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Vollständige Version anzeigen : FRAGE zu den Taiji-Grundkräften



* Silverback
14-01-2018, 12:21
Hallo zusammen,

aufbauend auf einer Diskussion, die wir neulich in unserer Taiji-Gruppe hatte (es ging um die 4 TJ-Grundkräfte Peng, Lü, Ji, An - die ja in der 24er-Pekingform speziell in dem Bild "den Spatzen am ******* fassen" vorkommen) habe ich eine Frage:
die anderen 4 Grundkräfte im Taiji sind ja wohl Cai, Lie, Zhou, Kao -
FRAGE: Wo/ wann/ in welcher Form/welchem Bild kommen die vor?

Vielen Dank für einen Impuls (gerne auch mit Weblink)!

Wong F.
14-01-2018, 13:01
---

Wong F.
14-01-2018, 13:02
Hallo zusammen,

aufbauend auf einer Diskussion, die wir neulich in unserer Taiji-Gruppe hatte (es ging um die 4 TJ-Grundkräfte Peng, Lü, Ji, An - die ja in der 24er-Pekingform speziell in dem Bild "den Spatzen am ******* fassen" vorkommen) habe ich eine Frage:
die anderen 4 Grundkräfte im Taiji sind ja wohl Cai, Lie, Zhou, Kao -
FRAGE: Wo/ wann/ in welcher Form/welchem Bild kommen die vor?

Vielen Dank für einen Impuls (gerne auch mit Weblink)!

Überall. :D

Ich versuch es mal kurz. 13 Grundbewegungen im Yang-Stil, im Chen-Stil zählt man 18.

"Lu" ist das "Nachgeben", "Cai" das "(nach unten) Ziehen". Auch Bestandteil u.a. der Figur "Vogel******* ...".

"Lie" - Spalten, Trennen. Dort wird gern der "Kranich" als Beispiel genommen. Aber wie bei allen anderen Sachen geht es hier um das Prinzip, für das man dann eine Bewegung der Figur exemplarisch auswählt, meistens eine, die das Prinzip recht plakativ darstellt. Also nicht so, wie es in der Realität erscheint. Die Bewegung vor "An" kann z.B. auch "Spalten" sein, wenn du mit den Armen auf die "Innenseite" kommst...

"Zhou" - Ellbogen - ist überall dabei, explizit nach "Fächer öffnen" beim Umdrehen. "Kao" - Schulter - ebenso überall. Gern genommen als Beispiel wird hier der Eingang zum "Kranich" in der langen Form. Wennde das anschaust, siehste auch, wo es noch überall drin ist. :D

[wo sind die Umlaute hin?]

* Silverback
14-01-2018, 13:43
VIELEN DANK für den ersten Aufschlag! :halbyeaha

...
"Lu" ist das "Nachgeben", "Cai" das "(nach unten) Ziehen". Auch Bestandteil u.a. der Figur "Vogel******* ...".
Nachfrage: Wo ist dann der Unterschied zwischen "Lü" und "Cai"?


"Lie" - Spalten, Trennen. Dort wird gern der "Kranich" als Beispiel genommen. Aber wie bei allen anderen Sachen geht es hier um das Prinzip, für das man dann eine Bewegung der Figur exemplarisch auswählt, meistens eine, die das Prinzip recht plakativ darstellt. Also nicht so, wie es in der Realität erscheint. Die Bewegung vor "An" kann z.B. auch "Spalten" sein, wenn du mit den Armen auf die "Innenseite" kommst...
Ok hier steh ich noch a weng auf'm Schlauch. Ergänzende Frage: Ich hab eine Webabbildung gesehen und hab dann vermutet, dass das einer Bewegung aus der 24er-Form (21. Bild ~ c (wenn die Faust nach außen gedreht wird)) nahekommt; kann man das so sagen?


"Zhou" - Ellbogen - ist überall dabei, explizit nach "Fächer öffnen" beim Umdrehen.
Aha, whouw!


"Kao" - Schulter - ebenso überall. Gern genommen als Beispiel wird hier der Eingang zum "Kranich" in der langen Form. Wennde das anschaust, siehste auch, wo es noch überall drin ist.
Nachfrage (nur um zu schauen, ob ich mit meinem Begriffsverständnis auf der richtigen Fährte bin): 48er-Form, das 1. Bild (37. ~"die Handflächen nach unten pressen in Leehrstellung") des 6. Abschnitts müsste dann am Ende wohl auch darunter fallen, richtig?

But as I said: DANKE!


[wo sind die Umlaute hin?]
Komisch, bei mir funktionieren die; vielleicht browserabhängig (ich nutze Opera)?

Wong F.
16-01-2018, 10:52
Moin.

Für mich sind die „13 Bewegungen“ eine Art, Kräfte und Situationen im kämpferischen Zusammenhang darzustellen. Da spielt das tatsächliche Geschehen rein, die Philosophie (Yin/Yang), Bilder, die mehr oder weniger passen, und ein Schuß Mystik. Dazu kommt dann noch, dass die jeweiligen Lehrer da durchaus nicht einer Meinung sind. Es geht m.E. nur darum, das vielfältige Geschehen irgendwie zu systematisieren und zu beschreiben. Da ich aus einer anderen Schiene komme, war ich darauf nie angewiesen und habe mich auch nie intensiv drum gekümmert. Kann also auch nur meine Interpretation hier darstellen. Und das nur ungenügend, weil die Schriftsprache eben doch limitiert.


Nachfrage: Wo ist dann der Unterschied zwischen "Lü" und "Cai"
Lu ist die Phase, wo du einer angreifenden Kraft etwas Raum gibst, um sie leerlaufen zu lassen u./o. umzulenken. Cai ist das (aktive) Ziehen.


Ok hier steh ich noch a weng auf'm Schlauch. Ergänzende Frage: Ich hab eine Webabbildung gesehen und hab dann vermutet, dass das einer Bewegung aus der 24er-Form (21. Bild ~ c (wenn die Faust nach außen gedreht wird)) nahekommt; kann man das so sagen?
Keine Ahnung. Haste das Bild? „Spalten“ seh ich überall dort, wo eine angreifende Kraft geteilt wird. Beispiele wären auch der „Keilblock“ im Karate oder, wie gesagt, der Verlauf nach „Ji“.


Nachfrage (nur um zu schauen, ob ich mit meinem Begriffsverständnis auf der richtigen Fährte bin): 48er-Form, das 1. Bild (37. ~"die Handflächen nach unten pressen in Leehrstellung") des 6. Abschnitts müsste dann am Ende wohl auch darunter fallen, richtig?
„Der Anfang“ ist ja bei den Formen ähnlich. Auch wenn ich die 48er nicht kenne. "die Handflächen nach unten pressen in Leerstellung" – wo ist da die Schulter? Ich seh die Schulter (als Stoß) eher bei Bewegungen wie beim Eingang zum „Kranich“ oder auch schon bei „Peng“ (Mähne des Pferdes teilen(/teilt sich) (auch schon wieder ein „Spalten“ :D), solange der vordere Arm noch unten ist.
M.E. läuft es darauf hinaus: Abwehr und Angriff können jederzeit mit jedem Punkt des Körpers erfolgen. Das ist die Idee. Die natürlich durch Praktikabilität eingeschränkt wird. :D

WudangBielefeld
28-01-2018, 08:48
Hallo,

auf meiner Homepage www.wudang-bielefeld.de kannst du einen Artikel (http://www.wudang-bielefeld.de/2017/12/05/peng-lu-ji-an-cai-zhou-lie-kao-8-grundtechniken/) über die Grundtechniken im Taijiquan lesen. Vielleicht hilft dir das etwas weiter.

junger Tiger
28-01-2018, 10:09
Hi,

die Grundkräfte / Grundenergien kommen in den Bildern einer Form dahingehend vor, dass es spezifische Bilder gibt, die Repräsentanten bestimmter Grundkräfte sind. Je nach Fortschritt und Verständnis sind die Grundkräfte aber in jeder Bewegung / Haltung vorhanden.

Am Anfang ist es üblich, bestimmten Kräften / Energien konkrete Bilder zuzuweisen, um äußerlich zu sehen, was im Inneren passiert. Später können diese Kräfte in Interaktionen erkannt oder genutzt werden. Je weiter man fortschreitet, desto mehr nähert man sich der Quelle an, aus der diese Kräfte entspringen. Dann wird offensichtlich, dass es über ein reinbiomechanisches Verständnis hinausgeht. Die Grundkraft des Ziehens muss so kein physisches Ziehen an einem Arm sein. Es kann eine Bewegung sein, die den anderen fordert, eine Bewegung auszuführen, als würde er gezogen werden. Noch etwas weiter ist das Ganze ohne Bewegung zu bewerkstelligen, da die Grundkräfte nicht aktiviert werden müssen, da die gezielte (bewusste wie unbewusste) Bewegung / Kraft / Energie Start- und Endpunkte benötigt, welche wiederum konditionierten Wahrnehmungs- und Bewegungsmustern folgen und somit bei entsprechender Erfahrung erkannt werden können.

Ein häufig anzutreffendes Problem (für die meisten ist es wohl kein Problem, da es ihnen reicht, ihre Biomechanik und andere Parameter ihrer Konstitution und Kondition zu verfeinern) ist, dass Bewegungen im Taiji als das gezielte Ansteuern von Muskelketten interpretiert werden. Ganzkörperbewegungen, die gemeinhin als gleichzeitige Verbindung der Extremitäten mit dem Körperzentrum verstanden werden, gelten als Maß aller Dinge und man ist froh, wenn man die Taiji-Form aus dem Zentrum herausläuft und man ein Wechselspiel zwischen harten und weichen Bewegungen entwickelt. Allerdings ist damit kein Unterschied zu sogenannten äußeren Stilen auszumachen, weshalb es nicht zielführend sein kann, Taiji als verfeinertes Bewegugnskonzept zu verstehen, denn jeder Boxer, jeder Karateka und jeder Judoka ist um eine gute Körperstruktur bemüht. DAs heißt für das Verständnis der Grundkräfte ist ein erweiterter Blick notwendig, der es ermöglicht, Bewegungen dahingehend zu verstehen, dass sie nicht "verinnerlicht" sind, sondern im Inneren bereits vollzogen sind und das Äußere nur folgt.

Eine Grundkraft ergibt sich so also nicht aus dem Einnehmen einer wie auch immer als gut befundenen Körperstruktur oder Positionierung im Raum im Verhältnis zu einem Gegenüber, sondern entscheidender ist die mental-emotionale Grundhaltung. Hierbei ist nicht der vielseits genutzte Begriff des Intents hilfreich, da dieser oftmals als Absicht oder Vorstellungskraft gedeutet wird. Mache ich eine biomechanisch ausgeklügelte Bewegung mit dem Intent, zerstören zu wollen, tue ich nichts anderes als alle anderen, die sich mit Kampf und Bewegung befassen auch. Sprich: Es gibt keinen wirklichen Unterschied zu anderen Stilen oder gar zu Straßenschlägern.

Die Taiji-Klassiker sowie die Legenden um historische Taiji-Meister als auch einige wenige moderne Praktiker nutzen einen anderen Weg, der meiner Erfahrung nach das eigentliche Taiji trifft und weit über biomechanische Paradigmen hinausreicht. Ein Kampf muss entschieden sein für dich, bevor er beginnt. Damit ist nicht gemeint, dass du eine Aura entwickelst, die einem anderen suggeriert "Mit mir kriegste ein Problem, also lass lieber die Finger von mir". Ebenso ist damit nicht gemeint, als erster zuzuschlagen oder volle Kanne reinzuwummern. Wie gesagt: Das macht nämlich in mehr oder weniger ausgeprägter Qualität jeder, der sich mit Kampf befasst.

Gemeint ist nach meiner Erfahrung und meinem Verständnis eine grundlegende veränderte Haltung, durch welche man nicht wie alle anderen in Winkeln, Distanz, Timing, Kraft, Schnelligkeit, Taktik oder Strategie denkt, sondern eine Haltung, mit der diese Parameter obsolet werden, da sie dem Verfall bzw. der materiellen Grenzen unterliegen. Damit ist nicht gesagt, dass physikalische Gesetze aufgehoben werden. Im Gegenteil! Sie werden auf höcheffiziente Weise genutzt, weil das Ego nicht mehr bemüht ist, auf Wegen, sondern nur noch in Konsequenzen zu denken.

Gewöhne ich es mir an, in den üblichen Paramtern zu denken, konitioniere ich das Muster, das letztlich die große Mehrheit anwendet, wenn auch auf einer feineren Ebene; aber die typischen Einflussfaktoren werden vom Ego her genutzt und können somit gespiegelt bzw. von anderen erkannt werden. Lässt man sie aber außer Acht und arbeitet nur mit Mind, so folgt der Body und da es kein konditioniertes Muster gibt, ist es eine Bewegung, die man selber nicht kennt und die somit auch der andere nicht erkennen kann. Das ist nur möglich, wenn man die konventionellen Muster verlässt, was nicht heißt, dass das Wissen um eben jene schädlich sei.

Das heißt - um den Bogen zu schließen - die Grundkräfte werden nicht generiert, sondern sind immer nur die Folge. Die damit zusammenhängende Biomechanik ist dabei kein Selbstzweck oder Mittel zum Zweck einer vom Ego entwickelten oder internalisierten Bewegung, sondern sie ist nur das Resultat einer wie auch immer definierten Absicht im Einklang mit einem Bewegungsgefühl. Die Biomechanik ("Weg") wird nicht aufgehoben, sondern außerhalb konditionierter Muster durch den Körper genutzt, was die eigenen Bewegungen unvorhersehbar macht.

