Vollständige Version anzeigen : Foshan
Schattengewächs
09-12-2018, 16:50
Hi , bräuchte mall euere Hilfe ....
Welche Literatur könnt ihr empfehlen bzg der Kampfkunstkultur in Foshan ? ... und soweit wie möglich zurück 15 oder 16 . Jahundert sollte reichen .
Huangshan
09-12-2018, 19:09
Meinst du speziel die Stadt 佛山市 Foshan(kant. Fatshan) in der Provinz Guangdong?
Allgemein als Einstieg in das Quan pu Universum siehe dieses Buch:
Chinese Martial Arts Training Manuals: A Historical Survey: A Historic Survey (Englisch) Taschenbuch – 8. Januar 2008
von Brian Kennedy (Herausgeber), Elizabeth Guo (Herausgeber)
https://www.amazon.de/Chinese-Martial-Arts-Training-Manuals/dp/1583941940/ref=pd_sbs_14_1?_encoding=UTF8&pd_rd_i=1583941940&pd_rd_r=71d81268-fbdd-11e8-938b-ab0df1dbfcaa&pd_rd_w=GoIM5&pd_rd_wg=R62Dq&pf_rd_p=51bcaa00-4765-4e8f-a690-5db3c9ed1b31&pf_rd_r=ZZDFVW3KCRZR3VCQPY6Z&psc=1****RID=ZZDFVW3KCRZR3VCQPY6Z
Die spannendste Zeit ist der Umbruch Anfang des 20. Jhd. Da wurde das Gesicht dessen geformt was man heute landläufig als KK im Westen lernt.
Hier ein guter Link für Foshan:
https://chinesemartialstudies.com/2016/11/21/research-notes-foshans-kung-fu-in-1919/
Ein gutes Buch:
Jingwu: The School that Transformed Kung Fu (https://www.amazon.de/dp/1583942424/ref=cm_sw_r_cp_tai_BcIdCb7KVPB2W)
Man muss sich IMMER fragen: „Wer hat wann, warum Kampfkunst trainiert?“
Das hat sich im Laufe der Zeit immer mal wieder geändert, aber es ist extrem wichtig Fakten von Mythen zu trennen. Das Beides wurde nämlich gerne in China miteinander vermischt.
Um den historischen Hintergrund zu verstehen auch extrem wichtig, gerade für die „andere“ Seite der KK, neben der JingWu in Südchina:
The Origins of the Tiandihui: The Chinese Triads in Legend and History by Dian Murray (1994-07-01) (https://www.amazon.de/dp/B01FKTB8SI/ref=cm_sw_r_cp_tai_OiIdCb7EN1PBY)
Für Nordchina, aber auch allgemein für die KK in China in der zweiten Hälfte des 19. Jhd.:
The Origins of the Boxer Uprising by Joseph W. Esherick (1988-08-18) (https://www.amazon.de/dp/B01K3JXWFW/ref=cm_sw_r_cp_tai_mNIdCb9GBGS7G)
„Wer, wann, warum?“ ist der Schlüssel um zu verstehen was wir heute machen. Das hat sich im Laufe der Zeit immer wieder geändert, aber diese Frage ist zentral. Dazu muss man Fakten von Mythen trennen, denn beides wurde in China gerne miteinander vermischt.
„Wer, wann, warum“ sieht für jeden Übenden (nicht jeden Stil!) anders aus. Jeder hat, zu jedem Zeitpunkt, unterschiedliche Motivationen gehabt eine KK zu lernen. In „Stilen“ zu denken hilft da nicht weiter. Man muss in Personen denken und sich überlegen was „Stile“ eigentlich sind (da sind wir dann wieder bei „Wer, wann, warum?“)...
Schattengewächs
10-12-2018, 12:18
Erstmal Danke @Huangshan und @Kanken für die Links ...
Werde mich da erstmal einlesen und gucken ob dem was entnehmen kann .
Jesper Lundqvist
10-12-2018, 15:11
Die meisten der vorgeschlagenen Buecher sind allesamt sehr interessant, aber wenn es um die Kampfkunst, wie sie in Fatsaan im 16. bis 19. Jahrhundert nicht wirklich relevant. Das Thema Geheimgesellschaften ist sehr interessant und bedeutsam, aber man muss schon sehr viel mehr lesen als Dian Murray's Werk und es in Bezug auf die Kampfkunst relativieren. Jing Wu und Boxer Afstand, haben jetzt nicht wirklich besonders viel mit der Kung Fu-Szene in Fatsaan zu tun, wie die genannten Werke den anschein erwecken. Es gibt ein Buch auf Chinesisch "Fatsaan Mo Sut Mun Fa", welches die Kung Fu Szene in Fatsaan im 19./20. Jahrhundert beschreibt. Laut diesem Buch war Choi Lei Fat die dominierende Kampfkunst und hatte sehr, sehr viele Anhaenger. Spezifische Kampfkunstlitteratur ueber Fatsaan frueher als das gibt es nicht. Das wohl fruehste Kampfkunstmanuskript der chinesischen Kampfkuenste ist von 1560, hat aber mit Fatsaan nichts zu tun. Darueber kannst du naeheres im Buch von Kennedy und Goh lesen. Im naechsten Jahr (soweit ich es verstanden habe) wird Hr. Tang Gwong Man, ein fuehrender Forscher in den Kampfkuensten ein Buch herausgeben, ueber die Stile, die in Fatsaan praktiziert werden oder auch ihre Wurzeln haben. Aber es wird die heutige "Landschaft" beschreiben.
