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Vollständige Version anzeigen : Aikido - George Ledyard Seminarmitschnitt



FireFlea
18-08-2019, 17:48
Waren ein paar interessante Elemente dabei, vielleicht interessant für den ein oder anderen - "Aikido - Irimi - Atemi - Structure - George Ledyard":


https://www.youtube.com/watch?v=kNYEeIQ9hyU

carstenm
19-08-2019, 09:19
Waren ein paar interessante Elemente dabei, ...... was findest du denn interessant daran? Mich läßt das Video - jedenfalls die Teile, die ich angeschaut habe - etwas ratlos zurück.

maxderbruchpilot
19-08-2019, 10:26
Ich weiß nicht, bei so was kommt mir immer nur Schweinshaxe mit Knödel in den Sinn.
Und KK mäßig muß ich an Bud Spencer denken, bei dem Körperbau kann ich mir auch gut vorstellen, das die dann wirklich funktionieren.

Shimin
19-08-2019, 11:05
Sorry, aber was soll bei diesen (Techniken) interessant sein?

Wenn das Aikido sein soll, frage ich mich wirklich gehts noch?

Sorry, meine persönliche Meinung: Schrott hoch drei!!!

Gast
19-08-2019, 12:48
Mich läßt das Video - jedenfalls die Teile, die ich angeschaut habe - etwas ratlos zurück.

Und was macht dich ratlos?
Es sind doch nur Grundübungen, einfache Schritte und dergleichen, simple biomechanische Erklärungen, also nichts was mich irgendwie ratlos macht, sondern mich eher fragen lässt, warum geht man als Danträger zu so einem Seminar?

FireFlea
19-08-2019, 21:32
@ KM Self-Defense-Man

Dass ein bspw. Overhand Chop jetzt nicht das Mittel der Wahl ist, ist schon klar. Hier geht es aber nicht um Techniken. Das was er grundsätzlich zeigt ist nicht unbedingt verkehrt. D.h. aus der Angriffsrichtung gehen, winklen, aufs Zentrum agieren usw. Er ist hier sicher nicht der Heilsbringer aber katastrophal ist es auch nicht. Hast Du schon mal andere Aikido Sachen gesehen? Da gibts auch deutlich schlechteres.

@ Carsten

Inryoku hats ja schon gesagt - da werden sicher keine weltbewegend neuen Erkenntnisse gezeigt aber ich bin bei yt zufällig auf den Clip gestoßen und habe das Ganze für mich als eher positiv/interessant wahrgenommen.

carstenm
20-08-2019, 10:48
Es sind doch nur Grundübungen, einfache Schritte und dergleichen, simple biomechanische Erklärungen, ...
... warum geht man als Danträger zu so einem Seminar?Ja, das meinte ich. Genau das ist es, was mich ratlos macht.

Gast
20-08-2019, 11:31
Für mich scheitert das Ganze im Grunde schon wieder bei den Angriffen, Eintrittsbewegungen und so weiter zu studieren macht doch keinen Sinn, wenn es da schon hapert.
Ein Angriff bei dem mit dem Vorwärtsschritt zum Schlag ausgeholt wird man mit erhobenem Arm direkt in die Abwehr hineinläuft, ist einfach nicht geeignet, daran irgendwas über Angriffsrichtungen oder Winkel zu erläutern.
Diese Art anzugreifen ist im Aikido ja weit verbreitet, aber das macht es nicht besser wenn jemand wie Ledyard das seinen Schülern auch falsch beibringt und das dann ins Netz stellt.
Ich meine nicht shomen-uchi ist als Trainingsangriff grundsätzlich falsch oder schlecht, es ist halt ein Schlag aus jodan kamae, aber das muss man doch auch richtig machen.

@Fire flea, ist das mit "overhand chop" gemeint?

Björn Friedrich
20-08-2019, 15:04
Ohne jetzt respektlos zu sein, sieht das für mich von der Körpermechanik eher suboptimal aus. Da fehlt mir einfach die Lockerheit, die Dynamik, die Leichtigkeit.

Antikörper
20-08-2019, 15:16
Ohne jetzt respektlos zu sein, sieht das für mich von der Körpermechanik eher suboptimal aus. Da fehlt mir einfach die Lockerheit, die Dynamik, die Leichtigkeit.

Wie auch, wenn man eine derartige Tonne vor sich her schiebt...

Gast
20-08-2019, 15:35
Eigentlich müsste er ja echt gut sein:


George Ledyard Sensei began his Aikido studies in 1976 under the direct instruction of Mitsugi Saotome and has continued this association ever since. Ledyard Sensei currently holds the rank of 7th Dan in Aikido and Shodan in Daito Ryu Aikijujutsu. He counts Hiroshi Ikeda, William Gleason, Howard Popkin, Mary Heiny, Tom Read, Endo Seichiro, and Dan Harden as strong influences on his Aikido.


Er gibt Seminare zum Thema Aiki, innere Körpermechanik und so weiter und hat bei richtig guten Leuten gelernt.

Seine Körperstatur ist natürlich echt schlimm, und ich verstehe nicht wie man als Aikido-Lehrer seinen Körper so vernachlässigen kann, auch wenn man aus gesundheitlichen Gründen vielleicht nicht mehr selbst trainieren kann.
Aber ich sehe da leider auch nicht die Qualität die man erwarten könnte, oder eben auch nicht wirklich gutes Aikido. Und wenn man selbst nicht mehr schnell ist, dann lässt man doch wenigstens die Schüler mal gas geben.
Je mehr die Leute meinen zu wissen oder unterrichten zu können, desto mehr wird das ganze zu Laber-Veranstaltungen, richtig trainiert wird dann irgendwie nicht mehr, Hauptsache man entwickelt besondere Kräfte.

FireFlea
20-08-2019, 21:24
@Fire flea, ist das mit "overhand chop" gemeint?

shomen uchi

Gast
21-08-2019, 09:36
shomen uchi

Aha, den Begriff kannte ich nicht. Ja, natürlich ist der nicht als "Technik" gedacht, sondern als eine Art Kraftvektor, an dem man Bewegungsprinzipien übt.

Gast
21-08-2019, 13:38
Ja, das meinte ich. Genau das ist es, was mich ratlos macht.

Warum es dich ratlos macht, verstehe ich trotzdem nicht.

Aiki5O+
25-08-2019, 21:00
Mir fiel es schwer, beim Zuschauen dieses Videos nicht einzuschlafen.
Nichtsdestotrotz sind manche Erklärungen Ledyards für mich als jemand, der keine 20-30 Jahre Aikido-Erfahrung hat, recht interessant, drei Beispiele:

Ab 2:35 (https://www.youtube.com/watch?v=kNYEeIQ9hyU&feature=youtu.be#t=2m35) sagt er, Nage solle bei der Abwehr des Shomenuchi die Aufmerksamkeit auf Uke richten und nicht auf das Ausweichen zur Seite.

3:30 (https://www.youtube.com/watch?v=kNYEeIQ9hyU&feature=youtu.be#t=3m30) zeigt eine berechtigte Kritik zu einem mir allzu vertrautem Phänomen, nämlich dass die Ukes im Aikido "in die Luft schlagen", also gar nicht Tori treffen wollen. Was aber auch belegt, dass die Qualität des Ukemi der Seminarteilnehmer noch ausbaufähig war.

Ab 21:20 (https://www.youtube.com/watch?v=kNYEeIQ9hyU&feature=youtu.be#t=21m20) zitiert er eine Episode Shiodas, der einmal einen Boxer mit einem Shihonage bezwang, was sich in Aikido Shugyô wie folgt liest:

Der Soldat ließ eine anlasslose linke Gerade auf mich los. Im selben Augenblick ging ich in ihn hinein, ergriff seine rechte Hand, riss meinen Körper herum, und legte ihn mit einem shihônage platt... Seinen schmerzenden Ellenbogen haltend stand mein Gegner auf... Er wiederholte ständig eine Frage, die der Dolmetscher wie folgt übersetzte: "Ich habe mit meiner linken Hand geschlagen. Warum haben Sie dann meine rechte Hand ergriffen?". Ich antwortete ihm: "Ihr Schlag war nur eine Finte. Tatsächlich wollten Sie nach dem linken Schlag noch einmal mit ihrer rechten Faust zuschlagen. Deshalb habe ich Ihre rechte Hand ergriffen."
Was Ledyard dann vorführte, war für mich alles andere als überzeugend. Aber ich bilde mir ein, dass Morihiro Saito diese Technik (Chudan Tsuki und dann Shihonage mit der anderen Hand des Uke) einmal in einem Video zeigte, das ich aber leider nicht mehr finden konnte. (Vielleicht kennt das ja jemand?)

Das Seminar-Video wurde offenbar von einem Seminarteilnehmer aufgenommen und geschnitten und gibt damit das möglicherweise noch bruchstückhafte Verständnis dieses Schülers zum Thema wieder. Mir fehlt da irgendwie der rote Faden. Es wirkt für mich wie eine Aneinanderreihung von Details, ohne ein Verständnis des Ganzen, d.h. als ob er den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht. (Es könnte auch Absicht sein, dem Zuschauer die Aufgabe zu überlassen, die gesammelten Details und eigenen Erfahrungen wie ein Puzzle zu einem Gesamtbild zusammenzufügen).

Gast
26-08-2019, 10:47
eine berechtigte Kritik zu einem mir allzu vertrautem Phänomen, nämlich dass die Ukes im Aikido "in die Luft schlagen", also gar nicht Tori treffen wollen.

Es geht nicht einfach darum dass sie in die Luft schlagen, also am Ziel vorbei, sondern dies auch dann tun, wenn Nage zur Seite ausweicht, und man eigentlich locker folgen kann. Seine Kritik geht dahin dass Aikidoka trainier werden geradeaus zu schlagen, dahin wo das Ziel gerade war, und nicht dahin wo es offensichtlich hingeht.
Richtiges Irimi geht nach vorne und nicht zur Seite, denn seitwärts Bewegungen lassen sich leichter verfolgen und einschätzen als etwas was gerade auf einen zu kommt.
Die Kritik kann man teilen, aber am Anfang muss uke auch lernen, einen geraden, korrekten Schlag zu führen.
Es geht dabei natürlich um Timing, nage wird bei einem schlechten Timing und schlechter Irimi Bewegung nie verstehen, ob uke ihn hätte treffen können, wenn der nicht auch mal die Chance wahrnimmt hinterher zu schlagen.

Aiki5O+
26-08-2019, 20:26
Es geht nicht einfach darum dass sie in die Luft schlagen, also am Ziel vorbei, sondern dies auch dann tun, wenn Nage zur Seite ausweicht, und man eigentlich locker folgen kann. Seine Kritik geht dahin dass Aikidoka trainier werden geradeaus zu schlagen, dahin wo das Ziel gerade war, und nicht dahin wo es offensichtlich hingeht.
Richtiges Irimi geht nach vorne und nicht zur Seite, denn seitwärts Bewegungen lassen sich leichter verfolgen und einschätzen als etwas was gerade auf einen zu kommt.
Die Kritik kann man teilen, aber am Anfang muss uke auch lernen, einen geraden, korrekten Schlag zu führen.
Es geht dabei natürlich um Timing, nage wird bei einem schlechten Timing und schlechter Irimi Bewegung nie verstehen, ob uke ihn hätte treffen können, wenn der nicht auch mal die Chance wahrnimmt hinterher zu schlagen.
Ich hatte tatsächlich Ledyards Seitwärtsbewegung in 3:30 beim Schreiben meines letzten Beitrags übersehen.

Dass Aikidoka so trainiert werden, geradeaus zu schlagen, selbst wenn sie erkennen, dass sich das Ziel (also Nage) bewegt, liegt ja auch daran, dass es die Kata so verlangt: wenn shomenuchi auf dem Programm steht, sollte Uke einen geraden Schlag dahin führen, wo Nage am Anfang steht und nicht im letzten Moment die Richtung ändern.

Wenn beim Üben einer Kata beide Partner sich (zum Einüben) bewusst langsam(er) bewegen, dann wäre es unrealistisch, dass Uke die Richtung ändert, sobald er erkannt hat, dass Nage sich bewegt hat. Dann würden sich auch wieder unsinnige Bewegungsmuster einprägen. Richtiges Timing üben oder schlechtes korrigieren, ist mMn nur möglich, wenn beide Partner die Kata grundsätzlich verstanden haben und sich realistisch schnell und fließend bewegen (können). Und eigentlich üben die meisten Aikidoka, die ich kenne, (mich natürlich eingeschlossen), um erst mal dahin zu kommen.

Gast
26-08-2019, 21:27
Dass Aikidoka so trainiert werden, geradeaus zu schlagen, selbst wenn sie erkennen, dass sich das Ziel (also Nage) bewegt, liegt ja auch daran, dass es die Kata so verlangt.

Es gibt halt auch Trainingsmethoden bei denen man dem Trainingspartner zeigt, dass er sich falsch bewegt.
Das kann sich in erhöhtem Wiederstand, oder auch schon mal so äußern, dass man hinterherschlägt, wwnn nage sich zu früh oder in in die falsche Richtung bewegt.
Man sollte den Kata-Begriff nicht zu eng auslegen.
Das typische "du greifst falsch an" hat hier seine Ursache.

Gast
26-08-2019, 21:56
. Richtiges Timing üben oder schlechtes korrigieren, ist mMn nur möglich, wenn beide Partner die Kata grundsätzlich verstanden haben und sich realistisch schnell und fließend bewegen (können). Und eigentlich üben die meisten Aikidoka, die ich kenne, (mich natürlich eingeschlossen), um erst mal dahin zu kommen.

Es geht ja nicht darum, schnell und fließend eine vorgegebene Bewegung abzuspulen.
Die Aufgabe besteht darin zu lernen zu spüren, welche Absicht der Angreifer hat, dieser Absicht zuvor zu kommen, den Angriff in eine bestimmte Richtung zu lenken, etc.
Dafür gibt es zwar das Instrument Kata, diese ist aber nicht Selbstzweck.

Aiki5O+
26-08-2019, 21:59
Es gibt halt auch Trainingsmethoden bei denen man dem Trainingspartner zeigt, dass er sich falsch bewegt.
Das kann sich in erhöhtem Wiederstand, oder auch schon mal so äußern, dass man hinterherschlägt, wwnn nage sich zu früh oder in in die falsche Richtung bewegt.
Quod licet iovi non licet bovi. Als einfacher Schüler kann und will ich mir das zumindest im regulären Aikido-Training nicht erlauben.

