komplette Systeme

[jkdberlin]

in letzter Zeit scheinen immer mehr Videos auf den Markt zu kommen, die ganze Systeme für Problemlösungen anbieten. "Enter the System", Leglock-System, Armbar-System, Triangle-System, Gi-System, Inside DLR System usw. Auch Seminare stehen immer mehr für bestimmte Systeme einer Person. Wir hatten vor einiger Zeit einen Wettkämpfer bei uns zu einem Seminar, dem wir nur Fragen zus einem System stellen konnten. Die Mountposition kannte er zB nicht, die kommt in seinem Spiel nie vor. Dazu also keine Fragen ...
Wie seht ihr die Entwicklung? Ist das gut, sich ein ganzes System einer anderen Person anzusehen und zu lernen/kopieren?

[Bücherwurm]

Wie seht ihr die Entwicklung? Ist das gut, sich ein ganzes System einer anderen Person anzusehen und zu lernen/kopieren?

Das ist, denke ich, mit einen klaren NEIN zu beantworten.

[jkdberlin]

Das ist, denke ich, mit einen klaren NEIN zu beantworten.

Warum? Warum machen es denn gerade so viele? Warum sind es die best-verkauften Lehrvideos?

[Björn Friedrich]

Wie hat mein Lehrer Alex Kostic immer gesagt:

Immitate, Improvise, Innovate.....

Und so denke ich auch darüber. Klar ist es gut, ein relativ perfektes System eines guten Kämpfers anzuschauen, er hat es ja schließlich auf ein hohes Niveau gebracht.

Allerdings macht es selten Sinn es 1:1 zu übernehmen, genauso macht es aber auch kein Sinn es zu beurteilen, ohne das man es kann.

Von daher wende ich immer eine gewisse Zeit auf, um ein System zu lernen und zu verstehen und dabei mach ich genau das was der "Meister" sagt.

Wenn ich wirklich Erfahrungen damit gesammelt habe, beginne ich es für mich umzuarbeiten, aber wirklich erst, wenn ich dem Ganzen Zeit gegenben habe, um es zu verstehen......

[Bücherwurm]

Warum? Warum machen es denn gerade so viele? Warum sind es die best-verkauften Lehrvideos?

1.) Hast du ja schon ein eigenes, nämlich das, was du dir so über die Jahre raufgeschafft hast.

2.) Scheint der Aufwand, ein "komplettes System" lernen zu wollen, doch ziemlich hoch.

3.) Kollidiert es wahrscheinlich an verschiedenen Stellen mit deinen eigenen Vorstellungen.

4.) enthält es wahrscheinlich, wie du selber festgestellt hast, auch "Lücken". Warum solltest du die lernen?

M.E. gibt es nur eine vernünftige Herangehensweise, die Bjoern ja auch andeutet: Erst mal prüfen und so gut wie möglich testen, dann die Sachen mitnehmen, die das eigene Spektrum erweitern oder verbessern.

[Bücherwurm]

zur 2. Frage: Es erscheint vielleicht dem einen oder anderen attraktiv. Wenn die eigene Basis noch nicht allzu groß ist, kann das ja Sinn machen.

[StaySafe]

Ich glaube das kommt sehr auf die Zielsetzung an.

Wenn man sehr erfolgreich in einem bestimmten Wettkampfsegment sein will, macht es durchaus Sinn in ein oder zwei Sub-Systemen extrem gut und so ggf. signifikant besser zu sein in dem was das jeweilige Sub-System behandelt, als andere Kämpfer. Die Death Squad hats ja vorgemacht. Die Jungs sind / waren im Leg Lock- und Backcontrol- Sub System von Danaher extrem gut und waren so spezialisiert, dass sie andere die weitaus "generalistischer" aufgestellt waren, in diesen Bereich immer schlagen konnten.