Durch das Einnehmen solch einer Haltung sind dann auch ganz spezielle Effekte möglich wie etwa dass ein Partner schon vor Körperkontakt sein Gleichgewicht verliert und stürzt oder nicht-intentional wegspringt. Er hat nämlich eine Angriffsabsicht und richtet sich bewusst oder unbewusst an typischen Paramtern aus wie Distanz, benötigter Kraftauwand, Timing usw. Wenn man als Verteidiger keinen Wert auf diese Dinge legt, sondern innerlich schon längst woanders ist, kann der Partner seine Kraft nicht dort entladen, wo er wollte, sondern er ist auf sich selbst zurückgeworfen - in diesem Moment kämpft er also nur gegen sich selber und bekommt den Verteidiger nicht zu fassen; nicht aber, weil dieser geschickt ausweicht, da dies wieder nur actio-reactio wäre, sondern weil das Sein des Verteidigers grundsätzlich anders verläuft als das Sein des Angreifers.

Deshalb sollten meiner Meinung nach die Grundkräfte nicht fehlverstanden werden als bestimmte Wege, mit Kraft umzugehen, sondern als Resultat von inneren feinst gesteuerten Bewegungen, die aber nicht intentional vollzogen werden, sondern ihrerseits nur das Ergebnis einer konkreten Absicht in Kombination mit einem gesunkenen Körper sind. So findet eine Aufhebung von Distanz statt, was wiederum zu den berühmten Taiji-Effekten führt, die dann nämlich nicht auf biomechanischer Finesse beruhen, sondern auf rein geistiger Fokussierung. Die Biomechanik wird genutzt und nicht-genutzt.

Letztlich sollen die Grundkräfte aus meiner Sicht weder Techniken darstellen noch Bewegungsabläufe noch Taktik noch Strategie. Auch eine Verbindung mit dem Körperzentrum soll nicht die Grundlage dieser Kräfte sein, denn der Körper ist immer eine Einheit. Man kann enorme Wirkungen erzielen, wenn man auf diese Zentrumsverbindung verzichtet, ebenso auf Dantian-Rotationen oder Ähnliches. Ein Grund ist, dass wenn man die Extremitäten mit dem Zentrum verbindet, der Partner dadurch auch eine Verbindung zu diesem Zentrum hat und man ständig bemüht sein muss, sein Zentrum in Sicherheit zu bringen oder sich zu öffnen, um einen Angriff zu initiieren.

Etwas ausführlich, aber ich hoffe, etwas geholfen zu haben, die Grundkräfte etwas anders zu verstehen und somit in der Taiji-Form nicht so sehr auf die Möglichkeiten der Grundkräfte zu achten, sondern vielmehr auf die Quelle zu schauen, die erst zu diesen Grundkräften führt.

* Silverback
28-01-2018, 10:43
ok, @ at: a) DANKE! - b) Sorry, bin etwas im Rückstand mit dem Beantworten hier :( Ich hole das jetzt step by step nach).
Ich starte mit einer Antwort von "altem Affen" an junger Tiger" :).


...
Etwas ausführlich, aber ich hoffe, etwas geholfen zu haben, die Grundkräfte etwas anders zu verstehen und somit in der Taiji-Form nicht so sehr auf die Möglichkeiten der Grundkräfte zu achten, sondern vielmehr auf die Quelle zu schauen, die erst zu diesen Grundkräften führt.

SEHR hilfreich, VIELEN DANK! :halbyeaha
Nicht dass ich mir jetzt (nach dem ersten Lesen) schon anmaße, das restlos verstanden zu haben, aber: es klingt für mich sehr überzeugend ... und gibt mir eine vage Vorstellung davon, wieweit ich tatsächlich noch "von der Erleuchtung" entfernt bin.
Gleichzeitig ist das nicht nur einleuchtend, sondern dazu auch so weit weg von meinem aktuellen Stand, dass mir spontan noch nicht mal Rückfragen dazu einfallen:confused:.
Whouw!

Heisst: Daran, an Deinem Post, werde ich noch eine ganze Weile zu knabbern habe ... verstehe das aber als Super Lern-Chance / "brainfood".
Nochmals VIELEN DANK

junger Tiger
28-01-2018, 11:07
Es könnte hilfreich sein, dir vorzustellen, was du an Mindset brauchst, um aus einer schwachen Position heraus einen überlegenen Gegner zu besiegen, denn das ist ja der Anspruch: das Schwache besiegt das Starke. Oftmals wird darunter verstanden, statt rohe Muskelkraft lediglich auf feine-elastische Kraft zu setzen, damit ist es aber immer noch Kraft gegen Kraft, und jemand der das genauso gut drauf hat, gleicht das wieder aus; meistens ist es im Taiji so, dass man sich auf die Suche nach optimalen Winkeln macht - Winkel der Gelenke zueinander oder Winkel des Verteidigers zum Angreifer. Es bleibt aber immer noch Kraft gegen Kraft, auch wenn die Kraftlinien verschoben werden.

Nimmt man als Prämisse einen Menschen, der bewegungseingeschränkt ist und nicht auf die folgenden Parameter vertrauen kann:
- rohe Kraft (Muskeln)
- elastische Kraft (Sehnen, Bänder ...)
- Schnelligkeit
- Timing / Reaktionsvermögen
- Dantian-Rotationen, Beckenwippen etc.
- Beweglichkeit
usw.

dann muss es noch etwas geben, was diese Aspekte zur Nebensache werden lässt. Dann besiegt das Schwache das Starke, denn die Schwäche wird nicht durch andere körperliche Determinanten kompensiert, sondern spielt einfach keine Rolle mehr.

Etwas hochtrappend formuliert: Die Quelle deiner Bewegungen entstammt einer tieferen Dimension als die deiner Gegenüber, sofern sie nicht auf ähnliche Weise geübt haben. Sie sind mit der Materie beschäfigt, also Körperaussteuerung und Muskelansteuerung. Das kostet Zeit, weil Wege gezielt beschritten werden, auch wenn man sie nach langem Training nicht mehr als Wege wahrnimmt. Wenn du aber nur in Konsequenz denkst und fühlst, gibt es keine Wege zu beschreiten, weil das Ergebnis schon feststeht. Objektiv legst du natürlich Wege zurück, das steht außer Frage - du wendest auch Kraft auf. Aber die Bewegungsqualität ist eine ganz andere, weil die Bewegungen aus der Tiefe kommen, so dass du quasi deinen Partner von unten her die Füße wegziehst, während er noch damit beschäftigt ist, auf der horizontalen Ebene irgendwelche Signale zu erkennen, zu deuten, zu bewerten und dann Handlungskonsequenzen abzuleiten.

Glückskind
28-01-2018, 11:25
Hallo junger Tiger,

da würde ich gerne mehr darüber wissen, wie das in der Praxis aus sehen soll. Welche
heutigen Praktiker hast Du denn im Sinn, bei denen man sich das von Dir beschriebene
auf guten Niveau anschauen kann?

Beste Grüße,

Glückskind

* Silverback
28-01-2018, 11:32
Ok, DANKE für den Nachtrag.

Muss zugeben, dass ich (wenn ich in "Zeiten") sprechen würde:
- für Deinen ersten Post, naja, schon eine Weile (eher Jahre als Monate) zum tieferen Verständnis/ zur Umsetzung brauche.
- der 2. Post wird mich definitiv noch länger beschäftigen.
Oder anders: Beim 1. bin ich noch ansatzweise mitgekommen - beim 2. aktuell (noch!) nicht.

Was aber nix daran ändert: Beide IMHO sehr wertvoll,
VIELEN DANK!


P.S.: "Weiß nicht", warum mir im Moment gerade der Satz von Sokrates einfällt: "Ich weiß, dass ich nichts weiß" :).

junger Tiger
28-01-2018, 12:17
da würde ich gerne mehr darüber wissen, wie das in der Praxis aus sehen soll. Welche
heutigen Praktiker hast Du denn im Sinn, bei denen man sich das von Dir beschriebene
auf guten Niveau anschauen kann?

Beste Grüße,

Glückskind

Ich kenne im deutschsprachigen Raum nur sehr wenige. Ich selber nehme mich außen vor, da ich kein Vollzeit-Profi bin, sondern eher ein interessierter Laie, der gerne übt und lernt.
Schulen bzw. Lehrer dies bezüglich fallen mir die folgenden ein:
- Manfred Steiner in Hannover
- Torsten Kanzmeier, der aber aktuell im Ausland ist
--> beide waren lange bei Helmut Barthel, somit zählt dieser selbstverständlich auch dazu.
- Friedhelm Tippner (das weiß ich nicht mit Sicherheit; da ich ihn nur über einen Freund kenne, der Freund mir aber Ähnliches berichtet)

Es sind keine werbetechnisch toll aufgestellten Schulen, sondern eher Menschen, die ihr Ding üben, Interessierten Einblicke geben, aber niergends damit großartig protzen oder öffentlich auftreten. Daher am besten erst einmal anschreiben.



Muss zugeben, dass ich (wenn ich in "Zeiten") sprechen würde:
- für Deinen ersten Post, naja, schon eine Weile (eher Jahre als Monate) zum tieferen Verständnis/ zur Umsetzung brauche.
- der 2. Post wird mich definitiv noch länger beschäftigen.
Oder anders: Beim 1. bin ich noch ansatzweise mitgekommen - beim 2. aktuell (noch!) nicht.

Was aber nix daran ändert: Beide IMHO sehr wertvoll,

Vielen Dank, aber es gilt auch: Es ist nur meine Meinung, Erfahrung und mein Anspruch. Es gibt ja viele Blümchen auf der Wiese.

Zum zweiten Post: Nicht in die "Fallgrube" fallen, das Ganze nun esoterisch, mystisch oder ähnlich zu sehen. Im Prinzip ist es eine ganz banale Erkenntnis. Die kann man sich aber meiner Erfahrung nach nicht erarbeiten wie eine Fähigkeit, sondern man muss sich Rahmenbedingungen schaffen, in denen diese Erkenntnis reifen kann. Es ist wie mit dem Einschlafen. Man kann nicht absichtsvoll einschlafen, sondern nur die Bedingungen herstellen, eindlich einzuschlafen. Oder man kann auch nichts mit Absicht vergessen, sehr wohl kann man aber Bedingungen schaffen, unter denen es leicht fällt, weniger an bestimmte Dinge zu denken.

Letztlich geht es immer nur um das vielbesagte "Hier und Jetzt" - und in diesem "Hier und Jetzt" gibt es eben keine Wege und auch keine fassbare Zeit, weil der Moment Moment ist. Und wenn du in dieser Dimension arbeitest, kann der andere nur mit Hilfe seiner Erinnerung die Situation einschätzen; diese Erinnerung kostet aber Zeit, weil es ein Abdriften vom Hier und Jetzt in die Erinnerung ist, es ist keine unmittelbare Erfahrbarkeit. Dadurch hinkt der andere der Wirklichkeit immer hinterher und man selber ist wie eine Art Schatten ("Schattenboxen") - nicht, weil man am anderen kleben bleibt, wie dessen Schatten, sondern weil dessen Wahrnehmung dergestalt nicht passend ist, dass er dich sieht, aber nicht greifen kann. Du bist da und doch nicht da. Jede intentionale Bewegung auf dich zu, scheitert so bereits im Ansatz, denn er richtet sich an etwas aus, was gar nicht mehr existiert.

Ich finde esganz hilfreich, die Vorstellung als körperlich beeinträchtigter Mensch einen Kampf für sich zu entscheiden, weil man sich so frei macht, auf der rein materiellen Ebene nach Lösungen zu suchen, wo es eben immer nur um Kraft gegen Kraft geht - mal grober, mal feiner.

junger Tiger
28-01-2018, 12:33
Ach so - noch ein Nachtrag zum Üben für die, die es interessiert.

Man steht sich mit einem Partner gegenüber und berührt ihn an der Stirn oder an der Schulter - dann soll er so aufwandslos wie möglich zu Boden geführt werden. Zur Aufgabe gehört es, sich nicht am Gegner oder am Ziel auszurichten, also es soll auf Arbeit mit Winkeln, Druck und Hebeln verzichtet werden. Der Partner fällt mühelos zu Boden, ohne dass man biomechanisch "denkt". Alles bewusst mechanisch Herbeigeführte ist nur ein Tricksen, es ist noch immer äußere Arbeit und hat nichts mit innerer Kampfkunst zu tun (zumindest diesem Anspruch nach).
Hilfreich ist das Sinken des gesamten Körpers, die Visualisierung der vollendeten Situation und die Arbeit nur mit der Hand. Der Körper wird also nicht hinter dem Kontaktpunkt aufgebaut im Sinne einer stabilen Boden-Körper-Körper-Verbindung, sondern nur von der Hand her die Bewegung ausführen. Für den anderen fühlt es sich dann an, als falle er urplötzlich in ein Loch. Man selber bewirkt das Fallen des Partners also nicht, sondern es ist nur eine Folge der eigenen inneren Arbeit - ohne Denken in Wegen, sondern nur in Konsequenz. Die erfoderliche Biomechanik gestaltet der Körper quasi autonom - man weiß also selber nicht, was man tut, weshalb der andere nix entgegenbringen kann, denn man arbeitet nicht nach konditionierten Bewegungsprogrammen.

Oder:

Man steht in mittlerer Distanz, der Partner soll mit Fauststoß angreifen. Man selber erzeugt ein Bewegungsgefühl, um in eine der acht Richtungen auszuweichen. Der schlagende Partner soll in seiner Bewegung spüren, ob und inwieweit er von seinem Plan, einen geraden Schlag auszuführen, abgelenkt wird, obwohl man sich selber im Raum nicht verändert hat. Im nächsten Schritt ginge es darum, dass der schlagende Partner sein Gleichgewicht verliert, ohne dass man an ihm herumdoktert.

