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Vollständige Version anzeigen : Wozu überhaupt noch Karate trainieren?



geetar
17-05-2019, 17:01
Ich bin nun schon seit fast 15 Jahren dabei und mittlerweile Träger des 2. DAN Shotokan.
Es hält mich körperlich fit, ich habe gelernt wie man technisch sauber und hart zuschlägt und zutritt und man kann es (im Gegensatz zu Vollkontakt-Kampfsportarten) bis ins hohe Alter trainieren ohne zu sehr zu verschleißen.
In der einen oder anderen Auseinandersetzung auf der Straße hat mir das Training auch geholfen, es gab also in dem Sinne kein ''böses Erwachen''!

Trotzdem frage ich mich immer wieder, wozu ich überhaupt noch Karate trainiere.

Auf Wikipedia steht nun über Itosu Ankō, den Meister von Funakoshi folgendes:

Itosu Ankō reformierte das Karate Okinawas und machte aus der einstigen geheimen Kampfkunst ein System, das zum Zwecke der körperlichen Ertüchtigung und geistigen Erziehung gelehrt werden konnte.
Dazu entwickelte er viele der heutigen Standard-Katas, beziehungsweise überarbeitete die alten Formen und „entschärfte“ dabei die enthaltenen Techniken, um das Karate einer breiten Masse zugänglich machen zu können.
Nur wenige der engsten Schüler (Uchi-Deshi) bekamen, nach vielen Jahren intensiven und ernsthaften Übens, die Geheimnisse verraten, die in den ursprünglichen Ausführungen der Katas enthalten waren.
Während der Soto-Deshi die technischen Aspekte einer Kampfkunst lernte, wurde der Uchi-Deshi eingeweiht in die „inneren“ Dinge. Ihm wurden die wahren Hintergründe der Kampfkunst und die verborgenen Elemente einer Kata durch den Meister gezeigt.

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, was es überhaupt noch für einen Sinn macht, Katas zu üben, die entschärft und abgeändert und somit ihrem ursprünglichen Inhalt beraubt wurden.

Wozu 20 Jahre eine Unsu laufen, die die ursprünglichen Techniken gar nicht mehr enthält?
Wozu krampfhaft versuchen, sich aus einer beschnittenen Unsu Anwendungen herbei zu fantasieren?
Wozu noch an dem Glauben festhalten, da draußen gäbe es noch Meister die die alten Anwendungen kennen und können, wenn selbst der Meister von Funakoshi es seinen Schülern nicht mehr gezeigt hat?
Und selbst wenn es Sie gäbe, was bringt es mir denn, wenn ich Sie nie treffe?

Macht das ganze System Karate überhaupt noch einen Sinn, wenn jeder x-beliebige 16-jährige Amateur Boxer, einem 5 DAN die Fresse poliert?

Nach meinem Verständnis ist der Sinn einer Kata, sie in einer Auseinandersetzung anwenden zu können. Also übe ich im Idealfall die Anwendungen der Unsu so lange, bis ich in einer Kneipenschlägerei reflexartig mit Techniken aus der Unsu reagiere und damit meine Gegner zerlege.

Es gibt ja noch Leute wie Iain Abernethy, die realistische Anwendungen unterrichten und denen ich durchaus zutraue, im Ernstfall die Fäuste fliegen lassen zu können.
Aber auch hier frage ich mich, was es bringen soll, in beschnitten Katas nach Anwendungen zu suchen, die so vielleicht nie da waren.

Warum nicht gleich ins Krav Maga gehen oder in den Boxring?

Bücherwurm
17-05-2019, 17:21
Ich bin nun schon seit fast 15 Jahren dabei und mittlerweile Träger des 2. DAN Shotokan.

Genau der Punkt, wo man auf solche Fragen kommt.


Auf Wikipedia steht nun über Itosu Ankō, den Meister von Funakoshi folgendes:

Wo abgeschrieben? Wikipedia ist in dieser Hinsicht keine besonders gute Info-Quelle.


Jetzt stellt sich natürlich die Frage, was es überhaupt noch für einen Sinn macht, Katas zu üben, die entschärft und abgeändert und somit ihrem ursprünglichen Inhalt beraubt wurden.

Wozu krampfhaft versuchen, sich aus einer beschnittenen Unsu Anwendungen herbei zu fantasieren?


Zum Thema "Anwendungen" und zum Weg des Forschens s. z.B. hier: https://www.kampfkunst-board.info/forum/showthread.php?188094-YT-Video-gesucht-von-Peng-Lu-Ji-An-anhand-24er-Form-Bild-7-8-%28Sperling%29


Wozu noch an dem Glauben festhalten, da draußen gäbe es noch Meister die die alten Anwendungen kennen und können, wenn selbst der Meister von Funakoshi es seinen Schülern nicht mehr gezeigt hat? Und selbst wenn es Sie gäbe, was bringt es mir denn, wenn ich Sie nie treffe?

Meistergläubigkeit hat noch nie wirklich weitergeholfen. Aber es gibt ne Reihe Leute, die was wissen. Die besucht man und lernt. Muß ja nicht immer Shotokan sein. ;)


Es gibt ja noch Leute wie Iain Abernethy, die realistische Anwendungen unterrichten und denen ich durchaus zutraue, im Ernstfall die Fäuste fliegen lassen zu können.

Na bitte.


Aber auch hier frage ich mich, was es bringen soll, in beschnitten Katas nach Anwendungen zu suchen, die so vielleicht nie da waren.
Warum nicht gleich ins Krav Maga gehen oder in den Boxring?

Ausprobieren.

Little Green Dragon
17-05-2019, 17:21
Macht das ganze System Karate überhaupt noch einen Sinn, wenn jeder x-beliebige 16-jährige Amateur Boxer, einem 5 DAN die Fresse poliert?

...

Warum nicht gleich ins Krav Maga gehen oder in den Boxring?

Frage und Antwort in einem Posting - Respekt.

Oder was war die eigentliche Frage?

Wenn es für Dich bisher gereicht / gepasst hat und immer noch Spaß macht ist doch alles schick.

Oder wolltest Du wissen ob es „bessere“ KK für die Kneipenschlägerei als Karate (wobei was ist eigentlich „das Karate“) gibt? Ja die gibt es.

Den Kram mit den geheimen Techniken und den Superreflexen lass ich einfach mal so unkommentiert stehen - ein wenig Budoromantik hat noch nie geschadet und wenn es Dich motiviert zum Training zu gehen wenn Du Dir vorstellst wie Du an der Theke von Eddis Pinte abgeben würdest ist doch auch alles im grünen Bereich.