Tyrdal
27-08-2019, 08:00
Ich schon. Wenn man dem Partner nicht zeigt was falsch läuft verhindert man den Lernfortschritt. Wenn jemand zu früh rausgeht, geht mein Schlag mit. Punkt. Erlebe ich häufig bei Kicks. Da treffe ich fast immer wenn Leute nur automatisiert ne Kata runterspulen. Da brauch ich nur das Bein zu heben, abzuwarten bis sie fast mit ausweichen fertig sind und dann zutreten.

carstenm
27-08-2019, 10:17
Quod licet iovi non licet bovi. Als einfacher Schüler kann und will ich mir das zumindest im regulären Aikido-Training nicht erlauben.Das ist interessant. Denn bei einer rein seitlichen Ausweichbewegung mit dem Schlag zu folgen, wie es hier (ab 4:05) gezeigt wird (https://youtu.be/kNYEeIQ9hyU?t=245), ist in meinem Üben das Grundmuster, mit dem von Anfang an - wirklich vom allerersten keiko an - geübt wird. Das tun bei uns Zeus und Ochse gleichermaßen.
Ein solches tai sabaki wird von Beginn an korrigiert. Durch den Lehrer und eben auch durch den Partner, indem er mit dem Schlag folgt. Das ist auch keine Frage der Geschwindigkeit sondern ausschließlich eine Frage des "richtigen" tai sabaki. Auch wenn man langsam übt, ist ein Folgen schwierig bis unmöglich, wenn das tai sabaki "richtig" ist.


Dass Aikidoka so trainiert werden, geradeaus zu schlagen, selbst wenn sie erkennen, dass sich das Ziel (also Nage) bewegt, liegt ja auch daran, dass es die Kata so verlangt: wenn shomenuchi auf dem Programm steht, sollte Uke einen geraden Schlag dahin führen, wo Nage am Anfang steht und nicht im letzten Moment die Richtung ändern.Zu kata gehören doch beide Rollen. D.h. wenn tori durch sein tai sabaki "die kata bricht", indem er einfach nur zur Seite geht, ist es die Aufgabe von uke, sich dem anzupassen. Natürlich ist uke gefordert, ein gutes schomen uchi zu schlagen. Darum üben wir shomen uchi suburi als Soloübung. Aber eben nicht einfach so in die Luft, wenn der Partner sich nicht der kata gemäß bewegt.
So jedenfalls kenne ich es aus meinem Üben.

Aiki5O+
27-08-2019, 22:22
Das ist interessant. Denn bei einer rein seitlichen Ausweichbewegung mit dem Schlag zu folgen, wie es hier (ab 4:05) gezeigt wird (https://youtu.be/kNYEeIQ9hyU?t=245), ist in meinem Üben das Grundmuster, mit dem von Anfang an - wirklich vom allerersten keiko an - geübt wird. Das tun bei uns Zeus und Ochse gleichermaßen.
Ein solches tai sabaki wird von Beginn an korrigiert. Durch den Lehrer und eben auch durch den Partner, indem er mit dem Schlag folgt. Das ist auch keine Frage der Geschwindigkeit sondern ausschließlich eine Frage des "richtigen" tai sabaki. Auch wenn man langsam übt, ist ein Folgen schwierig bis unmöglich, wenn das tai sabaki "richtig" ist.

Zu kata gehören doch beide Rollen. D.h. wenn tori durch sein tai sabaki "die kata bricht", indem er einfach nur zur Seite geht, ist es die Aufgabe von uke, sich dem anzupassen. Natürlich ist uke gefordert, ein gutes schomen uchi zu schlagen. Darum üben wir shomen uchi suburi als Soloübung. Aber eben nicht einfach so in die Luft, wenn der Partner sich nicht der kata gemäß bewegt.
So jedenfalls kenne ich es aus meinem Üben.
Nach meinem Verständnis und Erfahrung hat man als Schüler lange Zeit genug damit zu tun, die Katas zu lernen, zu verstehen und mit unterschiedlichen Partnern mit Leben zu füllen. Mein Lehrer sieht es überhaupt nicht gerne, wenn die Schüler sich gegenseitig auf der Matte Techniken erklären, insbesondere verbal. Statt dessen soll ein Fortgeschrittener(er) einem Anfänger möglichst ausschließlich durch vorbildliche Ausführung seines Parts helfen. Wenn zum Beispiel Tori wie in 4:05 seitlich ausweicht, dann wird er wohl eine ungünstige Position zur Ausübung seiner Technik haben - und das dann auch selber merken. Dann brauche ich als Uke einem unsicheren Tori nicht auch noch durch Folgen des Schlages belehren oder bestrafen.

Andererseits habe ich so eine Reaktion wie in 4:05 in meiner Praxis (des Kata-Übens gegen Shomenuchi) glaube ich noch nicht erlebt, so dass die Analyse sehr hypothetisch ist. Aber es gibt natürlich genügend andere Fehlerquellen.

Die "Kata brechen" und darauf reagieren, ist ja nicht per se etwas schlechtes, es setzt halt erst mal ein Verständnis der Kata und ein beiderseitiges Einverständnis der Partner voraus (oder der Lehrer möchte so etwas üben lassen).

Nagonomori
27-08-2019, 23:23
Wenn zum Beispiel Tori wie in 4:05 seitlich ausweicht, dann wird er wohl eine ungünstige Position zur Ausübung seiner Technik haben - und das dann auch selber merken. Dann brauche ich als Uke einem unsicheren Tori nicht auch noch durch Folgen des Schlages belehren oder bestrafen.


Meine Sicht als jemand der sich in Kenjutsu übt: Das korrekte Ausweichen an sich, also zur richtigen Zeit im richtigen Winkel ist elementar wichtig. Gegen ein Shomen Uchi mit Schwert zum Beispiel entscheidet das über Leben und Tod. Klar, wenn jemand gerade erst dabei ist den Ablauf der Kata zu lernen, okay, drückt man ein Auge zu. Wenn er aber den Bewegungsablauf kennt und man trotzdem wie ein Roboter zuschlägt dann übt man nicht mit dem Partner sondern tanzt. Damit ist niemanden geholfen. Man selber übt nur eine ideale Gelegenheit nicht zu nutzen und den Partner lässt man ihm Irrglauben er hätte die Technik erfolgreich gemacht. Ihn physikalisch darauf aufmerksam zu machen das dies nicht der Fall ist ist nur eine Bestrafung für den Partner wenn sein Ego wichtiger als sein Leben ist.

... Auf der anderen Seite muss man hier natürlich auch zugeben das man selber sich als Uke davor in Acht nehmen muss nicht gezielt diese Fehler im Partner zu suchen sonst kann man sehr leicht den Fokus auf sich selbst verlieren.

Captain Kürbis
28-08-2019, 08:28
Nach meinem Verständnis und Erfahrung hat man als Schüler lange Zeit genug damit zu tun, die Katas zu lernen, zu verstehen und mit unterschiedlichen Partnern mit Leben zu füllen. Mein Lehrer sieht es überhaupt nicht gerne, wenn die Schüler sich gegenseitig auf der Matte Techniken erklären, insbesondere verbal. Statt dessen soll ein Fortgeschrittener(er) einem Anfänger möglichst ausschließlich durch vorbildliche Ausführung seines Parts helfen. Wenn zum Beispiel Tori wie in 4:05 seitlich ausweicht, dann wird er wohl eine ungünstige Position zur Ausübung seiner Technik haben - und das dann auch selber merken. Dann brauche ich als Uke einem unsicheren Tori nicht auch noch durch Folgen des Schlages belehren oder bestrafen.


Das wird ja auch in jedem Dojo anders gehandhabt. Während es in meinem "Heimatdojo" gängige Praxis ist auch dagegenzuhalten und mal was zu erklären bzw. Hinweise und Tips zu geben, kenne ich Dojos die sich an anderen Lehreren orientieren, die da ein anderes Verständnis vom Üben haben. Letztendlich ist mMn die Frage entscheidend, wie die Rollen von Uke und Nage verstanden werden - was wesentlich mit dem jeweiligen Verständnis von Aikido verknüpft ist.

Egal wo ich bisher auf der Welt trainiert habe, es war nirgendwo gern gesehen wenn man jemanden "belehrt" oder "bestraft", sondern es ging immer darum gemeinsam zu üben (einzelne Akteure mal außen vor gelassen, aber Idioten gibts überall). Gutes Ukemi lebt immer davon, dass dem Gegenüber die Chance gegeben wird zu lernen und an seinen Fehlern zu arbeiten. Das muss nicht darüber geschehen, dass man zB mit dem Schlag bei einer nicht richtig ausgeführten Ausweichbewegung folgt, ich halte es aber für eine gute Methode um Timing, Abstand und Dynamik des Angriffs zu lernen und zu verstehen. Klar ist aber auch, dass man mit einem 5 Kyu anders übt als mit einem 1 Dan.

Noch ein Wort zu "selber merken": Gerade da, wo nur mit einem ganz kooperativen Partner geübt wird, habe ich es häufig erlebt, dass Leute den selben Fehler immer wieder machen und sich dabei aber ziemlich gut fühlen. Es fehlt da häufig die Korrektur von Außen. Diese ist wichtig um auch einen Eindruck vom eigenen Können und den eigenen Fehlern zu bekommen. Oder anders: wenn man die Kritik an der eigenen Bewegung nur der Selbstreflektion des Ausführenden überlässt, kann sich leicht der Eindruck ergeben, dass man keine Fehler macht, da ja alles immer funktioniert. Daher finde ich diese Außensicht (wesentlich durch Uke) sehr wichtig.

Tyrdal
28-08-2019, 09:29
Was versteht ihr eigentlich untger "Kata mit Leben füllen"? Völlig verkehrtes Tai Sabaki und Angreifen ist in meinen Augen genau das nicht und gehört korrigiert.

Gast
28-08-2019, 13:00
Statt dessen soll ein Fortgeschrittener(er) einem Anfänger möglichst ausschließlich durch vorbildliche Ausführung seines Parts helfen. Wenn zum Beispiel Tori wie in 4:05 seitlich ausweicht, dann wird er wohl eine ungünstige Position zur Ausübung seiner Technik haben - und das dann auch selber merken. Dann brauche ich als Uke einem unsicheren Tori nicht auch noch durch Folgen des Schlages belehren oder bestrafen.


Woran wird er das merken? Wenn uke alles mitmacht und nicht auf Fehler hinweist, dann wird er wohl lange Zeit brauchen bis er versteht wo die Fehler sind.
Und wieso belehren oder bestrafen, es geht darum zu helfen die Technik und die Bewegung zu verstehen.
Es gibt natürlich Leute die spielen gerne den Schulmeister, aber das ist ein Problem für sich.
Die Frage ist doch, will man Kampfkunst machen und funktionierende Prinzipien üben, oder will man schön aussehende, "vorbildliche" Bewegungen imitieren.
Wenn man z.B. festgehalten wird und kann sich nicht bewegen weil die Winkel nicht stimmen, dann muss man das zeigen, nicht brav mitmachen, auch wenn es schön aussieht.

carstenm
28-08-2019, 18:49
... lange Zeit genug damit zu tun, die Katas zu lernen, zu verstehen
... soll ein Fortgeschrittener(er) einem Anfänger möglichst ausschließlich durch vorbildliche Ausführung seines Parts helfen.
... brauche ich als Uke einem unsicheren Tori nicht auch noch durch Folgen des Schlages belehren oder bestrafen.
Ich kenne es so, daß das, was wir als kihon no kata, als Basistechnik, als grundlegende Form üben, die Positionierung der Füße ganz ausdrücklich mit einschließt. kata "zu lernen und zu verstehen" bedeutet in meinem Üben und Unterrichten daher auch, das ashi sabaki, also das Bewegen und setzen der Füße zu lernen, um damit dann das in der jeweiligen Form korrekte tai sabaki - also die Bewegung des Körpers im Raum - zu erzeugen. Es wird also konkret geübt, nicht einfach zur Seite auszuweichen. Das ist für viele Anfänger eine intuitive Meidbwegung und wird in dem Üben, das ich kenne, systematisch "abgewöhnt".

Dabei kann der Fortgeschrittene "durch vorbildliche Ausführung seines Parts helfen", indem er deutlich macht, daß und wie einfach, bei dieser intuitiven Meidbewegung zur Seite ein korrekt ausgeführtes shomen uchi, ohne Veränderung (Erhöhung) der Geschwindigkeit, ohne späten (überraschenden) Richtungswechsel o.ä. sehr weich und entspannnt folgen und treffen wird.
Mal ganz abgesehen davon, daß - in unserem Üben - eben zu der kata " shomen uchi xy" eine andere Fußbewegung führt. Eine Alternative könnte daher theoretisch auch sein, den Angriff ganz abzubrechen und sich zu versichern, daß man shomen uchi xy üben will. Und dabei gibt es eben keinen Schritt zur Seite.

Das hat - im Kontext unseres Übens - nichts zu tun mit "belehren oder bestrafen", sondern das ist schlicht ganz entspannt das, was passiert, wenn man die kata in Bezug auf ashi sabaki und tai sabaki nicht korrekt ausführt. Die richtige Positionierung der Füße ist die Voraussetzung dafür, daß die Arbeit der Arme und Hände, wie sie in der jeweiligen Form definiert ist, funkitonieren kann. Das eine ohne das andere bleibt leer.

Interessant wird es dann, wenn man die unterschiedlichen kamae und das unterschiedliche ashi sabaki und tai sabaki auf die unterschiedlichen Ausführungen von kata beziehen kann: Das ikkyo von Christian Tissier etwa sieht anders aus als das von Endô Seishiro sensei, als das von Ariga Kaname sensei als das von meinem Lehrer Ulf Rott ...
... und es kann anders aussehen, weil ihr kamae anders aussieht (hanmi, hanhanmi, Winkel der Füße, Abstand der Füße ...) ...
... und ihr ashi sabaki anders aussieht ...
... so daß ihr tai sabaki anders aussieht ...
... so daß ihr ikkyo anders "funktioniert".

Als ich damals von dem aikidô, das von Christian Tissier geprägt war, zu einem aikidô gewechselt bin, das Endô sensei folgt, war das was ich zuerst verändern und intensiv üben mußte, die Positonierung der Füße ...