Oder:
In der Form oder im Alltag nimmt man jede Bewegung gedanklich vorweg und achtet nicht auf die Ausrichtung des Körpers. Man bleibt konsequent bei der projizierten Bewegung und achtet darauf, was im eigenen Körper dadurch geschieht. Nicht also den Körper in eine Form pressen (Drills, Bewegungsmuster, Taktiken usw.), sondern den Körper arbeiten lassen und Mind und Body verschmelzen, statt durch das Ego im Körper und im Raum Wege vorzuschreiben.

Hilfreich ist es auch, die Bewegungen an einem Partner immer von den Kontaktpunkten her zu denken - meistens also von den Händen her. Torsten erklärt das z. B. so, dass die Hände und Füße ein Eigenleben hätten. Dadurch agieren sie "unabhängig" und unvorhersehbar, der Fokus ist immer vorne - durch das Sinken hat man einen passenden Körpermodus, so dass Kraft den optimalen Weg finden kann wie Wasser, das durch einen Gartenschlauch geschossen kommt und niemand da ist, der versucht, den Schlauch zu beherrschen.

Irgendwann ist es dann auch egal, auf welche Weise man materiell arbeitet. Deshalb gibt es z. B. auch keine speziellen Waffentechniken. Kommt eine Bewegung aus der Tiefe, reicht schon ein Antippen und den anderen haut es um, weil sich seine eigene Energie in ihm selbst entlädt. Es ist auch nicht nötig, Fauststöße oder Ähnliches zu üben, denn entscheidend ist das, was hinter allem steht.

DatOlli
28-01-2018, 13:17
Hallo junger Tiger,

da würde ich gerne mehr darüber wissen, wie das in der Praxis aus sehen soll. Welche
heutigen Praktiker hast Du denn im Sinn, bei denen man sich das von Dir beschriebene
auf guten Niveau anschauen kann?

Beste Grüße,

Glückskind

Da schließe ich mich mal an.

Liebe Grüße
DatOlli

junger Tiger
28-01-2018, 13:34
Da schließe ich mich mal an.

Ich habe weiter oben bereits ein paar Namen genannt; mich selber ausgeschlossen, weil ich kein hauptberuflicher Lehrer bin.

* Silverback
28-01-2018, 14:23
... mich selber ausgeschlossen, weil ich kein hauptberuflicher Lehrer bin.

Kurze Randanmerkung aus meiner interessierten Brille: Das wäre mir ehrlich gesagt völlig wumpe - und außerdem ist Hauptberuflichkeit IMHO null Indikator für Kompetenz!
Was vollkommen Anderes wäre es IMHO (und würde ich natürlich akzeptieren), wenn Du sagst, Du möchtest es/ etwas nicht weitergeben (Grund egal).

Heisst in Summe: Ganz persönlich wäre ich an handfesten Impulsen sehr interessiert. Ich bin eher der "learning by experience-Typ", als der "learning bei Lesen-Typ" :).

Also wenn Du mal ein Seminar/ Training/ Treffen/ whatever veranstaltest (und dass idealerweise in Deutschland (von noch idealeren räumlichen Eingrenzungen gehe ich mal gar nicht aus :rolleyes:)) ... dann gib BITTE auf jeden Fall Bescheid - per Post, PN, .... VIELEN DANK!

junger Tiger
28-01-2018, 14:33
Also wenn Du mal ein Seminar/ Training/ Treffen/ whatever veranstaltest (und dass idealerweise in Deutschland (von noch idealeren räumlichen Eingrenzungen gehe ich mal gar nicht aus )) ... dann gib BITTE auf jeden Fall Bescheid - per Post, PN, .... VIELEN DANK!

Also Seminare mache ich nicht. Was sich bisher ein bissel etabliert hat, ist, dass immer mal ein paar Interessierte bei mir vorbeischauen. Bisher aber auch nur eine Handvoll. Es gibt einen, der mich inzwischen regelmäßig besucht. Das hängt auch damit zusammen, wie viel Energie ich in das Training stecke und natürlich andere Sachen Priorität haben. Deshalb war mir das mit dem hauptberuflichen Lehrer wichtig, da diese Menschen meist genug Zeit und Raum haben, weil das Training deren Lebensschwerpunkt darstellt, was bei mir nicht der Fall ist. Wie gesagt: Ich bin ein Laie, der selber am lernen und üben ist - mehr nicht. Aber wer Interesse hat, mit mir gemeinsam zu üben (nicht von mir zu lernen), der ist herzlich eingeladen.

Ansonsten war geplant, dass ich bei mir in der Nähe ein Seminar mit Manfred Steiner organisiere und auch mit Torsten Kanzmeier. Dieser ist nur sporadisch in Deutschland und wir haben schon festgestellt, dass es gar nicht so leicht ist, passende Termine zu finden - und auch genug Leute, dass es sich lohnt. Aber: Es ist noch auf dem Bildschirm, nicht vergessen und wird sicher irgendwann stattfinden werden.

Da kann ich ja nochmal bissel Propaganda machen, wenn es spruchreif sein sollte.

* Silverback
28-01-2018, 14:51
Also Seminare mache ich nicht. Was sich bisher ein bissel etabliert hat, ist, dass immer mal ein paar Interessierte bei mir vorbeischauen. Bisher aber auch nur eine Handvoll. Es gibt einen, der mich inzwischen regelmäßig besucht. Das hängt auch damit zusammen, wie viel Energie ich in das Training stecke und natürlich andere Sachen Priorität haben. Deshalb war mir das mit dem hauptberuflichen Lehrer wichtig, da diese Menschen meist genug Zeit und Raum haben, weil das Training deren Lebensschwerpunkt darstellt, was bei mir nicht der Fall ist. Wie gesagt: Ich bin ein Laie, der selber am lernen und üben ist - mehr nicht. Aber wer Interesse hat, mit mir gemeinsam zu üben (nicht von mir zu lernen), der ist herzlich eingeladen.
Message angekommen, Danke.
Weiters: <Interesse anmeld>!!!
Nähere Infos wiegesagt gerne per PN, Post, email, ...
Und was Zeit und Energie angeht: Vielleicht kann ich ja im Austausch "irgendetwas" zurückgeben (beruflich, privat, ...); ich mag Win Win-Situationen!


Ansonsten war geplant, dass ich bei mir in der Nähe ein Seminar mit Manfred Steiner organisiere und auch mit Torsten Kanzmeier. Dieser ist nur sporadisch in Deutschland und wir haben schon festgestellt, dass es gar nicht so leicht ist, passende Termine zu finden - und auch genug Leute, dass es sich lohnt. Aber: Es ist noch auf dem Bildschirm, nicht vergessen und wird sicher irgendwann stattfinden werden....

Neugierige FRAGE: Wo ist denn "bei mir in der Nähe" (Bundesland od. Ort)?

DatOlli
28-01-2018, 15:22
Ich habe weiter oben bereits ein paar Namen genannt; mich selber ausgeschlossen, weil ich kein hauptberuflicher Lehrer bin.

Hat sich überschnitten

Liebe Grüße
DatOlli

junger Tiger
28-01-2018, 15:46
"Bei mir in der Nähe" wäre der mitteldeutsche Raum - vornehmlich in den neuen Bundesländern, am aller allervornehmlichsten im schönen Harz.

junger Tiger
28-01-2018, 15:59
Was vollkommen Anderes wäre es IMHO (und würde ich natürlich akzeptieren), wenn Du sagst, Du möchtest es/ etwas nicht weitergeben (Grund egal).

An sich gibt es keine Geheimnisse, um mal CMC zu zitieren. Ich gebe gern weiter, kann aber auch nur das weitergeben, was ich verstanden habe (und wie ich es verstanden habe). Hinzu kommt, dass ich selber erst diese Erfahrungen mache und es extrem schwere Arbeit ist, sich die konditionierten Muster abzugewöhnen. Das Üben - so meine Erfahrung - gelingt auch fast nur mit Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben oder danach suchen; sie zumindest nicht von vornherein ausschließen. Es ist müsig, eine gemeinsame Übungsbasis zu schaffen, wenn jemand nicht überzeugt ist und Widerstand in die Übungen hineinbringt, mit dem man aktuell noch nicht umgehen kann. Deshalb: openminded und Freude am gemeinsamen Experimentieren.

Das Üben der Biomechanik kann man ja überall machen. Das ist also nix Besonderes. Das andere Zeugs - so nur meine Erfahrung (ich weiß: ich wiederhole mich) - braucht tatsächlich ein inneres Gefühl von "Jaaaa, da könnte was dran sein." Es geht uns ja nicht um Überzeugungsarbeit oder um die Frage, wer schneller wie viel Kraft mobilisieren kann.

Klaus
28-01-2018, 18:21
Man sollte sich auch daran gewöhnen, dass es Grundprinzipien sind, Grundkräfte gibt es eher wenige körperliche Varianten dessen was der Körper zur Energie- bzw. Kraftbereitstellung kann. Kao bedeutet auch nicht zwingend mit der Schulter zu operieren, es geht um das "Überschneiden" der Struktur durch eine Form von Lehnen, was mit Schulter, Hüfte, Brust, egal womit geht. Oben rum geht es halt einfacher. Man nimmt einen Raum und, und wenn da jemand ist hat er halt Pech und faltet sich um einen herum.

Keva
28-01-2018, 19:30
Soweit ich IMA und TaiChi bisher verstanden habe, sind die Grundkräfte als Bewegungsprinzipien zu verstehen, die über die verschiedenen Bildern ( z.B. in der TaiChi Form ) und über Ideen vermittelt werden sollen. Im entsprechenden Training sollte man dann die notwendigen physischen und mentalen Skills entwickeln, um im Kampf Techniken effektiv anzuwenden.





Die Taiji-Klassiker sowie die Legenden um historische Taiji-Meister als auch einige wenige moderne Praktiker nutzen einen anderen Weg, der meiner Erfahrung nach das eigentliche Taiji trifft und weit über biomechanische Paradigmen hinausreicht. Ein Kampf muss entschieden sein für dich, bevor er beginnt. Damit ist nicht gemeint, dass du eine Aura entwickelst, die einem anderen suggeriert "Mit mir kriegste ein Problem, also lass lieber die Finger von mir". Ebenso ist damit nicht gemeint, als erster zuzuschlagen oder volle Kanne reinzuwummern. Wie gesagt: Das macht nämlich in mehr oder weniger ausgeprägter Qualität jeder, der sich mit Kampf befasst.

Gemeint ist nach meiner Erfahrung und meinem Verständnis eine grundlegende veränderte Haltung, durch welche man nicht wie alle anderen in Winkeln, Distanz, Timing, Kraft, Schnelligkeit, Taktik oder Strategie denkt, sondern eine Haltung, mit der diese Parameter obsolet werden, da sie dem Verfall bzw. der materiellen Grenzen unterliegen. Damit ist nicht gesagt, dass physikalische Gesetze aufgehoben werden. Im Gegenteil! Sie werden auf höcheffiziente Weise genutzt, weil das Ego nicht mehr bemüht ist, auf Wegen, sondern nur noch in Konsequenzen zu denken.

...

Durch das Einnehmen solch einer Haltung sind dann auch ganz spezielle Effekte möglich wie etwa dass ein Partner schon vor Körperkontakt sein Gleichgewicht verliert und stürzt oder nicht-intentional wegspringt. Er hat nämlich eine Angriffsabsicht und richtet sich bewusst oder unbewusst an typischen Paramtern aus wie Distanz, benötigter Kraftauwand, Timing usw. Wenn man als Verteidiger keinen Wert auf diese Dinge legt, sondern innerlich schon längst woanders ist, kann der Partner seine Kraft nicht dort entladen, wo er wollte, sondern er ist auf sich selbst zurückgeworfen - in diesem Moment kämpft er also nur gegen sich selber und bekommt den Verteidiger nicht zu fassen; nicht aber, weil dieser geschickt ausweicht, da dies wieder nur actio-reactio wäre, sondern weil das Sein des Verteidigers grundsätzlich anders verläuft als das Sein des Angreifers.


:confused: So etwas wie Effekt ohne Körperkontakt funktioniert aber nur, wenn sich beide Trainingspartner im gleichen Bezugssystem während der freundschaftlichen gemeinsamen Übung bewegen, und nicht im realen Kampf.

Grüße

Keva.

junger Tiger
28-01-2018, 19:49
So etwas wie Effekt ohne Körperkontakt funktioniert aber nur, wenn sich beide Trainingspartner im gleichen Bezugssystem während der freundschaftlichen gemeinsamen Übung bewegen, und nicht im realen Kampf.

Es besteht eine Möglichkeit - nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Außerdem geht es nicht darum, solche Effekte intentional zu generieren, sondern darum, dass eben nicht im Sinne von schablonenartigen Bewegungsprinzipien gedacht wird, um Bewegungen hinter der materiellen Ebene zu entwickeln; es heißt ja nicht umsonst Mind-Body-Boxen oder "inneres" Boxen. Techniken oder Bewegungsprinzipien, Taktiken usw. sind alles nur Schemata, Schablonen - äußerliches; selbst dann, wenn es internalisierte Muster geworden sind.

Aber wie gesagt: Es gibt viel Interpretationsfreiraum und ich weiß, dass sehr viele dieser Betrachtungsweise den Vorzug geben. Daher wollte ich meine Beiträge auch nur als Anstoß schreiben, um das Bewusstsein ein kleines bisschen in eine andere Richtung zu bringen - natürlich nur bei denen, die es interessiert. Ansonsten - wie heißt es so schön?! - Weitermachen! :D

DatOlli
28-01-2018, 20:44
Außerdem geht es nicht darum, solche Effekte intentional zu generieren

Verstehe ich leider nicht so ganz. Meinst du unbewusst oder zufällig? Also sind die Effekte sicher abrufbar?
Falls nicht, warum etwas üben, das ohnehin nicht zu steuern ist?