Was genau moechtest du denn wissen, bzw. nach genau was suchst du?
mfG
aber man muss schon sehr viel mehr lesen als Dian Murray's Werk und es in Bezug auf die Kampfkunst relativieren. Jing Wu und Boxer Afstand, haben jetzt nicht wirklich besonders viel mit der Kung Fu-Szene in Fatsaan zu tun, wie die genannten Werke den anschein erwecken.
Da hast Du natürlich Recht.
Es galt auch erst einmal nur einen Anfang für den historischen Rahmen zulegen. Gerade da ist ein Einblick in die Sekten und Geheimgesellschaften ganz gut, relativiert er doch viele der Mythen und Legenden...
Gerade der Taiping Aufstand ist auch sehr interessant, obwohl er ja „in der Nachbarschaft“ stattfand.
Wie gesagt, entscheidend ist „Wer, was, wann“ und „folge dem Geld/der Macht“.
Ein generelles Verständnis von Ming und Qing sollte man natürlich schon haben...
Shrouded in mystery it is, the Fatsaan history of old. Certain nothing is. What was, and what was not, hard to find it is nowadays. :)
Mir ist leider auch noch nicht klar, was genau Dein Anliegen ist :confused:
Schließe mich der Antwort von Jesper Lundqvist an. Alles was es bisher m. W. n. gibt, ist entweder generell auf die Geschichte Chinas bezogen oder aber, wenn es spezieller auf KK eingeht, dann doch eher auf die jüngere Zeit fixiert. Da es Dir um die Kampfkunstkultur in der Region Foshan im 15./16. Jhd. geht, müsste man m. E. explorativ vorgehen und 'historisch-gesellschaftswissenschaftlich' die einzelnen Themenfelder (Gesellschaftliches Zusammenleben zur damaligen Zeit/Geheimbünde, Politik, Sekten/Religion/Glaube/Rituale/Feste usw.) bearbeiten und selbstständig Bezüge zur KK herausfinden, damit sich ein Gesamtbild ergibt. Oder aber Du hast Kontakte zu Sinologen mit entsprechenden Kenntnissen.
Ebenso ist es auch gut einzelne Biografien von "KK-Koryphäen" im Detail anzusehen und die Einflüsse im Lebensverlauf kennenzulernen (s. Kankens Post -> wer, wann, warum). Und wenn möglich sind Kontakte zu Lehrern, die fernab des "Mainstream Kung Fu" gelernt haben natürlich immer zu empfehlen ;)
Jesper Lundqvist
10-12-2018, 16:24
Kanken,
Ich habe mich ziemlich intensiv mit Taipeng Tiangwok auseinadergesetzt und finde es in Bezug auf Kampfkuenste und deren "Entwicklung" sage ich mal ziemlich unbedeutend - erst recht wenn es um Gegenden wie Fatsaan geht...
Jesper Lundqvist
10-12-2018, 16:34
Nagare, es gibt keine Sinologen die naeheres zum Thema sagen koennten ganz einfach weil es keine historis
chen Primaerquellen gibt. Was Geheimgesellschaften und Kampfkuenste angeht kann man auch nur sehr wenig sagen, aus naheliegenden Gruenden. Ich kenne so einige Kung Fu-Leute in Gongjaau un Fatsaan, die alles andere als "Mainstream" sind, aber sich mit diesen Leuten zu unterhalten bringt nicht mehr Wissen um die Kung Fu Kultur prae 1850, sagen wir mal.
Wenn du meinst. 20-30 Millionen Tote in direkter Nachbarschaft schafft schon eine ganz gute „Beeinflussung“ der jeweiligen Bevölkerung, zumal dort sehr viele „gewaltkompetente“ Gruppierungen involviert waren.
„People skilled in violence“, um es mal mit Lorge zu sagen, sind diejenigen die die KK tradiert haben. Da muss man sich fragen wo diese Leute lebten, mit wem sie es zu tun hatten, wo sie herkamen und wo sie hingingen.
Militär, Milizen, Sekten, Gesellschaften, Söldner, Gaukler all das sind diejenigen um die es geht, wobei sich die Bereiche auch oft überlappten.
Wenn man guckt woher Hong die Soldaten hatte und warum er sie rekrutieren konnte, dann kommt man schon recht schnell nach Guangdong und Fujian.
Ein Ereignis wie die Taiping Rebellion für „unwichtig“ zu halten ist schon recht merkwürdig, zumindest wenn man von einem soziokulturellen Ansatz ausgeht und das Ereignis in den Gesamtkontext des 19. Jhd. setzt.
Nagare, es gibt keine Sinologen die naeheres zum Thema sagen koennten ganz einfach weil es keine historis
chen Primaerquellen gibt. Was Geheimgesellschaften und Kampfkuenste angeht kann man auch nur sehr wenig sagen, aus naheliegenden Gruenden. Ich kenne so einige Kung Fu-Leute in Gongjaau un Fatsaan, die alles andere als "Mainstream" sind, aber sich mit diesen Leuten zu unterhalten bringt nicht mehr Wissen um die Kung Fu Kultur prae 1850, sagen wir mal.
Ok. War meinerseits eher geraten, da ich dachte, gerade innerhalb der Sinologie müsste es jemanden geben, der sich auf mittelalterliche Geschichte in Süd-China spezialisiert hat. Aber ich kenne halt nicht die Bandbreite sinologischer Forschung.