Meine Sicht als jemand der sich in Kenjutsu übt: Das korrekte Ausweichen an sich, also zur richtigen Zeit im richtigen Winkel ist elementar wichtig.Ja, so erlebe ich es auch. Bis dahin, daß das tai sabaki das ist, was bei mir als Anfänger am intensivsten und nachhaltigsten korrigiert und unterrichtet wird.



Noch ein Wort zu "selber merken": Gerade da, wo nur mit einem ganz kooperativen Partner geübt wird, habe ich es häufig erlebt, dass Leute den selben Fehler immer wieder machen und sich dabei aber ziemlich gut fühlen. Es fehlt da häufig die Korrektur von Außen. Diese ist wichtig um auch einen Eindruck vom eigenen Können und den eigenen Fehlern zu bekommen. Oder anders: wenn man die Kritik an der eigenen Bewegung nur der Selbstreflektion des Ausführenden überlässt, kann sich leicht der Eindruck ergeben, dass man keine Fehler macht, da ja alles immer funktioniert. Daher finde ich diese Außensicht (wesentlich durch Uke) sehr wichtig.Ich erlebe es so, daß viele Bewegungen in den budô, die Menschen mitbringen, die sie also zunächst intuitiv machen und die sich deshalb sinnvoll oder "richtig" anfühlen, es faktisch eben gerade nicht sind.

Das Loslassen und Verlernen solcher Bewegungsmuster scheint mir einer der wesentlichen Aspekte des Übens zu sein.

Aiki5O+
28-08-2019, 23:01
Das wird ja auch in jedem Dojo anders gehandhabt. Während es in meinem "Heimatdojo" gängige Praxis ist auch dagegenzuhalten und mal was zu erklären bzw. Hinweise und Tips zu geben, kenne ich Dojos die sich an anderen Lehreren orientieren, die da ein anderes Verständnis vom Üben haben. Letztendlich ist mMn die Frage entscheidend, wie die Rollen von Uke und Nage verstanden werden - was wesentlich mit dem jeweiligen Verständnis von Aikido verknüpft ist.Das ist ein guter Punkt. Ich kenne es halt so, dass Uke beim Üben fließender Bewegungen nicht blockieren soll. Statische Übungen, wo Uke herzhaft und so gut er kann, festhält, haben auch ihren Platz in meinem Heimatdojo; ich erlebe das aber eher als Vorübung und als Test, ob man sich als Tori effektiv positionieren und organisieren kann, und dabei den Oberkörper, insbesondere Arme und Schultern entspannt (aber nicht erschlafft) halten kann.

Auf Aikiweb ist vor wenigen Tagen eine Kolumne It Had To Be Felt #63: Sugano Seiichi: "Alive Ukemi/Dead Ukemi" (http://www.aikiweb.com/forums/showthread.php?p=354450#post354450) von Brian Ericksen erschienen, die mein theoretisches Verständnis von Ukemi gut zum Ausdruck bringt und auch gut passt, was ich von Ellis Amdur gelesen und in früheren Threads ein paar Mal zitiert habe.


Noch ein Wort zu "selber merken": Gerade da, wo nur mit einem ganz kooperativen Partner geübt wird, habe ich es häufig erlebt, dass Leute den selben Fehler immer wieder machen und sich dabei aber ziemlich gut fühlen. Es fehlt da häufig die Korrektur von Außen. Diese ist wichtig um auch einen Eindruck vom eigenen Können und den eigenen Fehlern zu bekommen. Oder anders: wenn man die Kritik an der eigenen Bewegung nur der Selbstreflektion des Ausführenden überlässt, kann sich leicht der Eindruck ergeben, dass man keine Fehler macht, da ja alles immer funktioniert. Daher finde ich diese Außensicht (wesentlich durch Uke) sehr wichtig. Na ja, den Aikido-Unterricht leiten in der Regel Lehrer/innen, die teils Jahrzehnte mehr Erfahrung haben als ich und auch auf typische Probleme eingehen können. Daher halte ich es für angemessen, Korrekturen dem unterrichtenden Lehrer zu überlassen. Nach dem Abstieg vom Mount Stupid bin ich bei Korrekturen, Belehrungen und sogar Antworten auf Fragen weniger erfahrener Partner sehr zurückhaltend geworden. Wenn "Leute den selben Fehler (oder was ich für einen Fehler halte) immer wieder machen und sich gut dabei fühlen" und sich die Bewegung auch noch gut anfühlt, dann ist das so und ich würde nicht eingreifen oder korrigieren wollen bzw. mich eher selbst fragen, warum es sich gut anfühlt. In der Regel stören aber Fehler oder Unsicherheiten den Bewegungsfluss und dann muss ich so gut es geht natürlich mithelfen.

Es kann, gerade bei Anfängern, leicht passieren, dass deren Bewegung zu 80-90% stimmt, aber ein mehr oder weniger wichtiges Detail fehlerhaft ist. Wenn die das selber merken, oder - noch schlimmer - der Partner darauf belehrend hinweist, kann es sein, dass derjenige so auf dieses Detail gedanklich fixiert ist, dass die Bewegung nur noch zu 0% stimmt und völlig aus dem Takt gerät. Wir werden dazu ermuntert (beim Üben fließender Bewegungen ki-no-nagare), solche Fehler als nicht wertend wahrzunehmen und auf jeden Fall die Bewegung zu Ende zu führen. Beispiel: wenn man beim Üben von shihonage zur falschen Seite geht, dann macht man einfach mit einem Sankyo weiter. Fürs Ukemi ist das ja auch ne gute Übung, dass man sich als Uke nicht darauf verlassen kann, dass Tori sich immer gleich bewegt und dessen Aktionen weit voraus antizipiert.


Ich kenne es so, daß das, was wir als kihon no kata, als Basistechnik, als grundlegende Form üben, die Positionierung der Füße ganz ausdrücklich mit einschließt. kata "zu lernen und zu verstehen" bedeutet in meinem Üben und Unterrichten daher auch, das ashi sabaki, also das Bewegen und setzen der Füße zu lernen, um damit dann das in der jeweiligen Form korrekte tai sabaki - also die Bewegung des Körpers im Raum - zu erzeugen. Es wird also konkret geübt, nicht einfach zur Seite auszuweichen. Das ist für viele Anfänger eine intuitive Meidbwegung und wird in dem Üben, das ich kenne, systematisch "abgewöhnt". Das ist einsichtig und vielleicht ein (weiterer?) Grund, warum in den Aikido-Einheiten "Für Alle", die also auch für Anfänger vorgesehen sind, vorwiegend Katate dori als Angriffsform geübt wird.


IDabei kann der Fortgeschrittene "durch vorbildliche Ausführung seines Parts helfen", indem er deutlich macht, daß und wie einfach, bei dieser intuitiven Meidbewegung zur Seite ein korrekt ausgeführtes shomen uchi, ohne Veränderung (Erhöhung) der Geschwindigkeit, ohne späten (überraschenden) Richtungswechsel o.ä. sehr weich und entspannnt folgen und treffen wird. Ich kenne das Problem "der intuitiven Meidbewegung zur Seite" aus der Praxis meines Dojos nicht (oder habe noch nicht darauf bewusst geachtet), da Anfänger nicht oder nur sehr selten shomen uchi üben, dafür intensiv von der ersten Stunde an Irimi und Tenkan und Taisabaki (auch und gerade als Solo-Übung).


IMal ganz abgesehen davon, daß - in unserem Üben - eben zu der kata " shomen uchi xy" eine andere Fußbewegung führt. Eine Alternative könnte daher theoretisch auch sein, den Angriff ganz abzubrechen und sich zu versichern, daß man shomen uchi xy üben will. Und dabei gibt es eben keinen Schritt zur Seite.Das wäre meine bevorzugte Lösung, die ich in etwas abgewandelter Form kenne: eine Dan-Trägerin hat gerne mal mit dem shomenuchi-Angriff gewartet und damit eine voreilige Aktion meinerseits als Nage provoziert. In dem Fall haben wir abgebrochen und neu begonnen.


Ich erlebe es so, daß viele Bewegungen in den budô, die Menschen mitbringen, die sie also zunächst intuitiv machen und die sich deshalb sinnvoll oder "richtig" anfühlen, es faktisch eben gerade nicht sind.

Das Loslassen und Verlernen solcher Bewegungsmuster scheint mir einer der wesentlichen Aspekte des Übens zu sein.
Das ist sicher richtig, wobei "intuitiv" meistens im Laufe vieler Jahre unseres modernen Alltags gelernte und automatisierte Bewegungsmuster bedeuten, von denen manche weder effektiv noch auf lange Sicht gesund sind. Das Loslassen und Umlernen ist somit für mich ein wichtiger Aspekt und Anlass Aikido zu üben, ohne dabei an Kampfkunst denken zu müssen oder wollen.*


___________
*) Was für die Aikido-Interessierten im KKB nichts neues ist.

Captain Kürbis
29-08-2019, 08:51
Das ist ein guter Punkt. Ich kenne es halt so, dass Uke beim Üben fließender Bewegungen nicht blockieren soll. Statische Übungen, wo Uke herzhaft und so gut er kann, festhält, haben auch ihren Platz in meinem Heimatdojo; ich erlebe das aber eher als Vorübung und als Test, ob man sich als Tori effektiv positionieren und organisieren kann, und dabei den Oberkörper, insbesondere Arme und Schultern entspannt (aber nicht erschlafft) halten kann.

[...]

Na ja, den Aikido-Unterricht leiten in der Regel Lehrer/innen, die teils Jahrzehnte mehr Erfahrung haben als ich und auch auf typische Probleme eingehen können. Daher halte ich es für angemessen, Korrekturen dem unterrichtenden Lehrer zu überlassen. Nach dem Abstieg vom Mount Stupid bin ich bei Korrekturen, Belehrungen und sogar Antworten auf Fragen weniger erfahrener Partner sehr zurückhaltend geworden. Wenn "Leute den selben Fehler (oder was ich für einen Fehler halte) immer wieder machen und sich gut dabei fühlen" und sich die Bewegung auch noch gut anfühlt, dann ist das so und ich würde nicht eingreifen oder korrigieren wollen bzw. mich eher selbst fragen, warum es sich gut anfühlt. In der Regel stören aber Fehler oder Unsicherheiten den Bewegungsfluss und dann muss ich so gut es geht natürlich mithelfen.

Es kann, gerade bei Anfängern, leicht passieren, dass deren Bewegung zu 80-90% stimmt, aber ein mehr oder weniger wichtiges Detail fehlerhaft ist. Wenn die das selber merken, oder - noch schlimmer - der Partner darauf belehrend hinweist, kann es sein, dass derjenige so auf dieses Detail gedanklich fixiert ist, dass die Bewegung nur noch zu 0% stimmt und völlig aus dem Takt gerät. Wir werden dazu ermuntert (beim Üben fließender Bewegungen ki-no-nagare), solche Fehler als nicht wertend wahrzunehmen und auf jeden Fall die Bewegung zu Ende zu führen. Beispiel: wenn man beim Üben von shihonage zur falschen Seite geht, dann macht man einfach mit einem Sankyo weiter. Fürs Ukemi ist das ja auch ne gute Übung, dass man sich als Uke nicht darauf verlassen kann, dass Tori sich immer gleich bewegt und dessen Aktionen weit voraus antizipiert.


Ja und nein. Ich kenne diese Art des Übens recht gut und verstehe auch, welche Vorteile sich aus ihr ergeben. Ich würde dazu aber zwei Dinge anmerken:

1) Es kommt drauf an mit welcher Intention geübt wird. Übe ich mit dem Gedanken, eine effektive Technik lernen zu wollen, die ich auch gegen einen unkooperativen Uke anwenden kann, dann braucht es meiner Meinung nach auch einen wachsamen Uke der eine nicht sauber ausgeführte Bewegung versucht zu verhindern. Erfahrungsgemäß merkt man dann sehr deutlich, wenn an einer Stelle der Bewegung etwas nicht stimmt und kann daran arbeiten. Dies ist eine sehr ehrliche Form der Reaktion und ist in keinster Weise ein Belehren oder von Oben herab. Der Gedanke ist ja, dass man gemeinsam übt und lernt und sich dabei so gut man kann gegenseitig unterstützt - das bedeutet aber auch ehrlich im Üben zueinander zu sein. Klar könnte ich mit meinen fast 20 Jahren Erfahrung einen 5ten Kyu immer blockieren und ihn an seiner Bewegung hindern und belehren, aber das ist nicht Sinn des Übens und auch zwischenmennschliche kein guter Umgang

2) Natürlich kann ein Lehrer von Außen korrigieren und dass soll er/sie auch! Dennoch spürt man als Uke häufig genug Dinge in der Bewegung, die man von Außen nicht oder nur sehr schwehr wahrnimmt. Die Reaktion des Uke auf die Bewegung des Nage ist für ihn daher ungemein wichtig, denn sie richtet sich unmittelbar nach seiner individuellen Bewegung. Hier liegt also die Chance nochmal andere Aspekte in den Blick zu nehmen, die der Lehrer in einer allgemeinen Demonstration so gar nicht ansprechen kann.

Ganz wichtig ist jedoch: Es geht auch bei so einer Form des "unkooperativen Übens" nicht darum den anderen zu belehren oder ähnliches, sonderen darum gemeinsam zu üben. Gutes Ukemi richtet sich mMn nach dem Nage und seinem Können. Es soll dem Nage helfen zu lernen die Technik richtig auszuführen und das Ego der einzelnen Übenden hat dort nichts zu suchen. Du hast natürlich komplett recht, wenn du sagst, dass ein Überkorrigieren auch einen gegenteiligen Effekt haben kann. Ein guter Uke lernt mit der Zeit auch dies einzuschätzen, auch das ist Teil des Lernprozesses.

Gast
29-08-2019, 09:21
Das Loslassen und Umlernen ist somit für mich ein wichtiger Aspekt und Anlass Aikido zu üben, ohne dabei an Kampfkunst denken zu müssen oder wollen.