Neugierige Grüße
DatOlli

Keva
28-01-2018, 20:46
Es besteht eine Möglichkeit - nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Außerdem geht es nicht darum, solche Effekte intentional zu generieren, sondern darum, dass eben nicht im Sinne von schablonenartigen Bewegungsprinzipien gedacht wird, um Bewegungen hinter der materiellen Ebene zu entwickeln; es heißt ja nicht umsonst Mind-Body-Boxen oder "inneres" Boxen. Techniken oder Bewegungsprinzipien, Taktiken usw. sind alles nur Schemata, Schablonen - äußerliches; selbst dann, wenn es internalisierte Muster geworden sind.

:halbyeaha Keine Schablonen , also unbewusst und nicht dabei " denken ", dem kann ich ganz und gar zustimmen.
Die oben erwähnten speziellen Effekte sind aber nicht reproduzierbar , verstehe ich das richtig ? - ich habe es in deinen Erklärungen als Skill / Effekt von meisterhafter Mind Body Harmonie verstanden. Also zu erreichen mit viel, viel Übung.

Grüße,

Keva.

Klaus
28-01-2018, 22:16
Ich würde "Prinzipien" noch durch "Grundfertigkeiten" bzw. Grundelemente ersetzen. So wie Shoulder-Roll, Meidbewegung, Uppercut, Haken, Jab bekannte Grundelemente des Boxens sind, sind Kao und Co. halt Elemente von IMAs die man dann für Lösungen improvisierend kombiniert.

DatOlli
29-01-2018, 07:50
Ich würde "Prinzipien" noch durch "Grundfertigkeiten" bzw. Grundelemente ersetzen. So wie Shoulder-Roll, Meidbewegung, Uppercut, Haken, Jab bekannte Grundelemente des Boxens sind, sind Kao und Co. halt Elemente von IMAs die man dann für Lösungen improvisierend kombiniert.

Auch wenn ich noch Anfänger bin ich finde den Ausdruck "Grundfertigkeiten" recht passend. Techniken würde mMn. nicht passen. Da eigentlich jede Bewegung (in der Form) offensiv, defensiv und als take-down (Gleichgewichts-brechung) genutzt werden kann, je nach Kontext. Außerdem lassen sich die Bewegungen ja auch fragmentieren.
Die Prinzipien hinter den Bewegungen lassen sich ja auch auf andere Bewegungen übertragen.
Also ja, aus meiner beschränkten Sicht, passt Grundfertigkeiten am besten.


Liebe Grüße
DatOlli

PS.: Im Bezug auf die Eingangsfrage möchte ich auf "Wong F" verweisen. Kann ich mich so anschließen.

junger Tiger
29-01-2018, 08:43
Keine Schablonen , also unbewusst und nicht dabei " denken ", dem kann ich ganz und gar zustimmen.
Die oben erwähnten speziellen Effekte sind aber nicht reproduzierbar , verstehe ich das richtig ? - ich habe es in deinen Erklärungen als Skill / Effekt von meisterhafter Mind Body Harmonie verstanden. Also zu erreichen mit viel, viel Übung.

Ja, reproduzierbar im Sinne einer festgelegten Reihenfolge von Bewegungen oder der Anwendung bestimmter mentaler Fähigkeiten nicht. Es sind eher Begleiterscheinungen der eigentlichen Praxis. Und diese besteht nicht daron von außen nach innen zu üben, sondern von innen nach außen.

Die Grundkräfte z. B. sind meiner Ansicht nach in der Mehrheit der Fälle Schablonen. Daran ist nix verkehrt, weil man sich daran ausrichten kann. Es macht aber einen himmelweiten Unterschied, ob ich mit dem Ego bemüht bin irgendeine Form (z. B. eine bestimmte Grundkraft) zu kultivieren oder ob diese nur die Folge einer inneren Initialzündung ist und quasi nur zufällig diese Grundkraft manifest wird. Das eine ist berechenbar, vorhersehbar und in seiner Anwendung begrenzt, das andere, weil es am Ego vorbeisteuert unvorhersehbar, zeitlich nicht verzögert und unabhängig von Distanz, was dann wiederum die kontaktlosen Phänomene begünstigt, die dann nicht mehr auf der Anwendung biomechanischer Tricks beruhen, sondern nur eine Folge sind von inneren Bewegungen - und damit sind nicht die intentional bedingten Muskelansteuerungen zu verstehen, sondern etwas, das noch tiefer im menschlichen Sein liegt - quasi in der Welt der Ideen selbst.

"Mind over matter" um mal mit Torsten zu sprechen.

Ein Beispiel aus der Tierwelt:
Ich hatte mal eine Katze.
Wenn die sich so richtig erschrocken hat, ist sie reflexartig hoch und nach hinten gesprungen und hat manchmal noch eine Drehung in der Luft gemacht. Nicht, weil sie jemand von außen mit Fähigkeiten manipuliert hätte, sondern weil sich alles in ihr selbst abgespielt hat. So ist das auch beim Menschen. Der Kniesehnenreflex kann z. B. so aktiviert werden, der dann zu einem ungewollten Sprung führt - kontaktlos. Aber wie gesagt: Es ist keine Fähigkeit der Manipulation oder Biomechanik, sondern eine Folge der inneren Bewegungen, wobei Bewegungen "ganzheitlich" zu verstehen sind und nicht als Aussteuerung von Gelenken oder der intentionalen Aktivierung von Muskeln; auch nicht das Einnehmen einer bestimmten Form. Das alles sind "unbewusste" Folgen der inneren Fokussierung.

DatOlli
29-01-2018, 09:53
Das eine ist berechenbar, vorhersehbar und in seiner Anwendung begrenzt, das andere, weil es am Ego vorbeisteuert unvorhersehbar, zeitlich nicht verzögert und unabhängig von Distanz, was dann wiederum die kontaktlosen Phänomene begünstigt, die dann nicht mehr auf der Anwendung biomechanischer Tricks beruhen, sondern nur eine Folge sind von inneren Bewegungen

Wenn die sich so richtig erschrocken hat, ist sie reflexartig hoch und nach hinten gesprungen und hat manchmal noch eine Drehung in der Luft gemacht. Nicht, weil sie jemand von außen mit Fähigkeiten manipuliert hätte, sondern weil sich alles in ihr selbst abgespielt hat.

Der Kniesehnenreflex kann z. B. so aktiviert werden, der dann zu einem ungewollten Sprung führt - kontaktlos.
.

Ich habe mal die Stellen, die ich nicht verstehe, zitiert.

Was ich durchaus kenne, sind unbewusste Bewegungen, also Bewegungen die ich ausführe ohne Sie bewusst zu denken. Die sind allerdings, in meinem Fall, von vorherigem Lernen erzeugte (Bewegungs-/ Reaktions-) Muster.

Wieso begünstigt das "kontaktlose Phänomene"?
Viel wichtiger eigentlich, was verstehst Du unter "kontaktlosen Phänomenen" und was meinst du mit "biomechanischen Tricks"?

Wie man den Kniesehnenreflex triggern kann ohne die Kniesehne zu reizen entzieht sich meinem Wissen, aber ich könnte mir vorstellen dass man diesen Reflex eventuell durch Vorstellung oder spezielle Übungen triggern kann, Herzschlag geht ja auch. Allerdings fällt mir die Vorstellung schwer, da es sich hier eigentlich um einen autonomen Reflex handelt. Ist der nicht monosynaptisch und deshalb nicht beeinflußbar?

Oder meinst Du ein Partner löst kontaktlos den Patellarsehnenreflex beim anderen aus und den haut es dann nach hinten weg (wie ein Sprung)?

Die Katze macht solche Sprünge auch nicht einfach so, die hat das normalerweise als Kitten gelernt.
Will sagen auch eine Katze muss erst lernen mit ihrem Köper umzugehen (ist übrigens unglaublich süß anzuschauen - kann ich nur empfehlen - baut jedenfalls bei mir immer eine sehr angenehme Stimmung auf).

Lieben Dank und neugierige Grüße
DatOlli

junger Tiger
29-01-2018, 10:20
Was ich durchaus kenne, sind unbewusste Bewegungen, also Bewegungen die ich ausführe ohne Sie bewusst zu denken. Die sind allerdings, in meinem Fall, von vorherigem Lernen erzeugte (Bewegungs-/ Reaktions-) Muster.

Vorab: Ich erhebe keinen Anspruch auf Absolutheit oder vollständiges Wissen. Soll heißen, es sind nur meine Erfahrungen und mein aktuelles Verständnis basierend auf eben jenen Erfahrungen. Finde ich wichtig, zu betonen, damit es nicht in "dogmatischen" Diskussionen mündet.

Wenn man die meisten Kampfkünste betrachtet, handelt es sich um Übungsprogramme, bei denen es darum geht, zuvorderst den Körper auf bestimmte Techniken, Prinzipien und Bewegungsabläufe zu konditionieren. Dabei ist es egal, ob ich Judo lerne, Karate, Wing Tsun oder Taiji. Der Grundgedanke ist derselbe - Unterschiede ergeben sich in den Zielen, Anwendungen und Übungsschwerpunkten. Die einen konditionieren sich auf Reaktionen des sachten Ausweichens, andere konditionieren sich auf frühstmögliche Kontaktaufnahme und das Nachvornestürmen. Manche legen mehr Wert auf eine detaillierte Körperstruktur als andere. Aber die Grundannahme ist immer dieselbe: Kraft so optimal wie möglich einzusetzen und diese Kraft soll im eigenen Körper mobilisiert und dann übertragen werden. Dann geht es darum, Winkel, Distanz, Timing, Rhythmus usw. zu kultivieren, um eben die Kraftübertragung so geschmeidig wie möglich hinzukriegen. Auch wenn es heißt, die Kraft des Partners gegen ihn selber richten, beruht dieser Anspruch auf eigener Kraftmobilisierung, selbst wenn es nur darum geht, so gut wie möglich einen Bodenkontakt herzustellen und aufrechtzuerhalten. Durch das Wiederholen von Bewegungen schleifen sich diese ein und werden irgendwann eine Art Automatismus. Deshalb gibt es im Wing Tsun z. B. die Drills. Ziel ist es, die Rekationsgesachwindigkeit zu verkürzen. Der übliche Angang ist also immer reaktiver Natur: Jemand führt eine Aktion aus und ich reagiere mit entsprechend konditionierten Mustern - egal, ob ich sie bewusst oder unbewusst anwende. So bin ich immer nur ein reagierendes Individuum, auch wenn ich in der Lage bin, Absichten des anderen zu erkennen, bevor dieser sie selbst erkennt. Ich reagiere hier nur auf entsprechende Signale - wieder nur Reaktion, also letztlich wieder Druck und Gegendruck, Kraft gegen Kraft.

Um das Ganze zu umgehen, so meine Erfahrung, muss man sich von dieser Grundannahme der Reaktion verabschieden. Das heißt, dass alle äußeren Bewegungen nicht programmiert werden sollten. Und "äußerlich" sind für mich alle Bewegungen, die mittels Ego ausgeführt werden - ganz gleich, ob ein grober Faustschlag oder eine feine Aussteuerung von Hüftgelenken. Das Prinzip ist dasselbe: Ich presse meinen Körper in eine scheinbar optimale Form hinein. Dadurch stelle ich entsprechende Signale her, die der andere erkennen kann, weil er nach den selben Prinzipien seine Bewegungen ausführt, auch wenn er kein Taiji macht.

Mein Ziel ist es daher, mich mit Absicht absichtslos zu bewegen. Das heißt, ich denke nicht in Kraftlinien oder in Wegen, sondern nur in Konsequenzen und überlasse meinem Körper die Arbeit. Ich strebe nicht danach, von einem Punkt A zu einem Punkt B zu kommen, sondern entscheidend ist für mich Punkt C: die vollendete Situation. Dadurch verlieren die Punkte A und B an Bedeutung und werden bei entsprechendem Niveau ganz zur Nebensache, so dass es keine Signale gibt, die dem anderen verraten, wo ich aktuell stehe oder gar hin will.
Ich muss ein Gefühl besitzen, dass Punkt C erreicht ist und der Körper folgt dann diesem Gefühl. Das führt dann zu intuitiven (nicht von der Konditionierung abhängigen) Mikrobewegungen. Mein Fokus liegt nur auf dem Effekt und nicht darauf, wie er zustande kommt. Dazu muss man loslassen - körperlich (sinken) und mental, nämlich die Aufgabe des Wunsches, "Werkzeuge" anzuwenden. Die Bewegungen sind dann keine Automatismen, sondern ganz aus dem Inneren nach außen gebrachte Manifestationen einer der Situation geschuldeten Idee. Man greift also nicht auf Programme zurück, sondern lässt den Körper autonom agieren. Man braucht dann keine (scheinbare) Sicherheit in Form von Körperstrukturen, Winkeln, Timing usw., weil man nicht mehr reagiert. Das heißt, die ganzen "materiellen" Parameter sind überflüssig, weil das eigene Sein auf einer anderen Ebene existiert als das Sein des Angreifers, der in 95 % der Fälle "materiell" die Situation einschätzt.

Deshalb spielt sich auch in ihm alles ab und man selber tut faktisch nicht. "Der Meister tut nichts, und doch bleibt nichts ungetan." heißt es bei Laotse. Und genau so ist dann eine konflikthafte Begegnung. Man selber tut nichts, weil man nach ganz anderen Spielregeln spielt als es die allgemeine Vorstellung ist.

