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Vollständige Version anzeigen : Verrohung durch Sportunterricht



Pansapiens
16-07-2019, 00:28
kanadische Bildungswissenschaftler meinen:


"Die Botschaft [...] lautet: Es ist okay, andere zu verletzen", sagte Butler, die an der University of British Columbia lehrt, der "Washington Post". Im Sportunterricht sollten die Schüler lernen, ihre Aggressionen zu kontrollieren, anstatt sie auszuleben, so Butler. Co-Autor und Pädagogikprofessor Stephen Berg ergänzt: "In der Schule reden wir viel über Freundlichkeit, Empathie und Mitgefühl. Im Sportunterricht verschwinden alle diese Begriffe."

Erinnert an kelte...
Wird in Kanada nun MMA im Schulsport angeboten?

nein, viel schlimmer:ups::

https://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/voelkerball-kanadische-forscher-bezeichnen-spiel-als-legalisiertes-mobbing-a-1274429.html

was meint Ihr dazu?
Berechtigter Hinweis auf unhaltbare Missstände oder eher https://www.youtube.com/watch?v=ipoVkN5YXHk ?

Willi von der Heide
16-07-2019, 07:29
" Generation Schneeflocke " ... der Begriff ist bei uns noch nicht so angekommen - läuft bei uns unter " Weichei " - aber wird wohl irgendwann im öffentlichen Diskurs auftauchen.

Wenn die Eltern ihre " Millennials " auch in einem Kokon oder einer Blase " einsperren " und alle unangenehmen Sachen von ihnen fernhalten, tja wie sollen dann Menschen daraus werden, die lernen mit Kritik und Widerständen umzugehen, die nach Rückschlägen und Niederlagen wieder aufstehen oder auch mal ein Risiko eingehen. Wenn man von klein auf nur behütet und betreut wird, dann kennt man es ja irgendwann auch nicht mehr anders. Mich wundert auch nicht, warum freiheitliches Denken so auf dem Rückzug ist - es ist zu unbequem. Zum Leben gehört auch mal ein blauer Fleck beim Völkerball ... und " Dodgeball " ist eh was anderes ...

So geht das:


https://www.youtube.com/watch?v=u5pTUoEcwRo

kanken
16-07-2019, 07:48
Im neuen ICD (dann Version 11) bekommt die Generation dann sogar eine Diagnose :D:

Z62.1 elterliche Überbehütung

kommt wahrscheinlich öfters in Kombi mit

R46.1 vor (bizarres persönliches Aussehen)

ryoma
16-07-2019, 07:49
Falls sich diese Ideologie durchsetzt, kann es geschehen, dass mit der Zeit auch KK/KS für Erwachsene verboten wird. Denn der Staat (bzw. Pädagogikprofs) weiss, was für uns gut ist.

DatOlli
16-07-2019, 07:54
kanadische Bildungswissenschaftler meinen:


"Die Botschaft [...] lautet: Es ist okay, andere zu verletzen", sagte Butler, die an der University of British Columbia lehrt, der "Washington Post". Im Sportunterricht sollten die Schüler lernen, ihre Aggressionen zu kontrollieren, anstatt sie auszuleben, so Butler. Co-Autor und Pädagogikprofessor Stephen Berg ergänzt: "In der Schule reden wir viel über Freundlichkeit, Empathie und Mitgefühl. Im Sportunterricht verschwinden alle diese Begriffe."

Erinnert an kelte...
Wird in Kanada nun MMA im Schulsport angeboten?

nein, viel schlimmer:ups::

https://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/voelkerball-kanadische-forscher-bezeichnen-spiel-als-legalisiertes-mobbing-a-1274429.html

was meint Ihr dazu?
Berechtigter Hinweis auf unhaltbare Missstände oder eher https://www.youtube.com/watch?v=ipoVkN5YXHk ?

Klar, das erzeugt eine Menge an Effekten, welche unsere derzeitige Gesellschaft nicht mag, in kurz fallen mir da die folgenden Punkte ein (ein paar habe ich sicher übersehen): Ausgrenzung, abschiessen, Mobbing, Vorbereitung auf Gruppenkämpfe, bla bla bla.

