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Vollständige Version anzeigen : Gerichtsurteil gegen Kickboxer



Lofantyr
05-05-2019, 08:02
https://www.rnz.de/panorama/aus-aller-welt_artikel,-taeter-war-kampfsporterfahren-radfahrer-pruegelt-fussgaenger-tot-fuenfeinhalb-jahre-haft-_arid,437165.html

Weiß nicht, ob das schon einer verlinkt hatte...

hand-werker
05-05-2019, 09:38
Zwei Typen streiten sich, der eine schlägt den anderen tot und geht dafür ins Gefängnis. Was möchtest du diskutieren? Das Strafmaß? Wird schwierig, da wir nicht dabei waren.

Little Green Dragon
05-05-2019, 10:09
Gab da schon mal einen Strang zu - der Schläger war halt Kampfsportler / Kickboxer, so von wegen wie wird das vor Gericht gewertet wenn man eigentlich wissen sollte was man mit Fäusten und Beinen so alles anrichten kann.

Pansapiens
05-05-2019, 10:14
Zwei Typen streiten sich, der eine schlägt den anderen tot und geht dafür ins Gefängnis. Was möchtest du diskutieren? Das Strafmaß? Wird schwierig, da wir nicht dabei waren.

der Vorfall kann als Warnung dienen, sich auch gegenüber uneinsichtigen Smombies zu beherrrschen, wenn man eigentlich im Recht ist....


Er [das Opfer] war abgelenkt durch einen Blick auf sein Handy auf die Straße getreten.
Im Streit soll er zunächst gegen das E-Bike des 28-Jährigen getreten haben.

interessant ist diese Aussage:


Üblicherweise werden Kickboxer darüber informiert, wie gefährlich bestimmte Schläge sind. Dem Angeklagten habe man aber nicht nachweisen können, dass er von deren Gefährlichkeit wusste, sagte der Gerichtssprecher

da würde mich der genaue Wortlaut in der Urteilsbegründung interessieren...

ainuke
05-05-2019, 10:21
Es klingt ja auch nicht gerade nach Notwehr. Nur weil jemand einen Fehler macht und beispielsweise achtlos vor das Fahrrad läuft, muss man sich überhaupt nicht prügeln. Und wenn man "unter Männern" boxen will, dann kann man das mit geeigneten Kandidaten in einem Verein im Ring machen. Dass man dem Angeklagten nicht nachweisen konnte, dass er wisse, wie gefährlich seine Schläge und Tritte sein können, klingt wenig glaubhaft. Wahrscheinlich habe ich deshalb auch erst gelesen, der Angeklagte müsse in eine "Erziehungsanstalt" (statt Entziehungsanstalt).

hand-werker
05-05-2019, 10:21
Üblicherweise werden Kickboxer darüber informiert, wie gefährlich bestimmte Schläge sind. Dem Angeklagten habe man aber nicht nachweisen können, dass er von deren Gefährlichkeit wusste, sagte der Gerichtssprecher

da würde mich der genaue Wortlaut in der Urteilsbegründung interessieren...

Das ist auch der einzige Teil, den ich interessant finde. Wobei ich glaube, dass der Gerichtssprecher nur gesagt haben wird, dass man das Wissen um die Gefährlichkeit nicht nachweisen konnte. Wäre mir neu das es eine Routinebelehrung über die Gefährlichkeit von Schlägen und Tritten gibt.

ainuke
05-05-2019, 10:24
der Vorfall kann als Warnung dienen, sich auch gegenüber uneinsichtigen Smombies zu beherrrschen, wenn man eigentlich im Recht ist....

:halbyeaha

Und nicht nur gegenüber uneinsichtigen Smombies ...

Little Green Dragon
05-05-2019, 12:12
der Vorfall kann als Warnung dienen, sich auch gegenüber uneinsichtigen Smombies zu beherrrschen, wenn man eigentlich im Recht ist....


Aus welchem Gesetz oder Paragraphen leitet sich in DE denn das „Recht“ ab für eine potentielle Sachbeschädigung jemanden tot zu prügeln?

Und eine Affekthandlung lag wohl auch nicht vor, da die eigentliche Situation schon vorbei war:

https://m.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Schwurgericht-Hannover-Kampfsportler-wird-wegen-toedlichen-Faustschlaegen-auf-der-Limmerstrasse-zu-fuenfeinhalb-Jahren-Haft-verurteilt

Aiki5O+
05-05-2019, 14:11
interessant ist diese aussage:


üblicherweise werden kickboxer darüber informiert, wie gefährlich bestimmte schläge sind. Dem angeklagten habe man aber nicht nachweisen können, dass er von deren gefährlichkeit wusste, sagte der gerichtssprecher

da würde mich der genaue wortlaut in der urteilsbegründung interessieren...

das ist auch der einzige teil, den ich interessant finde. Wobei ich glaube, dass der gerichtssprecher nur gesagt haben wird, dass man das wissen um die gefährlichkeit nicht nachweisen konnte. Wäre mir neu das es eine routinebelehrung über die gefährlichkeit von schlägen und tritten gibt.
Ich halte diesen Teil der Urteilsbegründung, falls das so richtig im Zeitungsartikel wiedergegeben wurde, für kurios bis absurd. Nach dieser Logik müsste man einen WingTsungler oder Aikidoka, der ja definitionsgemäß so gefährliche bis tödliche Techniken lernt, dass sie nicht im Sparring geübt werden können, im Falle einer folgenschweren Prügelei härter bestrafen als einen geübten Kickboxer oder MMA'ler, der ja "nur" einen Sport betreibt.

Ich bin kein Jurist, kann also nur auf einen Wikipedia-Artikel zum Thema "Verbotsirrtum (https://de.wikipedia.org/wiki/Verbotsirrtum)" verweisen:

Ein Verbotsirrtum lässt die Schuld des Täters im Falle des § 17 StGB nur dann entfallen, wenn der Irrtum unvermeidbar war. Vermeidbar ist der Irrtum über die Widerrechtlichkeit dann, wenn das Unrecht für den Täter wie für jedermann leicht erkennbar war oder wenn sich der Täter mit den einschlägigen Vorschriften nicht bekannt gemacht hat, obwohl er seinem Beruf, seiner Beschäftigung oder sonst den Umständen nach dazu verpflichtet gewesen wäre (Beschaffung der erforderlichen Kenntnis z. B. durch Befragung eines Rechtsanwaltes).
Der Nebenkläger argumentierte, "der Angeklagte als Kickboxer habe wissen müssen, dass seine Faustschläge tödliche Folgen haben können – spätestens, als er dem schon wehrlos am Boden liegenden 40-Jährigen einen weiteren mächtigen Schlag verpasste." (HAZ (https://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Schwurgericht-Hannover-Kampfsportler-wird-wegen-toedlichen-Faustschlaegen-auf-der-Limmerstrasse-zu-fuenfeinhalb-Jahren-Haft-verurteilt)) Das halte ich für ein jedermann leicht erkennbares Unrecht. Selbst wenn man dem Täter eine formale Belehrung über mögliche tödliche Folgen nicht nachweisen könnte, hätte er sich diese Kenntnis beschaffen können und müssen.

Pansapiens
05-05-2019, 15:41
Aus welchem Gesetz oder Paragraphen leitet sich in DE denn das „Recht“ ab für eine potentielle Sachbeschädigung jemanden tot zu prügeln?