In der Tat ist die zeitliche Eingrenzung des TEs schwierig. Mein persönlicher Austausch mit Praktikern bezog sich auch immer nur auf die Gegenwart und ihre vllt. maximal 2-4 (je nach Zählart) Vorgänger-Generationen, so dass sich auf eindeutiges Wissen bezogen werden konnte. Alles andere davor verschwimmt dann nur noch.
Jesper Lundqvist
10-12-2018, 17:11
Kanken, du verstehst nicht was ich meine.... Viele Akademiker verlieren vor lauter "Akademisierung" etwas den Ueberblick und verlieren sich in Dinge, die konkret irrelevant sind fuer diese oder jene Entwickung. Ein Beispiel ist z.B. Jing Mo in Fatsaan. Ich habe viele Leute gefragt, die sich noch an die (relativ) fruehen Jahre des Jing Mo dort erinnern koennen und Zeitzeugen sind. Diese Leute haben eine etwas andere Auffassung vom Einfluss und.der Wichtigkeit solcher Organisationen, als man gerne in "akademischen" Werken liest.
Sprechen wir vom Taipeng Tiangwok, so waren die "Soldaten" in erster Linie Bauern, und spaeter schliessen sich diverse "Triaden" Gruppen an (welches grundsaetzlich ein wenig merkwuerdig war, wenn man die Ziele dieser Gruppen und Hung Sau Chuens miteinander vergleicht, aber ein anderes Thema), und es ist ueberhaupt wichtig zwischen Hungs Bewegung und den vielen kleineren Aufstaenden, die vom Erfolg des Taipeng Tiangwoks inspiriert wurden, zu unterscheiden.
Also, sprechen wir konkret von der Situation in Fatsaan, Gongjaau und ueberhaupt in Gongdong, hat Taiping Tiangwok (ausser anfaenglichen Unruhen nahe der Grenze zu Gongsai) nichts mit den Kampfkuensten oder deren Entwicklung dort zu tun. Es gab eine Menge Unruhe und auch Aufstaende dort (Hunggamgwan Rebellion 1854-55, z.B) aber diese hatten nichts mit Hung Sau Chuen oder dessen Vision zu tun, es waren in erster Linie ein "Verbund" von Geheimgesellschaften.
Jesper Lundqvist
10-12-2018, 17:18
Nagare,
genau so wie du es beschreibst ist es.
:)
@Jasper
Ich verstehe schon was Du meinst. Mein Punkt ist nur dass diese Leute, die dort gekämpft haben, irgendwo herkamen und mit Ihren Erfahrungen irgendwo hingingen.
People skilled in violence...
Huangshan
10-12-2018, 21:33
und soweit wie möglich zurück 15 oder 16 . Jahundert sollte reichen .
Stimme mit Jesper Lundqvist,Nagare überein.
kurz:
Schriften allgemein aus der Yuan oder Ming Dynastie, die sich speziel mit Kriegs oder Kampfkünsten beschäftigen sind rar und aus Südchina, Foshan gibt es frühestens soweit ich weiß aus der späten Qing Dynastie/republikanischen Ära einige Manuskripte, Überlieferungen etc. .(siehe Geschichte von Hung Gar,Choy Li Fut,Fut Gar,Choy Gar, Li Gar,Wing Chun,Hop Gar,Bak Mei etc.....)
Die Forschung in diesem Teilbereich ist wegen Mythen,Legendenbildung,mündlicher Überlieferung etc. kein einfaches Unterfangen.
PS: Einige Stile führen ihre Wurzeln auf das Südshaolin Kloster und Abt Chi Sim zurück .
Diese Geschichten sind im mythischen Nebel der Zeit angesiedelt.;)
PS: Einige Stile führen ihre Wurzeln auf das Südshaolin Kloster und Abt Chi Sim zurück .
Und auf die geflohenen Shaolinmönche...
Gerade letztere Story findet man in vielen südchinesischen Stilen. Wenn man nicht weiß wie diese Story entstanden ist und wer sie benutzt hat, dann wird man vieles nicht verstehen können.
Auch heute noch gibt es immer wieder Leute die das Märchen der „5 Vorfahren“ verbreiten und glauben, dabei wurde diese Story schon vor einiger Zeit „entmystifiziert“ und es wurde gezeigt wer sie warum nutzte...
Auch wenn es nur Mythen sind wurden sie von speziellen Gruppen genutzt und haben so bis heute überlebt.
Wenn man die KK verstehen will muss man sich fragen wie die Leute früher gelebt haben die die KK ausgeübt haben. Wie waren sie bewaffnet, wie haben sie ihr Geld verdient, was war ihr soziales Umfeld und woran haben sie geglaubt (spirituell und politisch).
Jesper Lundqvist
10-12-2018, 23:55
Kanken,
das ist banale Logik...
;)
Aber wie gesagt, so "skilled in violence" waren z.B. die Taipeng Tiangwok'ler gar nicht - und auch die Mitglieder der Geheimgesellschaften auch nicht - zumindest ein Grossteil davon. Das laesst sich historisch belegen.
Die Leute, die schon eine Kampfkunst ausuebten, bevor sie in der Taipeng Rebellion teilnahmen, nun welchen Einfluss sollte dies konkret auf die einzelnen Kampfkuenste - und besonders die suedlichen - gehabt haben und wieso soll gerade Hung Sau Chuens Aufstand besonders wichtig sein, fuer die Entwicklung der Kampfkuenste gewesen sein? Choi Ga Kuen und Choi Lei Fat gab es schon lange vorher, nur um ein paar Beispiele zu nennen.
Wenn man schon auf "sozio-kulturell" in Bezug auf (suedchinesische) Kampfkuenste machen will, gibt es viel Relevanteres in Erwaegung zu ziehen als den Taipeng Tiangwok Aufstand.