Bücherwurm
17-05-2019, 17:27
Ärgerlich, ärgerlich. Ich hätte mir zuerst ein paar deiner älteren Beiträge anschauen sollen. Leicht zu erkennen, dass es dir nicht um die Frage geht, sondern um die Provokation. Thema ist egal.

Werds mir merken.

Bücherwurm
17-05-2019, 17:28
Ärgerlich, ärgerlich. Ich hätte mir zuerst ein paar deiner älteren Beiträge anschauen sollen. Leicht zu erkennen, dass es dir nicht um die Frage geht, sondern um die Provokation. Thema ist egal.

Werds mir merken.

Abgesehen davon: Die Frisur geht gar nicht!

Spud Bencer
17-05-2019, 17:59
In der einen oder anderen Auseinandersetzung auf der Straße hat mir das Training auch geholfen, es gab also in dem Sinne kein ''böses Erwachen''!

Also funktioniert es für dich, ist doch super.



Jetzt stellt sich natürlich die Frage, was es überhaupt noch für einen Sinn macht, Katas zu üben, die entschärft und abgeändert und somit ihrem ursprünglichen Inhalt beraubt wurden.

Wozu 20 Jahre eine Unsu laufen, die die ursprünglichen Techniken gar nicht mehr enthält?
Wozu krampfhaft versuchen, sich aus einer beschnittenen Unsu Anwendungen herbei zu fantasieren?
Wozu noch an dem Glauben festhalten, da draußen gäbe es noch Meister die die alten Anwendungen kennen und können, wenn selbst der Meister von Funakoshi es seinen Schülern nicht mehr gezeigt hat?
Und selbst wenn es Sie gäbe, was bringt es mir denn, wenn ich Sie nie treffe?

Aber es funktioniert doch für dich?



Macht das ganze System Karate überhaupt noch einen Sinn, wenn jeder x-beliebige 16-jährige Amateur Boxer, einem 5 DAN die Fresse poliert?

Das sagen immer alle im Netz, aber so richtig gehört hab ich von so ner Geschichte noch nie.



Warum nicht gleich ins Krav Maga gehen oder in den Boxring?
Warum? Es funktioniert doch für dich.

Merke: Nicht immer alles glauben, was die Heinis im Netz erzählen. Entgegen anderslautender Gerüchte gilt eigene Erfahrung doch auch etwas, und wenn du bisher immer gewonnen hast, gibt es doch keinen Grund, was zu ändern. Never touch a running system.

Dastin
17-05-2019, 20:22
Ich bin nun schon seit fast 15 Jahren dabei und mittlerweile Träger des 2. DAN Shotokan.
Es hält mich körperlich fit, ich habe gelernt wie man technisch sauber und hart zuschlägt und zutritt und man kann es (im Gegensatz zu Vollkontakt-Kampfsportarten) bis ins hohe Alter trainieren ohne zu sehr zu verschleißen.
In der einen oder anderen Auseinandersetzung auf der Straße hat mir das Training auch geholfen, es gab also in dem Sinne kein ''böses Erwachen''!

Trotzdem frage ich mich immer wieder, wozu ich überhaupt noch Karate trainiere.

Auf Wikipedia steht nun über Itosu Ankō, den Meister von Funakoshi folgendes:

Itosu Ankō reformierte das Karate Okinawas und machte aus der einstigen geheimen Kampfkunst ein System, das zum Zwecke der körperlichen Ertüchtigung und geistigen Erziehung gelehrt werden konnte.
Dazu entwickelte er viele der heutigen Standard-Katas, beziehungsweise überarbeitete die alten Formen und „entschärfte“ dabei die enthaltenen Techniken, um das Karate einer breiten Masse zugänglich machen zu können.
Nur wenige der engsten Schüler (Uchi-Deshi) bekamen, nach vielen Jahren intensiven und ernsthaften Übens, die Geheimnisse verraten, die in den ursprünglichen Ausführungen der Katas enthalten waren.
Während der Soto-Deshi die technischen Aspekte einer Kampfkunst lernte, wurde der Uchi-Deshi eingeweiht in die „inneren“ Dinge. Ihm wurden die wahren Hintergründe der Kampfkunst und die verborgenen Elemente einer Kata durch den Meister gezeigt.

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, was es überhaupt noch für einen Sinn macht, Katas zu üben, die entschärft und abgeändert und somit ihrem ursprünglichen Inhalt beraubt wurden.

Wozu 20 Jahre eine Unsu laufen, die die ursprünglichen Techniken gar nicht mehr enthält?
Wozu krampfhaft versuchen, sich aus einer beschnittenen Unsu Anwendungen herbei zu fantasieren?
Wozu noch an dem Glauben festhalten, da draußen gäbe es noch Meister die die alten Anwendungen kennen und können, wenn selbst der Meister von Funakoshi es seinen Schülern nicht mehr gezeigt hat?
Und selbst wenn es Sie gäbe, was bringt es mir denn, wenn ich Sie nie treffe?

Macht das ganze System Karate überhaupt noch einen Sinn, wenn jeder x-beliebige 16-jährige Amateur Boxer, einem 5 DAN die Fresse poliert?

Nach meinem Verständnis ist der Sinn einer Kata, sie in einer Auseinandersetzung anwenden zu können. Also übe ich im Idealfall die Anwendungen der Unsu so lange, bis ich in einer Kneipenschlägerei reflexartig mit Techniken aus der Unsu reagiere und damit meine Gegner zerlege.

Es gibt ja noch Leute wie Iain Abernethy, die realistische Anwendungen unterrichten und denen ich durchaus zutraue, im Ernstfall die Fäuste fliegen lassen zu können.
Aber auch hier frage ich mich, was es bringen soll, in beschnitten Katas nach Anwendungen zu suchen, die so vielleicht nie da waren.

Warum nicht gleich ins Krav Maga gehen oder in den Boxring?

selbst mit dem geheimen inhalte, wird der nornale Shotokan Karateka vom normalen Boxer/Kickboxer/MMAer volle pfund aufs maul bekommen.
Ergänze das Karate mit entsprechendes Sparring, dann sollte es passen. Das würde ich als wichtiger ansehen, als die geheimen/fehlende Elemente der Kata.

Gürteltier
17-05-2019, 21:52
Ich mach den Kram jetzt 40 Jahre, 30 Jahre mit viel Karatestilen.

