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Vollständige Version anzeigen : Zu viel Sparring, zu wenig Drill?



jkdberlin
24-01-2018, 09:35
Ich gebe es zu, ich bin ein absoluter Fan von Sparring und Sparring-Drills. Aber machen wir beim BJJ zu viel Sparring? Ben Askren in seinem Podcast mit Joe Rogan:

https://youtu.be/ijAMRqBZgo8

Okay, vielleicht haben wir bei den Sparringsdrills eine Schnittmenge, aber wie seht ihr das? Weniger Sparring, mehr Drills?

VincentPrice
24-01-2018, 14:11
Moment mal, er beklagt nicht zuviel Sparring.

Er bemängelt, dass im BJJ im Verhältnis zuviel freies sparring betrieben wird und zu wenig positional sparring. Dementsprechend arbeiten die Leute zu wenig an ihren Schwächen, bzw. sind nicht angehalten ein vielseitiges Game für alle Positionen aufzubauen.

Das kann man schon unterschreiben je nach gym.

Man sollte aber imho auch nicht alles für bare Münze nehmen was er sagt. Der Rest seines Vortrags ist ja eine Liebeserklärung ans spazzing.

Björn Friedrich
24-01-2018, 15:14
Er hat recht. Der größte Feind des Fortschritts ist die Routine....Wenn man frei rollt, macht man das, was man immer macht und verbessert das halt nur noch bis zu einem gewissen Grad. Ich hab Leute die waren Monate oder sogar Jahre weg und haben nicht viel von ihren alten Skills verloren, was bedeutet, man braucht sich keine Angst um seine alten Skills machen, die gehen nicht weg, nur weil man mal 3 Wochen nicht rollt, sondern nur spezifische Szenarien drillt.

Spezifische Drills, bedeuten neue Aufgaben, neue Bewegungsmuster und deshalb eben Fortschritt.

Droom
24-01-2018, 18:21
Er hat recht. Warum gibt es haufenweise Schulen wo das Aufwärmen gar nicht zu den späteren Techniken passt, die Techniken auch teilweise nicht logisch zueinander passen (z.B. Fullguard Pass, Guillotine Defense, Armbar), diese dazu nur wenige male hintereinander wiederholt werden und man zu guter Letzt nachher nur frei rollt anstatt mit Aufgabe oder einen gewissen Position zu starten? (der typische brasilianische Stil wie ich ihn kennengelernt habe)

Rollen ohne spezifisches Ziel ist meist sinnlos bezogen auf das was man im Unterricht an Lerninhalt beibringen wollte. Wenn ich die ganze Stunde nur Backattacks gezeigt bekommen habe und danach nur mit meiner Butterfly, Fullguard und Guillotine beschäftigt bin, werde ich häufig vieles schnell wieder vergessen weil ich es kein einziges mal anwende und es bis zur nächsten Einheit weder im Hirn noch im Muskelgedächtnis bleibt (vor allem weil dann ja schon wieder neue Bewegungen als Input gezeigt werden).

Aufgaben-, Positions- und Situationssparring u.Ä. sind daher imho extrem wichtig und sollten integraler Bestandteil des Trainings sein.

Beim Ringen haben wir pro Training nur eine Technik im Stand und nur eine am Boden gezeigt bekommen. Diese wurde immer wieder und wieder wiederholt und später in entsprechenden Situationen ausgekämpft. Ist eintönig und macht nicht so viel Spaß, aber hat mir enorm geholfen sie in mein Hirn einzubrennen.

Spud Bencer
24-01-2018, 18:24
Er hat recht. Der größte Feind des Fortschritts ist die Routine....Wenn man frei rollt, macht man das, was man immer macht und verbessert das halt nur noch bis zu einem gewissen Grad.

Das isses nämlich. Alle reden immer von Sparring, Sparring, Sparring, aber erstmal müssen die Grundlagen sitzen. Sonst profitiert nur derjenige davon, der schon kämpfen kann.
Wenn ich jemanden nach 3 Monaten ins freie Sparring schicke, dann macht der natürlich, was er vorher auch schon gemacht hat und lernt es auch nicht mehr anders. Was soll das bringen? Learning by doing ist zwar in der Theorie ganz nett, aber im echten Leben funktioniert es halt nicht ganz so wie man sich's vorstellt.