Wohin Leute gegangen sind, aus welchen Gruenden auch immer, ist schon etwas interessanter aus meiner Sicht, aber das hat weniger spezifisch mit den Taipengs zu tun...
:)
Schattengewächs
11-12-2018, 09:03
@Nagare ....
Hab mich vieleicht falsch ausgedrückt , meinte "ab" dieser Zeit ....
Grundlage , ist dieses Buch (https://www.amazon.de/Creation-Wing-Chun-History-Southern/dp/143845693X) hier , was übrigens Tatsache nur in die Zeit zurück geht , wie ihr hier schreibt ... lese mich da gerade ein .
Will mir einfach mehr Backroundwissen aneignen , welches nicht gefärbt ist , durch den Stilbezug ...
Wenn man sich die KK im 18. und 19. Jhd. angucken will, egal in welcher Region, dann muss man verstehen wie die Leute damals lebten, woran sie glaubten, was es für Strukturen und Schichten gab, wie der Warenfluss war, wie die Organisationsstruktur etc.
Jede soziale „Schicht“ hatte da andere „Regeln“, andere Präferenzen, andere Interessen an Gewalt und einen unterschiedlichen Zugang zum Erwerb von Gewaltkompetenz.
Mein „allgemeiner Hinweis“ auf die beiden Bücher zum Boxeraufstand und die Tiandihui sollte dazu dienen eben dieses Gefühl zu entwickeln, denn sie zeigen ganz gut wie „die einfache Bevölkerung“ damals tickte.
Ich habe absichtlich nicht primär Judkins empfohlen, denn ich halte es für wichtiger die gesamte Gesellschaft zu betrachten.
Leider haben die „People skilled in violence“ in der Zeit keine Bücher geschrieben, denn es war der Rand der Gesellschaft, der sich dort bewegt hat. Ab und an hat mal ein „Regierungsoffizieller“ etwas geschrieben, da ging es aber eher nicht um konkrete Inhalte. Was „die breite Masse“ so gemacht hat, darüber wissen wir wenig. Private Milizen und Söldner (oft ausgebildet in eben diesen Milizen, oder Ex-Militärs, die wiederum auch die Milizen ausbildeten) bildeten das Gros der „Kampfkünstler“. In diesen privaten Milizen waren es halt die Dorfbewohner die dort übten. Für sie war es nix besonderes, sondern eine Notwendigkeit (siehe Lorge dazu).
Du hast recht, die waren nicht sonderlich gut ausgebildet. Speer, Schild, Schwert (oder Doppelschwert) und fertig.
Jetzt ist aber die wirklich interessante Frage wo Gewalt stattfand und wie diejenigen, die sie ausübten, sozial organisiert waren. Gewalt Einzelner zur Befriedigung der eigenen Interessen kommt eher selten vor (was nicht heißt dass es sie nicht gibt), viel häufiger ist aber die Ausübung von Gewalt von Gruppen gegen Gruppen.
Clans (mit Ihren Milizen), Sekten, Gesellschaften, das Militär, Piraten, all das sind GRUPPEN und diese Gruppen sorgten mehr oder weniger für die Vermittlung von Gewaltkompetenz an ihre Mitglieder. Gleichzeitig musste man die Gruppe mehr oder weniger zusammenhalten und so gab es auch immer einen „sinnstiftenden“ theoretischen Überbau.
Bei Clans und Dorfmilizen war es die Familienzugehörigkeit, bei Sekten der Glaube, bei Geheimgesellschaften das gemeinsame finanzielle Interesse und der gegenseitige Schutz, wobei dort oft auch Sektenglaube integriert wurde (siehe Weihrauchverbrennung, Shaolinmythen etc.).
Der Großteil der Menschen war alles andere als wirklich „skilled“, wenn man aber mit kalten Waffen auf Leben und Tod kämpft, dann entwickelt man etwas was alle Theorie beiseite wischt. Intent. Wer getötet hat ist anders, wer knietief durch Gedärme gewartet ist und mit Köpfen Fußball gespielt hat, der ist anders.
Erfahrungen prägen Leute und wenn jemand reale Gewalterfahrungen gemacht hat, dann beeinflusst dass seine „Gewaltkompetenz“. Das fand im 18. und 19. Jhd. noch oft in China statt. Egal ob das lokale Auftände oder Rebellionen waren oder größere Bürgerkriege wie die Taiping Rebellion.
Hung Gar hat seine Zugehörigkeit im Namen und bei anderen muss man sich nur die „Entstehungsmythen“ angucken um zu wissen zu welchen Gruppierungen sie gehörten.
Um es mit Prof. Lorge zu sagen: Stile sind „moderne Erfindungen“ es gab früher Schulen (in denen Gewaltkompetenz gelehrt wurde), denen besonders fähige Personen vorstanden und die eine spezielle Gruppe ausbildeten, die wiederum ein klares Ziel für Ihre Gewaltkompetenz hatte.
In dieser Schule spielte aber auch gleichzeitig wieder der theoretische Überbau mehr oder weniger eine wichtige Rolle (Sekte, Geheimbund, Glaube).
Anfang des 20. Jhd. änderte sich die Art der Gewaltkompetenz massiv, da Schusswaffen eine sehr viel größere Rolle spielten. Blankwaffen und der dafür benötigte körperliche Skill, rückten massiv in den Hintergrund.