Die Unsu reißt mich jetzt nicht so vom Hocker. Mir reichen Kanku, Heian Nidan und Sandan. Im Goju sind es auch eher Saifa und Seiyunchin, obwohl ich da viel weiter bin. Tatsächlich sind bestimmte Auszüge aus anderen Kata ja eh das Gleiche mit anderem Schwerpunkt.

Videospielen muss man nebenher natürlich auch. Mir hat gerade Die Bourne Identität auf der alten X-Box beim Overhook aus der 2. Heian Nidan Bewegung fein geholfen.


SV braucht keine Sau. Karate ist mehr sich mit sich selbst beschäftigen. Da steckt völlig sinniges basales Zeug drin. Ohne das Dutzend anderer KKs hätte ich einiges übersehen. Man braucht ewig, es zu finden. Aber man steht ja auch nicht unter Zeitdruck. Dranbleiben, viel Einzelspieler sein - das ist Karate.
Ach ja, und beim Coop-Spiel dann aber auch frei probieren. Und nicht die standardisierte Scheisse abfeiern.

Kata habe ich halt im Körper und laufe sie völlig so, wie ich es will.


Erzählt lieber von sich, wie jeder echte Karateka :

Das Gürteltier

Gabber4Life
17-05-2019, 23:34
Ähhh weil Karate Kid auf YT in der 2ten Staffel kult ist alta.
Mach dich dick mit deinen Kenntnissen solange du noch einen Vorteil daraus ziehen kannst.
Du siehst doch wie sich hierzulande so gut wie jeder mit Zetteln und Lehrgängen dick macht.

Zeig es ihnen, ich weiß das du es kannst :D

Gesendet von meinem Xperia XZ1 Compact mit Tapatalk

geetar
18-05-2019, 01:46
Also funktioniert es für dich, ist doch super.

Aber genau das ist der Punkt!
Auf der Straße hat mir eine rechte Gerade oder ein rechter Haken geholfen. Wäre ich die letzten 15 Jahre ins Boxen gegangen, hätte ich die vermutlich härter und präziser geschlagen.

Wenn nun jemand zu mir kommt und wissen will, wo Er möglichst schnell und effektiv lernt zu kämpfen, würde ich Ihn in einen Boxclub schicken!

Mit welchem Argument sollte ich Ihn denn Karate trainieren lassen? Ein System, in dem Er Kata läuft die seit den 1930ern komplett beschnitten sind und in dem Ihm niemand zeigen kann oder will, was sie denn eigentlich mal bedeutet haben?
Es muss ja früher mal Leute gegeben haben, die etwas auf dem Kasten hatten. Die hatten dann Schüler, die Ihr Wissen bewahrt haben.

Aber wenn nun an einem Punkt die Kampfkunst in ein System zur Körperertüchtigung umgewandelt wurde, muss man sich doch fragen, ob es noch Sinn macht, dieses weiter zu verfolgen?

Ich habe nämlich immer wieder das Gefühl, dass Katas einfach nur noch Selbstzeck sind, nach dem Motto: ''Das gehört halt zum Karate dazu.'' Aber keiner kann mehr wirklich damit kämpfen...

PhilExpat
18-05-2019, 02:33
Typische Midlifecrises ....

Bücherwurm
18-05-2019, 08:17
Aber genau das ist der Punkt!
Auf der Straße hat mir eine rechte Gerade oder ein rechter Haken geholfen.

.. und das quasi ohne Training...


Wäre ich die letzten 15 Jahre ins Boxen gegangen, hätte ich die vermutlich härter und präziser geschlagen.

Wozu? Ich denke es ging auch so?



Es muss ja früher mal Leute gegeben haben, die etwas auf dem Kasten hatten. Die hatten dann Schüler, die Ihr Wissen bewahrt haben.

Alles voller Geheimnisse - grausig.


Aber wenn nun an einem Punkt die Kampfkunst in ein System zur Körperertüchtigung umgewandelt wurde, muss man sich doch fragen, ob es noch Sinn macht, dieses weiter zu verfolgen?

Natürlich! Zur Körperertüchtigung! Man man man...


Ich habe nämlich immer wieder das Gefühl, dass Katas einfach nur noch Selbstzeck sind, nach dem Motto: ''Das gehört halt zum Karate dazu.'' Aber keiner kann mehr wirklich damit kämpfen...

Wo steht denn, dass man mit der Kata kämpfen können muß?

Das mit dem 2. Dan war ne Lüge, oder? Hast dich bissel hochgeschummelt, damit es erfahrener klingt?

* Silverback
18-05-2019, 08:23
Aber genau das ist der Punkt!......
Ich habe nämlich immer wieder das Gefühl, dass Katas einfach nur noch Selbstzeck sind, nach dem Motto: ''Das gehört halt zum Karate dazu.'' Aber keiner kann mehr wirklich damit kämpfen...

Womit doch eigentlich alles gesagt wäre!
Und wie so viele Vorredner schon gesagt haben: Wenn's für Dich bisher gepasst hat ..... ; alles andere ist reines mind-f****** (was wäre wenn).

P.S.: Körper- (und Geist-)Ertüchtigung ist ja wohl nix schlechtes per se.

Kensei
18-05-2019, 08:43
Du musst dir einfach nur Leute suchen, die Kata vernünftig vermitteln können. Oder besser gesagt, Karate vernünftig vermitteln können. Die gibt's halt nicht wie Sand am Meer. Gilt aber für jede Sportart oder Kunstrichtung. Ich würde auch gar nicht nach irgendwelchen alten Geheimtechniken suchen, sondern nach Effizienz.

Boxen reicht solange, bis der andere auch erfahrener Boxer ist. Oder Kickboxer, oder Ringer oder MMA-Kenntnisse hat. Nach deiner Logik müsste auch niemand MMA trainieren, wenn eine einfache Gerade in 95% der Fälle reicht.

Ich würde in der Tat sagen, wenn du nur "Street credibility" willst, brauchst du kein Karate. Oder Kampfkunst generell.

FireFlea
18-05-2019, 08:43
Ich habe nämlich immer wieder das Gefühl, dass Katas einfach nur noch Selbstzeck sind, nach dem Motto: ''Das gehört halt zum Karate dazu.'' Aber keiner kann mehr wirklich damit kämpfen...

Kürzlich hatte ich dazu einen kleinen Austausch mit Iain Abernethy, vielleicht interessant in dem Kontext:

https://iainabernethy.co.uk/content/kata-movement-based-learning-approach

Bücherwurm
18-05-2019, 09:41
vielleicht interessant in dem Kontext:

Absolut, wenn man an der Sache interessiert ist und nicht, wie der TE, nur an einem Aufreger.