Björn Friedrich
24-01-2018, 21:15
Bei uns sieht das reguläre Training so aus:

3-4 Techniken im Stand, zusammenhängt, immer für 3 Minuten, der eine, dann 3 Minuten der andere Partner. Das macht die ersten 30 Minunten im Stand aus.

Danach 3-4 Techniken am Boden, auch hier wieder zusammenhängende Techniken zu einem Thema, das sind die zweiten 30 Minuten, auch da wieder alles in 3 Minunten Runden, damit jeder gleich viel Zeit zum üben hat.

Dann 30 Minuten spezifische Positionen, wenn wir z.B. Half Guard Techniken gemacht haben, dann halt auch Sparring aus der Half Guard, bzw. nur in der Half Guard. Danach andere spezfische Positionen und Aufgaben, z.B. passieren der Closed Guard einmal mit und eine Runde ohne Leglocks, usw.

Nach dem regulären Training (90 Minunten), können die Leute nachhause gehen, oder eben frei rollen, je nachdem wie jeder will.

Gürteltier
24-01-2018, 22:37
Für mich ist das Sparring der Hauptlernraum. Zuhause wird dann die woanders rollende Freundin in den erinnerten Problemstellungen bemüht und YT-durchforstet.
So kann ich einfach viel systematischer trainieren - an meinem Bedarf. Das technische Angebot, da wo ich trainiere ist mir zu unsystematisch/ unzugeschnitten auf mich.
Viele Probleme löse ich auch beim Rollen selber. Mein Gegner setzt ja immer an dem an, was ich schon kann oder gleich brauche.
Der Trainer tut das nicht.

Hat beim Karate für sein Leben genug gedrillt :

Das Gürteltier

PS :

Also trainiere ich im Grunde andersrum : Erst Sparring, dann die Technik genau dazu im Anschluß.

Abstauber
24-01-2018, 22:57
Dieses Problem ist wohl weit verbreitet. Man sieht häufig leute Sparring machen ohne, dass sie ihre Sachen beherrschen. Dabei bringt Sparring nur was, wenn man die Mechanik kann und nicht ungelenk durch die Halle stolpert. Wie soll man da Distanz und Timing entwickeln.

Royce Gracie 2
25-01-2018, 00:19
Ich verstehe beide Sichtweisen und auch die Probleme die sich jeweils damit ergeben , egal was man macht.

Punkt 1 .) Viel freies Sparring , 2-3 Techniken nur kurz angerissen. d.h. vom Trainer 3x vorgezeigt dann von den Ausführenden jeweils 4-5x selbst probiert und das wars dann auch schon.
Das ist die klassische Trainingsmethode wie ich und auch die meisten anderen BJJ früher trainiert haben.

Diese Trainingsmethode ist maßgeblich vorteilhaft für Leute mit hohem sportlichen Talent !
Ich habe mich damit immer relativ leicht getan (vermutlich weil ich auch als Sportstudent damals sowieso so viel Sport gemacht habe , dass Bewegungen lernen mein täglich Brot war... ich hatte teilweise bis zu 35h praktischen Sport in der Woche von Fußball über Leichtathletik , Speerwerfen , Turnen , Schwimmen ,Tischtennis... etc etc.)

Wenn man mir ne Triangle gezeigt hat , und ich das 1x selbst nachgemacht habe , dann war das gespeichert dann konnte ich das auch im freien Sparring anwenden.
Die ganzen grundlegenden Sachen wie Darce Choke , Guillotine , Armbar , Kimura , verschiedene Escapes und einfache Takedowns hab ich eigentlich alle innerhalb jeweils einer Übungsstunde so gelernt , dass ich Leute im Sparring damit bekommen habe.

Das hatte den Vorteil , dass ich viel Zeit des Sparrings damit verbringen konnte an anderen Sachen zu arbeiten die mir wichtig waren.