Alle Übungsmethoden im Aikido haben doch nur ein Ziel: nämlich dass man in der Lage ist, Techniken zum funktionieren zu bringen. Körperstruktur, Timing, korrektes Tai sabaki sind die erforderlichen Komponenten, und dafür gibt es verschiedene Übungsmethoden.
Wenn an einer dieser Komponenten etwas nicht stimmt, muss es korrigiert werden. Für den Unterricht ist natürlich der Lehrer zuständig, aber das korrektive Feedback kann doch nur vom Übungspartner kommen.
Auch "loslassen" und ähnliche Dinge sind natürlich wichtig, aber es ist kein Selbstzweck. Wenn man Aikido übt, übt man Kampfkunst oder Budô, das ist der Punkt um den es geht. Wenn man Aikido verstehen will, muss man in der Lage sein, das, wofür es gedacht ist, zu tun, oder zumindest in diese Richtung üben, sonst ist es kein Aikido, sondern vielleicht "Zen in Bewegung" oder ein "gesundheitlich ausgerichtetes Bewegungstraining".
Das heißt ja nicht dass man ständig ans Kämpfen denkt, aber der Aspekt des Funktionierens einer Technik muss doch als Ziel präsent sein. Aikido IST Kampfkunst, das muss man nicht ständig denken.

Gast
29-08-2019, 09:39
Es kann, gerade bei Anfängern, leicht passieren, dass deren Bewegung zu 80-90% stimmt, aber ein mehr oder weniger wichtiges Detail fehlerhaft ist. Wenn die das selber merken, oder - noch schlimmer - der Partner darauf belehrend hinweist, kann es sein, dass derjenige so auf dieses Detail gedanklich fixiert ist, dass die Bewegung nur noch zu 0% stimmt und völlig aus dem Takt gerät.

Dann muss man eben üben, da nicht mehr aus dem Takt zu geraten, das ist auch Gegenstand des Übens.



Wir werden dazu ermuntert (beim Üben fließender Bewegungen ki-no-nagare), solche Fehler als nicht wertend wahrzunehmen und auf jeden Fall die Bewegung zu Ende zu führen. Beispiel: wenn man beim Üben von shihonage zur falschen Seite geht, dann macht man einfach mit einem Sankyo weiter. Fürs Ukemi ist das ja auch ne gute Übung, dass man sich als Uke nicht darauf verlassen kann, dass Tori sich immer gleich bewegt und dessen Aktionen weit voraus antizipiert.

Natürlich muss man flexibel reagieren können, aber die eigenen Fehler korrigiert man nicht indem man einfach was anderes macht.
Das kann man üben wenn man jyu waza (freies Bewegen) übt, aber wenn man den Begriff Kata ernst nimmt, dann übt man das halt in dem Fall shiho nage, wenn dann ein Sankyo draus wird hat man nicht die Kata geübt.
Kann natürlich vorkommen, sollte man aber vermeiden. Wenn der Ansatz der Bewegung stimmt, kann man nicht "zur falschen Seite", das heißt einfach man hat schon man Anfang gepennt.

carstenm
29-08-2019, 12:35
Das ist einsichtig und vielleicht ein (weiterer?) Grund, warum in den Aikido-Einheiten "Für Alle", die also auch für Anfänger vorgesehen sind, vorwiegend Katate dori als Angriffsform geübt wird.Was macht denn das für einen Unterschied? Das Thema des richtigen tai sabaki, bzw. der richtigen Schritte, existiert doch dort ganz genauso: Wenn tori die Schritte falsch setzt, wird sich uke nicht bewegen (müssen)?



... da Anfänger nicht oder nur sehr selten shomen uchi üben ...Interessant. In meinem Umfeld wird shomen uchi als eine ganz grundlegende Situation verstanden und gehört zu den am häufigsten geübten Angriffen. Auch gerade bei Anfängern.



Dies ist eine sehr ehrliche Form der Reaktion und ist in keinster Weise ein Belehren oder von Oben herab. Der Gedanke ist ja, dass man gemeinsam übt und lernt und sich dabei so gut man kann gegenseitig unterstützt - das bedeutet aber auch ehrlich im Üben zueinander zu sein.Diesen Gedanken finde ich fundamental. Sehr Vieles, was nach meinem Verständnis aikidô ausmacht, übe ich in Soloübungen. Das Training auf der Matte dann, mit einem Partner, verstehe ich als eine Form körperlicher Kommunikation. Und dafür benötige ich einen "echten" Gesprächspartner. Das gilt in beiden Rollen. Es geht m.E. nicht darum, daß tori ein Selbstgespräch führt, sondern darum, daß tatsächlich ein Austausch stattfindet.



Alle Übungsmethoden im Aikido haben doch nur ein Ziel: nämlich dass man in der Lage ist, Techniken zum funktionieren zu bringen.
...
Wenn man Aikido übt, übt man Kampfkunst oder Budô, das ist der Punkt um den es geht.Ja. Auch das halte ich für einen grundlegenden Gedanken. aikidô wa budô desu. Period. Aikido ist Budo. Und wenn man aikidô übt, dann übt man ein budô. Einen Weg des Krieges, eine Kampfkunst. Wie immer man dieses Wort in's Deutsche bringen möchte. Und wenn aikidô üben möchte, dann kann man schlicht und einfach nur üben, die kata zum funktionieren zu bringen. Indem man die äußeren Formen übt und indem man die innere Körperstruktur übt. Etwas anderes gibt es schlicht nicht zu üben.
Die Motivation aufgrund der man das tut und auch die Ziele, die man durch sein Üben erreichen möchte, die können höchst unterschiedlich sein. Aber was auch immer bei jeder und jedem dahinterstecken mag: Wenn man die tatami betritt und aikidô übt, dann übt man budô. Und damit übt man, bestimmte Dinge zum funktionieren zu bringen. Das kann man sich nicht aussuchen oder frei definieren. Das ist halt so.


Wenn man Aikido verstehen will, muss man in der Lage sein, das, wofür es gedacht ist, zu tun, oder zumindest in diese Richtung üben, sonst ist es kein Aikido, sondern vielleicht "Zen in Bewegung" oder ein "gesundheitlich ausgerichtetes Bewegungstraining". Ja. Genau so sehe ich es auch.


Aikido IST Kampfkunst, das muss man nicht ständig denken.So.

ryoma
29-08-2019, 12:56
Meine Sicht als jemand der sich in Kenjutsu übt: Das korrekte Ausweichen an sich, also zur richtigen Zeit im richtigen Winkel ist elementar wichtig. Gegen ein Shomen Uchi mit Schwert zum Beispiel entscheidet das über Leben und Tod. Klar, wenn jemand gerade erst dabei ist den Ablauf der Kata zu lernen, okay, drückt man ein Auge zu. Wenn er aber den Bewegungsablauf kennt und man trotzdem wie ein Roboter zuschlägt dann übt man nicht mit dem Partner sondern tanzt. Damit ist niemanden geholfen. Man selber übt nur eine ideale Gelegenheit nicht zu nutzen und den Partner lässt man ihm Irrglauben er hätte die Technik erfolgreich gemacht. Ihn physikalisch darauf aufmerksam zu machen das dies nicht der Fall ist ist nur eine Bestrafung für den Partner wenn sein Ego wichtiger als sein Leben ist.

... Auf der anderen Seite muss man hier natürlich auch zugeben das man selber sich als Uke davor in Acht nehmen muss nicht gezielt diese Fehler im Partner zu suchen sonst kann man sehr leicht den Fokus auf sich selbst verlieren.

:klatsch:
Sehr schöne Erklärung und Zusammenfassung!
Das "warten können" fällt einem Anfänger meist sehr schwer. Das ist logisch, ist doch das "warten können" direkt verbunden mit dem Verständnis und Einsatz des korrekte Maai.

Nagonomori
29-08-2019, 14:36
:klatsch:
Sehr schöne Erklärung und Zusammenfassung!
Das "warten können" fällt einem Anfänger meist sehr schwer. Das ist logisch, ist doch das "warten können" direkt verbunden mit dem Verständnis und Einsatz des korrekte Maai.

Danke für das Lob.
Ich denke dieses Problem wird auch noch verschlimmert weil Maai im "Volksmund" ständig als "Abstand/Abstandsgefühl" verstanden wird. Dabei bezieht sich das Kanji wirklich stärker auf das Timing an sich. Und das ist ein Punkt den der Shihan den ich folge immer wieder unterstreicht.

Gast
29-08-2019, 15:30
Danke für das Lob.
Ich denke dieses Problem wird auch noch verschlimmert weil Maai im "Volksmund" ständig als "Abstand/Abstandsgefühl" verstanden wird. Dabei bezieht sich das Kanji wirklich stärker auf das Timing an sich.

Raum und Zeit lassen sich halt nicht wirklich trennen.

Schattengewächs
29-08-2019, 16:41
Sehe , zwar ne "Betonung" des Timing ... das es , zwar dringlich ist , zur "rechten Zeit am rechten Ort zur Zeit zu sein" ... aber über das , man mehr "trainieren" muß , statt durch das "Wie und Was" , scheint es hier nicht wirklich hinaus zu kommen ... ... Aus militärischer Sicht , besteht Timing , in seinem "Gelingen" , sicherlich auch , darin , das Soldaten ihre Waffen beherrschen , welches als Analog als "Technik" gilt .... Nur erklärt , das "vortreffliche" treffen , von "Pappsoldaten" ... nix darüber , wie diese Fähigkeit in seiner Ausführung zum "Gelingen" , kommen sollte .....



Es kann, gerade bei Anfängern, leicht passieren, dass deren Bewegung zu 80-90% stimmt, aber ein mehr oder weniger wichtiges Detail fehlerhaft ist. Wenn die das selber merken, oder - noch schlimmer - der Partner darauf belehrend hinweist, kann es sein, dass derjenige so auf dieses Detail gedanklich fixiert ist, dass die Bewegung nur noch zu 0% stimmt und völlig aus dem Takt gerät.

Ich empfinde , diese Aussage ... um Kenntnis vom "Timing" ... wesentlich "Gehaltvoller" .... als jene ... man muß es trainieren .... das muß man sowieso , selbst anhand der besten theoretischten "Ausführung" ....

carstenm
29-08-2019, 17:52
... aber über das, man mehr "trainieren" muß, statt durch das "Wie und Was ", scheint es hier nicht wirklich hinaus zu kommen ...
... als jene ... man muß es trainieren ...Kannst du mal deutlich machen, auf welche Aussagen hier im thread du dich damit im Einzelnen beziehst?

Schattengewächs
29-08-2019, 18:01
Auf diese .... und das dieser Ansatz in der Regel allgemein kein Anklang findet ..:.


Dann muss man eben üben, da nicht mehr aus dem Takt zu geraten, das ist auch Gegenstand des Übens

Das bezieht auf keine Person ... in der Regel wird überall “Timing” geschrien aber ûber den Ansatz hinaus , das diese eine Entsprechung vom Rhythmus sein soll ... Ist nie etwas über eine Kenntnis vom Rhythmus erklärt ...

Aiki5O+
29-08-2019, 20:53
Wenn man Aikido übt, übt man Kampfkunst oder Budô, das ist der Punkt um den es geht. Wenn man Aikido verstehen will, muss man in der Lage sein, das, wofür es gedacht ist, zu tun, oder zumindest in diese Richtung üben, sonst ist es kein Aikido, sondern vielleicht "Zen in Bewegung" oder ein "gesundheitlich ausgerichtetes Bewegungstraining".

Ich könnte mich damit anfreunden. Der zweite Doshu, Kisshomaru Ueshiba hat mal eine Schülerin lobend erwähnt, die gesagt habe: "Aikido hat man 'dynamisches Zen' genannt. Wenn ich durch Üben lerne, mich zu geben wie ich bin, glaube ich wirklich, dass es dem Zen nahe sein könnte" (K. Ueshiba, Der Geist des Aikido, pg. 68).


Ja. Auch das halte ich für einen grundlegenden Gedanken. aikidô wa budô desu. Period. Aikido ist Budo. Und wenn man aikidô übt, dann übt man ein budô. Einen Weg des Krieges, eine Kampfkunst. Wie immer man dieses Wort in's Deutsche bringen möchte.

Was ist oder bedeutet Budo in heutiger Zeit? Einen Weg des Krieges? Eine Kunst des Kämpfen könnens? Oder ein Erziehungssystem? Ein Weg zur Persönlichkeitsentwicklung (https://aikidojournal.com/2019/01/14/the-surprising-origins-of-budo-an-interview-with-guillaume-erard/)?


Alle Übungsmethoden im Aikido haben doch nur ein Ziel: nämlich dass man in der Lage ist, Techniken zum funktionieren zu bringen...

Und wenn aikidô üben möchte, dann kann man schlicht und einfach nur üben, die kata zum funktionieren zu bringen. Indem man die äußeren Formen übt und indem man die innere Körperstruktur übt. Etwas anderes gibt es schlicht nicht zu üben.
Die Motivation aufgrund der man das tut und auch die Ziele, die man durch sein Üben erreichen möchte, die können höchst unterschiedlich sein. Aber was auch immer bei jeder und jedem dahinterstecken mag: Wenn man die tatami betritt und aikidô übt, dann übt man budô. Und damit übt man, bestimmte Dinge zum funktionieren zu bringen. Das kann man sich nicht aussuchen oder frei definieren. Das ist halt so.

Was heißt Techniken zum Funktionieren zu bringen? Mit einer Technik wie Kotegeashi einen BJJ'ler oder MMA-Kämpfer zu besiegen? Oder auf der Straße einen irren Messerstecher zu entwaffnen? Kampf-, Wurf- oder Hebel-Techniken habe ich bislang ausschließlich auf den Tatamis im Rahmen des Aikido-Unterrichts oder auf Lehrgängen geübt. Intuitiv ausweichen, fallen und abrollen zu können war für mich "auf der Straße" wesentlich praktikabler. Der in Post #29 von mir verlinkte Artikel (http://www.aikiweb.com/forums/showthread.php?p=354450#post354450) listet auch ein paar Beispiele für intuitives Ukemi auf, z.B. in dem ein Lehrer auf der Suche nach neuen Räumlichkeiten an der Tür von einem herunterstürzenden Balkongeländer begrüßt wurde, dem er ohne zu schauen ausweichen konnte (und damit den Vermieter als seinen ersten Schüler gewinnen konnte).