Vegeto
18-05-2019, 09:48
Wenn ihr kritische Beiträge schreibt, dann achtet wenigstens auf eure Ausdrucksweise, einem Dan Träger "die Fresse polieren" oder "aufs Maul bekommen" brauchen wir hier nicht. Es gibt im KKB nicht umsonst die Möglichkeit unangemesse Ausdrucksweise zu verwarnen.

Ripley
18-05-2019, 09:55
Warum weiter Karate trainieren?

Darum:


Es hält mich körperlich fit, ich habe gelernt wie man technisch sauber und hart zuschlägt und zutritt und man kann es (im Gegensatz zu Vollkontakt-Kampfsportarten) bis ins hohe Alter trainieren ohne zu sehr zu verschleißen.

Und weil es Spaß macht.

Reicht.

Vegeto
18-05-2019, 10:15
Ich habe Verständnis für die Kritik an der Kampffähigkeit einiger(!) Karateka und den Trainingsmethoden mancher(!) Karate Schulen. Und ich äußere das auch regelmäßig in den Dojos, in denen zu wenig Freikampf etc. gemacht wird.

Aber die Aussage das x-beliebige 16-jährige Amateur Boxer einem 5 Dan überlegen seien, ist einfach nur provozierender Quatsch, das ist ja schon jedem hier aufgefallen. Sonst würden die 16 jährigen Amateur Boxer ja auch Lyoto Machida, einen UFC Champion mit 3. Dan, vermöbeln. Solche Diskussionen führen zu nichts. Aus diesem Grund in meiner Funktion als Moderator noch mal der Hinweis auf unsere Board Regel:

https://www.kampfkunst-board.info/forum/showthread.php?62975-Karate-Forum-Regeln-FAQ-und-besondere-Themen

2. Bashing: Das Schlechtmachen von Stilrichtungen ist verboten. Auch Threads ala "Stil X besser als Stil Y" schließen wir sofort. Dazu gehören auch Vergleiche von Stilrichtungen die sich in diese Richtung bewegen. Sollte jemand wiederholt oder besonders negativ durch sowas auffallen gibt es dafür eine Verwarnung.

Solche Themen wie "Wozu überhaupt noch ... trainieren" könnte man überall aufmachen. Im Aikido, im Judo, im Kung-Fu, beim Speerwurf, beim Bogenschießen. Und schwächere und stärkere Akteure gibt es in jeder Kunst und jeder Sportart. Gute Kampkünstler haben übrigens eine Gemeinsamkeit, sie respektieren und ehren andere Künste, studieren ihre Eigenheiten und Vorteile, wie zum Beispiel Vitor Belfort der auch Shotokan trainiert:

https://www.sherdog.com/news/articles/Belforts-Secret-Skill-Karate-19632

"so I started to get interested in karate again. Of course, I made some adaptations, as I combined karate with my boxing game. I’m adding a couple of nice things from Shotokan to my game
[...] Asked about what aspects of karate impressed him the most, Belfort gave no pause. It keeps you relaxed all the time” he said. You never show what you are going to do; you always do what the opponent doesn’t expect. I should say that karate is the art of hit and not getting hit. What impressed me the most was the reaction time."

Ich persönlich finde Karate sehr angenehm, da man es in verschiedenen Variationen bis ins hohe Alter machen kann. Auch mit gesundheitlichen Einschränkungen, nach Verletzungen. In Karate Vereinen sind meiner Erfahrung nach mit die nettesten Leute, die auch langfristig über Jahre hinweg dabei bleiben. Eine sehr angenehme Community von Gleichgesinnten. Es gibt viele Gründe warum jemand etwas gerne macht. Selbst in der Kampfkunst ist "Kampf" nicht alles.

Bücherwurm
18-05-2019, 10:24
...

:halbyeaha

Ripley
18-05-2019, 10:34
Hier hat es Naka Sensei sehr schön erklärt:
https://youtu.be/sWDI5el_dds
Ab 1'00'' etwa.

Und genau das, die Freude an dem, was er da tut, den ausgeprägten Spaß an der Sache, sieht man ihm auch auf Lehrgängen jede Minute an. ("Enjoy!")

Und dieser Spaß nimmt seiner nahezu unwirklichen technischen Perfektion absolut gar nix weg.

ainuke
18-05-2019, 10:37
Wozu überhaupt noch Karate trainieren?


Hier könnte man unter Umständen eine oder mehrere Antworten finden:

***

Shoto-Niju-Kun (20 Regeln) nach Gijin Funakoshi (von dieser Seite kopiert: https://www.karate-verein-bebra.de/wie-verhalte-ich-mich-beim-karatetraining/shoto-niju-kun-20-regeln-nach-gichin-funakoshi/)

1. Vergiss nie: Karate beginnt mit Respekt und endet mit Respekt.
2. Im Karate gibt es keinen ersten Angriff.
3. Karate ist ein Helfer der Gerechtigkeit.
4. Erkenne dich selbst zuerst, dann den Anderen.
5. Die Kunst des Geistes kommt vor der Kunst der Technik.
6. Lerne, deinen Geist zu kontrollieren, und befreie ihn dann von Unnützem.
7. Unheil entsteht durch Nachlässigkeit.
8. Karate ist nicht nur im Dojo.
9. Die Ausbildung im Karate umfasst Dein ganzes Leben.
10. Verbinde dein alltägliches Leben mit Karate, das ist der Zauber der Kunst.
11. Wahres Karate ist wie heißes Wasser, das abkühlt, wenn du es nicht ständig wärmst.
12. Denke nicht ans Gewinnen, doch denke darüber nach, wie du nicht verlierst.
13. Wandle dich, abhängig von deinem Gegner.
14. Der Kampf hängt von der Handhabung deiner Treffsicherheit ab.
15. Stelle dir deine Hand und deinen Fuß als Schwert vor.
16. Wenn man das Tor der Jugend verlässt, hat man viele Gegner.
17. Das Einnehmen einer Haltung gibt es beim Einsteiger, später gibt es den natürlichen Zustand.
18. Übe die Kata korrekt, der echte Kampf ist eine andere Angelegenheit.
19. Hart und weich, Spannung und Entspannung, langsam und schnell, alles in Verbindung mit der richtigen Atmung.
20. Denke immer nach und versuche dich ständig am Neuen.

***

Ich weiß, dass einiger dieser Formulierungen durchaus auch anders übersetzt werden können oder sogar müssten. Aber darum geht es mir gar nicht.