Der „kranke Mann Asiens“ mußte gestärkt werden und so rückten die Kampfkünste plötzlich in das Interesse politisch engagierter Mittel- und Oberschichtler, allerdings weniger wegen Ihrer Kampfkompetenz, sondern eher aus erzieherischen Gründen (ähnlich Japan und Deutschland).
Spannend zu sehen ist dann wieso plötzlich Leute aus dieser Schicht in Kontakt mit KK kamen, Leute die dieses „Pack“ sonst gemieden haben wie der Teufel das Weihwasser, bzw. sie nur notwendigerweise benutzten. Da spielen dann plötzlich die Tiandihui und ihre Verbreitung per Schneeballsystem eine extrem große Rolle. Folge dem Geld!
Eine Gruppe der Gesellschaft, in der die Gewaltkompetenz gewachsen war, nehm plötzlich immer mehr Einfluss auf die produzierende Mittelschicht, die dadurch mit KK in Kontakt kam. Natürlich bestand damit auch dort (also in den wachsenden Städten Chinas) Bedarf an organisiertem Unterricht bzgl. Gewaltkompetenz und erfahrene Kampfkünstler waren hochbezahlte (und plötzlich auch gesellschaftlich angesehene) Personen.
Aber auch da galt: reale Gewalt wird von Gruppen ausgeübt!
Klar gab es auch dort immer wieder einzelne „Alleinreisende junge Männer“, aber diese Leute suchten sich schnell in Ihrer neuen Umgebung Gruppierungen um zu überleben. Der verbindende Faktor war auch dort Clanzugehörigkeit und/oder Zugehörigkeit zu einer Sekte oder einer „Gesellschaft“. Es liegt in der Natur des Menschen sich einer Gruppe anzuschließen.
Auch heute wird reale Gewalt durch Gruppen ausgeübt, egal ob das Familenclans sind (egal welcher Nationalität), politische Gruppierungen (egal ob rechts oder links), der Polizei/dem Militär, kriminellen Vereinigungen (1%er etc.). Auch heute bringen Leute ihre Gewalterfahrungen aus einer Gruppe teilweise in eine andere Gruppe.
Man sollte nicht „Die Geschichte der Kampfkünste“ verstehen, Man sollte die Geschichte von „Gewalt, Geld und Macht“ verstehen und die ist nun einmal sehr viel komplexer als die Mythen irgendeines „Stils“.
Im einzelnen ist es dann spannend herauszubekommen wie sich eine EINZELNE Person in diesem „Spiel“ im Laufe seines Lebens bewegt hat.
Huangshan
11-12-2018, 10:44
Schattengewächs:
Will mir einfach mehr Backroundwissen aneignen , welches nicht gefärbt ist , durch den Stilbezug ...
Nun ist endlich die Katze aus dem Sack-
Dich interessiert die Wing Chun Historie und hist. Hintergrundwissen zur Stadt Foshan.
Schattengewächs
11-12-2018, 10:51
Nein , eher nicht ... sonst hätte ich das im Ing Ung Forum gepostet ..
Eher will ich eine Schnittmenge herausarbeiten , zwischen den Stilen zu dieser Zeit die in dieser Stadt bzw Umland entstanden sind ... erhoffe mir aber Tatsache eine andere Perspetive bzw fundierte Sicht auf den Ursprung vom Ing Ung ...
Das ist ohne Videos die es logischerweise aus der Zeit nicht gibt unmöglich. Die Art und Weise und Praktiken im "gleichen Stil" sind oft je nach Individuum, Zeit und Subbranch so unterschiedlich, dass funktional praktisch kein Zusammenhang besteht. Was man bekommt sind haufenweise Lagerfeuergeschichten, wer besonders krass gewesen ist, und wie alle anderen bekannten Namen praktisch nur Würste waren (was natürlich jeder gewusst hat :-§).
"Kung Fu" als mehr oder weniger waffenlose Kampfmethodik funktioniert in Gruppenauseinandersetzungen mit Waffen nur noch als athletischer Nachbrenner, Bewegungs- /Sonderskillschule und bei einzelnen Hilfsaktionen. Ansonsten ist das Waffenkampf im Verband, und kein "Stil". Der Stil heisst "bring mehr Leute mit mehr und besseren Waffen mit, und lass die geschickt zusammenarbeiten".
Alephthau
11-12-2018, 17:48
Hi,
Die Geschichten um die 5 Älteren (Chi Sim, Ng Mui, Bak Mei, Fung Dou Dak und Miu Hin) und die Zerstörung des südlichen Shaolin-Kloster betreffend waren eine beliebte Geschichte der Wuxia im 19ten Jahrhundert.
Ein Freund von mir, selber Chinese, meinte mal zu mir, dass Chinesen gute Geschichten lieben und gerade was Kungfu-Stile angeht, versucht man sich natürlich einen möglichst super Stammbaum zu erschaffen und da bieten sich diese Helden und ihre tragische heldenhafte Geschichte(n) natürlich wunderbar an. ;)
Das führt dann zu so absurden Sachen, wie das Ng Mui gefühlt 2567 Stile beeinflusst/kreiert hat in ihrem Leben, eine sehr kreative Dame war die gute..... :D
Die Triaden haben sich auch gerne mit dieser Geschichte geschmückt, ist ja auch romantischer als die Wahrheit! :)
Die Geschichte des ingbums, die mit dem Kranich/Fuchs vs Schlange und Ng Mui, soll übrigens eine Spontanerfindung von Yip Man gewesen sein, weil ein Reporter in einem Interview eine solche Geschichte erwartet hatte...... :D
Gruß
Alef
Sitzen ein Kranich, ein Fuchs und ne Schlange beim Skat, als ein Abt reinkommt und ...