Das alltägliche Aikido-Üben ist für mich nicht deswegen attraktiv, weil es in einem abstrakten Sinne gesund wäre wie Krankengymnastik, Bewegungstherapie oder Krafttraining, oder weil ich denke, dass ich mich damit für eine nahe, ferne oder doch nie vorkommende SV-Situation wappne. Das Üben der Kata an sich bereitet Freude, bietet mir nicht immer, aber auch nicht selten, die Möglichkeit darin vollkommen aufzugehen, also zu einem Flow (https://de.wikipedia.org/wiki/Flow_(Psychologie))-Erlebnis zu kommen. Damit ist es ganz natürlich und notwendig, das mit wachsender Erfahrung und Fähigkeiten auch die Anforderungen in Form von Geschwindigkeit der Kata, Widerstand, Grad der einwirkenden Kräfte beim Werfen und Rollen oder Fallen wachsen.

Aiki5O+
29-08-2019, 21:25
1) Es kommt drauf an mit welcher Intention geübt wird. Übe ich mit dem Gedanken, eine effektive Technik lernen zu wollen, die ich auch gegen einen unkooperativen Uke anwenden kann, dann braucht es meiner Meinung nach auch einen wachsamen Uke der eine nicht sauber ausgeführte Bewegung versucht zu verhindern. Erfahrungsgemäß merkt man dann sehr deutlich, wenn an einer Stelle der Bewegung etwas nicht stimmt und kann daran arbeiten. Dies ist eine sehr ehrliche Form der Reaktion und ist in keinster Weise ein Belehren oder von Oben herab. Der Gedanke ist ja, dass man gemeinsam übt und lernt und sich dabei so gut man kann gegenseitig unterstützt - das bedeutet aber auch ehrlich im Üben zueinander zu sein. Klar könnte ich mit meinen fast 20 Jahren Erfahrung einen 5ten Kyu immer blockieren und ihn an seiner Bewegung hindern und belehren, aber das ist nicht Sinn des Übens und auch zwischenmennschliche kein guter Umgang
Ich kenne es so, dass wir nur bei statischen Übungen (aus dem Stand) als Uke kräftvoll festhalten dürfen. Das kann ab und zu sehr lehrreich sein und macht auch Spaß, sofern es gelingt. D.h. mein Uke muss mir das Gefühl geben, dass ich mit normalen Mittel mich nicht bewegen kann, sondern nur, indem ich die richtige Position einnehme und das rechte Maß an Entspannung finde.

Bei fließenden Bewegungen sollen wir nicht blockieren. Ein Grund dafür ist, dass man sich als Uke wie ein Aikidoka bewegen, ein Aufeinanderprallen von Kräften intuitiv vermeiden sollte. Wer als Uke den Partner blockiert, blockiert sich damit auch selber (siehe auch die Kolumne von Brian Erickson (http://www.aikiweb.com/forums/showthread.php?p=354450#post354450)). Ich würde also dem von Nage vorgegebenen, ggf. fehlerhaften Bewegungsfluss folgen und dabei auf eine Gelegenheit zu einem Konter (aus dem Repertoir der Aikido-Techniken) lauern, was sich idealerweise ganz natürlich und in seltenen Fällen sogar ungewollt ergibt. Ob ich den Konter tatsächlich ausführe, hängt vom Partner ab, also eher nicht mit Anfängern oder Leuten die so was nicht mögen.


Ganz wichtig ist jedoch: Es geht auch bei so einer Form des "unkooperativen Übens" nicht darum den anderen zu belehren oder ähnliches, sonderen darum gemeinsam zu üben. Gutes Ukemi richtet sich mMn nach dem Nage und seinem Können. Es soll dem Nage helfen zu lernen die Technik richtig auszuführen und das Ego der einzelnen Übenden hat dort nichts zu suchen. Du hast natürlich komplett recht, wenn du sagst, dass ein Überkorrigieren auch einen gegenteiligen Effekt haben kann. Ein guter Uke lernt mit der Zeit auch dies einzuschätzen, auch das ist Teil des Lernprozesses.
Dem brauch ich nichts hinzuzufügen. :halbyeaha

_______
P.S.: Um Missverständnisse von weiteren Lesern zu vermeiden, habe ich an einer Stelle die Formulierung "blockieren" durch "kräftig festhalten" ersetzt Ich hatte dabei an ein Kräftemessen zwischen Muskelkraft (von Uke) gegen richtige Postion, Winkel und Maß der Entspannung von Tori gedacht. Blockieren im Sinne von das Ausführen einer Übung verhindern war nicht gemeint.

Gast
29-08-2019, 21:38
Ich könnte mich damit anfreunden. Der zweite Doshu, Kisshomaru Ueshiba hat mal eine Schülerin lobend erwähnt, die gesagt habe: "Aikido hat man 'dynamisches Zen' genannt. Wenn ich durch Üben lerne, mich zu geben wie ich bin, glaube ich wirklich, dass es dem Zen nahe sein könnte" (K. Ueshiba, Der Geist des Aikido, pg. 68).



Nur wurzelt Aikido überhaupt gar nicht im Zen. Wie diese Aussage einzuordnen ist, und was daran lobenswert ist, kann man aus diesem Fragment nicht erkennen.

Gast
29-08-2019, 21:42
Ich kenne es so, dass wir nur bei statischen Übungen (aus dem Stand) als Uke blockieren dürfen.

Kihon gotai hat mit Blockieren nichts zu tun, wenn ihr dazu angehalten werdet ist die Übung eigentlich nicht richtig verstanden worden. Es geht dabei darum korrekte Winkel und Positionen zu lernen.
Blockieren ist auch hier eher kontraproduktiv.

Aiki5O+
29-08-2019, 21:43
Was macht denn das für einen Unterschied? Das Thema des richtigen tai sabaki, bzw. der richtigen Schritte, existiert doch dort ganz genauso: Wenn tori die Schritte falsch setzt, wird sich uke nicht bewegen (müssen)?Wenn eine Handkante auf Kopf oder Hals zuschnellt oder eine Faust Richtung Magen oder Gesicht, dann wird ein Anfänger wohl eher mit intuitiven, aber unerwünschten Meidbewegungen antworten, als wenn man nur das Handgelenk greift oder auch nur mit Kontakt durch Hand auflegen übt. Technisch also kein wesentlicher Unterschied, psychologisch aber vielleicht doch.



Interessant. In meinem Umfeld wird shomen uchi als eine ganz grundlegende Situation verstanden und gehört zu den am häufigsten geübten Angriffen. Auch gerade bei Anfängern.
Im Aikikai Deutschland werden doch Techniken mit shomenuchi erst ab 2. Kyu geprüft (https://www.aikikai.de/_infopool/ad_pruefungsordnung.pdf), während im Hombu-Dojo und anderen Linien schon ab 5. Kyu auf shomenuchi geprüft wird (http://www.aikikai.or.jp/eng/information/review.html). Demnach wäre es logisch, dass in diesem Umfeld eher Fortgeschrittene und nicht Anfänger die Techniken mit shomenuchi üben.

Gast
29-08-2019, 21:44
Das bezieht auf keine Person ... in der Regel wird überall “Timing” geschrien aber ûber den Ansatz hinaus , das diese eine Entsprechung vom Rhythmus sein soll ... Ist nie etwas über eine Kenntnis vom Rhythmus erklärt ...

Könntest du mal mit klaren Worten schreiben was du meinst?

Aiki5O+
29-08-2019, 21:52
Kihon gotai hat mit Blockieren nichts zu tun, wenn ihr dazu angehalten werdet ist die Übung eigentlich nicht richtig verstanden worden. Es geht dabei darum korrekte Winkel und Positionen zu lernen.
Blockieren ist auch hier eher kontraproduktiv.
Die Formulierung des Lehrers war auch eher so was wie "gut festhalten", macht aber glaube ich für die Praxis keinen Unterschied.

carstenm
30-08-2019, 06:56
Nur kurz zwischendurch:

Im Aikikai Deutschland werden doch Techniken mit shomenuchi erst ab 2. Kyu geprüft (https://www.aikikai.de/_infopool/ad_pruefungsordnung.pdf), während im Hombu-Dojo und anderen Linien schon ab 5. Kyu auf shomenuchi geprüft wird (http://www.aikikai.or.jp/eng/information/review.html). Demnach wäre es logisch, dass in diesem Umfeld eher Fortgeschrittene und nicht Anfänger die Techniken mit shomenuchi üben.Zur Situation im Aikikai Deutschland kann und mag ich nicht Stellung nehmen. Das mögen Menschen tun, die dort üben.
In meinem aikidô Umfeld werden zum 5. kyû shomen uchi ikkyô, irimi nage und kote gaeshi gezeigt. Eben weil das bei uns als grundlegend gilt.

Gast
30-08-2019, 07:08
Die Formulierung des Lehrers war auch eher so was wie "gut festhalten", macht aber glaube ich für die Praxis keinen Unterschied.

Doch, macht es. Eigentlich einen großen.
Das eine hat einen bestimmten didaktischen Hintergrund, das andere nicht.

Gast
30-08-2019, 10:57
Wenn eine Handkante auf Kopf oder Hals zuschnellt oder eine Faust Richtung Magen oder Gesicht, dann wird ein Anfänger wohl eher mit intuitiven, aber unerwünschten Meidbewegungen antworten, als wenn man nur das Handgelenk greift oder auch nur mit Kontakt durch Hand auflegen übt. Technisch also kein wesentlicher Unterschied, psychologisch aber vielleicht doch.



Im Aikikai Deutschland werden doch Techniken mit shomenuchi erst ab 2. Kyu geprüft (https://www.aikikai.de/_infopool/ad_pruefungsordnung.pdf), während im Hombu-Dojo und anderen Linien schon ab 5. Kyu auf shomenuchi geprüft wird (http://www.aikikai.or.jp/eng/information/review.html). Demnach wäre es logisch, dass in diesem Umfeld eher Fortgeschrittene und nicht Anfänger die Techniken mit shomenuchi üben.

Was ist daran logisch?
Das Prüfungsprogramm enthält eine Menge Techniken und Angriffsformen, die logisch aufeinander aufbauen.
Es ist aber im Aikidotraining im Allgemeinen doch so, dass auf der Matte keine unterschiedlichen Gruppen gebildet werden, die unterschiedliche Dinge üben.
Alle üben die Technik die vom Lehrer gezeigt wird. Das ist mal katate tori, mal shomen uchi, mal chudan tsuki, u.s.w.
Anfänger, Fortgeschrittene, Danträger, alle üben das Gleiche, jeweils auf ihrem Level.

Alfons Heck
30-08-2019, 14:24
Teile hierhin: https://www.kampfkunst-board.info/forum/showthread.php?188614&p=3705681#post3705681
ausgelagert. Wegen sinnfreier Startfrage.

carstenm
30-08-2019, 16:27
Ich könnte mich damit anfreunden. Der zweite Doshu, Kisshomaru Ueshiba hat mal eine Schülerin lobend erwähnt, die gesagt habe: "Aikido hat man 'dynamisches Zen' genannt. Wenn ich durch Üben lerne, mich zu geben wie ich bin, glaube ich wirklich, dass es dem Zen nahe sein könnte" (K. Ueshiba, Der Geist des Aikido, pg. 68).In meiner deutschen Ausgabe S.87. Diese Passage u.a. ist nidai dôshu immer wieder vorgeworfen worden, weil er hier ausschließlich Frauen zitiert und fortfährt: "Sie alle haben die Essenz des Aikidô aus ihrer Intuition und Erfahrung mehr oder weniger(!) begriffen, und - im Gegensatz zu denen der Männer - ihre Äußerungen beziehen sich direkter auf das tägliche Leben." (ebd.) Der Abschnitt beschäftigt sich nicht mit der Frage, was budô sei oder ob zen und aikidô Überschneidungen hätten oder dergleichen, sondern geht der Frage nach, warum insbesondere "Frauen, die durch die Tore des Aikidô eintreten" (a.a.O. 85) selten wieder aufhören zu üben, so daß mindestens acht von zehn weitermachen.
Diese Stelle ist m.E. kein Beleg dafür, daß für nidai dôshu eine besondere Verbindung von zen und aikidô gesehen hätte.


Was ist oder bedeutet Budo in heutiger Zeit?Was auch immer es bedeuten mag - jewede Deutung eines budô baut auf auf eine konkrete Tradition und kulturelle Verortung, baut auf auf eine konkrete Etikette, und baut auf auf einen konkretes technisches Curriculum. Auch wenn das im aikidô häufig je verschwommener erscheint, je weiter man vom hombu entfernt ist.
Nichtsdestotrotz stehen die technischen Aspekte, die einer Deutung vorausgehen, nicht in Frage. Verließe man diese Basis, hätte man etwas Neues geschaffen.


Ein Weg zur Persönlichkeitsentwicklung (https://aikidojournal.com/2019/01/14/the-surprising-origins-of-budo-an-interview-with-guillaume-erard/)?
"Frage: So it’s less about an individual’s internal peace and harmony and more about social order and cohesion?
Antwort: That’s my understanding of it. [...] I don’t want to undermine the value behind what the Western civilization has created in terms of a philosophy of individualism and personal freedom. I think those contributions and perspectives are phenomenal. [...] The bottom line is that in studying aikido or other budo you don’t have to discard your own identity or principles, but I think it’s valuable to understand the underlying intent, concepts, and systems of other cultures, societies, and ways of thinking when participating in their practices."

Für mich ganz persönlich ist das Üben von budô ein spiritueller Weg.


Was heißt Techniken zum Funktionieren zu bringen? Zunächst einmal bedeutet das nach meinem Verständnis, im Rahmen des keiko einen kooperativen Partner bewegen zu können. Kooperativ meint dabei, der Parnter arbeitet nicht aktiv gegen die Technik. Aber er bewegt sich auch nicht "von selber", wenn er sich nicht bewegen muß. Solches "den Partner bewegen können", ist nicht banal. Und ist nach meinem Verständnis der zentrale Aspekt allen Übens.


Mit einer Technik wie Kotegeashi einen BJJ'ler oder MMA-Kämpfer zu besiegen?Ein weiter Aspekt kann es sein mit unkooperativen Partnern zu üben und auch Crosstraining zu betreiben. Um zu erleben, wie, bzw. ob die eigenen Techniken funktionieren, wenn man sich außerhalb der gewohnten Muster begibt.
Es ist außerordentlich interessant mit karateka oder judôka zu üben. Gar nicht zu kämpfen, sondern einfach zu erleben, daß der allerliebste Karatepartner selbst in aller Freundlichkeit viel zu schnell ist. Oder der freundlichste Judokollege von allen, ganz intuitiv sein Gewicht absenkt, oder einen klitzekleinen Schritt zum Gleichgewichstausgleich macht. Und dann schauen dich beide ganz unschuldig an und wissen überhaupt nicht "was sie falsch gemacht" haben.
Und ja, wenn man davon eine Ahnung bekommt, ist auch Sparring sehr spannend.