Wenn man diese "Hinweise/Anregungen/..." mal in Ruhe "verdaut", dann können sie schon Erklärungen und Hilfestellungen liefern. Ganz besonders interessant finde ich die Nummer 20. Statt 30, 40 oder 50 Jahre dieselben Übungen, Kata, Anwendungen ohne Erweiterung oder Veränderung zu praktizieren, kann einen der Blick über den Tellerrand hinaus ganz schön weiterbringen. Andererseits kann das ständige Üben weniger Kata auch dazu führen, dass man mental dahin kommt, weniger nachlässig zu sein.

Vegeto
18-05-2019, 10:39
Außerdem, wenn ich nur ins Boxen gegangen wäre, dann könnte ich nicht so schön treten :p

... und keine Anwendungen offener Handtechniken wie des Shuto-Uke, kein Hente ... ne ne ne... da würde mir was fehlen!

ainuke
18-05-2019, 10:41
Hier hat es Naka Sensei sehr schön erklärt:
https://youtu.be/sWDI5el_dds
Ab 1'00'' etwa.

Und genau das, die Freude an dem, was er da tut, den ausgeprägten Spaß an der Sache, sieht man ihm auch auf Lehrgängen jede Minute an. ("Enjoy!")

Und dieser Spaß nimmt seiner nahezu unwirklichen technischen Perfektion absolut gar nix weg.


Klasse Beispiel. Danke fürs Posten.

Naka Sensei ist übrigens auch jemand, der weit über den Tellerrand hinausschaut und ständig dazu lernt.

Chrisdz
19-05-2019, 21:07
Bin ich so bläuäugig oder naiv, hab ich was versäumt? Gibt es hinter den sieben Bergen, bei den sieben Zwergen, tatsächlich noch Karatetreibende, die mit einem 2. Dan bis heute nichts davon gehört haben, dass man a) bereits schon auf Okinawa das Karate für die Anwendung im Schulunterricht "entschärft" hatte, noch bevor ein Funakoshi auf das Hauptland beordert wurde und dass später ein Nakayama im Zuge der Versportlichung alles, was auch nur irgendwie gefährlich sein könnte, rausgestrichen hat (also jetzt bitte mal ganz kurz und brutalst möglich zusammengefasst)?

Dass man wunderbar z.B. Oi-Zuki jodan mit Annahme ('tschuldigung, die Nichtwissenden sagen ja "Block", den es wiederum nicht gibt - schon schizophren hier, gell!?) Age-Uke/Gyaku-Zuki 1.000e Male trainieren kann und dann anschl. auf der Strasse von jedem aufs Maul bekommt, weil da erstens ein Schwinger kommt und der Typ, selbst wenn ich das abwehren kann, nicht statisch stehenbleibt, sondern irgendwas macht???

Dass es andererseits Karatelehrer gibt, die einem zeigen, was "hinter" all den Techniken steckt, stecken kann/könnte und dir endlich etwas Sinnvolles vermitteln, das dann obendrein auch noch Spaß macht und dann auch noch keinerlei Schmerzen in deinen Gliedern hervorruft, weil man sich auch noch richtig bewegt?

Ich glaubs nicht....

ainuke
20-05-2019, 08:29
Dass es andererseits Karatelehrer gibt, die einem zeigen, was "hinter" all den Techniken steckt, stecken kann/könnte und dir endlich etwas Sinnvolles vermitteln, das dann obendrein auch noch Spaß macht und dann auch noch keinerlei Schmerzen in deinen Gliedern hervorruft, weil man sich auch noch richtig bewegt?


:klatsch:

Spud Bencer
20-05-2019, 10:04
Aber genau das ist der Punkt!
Auf der Straße hat mir eine rechte Gerade oder ein rechter Haken geholfen. Wäre ich die letzten 15 Jahre ins Boxen gegangen, hätte ich die vermutlich härter und präziser geschlagen.

Oder du hättest einen Hirnschaden und wärst vom Leistungssport kaputt.
Und wieso willst du härter und präziser schlagen, wenn du die Situation doch geklärt hast? Besser geht's doch nicht.



Wenn nun jemand zu mir kommt und wissen will, wo Er möglichst schnell und effektiv lernt zu kämpfen, würde ich Ihn in einen Boxclub schicken!

Aber du bist doch effektiv?



Mit welchem Argument sollte ich Ihn denn Karate trainieren lassen? Ein System, in dem Er Kata läuft die seit den 1930ern komplett beschnitten sind und in dem Ihm niemand zeigen kann oder will, was sie denn eigentlich mal bedeutet haben?
Es muss ja früher mal Leute gegeben haben, die etwas auf dem Kasten hatten. Die hatten dann Schüler, die Ihr Wissen bewahrt haben.

Aber wenn nun an einem Punkt die Kampfkunst in ein System zur Körperertüchtigung umgewandelt wurde, muss man sich doch fragen, ob es noch Sinn macht, dieses weiter zu verfolgen?

Ich habe nämlich immer wieder das Gefühl, dass Katas einfach nur noch Selbstzeck sind, nach dem Motto: ''Das gehört halt zum Karate dazu.'' Aber keiner kann mehr wirklich damit kämpfen...
Nur hast du selbst unter Beweis gestellt, dass du damit kämpfen kannst. Dein Zeug funktioniert doch, warum willst du was ändern? Weil du vielleicht einen Gegner nicht mit einem Schlag weggehauen hast? Das schafft auch ein George Foreman nicht:

https://www.maennersache.de/george-foreman-von-strassenschlaeger-angegriffen-9916.html

(Hab's irgendwie nicht auf Youtube gefunden).

Du bist doch quasi der lebende Gegenbeweis zu deinen eigenen Thesen: Dein Karate funktioniert, deine Kata funktionieren, ist doch alles gut.
Man sollte wirklich nicht zu viel auf das Gerede im Netz geben. Da reden einem die Leute immer ein man sollte lieber was Anderes machen.

SKA-Student
29-05-2019, 07:16
Frage und Antwort in einem Posting - Respekt.

Oder was war die eigentliche Frage?

Wenn es für Dich bisher gereicht / gepasst hat und immer noch Spaß macht ist doch alles schick.

Oder wolltest Du wissen ob es „bessere“ KK für die Kneipenschlägerei als Karate (wobei was ist eigentlich „das Karate“) gibt? Ja die gibt es.