Das Ganze lässt sich ja dann mühelos auf die unterschiedlichen Wettkampfformen und deren Bedürfnisse runterbrechen: No Gi w Points, No Gi Sub only, Combat Jiu-Jitsu, Gi, MMA...

Funktioniert natürlich nur mit einer extrem soliden Basis, was Danaher ja auch selbst dauernd sagt.

Problematisch finde ich es, wenn jemand dann andererseits sagt: "Leute, Mount kann ich nicht. Gibt´s bei mir nicht." Für mein Verständnis ist dann keine gute Basis da und der Sport / die Kunst, meinetwegen das "Werkzeug" wird verstümmelt.

Da sind wir mMn. nach ganz schnell bei dem was Rickson Gracie immer wieder und zu Recht anprangert: Leute, ggf. sogar Blackbelts die im Grunde mit ihrer Disziplin nur unter recht eng gesteckten Umständen "kämpfen" können.

[Lugasch]

Ich habe Danahers Systeme bisher eher als relativ abschließende Lerneinheiten zu einem bestimmten Thema verstanden und nicht als ein komplettes Kampfsystem. Also wenn ich eine Analogie zum Lego ziehen würde: es gibt verschiedene Erweiterungssets: Power-Packs, Zahnräder-Packs, Gestänge-Packs, etc. Je nach dem, was ich für ein Ziel habe, kann ich mir verschiedene Packs holen und sie zu meinen Klötzchen dazu bauen. Vielleicht stelle ich dabei fest, dass die neuen Sachen meine alte Bauweise sinnlos machen und ändere sie.

[Bücherwurm]

Also wenn ich eine Analogie zum Lego ziehen würde: es gibt verschiedene Erweiterungssets:

:biglaugh:

[sivispacemparabellum]

Klar macht das Sinn. Aber eben nicht nur. Das erste Video von Ryan Hall zur Triangle war das erste in dieser Form welches mir begegnet ist und ist immer noch ein Hit. Der Vermarktung tut es auch gut, alle wollen leg locks wie Gordon Ryan können. Und gerade Anfänger machen große Sprünge, wenn sie sich auf einen Teilbereich konzentrieren. Und jetzt nicht über die Spezialisierung schimpfen-es ist keine wenn man das ein paar Monate macht und sich dann dem nächsten Kapitel widmet und es in ein vernünftig strukturiertes Training eingebettet ist. Und 1 zu 1 übernehmen kann niemand. Es ist immer ein kopieren.
Ein Wettkämpfer der nix aus der Mount machen kann finde ich übertrieben merkwürdig.

[Björn Friedrich]

Danaher Systeme sind Subsysteme welche alle ineinander übergreifen. Ich habe all seine DVDs komplett durchgearbeitet und das wird dann auch ganz deutlich.

Das Kimura System hat starke Links zum Back und Triangle System.

Das Triangle System ist eng mit dem Armbar System verbunden.

Das Front Headlock System eng mit dem Back Control System.

Und das Leglock System mit dem Back Control System.

All diese Subsysteme bilden quasi ein großes Submission System.

[sivispacemparabellum]

Bei Danaher ist das Problem, dass er zu viel redet in seinen Videos. Der bräuchte mal jemand der als Direktor seine Sachen überarbeitet. Die meisten sind leider nicht von Leuten gemacht, die irgendwas im Bereich Didaktik drauf haben.
Aber er hat eine gute Systematik und sich viele Gedanken gemacht. Nicht ohne Grund einer der erfolgreichsten Trainer im Moment.

[period]

Ich würde sagen, der Grappling-Sport ist inzwischen so weit fortgeschritten, dass eben häufig Spezialisten ganz vorne mitmischen. Wenn ich einen Spezialisten habe und von ihm als Trainer profitieren will, macht es meines Erachtens durchaus Sinn, sich eben das anzuschauen, was er besonders gut kann. Und viele von den ganz feinen Nuancen, Übergängen etc. lernt man eben am besten von Spezialisten. Sicher macht es das nicht leichter, geeignete Seminarreferenten etc. einzuladen, gerade wenn ein gemischtes Publikum kommt. Ich denke, dass man grad am US-Markt gemerkt hat, dass solche spezialisierte Problemlösungen sich besonders gut verkaufen - vielleicht, weil man (ob zu Recht oder nicht) davon ausgeht, dass jeder Trainer vor Ort die Basics vermitteln kann und zudem mehr und mehr Lehrmittel dazu kostenlos auf Youtube und Co zugänglich sind.