Aus meiner Sicht kommt hier nur die ohnehin vorhandene soziale Struktur ans Licht. Aber die kann man ja durchaus auch erkennen wenn die Mannschaftsteilnehmer (auch für andere Spiele) gewählt werden. Nicht nur beim Völkerball. Da ist Gruppenrückhalt mindestens genauso wichtig wie Fähigkeiten.

Das zieht sich aber eigentlich durch das gesamte Schulleben im Sportunterricht wird es halt sehr gut sichtbar.

Ist das jetzt tragisch? Aus meiner Sicht nicht.

Falls jedoch jemand Schule als geschützten Rahmen haben möchte, der mag das sicher schrecklich finden.

Um konkret zu antworten, aus meiner Sicht, keine Verrohung, nur ein Spotlight. Außerdem denke ich persönlich, ein bisschen mehr Verrohung (körperliche Gewalt) wäre vielleicht, für unsere Gesellschaft, nicht ganz falsch.

Denke es wird schwierig da einen Konsens zu finden.

Liebe Grüße
DatOlli

Klaus
16-07-2019, 09:26
Man kann auch - sogar in der Schule - lernen die Möglichkeit körperlicher Gewalt einzuplanen, lernen damit körperlich umzugehen, und trotzdem die Einstellung etablieren dass das nicht ok ist, nicht cool, nicht spassig, und man dagegen was unternimmt WENN es auftritt. Und sich gegenseitig hilft. Dabei kann man dann auch Mobbing mit und ohne Social Media angehen, und ein Gefühl erzeugen dass es cool ist sich gegenseitig dagegen zu helfen, und nicht mitzumachen wer es schafft die meisten Selbstmorde hinzukriegen. Das passiert ja weil in der jeweiligen Gruppe NIEMAND irgendwas positiv in Richtung Hilfe und negativ in Richtung mitmachen thematisiert. Ich würde radikale Maßnahmen gegen Mobber nicht völlig von der Hand weisen, wenn es höflich nicht klappt.

DatOlli
16-07-2019, 09:40
Man kann auch - sogar in der Schule - lernen die Möglichkeit körperlicher Gewalt einzuplanen, lernen damit körperlich umzugehen, und trotzdem die Einstellung etablieren dass das nicht ok ist, nicht cool, nicht spassig, und man dagegen was unternimmt WENN es auftritt. Und sich gegenseitig hilft. Dabei kann man dann auch Mobbing mit und ohne Social Media angehen, und ein Gefühl erzeugen dass es cool ist sich gegenseitig dagegen zu helfen, und nicht mitzumachen wer es schafft die meisten Selbstmorde hinzukriegen. Das passiert ja weil in der jeweiligen Gruppe NIEMAND irgendwas positiv in Richtung Hilfe und negativ in Richtung mitmachen thematisiert. Ich würde radikale Maßnahmen gegen Mobber nicht völlig von der Hand weisen, wenn es höflich nicht klappt.

Hmm, dann sind wir jetzt bei dem Mobbing das zu Suizid und Amokläufen führt?

Das ist aus meiner Sicht, dann aber schon ein ganz anderer Level.

Da geht es dann aber auch nicht mehr um einzelne "Mobber(innen)" sondern darum, dass einzelne Personen von der Gruppe, zu der sie eigentlich gehören sollten, gemobbt werden.

Liebe Grüße
DatOlli

Kensei
16-07-2019, 09:41
Klassische Sommerlochdebatte würde ich sagen, und von daher kaum der Diskussion wert.

Ansonsten stößt mir schon auf, dass "viele Lehrer" und "einige Schüler" das so sehen. Meiner Erfahrung nach ist Völkerball eines der belibtesten Spiele unter den Schülern, durch die Jahrgangsstufen hindurch. Zumal es dafür noch Dutzende Variationen gibt.

Letztlich läuft es nach meinem Dafürhalten auf das ewige Hin und Her hinaus über "starke" und "schwache" Schüler in einzelnen Fächern und wie die den Schulalltag erleben. Der (körperlich) schwache Schüler im Sportunterricht kann dafür eine Mathe-Ass sein um umgedreht. Kann dann der gute Sportler auch verlangen in Mathe nichtmehr an die Tafel kommen zu müssen, weil er sich vor der Klasse psychisch gemobbt fühlt? Oder der der nicht singen kann sich zurecht im Musikunterricht verweigern?
Schule soll Stärken fördern aber auch Schwächen aufzeigen. Niemand kann in allem gut sein und alles können. Warum sollte das im Sportunterricht anders gesehen werden als in anderen Fächern?