Den Kram mit den geheimen Techniken und den Superreflexen lass ich einfach mal so unkommentiert stehen - ein wenig Budoromantik hat noch nie geschadet und wenn es Dich motiviert zum Training zu gehen wenn Du Dir vorstellst wie Du an der Theke von Eddis Pinte abgeben würdest ist doch auch alles im grünen Bereich.
:halbyeaha
Exakt meine Meinung.

Für mich war Shotokan ein sehr guter, halbwegs sanfter Einstieg in den Kampfsport, mit zarten 35 Jahren.
Habe aber dann festgestellt, dass mir Raufen mehr Spaß macht, deswegen erst Krav Maga (das war bei uns zu Beginn eher wie MMA), dann BJJ.

Wenn es Dir Spaß macht, mach es weiter.
Ansonsten einfach mal ein paar andere Sachen ausprobieren.

C-MO
29-05-2019, 07:26
Aber genau das ist der Punkt!
Auf der Straße hat mir eine rechte Gerade oder ein rechter Haken geholfen. Wäre ich die letzten 15 Jahre ins Boxen gegangen, hätte ich die vermutlich härter und präziser geschlagen.

Wenn nun jemand zu mir kommt und wissen will, wo Er möglichst schnell und effektiv lernt zu kämpfen, würde ich Ihn in einen Boxclub schicken!



aber wenn dir karate spaß macht ?

ich denke es gibt auch einige andere aspekte des karate die für dich und viele anderen gut tun . ausgeglichenheit usw

aber wenn es dir pur um die kampfähigkeit und nutzen auf der straße geht dann würd ich mir an deiner stelle was anderes suchen ja

Gabber4Life
01-06-2019, 13:41
Wechsel doch zum Kiokushinkai(wahrscheinlich nicht richtig geschrieben), das ist imo eher Vollkontakt tauglich.

Gesendet von meinem Xperia XZ1 Compact mit Tapatalk

C-MO
01-06-2019, 13:42
Wechsel doch zum Kiokushinkai(wahrscheinlich nicht richtig geschrieben), das ist imo eher Vollkontakt tauglich.

Gesendet von meinem Xperia XZ1 Compact mit Tapatalk

aber die schlagen nur zum körper

Gabber4Life
01-06-2019, 13:43
aber die schlagen nur zum körperJa, aber besser als nix. Oder mit Boxen kombinieren.

Gesendet von meinem Xperia XZ1 Compact mit Tapatalk

C-MO
01-06-2019, 13:46
Ja, aber besser als nix. Oder mit Boxen kombinieren.

Gesendet von meinem Xperia XZ1 Compact mit Tapatalk

oder gleich zum kickboxen :D

ich persönlich finde aber boxen ist besser für die street wenn das die hauptmotivation ist

~Wolf´s Den~
01-06-2019, 16:54
Strike first, strike hard - no mercy!

:biglaugh:

~Wolf´s Den~
03-06-2019, 17:06
Ich bin nun schon seit fast 15 Jahren dabei und mittlerweile Träger des 2. DAN Shotokan.
Es hält mich körperlich fit, ich habe gelernt wie man technisch sauber und hart zuschlägt und zutritt und man kann es (im Gegensatz zu Vollkontakt-Kampfsportarten) bis ins hohe Alter trainieren ohne zu sehr zu verschleißen.
In der einen oder anderen Auseinandersetzung auf der Straße hat mir das Training auch geholfen, es gab also in dem Sinne kein ''böses Erwachen''!

Trotzdem frage ich mich immer wieder, wozu ich überhaupt noch Karate trainiere.

Auf Wikipedia steht nun über Itosu Ankō, den Meister von Funakoshi folgendes:

Itosu Ankō reformierte das Karate Okinawas und machte aus der einstigen geheimen Kampfkunst ein System, das zum Zwecke der körperlichen Ertüchtigung und geistigen Erziehung gelehrt werden konnte.
Dazu entwickelte er viele der heutigen Standard-Katas, beziehungsweise überarbeitete die alten Formen und „entschärfte“ dabei die enthaltenen Techniken, um das Karate einer breiten Masse zugänglich machen zu können.
Nur wenige der engsten Schüler (Uchi-Deshi) bekamen, nach vielen Jahren intensiven und ernsthaften Übens, die Geheimnisse verraten, die in den ursprünglichen Ausführungen der Katas enthalten waren.
Während der Soto-Deshi die technischen Aspekte einer Kampfkunst lernte, wurde der Uchi-Deshi eingeweiht in die „inneren“ Dinge. Ihm wurden die wahren Hintergründe der Kampfkunst und die verborgenen Elemente einer Kata durch den Meister gezeigt.

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, was es überhaupt noch für einen Sinn macht, Katas zu üben, die entschärft und abgeändert und somit ihrem ursprünglichen Inhalt beraubt wurden.

Wozu 20 Jahre eine Unsu laufen, die die ursprünglichen Techniken gar nicht mehr enthält?
Wozu krampfhaft versuchen, sich aus einer beschnittenen Unsu Anwendungen herbei zu fantasieren?
Wozu noch an dem Glauben festhalten, da draußen gäbe es noch Meister die die alten Anwendungen kennen und können, wenn selbst der Meister von Funakoshi es seinen Schülern nicht mehr gezeigt hat?
Und selbst wenn es Sie gäbe, was bringt es mir denn, wenn ich Sie nie treffe?

Macht das ganze System Karate überhaupt noch einen Sinn, wenn jeder x-beliebige 16-jährige Amateur Boxer, einem 5 DAN die Fresse poliert?

Nach meinem Verständnis ist der Sinn einer Kata, sie in einer Auseinandersetzung anwenden zu können. Also übe ich im Idealfall die Anwendungen der Unsu so lange, bis ich in einer Kneipenschlägerei reflexartig mit Techniken aus der Unsu reagiere und damit meine Gegner zerlege.

Es gibt ja noch Leute wie Iain Abernethy, die realistische Anwendungen unterrichten und denen ich durchaus zutraue, im Ernstfall die Fäuste fliegen lassen zu können.
Aber auch hier frage ich mich, was es bringen soll, in beschnitten Katas nach Anwendungen zu suchen, die so vielleicht nie da waren.

Warum nicht gleich ins Krav Maga gehen oder in den Boxring?

Naja, jetzt mal ernsthaft, manchmal hat man schon das Gefühl, dass das Karatelager in Diejenigen geteilt ist, die ähnlich der TV-Serie "Cobra Kai" einem "Myagi-Do" folgen und dann irgendwann von besagtem 16-jährigen Amateurboxer zerlegt werden und in Jene, die mit Karate wirklich kämpfen können, weil ihnen einerseits die Kampfanwendungen der überlieferten Katas in der Praxis gezeigt wurden und weil sie (viel wichtiger) Sparring betreiben.