Keine Ahnung, ob ich das präzise genug formuliere ...

Im Prinzip ist für dich eine Situation schon gelöst, bevor der andere sich mit der Situation auseinandersetzt. Das ist eine Frage der inneren Haltung und nicht des Niveaus "materieller" Fähigkeiten wie Nehmerqualitäten, Kraft, Schnelligkeit usw.

Dadurch werden die kontaktlosen Sachen begünstigt, weil sie aus sich selbst heraus entstehen und keine Folge der eigenen Körpermanipulation sind. Der andere kämpft quasi nur gegen seine eigene Kraft innerhalb seines Körpers. Da er vermutlich Widerstände im Körper hat, entlädt sich dort der eigens erzeugte Druck, was dann dazu führen KANN, dass es zu kontaktlosen Phänomenen kommt, denn sein Körper reagiert auf Druck nach den konditionierten Mustern. Er erzeugt den Druck, kann ihn aber nicht dort entladen, wo ich selber bin und dann verbleibt der Druck im Körper und führt zu Fehlsteuerungen. Das geht aber nicht durch geschicktes Ausweichen, passendes Timing oder Körperstruktur, weil das wieder nur "materiell" gedacht wäre. Es geht darum, einen Zugang zu dem zu kriegen, was hinter der Materie ist und quasi hinter der Bühne die Fäden zu ziehen. Dadurch ist eine Situation fertig, bevor sie entsteht. Wie beim Theater: Hinter der Bühne ist alles geregelt, während die Zuschauer nur den blick auf die Bühne haben. Die Bühne steht sinnbildlich für alles Materielle: Biomechanik, Kraft, Kondition usw.

Daher hilft mir die Vorstellung, von einem bewegungseingeschränkten Menschen auszugehen. Dieser kann nicht auf Biomechanik o. Ä. vertrauen, sondern braucht einen anderen Angang.

Fly of the swallow
29-01-2018, 10:30
Hier ein Video zu den Grundkräften https://www.youtube.com/watch?v=PU51wyo2C1o. Ist keine Magie sondern einfach ein paar fundementale Prinzipien.
Die Unterteilung in innere und äußere Kampfkünste in den CMA kommt, wenn ich mich korrekt erinnere, aus dem letzten Jahrhundert und hatte primär marketingtechnische Gründe. (Finde aber gerade auch keine passende Quelle) Und natürlich wird in den CMA mit Intention (Yi), Winkeln, Richtungen usw. gearbeitet. Wenn man will, kann man das natürlich beliebig anders beschreiben, z. B. mit einem inneren Kraftfluss, Harmonie mit dem Universum, usw. .. Ist letztenendes nichts anderes, als an einen Gott (oder auch mehrere) zu glauben. Allerdings sind wir heute durchaus in der Lage, solche Vorstellungen, zumindest bis zu einem gewissen Grad, nämlich soweit unser aktuelles Verständnis reicht, in die physikalische Welt einzubetten, d. h. eine dogmatische Separierung ist nicht mehr notwendig.
(Gerade die Kombination solcher Vorstellungen mit ihren physikalischen Auswirkungen ist aus meiner Sicht das Interessante)

DatOlli
29-01-2018, 11:27
@Fly of the swallow

:halbyeaha

Liebe Grüße
DatOlli

junger Tiger
29-01-2018, 11:31
Und natürlich wird in den CMA mit Intention (Yi), Winkeln, Richtungen usw. gearbeitet.

Wobei Yi oft nur als Hilfsgröße genutzt wird und nicht als Essenz des Ganzen.

DatOlli
29-01-2018, 12:00
Vorab: Ich erhebe keinen Anspruch auf Absolutheit oder vollständiges Wissen. Soll heißen, es sind nur meine Erfahrungen und mein aktuelles Verständnis basierend auf eben jenen Erfahrungen. Finde ich wichtig, zu betonen, damit es nicht in "dogmatischen" Diskussionen mündet.


Ist schon klar. Mir geht es auch eher darum (d)eine Denkweise nachvollziehen zu können. Modelle gibt es in dem Bereich so viele.... Einige finde ich gut, andere bieten mir persönlich keinen Zugang.

Normalerweise schalte ich mich immer direkt ab, wenn ich "kontaktlos" höre, aber tatsächlich interessiert mich im Moment die Theorie dahinter. Das ich die Sichtweise vmtl. nicht teilen kann, ist dabei für mich nebensächlich.



Mein Ziel ist es daher, mich mit Absicht absichtslos zu bewegen. Das heißt, ich denke nicht in Kraftlinien oder in Wegen, sondern nur in Konsequenzen und überlasse meinem Körper die Arbeit. Ich strebe nicht danach, von einem Punkt A zu einem Punkt B zu kommen, sondern entscheidend ist für mich Punkt C: die vollendete Situation. Dadurch verlieren die Punkte A und B an Bedeutung und werden bei entsprechendem Niveau ganz zur Nebensache, so dass es keine Signale gibt, die dem anderen verraten, wo ich aktuell stehe oder gar hin will.
Ich muss ein Gefühl besitzen, dass Punkt C erreicht ist und der Körper folgt dann diesem Gefühl. Das führt dann zu intuitiven (nicht von der Konditionierung abhängigen) Mikrobewegungen. Mein Fokus liegt nur auf dem Effekt und nicht darauf, wie er zustande kommt. Dazu muss man loslassen - körperlich (sinken) und mental, nämlich die Aufgabe des Wunsches, "Werkzeuge" anzuwenden. Die Bewegungen sind dann keine Automatismen, sondern ganz aus dem Inneren nach außen gebrachte Manifestationen einer der Situation geschuldeten Idee. Man greift also nicht auf Programme zurück, sondern lässt den Körper autonom agieren. Man braucht dann keine (scheinbare) Sicherheit in Form von Körperstrukturen, Winkeln, Timing usw., weil man nicht mehr reagiert. Das heißt, die ganzen "materiellen" Parameter sind überflüssig, weil das eigene Sein auf einer anderen Ebene existiert als das Sein des Angreifers, der in 95 % der Fälle "materiell" die Situation einschätzt.

Meinst Du versimpelt sowas?
In Yi stelle ich mir vor einen bestimmten Punkt im Raum anzugreifen, mein Körper führt dann die notwendige Bewegung ohne mein aktives, bewusstes Zutun aus? - So in etwa?

Was meinst Du wenn du das Wort "Ego" benutzt? Persönlichkeit, Bewusstsein o.ä.?

Was meinst Du spezifisch mit Kontaktlos?

Ich kenne da jemanden, der ändert wenn er mit mir spielt seinen Intent. Der Intentwechsel sorgt dafür, das ich mich innerlich neu orientieren muss (Film gerissen, neue Rolle auflegen) was fast 'ne Sekunde dauert. Diese mittlere Ewigkeit nutzt er dann "gnadenlos" aus.

Eine Ex-Freundin von mir mit hellblauen Augen, hat geübt Ihre Pupillenreaktion durch Erinnerung an Gefühle zu verändern. Als die mit mir gespielt hat, hat sie urplötzlich an etwas gedacht, was sie sehr wütend gemacht hat. Ihre Pupillen haben sich daraufhin schlagartig verengt.
Das hat bei mir eine körperliche Reaktion ausgelöst (ich habe Streßhormone eingeschossen) die sich ein wenig wie eine Mischung aus Panikattacke und Tiefschlag angefühlt hat.

Ein Trainingspartner von mir liebt es Bewegungen anzutäuschen (fintiert), was oft genug zu einer entsprechenden Reaktion beim Partner führt.

Das waren jetzt mal drei Beispiele für kontaktlos, denen ich folgen kann.

Schwierig wird es bei mir, wenn Leute (Yellow-Bamboo-mäßig) kontaktlos in den Boden gebracht, umgelenkt, abgewehrt oder niedergestreckt werden.

Die bisherigen Ausführungen klangen für mich ein wenig nach Magie (die Aussenwelt passt sich der Innenwelt an - Innen wie außen, oben wie unten u.s.w.).
Nicht falsch verstehen, ich kenne einige intelligente Menschen, die sich innerhalb eines solchen Gedankensystems bewegen. - Ich tue es nicht, akzeptiere aber sie und ihre Weltsicht.
Ist eben auch eine Religion mit Glaubensinhalten. - Darüber diskutiere ich nicht, das akzeptiere ich ohne es für mich anzunehmen.

Danke im Voraus und liebe Grüße
DatOlli

DatOlli
29-01-2018, 12:24
Wobei Yi oft nur als Hilfsgröße genutzt wird und nicht als Essenz des Ganzen.

Das verstehe ich so, dass Du Yi als Essenz des Ganzen (der KK) betrachtest?
Ist legitim meiner Ansicht nach.

Bei mir ist die Essenz des ganzen, also der KK/KS, Gewalt (https://de.wikipedia.org/wiki/Gewalt) besser ausüben zu können - im Idealfall in angemessener Weise.

Das sind ja durchaus zwei Sichtweisen die nicht gerade nah zusammen liegen. Erklärt aber eventuell meine Schwierigkeiten im Vertändnis.

Liebe Grüße
DatOlli

junger Tiger
29-01-2018, 13:51
Meinst Du versimpelt sowas?
In Yi stelle ich mir vor einen bestimmten Punkt im Raum anzugreifen, mein Körper führt dann die notwendige Bewegung ohne mein aktives, bewusstes Zutun aus? - So in etwa?

Ich stelle mir keinen Angriff vor, sondern das Ergebnis des Angriffs. Wobei Yi nicht nur die Fähigkeit meint, sich Situationen gedanklich auszumalen, sondern Yi zugleich ein intensives Bewegungsgefühl (für mich) darstellt. Das heißt, dass mein ganzes Sein schon "weiß", dass die Sache erledigt ist. Yi ist also die VorstellungsKRAFT + ein damit verbundenes Bewegungsgefühl; dieses bedingt dann Mikrobewegungen außerhalb des Egos, was sie unvorhersehbar werden lässt, da es keinen gedankengestützten bzw. konditionierten Ansatz gibt, weil nicht auf einstudierte Programme rückgegriffen wird.


Was meinst Du wenn du das Wort "Ego" benutzt? Persönlichkeit, Bewusstsein o.ä.?

Hier finde ich eine ganz genaue Beschreibung schwer, weil man letztlich immer Ego hat oder Ego ist. Man kann es ja verschieden deuten: Identität, Selbstbild, Selbst usw. Ich meine mit "Ego" eine gerichtete Bewegung - egal ob körperlich oder geistig. Es ist natüröich auch Ego, wenn ich mir eine konkrete vollendete Situation vorstelle. Von daher ist der Begriff nicht unbedingt dauerhaft tauglich. Aber ein problematisches Ego ist für mich dann gegeben, wenn ich (und mein Körper) mich mit bestimmten Wegen definiere und so Anfangs- und Endpunkte von Bewegungen festlege, die wiederum vorhersehbar sind. Das Ego bleibt quasi in sich selbst mit seiner konkreten Absicht. Es wird nicht genutzt, um einen Weg zu gestalten, die Absicht Wirklichkeit werden zu lassen. Dann ist es für mich "internal".


Was meinst Du spezifisch mit Kontaktlos?
Letztlich alle vom Partner als Problem festgestellte Phänomene, die ihn daran hindern, seine Angriffsabsicht umzusetzen. Kontaktlos kann sein, jemanden gezielt zu manipulieren, indem man eine Stütze reicht, die im richtigen Moment weggezogen wird. Kontaktlos kann nonverbale Kommunikation sein. Aber was ich darunter verstehe ist, dass ich selber keinen Kontakt zum Gegenüber aufbau, also eine doppelte Gewichtung vermeide, sondern vollständig in mir selbst bleibe und somit nicht zu jemandem werde, der "reagiert".


Ich kenne da jemanden, der ändert wenn er mit mir spielt seinen Intent. Der Intentwechsel sorgt dafür, das ich mich innerlich neu orientieren muss (Film gerissen, neue Rolle auflegen) was fast 'ne Sekunde dauert. Diese mittlere Ewigkeit nutzt er dann "gnadenlos" aus.

Das ist auch eine Form der Kontaktlosigkeit, wie ich finde, aber auch hier ist es wieder das "alte Spiel" von actio und reactio. Er greift auf konditioniertes Verhalten zurück. Das heißt auf der materiellen Ebene (zwei Körper stehen sich gegenüber) ist es kontaktlos, auf der immateriellen Ebene nicht, weil ein Bezug (Kontakt) zum Gegenüber besteht und die Absicht, ihn zu manipulieren - doppelte Gewichtung: ich hier, der andere dort drüben. Dadurch hat man eine unsichtbare Brücke erzeugt mit zwei Pfosten. Das heißt, man teilt sich einen gemeinsamen Schwerpunkt.


Eine Ex-Freundin von mir mit hellblauen Augen, hat geübt Ihre Pupillenreaktion durch Erinnerung an Gefühle zu verändern. Als die mit mir gespielt hat, hat sie urplötzlich an etwas gedacht, was sie sehr wütend gemacht hat. Ihre Pupillen haben sich daraufhin schlagartig verengt.
Das hat bei mir eine körperliche Reaktion ausgelöst (ich habe Streßhormone eingeschossen) die sich ein wenig wie eine Mischung aus Panikattacke und Tiefschlag angefühlt hat.

Hier würde ich es wie oben geschildert sehen. Aber auch sehr cool, wenn man auf diese Weise mit Emotionen umgehen kann!!!


Ein Trainingspartner von mir liebt es Bewegungen anzutäuschen (fintiert), was oft genug zu einer entsprechenden Reaktion beim Partner führt.