Das habe ich eventuell missverständlich formuliert.
Würde mir so einer vor das Rad laufen, würde ich eher erwarten, dass er sich entschuldigt und seinen Fehler einsieht, als dass er mir auch noch gegen das Fahrrad tritt.
Sonst fühle ich mich ungerecht behandelt und auch wenn mir juristisch daraus nicht das Recht zur Selbstjustiz erwächst, ich würde dennoch wütend.
Gerade weil ich dann laut Gesetz kein Recht zur KV oder Tötung des Treters habe, werde ich dann meine Wut nicht körperlich ausagieren und das war auch die Lehre, die man IMO daraus ableiten kann.

klarer?:)

hand-werker
05-05-2019, 15:55
Vielleicht wollte der Kampfsportler mit den Schlägen als mildestem zur Verfügung stehenden Mittel den gegenwärtigen Angriff auf sein E-Bike beenden. :)

Pansapiens
05-05-2019, 16:30
Ich halte diesen Teil der Urteilsbegründung, falls das so richtig im Zeitungsartikel wiedergegeben wurde, für kurios bis absurd. Nach dieser Logik müsste man einen WingTsungler oder Aikidoka, der ja definitionsgemäß so gefährliche bis tödliche Techniken lernt, dass sie nicht im Sparring geübt werden können, im Falle einer folgenschweren Prügelei härter bestrafen als einen geübten Kickboxer oder MMA'ler, der ja "nur" einen Sport betreibt.



Wenn die tatsächlich tödliche Techniken üben und beim Einsatz jemand verstirbt...warum nicht?
Wenn ein JKD-ler jemand den Augapfel perforiert, kann er sich eventuell nicht damit rausreden, dass er nicht gewusst habe, dass das gefährlich ist.
Und es gibt doch da einen berühmten Fall eines Boxers, der härter bestraft wurde, weil er aufgrund seines Trainings härter zuschlagen konnte als ein Normalo?



Ich bin kein Jurist, kann also nur auf einen Wikipedia-Artikel zum Thema "Verbotsirrtum (https://de.wikipedia.org/wiki/Verbotsirrtum)" verweisen:
Der Nebenkläger argumentierte, "der Angeklagte als Kickboxer habe wissen müssen, dass seine Faustschläge tödliche Folgen haben können – spätestens, als er dem schon wehrlos am Boden liegenden 40-Jährigen einen weiteren mächtigen Schlag verpasste." (HAZ (https://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Schwurgericht-Hannover-Kampfsportler-wird-wegen-toedlichen-Faustschlaegen-auf-der-Limmerstrasse-zu-fuenfeinhalb-Jahren-Haft-verurteilt)) Das halte ich für ein jedermann leicht erkennbares Unrecht. Selbst wenn man dem Täter eine formale Belehrung über mögliche tödliche Folgen nicht nachweisen könnte, hätte er sich diese Kenntnis beschaffen können und müssen.

Bei dem Verbotsirrtum geht es um die Unkenntnis des Handelnden, dass er unrechtmäßig handelt.
"Unwissenheit [über die Gesetzeslage] schützt vor Strafe nicht"
Sonst könnte sich ja einfach jeder weigern, sich über Gesetze zu informieren und dann alles tun, weil er nicht weiß, dass das verboten ist.
Hier ging es allerdings darum, ob dem Täter eine (bedingte) Tötungsabsicht nachgewiesen werden kann, was dann aus der KV mit Todesfolge Totschlag gemacht hätte.
Also darum, ob der Täter um die potentiell tödliche Wirkung seiner Schläge wusste und dennoch das Ableben des Anderen billigend in Kauf nahm.
Es war also die Frage, was er tatsächlich wusste und annahm und nicht, was er hätte wissen können, wenn er in Biologie besser aufgepasst hätte.
Das zu unterstellen tun sich deutsche Staatsanwaltschaften und Gerichte teilweise schwer:

siehe Fall Jonny K:


Trotz der gezielten Schläge und Tritte gegen den Kopf sah das Gericht einen Tötungsvorsatz als nicht gegeben an. Eine Verurteilung wegen Totschlags oder Mordes schied daher aus.

https://de.wikipedia.org/wiki/Todesfall_Jonny_K.#Ermittlungsverfahren_und_Prozes s


das Attentat auf Manuel Charr:


In der Nacht zum 2. September 2015 wurde Charr in einem Döner-Imbiss in Essen angeschossen und schwer verletzt.[8] Nach einer Notoperation war er außer Lebensgefahr.[9] Charr nannte Beleidigungen als Tatmotiv. Der per Öffentlichkeitsfahndung gesuchte Yousseff Hassan Al-Zain stellte sich am 14. September der Polizei;[10] er wurde wegen gefährlicher Körperverletzung zu fünf Jahren Haft verurteilt.[11]

https://de.wikipedia.org/wiki/Manuel_Charr#Attentat_auf_Charr

oder auch die Aufhebung des Mordurteils gegen die Ku'damm-Raser durch das BGH:


Aus Sicht des Landgerichts hatten die Raser den Tod anderer billigend in Kauf genommen. Die beiden hätten "mittäterschaftlich und mit bedingtem Vorsatz" gehandelt und das Auto dabei als Mordwaffe genutzt. Der BGH jedoch sieht einen Vorsatz, der Voraussetzung für ein Mordurteil ist, in dem Berliner Urteil nicht belegt. Er verwies die Sache zur Neuverhandlung an eine andere Kammer des Landgerichts zurück.

https://www.spiegel.de/panorama/justiz/berlin-raser-mordurteil-vom-bgh-gekippt-a-1196026.html

Eigentlich sollte es IMO zum Allgemeinwissen gehören, dass Leute sterben können, wenn man denen, während die am Boden liegen, gegen den Kopf tritt, auf die schießt, oder dass sich Unfälle mit Todesfolge ereignen können, wenn man mit 160 durch die Stadt fährt und rote Ampeln missachtet.
Aber gut, der Drogenkonsum des Täters im diskutierten Fall führte nach Deinem Artikel ja auch zu einer verminderten Schuldunfähigkeit...

Gast
05-05-2019, 17:11
Ah, eben im anderen Thread, waren alle noch Psychologen. Jetzt plötzlich Juristen.

hand-werker
05-05-2019, 20:07
Wir sind hier halt breit aufgestellt. :)

Aiki5O+
05-05-2019, 21:09
"Unwissenheit [über die Gesetzeslage] schützt vor Strafe nicht"
Sonst könnte sich ja einfach jeder weigern, sich über Gesetze zu informieren und dann alles tun, weil er nicht weiß, dass das verboten ist.
Hier ging es allerdings darum, ob dem Täter eine (bedingte) Tötungsabsicht nachgewiesen werden kann, was dann aus der KV mit Todesfolge Totschlag gemacht hätte.
Also darum, ob der Täter um die potentiell tödliche Wirkung seiner Schläge wusste und dennoch das Ableben des Anderen billigend in Kauf nahm.
Es war also die Frage, was er tatsächlich wusste und annahm und nicht, was er hätte wissen können, wenn er in Biologie besser aufgepasst hätte.

Genau das ist der Punkt, weshalb ich den Wikipedia-Artikel über den Verbotsirrtum zitiert habe.
Ich halte es für blanken Zynismus zu behaupten und vor Gericht damit durchzukommen, man könne nicht gewusst haben, das Tritte oder Schläge zum Kopf gegen eine am Boden liegenden zum Tod führen können (nicht müssen! deswegen bedingter Vorsatz).
Und darüber kann man sich auch als Nicht-Jurist ärgern.