Alfons Heck
16-07-2019, 09:56
" Generation Schneeflocke " ... der Begriff ist bei uns noch nicht so angekommen...
stimmt. Habe ich wieder was gelernt :rolleyes:


https://www.youtube.com/watch?v=Cc6g4Uxxe14


Gruß
Alfons.

Dastin
16-07-2019, 10:18
kanadische Bildungswissenschaftler meinen:


"Die Botschaft [...] lautet: Es ist okay, andere zu verletzen", sagte Butler, die an der University of British Columbia lehrt, der "Washington Post". Im Sportunterricht sollten die Schüler lernen, ihre Aggressionen zu kontrollieren, anstatt sie auszuleben, so Butler. Co-Autor und Pädagogikprofessor Stephen Berg ergänzt: "In der Schule reden wir viel über Freundlichkeit, Empathie und Mitgefühl. Im Sportunterricht verschwinden alle diese Begriffe."

Erinnert an kelte...
Wird in Kanada nun MMA im Schulsport angeboten?

nein, viel schlimmer:ups::

https://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/voelkerball-kanadische-forscher-bezeichnen-spiel-als-legalisiertes-mobbing-a-1274429.html

was meint Ihr dazu?
Berechtigter Hinweis auf unhaltbare Missstände oder eher https://www.youtube.com/watch?v=ipoVkN5YXHk ?

Das ist schon ziemlich witzig. Da im Völkerball relativ sehr weiche Bälle verwendet werden und somit selbst ein Kopftreffer nicht unangenehm ist.

Abseits vom Thema:

Allgemein fände ich es persönlich nicht schlecht, wenn es mehr Schulsport in der Woche gibt, als es aktuell der Fall ist. Zudem fände ich es besser, wenn es wie in der Oberstufe gehandhabt wird, dass man sich seine Disziplin für ein halbes Jahr aussuchen kann.
Ich denke, damit würde man mehr Kinder erreichen. Ich selber fand den Sport unterricht oft uninteressant. Evtl. kann man auch dafür mehr mit Vereine zusammen arbeiten, um ein große Bandbreite an Sportdisziplinen anbieten zu können.

Ripley
16-07-2019, 11:46
Das ist schon ziemlich witzig. Da im Völkerball relativ sehr weiche Bälle verwendet werden und somit selbst ein Kopftreffer nicht unangenehm ist.

Dass das inzwischen mit Softballs gespielt wird, hat mich auch überrascht. Bei uns (70er/80er) waren das noch Handbälle. Und wenn da ein Könner dahinter war, hatte man echt Grund, sich zu ducken. :cool:

Softball? Schlimm? Echt jetzt?

Mal ernsthaft: Schule entwickelt sich immer mehr zum Ponyhof. Wie? Du kannst keinen geraden deutschen Satz schreiben? Macht doch nix! Auch als funktioneller Analphabet kannst du heute bis zur Promotion gelangen! Du beherrscht weder die Grundrechenarten noch einen simplen Dreisatz? Ja, mein Gott! Wir schreiben dir im Laden Vergleichspreise hin (halt immer auf unterschiedlicher Basis). Du kannst keine 200m am Stück laufen, ohne zusammenzubrechen? Keinen Purzelbaum, ohne auf der Seite liegend zu verenden? Ach, komm, lass dir ein Attest schreiben, dann musst du dich nimmer quälen!

Ist ja alles ganz nett und sicher in dem Moment eine Entlastung für das dergestalt minderbegabte Kindchen. Wenn aber nichts und niemand mehr da ist, der die Kids dazu bringt, notfalls zwingt (welch böses Wort), sich auch mal über die aktuellen Grenzen hinaus anzustrengen, um die Leistung (noch so ein böses Wort) zu verbessern, ... ja, dann passiert exakt das, was jetzt schon zu beobachten ist: Die bleiben bis ins Erwachsenenalter auf einem beklagenswert miesen Niveau. Wir sind inzwischen so weit, dass selbst Deutschlehrer kein sauberes Deutsch mehr sprechen und schreiben!

So, kurzer Schlenker zurück. Mobbing gibt es, gab es früher schon (in Ausmaßen, in denen heute ein SEK anrücken würde) und wird es auch weiterhin geben. Ist schei*e, aber ein gruppendynamisches Ding, das immer abläuft, wenn nicht "von oben" massiv gegengesteuert wird.