Etwas provokant gefragt, was wäre denn die Alternative? Dass wie im Judo gefühlt jeder zweite Spitzenjudoka sich berufen fühlen muss, eine Edition der Gokyo-Techniken in Standardausführung herauszugeben?

Beste Grüsse
Period.

[Ich sage:]

Ich denke auch, dass Danaher zuviel redet (daher mag ich die Craig Jones DVDs) aber ihm Didaktik ab zu sprechen, obwohl weitläufig bekannt ist, dass er Dozent für Philosophie an der Colombia war? Finde ich gewagt.

[sivispacemparabellum]

Mag ja sein. Hast du dir eine seiner Veranstaltungen in Philosophie angesehen? Ich auch nicht. Also kaum als Referenz geeignet. Und BJJ Instructional und Vorlesung sind auch zwei Paar Schuhe.

[VincentPrice]

Ich finde wir müssen mehr unterscheiden zwischen dem Game eines Athleten/Trainers und einem aufeinander aufbauenden System von Positionen und Techniken im Sinne einer methodischen Reihe.

Ich kenne von den angesprochenen Instructionals nur Danaher's leg lock DVDs und muss zugeben er redet sehr viel und sehr umständlich, didaktisch finde ich das Ganze trotzdem hervorragend. Ob die den horrenden Preis wert sind ist eine andere Frage, den Aufbau des Systems und wie die Techniken vermittelt werden finde ich sehr gut gelungen.

[StaySafe]

Dem einen gefällts, dem anderen nicht. Gibt halt auch unterschiedliche Lerntypen und einigen wird Danaher wohl eher gerecht als bspw. Jones und umgekehrt.
Er redet also nicht per se zu viel, sondern einzelnen Leuten. Die müssen ihn sich ja auch nicht geben. ;)

[Björn Friedrich]

Ich mag sowohl Danaher als Jones, wobei ich zum Großteil eher wie Jones und nicht wie Danaher lerne. Aber es gibt Dinge die konnte für mich Jones nie so rüberbringen, wie es Danaher gemacht hat, wo ich es dann schließlich auch verstanden habe.:-)

Als Lehrer muss ich sagen, das meine Kunden (in der Regel 30+ BJJler) meinen systematischen Stil eher mögen, als wenn ich einfach nur wilde Moves zusammen würfeln würde.


Wenn ich ein Seminar besuche, erwarte ich auch eine gute Struktur, muss nicht so wie Danaher sein, Jones reicht mir da, aber einfach irgendwelche unzusammenhängenden Moves zu präsentieren, geht meiner Meinung nach gar nicht.

Und ich denke mal sollte von guten Leuten immer die Stärken lernen. Ich meine von Craig Jones nehme ich auch lieber die Leglocks und erwarte kein Pressure Side Control Game:-)

[Lo.Ony]

und wenn du dir jetzt die gordon ryan passing gönnst, dann kommt headlock, leglock und back zusammen als wärs so geplant gewesen.

[StaySafe]

und wenn du dir jetzt die gordon ryan passing gönnst, dann kommt headlock, leglock und back zusammen als wärs so geplant gewesen.

Natürlich war das geplant.

[Björn Friedrich]

Ich mag die Gordon Ryan Serie nicht. Ist einfach nicht mein Lehrer. Für mich sehr unübersichtlich, teilweise auch falsch zusammengeschnitten.....

Danaher ist top, vielleicht macht er ja noch mal eine Guard Passing Serie.....