Auch hier wird "materiell" agiert, indem ein Bezug besteht und man über diesen versucht, den anderen zu steuern, wodurch es immer nur Reaktion ist.


Das waren jetzt mal drei Beispiele für kontaktlos, denen ich folgen kann.

Das sind schöne Beispiele gewesen. Danke dafür!


Schwierig wird es bei mir, wenn Leute (Yellow-Bamboo-mäßig) kontaktlos in den Boden gebracht, umgelenkt, abgewehrt oder niedergestreckt werden.

Es ist schwierig, weil die Situation nicht immer klar definiert sind und es eine Unmenge an Manipulationsversuchen gibt; sei es das Mitspielen der Schüler oder vielleicht auch der Einsatz von Hypnose oder anderen manipulativen Prozessen.


Die bisherigen Ausführungen klangen für mich ein wenig nach Magie (die Aussenwelt passt sich der Innenwelt an - Innen wie außen, oben wie unten u.s.w.).

Es kann sicherlich "magisch" verstanden werden. Allerdings ist es aus meiner Sicht in erster Linie ein Phänomen der Kommunikation auf feinsten Ebenen. Kampf als soziale Praxis; "sozial" als kulturell bedingte Verhaltens- und Erlebensmuster. Sobald man sich außerhalb dieses Rahmens bewegt, fehlen die Möglichkeiten, nach eigens gelernten Konditionierungen zu reagieren. Es gibt einfach keine Projektionsflächen mehr für das angelernte Verhalten und Erleben. Deshalb kann das Gegenüber nichts einschätzen. Solange man den Weg geht, das Biomechanische zu üben, egal, wie fein man wird, bleibt man in den alten Mustern; selbst bei prima Muskeltonus oder den minimalsen Hebeln. Auch nicht falsch verstehen: So wie ich es verstehe und übe, werden diese Dinge nicht aufgehoben. Sie entstammen aber einer anderen Quelle, weshalb sie andere Folgen bedingen.

Ein Beispiel: Um sich im Raum so flüssig wie möglich zu bewegen, gibt es die Vorstellung, sich wie eine Kugel zu bewegen. Man visualisiert also eine Kugel. Der typische Angang ist nun, sich zu überlegen, wie man seine Gelenke und Muskeln usw. steuern muss, um das Bild einer Kugel umzusetzen (Yi also nur eine Hilfsgröße). Wenn ich auf diesen Weg verzichte und konsequent bei dem Bild (und dem Gefühl) der Kugel bleibe, organisiert sich der Körper selbstständig in diese Vorstellung hinein. Das heißt, man praktiziert nicht länger von außen nach innen, sondern von innen nach außen. Das Ego gibt die Vorstellung der Kugel vor. Das wars. Es ist die pure Absicht. Danach arbeitet der Körper bei entsprechender Kopf-Herz-Körper-Verbindung "autonom" - also am fragenden, übenden und perfektionistischem Ego vorbei.

Magie ist es dahingehend, dass einige Grundannahmen auch in archaischen Traditionen oder anderen Überlieferungen vorkommen, z. B. im Positiven Denken, oder wie das heißt (Dr. Joseph Murphy). Allerdings ist das nicht daramtisch, es ist halt ein anderer Umgang mit der Körpersteuerung. In diesem Sinne also nicht übernatürlich, sondern ganz natürlich, aber vor dem Hintergrund eines anderen Ausgangspunktes.



Nicht falsch verstehen, ich kenne einige intelligente Menschen, die sich innerhalb eines solchen Gedankensystems bewegen. - Ich tue es nicht, akzeptiere aber sie und ihre Weltsicht.
Ist eben auch eine Religion mit Glaubensinhalten. - Darüber diskutiere ich nicht, das akzeptiere ich ohne es für mich anzunehmen.

Das ist eine schöne Einstellung, die ich gerne teile.

Also ...
üblicherweise lernt man mit Taiji eine Bewegungsabfolge, Bewegungsprinzipien und ein paar mentale Fähigkeiten. Das Lernen selber geschieht dann von außen nach innen, indem man durch Wiederholungen bemüht ist, Ideale zu erreichen. Die Arbeit mit der Vorstellungskraft ist dabei meist nur eine Ergänzung, um ein Gespür für Bewegungen zu bekommen; es wird (aus meiner Erfahrung) viel zu selten als Ursprung der Bewegungen gesehen. Wobei das eben "ganzheitlich" sein sollte über die Verbindung mit einem Bewegungsgefühl und dem Gefühl, eine Situation bereits vollendet zu haben.

Je intensiver das Gefühl, desto stärker richtet sich der Körper aus. Man ist nach wie vor "materiell", aber die Arbeit mit Materie ändert sich, weil man z. B. im Partnertraining nicht mehr übt, zu reagieren oder Kleinigkeiten in der Körperstruktur zu verbessern, sondern weil man lernt, von innen heraus nach außen zu manifestieren und die materiellen Dinge wie z. B. Körperstruktur als "Nebenwirkung" optimiert werden. Man verlagert seinen "Schwerpunkt" also nach innen.

junger Tiger
29-01-2018, 13:53
Bei mir ist die Essenz des ganzen, also der KK/KS, Gewalt besser ausüben zu können - im Idealfall in angemessener Weise.

Ist bei mir auch der Fall, die Frage ist aber immer, wo Gewalt beginnt und was hinter der Gewalt steht.

DatOlli
29-01-2018, 14:13
Letztlich alle vom Partner als Problem festgestellte Phänomene, die ihn daran hindern, seine Angriffsabsicht umzusetzen. Kontaktlos kann sein, jemanden gezielt zu manipulieren, indem man eine Stütze reicht, die im richtigen Moment weggezogen wird. Kontaktlos kann nonverbale Kommunikation sein. Aber was ich darunter verstehe ist, dass ich selber keinen Kontakt zum Gegenüber aufbau, also eine doppelte Gewichtung vermeide, sondern vollständig in mir selbst bleibe und somit nicht zu jemandem werde, der "reagiert".


Danke. So ganz verstanden habe ich das noch nicht. Aber ich glaube, die grobe Richtung schon.
Gemeint ist also keine "Energieprojektion", oder ähnlich lustiges Zeug.

Ansonsten geht das eher in die Richtung von Herrn Barthel und Tantientschüan (Sry für evtl. falsche Schreibweise)?

Nochmal lieben Dank für deine Zeit
DatOlli

junger Tiger
29-01-2018, 14:37
Ansonsten geht das eher in die Richtung von Herrn Barthel und Tantientschüan (Sry für evtl. falsche Schreibweise)?

Ja, daher hatte ich auch auf die Frage, wo man sich sowas ansehen könnte, sowohl ihn genannt als auch zwei Lehrer, die lange bei ihm waren und denen ich sehr vertraue; wobei Torsten ja im fernen Osten unterwegs ist. Ansonsten sind die TTT-Leute ja recht verschwiegen und eher unter sich.

Ich denke, dass es für ein Verständnis hilfreich ist, die "materiellen" Parameter (temporär) außen vor zu lassen. Also nicht in Kategorien von Kraft und Geschwindigkeit zu denken, nciht versuchen, die Wege zu verkleiner oder Ähnliches, sondern wirklich nur mit der puren Absicht zu arbeiten. Der Körper folgt dem Geist. Wobei man auch bei Absichten dann unterscheiden muss, denn ein Wille für eine bestimmte Bewegung ist auch Absicht, aber es ist ein Unterschied, ob ich eine Absicht als Endzweck nutze oder nur als Mittel zum Zweck. Der Körper passt sich der eigenen Denk- und Gefühlsweisen an. Und wenn man auf diesen "tieferen" Ebenen keine Änderung vornimmt, bleibt alles beim Alten; was nicht verkehrt ist!!! Gleichzeitig ist es ja das erklärte Ziel, mit dem Schwachen das Starke zu überwinden. Für mich geht das nicht, wenn man "materiell" denkt, also statt rohe Kraft auf andere Determinanten setzt, denn dadurch ist das zugrundeliegende Paradigma unverändert und man selber ist trotz muskulärer Unterlegenheit der stärkere, weil man schneller kürzere Wege nutzt usw. Das heißt für mich, dass auf diese Art nicht das Ideal angestrebt werden kann.

Diese Erfahrung wurde bei mir übrigens durch einen privaten "Schicksalsschlag" eingeleitet. ich hatte vorher zwar schon entsprechende Erfahrungen und auch Erkärungen, wobei die für mich immer schwammig waren - daher bemühe ich mich hier auch um Präzesion. Da mein Sohn von heute auf morgen sämtliche Motorik verloren hat (Parese infolge einer Autoimmunstörung) reiften in mir diese sprachlich "eingefangenen" Erkenntnisse heran. Vorher habe ich sowas geübt, gesehen, gelesen, gelernt usw., aber erst als ich meinen kleinen Sohn bewegungsunfähig aber bei vollem Bewusstsein erlebt habe, kam dieser Aha-Effekt, worum es gehen sollte, wenn man biomechanische Aspekte und Ähnliches nicht nutzen kann.

DatOlli
29-01-2018, 14:56
Ja, daher hatte ich auch auf die Frage, wo man sich sowas ansehen könnte, sowohl ihn genannt als auch zwei Lehrer, die lange bei ihm waren und denen ich sehr vertraue; wobei Torsten ja im fernen Osten unterwegs ist. Ansonsten sind die TTT-Leute ja recht verschwiegen und eher unter sich.

Ich glaube wir (vielleicht auch nur ich selbst) hatten da auf ein YT-Video mit Anwendung gehofft.



Ich denke, dass es für ein Verständnis hilfreich ist, die "materiellen" Parameter (temporär) außen vor zu lassen. Also nicht in Kategorien von Kraft und Geschwindigkeit zu denken, nciht versuchen, die Wege zu verkleiner oder Ähnliches, sondern wirklich nur mit der puren Absicht zu arbeiten. Der Körper folgt dem Geist. Wobei man auch bei Absichten dann unterscheiden muss, denn ein Wille für eine bestimmte Bewegung ist auch Absicht, aber es ist ein Unterschied, ob ich eine Absicht als Endzweck nutze oder nur als Mittel zum Zweck. Der Körper passt sich der eigenen Denk- und Gefühlsweisen an. Und wenn man auf diesen "tieferen" Ebenen keine Änderung vornimmt, bleibt alles beim Alten; was nicht verkehrt ist!!! Gleichzeitig ist es ja das erklärte Ziel, mit dem Schwachen das Starke zu überwinden. Für mich geht das nicht, wenn man "materiell" denkt, also statt rohe Kraft auf andere Determinanten setzt, denn dadurch ist das zugrundeliegende Paradigma unverändert und man selber ist trotz muskulärer Unterlegenheit der stärkere, weil man schneller kürzere Wege nutzt usw. Das heißt für mich, dass auf diese Art nicht das Ideal angestrebt werden kann.

Da haben wir glaube ich mein Verständnisproblem.
Ich denke, auf den Text bezogen, wohl zu materiell. Da müsste um folgen zu können eine Änderung in meinem Denken eintreten.
Für mich geht es tatsächlich darum
mehr Power zu übertragen
mehr Speed zu generieren
schneller zu verarbeiten
mehr Druck ausüben (um weniger rein zu kriegen)
besseres Gleichgewicht
kürzere Wege
bessere Nehmerqualitäten und so weiter



Diese Erfahrung wurde bei mir übrigens durch einen privaten "Schicksalsschlag" eingeleitet. ich hatte vorher zwar schon entsprechende Erfahrungen und auch Erkärungen, wobei die für mich immer schwammig waren - daher bemühe ich mich hier auch um Präzesion. Da mein Sohn von heute auf morgen sämtliche Motorik verloren hat (Parese infolge einer Autoimmunstörung) reiften in mir diese sprachlich "eingefangenen" Erkenntnisse heran. Vorher habe ich sowas geübt, gesehen, gelesen, gelernt usw., aber erst als ich meinen kleinen Sohn bewegungsunfähig aber bei vollem Bewusstsein erlebt habe, kam dieser Aha-Effekt, worum es gehen sollte, wenn man biomechanische Aspekte und Ähnliches nicht nutzen kann.

Ja, das hätte meine Art zu denken auch nachhaltig verändert. Ich hoffe jedoch inständig, das diese Änderung im Denken so sie bei mir eintreten sollte einen anderen, nicht so bösen, Grund hat.
Ich hoffe für deinen Sohn, dass er da wieder rausgeholt werden kann.

Liebe Grüße
DatOlli

junger Tiger
29-01-2018, 15:16
https://www.youtube.com/watch?v=x0a2QfoRUNw

Das wäre ein Videovorschlag.
Allerdings sieht man von außen nichts. Von außen kann man analysieren: Timing, Hebel, Körperstruktur, Winkel, Muskeltonus. Aber da es Torsten ist, weiß ich, dass diese Dinge nicht auf konditioniertem Verhalten beruhen, sondern aus der Situation heraus entsprechend verändert werden. Der andere wird aufwandslos, aber mit viel Energie geschlagen oder zu Boden geführt, nicht weil Torsten in dem Video irgendeine biomechanische Reihenfolge beachtet oder den anderen täuscht, sondern weil er innerlich schon fertig ist oder innerlich in andere Richtungen als seine Angriffsrichtungen ausgerichtet ist. Der andere, der z. B. geschlagen oder geführt wird, hat keinen Halt mehr, weshalb seine Statik aus sich selbst heraus bricht - nicht, weil Torsten an ihm herumdoktert, sondern weil sein physisches Abbild keine Stützen mehr hat und folglich hinfällt. Bei dem Video ist es schwer, zu beschreiben, was geschieht, wenn das Verständnis dafür nicht da ist - und wenn es da ist, braucht man nix mehr zu erklären.