Huangshan
11-12-2018, 19:08
Alpethau :
So war es und ist es u.a. in der Kampfkunstszene.
Auch wenn ich mich wiederhole.:kaffeetri
Diese romantischen Mythen,Legendenbildungen waren,sind in China,Asien,Weltweit zu beobachten.
Ja Chinesen lieben Helden Sagen, Mythen und romantische Geschichten.:horsie:
Es hört sich doch besser an, bringt mehr Ansehen wenn der Stilgründer ein Kaiser,General,Heiliger,Abt,Kriegsheld etc . war als ein einfacher Bauer,Soldat,Beamter,Mönch,Rebel......
siehe Gründungs-Legenden einiger Stile im Zusammenhang mit : Kaiser Taizu,Bodhidharma,Zhang Sanfeng,Guan Yu,Mulan,Yue Fei,General Qi Jiguang, Abt Chi Sim,Ng Mui( 5 Ahnen)........ usw. .
Die jüngeren Phänomene der Legendenbildung sind z.B. im Umfeld von Wong Fei Hung,Yip Man,Bruce Lee usw. zu beobachten.
PS:Mal sehen was in paar Jahren über Leung Ting und den Grafen K.specht für storys von den WT Jüngern verbreitet werden?;)
Gruss
Huangshan
Schattengewächs
11-12-2018, 22:47
Stimmt schon .... Mystifiezierung ist Gang und Gebe .... dafür können aber meist die Sinnstifter nix .
Gibt es ne Erklärung warum gerade Ng Mui , so inflationär als Ursprung genommen wird ? .... Ich meine wenn selbst die Mafia sich einer Frau + Nonne bedient , die ihren Ursprung begründen soll , ist das schon bemerkenswert ... war zu einer Zeit da irgend was gewesen , das man dem vieleicht besondere Atribute zuschrieb ... so das sich halt viele damit identifizieren konnten ? ...
Habe auch gerade das Gefühl , das das alles ziemlich übelst verwoben ist , sprich da noch ne Menge zu tun ist um da n Durchblick zu kriegen .
Gibt es ne Erklärung warum gerade Ng Mui , so inflationär als Ursprung genommen wird ? .... Ich meine wenn selbst die Mafia sich einer Frau + Nonne bedient , die ihren Ursprung begründen soll , ist das schon bemerkenswert ... war zu einer Zeit da irgend was gewesen , das man dem vieleicht besondere Atribute zuschrieb ... so das sich halt viele damit identifizieren konnten ?
Verstricktes Thema - gerade im Bereich Organisierter Kriminalität (OK); dazu noch die historische Perspektive. Es gab zudem viele politische Verflechtungen. Abgesehen davon ist manches einfach nur "Zufall"; bspw. dass ein System oder Mythos besondere Aufmerksamkeit erfuhr lag (bzw. liegt) manchmal nur daran, dass zu einer gewissen Zeit sich gewisse Persönlichkeiten begegnet sind, die besonders zu einer Verbreitung beitrugen. Tiefere Bedeutung aus so etwas heraus zu lesen, führt manchmal zu Trugschlüssen. Dies bedarf dann schon einer detaillierten Betrachtung / Analyse.
Ich bspw. finde die Geschichte von Bak Mei sehr interessant. Man erkennt, wie viele Gerüchte, die es um diese Person gab / gibt, die politisch ambitioniert sind. Sein "schlechter Ruf" trug eben auch dazu bei, dass sich einige Triadengruppierungen sehr dafür interessierten - oder anders herum: dass dieses System eher als "unbeliebt" galt und damit auch ihre Praktizierenden, die sich dann wiederum in entsprechenden Milieus wiederfanden. Manchmal wurden auch Praktiker, deren Fähigkeiten als sehr gut galten, aus OK-Kreisen gezwungen "mitzumachen". Da spielte der Ursprung bzw. Mythos keine wesentliche Rolle.
Huangshan
12-12-2018, 09:54
Ng Mui , Chi Sim werden in Verbindung mit dem Shaolin Orden und den Chan Buddhismus gebracht.
Lektüre zum Thema Shaolin , Chan Buddhismus etc. :
The Shaolin Monastery: History, Religion, and the Chinese Martial Arts (Englisch) Taschenbuch – 1. November 2008
von Meir Shahar (Autor)
https://www.amazon.de/Shaolin-Monastery-History-Religion-Chinese/dp/082483349X/ref=sr_1_8?s=books-intl-de&ie=UTF8&qid=1544603971&sr=1-8&keywords=shaolin
Geschichte der chinesischen Philosophie: Konfuzianismus, Daoismus, Buddhismus Taschenbuch – 2. März 2018
von Hans van Ess (Herausgeber), Wolfgang Bauer (Autor)
https://www.amazon.de/Geschichte-chinesischen-Philosophie-Konfuzianismus-Buddhismus/dp/3406722881/ref=sr_1_1?s=books&ie=UTF8&qid=1544604121&sr=1-1&keywords=chinesische+philosophie
kurz:
Laut neuster Forschung gab es einige Ableger in China,Südostasien,Asien des nörd Shaolin Klosters in Henan.(siehe Verbreitung des Chan Buddh.)
Wo,ob in Südchina ein Kloster seinen Sitz hatte ist in Wirren der Zeit verloren gegangen?