Eigentlich sollte es IMO zum Allgemeinwissen gehören, dass Leute sterben können, wenn man denen, während die am Boden liegen, gegen den Kopf tritt, auf die schießt, oder dass sich Unfälle mit Todesfolge ereignen können, wenn man mit 160 durch die Stadt fährt und rote Ampeln missachtet.
Aber gut, der Drogenkonsum des Täters im diskutierten Fall führte nach Deinem Artikel ja auch zu einer verminderten Schuldunfähigkeit...
Darin sind wir uns anscheinend einig. Dass es noch andere Umstände, wie Drogenkonsum oder mangelnde Nachweisbarkeit geben kann, die einer Verurteilung wegen Totschlag entgegenstehen können, ist klar. Mir geht es bei der Diskussion es allein um den Satz "Dem Angeklagten habe man aber nicht nachweisen können, dass er von deren Gefährlichkeit wusste, sagte der Gerichtssprecher".


oder auch die Aufhebung des Mordurteils gegen die Ku'damm-Raser durch das BGH:


Aus Sicht des Landgerichts hatten die Raser den Tod anderer billigend in Kauf genommen. Die beiden hätten "mittäterschaftlich und mit bedingtem Vorsatz" gehandelt und das Auto dabei als Mordwaffe genutzt. Der BGH jedoch sieht einen Vorsatz, der Voraussetzung für ein Mordurteil ist, in dem Berliner Urteil nicht belegt. Er verwies die Sache zur Neuverhandlung an eine andere Kammer des Landgerichts zurück.

https://www.spiegel.de/panorama/justiz/berlin-raser-mordurteil-vom-bgh-gekippt-a-1196026.html

Bei der Neuverhandlung wurden die Raser doch noch wegen Mordes aufgrund bedingten Vorsatzes verurteilt (Spiegel Online) (https://www.spiegel.de/panorama/justiz/berlin-warum-die-ku-damm-raser-wegen-mordes-schuldig-gesprochen-wurden-a-1259764.html), allerdings mit einer gegenüber dem Ersturteil modifizierten Begründung. Den Unterschied machte dieses Gutachten aus: "Nicht erst beim Befahren der Unfallkreuzung, sondern schon 90 Meter vorher habe Marvin N. die Gefahr erkannt. Ein Unfallforscher hatte festgestellt, dass er an dieser Stelle kurz den Fuß vom Gaspedal genommen hatte. Es ist exakt der Zeitpunkt, an dem nach Angaben des Gutachters die letzte Chance bestand, noch vor der Kreuzung zum Stehen zu kommen."

Pansapiens
05-05-2019, 22:23
Genau das ist der Punkt, weshalb ich den Wikipedia-Artikel über den Verbotsirrtum zitiert habe.


ich meine allerdings, Du hättest da besser den Tatbestandsirrtum zitiert:


Verbotsirrtümer nach § 17 StGB unterliegen der Prüfung ihrer Vermeidbarkeit. Darauf kommt es beim Tatbestandsirrtum nicht an. Der Grund liegt darin, dass der Täter den Sachverhalt hier gerade verkennt, ihn die Appellfunktion des Tatbestands somit gar nicht erreicht. Ein dahin gehender Vorwurf, dass er den Sachverhalt hätte erkennen müssen, kann allenfalls zur Strafbarkeit wegen eines Fahrlässigkeitsdelikts führen, wobei Voraussetzung ist, dass das Gesetz einen Fahrlässigkeitstatbestand überhaupt vorsieht.

https://de.wikipedia.org/wiki/Tatbestandsirrtum#Dogmatik




Ich halte es für blanken Zynismus zu behaupten und vor Gericht damit durchzukommen, man könne nicht gewusst haben, das Tritte oder Schläge zum Kopf gegen eine am Boden liegenden zum Tod führen können (nicht müssen! deswegen bedingter Vorsatz).
Und darüber kann man sich auch als Nicht-Jurist ärgern.


nach Thomas Fischer, ehemaliger Richter am Strafsenat des BGH reicht es aus, wenn man von der Möglichkeit gewusst hat, aber darauf vertraut, dass das nicht passiert:


Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie stehen mit einem großen Wackerstein am Fenster im dritten Stockwerk oberhalb einer Fußgängerzone. Gleich werden Sie den Stein aus dem Fenster werfen. Sie wissen: Wenn der Stein jemanden trifft, ist das tödlich. Es gibt folgende Möglichkeiten, was Sie denken könnten:
◾1) Da unten geht mein alter Feind X. Ich hoffe, dass ich ihn treffe.
◾2) Da unten ist es so voll, dass es sicher irgendjemanden erschlagen wird. Tut mir leid, aber ich muss diesen Stein loswerden.
◾3) Es kann sein, dass ich jemanden treffe. Da hat er/sie halt Pech gehabt.
◾4) Es kann sein, dass ich jemanden treffe. Aber das wäre wirklich furchtbar, und hoffentlich passiert es nicht.
◾5) Es kann überhaupt nicht sein, dass ich jemanden treffe, denn die Fußgängerzone ist komplett gesperrt.

Die Beispiele klingen albern, sind aber nur Verdichtungen. In den Begriffen des Strafrechts bedeuten sie:
◾1) Absicht (Töten von X ist das Motiv)
◾2) Direkter Vorsatz (Töten eines Menschen wird als sicher vorhergesehen)
◾3) Bedingter Vorsatz (Töten wird als möglich erkannt und "in Kauf genommen")
◾4) Bewusste Fahrlässigkeit (Töten wird als möglich erkannt, aber auf guten Ausgang vertraut)
◾5) Unbewusste Fahrlässigkeit (Töten wird gar nicht als Möglichkeit erkannt).

https://www.spiegel.de/panorama/justiz/thomas-fischer-vorsatz-irrtum-strafbeduerfnis-a-1208943.html

[Hervorhebungen von mir]

Angesichts der Ku'dammraser wurde wohl von Rechtswissenschaftlern (von denen der Autor wohl nicht so viel hält) über die Einführung des Merkmals "Leichtfertigkeit" diskutiert, die zwischen Fahrlässigkeit und bedingtem Vorsatz angesiedelt wäre:


Schon sprangen ProfessorInnen aus den Büschen und teilten mit, dass der Nachweis des Mordvorsatzes von Berlin gar kein Problem sei. Als der 4. Strafsenat des BGH das anders sah (Urteil vom 1. März 2018, Aktenzeichen 4 StR 399/17), schwenkte man flugs um und fordert seither die Einführung eines "Leichtfertigkeits"-Tatbestands, damit (!) die Raser nicht wegen Mordes verurteilt werden "müssen". Liebe Anwaltsvereine, wäre das nicht was für Euch?

Es naht die Stunde der Wissenschaft: Was ist denn so ein Vorsatz überhaupt? Ist der Beweis nicht schrecklich schwierig? Ist nicht problematisch, dass die Rechtsprechung "normativ" an die "Psychologisierung" herangeht und Fragen zu stellen wagt wie diese: Was glaubt/denkt/will man wohl im Allgemeinen, wenn man jemandem ein Brotmesser in die Herzgegend sticht? Die Wissenschaft hat ein erstaunliches Alternativangebot: Wir "normativieren" den Vorsatz, indem wir ihn abschaffen, wo er uns nicht gefällt. Konkret: Der "bedingte" Vorsatz wird mit der "Fahrlässigkeit" in eine wie auch immer genannte "neue Kategorie" verschmolzen: Was sich objektiv jedem Vernünftigen aufdrängt, heißt dann "leichtfertig". Die Strafe dafür muss natürlich deutlich höher sein als die für ("einfache") Fahrlässigkeit, darf aber ein bisschen geringer ausfallen als bei "direktem" Vorsatz. Alles andere bleibt, wie es ist: "Direkter Vorsatz", "Absicht", "einfache" Fahrlässigkeit".