Ich unterreichte ja nun eine Kleine Gruppe von Anfängern und auch da stelle ich extreme Unterschiede fest.
Ich zeige nun sicher der selben Gruppe innerhalb von 5 Monaten nun schon zum 6x Kimura aus der Guard , Half Guard und von der SideControl
Zu meinem Bedauern hat von 15 Schülern nur einer ! das soweit begriffen dass er es im Sparring erkennt.
Dann kam ein neuer zu uns , der noch nie Boden vorher gemacht hat aber einfach eine Sportskanone ist !
Ich zeige es ihm 1x und in seinem allerersten Sparring überhaupt bekommt er 3 Leute von denen die schon 4-5 Monate dabei sind mit Kimura :)

Ich erinnere mich auch an Sparring mit meinem alten Traningspartner Jessin (jetzt UFC) als ich ihn 2x mit Seio Nage geworfen habe im Sparring (Damals war er noch 16 und relativ neu) fragt er mich , ob ich es ihm mal zeigen kann was ich da mache. Ich habs ihm im Sparring , in 30 Sekunden mal kurz gezeigt.
1 Minute später brettert er mich mit Seio Nage in die Matte das ich fast ausgeknocked wurde. ALs hätte er nie was anderes gemacht (Da wusste ich okay , der wird mal weit kommen).

Für solche Leute ist es verschwendete Zeit 20 Minuten in einem Training Armbar am sich nicht wehrenden Partner zu drillen. (Szenario Sparring ist immer sinnvoll)
Wenn so jemand gerade sein eigenes BJJ zusammenbaut ist es nicht förderlich ihn dazu zu zwingen stattdessen Standard Sachen im Sparring zu machen.

Punkt2)
Andererseits erlebe ich ja auch gerade , dass Leute mit durchschnittlichem Talent, die aber mit harter Arbeit ebenfalls sehr sehr gut werden können ohne Drills einfach nicht weiterkommen.
Das gezeigte ist nach dem Training wieder weg...
Die einzige Chance denen was beizubringen ist es ,das wirklich in der Manier 1 Technik 20 Minuten am Stück immer und immer wieder zu machen... bis es richtig eingehämmert ist.

Guv´nor
25-01-2018, 08:46
Positions-Sparring machen wir sehr viel Mehr als das klassische freie Sparring.
Sehr viel fangen wir schon abwechselnd in schlechten Situationen an.
Gerne auch vom Kneeing-inside Single Leg. Von da beginnt immer ein schöner Scramble.

Was Techniken angeht, bin ich sparsam. Einen Drill und eine Technik maximal noch eine Varianz dazu. Das ordentlich lange danach Positionssparring und am ende freies Sparring.
Ich denke es ist kein Geheimnis das zu viele Techniken die man 3 mal übt nix bringt...war schon ein Trainingsmotto von BL...lieber 1 Kick 1000 mal als 1000 Kicks 1 mal.

Gürteltier
25-01-2018, 11:23
Ich mache auch viel Positionssparring - im normalen Rollen.

Wenn ich relative Anfänger habe, gebe ich ihnen einfach mein Rezept gegen das, was ich gerade tue - natürlich eher mit eigenen Schülern, weil es sonst unhöflich ist.
M.E. ist es eher die Auffassung von Sparring, die einen mnachmal nur das tun lässt, was man schon kann.

Es gibt immer mal "Symphatieträger", mit denen ich auf schon Ansätze ersticken "rolle" und die geistige Einstellung "Wettkampf" übe.

Aber Sparring ist ja eigentlich genau das : Selber anhand des aktuellen Gegenübers entscheiden, was man üben will/muss.
Wenn ich in einer bestimmten Position sein will, aber da im Sparring gar nicht hinkomme, dann ist ja das erste, was ich üben muss, wie ich da hinkomme.
Darum gibt mir Sparring eigentlich immer das erste, was ich üben muss.
ICH muss das danach immer aktiv reflektieren und ergänzen.
Es gibt aber Leute, denen reicht sogar das, was sie und ihr Körper dabei "Denken".

Also mehr beibringen, WIE man Sparring macht ?

Droom
25-01-2018, 11:28
Für solche Leute ist es verschwendete Zeit 20 Minuten in einem Training Armbar am sich nicht wehrenden Partner zu drillen. (Szenario Sparring ist immer sinnvoll)
Wenn so jemand gerade sein eigenes BJJ zusammenbaut ist es nicht förderlich ihn dazu zu zwingen stattdessen Standard Sachen im Sparring zu machen.


Und wie viele Leute sind koordinativ so talentiert? Einer von 20 oder vielleicht einer von 50? Und denen kann der Partner ja mit progressivem Widerstand beim Techniktraining helfen oder denen gibt man noch 3-4 technische Feinheiten mit oder lässt sie die Übung mit einer möglichen Follow-Up-Kombination trainieren, während die anderen eben bei der Standardausführung bleiben. Mach ich auch so für mich im Training wenn ich merke eine Übung unterfordert mich über einen längeren Zeitraum.
Häufiges wiederholen dient ja nicht nur der Technik sondern auch der "Prozessgeschwindigkeit" mit denen man sie ausführt und stärkt die dafür benötigte Muskulatur.