Ob der Abt Chi Sim und die Nonne Ng Mui reale Personen oder fiktive Gestalten waren , steht in den Sternen?;)
Mann sollte nicht alles für Bare Münze nehmen was in Kampfkunstkreisen erzählt wird.(Wuxia Romantik)
Schattengewächs
12-12-2018, 10:24
Mann sollte nicht alles für Bare Münze nehmen was in Kampfkunstkreisen erzählt wird.
Darum , dieser Tread hier :) ... will es eben auf Grund von Recherge sagen können und nicht weil es einem nur Unwahrscheinlich vorkommt .
Huangshan
12-12-2018, 11:16
Chinesische CCTV Doku zum Thema südl. Boxen:
https://www.youtube.com/watch?v=Rf2YGc7C3CQ
https://www.youtube.com/watch?v=wLHmWvpNnpM
Ich würde übrigens auch jedem „Outlaws of the Marsh (https://en.m.wikipedia.org/wiki/Water_Margin)“ empfehlen. Ist eine schöne Geschichte und ein sehr alter Text, der in China so bekannt ist (und war) wie hierzulande „Robin Hood“.
Ich würde übrigens auch jedem „Outlaws of the Marsh (https://en.m.wikipedia.org/wiki/Water_Margin)“ empfehlen. Ist eine schöne Geschichte und ein sehr alter Text, der in China so bekannt ist (und war) wie hierzulande „Robin Hood“.
Inwiefern siehst Du darin einen Erkenntnisgewinn für die Fragestellung des TEs?
Wenn man schon so weit geht, dann könnte man gleich alle vier klassischen Romane empfehlen, oder nicht..? Wobei ich nicht denke, dass dem TE das Jin Ping Mei in dieser Angelegenheit weiterhelfen wird :D
Weil es „Common Knowledge“ zu der damaligen Zeit war. Die Themen wurden in vielen Theaterstücken aufgenommen, erzählt etc. Es war so etwas wie „Bruce Lee“ und „Kwai Chang Caine“ heute.
Wenn man verstehen will wie die Leute früher dachten und fühlten, dann schadet es nichts sich die früher am meisten verbreiteten (fiktionalen) Geschichten bzgl. Kampfkunst anzuhören. Die Shaolinstory ist eine, aber mit den „Outlaws“ hat man wenigstens noch einen authentischen Text, der auch noch toll geschrieben ist.
Weil es „Common Knowledge“ zu der damaligen Zeit war. […]
Ah, okay :halbyeaha
Huangshan
12-12-2018, 17:12
Ja romatische,tragische.... Wuxia Romane haben seit Jh. in China Tradition und solche Geschichten haben u.a. das Bild von den chin. Kampfkünsten beeinflusst.
Zum Thema siehe These in der Doku:
Laut der Doku waren die 5 elders(Älteren/Ahnen)Chua Teck Tiong/Cai Dezong (蔡德忠), Hong Dai Ang/Fang Dahong (方大洪), Ma Chew Heng/Ma Chaoxing (馬超興), Ho Teck Deh/Hu Dedi (胡德帝), und Lee Si Kai/Li Sekai (李式開) die Hauptfiguren in einigen Gründungsgeschichten von Süd Stilen, Mitglieder in einer Geheimgesellschaft Tiandihui天地會/Hongmen 洪門 die gegen die Qing(Mandschu) opportuniert hat.
https://www.oai.de/de/wissen/ostasienlexikon/943-qing-dynastie.html
http://enacademic.com/dic.nsf/enwiki/964328
http://www.nlb.gov.sg/biblioasia/2017/07/12/heaven-earth-and-brotherhood/
Motto: (Fan Ching Fu Ming/"Oppose Qing and restore Ming"))反清復明/ 反清复明
Die Südshaolin Story soll als Propaganda Geschichte gegen die Mandschu gedient haben?
Wenn man schon so weit geht, dann könnte man gleich alle vier klassischen Romane empfehlen, oder nicht..? Wobei ich nicht denke, dass dem TE das Jin Ping Mei in dieser Angelegenheit weiterhelfen wird :D
Ist ja auch gar keiner der vier klassischen Romane ;)
Ist ja auch gar keiner der vier klassischen Romane ;)
stimmt... da habe ich wohl das Update verpasst :D
Aber Recht hast Du - danke für die Richtigstellung!
Alephthau
12-12-2018, 18:06
Ich würde übrigens auch jedem „Outlaws of the Marsh (https://en.m.wikipedia.org/wiki/Water_Margin)“ empfehlen. Ist eine schöne Geschichte und ein sehr alter Text, der in China so bekannt ist (und war) wie hierzulande „Robin Hood“.
Echt jetzt, "Die Rebellen vom Liangshan Po" als Lehrbuch wie die Leute damals getickt haben? Oo
Geschichten sind Geschichten, die deutschen Heldensagen, oder die Heldengeschichten/romane aus WWI+II haben auch wenig mit dem echten Ritterleben/dem echten Krieg gemeinsam und allen Erzählungen ist gemein, dass die Erzähler von dem was sie erzählten/schrieben keine wirkliche Ahnung hatten und stark romantisierten! ;)
Ändert nichts daran, dass es eine tolle Erzählung ist und ich die Serie als Kind gesuchtet habe! :D
Gruß
Alef
und allen Erzählungen ist gemein, dass die Erzähler von dem was sie erzählten/schrieben keine wirkliche Ahnung hatten und stark romantisierten! ;)
Eben, aber eben das glaubten die meisten einfachen Menschen. So wie heute auch das Bild der Ritter ist oder eben der Shaolinmönche.
Münsterländer
13-12-2018, 08:32
Echt jetzt, "Die Rebellen vom Liangshan Po" als Lehrbuch wie die Leute damals getickt haben? Oo
[...]