Noch ein bisschen konkreter: Was der (besoffene, erregte, dumme, provozierte, individuelle) Täter dachte, als er vor zwei Jahren dem Opfer in a) Fuß, b) Kopf, c) Oberschenkel, d) linken Unterbauch, e) Brust schoss/stach/schlug, weiß man zwar immer noch nicht, entscheidet es aber nun nach "objektiven" Gesichtspunkten: Stich 6 cm oberhalb Bauchnabel = Tötungsvorsatz; Stich 4 cm neben linker Lunge: kein Tötungsvorsatz. Oder so ähnlich. Anschließend unterhalten wir uns über Kultur, Alkohol, Intelligenz, Emotion und den Einzelfall. Vielen Dank, Wissenschaft! Es ist immer wieder faszinierend zu erleben, wie Menschen, die in ihrem ganzen Leben noch keinen einzigen wirklichen Strafrechtsfall entschieden haben, alles darüber wissen, wie man das am besten macht.




Mir geht es bei der Diskussion es allein um den Satz "Dem Angeklagten habe man aber nicht nachweisen können, dass er von deren Gefährlichkeit wusste, sagte der Gerichtssprecher".


naja, in dem Fall hat er den ja nicht getreten, sondern gehauen, wie genau, wissen wir nicht.
Wenn Du jemanden in das Gesicht schlägst, rechnest Du ja auch nicht unbedingt damit, dass der daran stirbt, obwohl das auch bei stehenden Personen vorkommt, besonders wenn die dann mit dem Kopf irgendwo aufknallen (siehe Fall Tuğçe Albayrak)
Dass die eigenen Schläge tödlich sind wird ja eher in Kampfsportarten erzählt, in denen man sich nicht oder nicht voll schlägt (wär ja auch zu gefährlich).
Wenn man sich regelmäßig mit anderen sportlich klopft, liegt nahe, dass man das für nicht so gefährlich hält.
Der Täter im diskutierten Fall hat nach dem von Dir verlinkten Artikel am Boden noch weitergeschlagen, das ist im Kickboxen ja gar nicht erlaubt...
Wenn es nicht erlaubt wäre, weil es als gefährlich gilt, und dem ehemaligen Kickboxer das bekannt war, wär es wohl Vorsatz gewesen.



Bei der Neuverhandlung wurden die Raser doch noch wegen Mordes aufgrund bedingten Vorsatzes verurteilt (Spiegel Online) (https://www.spiegel.de/panorama/justiz/berlin-warum-die-ku-damm-raser-wegen-mordes-schuldig-gesprochen-wurden-a-1259764.html), allerdings mit einer gegenüber dem Ersturteil modifizierten Begründung. Den Unterschied machte dieses Gutachten aus: "Nicht erst beim Befahren der Unfallkreuzung, sondern schon 90 Meter vorher habe Marvin N. die Gefahr erkannt. Ein Unfallforscher hatte festgestellt, dass er an dieser Stelle kurz den Fuß vom Gaspedal genommen hatte. Es ist exakt der Zeitpunkt, an dem nach Angaben des Gutachters die letzte Chance bestand, noch vor der Kreuzung zum Stehen zu kommen."

Danke für den Link und das Zitat.
Wenn er den Fuß nicht vom Gas genommen hätte, wären die mit Fahrlässiger Tötung (bewusste Fahrlässigkeit, Fall 4. oben) davon gekommen?:confused:
Warum wurde dann sein Kumpel, der nicht bremste, auch wegen Mord verurteilt?
Eventuell war das Fuß vom Gas nehmen nur das Merkmal, wo die Gefahr erkannt werden konnte und dass die billigend in Kauf genommen haben, jemanden zu töten und nicht gehofft haben, dass schon nix passiert, hat man ihnen nicht geglaubt...


Dass die Angeklagten sagen, sie hätten niemals mit einem Risiko für andere gerechnet, sondern auf einen guten Ausgang vertraut, wertet das Gericht als abwegige Schutzbehauptung. "Marvin N. und Hamdi H. rasten nicht über eine einsame Dorfstraße, sondern über eine der Hauptschlagadern der Hauptstadt", sagt Schertz: "Das wussten die Angeklagten auch, das war Teil des Kicks."

Aiki5O+
06-05-2019, 07:43
ich meine allerdings, Du hättest da besser den Tatbestandsirrtum zitiert:
Vor meinem Beitrag hatte ich beide Wikipedia-Artikel zu Verbots- und Tatbestandsirrtum gelesen und war und bin der Meinung, Tatbestandsirrtum passt nicht so richtig. Als Laie muss ich zugeben, dass ich das Juristen-Deutsch nicht wirklich verstehe, auch wenn es von Wikipedia-Autoren formuliert wird. Deshalb halte ich mich eher an die Fallbeispiele. Und das mit dem verwechselten Regenschirm passt da nicht so recht. Und den Sachverhalt des "Zuschlagens auf eine am Boden liegende Person" kann man nicht verkennen.

Klassischer Präzedenzfall für bedingten Vorsatz ist der Lederriemenfall von 1955 (https://de.wikipedia.org/wiki/Lederriemenfall).

Näher liegend und für mich noch in schlechter Erinnerung ist der Tod von Dominik Brunner. (https://de.wikipedia.org/wiki/Dominik_Brunner) "Kurz nach der Tat löste die Untersuchung des Bremer Staatsanwalts Daniel H. Heinke, wonach dem weitaus größten Teil der Bevölkerung die Lebensgefährlichkeit von Fußtritten gegen den Kopf bewusst sei, eine Debatte um die strafrechtliche Ahndung solcher Delikte als (versuchtes) Tötungsdelikt aus." Der jugendliche Haupttäter wurde ja dann auch fast zur Höchststrafe wegen Mordes zu fast 10 Jahren verurteilt. Was mich damals überrascht hatte, weil Brunner ja an einem Herzinfakt verstarb.

Der von dir zitierte Totschlag von Jonny K. (https://de.wikipedia.org/wiki/Todesfall_Jonny_K.#Ermittlungsverfahren_und_Prozes s) ist dann das krasse Gegenteil. Trotz vergleichbarer Brutalität wurde vom Berliner Gericht kein Tötungsvorsatz anerkannt.

Moog
06-05-2019, 19:59
Dass der Angreifer Kickboxer ist, spielte keine Rolle. Das Strafmaß wäre dasselbe gewesen, wenn er kein Kickboxer wäre. Entscheidend war, dass er unverhältnismäßig gehandelt hat.

Pansapiens
06-05-2019, 21:07
Vor meinem Beitrag hatte ich beide Wikipedia-Artikel zu Verbots- und Tatbestandsirrtum gelesen und war und bin der Meinung, Tatbestandsirrtum passt nicht so richtig.


ob das nun unter Tatbestandsirrtum fällt oder nicht, ein Verbotsirrtum passt keinesfalls:


Der Verbotsirrtum ist ein Irrtum des Täters über die Widerrechtlichkeit seiner Handlung.

D.h. da muss einer etwas Verbotenes tun, in der irrigen Annahme, das wäre erlaubt.
Also das, was mir LGD unterstellte: dass ich annähme, es wäre erlaubt, Leute tot zu schlagen, die einem gegen das E-Bike treten.