Ob und wann man aber in die Völkerballmannschaft gewählt wird, ist - zumindest meiner Erfahrung nach - abhängig von Ballgefühl (deswegen war ich nie unter den früh Gewählten *schiefgrins*), Reaktionsschnelligkeit, Beweglichkeit, strategischen Überlegungen.

Und etwas ganz anderes als Mobbing.

MichaelII
16-07-2019, 13:08
... Schule entwickelt sich immer mehr zum Ponyhof. ...

Wir haben gerade Ferien, geh doch mal danach an eine Hauptschule zur großen Pause vorbei, viel Spass!

* Silverback
16-07-2019, 13:16
Und letztendlich hängt's wohl doch in den allermeisten Fällen vom Lehrer ab - welche Wirkung/ Vorbildfunktion er/sie hat, wie engagiert er/sie ist, wie er/sie durchgreift, ... etc.. Hab im Rahmen meines Studiums früher auch einige Lehrproben an Schulen leisten dürfen ... na, und da gab's halt schon (damals) gewisse Unterschiede :rolleyes:.

Gürteltier
16-07-2019, 14:27
Und letztendlich hängt's wohl doch in den allermeisten Fällen vom Lehrer ab - ...

Sehe ich auch so. Würde mir eher Gedanken über kanadische Lehrer machen, die laut schwammigem Pressezitat meinen, Dodgeball bereite auf's Leben vor.

Ich arbeite an einer Ganztagsgrundschule. Mit großer Mittagspause Unterricht von 8 - 15:30.
Da war ich zu meiner Grundschulzeit eher ne Schneeflocke gegen.

Schmilzt immer noch leicht dahin :

Das Gürteltier

Klaus
16-07-2019, 14:34
Es gab hier doch schon Lehrer die erklärt haben, dass an ihren Schulen (Berlin?) inzwischen Zustände herrschen die an Bürgerkriegsländer oder failed states erinnern. Die Gegenbewegung, Völkerball mit Luftballons als kriegerischen Akt einzustufen, ist doch begrenzt auf wenige Schulen und Ideologen. Ich kann an Mobbing immer noch nichts tolerierbares entdecken, und würde da zunächst mit positiver Motivation auf breiter Front herangehen (das berüchtigte Buddysystem implementieren). Und wenn das nicht hilft gegen die Rädelsführer mit eiserner Kelle vorgehen.

Der Spiegelbeitrag kommt mir vor als wäre es ein Postillonartikel.

1789
16-07-2019, 14:36
Falls sich diese Ideologie durchsetzt, kann es geschehen, dass mit der Zeit auch KK/KS für Erwachsene verboten wird. Denn der Staat (bzw. Pädagogikprofs) weiss, was für uns gut ist.

Da gebe ich dir vollkommen recht.
Genau dahin geht nämlich die Tendenz.
Leider raffen das die wenigsten.

Gruss1789 :)

Willi von der Heide
16-07-2019, 14:47
Freiheitliches Denken kann man aber lernen ... hat bei mir auch ein bißchen gedauert, aber dafür klappt es umso besser. Glauben wir weiter fest an den gesunden Menschenverstand und das Gute im Menschen.

1789
16-07-2019, 14:53
Freiheitliches Denken kann man aber lernen ... hat bei mir auch ein bißchen gedauert, aber dafür klappt es umso besser. Glauben wir weiter fest an den gesunden Menschenverstand und das Gute im Menschen.

Der gesunde Menschenverstand hat sich in der Masse bestimmt schon seit den 2000 ern verabschiedet.

Gruss1789

Pansapiens
17-07-2019, 04:52
Klar, das erzeugt eine Menge an Effekten, welche unsere derzeitige Gesellschaft nicht mag, in kurz fallen mir da die folgenden Punkte ein (ein paar habe ich sicher übersehen): Ausgrenzung, abschiessen, Mobbing, Vorbereitung auf Gruppenkämpfe, bla bla bla.


das hängt wohl davon ab, wie es genau umgesetzt bzw. erlebt wird.
Die Pädagogen meinen ja, es ginge darum, andere zu verletzen...


https://www.youtube.com/watch?v=nfX0HgGBiog

Hab ich so nie erlebt, sondern eben, dass es darum geht, den anderen zu treffen. Da ist ein Körpertreffer ja einfacher, als ein Gesichtstreffer oder gezielt in die Eier.
Hier ein weiterer Spiegelartike (https://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/voelkerball-sollte-man-das-spiel-aus-der-schule-verbannen-a-1274627.html)l, in dem sich eine Völkerballtraumatisierte und ein Völkerballfan äußern.
Offenbar wurde das nach unterschiedlichen Regeln gespielt, was sich dann auch in der Zusammenarbeit ausdrückte.