Ich verweis dazu auf David Ross (ich übersetze sinngemäß aus dem Gedächtnis):
Geschichten und Mythen sind für Historiker wertvoll, auch wenn sie reine Fiktion sind.
Sie verraten nicht historische Tatsachen, aber sie lassen erkennen, wer/oder was die Personen, die diese Geschichten erzählen, selbst gerne sein würden, bzw. mit wem sie sich identifizieren wollen.
Ich denke, der Mann kennt sich aus:
https://www.amazon.com/David-A-Ross/e/B01N9DHUYL?ref=dbs_p_pbk_r00_abau_000000
Insofern:
ja, man kann (mit gewissen Einschränkungen) aus den Geschichten einer Epoche Rückschlüsse darauf ableiten, wie die Leute damals "getickt haben";)
Grüße
Münsterländer
Dazu ist es aber auch wichtig das Buch in seinen historischen Kontext zu stellen und zu verstehen wie es den Konfuzianismus porträtiert und warum die „bösen“ Banditen eigentlich die Guten sind und warum das Werk damals verboten wurde.
Es ist eine historische Quelle und als solche betrachtet kann es einem helfen die Gedankenwelt der Leute damals zu verstehen. Man identifiziert sich mit den Werten die diese „Volkshelden“ darstellen und die dort erzählten Geschichten dienen als „Verhaltensvorlage“, mehr oder weniger bewußt.
Ein befreundeter Geschichtsforscher sagte mal zu mir um Geschichte zu verstehen müsse man sich in die Personen hineinversetzen können. Wie sie ihren Tag verbrachten, was sie wohl dachten, was sie antrieb, was ihre Wünsche und ihre Ziele waren. Wie sah ihr Alltag aus?
Dazu braucht man einmal „trockene“ historische Fakten, um den historischen Kontext aufzubauen und eine Quelle (oder Person) in ihn einzusortieren und zum anderen Quellen, die die betrachtete Quelle (oder Person) „ummauern“, ihr einen Rahmen geben und helfen Sie besser zu verstehen. Neben den historischen Fakten.
Geschichte zu verstehen heißt „ein Gefühl“ für Geschichte zu bekommen. Solche Quellen wie die „Outlaws of the Marsh“ sind gut für das Gefühl (und wer sich ein wenig mit Mao beschäftigt hat, der weiß wie weit ihr Echo aus der Vergangenheit in die Gegenwart gehallt ist...).
Man kann aber daraus dass Menschen wie Harry Potter oder Selene sein wollten nicht schliessen, wieviele Zauberer oder Vampire es zu der Zeit gegeben hat. :) Oder wie genau deren Zauberkräfte ausgesehen haben.
T. Stoeppler
13-12-2018, 18:01
Okay - wenn jetzt bald nichts mehr zum Ursprungsthema kommt, ist der Thread hier durch und wird geschlossen. Bitte beim Thema des Threaderstellers bleiben.
Gruss, Thomas
@TE
Auch wenn es auf den ersten Blick nicht logisch erscheint würde ich Dir, wie auch schon Huangshan, noch
The Shaolin Monastery: History, Religion, and the Chinese Martial Arts (https://www.amazon.de/dp/082483349X/ref=cm_sw_em_r_mt_dp_U_yvGgCbX7EYT6G)
von Prof. Shahar
dringend empfehlen. Er zeigt sehr schön wie Volksglaube und Volksgeschichten die KK beeinflusst haben (auch wenn Klaus dass ja anscheinend nicht für wichtig hält...) und wie sich bestimmte Mythen in der Qing-Zeit durchsetzten (z.B. wie die Geschichte vom „Armour of the Golden Bell“ im Sehnentransformationsklassiker durch einen ignoranten „Dorfmeister“ seinen Anfang nahm, ebenso wie die Boddhidharma Legende dort begann).
Diese Dinge haben die KK in ganz China beeinflusst, auch die in Südchina. Sie kamen sogar zurück ins Kloster und die Mönche glaubten sie dann später selber...
Das Buch solllte eigentlich (nehmen Lorge) am Anfang eines jeden Geschichtsinterssierten in den chin. KK stehen!
Huangshan
19-12-2018, 11:58
kanken:
Aberglaube,Volksglaube,Mythen,Märchen etc. wie geschrieben spielten,spielen noch immer eine grosse Rolle in China.
Musste oft schmunzeln als ich in China verschiedenene Formen des Volksglaubens,Volksgeschichten mitbekommen habe.
Es gibt in den Kampfkünsten vieeele Legenden,Mythen,Märchen die sich bis ins eigentlich aufgeklärte 21Jh. gehalten haben und unreflektiert,unverändert .... wiedergegeben werden obwohl einige Sinologen,Historiker,Archäologen etc. diese Geschichten wiederlegt haben!
Bin selber auch einigen Geschichten,Fehlinterpretationen etc. aufgesessen, man lernt jedoch mit der Zeit dazu.
Eskrima-Düsseldorf
19-12-2018, 12:38
Ist ja auch gar keiner der vier klassischen Romane ;)
Er weiß nicht, wie man die drei Muscheln benutzt?
man lernt jedoch mit der Zeit dazu.
Wäre schön wenn dass immer so wäre. Leider informieren sich die wenigsten seriös und glauben alles was man ihnen erzählt...
T. Stoeppler
19-12-2018, 19:46
Da es keinen Bezug zum Thema mehr gibt, wird geschlossen.
Wer noch etwas zu Foshan schreiben möchte, bitte PN an mich.
Gruss, Thomas
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