Nach meiner ganz persönlichen Erfahrung ist es allerdings ein fundamentales Mißverständnis, im Sparring dann nach irgendwelchen konkreten Techniken zu suchen. ... Aber das ist ein anderes Thema ...


Oder auf der Straße einen irren Messerstecher zu entwaffnen?Ich schrieb ja schon manchmal, daß ich mich einige Zeit "Selbstschutz und Eigensicherung" beschäftigt habe. Als Unterrichtender, und auch als Seminarteilnehmer. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß aikidô in bestimmten Kontexten sehr gut funktioniert.

Aiki5O+
30-08-2019, 21:00
In meiner deutschen Ausgabe S.87. Diese Passage u.a. ist nidai dôshu immer wieder vorgeworfen worden, weil er hier ausschließlich Frauen zitiert und fortfährt: "Sie alle haben die Essenz des Aikidô aus ihrer Intuition und Erfahrung mehr oder weniger(!) begriffen, und - im Gegensatz zu denen der Männer - ihre Äußerungen beziehen sich direkter auf das tägliche Leben." (ebd.)Diese Passage habe ich mit "lobender Erwähnung" gemeint.


Diese Stelle ist m.E. kein Beleg dafür, daß für nidai dôshu eine besondere Verbindung von zen und aikidô gesehen hätte.
Es war auch nicht meine Absicht das zu behaupten. Ich verstehe die Zitate als Beispiele für den Bezug zum täglichen Leben, der über Kampfkunst hinausgeht. Mein Beitrag war ja die Antwort auf:

Wenn man Aikido verstehen will, muss man in der Lage sein, das, wofür es gedacht ist, zu tun, oder zumindest in diese Richtung üben, sonst ist es kein Aikido, sondern vielleicht "Zen in Bewegung" oder ein "gesundheitlich ausgerichtetes Bewegungstraining"Ist es möglich, auf den Tatami im eigenen Dojo oder auf Aikido-Seminaren mit vorher unbekannten Aikidoka etwas zu tun oder nachzutanzen, was aussieht wie Aikido aber kein Aikido ist?



Was heißt Techniken zum Funktionieren zu bringen?
Zunächst einmal bedeutet das nach meinem Verständnis, im Rahmen des keiko einen kooperativen Partner bewegen zu können. Kooperativ meint dabei, der Parnter arbeitet nicht aktiv gegen die Technik. Aber er bewegt sich auch nicht "von selber", wenn er sich nicht bewegen muß. Solches "den Partner bewegen können", ist nicht banal. Und ist nach meinem Verständnis der zentrale Aspekt allen Übens.Ich bilde mir ein, dass ich im Rahmen des keiko meistens meine Partner bewege. Ob es das eigene Können ist oder ob der Partner "sich von selbst" bewegt (oder beides in variierenden Anteilen), da tue ich mich oft schwer, das einzuschätzen. Betrachtet man die Kata als didaktische Formen, dann sagt "Technik zum Funktionieren zu bringen" nur aus, dass man in der Lage ist, mehr oder weniger gut zu üben. Das heißt aber noch lange nicht, dass die Techniken dann auch im Cross-Sparring oder in einer SV-Sitation funktionieren, wie du selber schreibst:

Es ist außerordentlich interessant mit karateka oder judôka zu üben. Gar nicht zu kämpfen, sondern einfach zu erleben, daß der allerliebste Karatepartner selbst in aller Freundlichkeit viel zu schnell ist. Oder der freundlichste Judokollege von allen, ganz intuitiv sein Gewicht absenkt, oder einen klitzekleinen Schritt zum Gleichgewichstausgleich macht. Und dann schauen dich beide ganz unschuldig an und wissen überhaupt nicht "was sie falsch gemacht" haben.
Und ja, wenn man davon eine Ahnung bekommt, ist auch Sparring sehr spannend.
Ich hatte noch keine Gelegenheit zum Crosstraining oder einschlägige Erfahrungen auf der Straße zu sammeln, und ich suche auch nicht danach. Daher kann ich ehrlicherweise, das was ich als Aikido übe, nicht als Kampfkunst verstehen.

Gast
30-08-2019, 21:57
Betrachtet man die Kata als didaktische Formen, dann sagt "Technik zum Funktionieren zu bringen" nur aus, dass man in der Lage ist, mehr oder weniger gut zu üben.

Was zu üben?
Und was bedeutet mehr oder weniger gut?
Welche Didaktik ist gemeint, was soll vermittelt werden?
Das sind doch mehr oder weniger Worthülsen.

Nagonomori
30-08-2019, 22:45
Ich bilde mir ein, dass ich im Rahmen des keiko meistens meine Partner bewege. Ob es das eigene Können ist oder ob der Partner "sich von selbst" bewegt (oder beides in variierenden Anteilen), da tue ich mich oft schwer, das einzuschätzen.

Das sollst du ja gar nicht einschätzen müssen, dafür ist dein Partner da der aufrichtig und ehrlich mit dir üben sollte. Deswegen ist es wichtig das Anfänger so oft wie möglich mit weitaus Fortgeschrittenen Leuten üben die ihnen entsprechendes Feedback geben das jeweils ihrem Level angemessen ist. Lässt man "Anfänger" mit "Anfänger" üben können im schlimmsten Fall zwei extreme eintreten:
1) Beide wissen nicht auf was sie achten müssen. Aber um das ego des anderen nicht zu verletzen macht man halt mit. Alles andere wäre ja auch zu frustrierend.
2) Einer oder Beide fangen an aus Prinzip gegen zuhalten und aus der Übung wird ein Kraftvergleich gemacht.
Und natürlich gibt es zwischen den beiden extremen mehrere Schattierungen von abwechselten Phasen von zu kooperativen und zu unkooperativen Übens.

Das ist der Grund warum in den Koryû die Uke Seite immer vom Sensei bzw. Senpai eingenommen wurde.

Gast
30-08-2019, 23:55
Es war auch nicht meine Absicht das zu behaupten. Ich verstehe die Zitate als Beispiele für den Bezug zum täglichen Leben, der über Kampfkunst hinausgeht.

Wer sagt denn, dass Kampfkunst keinen Bezug zum täglichen Leben hat, bzw. dass es "darüber hinaus" geht, wenn es einen gibt?
Wo ist denn die Grenze?



Ist es möglich, auf den Tatami im eigenen Dojo oder auf Aikido-Seminaren mit vorher unbekannten Aikidoka etwas zu tun oder nachzutanzen, was aussieht wie Aikido aber kein Aikido ist?
.

Was meinst du damit? Wann sieht denn etwas aus wie Aikido, ist aber keins?
Man kann doch mit vorher unbekannten Leuten alles mögliche tun, warum nicht auch "tanzen".
Es kommt doch darauf an mit welcher Intention jemand zu
einem Seminar geht.

Gast
31-08-2019, 09:03
Lässt man "Anfänger" mit "Anfänger" üben können im schlimmsten Fall zwei extreme eintreten:
1) Beide wissen nicht auf was sie achten müssen. Aber um das ego des anderen nicht zu verletzen macht man halt mit. Alles andere wäre ja auch zu frustrierend.
2) Einer oder Beide fangen an aus Prinzip gegen zuhalten und aus der Übung wird ein Kraftvergleich gemacht.


Leider gibt es auch immer Fortgeschrittene die gerne zeigen dass sie"stark" sind und bei Anfängern aus Prinzip
dagegenhalten müssen und so den Lernfortschritt blockieren. Klar dass man da fast immer gewinnt.
Manche ziehen da leider ihr Selbstbewusstsein draus, auch sogenannte "Sensei". Ob jemand fortgeschritten ist, zeigt sich auch daran, und auch daran wie er das händelt, wenn der "Anfänger vielleicht anfängt selbst dagegen zu halten, und, oh Wunder, vielleicht sogar stark genug ist den Fortgeschrittenen alt aussehen zu lassen.
Da zeigt sich dann auch ob man jemanden bewegen kann, ob die Technik stimmt und funktioniert.
Es ist also gut, wenn das jemand beobachtet der da wirklich drüber steht., und auch korrigierend eingreifen kann.

Aiki5O+
31-08-2019, 11:40
Das sollst du ja gar nicht einschätzen müssen, dafür ist dein Partner da der aufrichtig und ehrlich mit dir üben sollte. Deswegen ist es wichtig das Anfänger so oft wie möglich mit weitaus Fortgeschrittenen Leuten üben die ihnen entsprechendes Feedback geben das jeweils ihrem Level angemessen ist. Anders als Inryoku in #56 geschrieben hat, war und ist meine Erfahrung mit "weit Fortgeschrittenen", dass das Üben einer Kata für mich oft viel einfacher ist als mit Anfängern oder Aikidoka auf gleichem Level, vorausgesetzt, dass mir der "äußere" Bewegungsablauf der Kata klar ist. Das wäre ja auch logisch, wenn man das Üben als Nachtanzen auffasst: der Fortgeschrittene kann unrunde Bewegungen meinerseits leichter ausgleichen und natürlich kann ich als Uke beobachten oder besser gesagt fühlen wie sich mein Partner als Nage bewegt.


Das ist der Grund warum in den Koryû die Uke Seite immer vom Sensei bzw. Senpai eingenommen wurde.Wobei Ellis Amdur wiederholt die Auffassung geäußert hat (z.B. hier (http://www.aikiweb.com/forums/showpost.php?p=353418&postcount=10)), dass im Aikido eigentlich Nage derjenige ist, der Uke erzieht, indem er ihm die Erfahrung des aus-dem-Gleichgewicht-gebracht, geworfen und/oder gehebelt werden vermittelt.

Aiki5O+
31-08-2019, 12:10
Was zu üben?
Und was bedeutet mehr oder weniger gut?
Welche Didaktik ist gemeint, was soll vermittelt werden?
Das sind doch mehr oder weniger Worthülsen.
Ich habe gefragt, was es heißt "(Aikido-)Techniken zum Funktionieren zu bringen". Carstenms Antwort ist: "im Rahmen des keiko einen kooperativen Partner bewegen zu können". Im Keiko übt man also, Techniken zum Funktionieren zu bringen, um sie im Keiko selbst zum Funktionieren zu bringen. Wenn das alles wäre, dann wäre das Üben ein Selbstzweck. "Ist es allerdings ein fundamentales Mißverständnis, im Sparring dann nach irgendwelchen konkreten (Aikido-)Techniken zu suchen", stellt sich die Frage, was man eigentlich im Keiko lernt.

Gast
31-08-2019, 12:20
Anders als Inryoku in #56 geschrieben hat, war und ist meine Erfahrung mit "weit Fortgeschrittenen", dass das Üben einer Kata für mich oft viel einfacher ist als mit Anfängern

Ich schrieb nicht "weit fortgeschrittene" (welches Level ist da gemeint?), und auch nicht dass alle Fortgeschrittenen so etwas tun.




Wobei Ellis Amdur wiederholt die Auffassung geäußert hat (z.B. hier), dass im Aikido eigentlich Nage derjenige ist, der Uke erzieht


Es komnt darauf an wie fortgeschritten uke oder tori ist.
Wwmn ein 5. kyu mit einem 3. dan trainiert, wird das so herum sicher nichts.
Es "erzieht" in der Regel immer derjenige mit dem höheren level denjenigen der nicht so weit ist, egal in welcher Rolle.
Und manchmal sind trainingspartner auch für höhergraduirte eine Herausforderung sei es weil sie jünger sind und eine bessere Kondition haben, stärker sind, oder schon in einer anderen kampfkunst hoch graduiert sind.

Gast
01-09-2019, 12:39
. Im Keiko übt man also, Techniken zum Funktionieren zu bringen, um sie im Keiko selbst zum Funktionieren zu bringen.

Nein, man übt, sie zum funktionieren zu bringen, fertig.

Keiko bedeutet "das Alte studieren", und "seine Haltung überdenken".
Also genau das zu machen was überliefert wurde, in dem Fall Budo zu üben, und nicht irgendwas.

Das geschieht natürlich im Rahmen des Keiko, wo sollte Keiko sonst stattfinden?
Keiko und renshū (Training) sind übrigens unterschiedliche Begriffe.

Aiki5O+
01-09-2019, 13:03
Nein, man übt, sie zum funktionieren zu bringen, fertig.

Keiko bedeutet "das Alte studieren", und "seine Haltung überdenken".
Also genau das zu machen was überliefert wurde, in dem Fall Budo zu üben, und nicht irgendwas.
In diesem Sinne übe ich kein Aikido und kein Budo. Und das ist auch nicht mein Weg, wie ich schon im November geschrieben hatte.

ryoma
01-09-2019, 13:12
...Keiko und renshū (Training) sind übrigens unterschiedliche Begriffe.

Hier kann man vielleicht ein klein wenig ausholen: Keiko (稽古) wird hauptsächlich für das üben oder trainieren im Kontext japanischer Künste benutzt. Das kann also z.B. auch das üben eines japanischen Musikinstrumentes sein oder eben ganz typisch die Budôkünste.
Renshû (練習) ist umfassender und kann eigentlich für alles gebraucht werden, was mit regelmässigem Üben oder Trainieren zu tun hat (nicht beschränkt auf sportliche Aktivitäten).

FireFlea
01-09-2019, 13:24
In diesem Sinne übe ich kein Aikido und kein Budo. Und das ist auch nicht mein Weg, wie ich schon im November geschrieben hatte.

Die angesprochenen Punkte bzgl. Haltung, Nachgehen beim Schlagen, Positionierung können doch 1 zu 1 durchgeführt werden, wenn ich nicht mit dem Schwerpunlt 'Budo' übe. Ich halte sie für ebenso zutreffend, wenn man bspw. mit Schwerpunkt Gesunderhaltung trainiert.