Als Laie muss ich zugeben, dass ich das Juristen-Deutsch nicht wirklich verstehe, auch wenn es von Wikipedia-Autoren formuliert wird. Deshalb halte ich mich eher an die Fallbeispiele. Und das mit dem verwechselten Regenschirm passt da nicht so recht. Und den Sachverhalt des "Zuschlagens auf eine am Boden liegende Person" kann man nicht verkennen.


er hat ja auch nicht um den Sachverhalt, "Zuschlagen auf eine am Boden liegend Person", sondern um den Sachverhalt "Wenn man auf eine am Boden liegende Person einschlägt, besteht ein hohes Risiko, dass die verstirbt".
Im vorliegenden Fall sogar um "wenn man als trainierter Kickboxer auf eine am Boden liegende Person einschlägt, besteht ein hohes Risiko, dass die verstirbt".

siehe hier:




Der Nebenkläger argumentierte, "der Angeklagte als Kickboxer habe wissen müssen, dass seine Faustschläge tödliche Folgen haben können – spätestens, als er dem schon wehrlos am Boden liegenden 40-Jährigen einen weiteren mächtigen Schlag verpasste." (HAZ (https://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Schwurgericht-Hannover-Kampfsportler-wird-wegen-toedlichen-Faustschlaegen-auf-der-Limmerstrasse-zu-fuenfeinhalb-Jahren-Haft-verurteilt)) Das halte ich für ein jedermann leicht erkennbares Unrecht. Selbst wenn man dem Täter eine formale Belehrung über mögliche tödliche Folgen nicht nachweisen könnte, hätte er sich diese Kenntnis beschaffen können und müssen.


[Hervorhebungen von mir]


Es geht nicht um die Erkennbarkeit des Unrechts, sondern des Tötungspotenzials des Schlags.
Wenn er etwas nicht wusste (Tötungspotenzial), dann wusste er das nicht.
Er hätte das Nichtwissen um das Tötungspotenzial vermeiden können, aber dass er das nicht getan hat, war höchstens fahrlässig.
Aus fahrlässigem Nichtwissen um ein Tötungspotenzial erwächst kein Tötungsvorsatz, auch kein bedingter. Was ich nicht weiß, kann nicht willentlich in Kauf nehmen.



Klassischer Präzedenzfall für bedingten Vorsatz ist der Lederriemenfall von 1955 (https://de.wikipedia.org/wiki/Lederriemenfall).


die wussten ja offensichtlich, dass man am Drosseln mit einem Lederriemen versterben kann, daher hatten die ja erst eine andere Methode gewählt und als die scheiterte, die gefährliche Methode angewandt.
Eventuell war es bei dem Ku'dammraser ähnlich: der ist von dem Gaspedal gegangen, als er den Unfall noch hätte verhindern können und hat dann doch wieder beschleunigt.




Näher liegend und für mich noch in schlechter Erinnerung ist der Tod von Dominik Brunner. (https://de.wikipedia.org/wiki/Dominik_Brunner) "Kurz nach der Tat löste die Untersuchung des Bremer Staatsanwalts Daniel H. Heinke, wonach dem weitaus größten Teil der Bevölkerung die Lebensgefährlichkeit von Fußtritten gegen den Kopf bewusst sei, eine Debatte um die strafrechtliche Ahndung solcher Delikte als (versuchtes) Tötungsdelikt aus." Der jugendliche Haupttäter wurde ja dann auch fast zur Höchststrafe wegen Mordes zu fast 10 Jahren verurteilt. Was mich damals überrascht hatte, weil Brunner ja an einem Herzinfakt verstarb.


das nennt man dann, wie ich jetzt gelernt habe:), "Irrtum über den Kausalverlauf".


Der Grundfall des Irrtums über den Kausalverlauf zeichnet sich dadurch aus, dass der Erfolg zwar eintritt, aber auf einem anderen Wege als vom Täter vorgesehen. Dies könnte bereits im Prüfungspunkt der objektiven Zurechnung bearbeitet werden. Beispiel: A stößt B mit Tötungsvorsatz von einer hohen Brücke. Dabei geht er davon aus, dass B durch den Aufprall auf das Wasser sterben werde. B fällt von der Brücke, bleibt jedoch am Betonpfeiler der Brückenvorrichtung hängen und verstirbt auf diese Weise. Bei dem Irrtum über den Kausalverlauf kommt es darauf an, ob es sich um eine wesentliche oder unwesentliche Abweichung handelt. Ist die Abweichung im Irrtum über den Kausalverlauf unwesentlich, entfällt der Vorsatz - wie hier - nicht.

https://jura-online.de/lernen/problem-irrtum-ueber-den-kausalverlauf/369/excursus


ein Gegenbeispiel, bei dem der Vorsatz entfällt, weil der Zusammenhang nicht zu erwarten war:



Bsp: A will B erschießen, verletzt ihn jedoch nur. B stirbt bei der Fahrt ins Krankenhaus, weil der Rettungswagen einen Unfall hat).

http://www.juraindividuell.de/artikel/die-irrtuemer-im-strafrecht/



Ob die Abweichung wesentlich ist, ist immer im Einzelfall zu entscheiden!


im Brunnerfall war der Richter eventuell der Meinung, dass, wenn man jemand tot schlagen will, oder das billigendend in Kauf nimmt und derjenige stirbt nicht an Schlägen und Tritten, sondern am Herzinfarkt, die Abweichung nicht wesentlich genug ist, um einen Vorsatz auszuschließen.



Der von dir zitierte Totschlag von Jonny K. (https://de.wikipedia.org/wiki/Todesfall_Jonny_K.#Ermittlungsverfahren_und_Prozes s) ist dann das krasse Gegenteil. Trotz vergleichbarer Brutalität wurde vom Berliner Gericht kein Tötungsvorsatz anerkannt.

Da würde mich die genaue Begründung interessieren, die ja vom Ergebnis der gerichtsmedizinischen Untersuchung motiviert wurde.
Wir wollen ja nicht annehmen, dabei hätte das Bundesland und der Hintergrund der Täter eine Rolle gespielt...
Wenn man die Gerichtsakten nicht umfänglich kennt, kann man das allerdings nicht beurteilen.

Aiki5O+
07-05-2019, 07:41
Es geht nicht um die Erkennbarkeit des Unrechts, sondern des Tötungspotenzials des Schlags.
Wenn er etwas nicht wusste (Tötungspotenzial), dann wusste er das nicht.
Er hätte das Nichtwissen um das Tötungspotenzial vermeiden können, aber dass er das nicht getan hat, war höchstens fahrlässig.
Aus fahrlässigem Nichtwissen um ein Tötungspotenzial erwächst kein Tötungsvorsatz, auch kein bedingter. Was ich nicht weiß, kann nicht willentlich in Kauf nehmen.
Die Frage ist doch, ob man sich über das Tötungspotenzial von (wiederholten?) Tritten und Schlägen zum Kopf irren kann. Das haben Menschen schon seit Jahrmillionen ohne Belehrung hinbekommen. Demnach gilt meiner Meinung weiterhin der Grundsatz "ein jedermann leicht erkennbares Unrecht." Sonst hätte sich der Haupttäter im Brunnerfall mit diesem Argument auch herausreden können.