Mein Ziel oder Anspruch als Trainer einer Anfängergruppe ist es nicht vereinzelte eh schon talentierte Leute besonders schnell besonders gut zu machen, sondern den Großteil der Leute (die auch regelmäßig am Training teilnehmen) auf ein ordentliches Level zu bekommen.
Die Talentierten kann man auch zwischendurch noch im Sparring oder kurzen Gesprächen pushen, dafür muss man nicht zwingend die ganze Gruppe mit zu viel Input überschütten.




Sehr viel fangen wir schon abwechselnd in schlechten Situationen an.

Hab ich auch super Erfahrungen für mich selber gemacht. Hab jetzt ca 7 Monate nur aus der Backmount gestartet. Mittlerweile fühle ich mich dort echt recht sicher und 10mal wohler als z.B. im Spider Web oder Kimura Trap.
Selbst Leute die im Großen und Ganzen signifikant besser sind als ich, bekommen mich dort kaum submitted (gilt natürlich nicht für die international richtig erfolgreichen Leute, da sinds nur einige Sekunden ^^)

Gürteltier
25-01-2018, 17:55
Hab jetzt ca 7 Monate nur aus der Backmount gestartet. Mittlerweile fühle ich mich dort echt recht sicher und 10mal wohler als z.B. im Spider Web oder Kimura Trap.
Selbst Leute die im Großen und Ganzen signifikant besser sind als ich, bekommen mich dort kaum submitted (gilt natürlich nicht für die international richtig erfolgreichen Leute, da sinds nur einige Sekunden ^^)

Vielleicht ist nicht nur das Talent sondern auch die Häufigkeit des Trainings dafür relevant.

Ich trainiere z.Zt. nur sehr sporadisch BJJ und lerne neue Sachen beim Rollen indirekt kennen. Für mich ist das einfach viel einprägsamer und echter, wenn ich merke, dass der andere auf was hinarbeitet, das ich noch nicht kenne. Im Zweifelsfall lasse ich mit hinterher Sachen erklären.
In der Backmount bin ich auch oft - weil der andere sie sich erarbeitet. Der Vorteil dabei für mich ist eben, das ich auch den Ansatz ersticken lerne, weil der Bruch, der den Zugang geöffnet hat, mir auch sehr einprägsam wird.
Aus der Backmount komme ich dann auch meist unsubmitted wieder raus.
Weshalb man ja auch andere Ansätze manchmal dahin umleitet.

Manche Sweeps (Gewichtsverteilungen) und Takededowns muss ich persönlich länger drillen, als Hebel und Würger.
Aber das hohe Wiederholungszahlen was immer besser einbrennen halte ich für einen Irrtum.

Für mich ist es eher die Intensität /Konzentriertheit und Einprägsamkeit der einzelnen Durchführungen.

1-2 Techniken vor und 1-2 nach dem Rollen ist mir lieber.
Nach dem Rollen kürzer ( und dirket auf das Randori bezogen) - da sorgen meine müden Knochen und das sich Aufraffen für genug Einprägsamkeit bei mir.

Mein erster brasilianischer Trainer hat übrigens eine Woche lang die gleiche eine Technik 20+ Minuten üben lassen.
Mehrere Tage am Stück wiederholen habe ich davon behalten, aber mir reichen dann 2-5 Wdh..

Hat vielleicht weniger mit Talent, als mit Lernpersönlichkeit zu tun.
Ich vergegenwärtige mir die Technik auf dem Rückweg vom Training wieder im Kopf.
Bei mir verbessert das die Verarbeitung.

Ich hab damals in den Randoris dann eh oft in bestimmten Technikenteilen der Partner gesteckt, weil sie es toll raushatten, die eisern zu behaupten.
Da hab ich mir dann das entspannte Vereiteln von Ansätzen angewöhnt.

Also profitiere ich vom Drillen der anderen und finde es nicht per se schlecht.

Hat den Hip bump sweep in einem Randori gelernt, in dem er 11 mal an ihm gemacht wurde :

Das Gürteltier

P.S.