Aiki5O+
01-09-2019, 21:22
Die angesprochenen Punkte bzgl. Haltung, Nachgehen beim Schlagen, Positionierung können doch 1 zu 1 durchgeführt werden, wenn ich nicht mit dem Schwerpunlt 'Budo' übe. Ich halte sie für ebenso zutreffend, wenn man bspw. mit Schwerpunkt Gesunderhaltung trainiert.
Mag sein, aber dann ist es wohl kein Aikido. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, mich aus technischen Aikido-Diskussionen herauszuhalten. Eine kurze Begründung (https://www.kampfkunst-board.info/forum/showthread.php?188690-Ukemi-f%C3%BCr-%C3%84ltere-oder-sind-die-%C3%9Cbungen-des-Aikido-wirklich-immer-gesund&p=3705905#post3705905) für meine Einstellung habe ich im Thread "Ukemi für Ältere" geschrieben, weil sie dort besser hin passt.

carstenm
02-09-2019, 10:57
Das ist der Grund warum in den Koryû die Uke Seite immer vom Sensei bzw. Senpai eingenommen wurde.Interessanterweise ist im aikidô die Partner(uke)-Rolle nicht in gleicher Weise fest definiert, wie die Rolle von ukedachi/kirimkomi/... in den kenjutsu. Weder die konkrete Ausführung eines bestimmten Angriffs, noch das ukemi wurden historisch unterrichtet, bzw. tradiert. Was wir heute als ukemi kennen, ist in vieler Hinsicht eine relativ "neumodische Erfindung".


Anders als Inryoku in #56 geschrieben hat, war und ist meine Erfahrung mit "weit Fortgeschrittenen", dass das Üben einer Kata für mich oft viel einfacher ist als mit Anfängern oder Aikidoka auf gleichem Level, vorausgesetzt, dass mir der "äußere" Bewegungsablauf der Kata klar ist. Das wäre ja auch logisch, wenn man das Üben als Nachtanzen auffasst: der Fortgeschrittene kann unrunde Bewegungen meinerseits leichter ausgleichen und natürlich kann ich als Uke beobachten oder besser gesagt fühlen wie sich mein Partner als Nage bewegt.Wenn das Ziel ein möglichst flüssiger Bewegungsablauf ist, z.B. um ein Flow-Gefühl zu erzeugen, wie du ja schon manchmal geschrieben hast, dann ist es natürlich von Vorteil, wenn einer der beiden Partner aufgrund seiner Erfahrung in der Lage ist, diesen Bewegungsablauf aufrechtzuerhalten, auch wenn es bei dem anderen Partner in irgendeiner Weise hakt.

Ich kenne das als eine Weise, Anfänger die äußere Form einer Technik zu unterrichten. Ich beschreibe nicht verbal, was sie tun sollten, sondern versuche durch mein Verhalten als uke ihren Körper unmittelbar spüren zu lassen, wie sich ihre Technik entwickeln sollte.

Da es in meinem Üben und Unterrichten aber gerade nicht um das Erzeugen eines Flow Gefühls geht und da die Phase, in der es um das Lernen der äußeren Gestalt einer Technik geht, ja vorübergeht, ist dieser Aspekt der uke Rolle aus meiner Sicht eher nicht charakteristisch für die Aufgabe von uke.


Wobei Ellis Amdur wiederholt die Auffassung geäußert hat (z.B. hier (http://www.aikiweb.com/forums/showpost.php?p=353418&postcount=10)), dass im Aikido eigentlich Nage derjenige ist, der Uke erzieht, indem er ihm die Erfahrung des aus-dem-Gleichgewicht-gebracht, geworfen und/oder gehebelt werden vermittelt.Ich teile Ellis' Verständnis der uke Rolle nicht. Zum einen, da es eben keine "historische Tradition" einer "korrekten" uke-Rolle gibt. Zum anderen, weil unterschiedliche Schüler von Ueshiba unterschiedliches uke-Verhalten aus ihrer jeweiligen Interpretation der waza hervorgebracht haben.


Ich bilde mir ein, dass ich im Rahmen des keiko meistens meine Partner bewege.Das freut mich. Für mich ist das nicht so selbstverständlich.


Ich verstehe die Zitate als Beispiele für den Bezug zum täglichen Leben, der über Kampfkunst hinausgeht.Ich suche im keiko eines budô keinen "Bezug zum täglichen Leben, der über Kampfkunst hinausgeht". Sondern ich versuche mich in dem jeweiligen budô selbst zu üben. Und das, was in dieser Schule tradiert wird, so gut zu verstehen, zu lernen und zu üben, wie es mir möglich ist.
Insbesondere im Üben des Curriculums einer koryû entdecke ich keinen unmittelbaren alltäglichen Bezug: Ich habe gestern lange daran gearbeitet mein Schwert "richtig" zu ziehen. Für diese Arbeit sehe ich gewiß keine alltägliche Verwendung. Und doch war es gestern Nachmittag wesentlicher Inhalt meines keiko - und wird es auch weiterhin immer wieder sein.

Inryoku hat es ja schon geschrieben:

Keiko bedeutet "das Alte studieren", und "seine Haltung überdenken".
Also genau das zu machen was überliefert wurde, in dem Fall Budo zu üben, und nicht irgendwas.
Es geht darum, das zu lernen und zu üben, was eine bestimmte Schule überliefert.
In Bezug auf aikidô gibt es ja Bewegungen, wie z.B. aiki extensions oder Dergleichen. Ich sehe das kritisch und halte es für ein Mißverstehen dessen, was ursprünglich mit aiki gemeint ist. Jedenfalls ist es in Bezug auf die TSKSR - mindestens auf den ersten Blick - klarer, daß man das, was im keiko geübt wird, nicht im Alltag anwenden wird. Und dennoch besteht ein tiefes comittment gegenüber der Schule und dem Üben des Überlieferten.

Daher hast du - jedenfalls meiner Ansicht nach - einen wesentlichen Aspekt des Übens, wie ich es verstehe, erfaßt:
Carstenms Antwort ist: "im Rahmen des keiko einen kooperativen Partner bewegen zu können". Im Keiko übt man also, Techniken zum Funktionieren zu bringen, um sie im Keiko selbst zum Funktionieren zu bringen. Wenn das alles wäre, dann wäre das Üben ein Selbstzweck.Der Wert des Übens liegt in sich selbst.
Ich weiß nicht, ob du schon einmal bei einer japanischen Teezeremonie warst? Natürlich lassen sich alle einzelnen Details auch praktisch herleiten. Nichtsdestotrotz weist der Vollzug auf sich selbst zurück. Aus meiner Sicht ist das der wesentliche Aspekt des Ganzen. Und so auch im aikidô - oder TSKSR: Man übt, um dem näher zu kommen, was geübt werden soll.
Wie Inryoku schreibt: Um "genau das zu machen was überliefert wurde, in dem Fall Budo zu üben, und nicht irgendwas." Und das geschieht, indem man "das Alte studiert" und "seine Haltung überdenkt". Meditieren, stehen, aikidô üben, kenjutsu üben, der Etikette folgen ... zweckfrei ... um schließlich zu erleben, daß und wie einen gerade solches Üben im Laufe der Zeit transformiert.


"Ist es allerdings ein fundamentales Mißverständnis, im Sparring dann nach irgendwelchen konkreten (Aikido-)Techniken zu suchen", stellt sich die Frage, was man eigentlich im Keiko lernt.Technisch betrachtet lernt man - so, wie ich es verstehe - im eigenen Körper aiki zu entwickeln. Und mittels aiki die Kontrolle über die Struktur eines anderen Körpers zu übernehmen. Die im Rahmen des keiko geübten Techniken sind - nach meinem Verständnis - idealtypische Möglichkeiten, wie die Struktur eines anderen Körpers mittels aiki kontrolliert und bewegt werden kann.
Der shihan, bei dem ich übe, betont immer wieder den Unterschied zwischen kata und waza: Kata als das, was während des keiko als festgelegte Form geübt wird. waza als das, was in der freien Begegnug zweier Körper - auf der Grundlage des Geübten - je aktuell entsteht und wirkt. Mein Lieblingszitat von ihm: "Practice basics. - Be as free as nature."

Aiki5O+
02-09-2019, 20:47
Ich bilde mir ein, dass ich im Rahmen des keiko meistens meine Partner bewege.
Das freut mich. Für mich ist das nicht so selbstverständlich.
Um nicht überheblich zu wirken, hätte ich besser schreiben sollen, dass sich im Rahmen des keiko meine Partner meistens bewegen lassen. Im Sinne von: "Ich kenne das als eine Weise, Anfänger die äußere Form einer Technik zu unterrichten. Ich beschreibe nicht verbal, was sie tun sollten, sondern versuche durch mein Verhalten als uke ihren Körper unmittelbar spüren zu lassen, wie sich ihre Technik entwickeln sollte." werden vielleicht die meisten Hakama-Träger mit mir umgehen und das Üben erleichtern oder gar erst ermöglichen.


Daher hast du - jedenfalls meiner Ansicht nach - einen wesentlichen Aspekt des Übens, wie ich es verstehe, erfaßt: Der Wert des Übens liegt in sich selbst. Das gilt mMn auch für den Flow, also das totale Aufgehen in seinem Tun. Ohne das ich persönlich nicht motiviert wäre, Aikido über längere Zeit auszuüben.


Wie Inryoku schreibt: Um "genau das zu machen was überliefert wurde, in dem Fall Budo zu üben, und nicht irgendwas." Und das geschieht, indem man "das Alte studiert" und "seine Haltung überdenkt". Meditieren, stehen, aikidô üben, kenjutsu üben, der Etikette folgen ... zweckfrei ... um schließlich zu erleben, daß und wie einen gerade solches Üben im Laufe der Zeit transformiert. Gut, aber was ist im Falle von Aikido "das zu studierende Alte"? Das, was ein Shihan in seiner Linie begründet hat? Das Aikido Ueshiba Moriheis aus welcher seiner Perioden? Daito Ryu Aiki jujutsu? Oder ...?


Technisch betrachtet lernt man - so, wie ich es verstehe - im eigenen Körper aiki zu entwickeln. Und mittels aiki die Kontrolle über die Struktur eines anderen Körpers zu übernehmen. Die im Rahmen des keiko geübten Techniken sind - nach meinem Verständnis - idealtypische Möglichkeiten, wie die Struktur eines anderen Körpers mittels aiki kontrolliert und bewegt werden kann.
Dem kann ich zustimmen. Nur, dass ich nicht verstehe, was du (oder Inryoku) genau unter Aiki verstehen. Deswegen lasse ich mal offen, ob ich jemals jemanden mit aiki kontrollieren könnte.

In dem Thread "Ukemi für Ältere" hast du geschrieben, worauf ich ja auch immer wieder Wert lege:

Für mich ganz persönlich ist die gesunderhaltende und heilende Wirkung des Übens von aikidô mit das Wichtigste daran. Und ich achte als Unterrichtender sehr auf diesen Aspekt.
U.a. auch gerade, weil ich die ersten etwa 12 Jahre sehr "verschleißbetont" geübt habe.
Ich werde in einigen Wochen 54 Jahre alt. Und ich erlebe es in den letzten Jahren so, daß ich mich durch das Üben fitter, gesünder, lebendiger, freier - auch gerade körperlich - fühle. Viele Lehrer, die mir wichtig sind, sind inzwischen zwischen 70 und 80 Jahren alt.Damit hat das Üben von Aikido einen wichtigen Zweck oder Wirkung auf den Alltag und ist somit nicht nur Selbstzweck.

Gast
03-09-2019, 07:37
Das gilt mMn auch für den Flow, also das totale Aufgehen in seinem Tun. Ohne das ich persönlich nicht motiviert wäre, Aikido über längere Zeit auszuüben.

Wie kommst du denn wieder raus, wenn du in deinem Tun total aufgegangen bist?
Tut mir leid, für mich hört sich das seltsam an, bisschen wie Zeug aus der Hippie-Ära. Etwas zu üben um irgendwelcher "flow" Erlebnisse willen, das ist ein bisschen wie Drogen zu sich zu nehmen.
Bewusstseinsverändernde Zustände sind für auf der Matte mich nicht erstrebenswert, da geht es eher um die Wahrnehmung und Reaktionsfähigkeit auf das was um mich herum passiert.


Gut, aber was ist im Falle von Aikido "das zu studierende Alte"? Das, was ein Shihan in seiner Linie begründet hat

Normalerweise das, was dein Lehrer von seinem Lehrer gelernt hat.


Dem kann ich zustimmen. Nur, dass ich nicht verstehe, was du (oder Inryoku) genau unter Aiki verstehen. Deswegen lasse ich mal offen, ob ich jemals jemanden mit aiki kontrollieren könnte.

Wenn man es nicht übt, wird man es nicht können.
Und man übt übrigens, ohne ständig an Kampf und die nächste Schlacht zu denken. Ich habe den Eindruck mit dem Begriff Budô, bzw. dem Üben von Budô sind bei dir bestimmte Dinge verknüpft, die aber gar nicht so im Sinne des Erfinders, respektive des Begründers sind.
Letztens habe ich im zusammenhang mit Ueshiba irgendwo den Begriff "Friedensaktivist" gehört. Nun, das war er nicht, aber er betonte, dass es in seinem Budô eben darauf ankommt, einen Geist zu entwickeln der nicht ständig mit Kampf beschäftigt ist.
Und trotzdem war er sehr effektiv, denn nur aufgrund dieser Effektivität ergab seine Denkweise einen Sinn. Das ist selbst für viele Aikidoka schwer zu verstehen, aber genau das ist der Grund, warum man erst mal diesen Punkt erreichen muss, wo es funktioniert, und sich nicht vorher in Spekulationen, Eigenkreationen und eigenen Interpretationen verlieren darf, sondern eben das überlieferte tut, eben Keiko.

Aiki5O+
03-09-2019, 09:51
Normalerweise das, was dein Lehrer von seinem Lehrer gelernt hat.

Das ist selbst für viele Aikidoka schwer zu verstehen, aber genau das ist der Grund, warum man erst mal diesen Punkt erreichen muss, wo es funktioniert, und sich nicht vorher in Spekulationen, Eigenkreationen und eigenen Interpretationen verlieren darf, sondern eben das überlieferte tut, eben Keiko.
Wenn der Wert und das Funktionieren des Übens in sich selbst liegt, im Keiko des eigenen Lehrers, so wie der es weitergibt, dann sehe ich keinen Sinn mehr darin, sich in einem Forum darüber auszutauschen.

Gast
03-09-2019, 10:39
Wenn der Wert und das Funktionieren des Übens in sich selbst liegt, im Keiko des eigenen Lehrers, so wie der es weitergibt, dann sehe ich keinen Sinn mehr darin, sich in einem Forum darüber auszutauschen.