Nach der Hemmschwellentheorie (https://de.wikipedia.org/wiki/Hemmschwellentheorie), die wohl besser passt als der Grundsatz "Unwissen schützt vor Strafe nicht", müsste der Täter eine innere Tötungshemmschwelle überwinden, damit die Tat als Vorsatz bewertet wird. Dagegen würde der Drogenkonsum oder vielleicht die Handlung im Affekt sprechen, aber meiner Meinung ganz sicher nicht die möglicherweise unterbliebene Belehrung durch (s)eine Kickboxschule, was ja der Ausgangspunkt der Diskussion war.


im Brunnerfall war der Richter eventuell der Meinung, dass, wenn man jemand tot schlagen will, oder das billigendend in Kauf nimmt und derjenige stirbt nicht an Schlägen und Tritten, sondern am Herzinfarkt, die Abweichung nicht wesentlich genug ist, um einen Vorsatz auszuschließen.
Danke. Der Irrtum über den Kausalverlauf erklärt also, warum der Herzinfakt keine Rolle für das Strafmaß gespielt hatte.

kelte
07-05-2019, 16:09
Dass der Angreifer Kickboxer ist, spielte keine Rolle. Das Strafmaß wäre dasselbe gewesen, wenn er kein Kickboxer wäre. Entscheidend war, dass er unverhältnismäßig gehandelt hat.

In meinen Augen sind solche Urteile unverantwortlich.
Da in Deutschland die 2/3 Strafe nahezu Standard ist, stehen die Chancen gut, dass der Täter in etwa 3 Jahren wieder auf freien Fuß ist.

Die deutsche Justiz ist für einen juristischen Laien definitiv keine leichte Kost:
2 Männer, welche sich nachts auf einer Straße ein Rennen liefern und einen Autofahrer dabei in einen Unfall verwickeln und töten, kommen wegen gemeinschaftlichem Mord lebenslang hinter Gitter, also mindestens 15 Jahre.

Ein Radfahrer, der aus Wut über einen unbeabsichtigten Zusammenstoß mit einem Fußgänger diesen totschlägt, kommt de facto mit 3 Jahren davon.

Da ist ein Urteil so bescheuert wie das andere - zumindest aus Sicht eines Laien.
Ich denke es wäre eine gute Idee, bei Richtern so ne Art TÜV einzuführen, um zu checken, ob alle Schrauben noch fest sitzen.

Eskrima-Düsseldorf
07-05-2019, 16:13
bei Richtern so ne Art TÜV einzuführen, um zu checken, ob alle Schrauben noch fest sitzen.

Ja, das gibt es schon... Das heißt "Staatsexamen" oder so...


Gesendet von meinem moto g(6) play mit Tapatalk

Little Green Dragon
07-05-2019, 16:18
„in dubio pro reo“ haben halt einige bis heute noch nicht verstanden...

kelte
07-05-2019, 16:20
Ja, das gibt es schon... Das heißt "Staatsexamen" oder so...


Gesendet von meinem moto g(6) play mit Tapatalk

Der TÜV ist üblicherweise nicht für Neuwagen zuständig, sondern checkt, ob nach mehreren Jahren Betrieb die Schrauben noch festsitzen.
Und genau das sollte bei Richtern eingeführt werden.

kelte
07-05-2019, 16:21
„in dubio pro reo“ haben halt einige bis heute noch nicht verstanden...

Was soll das mit den Fall zu tun haben?

Alephthau
07-05-2019, 16:31
Hi,

Der Satz des Pressesprechers, oder dem was der Reporter daraus gemacht hat, ist Quatsch!

Wenn die Mordmerkmale nicht erfüllt sind, ist es Totschlag und dafür muss dem Täter zumindest ein bedingter Vorsatz nachgewiesen werden, sprich das er es wissentlich in Kauf genommen hat, dass das Opfer durch sein Tun sterben könnte.

Diesen Vorsatz konnte das Gericht hier aber nicht erkennen/nachweisen, somit wurde auf Körperverletzung mit Todesfolge erkannt.

Nix Verbotsirrtum und so.....

Gruß

Alef

Little Green Dragon
07-05-2019, 16:37
Was soll das mit den Fall zu tun haben?

Frag Deinen Anwalt, der erklärt Dir das gerne.

Nur soviel:
Zum Glück urteilen Richter nicht auf Basis dessen was „man“ so weiß, sondern danach was die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten zweifelsfrei nachweisen konnte.

kelte
07-05-2019, 16:45
Hi,

Der Satz des Pressesprechers, oder dem was der Reporter daraus gemacht hat, ist Quatsch!

Wenn die Mordmerkmale nicht erfüllt sind, ist es Totschlag und dafür muss dem Täter zumindest ein bedingter Vorsatz nachgewiesen werden, sprich das er es wissentlich in Kauf genommen hat, dass das Opfer durch sein Tun sterben könnte.

Diesen Vorsatz konnte das Gericht hier aber nicht erkennen/nachweisen, somit wurde auf Körperverletzung mit Todesfolge erkannt.

Nix Verbotsirrtum und so.....

Gruß

Alef

Das ist der Punkt, der für mich nicht mehr nachvollziehbar ist:
Wenn jemand mit 160 durch die Stadt rast, geht die deutsche Justiz von einem bedingten Vorsatz aus, eventuelle Opfer zu verletzen oder zu töten.
Wer einem Passanten einen Kampf aufzwingt und auf diesen noch einprügelt, wo dieser schon am Boden war - da gibt es diesen bedingten Vorsatz nicht?

Verstehe ich nicht.

Little Green Dragon
07-05-2019, 20:43
Wenn jemand mit 160 durch die Stadt rast, geht die deutsche Justiz von einem bedingten Vorsatz aus, eventuelle Opfer zu verletzen oder zu töten.

Wer einem Passanten einen Kampf aufzwingt und auf diesen noch einprügelt, wo dieser schon am Boden war - da gibt es diesen bedingten Vorsatz nicht?

Verstehe ich nicht.


Ist gar nicht so schwierig:

Nimm die Anzahl der Personen die in eine Schlägerei verwickelt wurden und nicht gestorben sind und vergleiche diese mit der Anzahl von Fußgängern die mit 160 von einem Auto überfahren wurden und dabei nicht gestorben sind.

Pansapiens
08-05-2019, 05:11
Die Frage ist doch, ob man sich über das Tötungspotenzial von (wiederholten?) Tritten und Schlägen zum Kopf irren kann. Das haben Menschen schon seit Jahrmillionen ohne Belehrung hinbekommen.


Es gibt Leute, die betreiben das als Hobby...



Demnach gilt meiner Meinung weiterhin der Grundsatz "ein jedermann leicht erkennbares Unrecht."


Nochmal:
Es geht nicht um das Erkennen von Unrecht (der Verbotenheit), sondern der Gefährlichkeit.
Wenn Du einem Erdnussallergiker Erdnussbutter verabreichst, um den umzubringen, nützt es Dir nix, wenn Du nicht wusstest, dass das Umbringen von Menschen in Deutschland mit Strafe bedroht ist.
Wenn Du allerdings nicht gewusst hast, dass der andere Erdnussallergiker ist oder dass ein Erdnussallergiker an Erdnüssen sterben kann, war die Tötung nicht vorsätzlich.



Nach der Hemmschwellentheorie (https://de.wikipedia.org/wiki/Hemmschwellentheorie), die wohl besser passt als der Grundsatz "Unwissen schützt vor Strafe nicht", müsste der Täter eine innere Tötungshemmschwelle überwinden, damit die Tat als Vorsatz bewertet wird. Dagegen würde der Drogenkonsum oder vielleicht die Handlung im Affekt sprechen, aber meiner Meinung ganz sicher nicht die möglicherweise unterbliebene Belehrung durch (s)eine Kickboxschule, was ja der Ausgangspunkt der Diskussion war.