Eigentlich sollte der Trainer mit jedem rollen und ihm/ihr dann DIE eine Technik, die daraus heute für ihn individuell resultiert, verklickern.
Und nach dem Rollen üben die Schüler dann noch mal untereinander ihre Techniken.
Während einer an mir mit seiner rumprokelt, ohne das ich die Technik auch noch fressen muss, lernt mein Körper gemütlich das Hauptprinzip unterbewußt zu vermiesen oder schon mal spüren.
Und ich muss meine neue mit unterschiedlichen Partnern zum Laufen bringen. Und nicht ewig mit dem gleichen.

Das würde den Bezug vom Rollen zu der Technikvermittlung verbessern. Da liegt m.e. eher der Hase im Pfeffer. Auch und gerade bei Freizeitsportlern.

Geht nicht sofort, eine Basis muss da sein.

Vielleicht auch periodisieren.

Hat halt gerade seine Periode :

Das Gürteltier

Gürteltier
25-01-2018, 18:05
In dem Podcast reden sie ja eigentlich von der work ethic der Wrestler gegnüber der der BJJler - aber BJJ is in usa ja auch an der Grenze zum Volkssport, während es bei uns noch so was wie die Skaterszene der KKs ist. Noch.

Björn Friedrich
25-01-2018, 18:15
Denkt mal darüber nach wie oft Judokas Uchi Komis machen.....Immer das Gleiche, immer wieder.....und warum, weil es eben nicht immer das Gleiche ist, sondern die Technik sich mit den Wiederholungen verändert.

Gerade für Anfänger sind viele Reps unumgänglich und gerade die langsame Ausführung einer Technik sorgt dafür, das man seine Fehler erkennt. Solange eine Technik langsam nicht rund läuft, braucht man sie schnell gar nicht zu machen.....

Es geht beim Drillen (und das sagt Askren auch) gar nicht nur um das Wiederholen von Techniken, sondern um das trainieren von Szenarios.

Man nimmt z.B. ein Guard Pass, welches man üben will und beginnt das Sparring immer wieder von dort aus. Wenn man es schafft zu passieren, oder der Gegner gekontert hat, fängt man von vorne an, usw.

Rollen macht spaß, aber wie gesagt, ab einem gewissen Punkt bringt rollen keine große Veränderung, weil man nur die Muster einschleift, die man sowieso schon macht.

Deshalb braucht man Drills, um das Spiel mit neuen Einflüssen zu verändern. Rollen ist die Integration neuer Muster, aber es dient nicht deren Entwicklung.

Ich erlebe das immer im Blaugurtprogramm. Die Leute, die nicht wirklich jede Woche die Techniken drillen und wiederholen, kommen nicht mit und schaffen in der Regel die Prüfung auch nicht....

Gürteltier
25-01-2018, 20:26
Beim Blaugurt ist es auch noch zu früh.

Ich hab als Kind/Jgdl. sogar meinen "unbeteiligten" Vater in eine Gi Jacke gesteckt, um meine tgl. 100-200 Uchi Komi zu haben. Aber gerade Uchi komi ist ein Beispiel dafür, dass sich die Technik eher im Randori ändert. Denn der Abwurf erfolgt ja fast nie bei den 100... .
Ich verstehe aber gut, was Du mit der Veränderung im Gleichen meinst.

Nur als ich zum ersten mal bei einer meiner Wettkampf-Harai-goshi-Varianten gefilmt wurde, stellte ich fest, dass ich mich streckte wie für Tai Otoshi und das Bein benutzte wie bei Ashi Guruma.
Weil ich ausglich, wie der Partner reagierte.
Und das habe ich im Randori gelernt. Mein Mindset ist : Ich ziehe den Harai Goshi durch ( Uchi Komi ) - das Resultat ist (halb-)unbewusste Anpassung in Reaktion auf Partnerreaktion (Randori).

Ich würde Würfe aber nicht mit Bodentechnik vergleichen. Den Griffkampf schon. Den übte ich nicht im Uchi Komi.

Langsam ist immer gut und ja, Anfänger müssen viele Reps machen.
Aber je erfahrener man ist, umso schneller merkt man : Hier ist eine Lücke/ein extremes Hinderniss gerade jetzt und der Weg könnte HIER für mich besser weiter gehen.
Weil man nämlich immer die Erfahrung von jemand anders nachdrillt.

jkdberlin
26-01-2018, 07:16
Rollen macht spaß, aber wie gesagt, ab einem gewissen Punkt bringt rollen keine große Veränderung, weil man nur die Muster einschleift, die man sowieso schon macht.