Es wird einsam gekämpft. Und einsam verloren, anders als bei anderen Sportarten. Beim Handball waren wir gemeinsam die Loser, wenn die anderen gewannen. Ich verlor mit meiner Mannschaft. Beim Völkerball verlor ich ohne sie, was dazu führte, dass die Trennlinien innerhalb der Gruppen verliefen. Die einen waren die Körperklause, die anderen nicht. Damit waren auch die Rollen für den restlichen Schultag zementiert.

Wir waren kein Team, und Völkerball war kein Sport. Wir bewegten oder dehnten uns kaum. Das Ausweichen vor dem Ball ließ sich nicht als Übung verstehen, schließlich musste an den Rand, wer es nicht konnte. Es gab keine zweite Chance und keine Gelegenheit, etwas zu lernen. Oder gibt es einen Lehrer, der als Aufwärmung des Aufwärmspiels Ball fangen übt? Kenne keinen. Das Völkerballspiel fördert rein gar nichts. Außer Frust.



Grundlage bei uns war ein Kodex, der auf Fairness und Ehrlichkeit fußte. Schon der Versuch eines Kopftreffers wurde mit Spielausschluss bestraft. Wer getroffen wurde, musste selbstverantwortlich raus aus dem Innenfeld - und sein Glück als Werfer von außen neu versuchen.

Bei anderen Sportarten entstanden Streitereien dafür häufig aus Kleinigkeiten: "Ist das noch ein Sternschritt oder schon mehr? Steht der Gegenspieler schon mit der Zehenspitze im gegnerischen Feld?" Beim Völkerball wäre es müßig gewesen, sich über solche Lappalien aufzuregen. Dafür ging alles zu schnell - und das war gut so.

Meistens war man nach einem Abschuss spätestens nach ein paar Minuten ohnehin wieder im Spiel. Entweder durch eigenes Geschick oder durch die Mitspieler - von Ausgrenzung kann da keine Rede sein. Ganz im Gegenteil: Spielten wir mit mehreren Bällen, hielten wir als Team zusammen, warnten uns vor herannahenden Gegnern und stimmten Angriffe ab.

Was eventuell kritisiert wird, ist, dass eben nicht, wie bei anderen Kampfspielen, der Ball irgendwo im gegnerischen Raum plaziert werden muss, sondern der Gegner selbst getroffen. Da ist der kriegerische Bezug noch deutlicher, als bei Fußball, Tennis oder Schach.



Völkerball war zu Anfang ein rituelles Kriegsübungsspiel (nach Warwitz und Rudolf). Der ursprüngliche Spielgedanke war eine symbolisierte Schlacht zwischen zwei Völkern, die sich mit ihren Königen gegenüberstehen. Der Kampfplatz, quasi die Territorien der Kriegsparteien, war nun das Spielfeld. Die Waffe war der Ball. Jeder Treffer des Gegners markierte einen Gefallenen, der ausscheiden musste. Abwehren konnte man den Angriff (Wurf des Gegners) nur durch Ausweichen oder Auffangen des Balls. Durch das Auffangen wurde aus dem Verteidiger ein Angreifer, bis der Ball wieder verloren wurde. Das Spiel endete mit der vollständigen Vernichtung eines der beiden Völker.

