht leidet ...

Syron
24-12-2017, 01:10
[...]
+1

"Schöner" Beitrag (so man es so nennen kann).

jkdberlin
24-12-2017, 08:00
Depressionen sind eine Krankheit. Niemand der es nicht persönlich erfährt oder professionelle Hilfe anbietet, kann wohl wirklich etwas genaues dazu sagen.

Coachen und Lehrtätigkeit kann schon sehr frustrierend sein.Insbesondere wenn man es wirklich nah an sich ran lässt und das wird man, wenn man es als Haupttätigkeit über Jahre und Jahrzehnte betreibt. Es wird immer dabei Enttäuschungen geben.

Kommt beides zusammen, kann es zur Katastrophe kommen.

Gast
24-12-2017, 08:04
@syron:

ich frage mich bei solchen ereignissen immer, wieso den freunden und verwandten solche dinge prinzipiell erst hinterher auf- und einfallen:


We should have all been more present for him when he was amongst us. A better attitude is to ask ourselves, those who knew him and could have done something to prevent this tragedy, what we could have done differently (myself included).
:(

DatOlli
24-12-2017, 08:47
@syron:

ich frage mich bei solchen ereignissen immer, wieso den freunden und verwandten solche dinge prinzipiell erst hinterher auf- und einfallen:


:(

Würde eigentlich schon gesagt. In unserer Gesellschaft gibt es dafür kein Bewusstsein (http://www.handelsblatt.com/technik/medizin/unwissenheit-ueber-krankheit-schokolade-gegen-depressionen/20638866.html).

Dementsprechend kann ein(e) Erkrankte(r) eigentlich nur versuchen das nicht auffällig werden zu lassen. Die Konsequenz ist sonst u.a. ganz schnell ein Jobverlust und auch ein Imageverlust.

Imageverlust vor sich selbst gehört da auch zu. Wir Menschen machen fast alles damit das Bild das wir von uns selbst haben von uns aufrecht erhalten werden kann.

Ist also eher ein Problem der Leistungsgesellschaft. Bevor es da kein Umdenken und keine Breiteninformationen gibt, sind solche Tragödien "normal".

Und ja, das kann jeden treffen (vom Trauma über Überlastung bis zur Viruserkrankung), da ist niemand vor gefeit.


Liebe Grüße
DatOlli

Syron
24-12-2017, 10:19
@syron:

ich frage mich bei solchen ereignissen immer, wieso den freunden und verwandten solche dinge prinzipiell erst hinterher auf- und einfallen:


:(
Allerdings.

Und der Teil von seinem Statement war wenigstens ehrlich und gut.

Hingegen hinterher quasi alles auf die Schüler zu schieben, ist nicht nur eine Frechheit diesen, sondern zeugt auch wieder von ziemlichen Nicht-Verständnis der Krankheit gegenüber.
Finde ich zumindest.



Niemand kommt auf die Idee einem Asmathiker zu sagen: "Atme doch einfach", wenn er einen Anfall hat.

Aber "Hab doch einfach gute Laune" und diverse pendants dazu, sind immer noch alltäglich.