Genau das sehe ich anders. Wenn ich nur das mache, was ich eh immer mache, dann entwickeln alle meine Rollpartner ihre Konter dagegen und ich komme damit nicht mehr durch.

Spud Bencer
26-01-2018, 08:09
Genau das sehe ich anders. Wenn ich nur das mache, was ich eh immer mache, dann entwickeln alle meine Rollpartner ihre Konter dagegen und ich komme damit nicht mehr durch.
Wenn das stimmen würde würden sich bei Profis (Egal welche Kampfsportart) die Kampfstile jedes halbe Jahr ändern.

jkdberlin
26-01-2018, 08:20
Wenn das stimmen würde würden sich bei Profis (Egal welche Kampfsportart) die Kampfstile jedes halbe Jahr ändern.

Du verwechselst hier Kampfstil mit "Game". Tatsächlich ändern sich die "Games" der Profis, sogar ziemlich, in vielen Kleinigkeiten. Keenan spielt nicht mehr den Wormguard von vor 3 Jahren, Cobrinha liefert sich keine endlosen 50/50 Kriege mehr usw. Das Game eines jeden Kämpfers bliebt in etwa bestehen, es kommen aber ganz sicher neue Sachen hinzu (Bodylock Pass der Miyaos z.B.) bzw. ändern sich die Feinheiten.

Björn Friedrich
26-01-2018, 09:47
Naja das stimmt nur bedingt, denn die Rollpartner machen ja beim Rollen auch immer ihre Muster. D.h. man gewöhnt sich auch den Widerstandstand der Rollpartner.

Und ein wichtiger Faktor ist: "Pressure Kills Creativity" in der Hitze des Gefechts ist oft keine Muse für neue Experimente da und da ist das bewusste Training neuer Bewegungen oder das Sparren in bestimmten Szenarien ein wichtiger Weg, neue Impulse zu setzen.

Drillen bedeutet nicht 1000 mal das Gleiche zu machen. Drillen bedeutet bei 1000 Wiederholungen, 1000 Verbesserungen zu entdecken. Es ist ein Prozess der Bewegungen verändern soll, das ist extrem wichtig.

Sparring ist ein Prozess welcher die technischen Fortschritte testen soll, aber er ist eher selten der Auslöser für diese Veränderungen, gerade wenn man schon fortgeschritten ist.

jkdberlin
26-01-2018, 10:04
Sparring ins einer freisten Form ist eine Vorstufe zum Wettkampf. Hier kann man sehr gut Verbesserungen vornehmen, wenn man bemerkt hat, dass man an einer Stelle nicht weiter kommt. Richtig ist: im Wettkampf macht man keine Experimente, aber selbst da muss man mal Improvisieren. Wenn man das nicht durchs Sparring gewöhnt ist, dann wird das nichts.
Gerade wenn man fortgeschritten ist, sollten einem beim Sparring neue Problemlösungen bewusst werden, bzw ausprobiert und einstudiert werden. Gegen jemanden, der mir kein Pressure gibt, klappt das immer. Deswegen erhöht man nach dem Techniktraining den Druck, um es zu testen und anzupassen auf die Gegebenheiten.

Gürteltier
26-01-2018, 14:24
Wenn das stimmen würde würden sich bei Profis (Egal welche Kampfsportart) die Kampfstile jedes halbe Jahr ändern.

Gegen die selben Gegner im sparring ist das auch so. Wettkampfgegner trifft man nicht in der gleichen Frequenz wieder - die versuchen ja immer nur Leute in der Vorbereitung zu emulieren.
Zudem zeigt der Selektionsdruck beim Wettkampf nie den ganzen derzeitigen Stand.

Gürteltier
26-01-2018, 14:31
Naja das stimmt nur bedingt, denn die Rollpartner machen ja beim Rollen auch immer ihre Muster. D.h. man gewöhnt sich auch den Widerstandstand der Rollpartner.

Und ein wichtiger Faktor ist: "Pressure Kills Creativity" in der Hitze des Gefechts ist oft keine Muse für neue Experimente da und da ist das bewusste Training neuer Bewegungen oder das Sparren in bestimmten Szenarien ein wichtiger Weg, neue Impulse zu setzen.