Der Grundsatz "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht" bezieht sich auf die Unwissenheit der Rechtsnorm, nicht die der Gefährlichkeit.
Die Unwissenheit über die Gefährlichkeit schützt nicht vor Strafe wegen Fahrlässigkeit aber vor der Strafe wegen Vorsatz (Wissen und Wollen).
Nach dem von Dir verlinkten Artikel reicht es nach der Hemmschwellentheorie gerade nicht aus, dass von der objektiven Gefährlichkeit einer Handlung darauf schließen kann, dass der Täter das bewusst in Kauf genommen hat:


Bei Tötungsdelikten geht die höchstrichterliche Rechtsprechung davon aus, dass dieser Schluss von der Gefährlichkeit der Handlung auf das „sich damit abfinden“ nicht ohne weiteres möglich sei. Das Leben eines Menschen sei ein derart wertvolles Rechtsgut, dass ein Täter eine höhere, innere Hemmschwelle überwinden müsse, um ein Leben zu vernichten. Deshalb sei das Vorliegen eines Tötungsvorsatzes genauestens nach einer Gesamtschau aller objektiven Tatumstände zu beurteilen. Der Richter habe sich bei der Aussage- und Beweiswürdigung gem. § 261 StPO immer die Möglichkeit vor Augen zu halten, der Täter könne die Todesgefahr verkannt oder wenigstens auf ein Ausbleiben des als möglich erkannten Todes vertraut haben.[5][6] Die Hemmschwellentheorie will einen schematischen Schluss von der objektiven Gefährlichkeit einer äußeren Handlung auf das innere Willenselement verhindern.[7]

Angewendet auf den vorliegenden Fall bedeutet das:
Selbst wenn die meisten Leute der Ansicht wären, dass die vom Täter ausgeführten Schläge (die wir nicht genau kennen) lebensgefährlich sind, muss der Richter die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass der Täter nicht zu den meisten Leuten gehört und das verkannt hat.
Eben weil nach der Hemmschwellentheorie davon ausgegangen wird, dass es unwahrscheinlich ist, dass jemand einen anderen willentlich tot schlägt oder das Ableben des anderen in Kauf nimmt, wegen einer eigentlich nichtigen Rempelei im Straßenverkehr.
Die unterbliebene Unterweisung* über die Gefährlichkeit von Schlägen (falls die überhaupt vom Gerichtssprecher kommt und nicht die Phantasie des Reporters mit einem indirekten Zitat vermischt wurde) ist nicht geeignet, die Hemmschwelle zum willentlichen Töten herab zu setzen (gegenüber einer erfolgten Belehrung), aber die Gefährlichkeit von Schlägen zu unterschätzen.
Wenn ich eine Handlung ausführe, von der ich nicht annehme, dass die für andere tödlich ist, muss ich keinen Tötungshemmschwelle überwinden.
Die Annahme einer hohen Hemmschwelle zum Töten führt dazu, dass man es für wahrscheinlicher (als ohne diese Annahme) hält, dass der Täter aus Versehen/fahrlässig tötete und nicht absichtlich oder mit bedingtem Vorsatz.



Danke. Der Irrtum über den Kausalverlauf erklärt also, warum der Herzinfakt keine Rolle für das Strafmaß gespielt hatte.

wie gesagt, das ist eine Vermutung von mir, weil es passen könnte.

Gefühlsmäßig bin ich, wie man aus meinen Posts eventuell rauslesen kann, auf Deiner Seite:
Man sollte bei bestimmten Handlungen, wie kräftige Tritte zum Kopf bei einem am Boden Liegenden, oder auf Menschen Schießen grundsätzlich davon ausgehen, dass da in Kauf genommen wurde, den anderen zu töten. (Das wäre ein schematischer Schluss von der objektiven Gefährlichkeit auf das innere Willenselement)
Aber wir leben nun mal, was ich auch gut finde, in einem Rechtsstaat und da muss in den meisten Fällen, dem Angeklagten im konkreten Einzelfall die Schuld nachgewiesen werden, bzw. bezüglich des anzuwendenden Straftatbestands, den Vorsatz.


Das ist der Punkt, der für mich nicht mehr nachvollziehbar ist:
Wenn jemand mit 160 durch die Stadt rast, geht die deutsche Justiz von einem bedingten Vorsatz aus, eventuelle Opfer zu verletzen oder zu töten.
Wer einem Passanten einen Kampf aufzwingt und auf diesen noch einprügelt, wo dieser schon am Boden war - da gibt es diesen bedingten Vorsatz nicht?


Deine Einstellung zu Schlägen am Boden ist ja hinlänglich bekannt....
Wie sieht es mit Deiner persönlichen Einstellung zu den Rasern aus? Die haben ja eventuell einen Führerschein und sollten demzufolge über Bremswege und die Tatsache, dass es noch andere Verkehrsteilnehmer gibt, die darauf vertrauen, dass sich die meisten an die Regeln halten und daher bei Grün nicht nochmal schauen, ob da vielleicht jemand mit 160 angerast kommt, Bescheid wissen:
Nehmen die -Deiner Meinung nach- den Tod von Unbeteiligten in Kauf?

.................................................. ......

*) gibt es solche Belehrungen in Kickboxschulen?

Pansapiens
08-05-2019, 05:41
Ist gar nicht so schwierig:

Nimm die Anzahl der Personen die in eine Schlägerei verwickelt wurden und nicht gestorben sind und vergleiche diese mit der Anzahl von Fußgängern die mit 160 von einem Auto überfahren wurden und dabei nicht gestorben sind.

Zu einem Vergleich der objektiven Gefährlichkeit der beiden Handlungen müsste man IMO eher die Wahrscheinlichkeit berechnen, zu versterben, wenn am Boden von einem Kickboxer geschlagen wird und die Wahrscheinlichkeit, dass ein Unbeteiligter bei einem illegalen Autorennen um's Leben kommt.
Das Überfahren eines Fußgängers mit 160 km/h ist höchstwahrscheinlich tödlich, aber es gibt ja auch eine Wahrscheinlichkeit, dass bei einem illegalen Autorennen niemand überfahren wird, bzw. dass kein Unfall passiert.
Im Berliner Fall wurde übrigens auch kein Fußgänger überfahren, sondern ein 225PS Audi ist mit hoher Geschwindigkeit in einen Jeep gerast, der grün hatte.
Nur um kelte, der wahrscheinlich eher Autofahrer ist, als Kickboxer, mal die Gewalt so eines Aufpralls zu verdeutlichen:



Über 70 Meter weit wurde Michael Warshitsky in seinem Jeep durch die Luft geschleudert.
"Es blieb kaum ein Knochen seines Körpers ganz",


https://www.spiegel.de/panorama/justiz/berlin-warum-die-ku-damm-raser-wegen-mordes-schuldig-gesprochen-wurden-a-1259764.html


(Die Utilitaristen würden jetzt vielleicht sagen: Das Opfer war ja schon 69 und hatte sein Leben größtenteils gelebt, warum soll man da zwei jungen Menschen die offenbar wertvolle Mitglieder der Gesellschaft sind (schließlich können die sich teure Autos leisten) die Zukunft verbauen und 15 Jahre auf Staatskosten wegsperren?)

Und selbst wenn man das berechnen kann, hat man erst die objektive Gefährlichkeit und noch nicht die subjektive Einschätzung der Täter.

Eventuell ist das letzte Wort der "deutschen Justiz" bezüglich dieses Falles eventuell noch nicht gesprochen:


Die Anwälte von Hamdi H. und Marvin N. haben bereits Revision angekündigt.
Der BGH wird sich also ein weiteres Mal mit dem Fall befassen.

kelte
08-05-2019, 06:56
Selbst wenn die meisten Leute der Ansicht wären, dass die vom Täter ausgeführten Schläge (die wir nicht genau kennen) lebensgefährlich sind, muss der Richter die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass der Täter nicht zu den meisten Leuten gehört und das verkannt hat.
Eben weil nach der Hemmschwellentheorie davon ausgegangen wird, dass es unwahrscheinlich ist, dass jemand einen anderen willentlich tot schlägt oder das Ableben des anderen in Kauf nimmt, wegen einer eigentlich nichtigen Rempelei im Straßenverkehr.