Torsten arbeitet im Video sichtbar sehr wohl "materiell" und nutzt seinen Körper als Werkzeug zur Umsetzung seiner Absicht. Aber es ist eine rein "innere" Bewegung, so dass alles Äußere die Folge der inneren Bewegungen ist. Da er nicht den Fokus auf den äußeren Dingen hat, bildet er keine Projektionsfläche für den anderen. Daher erschlafft dieser gegen seinen Willen. Es sieht so aus, als ob die anderen mitspielen würden - und das tun sie, aber halt gegen ihren Willen. Daher wirkt es so locker, leicht und spielerisch.

Zu meinem Sohn ...
es war in der Tat einschneidend für mein bisheriges Körperverständnis, weil ich zwar schon Ahnungen hatte, in welche Richtung man seinen Körper und einen Kampf verstehen sollte, aber eine Aha-Erkenntnis blieb aus. Erst durch diese Parese aller Extremitäten wurde mir klar, worum es gehen sollte.
Mein Sohn erholt sich nur sehr, sehr, sehr langsam. Er hat jede psychomotorische Fähigkeit verloren und konnte nichts mehr ansteuern. Das geht inzwischen wieder, aber gerade größere Belastungen wie Stehen oder Gehen sind unmöglich. Die Armmotorik ist weitgehend wieder da, worüber ich sehr froh bin. Er kann wieder basteln, malen, kneten, bauen, boxen. Aber die Verteilung des Körpergewichts auf die Füße bei zeitgleichem Ausbalancieren von Gleichgewicht usw. ist ein großes Problem. Was ich aber sehe ist, dass er viel von alleine wieder anwendet.
Es hat nichts gebracht, mit ihm das Sitzen zu üben, solange es nicht ging. Er fiel immer wieder um. Irgendwann konnte er es einfach so - und dann brauchten wir es auch nicht mehr üben. Ich hoffe, dass es mit den Bewegungen auch so sein wird.

DatOlli
29-01-2018, 15:48
https://www.youtube.com/watch?v=x0a2QfoRUNw

Das wäre ein Videovorschlag.
Allerdings sieht man von außen nichts. Von außen kann man analysieren: Timing, Hebel, Körperstruktur, Winkel, Muskeltonus. Aber da es Torsten ist, weiß ich, dass diese Dinge nicht auf konditioniertem Verhalten beruhen, sondern aus der Situation heraus entsprechend verändert werden. Der andere wird aufwandslos, aber mit viel Energie geschlagen oder zu Boden geführt, nicht weil Torsten in dem Video irgendeine biomechanische Reihenfolge beachtet oder den anderen täuscht, sondern weil er innerlich schon fertig ist oder innerlich in andere Richtungen als seine Angriffsrichtungen ausgerichtet ist. Der andere, der z. B. geschlagen oder geführt wird, hat keinen Halt mehr, weshalb seine Statik aus sich selbst heraus bricht - nicht, weil Torsten an ihm herumdoktert, sondern weil sein physisches Abbild keine Stützen mehr hat und folglich hinfällt. Bei dem Video ist es schwer, zu beschreiben, was geschieht, wenn das Verständnis dafür nicht da ist - und wenn es da ist, braucht man nix mehr zu erklären.

Danke für die Erklärung zum Video. Habe keinen Ton hier. Schauen wir mal ob ich das in Ansätzen geschnallt habe (vielleicht dauert das ja auch noch ein paar Jahre):

Du möchtest ein bestimmtes Ergebnis (z.B. den Cross nicht mit dem Kopf blocken).

Dieses gewünschte Ergebnis gibst Du an deine unbewussten Persönlichkeitsanteile weiter.

Dein Unbewusstes bewegt sich nun in Einklang mit den erfahrenen Naturgesetzen und im Einklang mit der Gesamtsituation (eigener Körper, fremder Körper u.s.w.), um dieses gewünschte Ergebnis herbei zu führen.

Du selbst, dein Bewusstsein (dein Ego?) ist daran nur marginal beteiligt, weshalb du auch keine Signale zur Früherkennung abgibst (kein telegrafieren). Da du nicht beteiligt bist, bist du entspannt. Reflektorisch entspannt auch dein gegenüber, so dass der "Muskelpanzer" nicht schützen kann - Die Power geht durch. Der lockere Schlag "knallt" dann trotzdem.

So in etwa die richtige Denkrichtung?



Torsten arbeitet im Video sichtbar sehr wohl "materiell" und nutzt seinen Körper als Werkzeug zur Umsetzung seiner Absicht. Aber es ist eine rein "innere" Bewegung, so dass alles Äußere die Folge der inneren Bewegungen ist. Da er nicht den Fokus auf den äußeren Dingen hat, bildet er keine Projektionsfläche für den anderen. Daher erschlafft dieser gegen seinen Willen. Es sieht so aus, als ob die anderen mitspielen würden - und das tun sie, aber halt gegen ihren Willen. Daher wirkt es so locker, leicht und spielerisch.

Ist denn da noch eine "bewusste, innere Bewegung" oder ist die innere Bewegung unbewusst? Nach dem bisher "gelernten" würde ich annehmen die innere Bewegung sei nicht (mehr) bewusst.



Zu meinem Sohn ...
es war in der Tat einschneidend für mein bisheriges Körperverständnis, weil ich zwar schon Ahnungen hatte, in welche Richtung man seinen Körper und einen Kampf verstehen sollte, aber eine Aha-Erkenntnis blieb aus. Erst durch diese Parese aller Extremitäten wurde mir klar, worum es gehen sollte.
Mein Sohn erholt sich nur sehr, sehr, sehr langsam. Er hat jede psychomotorische Fähigkeit verloren und konnte nichts mehr ansteuern. Das geht inzwischen wieder, aber gerade größere Belastungen wie Stehen oder Gehen sind unmöglich. Die Armmotorik ist weitgehend wieder da, worüber ich sehr froh bin. Er kann wieder basteln, malen, kneten, bauen, boxen. Aber die Verteilung des Körpergewichts auf die Füße bei zeitgleichem Ausbalancieren von Gleichgewicht usw. ist ein großes Problem. Was ich aber sehe ist, dass er viel von alleine wieder anwendet.
Es hat nichts gebracht, mit ihm das Sitzen zu üben, solange es nicht ging. Er fiel immer wieder um. Irgendwann konnte er es einfach so - und dann brauchten wir es auch nicht mehr üben. Ich hoffe, dass es mit den Bewegungen auch so sein wird.

Die allerbesten Wünsche für deinen Sohn
DatOlli

junger Tiger
29-01-2018, 16:10
Danke für die Erklärung zum Video. Habe keinen Ton hier. Schauen wir mal ob ich das in Ansätzen geschnallt habe (vielleicht dauert das ja auch noch ein paar Jahre):


Du möchtest ein bestimmtes Ergebnis (z.B. den Cross nicht mit dem Kopf blocken).

"Cross" wäre schon zu viel. Du möchtest, dass der andere am Boden ist. Mehr nicht. Die Situation ist schon zu Ende. Der Cross wäre nicht das Ende der Situation, sondern nur ein Teil des Bildes. Ziel / Absicht: Der andere am Boden. Zu Übungszwecken aber sicher auch sinnvoll, erstmal einzelne Bewegungen auf diese Weise zu nutzen.


Dieses gewünschte Ergebnis gibst Du an deine unbewussten Persönlichkeitsanteile weiter.

Ja und nein. Man kann ja nicht wirklich aktiv mit sich selber kommunizieren, weil es ein Monolog bleibt - da ist niemand, der Empfänger sein könnte. Das heißt, das Ego mit seiner Absicht muss so mit dem Rest von dir verbunden sein, dass alles an und in dir diese Absicht wahrnimmt und spürt. Deshalb kann man nicht in Wegen denken (Kommunikation wäre auch wieder ein Weg (zwischen Sender und Empfänger)), sondern nur in Konsequenz.


Dein Unbewusstes bewegt sich nun in Einklang mit den erfahrenen Naturgesetzen und im Einklang mit der Gesamtsituation (eigener Körper, fremder Körper u.s.w.), um dieses gewünschte Ergebnis herbei zu führen.

Ja. So in diese Richtung habe zumindest ich es verstanden und übe es auch so. Ich habe eine Absicht und lasse sie los - den Rest macht alles andere außerhalb des Egos.


Du selbst, dein Bewusstsein (dein Ego?) ist daran nur marginal beteiligt, weshalb du auch keine Signale zur Früherkennung abgibst (kein telegrafieren). Da du nicht beteiligt bist, bist du entspannt. Reflektorisch entspannt auch dein gegenüber, so dass der "Muskelpanzer" nicht schützen kann - Die Power geht durch. Der lockere Schlag "knallt" dann trotzdem.

Ja, es gibt kein Telegrafieren, nicht weil ich Signale unterdrücke oder falsche sende, sondern weil gar keine da sind. Es gibt die "radikale Absicht", das war's. Solange ich versuche, diese auf konditionierten Wegen zu erreichen, erzeuge ich Kommunikationskanäle, bin als Sender von Signalen, die der andere aufnehmen kann. Deshalb ist das, egal wie fein man sich bewegt, eine äußere Kampfkunst nach meinem Verständnis, weil man "äußere" Wege aktiv nutzt. bleibt nur im Inneresten, ist es meinem Verständnis nach eine innere KK, auch wenn "äußere" Elemente natürlich beteiligt sind. Sie sind aber nicht länger der Startpunkt von Bewegungen, weshalb man keine Signale aussendet. Es gibt keine Wege bzw. keine Distanz mehr (objektiv gibt es die sicherlich, aber subjektiv spielen diese Aspekte keine Rolle).


So in etwa die richtige Denkrichtung?

Ja. Zumindest nach meinem Verständnis.


Ist denn da noch eine "bewusste, innere Bewegung" oder ist die innere Bewegung unbewusst? Nach dem bisher "gelernten" würde ich annehmen die innere Bewegung sei nicht (mehr) bewusst.

Hier gibt es zwei Möglichkeiten - soweit mir bekannt. Einmal kann man gezielt manipulieren. Bei dem Schlag von Torsten z. B. sagt er, dass er innerlich zurückgeht, während er gleichzeitig "äußerlich" nach vorne geht. Der Körper des anderen orientiert sich an der inneren Bewegung, also an dem generierten Bewegungsgefühl nach hinten. Dadurch ist die äußere Bewegung, die nach vorne geht, "unsichtbar" und schlägt kraftvoll ein. Der Körper richtet sich gegen den Willen des "Besitzers" an dem inneren Bewegungsgefühl aus, weil er über zig Jahrtausende getrimmt wurde, sich an diesen Dingen auszurichten. Dann spielt es keine Rolle, auf welche Art die äußere Bewegung vollzogen wird, weil sie beim anderen nicht einschlägt (es gibt keine Kollosion), sondern ihn durchdringt und von innen nach außen "explodiert". Es ist kein Schlag im engen Sinne, denn ein Schlag ist eine klar definierte Technik mit einem Anfang und einem Ende. Das gibt es in diesem Angang so nicht, denn das, was äußerlich als Technik erkennbar wird, ist nur die Folge dessen, was im inneren schon längst passiert ist, weshalb es auch keinen Start- und Endpunkt für die Technik gibt; es fehlt also die Basis für die Definition.

Die andere Möglichkeit ist es, mit dem Bewegungsgefühl unter den anderen zu gehen und ihm von unten quasi den Boden wegziehen. Letztlich spielt dann die äußere Bewegung auch keine Rolle, weil der andere offen wie ein Scheunentor ist. Er fällt und die Bewegung, die von außen aussieht, als würde man über Hebel einen nach unten führen, ist nur noch da, um die schon stattgefundene Fallbewegung zu führen. Es wäre, wie gesagt, auch kontaktlos (physisch) machbar. Man ist auf dem richtigen Weg, wenn man solche Übungen macht, ohne danach zu streben, die perfekten Winkel, Kraftmotoren, Distanzen usw. zu suchen oder zu finden, sondern wenn man ausschließlich in der Konsequenz bleibt und so viel Körpervertrauen besitzt, dass tatsächlich kleinste (unbewusste) Bewegungen aufgrund der Absicht initiert werden, die solche Situationen klären.

Bei einem ganz hohen Niveau ist es auch möglich, ein Bewegungsgefühl zu erzeugen, dass einem suggeriert, man sei ganz woanders im Raum. Man hat quasi eine unsichtbare Duplikation und der andere richtet sich danach aus; nicht aber, weil manipuliert wird, sondern weil es einfach geschieht. Grundlage ist körperlich das Sinken und emotional-mental die innere Bewegung im Sinne der Absicht, ohne in die alten Muster von Distanz zurückzufallen.

Man kann also manipulieren durch nicht-manipulieren; sich gar nicht auf den anderen einlassen, sondern eine Denk-, Gefühls- und Bewegungsweise entwickeln, die von vornherein kämpferische Begegnungen ausschließt; und zwar nicht, indem man angemessen auf Druck reagiert, sondern so ein Sein ist, das den Druck eines anderen gar nicht erst zulässt.

junger Tiger
29-01-2018, 16:29
Wobei ich sagen muss, da ich hier keine exakte Abhandlung schreibe, die Begriffe sicher noch genauer bestimmt werden müssen - gerade sowas wie "Ego" oder "Manipulation", denn Manipulation findet ja immer irgendwie statt - frei nach Paul Watzlawick: "Man kann nicht nicht kommunizieren." Von daher bitte um Nachsicht ...