Auch später während der Turnbewegung (1778-1852) hatte das Völkerballspiel einen eindeutigen wehrertüchtigenden Charakter. Erst ab dem 20. Jahrhundert wandelten sich die Spielregeln unter pädagogischen Gesichtspunkten, z. B., dass sich auch vom Spielfeldrand abgeworfene Akteure wieder zurück ins Spielfeldinnere spielen können. Auch die Teilnahme von Frauen am Völkerball war erst eine Errungenschaft der neueren Zeit. Heute hat sich die Situation komplett gedreht, denn der Deutsche Turnerbund hält scheinbar nur noch Frauen für geeignet „…das Völkerballspiel war und ist das Turnspiel für Mädchen und Frauen.“

https://mission-voelkerball.com/die-mission/die-geschichte-des-spiels/


Die Traumatisierte von oben, hat wohl noch eher das Vernichtungsspiel gespielt (und ist immer gleich zu Anfang gefallen), während der Fan die pädagogisch wertvollere Variante kennen gelernt hat.
Das von den Autoren kritisierte "Dodgeball" wird wohl mit weniger Spielern, mehreren Bällen und ebenfalls mit der Möglichkeit, in das Feld zurückzukehren, gespielt.
Und komplizierteren Regeln.


https://www.youtube.com/watch?v=bJ1vEQKX-hE

ThomasL
17-07-2019, 13:07
Die haben vermutlich die Völkerballfolge bei den Simpsons gesehen. Da kann man natürlich auf solche Ideen kommen.

Salva Mea
17-07-2019, 13:37
Man muss nicht wegen jedem Kommentar eines Pädagogik-Professor gleich den Untergang des Abendlandes befürchten. 2015 wollte eine deutsche Hausfrau die Bundesjugendspiele abschaffen lassen, weil die Kinder dort angeblich öffentlich gedemütigt würden ...

Ist natürlich alles totaler Unsinn. Bei uns haben sich damals die unsportlichen Kids beim Völkerball einfach schnell treffen lassen, damit sie es hinter sich hatten und raus waren. Und ich habe immer versucht, die Bälle der Gegner zu fangen. Denn beim Völkerball ging es nicht darum, wehrlose Opfer mit Bällen zu malträtieren. Es war das Duell zwischen Jäger und vermeintlicher Beute - die aber ebenfalls gewinnen konnte.

Und es hat sich auch niemand beschwert, dass der Lehrer bei der Rückgabe der Klassenarbeiten laut gesagt hat, wer welche Note hatte. Aber das war halt vor 1975, als noch nicht bei jeder Bagatelle gleich die Welt untergegangen ist :)

OliverT
17-07-2019, 13:50
In den Neunzigern, Anfang Zweitausender war es auch noch so. Zumindest bei uns. Als ich dann vor 5 Jahren meine Fachhochschulreife nachgeholt habe war das ein richtiger Kulturschock mit den ganzen anfang 20 Jährigen. Zumal ich gerade aus der Bundeswehr kam.

kaffeegeniesser
17-07-2019, 14:12
Wir haben gerade Ferien, geh doch mal danach an eine Hauptschule zur großen Pause vorbei, viel Spass!

Gibt es da außerhalb des Unterrichts die Maxwellgleichungen für technisch Interessierte oder wird Cicero in Latein gelesen und diskutiert?

Ich denke was Ripley kritisiert ist, dass die Anforderungen im Unterricht wie es scheint stets nach unten geschraubt werden, um die Quote der "erfolgreichen" Absolventen zu halten oder zu erhöhen. Hat man vor 30 Jahren in den Medien gehört, dass eine Abiturprüfung im Fach Mathematik im nachhinein anders bewertet werden soll, weil die Aufgabenstellung so schwer war? Mir ist nichts davon bekannt.

Dass sich die Schüler heutzutage auf dem Schulhof die Köpfe einschlagen oder sich gegenseitig ihr Smartphone abnehmen, hat doch mit den Inhalten im Unterricht nichts zu tun.

El Greco
17-07-2019, 22:47
Gibt es da außerhalb des Unterrichts die Maxwellgleichungen für technisch Interessierte oder wird Cicero in Latein gelesen und diskutiert?

Ich denke was Ripley kritisiert ist, dass die Anforderungen im Unterricht wie es scheint stets nach unten geschraubt werden, um die Quote der "erfolgreichen" Absolventen zu halten oder zu erhöhen. Hat man vor 30 Jahren in den Medien gehört, dass eine Abiturprüfung im Fach Mathematik im nachhinein anders bewertet werden soll, weil die Aufgabenstellung so schwer war? Mir ist nichts davon bekannt.

Dass sich die Schüler heutzutage auf dem Schulhof die Köpfe einschlagen oder sich gegenseitig ihr Smartphone abnehmen, hat doch mit den Inhalten im Unterricht nichts zu tun.