Man kann Karate rein zur körperlichen sowie zur geistigen (im Sinne von Meditation) Ertüchtigung trainieren, aber dann darf man nicht den Anspruch besitzen damit auch zwangsläufig kämpfen zu können. Die Fähigkeit zum Kämpfen wird durch das endlose Üben und Vervollkommnen von Techniken mit Realitätsbezug und durch das Gewöhnen der physischen und psychischen Belastungen eines Kampfes durch Sparring ausgebildet und gefördert. Nicht etwa durch geistige "Erziehung" und schon garnicht durch die bedingungslose Übernahme des Dogmas eines Meisters.

Nicht jede "Reform" einer Kampfkunst stellt einen Fortschritt dar. Auch hier gilt es "heilige Kühe" zu schlachten, um sich der Wahrheitsfindung anzunähern. Manchmal erfindet ein Meister auch deshalb neue Katas oder "entschärft" bestehende Katas, weil er einem Stil seine eigene Ideologie aufdrücken möchte. Um eine Schar treuer Gefolgsleute hinter sich zu versammeln, die technisch und kämpferisch bewusst weit unter dem Level des "Meisters" gehalten werden, damit dessen Nimbus vermeintlicher Unbesiegbarkeit keinen Schaden erleidet. Einige, wenige Schüler werden dann tatsächlich und nach langem "Bück Dich vor dem Meister" technisch gefördert und stellen die Visitenkarte der Schule dar, während der Rest einer uniformierten Masse gleicht, die ohne zu Hinterfragen einem "Do" folgt, auf dem keine messbare Annäherung an das Ziel "Kämpfen können" feststellbar ist.

Natürlich werden eingefleischte "Myagi's" nun einwenden, dass es im Karate um den geistigen Reifeprozess geht und die Erlangung kämpferischer Fertigkeiten ein unwillkürliches Nebenprodukt sei, dass der Weg das Ziel sei und der Schüler Geduld, Disziplin und Demut lernt, weil es technisch immer eine höhergraduierte Person gibt.

Faktisch stimmt nur das Letzte und ob der Schüler hier missbraucht oder gefördert wird liegt allein im Charakter des Meister begründet. Es ist ein Unterschied, ob jemand tatsächlich und nachweisbar mehr kann oder jemand im Lernen künstlich verlangsamt werden soll, damit es so wirkt als könnte ein Anderer mehr. Die Verlangsamung im Lernen kann dabei z. B. das "Entschärfen" von Katas und das Erfinden von zahlreichen neuen Katas sein, die einzig und allein dazu dienen den Schüler zu beschäftigen anstelle ihn knallhart in der Grundschule auszubilden und ihm danach die Anwendungen der "alten" Katas im Hinblick auf den freien Kampf zu zeigen und beide Lernergebnisse durch Sparring im neuralen System fest zu verankern.

Ich persönlich möchte weniger gerne gegen einen Karateka kämpfen, der einen Front Kick tausendmal geübt hat, ihn schnell und kraftvoll performen kann als gegen einen Karateka, der alle Katas seines Stils fehlerfrei laufen kann!

Karate im Sinne seines Vorläufers, des Okinawa-Te, ist in wenigen Worten zusammengefasst, die Kunst einen Angreifer schnellstmöglich und bei maximalem Eigenschutz zu zerstören. So wie auch andere Kampfkünste, z. B. das Muay Boran als Vorläufer des Muay Thai Kampfsports, dazu dienten auf dem Schlachtfeld zu überleben und seinen Gegner zu vernichten. Dass ist das wahre Wesen des Karate und erst wenn man dies anerkennt, kann man voranschreiten.

Tatsächlich ist die geistige Ausbildung vielmehr ein Nebenprodukt der kämpferischen Erziehung. Denn jemand der von Natur aus Böse ist, wird nicht durch Karate zu einem besseren Menschen, auch nicht durch den lächelnden Meister mit seinen Weisheiten. Nein, diese Person wird einfach nur ein gefährlicherer Mensch. Demut und Disziplin lernt man nicht indem man macht was irgendein Meister als Schablone vorgibt, nein, man lernt sie durch Erfahrung und durch Fehler. Demut und Disziplin werden im "Feuer" des Kampfes geschmiedet, weil man lernt wieviel physische und psychische Befähigung erworben werden muss, um im realen Zweikampf bestehen zu können und es nicht mit roher Brutalität getan ist, sondern gute Physis, technische und konzeptionelle Struktur mit kontrollierter Agressivität und der Unterwerfung eigener Ängste vereint werden müssen. Und diese vielfältigen Attribute werden durch hartes und kontinuierliches Training unter Anleitung einer entsprechenden Person ausgebildet, die den ehrlichen Willen besitzt, den Schüler zu verbessern, jedoch nicht zu seinem Sklaven zu machen.

Und was die Katas betrifft ... alles was man zum Kämpfen benötigt steckt verschlüsselt in den Katas. Nicht gerade offensichtlich zu erkennen, aber auch nicht so geheim, dass es nur wenige Meister gibt, die die Anwendungen kennen würden. Und nein, man will heutzutage nicht in jeder Kata eine funktionale Technik sehen, die vielleicht niemals da war, um damit seinem eigenen Karatetraining eine Daseinsberechtigung gegenüber Kampfsportarten wie Boxen, Muay Thai, MMA, BJJ etc. zu verschaffen. Die funktionalen Techniken werden nicht etwa, ähnlich Kaffeesatzleserei, neu entdeckt, nein sie waren schon immer da. Und sie wollten auch schon immer von den Stilbegründern und alten Meistern derart angewandt gesehen werden. Wie Bruce Lee mal sagte, hätten manche Menschen vier Arme und drei Beine, dann gäbe es wirklich verschiedene Kampfstile und unterschiedliche Kampfweisen. Da dass aber nicht der Fall ist, werden wir am Ende des Tages alle auf ein gewisses Technikspektrum reduziert, dass sich im realen Kampf als funktional erweist. Deshalb gibt es zwischen den Stilen auch viele Gemeinsamkeiten, die nicht immer alle sofort sichtbar sind.