Es gibt keinen rationalen Grund anzunehmen, dass der Täter -und noch dazu als Boxer und erwachsener Mann- nicht wissen konnte, dass Menschen grundsätzlich totgeschlagen werden können. Die Diskussion darüber ist in meinen Augen ein sehr schlechter Scherz.

Stellt sich letztendlich die Frage, ob der Täter zum Tatzeitpunkt schwere oder tödliche Verletzungen beim Opfer in Kauf genommen hat.

Sicher gibt es Szenarien bei Schlägereien, wo man rational betrachtet davon ausgehen muss, dass der Täter den Tod des Opfers nicht in Kauf nehmen wollte. Ich erinnere mich da an einen Fall, wo ein Mann einen potenziellen Autodieb einen Faustschlag versetzte, dieser dabei unglücklich fiel und sich den Kopf an der Bordsteinkante aufschlug und starb.

Im konkreten Fall wurde der Täter von mehreren Zeugen als "Blind vor Wut" und "nicht mehr zugänglich" beschrieben.
Der Täter hat so brutal und hemmungslos auf sein Opfer eingeschlagen, dass er dieses mit 3-4 Faustschlägen getötet hat.

Der Mann musste bereits auf dem Fußweg reanimiert werden, die Feuerwehr hat mit nem C-Schlauch die Blutlachen vom Fußweg entfernt.

Wenn nicht in dieser Situation - wann dann muss man davon ausgehen, dass der Täter bei der Tatausführung schwere oder gar tödliche Verletzungen billigend in Kauf genommen hat?



Deine Einstellung zu Schlägen am Boden ist ja hinlänglich bekannt....
Wie sieht es mit Deiner persönlichen Einstellung zu den Rasern aus? Die haben ja eventuell einen Führerschein und sollten demzufolge über Bremswege und die Tatsache, dass es noch andere Verkehrsteilnehmer gibt, die darauf vertrauen, dass sich die meisten an die Regeln halten und daher bei Grün nicht nochmal schauen, ob da vielleicht jemand mit 160 angerast kommt, Bescheid wissen:
Nehmen die -Deiner Meinung nach- den Tod von Unbeteiligten in Kauf?

Absolut. Deshalb sollten diese auch wegen Totschlag verurteilt werden.
Ich habe aber ein Problem, mir Mord ohne Tötungsabsicht vorzustellen.

kelte
08-05-2019, 07:43
Der Richter hat ja festgelegt, dass der Täter vor seiner Entziehungskur (Maßregelvollzug) noch 3 Monate im Gefängnis sitzen muss.
Rechnet man die U-Haft mit ein, wird der Täter als Strafe 9 Monate im Gefängnis sitzen - Maßregelvollzug ist nicht als Strafe zu verstehen, sondern
eher als gerichtlich angeordnete Therapie. Die Behandlung des Täters steht dort im Vordergrund.

Der Richter hat damit letztendlich die Weichen gestellt, dass der Täter nach 9 Monaten Haft und 2 Jahren Therapie wieder ein freier Mann sein kann.

Der Täter hat in einem Wutanfall aus nichtigem Grund einen anderen Menschen totgeschlagen - und das ist die Antwort der Justiz darauf.

Wenn man sich dann noch überlegt, dass dem Täter mildernde Umstände aufgrund seines Drogenkonsum zugestanden wurden (Im Blut hatte man zum Tatzeitpunkt Canabis gefunden), kann man nur noch mit dem Kopf schütteln. Gerade Canabiskonsum ist ja dafür bekannt, Menschen aggressiv zu machen.

Hier kann man nur hoffen, dass die Revision greift.

discipula
08-05-2019, 08:17
Gerade Canabiskonsum ist ja dafür bekannt, Menschen aggressiv zu machen.


das ist jetzt Ironie, gell?

hand-werker
08-05-2019, 09:37
Nein, kelte ist einfach ein Troll.

kelte
08-05-2019, 11:47
das ist jetzt Ironie, gell?

Ups, hatte ich jetzt nicht explizit dazu geschrieben.
Aber fein, dass du es trotzdem erkannt hast :)

Bücherwurm
08-05-2019, 12:24
.
kelte, der wahrscheinlich eher Autofahrer ist, als Kickboxer


:biglaugh:

Bücherwurm
08-05-2019, 12:29
die Feuerwehr hat mit nem C-Schlauch die Blutlachen vom Fußweg entfernt.


.. welchen Grinser nehm ich hier?

kelte
08-05-2019, 12:29
Bei Tötungsdelikten geht die höchstrichterliche Rechtsprechung davon aus, dass dieser Schluss von der Gefährlichkeit der Handlung auf das „sich damit abfinden“ nicht ohne weiteres möglich sei. Das Leben eines Menschen sei ein derart wertvolles Rechtsgut, dass ein Täter eine höhere, innere Hemmschwelle überwinden müsse, um ein Leben zu vernichten.
Damit kann man allerdings im Umkehrschluss auch davon ausgehen, dass sich jemand bei einem derart wertvollem Rechtsgut 2x überlegt, was er tut.

Wenn dennoch jemand hemmungslos auf einen anderen einprügelt und diesen so mit 3-4 Schlägen tötet, ist das eigentlich ein äußerst schweres Indiz dafür, dass er dem wertvollen Rechtsgut keine besondere Schutzwürdigkeit zugesteht.

Ich finde es furchtbar, dass derart skrupellose Leute mit juristischen Winkelzügen nahezu ungeschoren davon kommen. Genau durch solche Urteile wird das "wertvolle Rechtsgut" Leben entwertet.
Das Gericht hat festgestellt, dass es nicht zum Allgemeinwissen gehört, dass Menschen totschlagen werden können - darüber hinaus kann ein Täter selbst bei härtesten Schlägen auf ein Opfer davon ausgehen, dass nichts schlimmes passiert.
Für mich als Angehörigen wäre so ein Urteil nicht zu ertragen.

Der ganze Prozess klingt aus der Distanz wie eine Farce:

Cannabis-Konsum - klar, machte den Täter aggressiv.
Dafür ist Cannabis schließlich bekannt.

Kind des Täters krank, machte ihn ebenfalls aggressiv.
Das eigene Kind liegt krank in der Klinik und du möchtest erstmal jemanden auf der Straße die Visage einschlagen - klar, wer kennt das nicht.

Du willst Drogen kaufen und hast die EC Karte vergessen?
Logisch, das bringt jeden auf die Palme. Wer dir in so einer Situation noch ins Fahrrad läuft, hat sein Leben eigentlich zu recht verwirkt.

Menschen können totgeschlagen werden? Hat der Täter noch nie davon gehört. Viel schlimmer, eventuell wurde in seinem Gym versäumt,
eine entsprechende Belehrung zu geben. Da kann er nix für. Wurde nicht richtig aufgeklärt.

Unterm Strich bleibt der Vorwurf gegenüber dem Opfer übrig, dass dieses einfach so weggestorben ist.
Schließlich ist selbst das Gericht zu der Überzeugung gekommen, dass ein aggressiver Gewalttäter darauf bauen kann, dass dessen Opfer nicht einfach so stirbt und Scherereien macht.