Das Problem ist das der Staat längst die Kontrolle abgegeben hat und deshalb passiert das genannte Szenario. Ich will hier nicht politisch werden und deshalb gehe ich nicht ins Detail.
Das die heutige Jugend nicht kritikfähig ist liegt an der Gesellschaft und der Erziehung in Deutschland.

DZXX
17-07-2019, 23:03
Das Problem ist das der Staat längst die Kontrolle abgegeben hat und deshalb passiert das genannte Szenario.

Ähm - an wen, bitte?

El Greco
17-07-2019, 23:13
Ähm - an wen, bitte?

An das gemeine Volk. Denn nicht umsonst gibt es Intesivtäter die nicht ins Gefängnis kommen und solange der Täterschutz im Strafrecht gilt wird es in Deutschland nicht mehr friedlich zu gehen.
Trotz der tollen Statistik des Innenministerium das die Kriminalität zurück gegangen ist.
habe ich eher den Eindruck das das Gegenteil passiert.

DZXX
17-07-2019, 23:19
An das gemeine Volk. Denn nicht umsonst gibt es Intesivtäter die nicht ins Gefängnis kommen und solange der Täterschutz im Strafrecht gilt wird es in Deutschland nicht mehr friedlich zu gehen.
Trotz der tollen Statistik des Innenministerium das die Kriminalität zurück gegangen ist.
habe ich eher den Eindruck das das Gegenteil passiert.

Soso, du hast den Eindruck. Andere haben den Eindruck dass Homöopathie Krankheiten heilt. scheinbar gibt es Leute die jedes Märchen glauben.

Ripley
18-07-2019, 08:03
@El Greco: Welche - bitte seriöse! - Quelle stützt denn deinen Eindruck?
Wenn du offiziellen Statistiken nicht traust ... wen oder was ziehst du dann heran, um dich zu informieren?

ThomasL
18-07-2019, 11:11
Die Diskussion gehört hier hin: https://www.kampfkunst-board.info/forum/showthread.php?182549-Belastbare-Informationen-ueber-gestiegene-Gewaltbereitschaft-etc&p=3700575#post3700575

Tyrdal
22-07-2019, 13:09
Das ist schon ziemlich witzig. Da im Völkerball relativ sehr weiche Bälle verwendet werden und somit selbst ein Kopftreffer nicht unangenehm ist. Bei uns haben wir damals Medizinbälle dafür genommen oder wenn das Spiel schneller sein sollte halt Handbälle.

* Silverback
22-07-2019, 13:20
Bei uns haben wir damals Medizinbälle dafür genommen oder wenn das Spiel schneller sein sollte halt Handbälle.

dto. (sollte wohl möglicherweise irgendwas mit Altväter-Wehrertüchtigung zu tun haben :rolleyes:).

Klaus
22-07-2019, 13:28
Ich meine es waren Volleybälle oder diese blauen Gymnastik-Weichbälle. Das richtete sich vermutlich oft danach, was man in der Schule überhaupt hatte, war ja nicht so als hätte man überall ein Arsenal diverser Bälle für alle Sportarten gehabt. Mit einem Volleyball kann man nichts kaputt machen.

* Silverback
22-07-2019, 13:35
... Mit einem Volleyball kann man nichts kaputt machen.

Naja, in des richtigen Handballers Händen wird alles zur tödlichen Waffe :cool:.

Macabre
22-07-2019, 15:45
Naja, in des richtigen Handballers Händen wird alles zur tödlichen Waffe :cool:.

Ja..

Früher gabs immer die grossen und die kleinen Bälle und die kleinen waren echte Kanonenkugel, auweia....


Ich hab in der Schule mit nem Basketball, voll Volley genommen, einen KO geschossen...
Dachte echt der war tot, nicht gut...



On Topic: Wir haben früher(80er) "Völkerball" mit Volleybällen gespielt, um die Härte raus zu nehmen...

DatOlli
29-07-2019, 10:16
Ok, wie passen den da jetzt CBD-Produkte in das Thema?
Trotz OT.
Ich nehme CBD-Tropfen zur Sympathikus-Beruhigung, eine Wirkung auf Muskelkater konnte ich bisher nicht feststellen.
Konnte das jemand von euch feststellen?
So genug OT von mir.

Liebe Grüße
DatOlli