Nur werden oft Dinge vergessen, weil etwas Anderes in Mode ist oder sich in einer bestimmten Umgebung als effektiv erwiesen hat. Bsp. stellt das Konglomerat aus Boxen, Kickboxen, Muay Thai und diversen Grapplingstilen die unangefochtene Matrix für effektives Kämpfen dar. Dass es darüber hinaus noch mehr gibt, was ebenso effektiv ist, aber vielleicht nicht im sportlichen Kontext regelkonform, wurde verdrängt, genauso wie manche "traditionelle" Techniken, die auch im brutalen Wettkampfsport MMA effektiv wären, schlicht vergessen wurden. Und wenn dann z. B. eine Holly Holmes kommt und mit dem Oblique Kick, den es in vielen traditionellen Kampfkünsten gibt, erfolgreich ist, dann wird gerne versucht einen Hype um diese Person und ihren "unorthodoxen" Stil zu kreieren. Quasi so als hätte diese Person MMA weiterentwickelt, da die Maxime gilt: was wir im MMA nicht live gesehen haben, funktioniert per se nicht. Dass diese Technik aber schon immer in der Kampfkunst und auch in Katas da war und Holly Holmes vielleicht einfach nur Jemanden hatte, der ihr dieses Wissen "scharf" vermittelt hat oder auch dass ein George St. Pierre oder Connor McGregor sicherlich auch von deren früheren Karatetraining profitiert haben ... möchte man nicht sehen.

Daher ... Karate ist nicht nutzlos und man muss nicht zwingend zum Krav Maga gehen oder in den Boxring steigen ... aber man sollte immer mal wieder den Stil, das Dojo und den Lehrer wechseln, um nicht stehen zu bleiben.

Manchmal ist es die beste Reform zu den alten Werten und zum gesunden Menschenverstand zurückzufinden.

ainuke
03-06-2019, 17:37
Karate ist nicht nutzlos und man muss nicht zwingend zum Krav Maga gehen oder in den Boxring steigen ... aber man sollte immer mal wieder den Stil, das Dojo und den Lehrer wechseln, um nicht stehen zu bleiben.

Manchmal ist es die beste Reform zu den alten Werten und zum gesunden Menschenverstand zurückzufinden.

:halbyeaha

Gast
03-06-2019, 17:41
Einfach zum Kickboxen gehen, wenn man das Esoterikzeugs weglassen möchte.

SynthpopFan
19-08-2019, 00:18
Einfach zum Kickboxen gehen, wenn man das Esoterikzeugs weglassen möchte.

Habe derzeit auch den 2.Dan (Karate). Bis auf die Dojo-Etikette und die positiven Auswirkungen des Trainings auf den Charakter (wie z.B. Ruhe, Geduld, Gelassenheit, Höflichkeit, Respekt), habe ich in all den Jahren nie "Esoterikzeugs" erlebt. Ein Esoteriker bin ich durch Karate jedenfalls nicht geworden. Was ich stattdessen erlebt habe, war Schwitzen, harte körperliche Anstrengung, aus der Puste sein, Spaß am Training, aber auch mal Schmerzen beim Kumite und die einen oder anderen Flecken aller Farben am Körper. Nach vielen Jahren solcher Sachen wird man eher ein (in sich ruhender und entspannter) Realist und kein Esoteriker.
Frustriert bin ich allerdings auch nicht, sondern freue mich auf die vielen Sachen, die ich noch lernen kann.

maxderbruchpilot
19-08-2019, 12:27
Wenn man etwas 15/25 Jahre lang betreibt und man immer "das selbe" macht, kannes einem schon mal langweilig vor kommen.
Motorisch und von dem welche Entwicklungen im Gehirnsstatt finden, kann man da uch keine großen Fortschritte mehr machen.

Aber ist doch nicht schlimm, macht man eben etwas neues/anderes, ich bin so z.b. zu KK gekommen, nach etwas Pause und abstinenz wird dann evtl. sogar das "alte" wieder interessant.

El Greco
19-08-2019, 12:34
Habe derzeit auch den 2.Dan (Karate). Bis auf die Dojo-Etikette und die positiven Auswirkungen des Trainings auf den Charakter (wie z.B. Ruhe, Geduld, Gelassenheit, Höflichkeit, Respekt), habe ich in all den Jahren nie "Esoterikzeugs" erlebt. Ein Esoteriker bin ich durch Karate jedenfalls nicht geworden. Was ich stattdessen erlebt habe, war Schwitzen, harte körperliche Anstrengung, aus der Puste sein, Spaß am Training, aber auch mal Schmerzen beim Kumite und die einen oder anderen Flecken aller Farben am Körper. Nach vielen Jahren solcher Sachen wird man eher ein (in sich ruhender und entspannter) Realist und kein Esoteriker.
Frustriert bin ich allerdings auch nicht, sondern freue mich auf die vielen Sachen, die ich noch lernen kann.

Esoterik mit Romantik tauschen dann passt das!

kampf-ratte
21-08-2019, 09:47
Macht das ganze System Karate überhaupt noch einen Sinn, wenn jeder x-beliebige 16-jährige Amateur Boxer, einem 5 DAN die Fresse poliert?


Ist doch vollkommen egal. Der, der seine KK über Jahre hinweg mit Herz betreibt wird immer besser sein als der, der nur Trainiert.
Ich kenne auch Stories das ein Kyokushin Danträger von einem 10kämpfer auf die Nase bekommen hat.....

Es liegt doch an jedem selbst wie ernst/intensiv er seinem Hobby nachgeht und irgendwo findet jeder seinen Meister.

kr

C-MO
21-08-2019, 10:29
Ist doch vollkommen egal. Der, der seine KK über Jahre hinweg mit Herz betreibt wird immer besser sein als der, der nur Trainiert.
Ich kenne auch Stories das ein Kyokushin Danträger von einem 10kämpfer auf die Nase bekommen hat.....

Es liegt doch an jedem selbst wie ernst/intensiv er seinem Hobby nachgeht und irgendwo findet jeder seinen Meister.

kr

besser in was ?

hab irgendwie das gefühl was du schreibst geht etwas am thema vorbei . bzw spricht nicht das an worauf der threadersteller hinaus will

kampf-ratte
23-08-2019, 07:27
besser in was ?

hab irgendwie das gefühl was du schreibst geht etwas am thema vorbei . bzw spricht nicht das an worauf der threadersteller hinaus will

Na besser in einer KK und Äpfel mit Birnen zu vergleichen ist eh sinnlos.
Aber ist doch eh alles egal da wir in einer Zeit leben, in der Leute mit einem Schwert auf der Straße "abgeschlachtet" werden...

SynthpopFan
23-08-2019, 09:19
Esoterik mit Romantik tauschen dann passt das!

Nö. In meinem Fall eigentlich auch nicht.