Es wird halt von einer anderen Ebene her kommuniziert, die das Gegenüber nicht kennt oder nutzen kann. Deshalb braucht es keine speziellen Techniken oder Finessen, um sich zu behaupten, sondern einen Zugang zu dieser Ebene, um von dieser aus zu agieren. Wie das Beispiel mit dem Theaterstück: Man selber arbeitet hinter dem Theater, bereitet die Szenen vor, stellt das Licht ein usw. Und die Zuschauer sehen nur die Bühne und folgen der dramatischen Handlung, ohne darauf zu achten oder erkennen zu können, was hinter der Bühne stattfindet. Das, was aber hinter der Bühne stattfindet, wirkt sich auf die Zuschauer aus, die mit ihrem Fokus aber woanders sind. Deshalb spielt es keine Rolle, was man im Außen tut, da im Inneren alles schon stattgefunden hat. Es reicht die leichte Berührung mit der Faust und der andere sackt weg, weil sein ganzes System in eine gänzlich andere Richtung schaut.

Im Prinzip bleiben dem Gegenüber nur zwei Optionen:
1. Hilflosigkeit aufgrund fehlender Stützen, die der Orientierung dienen
2. Versuch, die äußeren Merkmale des Praktikers zu nutzen, um dessen Position korrekt einschätzen zu können; das geht dann nur über das Bewusstsein, was extrem viel Zeit kostet: Er muss einen Reiz wahrnehmen, erkennen können, einordnen können, bewerten können und dann entscheiden können, was er damit anfängt. In dieser Zeit ist man dann schon längst woanders, selbst wenn man im Raum seine Position nicht verändert hat.
-> die Reaktionszeit wird verlängert.

DatOlli
29-01-2018, 16:31
-

DatOlli
29-01-2018, 16:45
"Cross" wäre schon zu viel. Du möchtest, dass der andere am Boden ist. Mehr nicht. Die Situation ist schon zu Ende. Der Cross wäre nicht das Ende der Situation, sondern nur ein Teil des Bildes. Ziel / Absicht: Der andere am Boden. Zu Übungszwecken aber sicher auch sinnvoll, erstmal einzelne Bewegungen auf diese Weise zu nutzen.

Die Begrenzung auf eine Technik fand ich jetzt erstmal einfacher. Aber klar man kann das ja auch komplexer umsetzen. Wie von Dir weiter unten beschrieben. Das Prinzip dahinter bleibt ja gleich.




Ja und nein. Man kann ja nicht wirklich aktiv mit sich selber kommunizieren, weil es ein Monolog bleibt - da ist niemand, der Empfänger sein könnte. Das heißt, das Ego mit seiner Absicht muss so mit dem Rest von dir verbunden sein, dass alles an und in dir diese Absicht wahrnimmt und spürt. Deshalb kann man nicht in Wegen denken (Kommunikation wäre auch wieder ein Weg (zwischen Sender und Empfänger)), sondern nur in Konsequenz.


Habe den Begriff "Übergabe" mal bei den IT'lern (bzw. Suggestionsleuten) ausgeliehen. Hätte ich dabei schreiben sollen. Meint wohl das Gleiche.



Ja. So in diese Richtung habe zumindest ich es verstanden und übe es auch so. Ich habe eine Absicht und lasse sie los - den Rest macht alles andere außerhalb des Egos.



Ja, es gibt kein Telegrafieren, nicht weil ich Signale unterdrücke oder falsche sende, sondern weil gar keine da sind. Es gibt die "radikale Absicht", das war's. Solange ich versuche, diese auf konditionierten Wegen zu erreichen, erzeuge ich Kommunikationskanäle, bin als Sender von Signalen, die der andere aufnehmen kann. Deshalb ist das, egal wie fein man sich bewegt, eine äußere Kampfkunst nach meinem Verständnis, weil man "äußere" Wege aktiv nutzt. bleibt nur im Inneresten, ist es meinem Verständnis nach eine innere KK, auch wenn "äußere" Elemente natürlich beteiligt sind. Sie sind aber nicht länger der Startpunkt von Bewegungen, weshalb man keine Signale aussendet. Es gibt keine Wege bzw. keine Distanz mehr (objektiv gibt es die sicherlich, aber subjektiv spielen diese Aspekte keine Rolle).



Ja. Zumindest nach meinem Verständnis.



Hier gibt es zwei Möglichkeiten - soweit mir bekannt. Einmal kann man gezielt manipulieren. Bei dem Schlag von Torsten z. B. sagt er, dass er innerlich zurückgeht, während er gleichzeitig "äußerlich" nach vorne geht. Der Körper des anderen orientiert sich an der inneren Bewegung, also an dem generierten Bewegungsgefühl nach hinten. Dadurch ist die äußere Bewegung, die nach vorne geht, "unsichtbar" und schlägt kraftvoll ein. Der Körper richtet sich gegen den Willen des "Besitzers" an dem inneren Bewegungsgefühl aus, weil er über zig Jahrtausende getrimmt wurde, sich an diesen Dingen auszurichten. Dann spielt es keine Rolle, auf welche Art die äußere Bewegung vollzogen wird, weil sie beim anderen nicht einschlägt (es gibt keine Kollosion), sondern ihn durchdringt und von innen nach außen "explodiert". Es ist kein Schlag im engen Sinne, denn ein Schlag ist eine klar definierte Technik mit einem Anfang und einem Ende. Das gibt es in diesem Angang so nicht, denn das, was äußerlich als Technik erkennbar wird, ist nur die Folge dessen, was im inneren schon längst passiert ist, weshalb es auch keinen Start- und Endpunkt für die Technik gibt; es fehlt also die Basis für die Definition.

Statt Schlag vielleicht Übertragung von kinetischer Energie.



Die andere Möglichkeit ist es, mit dem Bewegungsgefühl unter den anderen zu gehen und ihm von unten quasi den Boden wegziehen. Letztlich spielt dann die äußere Bewegung auch keine Rolle, weil der andere offen wie ein Scheunentor ist. Er fällt und die Bewegung, die von außen aussieht, als würde man über Hebel einen nach unten führen, ist nur noch da, um die schon stattgefundene Fallbewegung zu führen. Es wäre, wie gesagt, auch kontaktlos (physisch) machbar. Man ist auf dem richtigen Weg, wenn man solche Übungen macht, ohne danach zu streben, die perfekten Winkel, Kraftmotoren, Distanzen usw. zu suchen oder zu finden, sondern wenn man ausschließlich in der Konsequenz bleibt und so viel Körpervertrauen besitzt, dass tatsächlich kleinste (unbewusste) Bewegungen aufgrund der Absicht initiert werden, die solche Situationen klären.

Bei einem ganz hohen Niveau ist es auch möglich, ein Bewegungsgefühl zu erzeugen, dass einem suggeriert, man sei ganz woanders im Raum. Man hat quasi eine unsichtbare Duplikation und der andere richtet sich danach aus; nicht aber, weil manipuliert wird, sondern weil es einfach geschieht. Grundlage ist körperlich das Sinken und emotional-mental die innere Bewegung im Sinne der Absicht, ohne in die alten Muster von Distanz zurückzufallen.

Man kann also manipulieren durch nicht-manipulieren; sich gar nicht auf den anderen einlassen, sondern eine Denk-, Gefühls- und Bewegungsweise entwickeln, die von vornherein kämpferische Begegnungen ausschließt; und zwar nicht, indem man angemessen auf Druck reagiert, sondern so ein Sein ist, das den Druck eines anderen gar nicht erst zulässt.

Nochmals ganz herzlichen Dank, für deinen Einsatz. Im groben habe ich die Idee wohl verstanden. Bis ich damit was anfangen kann... Aber ich bin ja noch jung (49 lol).

Liebe Grüße
DatOlli

Keva
29-01-2018, 18:08
Ich würde "Prinzipien" noch durch "Grundfertigkeiten" bzw. Grundelemente ersetzen. So wie Shoulder-Roll, Meidbewegung, Uppercut, Haken, Jab bekannte Grundelemente des Boxens sind, sind Kao und Co. halt Elemente von IMAs die man dann für Lösungen improvisierend kombiniert.


Auch wenn ich noch Anfänger bin ich finde den Ausdruck "Grundfertigkeiten" recht passend. Techniken würde mMn. nicht passen. Da eigentlich jede Bewegung (in der Form) offensiv, defensiv und als take-down (Gleichgewichts-brechung) genutzt werden kann, je nach Kontext. Außerdem lassen sich die Bewegungen ja auch fragmentieren.
Die Prinzipien hinter den Bewegungen lassen sich ja auch auf andere Bewegungen übertragen.
Also ja, aus meiner beschränkten Sicht, passt Grundfertigkeiten am besten.

Danke an beide, für mich gut zusammengefasst und in Worte gefasst :) . Finde ich persönlich immer schwierig, Dinge die man im Training einfach macht und nicht denkt, niederzuschreiben oder zu erklären .

@ junger Tiger

Vielen Dank für deine ausführlichen Erklärungen und Beispiele, ein interessanter Einblick in dieses Gedankensystem - ich glaube , ich verstehe jetzt, was du meinst.




Mein Ziel ist es daher, mich mit Absicht absichtslos zu bewegen. Das heißt, ich denke nicht in Kraftlinien oder in Wegen, sondern nur in Konsequenzen und überlasse meinem Körper die Arbeit. Ich strebe nicht danach, von einem Punkt A zu einem Punkt B zu kommen, sondern entscheidend ist für mich Punkt C: die vollendete Situation. Dadurch verlieren die Punkte A und B an Bedeutung und werden bei entsprechendem Niveau ganz zur Nebensache, so dass es keine Signale gibt, die dem anderen verraten, wo ich aktuell stehe oder gar hin will.
Ich muss ein Gefühl besitzen, dass Punkt C erreicht ist und der Körper folgt dann diesem Gefühl. Das führt dann zu intuitiven (nicht von der Konditionierung abhängigen) Mikrobewegungen. Mein Fokus liegt nur auf dem Effekt und nicht darauf, wie er zustande kommt.

Im Prinzip ist für dich eine Situation schon gelöst, bevor der andere sich mit der Situation auseinandersetzt. Das ist eine Frage der inneren Haltung und nicht des Niveaus "materieller" Fähigkeiten wie Nehmerqualitäten, Kraft, Schnelligkeit usw.

Manches kann ich in Anteilen auch in meinem Gedankenmodell erkennen,
z.B. der Fokus auf das Ziel " take him down - now " und sich keine bestimmten Techniken vorstellen.
Andere Dinge sind nicht so meins. Gerade weil mein Trainingspartner größer und schwerer ist, und auch viel mehr Skills hat :cool: , kann ich mich persönlich weder im Training, noch in der Realität ausschließlich auf meine innere Haltung verlassen. Alleine das " auf innen fokussieren " : beim Solo-Training immer besser , im Partnertraining sehr schwierig, beim Sparring dafür so gut wie unmöglich.
Nochmals lieben Dank für die ganzen Erklärungen, ich finde es auch interessant und spannend, verschiedene Gedankenmodelle kennen zu lernen , gerade weil CMA für mich recht neu sind.

Grüße,

Keva.

junger Tiger
29-01-2018, 19:53
Andere Dinge sind nicht so meins. Gerade weil mein Trainingspartner größer und schwerer ist, und auch viel mehr Skills hat , kann ich mich persönlich weder im Training, noch in der Realität ausschließlich auf meine innere Haltung verlassen.

Es soll nicht darum gehen, die innere Haltung als eine Art zusätzliche Fähigkeit ins Spiel zu führen, weil das wieder das Prinzip "Kraft gg. Kraft" wäre. Man soll sich auch nicht auf die innere Haltung verlassen, weil das wieder einen Bruch bzw. eine Lücke darstellt: Ich hier - und dort drüben meine innere Haltung. Es geht darum, diese Haltung zu sein und nicht nur zu besitzen. Dann werden auch andere Parameter überflüssig. Aber das erfordert eine langwierige Umstrukturierung des gesamten Seins und ist nicht auf das Fordern und Fördern von Fähigkeiten und Fertigkeiten bezogen. Erst durch das andere Sein kann ein Gegenüber nicht mehr dich als Projektionsfläche nutzen. Solange dieses Sein nicht vorhanden ist, bleibt man in den alten Mustern und muss sehen, mit diesen über die Runden zu kommen.

Wie gesagt - die Grundlagen für diese Umstrukturierung sind:
- Sinken so oft es geht, aber nicht von oben nach unten sinken, sondern von unten nach noch weiter unten
- Visualisierungen so oft es geht, mit denen man Bewegungen und Ziele der Bewegungen vorwegnimmt
- Achtsamkeit nach Innen, um Bewegungsgefühle zu erkennen
- Verzicht auf festlegende und festgelegte Bewegungsprogramme, bei denen es um reaktives Verhalten und Erleben geht

Ansonsten freue ich mich, wenn ich ein paar neue Gedanken hinweinwerfen konnte, die Grundkräfte im Taiji auf eine vielleicht nicht ganz so übliche Art zu betrachten. Wichtig war mir nur, dass diese Kräfte nicht nur Bewegungsprinzipien sind oder darstellen, sondern alles, was im Außen sichtbar oder auch nur fühlbar ist, seinen Kern im Innersten hat, dort wo physikalische Betrachtungsweisen unnütz sind.

Keva
29-01-2018, 22:07
@ junger Tiger

Danke dir für den Einblick in eine andere Sichtweise von TaiChi und Grundkräfte, ich glaube, dass ich den Grundgedanken verstanden habe.
Was " inneres Training " betrifft, habe ich noch einen langen Weg vor mir. Aber gut, Kampfkunst ist schließlich Gongfu :) und ich übe mich weiter in meinem Solo / Partner / IMA / EMA - Training .

Einen schönen Restabend,

Grüße,
Keva.