Sparring ist ein Prozess welcher die technischen Fortschritte testen soll, aber er ist eher selten der Auslöser für diese Veränderungen, gerade wenn man schon fortgeschritten ist.

Randori ist das nicht. Da wird halt vielerorts "falsch" gerollt.
Klar, kann es auch hoch zur Wettkampfsimulation gefahren werden.
Aber gerade das die Gänge mit oder ohne Absprache wechseln macht Rollen ja so wertvoll.
Wenn zwei Partner sich beim Rollen "besiegen" wollen - dann brauchen die natürlich mehr Drills.
Das ist halt so. Die wenigsten sagen " Warte mal " und probieren kurz gemeinsam was und sagen " So , weiter. "
Oder spielen miteinander.
Dann muss halt der Trainier ansagen Drill vs. Rollen.

Kennt sie auch, die verbissenen Kraftjudoka im "Randori" :

Das schwache Gürteltier

Droom
26-01-2018, 17:01
Manche Sweeps (Gewichtsverteilungen) und Takededowns muss ich persönlich länger drillen, als Hebel und Würger.
Aber das hohe Wiederholungszahlen was immer besser einbrennen halte ich für einen Irrtum.

Da gebe ich dir recht, es kommt immer auf die Art der Technik an. Ich verteidige die allermeisten Submissions z.B. quasi nur konzeptuell. Ich weiß ja genau was der Gegner haben will und braucht um sie zu finishen und genau das verhindere ich ohne groß eine exakte Vorgehensweise mit dutzend kleinen Einzelschritten zu haben. Dadurch muss ich weniger überlegen und handel schneller (= Escapes klappen eher)

Aber gerade bei koordinativ komplexen Sachen oder Angriffen bei denen Timing, Distanz und/oder die Balance perfekt sein muss (z.B. Armdrags, Takedowns, Sweeps, Kombos), macht Drillen imho sehr viel Sinn.


Für mich ist es eher die Intensität /Konzentriertheit und Einprägsamkeit der einzelnen Durchführungen.
Dieser Satz ist Gold wert und kann nicht häufig genug gesagt werden! Viel zu viele sind schlampig/unkonzentriert beim Techniküben und Drillen und dadurch schleifen sich dann minderwertige Bewegungsmuster ein.
Darum bin ich auch kein Freund davon Leute eine feste Wiederholungsanzahl vorzugeben, sondern bevorzuge vorgegebene Zeitfenster in denen die Technik so häufig wie möglich komplett korrekt wiederholt wird.


Hat vielleicht weniger mit Talent, als mit Lernpersönlichkeit zu tun.
Ich vergegenwärtige mir die Technik auf dem Rückweg vom Training wieder im Kopf.
Bei mir verbessert das die Verarbeitung.

Geistige Visualisierung ist natürlich auch eine gute Methode um sich zu verbessern, allerdings halte ich die regelmäßige körperliche Ausführung dieser Technik dazu dennoch für absolut notwendig um diese Bewegung mit höchster Effizienz, Geschwindigkeit und Effektifvität auszuführen. Überlegt mal wie viele Pässe ein Fußballspieler im Training ausführt, wie viele Jabs Boxer am Sandsack schlagen und wie häufig Ringer shooten um so dermaßen gut in den Bewegungen zu werden, dass der Gegner trotz ihm bekannter Verteidigung eben kaum eine Chance hat.

Ironborn
26-01-2018, 21:23
Ich glaube, was viele vergessen, ist der Fakt, dass Askren hier von effektivem Training für Wettkämpfer auf einem gewissen Leistungsniveau, oder solche, die das erreichen wollen, spricht.

Meiner Meinung nach sollte der Durchschnittsgrappler vor allem Spaß an der Sache haben. Für den leicht übergewichtigen 42-jährigen Braungurt, der zweimal die Woche zum Training erscheint und sich vielleicht einmal im Jahr in irgendeine Masters-Klasse quält,, spielt es überhaupt keine Rolle, ob der sich den ***** wund drillt und situatives Sparring macht, oder nicht. Das sieht bei dem Bluebelt, der die Nogi Europeans gewinnen will schon ganz anders aus.

Deswegen macht es ja auch absolut Sinn, ab einer gewissen Größe, die Wttkämpfer und dir Hobbyisten, zumindest in einigen Unterrichtseinheiten, getrennt zu trainieren.

Situatives oder aufgabenorientiertes Sparring kann darüber hinaus auch trotzdem Spaß machen. Da brauche ich nicht mal einen Coach für, der mir die Aufgaben stellt. Jeder, der aktiv an irgendeinem Teil seines Games arbeitet, macht das doch eh auch schon ganz von selbst.

Droom
26-01-2018, 22:43
Meiner Meinung nach sollte der Durchschnittsgrappler vor allem Spaß an der Sache haben.

Sind wir doch mal ehrlich:
Fehlender Fortschritt und Trainingspartner die im Verhältnis zu uns immer besser werden, sind mit die größten Spaßbremser überhaupt während es kaum ein schöneres Gefühl gibt als zu merken dass man mittlerweile mit Leuten konkurrieren kann die vorher 1-2 Klassen über einem waren.



Situatives oder aufgabenorientiertes Sparring kann darüber hinaus auch trotzdem Spaß machen. Da brauche ich nicht mal einen Coach für, der mir die Aufgaben stellt. Jeder, der aktiv an irgendeinem Teil seines Games arbeitet, macht das doch eh auch schon ganz von selbst.

In der Theorie mag dies so sein, aber in der Praxis bleibt anscheinend die Mehrheit dann doch lieber in ihrer Komfortzone um im Sparring "zu gewinnen" oder zumindest um "nicht zu verlieren". Und dann ist ja noch die Frage ob mein Gegenüber mich überhaupt dort hin lässt, wo ich dran arbeiten will. Will ich z.B. üben die Fullguard zu passieren und er spielt nur Butterfly oder Halfguard werden sich meine Closedguard Passes kaum bis gar nicht verbessern.

Björn Friedrich
26-01-2018, 23:10
Ich sag jetzt mal was Böses, aber Durschnitt ist für mich, für Farbgurten je dunkler sie werden keine Option. Jeder der im BJJ weiterkommen will, sollte sein persönliches Maximum erreichen und dafür benötigt es sinnvolles Training.

jkdberlin
27-01-2018, 07:36
Ich sag jetzt mal was Böses, aber Durschnitt ist für mich, für Farbgurten je dunkler sie werden keine Option. Jeder der im BJJ weiterkommen will, sollte sein persönliches Maximum erreichen und dafür benötigt es sinnvolles Training.

Ab und an passiert es: ich stimme Björn komplett zu.

Raging Bull
27-01-2018, 08:19
Sind wir doch mal ehrlich:
Fehlender Fortschritt und Trainingspartner die im Verhältnis zu uns immer besser werden, sind mit die größten Spaßbremser überhaupt während es kaum ein schöneres Gefühl gibt als zu merken dass man mittlerweile mit Leuten konkurrieren kann die vorher 1-2 Klassen über einem waren.

Natürlich ist das ein geiles Gefühl! Aber nicht immer für jeden erreichbar. Du hast auf der einen Seite Talente, die überholen egal mit welchem Training, die "Normalos" am laufenden Band. Und du hast andere, die brauchen einfach viel mehr Zeit. Die musst du dann darin unterstützen, dass sie lernen mit der Frustration umzugehen und auch ohne dieses Hochgefühl Spaß an der Sache zu entwickeln.




In der Theorie mag dies so sein, aber in der Praxis bleibt anscheinend die Mehrheit dann doch lieber in ihrer Komfortzone um im Sparring "zu gewinnen" oder zumindest um "nicht zu verlieren". Und dann ist ja noch die Frage ob mein Gegenüber mich überhaupt dort hin lässt, wo ich dran arbeiten will. Will ich z.B. üben die Fullguard zu passieren und er spielt nur Butterfly oder Halfguard werden sich meine Closedguard Passes kaum bis gar nicht verbessern.

Da ist viel Wahres dran. Letztlich bleibt dir dann aber trotzdem noch deutlich schlechtere Leute in die Position zu zwingen (in deinem Beispiel sehr leicht). Das klappt natürlich nicht mit meinem Lieblingssparringspartner, der n Stückchen besser ist als ich. Bei dem probier ich aber meinen neuen Closed Guard Pass eh nur, wenn der schon bei fast allen Anderen klappt. Ansonsten hab ich da alle Hände voll zu tun die Halfguard bei ihm zu passieren. Da arbeite ich dann halt am Halfguardpass.

Björn Friedrich
27-01-2018, 11:31
Also das Datum muss ich mir merken:-) Das jkdberlin und ich gleicher Meinung sind, muss gefeiert werden:-)