Ich denke, dass muss jeder selbst entscheiden.
Auch was nan übt und welchem Lehrer man folgt.
Du bist ja immer ziemlich schnell damit zu sagen, dies oder jenes zu tun oder zu üben ergibt keinen Sinn.
Dann warst du ja schon mal raus.
Eigentlich ist es ja doch ein menschliches Bedürfnis sich azszutauschen, aber vielleicht hast du recht.

carstenm
03-09-2019, 12:56
Um nicht überheblich zu wirken, ...Ich fand es gar nicht überheblich. Und so war auch meine Antwort nicht gemeint. Ich habe diese Aussage tatsächlich unter Bezug auf deine/eure Übungsweise verstanden:
... dass sich im Rahmen des keiko meine Partner meistens bewegen lassen.In dem Üben, das ich kenne, ist die Rolle des uke einfach eine andere.


Das gilt mMn auch für den Flow, also das totale Aufgehen in seinem Tun. Ohne das ich persönlich nicht motiviert wäre, Aikido über längere Zeit auszuüben.Nach meinem Verständnis braucht das Üben von aikidô ein hohes Maß an Selbstreflexivität. Und zwar während des Tuns. Ich beobachte mich selbst, die Situation, das Geschehen ... und passe mein Handeln entsprechend an. Es geht - in aller Regel - eher darum, wahrzunehmen und zu fühlen. Weniger darum, zu tun.
Dort, wo ich erlebt habe, daß es Lehrern in ihrem Üben um ein Flow-Erlebnis geht, habe ich den Aspekt der konstanten Selbstreflexivität während der Ausführung der jeweiligen Technik vermißt. Es ging eher darum, einen unterbrechungsfreien, gewissermaßen "automatisierten" Ablauf der Technik zu erzeugen, "ohne viel Nachdenken".
Auch war die Geschwindigkeit der Ausführung bei dieser Übungsweise zu hoch, um in sich hineinzufühlen, ggf. etwas in der inneren Haltung zu ändern ...

Wenn ich beim Laufen in den Flow-Bereich komme, dann denke ich nicht mehr über meinen Laufstil nach, nicht über die Atmung, nicht über wasweisich ... sondern ... es ... läuft ... einfach ... aus ... sich ... selbst ... Das ist ein Bereich, in dem dann kreative Ideen aufpoppen. Oder in Bezug auf irgendein Thema eine Entscheidung klar und deutlich wird. Oder ich auch die Landschaft genieße.

In meinem Üben versuche ich diesen Effekt dagegen bewußt zu vermeiden.
Welchen Stellenwert hat solche Selbstreflexivität in deinem Üben und wie verhält sie sich zu deinem Verständnis von Flow?


Gut, aber was ist im Falle von Aikido "das zu studierende Alte"? Das, was ein Shihan in seiner Linie begründet hat? Das Aikido Ueshiba Moriheis aus welcher seiner Perioden? Daito Ryu Aiki jujutsu? Oder ...?In allen Bereichen meines Übens (aikidô, TSKSR, nei gong, Meditation) wird "das zu studierende Alte" in Übertragungs- bzw. Traditionlinien im Rahmen von persönlichen Schüler-Lehrerbeziehungen weitergegeben. So, wie es auch Inryoku schreibt: Es geht um "das, was dein Lehrer von seinem Lehrer gelernt hat." ... und der wiederum von dessen Lehrer ...
Dabei sind diese Übertragungswege nicht nur eindimensional, sondern die lineare Übertragung der Lehrer-Schüler-Linie ist ist eingebettet in ein Netzwerk aus Übertragungslinien.

(In meinem Fall bedeutet das z.B.:
- Ich tausche mich mit anderen Schülern meines Lehrers aus, um seinen Unterricht besser zu verstehen.
- Ich übe nicht nur bei dem Lehrer meines Lehrers (ein Schüler Ueshibas in den 60ern), sondern auch bei anderen Schülern des Lehrers meines Lehrers, um dessen Unterricht besser zu verstehen. Und tausche mit wiederum mit deren Schülern aus.
- Ich übe bei anderen Schülern des shihan, an dem sich der Lehrer meines Lehrers orientiert hat. Dieser shihan (ebenfalls ein Schüler Ueshibas in den 50ern und 60ern), war bis zu seinem Tod auch der direkte Lehrer meines Lehrers.
- Auch durch den katori-Lehrer meines Lehrers, der in den 30ern ein Schüler von Ueshiba war, gibt es eine unmittelbare Verbindung, über die "das zu studierende Alte" weiter getragen wurde.
- Und schließlich noch durch einen weiteren Lehrer (ein Schüler Ueshibas in den 60ern), bei dem mein Lehrer in Japan geübt hat.
... und ... so ... weiter ... )

Langer Rede, kurzer Sinn:
"Das zu studierende Alte" ist kein Abstraktum, keine objektive Wahrheit, sondern es ist ein lebendiges, dynamisches Wissen einer Schule (流 ryû, enthält da kanji 川 kawa: dt. Fluß), es ist die Erfahrung, die jemand, der vorher gelebt hat (先生 sensei) durch sein eigenes Studium des Alten (稽古 keiko) erlangt hat und daraufhin als das "zu studierende Alte" weitergibt.

Ich persönlich finde es unglaublich reizvoll, mich in einen derartigen Strom zu stellen, und dieses alte Wissen, zu studieren.


In dem Thread "Ukemi für Ältere" hast du geschrieben, worauf ich ja auch immer wieder Wert lege:[...]
Damit hat das Üben von Aikido einen wichtigen Zweck oder Wirkung auf den Alltag und ist somit nicht nur Selbstzweck.Alles, was ich tue, wird zur Ursache einer Wirkung. Auch wenn ich etwas um seiner Selbst willen tue, hat das eine Wirkung.
Nach meinem Verständnis ist es ein fundamentaler Unterschied, ob ich aikidô übe, um etwas für meine Gesundheit zu tun. Oder ob ich aikidô um seiner selbst willen üben, und im Rahmen dieses Übens erlebe, daß es meiner Gesundheit gut tut.
Ganz praktisch erlebe ich, daß ein bestimmter Zweck vom Üben des Eigentlichen wegführen kann, so daß sich die Wirkung des eigentlichen Übens überhaupt nicht entfalten kann.

carstenm
03-09-2019, 12:59
Wenn der Wert und das Funktionieren des Übens in sich selbst liegt, im Keiko des eigenen Lehrers, so wie der es weitergibt, dann sehe ich keinen Sinn mehr darin, sich in einem Forum darüber auszutauschen.Ich dagegen finde das Gespräch mit Vertretern anderer Traditionslinien immer wieder interessant und spannend. Und lehrreich auch für das Verständnis des eigenen Übens.

Aiki5O+
03-09-2019, 22:32
Dort, wo ich erlebt habe, daß es Lehrern in ihrem Üben um ein Flow-Erlebnis geht, habe ich den Aspekt der konstanten Selbstreflexivität während der Ausführung der jeweiligen Technik vermißt. Es ging eher darum, einen unterbrechungsfreien, gewissermaßen "automatisierten" Ablauf der Technik zu erzeugen, "ohne viel Nachdenken".
Auch war die Geschwindigkeit der Ausführung bei dieser Übungsweise zu hoch, um in sich hineinzufühlen, ggf. etwas in der inneren Haltung zu ändern ... So erlebe ich es auch: Die erhöhte Geschwindigkeit hat ja gerade den (oder einen) Sinn, die Selbstreflexivität und das Nachdenken hinter sich zu lassen und den "automatisierten" oder intuitiven Bewegungen zu vertrauen. Dazu kommt oft noch ein fließender und pausenlose Übergang zwischen den Techniken, als Uke z.B. vom Geworfen werden, Abrollen und erneut Angreifen, das einen auch physisch auspowert und zwingt sich immer kraftloser und damit effizienter zu bewegen.


Wenn ich beim Laufen in den Flow-Bereich komme, dann denke ich nicht mehr über meinen Laufstil nach, nicht über die Atmung, nicht über wasweisich ... sondern ... es ... läuft ... einfach ... aus ... sich ... selbst ... Das ist ein Bereich, in dem dann kreative Ideen aufpoppen. Oder in Bezug auf irgendein Thema eine Entscheidung klar und deutlich wird. Oder ich auch die Landschaft genieße. Das wäre nach meinem Verständnis kein Flow (https://de.wikipedia.org/wiki/Flow_(Psychologie)) mehr, weil die volle Konzentration auf die Tätigkeit fehlt, wenn Gedanken oder Ideen aufpoppen, die mit Tätigkeit (also hier dem Laufen) nichts zu tun haben.


In meinem Üben versuche ich diesen Effekt dagegen bewußt zu vermeiden.
Welchen Stellenwert hat solche Selbstreflexivität in deinem Üben und wie verhält sie sich zu deinem Verständnis von Flow?Ich bin mir nicht ganz sicher, was du mit dem Begriff "Selbstreflexivität" meinst. Für die Antwort gehe ich davon aus, dass es das bewusste und bedenkende Ausführen der Bewegungen der Kata meinst.

Bewegungen als Ganzes oder Aspekte davon müssen ja erst mal bewusst gelernt ausgeführt werden, bevor sie automatisiert werden können. Technische Exaktheit wird ja auch noch von meinem Lehrer eingefordert. Deswegen gibt es bei uns natürlich auch statische und langsam ausgeführte fließende Bewegungen, die Raum für "Selbstreflexivität" lassen, also wo ich mir neue Techniken, neue Aspekte oder Details bekannter Techniken bewusst ausführe. Das nimmt auch den längeren Teil des Übens ein.

Außerdem möchte ich noch anmerken, dass ich als einfacher Schüler nur dem Unterricht meiner Lehrer(innen) folge und das hier Geschriebene das von mir interpretierte Erlebte und Erinnerte daran ist.


Wie kommst du denn wieder raus, wenn du in deinem Tun total aufgegangen bist?
Tut mir leid, für mich hört sich das seltsam an, bisschen wie Zeug aus der Hippie-Ära. Etwas zu üben um irgendwelcher "flow" Erlebnisse willen, das ist ein bisschen wie Drogen zu sich zu nehmen.
Vielleicht ist das ja der Grund, warum ich nach dem Training oft so wirres Zeug schreibe. :weirdface


Bewusstseinsverändernde Zustände sind für auf der Matte mich nicht erstrebenswert, da geht es eher um die Wahrnehmung und Reaktionsfähigkeit auf das was um mich herum passiert.Flow (https://de.wikipedia.org/wiki/Flow_(Psychologie))-Zustände kommen ja gerade bei Sportarten wie Klettern oder Akrofliegen vor, wo eine schnelle Reaktionsfähigkeit und Wahrnehmung lebenswichtig sind.

carstenm
04-09-2019, 11:10
So erlebe ich es auch: ...Danke für die Rückmeldung.


Das wäre nach meinem Verständnis kein Flow (https://de.wikipedia.org/wiki/Flow_(Psychologie)) mehr, weil die volle Konzentration auf die Tätigkeit fehlt, wenn Gedanken oder Ideen aufpoppen, die mit Tätigkeit (also hier dem Laufen) nichts zu tun habenIch habe eine Weile mit KünstlerInnen zu tun gehabt, die sehr bewußt den Zusammenhang zwischen Flow-Erlebnissen und Kreativität erforscht und gelebt haben. Ich kenne das Buch "FLOW und Kreativität" von Mihaly Csikszentmihalyi nicht, aber auch da scheint es doch genau darum zu gehen.
Aber wie dem auch sei ...
... nach meinem Verständnis unterscheidet sich das Üben von aikidô grundlegend von dem Erleben von Flow.


Ich bin mir nicht ganz sicher, was du mit dem Begriff "Selbstreflexivität" meinst. Für die Antwort gehe ich davon aus, dass es das bewusste und bedenkende Ausführen der Bewegungen der Kata meinst. Ja und nein.

Ich meine damit eine selbst-bewußte und selbst-wahrnehmende Haltung beim Üben. Das bezieht sich aber nicht auf die äußere Form (oder auch den Ablauf) einer kata. Die setze ich als "gegeben" voraus. (In meinem keiko sage ich immer wieder Sätze wie etwa: "Wie ikkyô geht, wissen wir ja alle ...")
Sondern mir geht es um die Wahrnehmung des eigenen Körpers - und die Arbeit damit. (Den Geist in den Körper sinken lassen und dann mitVorstellungen arbeiten. Beispielhaft: Spiralen im eigenen Körper erzeugen. Gelenke oder bestimmte Linien "öffnen" oder "schließen". Bestimmte Verbindungen im Inneren aufbauen. Die Körpermitte in die Extremitäten hinein ausdehnen. Usw.)
Und es geht mir um die Wahrnehmung des Kontaktes und der Körperstruktur von uke. (Eine Verbindung zu der Körperstruktur von uke herstellen. Meinen Geist nicht nur in meinem eigenen Körper "aufsaugen", sondern auch in den Körper von uke hinein ausdehnen. Und mit Vorstellungen so den Körper von uke beeinflussen.)

D.h. ich fühle während des Übens kontinuierlich in mich selbst hinein, in die Verbindung hinein, in den Partner hinein. Und gestalte aufgrund dieser Wahrnehmungen "das Innere der kata". Es kann also bei dieser Art zu üben, per definitionem keinen Automatisierung geben.


... Technische Exaktheit wird ja auch noch von meinem Lehrer eingefordert. ...Technische Exaktheit ist - wie oben gesagt: "Wie ikkyô geht, wissen wir ja alle ..." - die Voraussetzung dieser Art des Übens. Die äußere Form bzw. der Ablauf der kata muß möglichst präzise sein, damit sie dann von Innen her gefüllt werden kann. D.h., um ganz an den Beginn dieser Diskussion anzuknüpfen, es muß verinnerlicht sein, wo ein Fuß stehen soll, wohin eine Bewegung führt. Distanzen, Winkel, Timing,Richtungen, ... all das ist - meiner Ansicht nach - "nur" die Voraussetzung, um dann an dem arbeiten zu können, was ich unter aiki verstehe. Und um das, was man in der Soloarbeit übt und "herstellt" jetzt in die Arbeit mit einem Partner übertragen zu können.

(Um noch einen anderen Punkt der Diskussion aufzunehmen:
In einem nächsten Schritt kann dann die äußere Form ganz wegfallen und der Kontakt kann ausschließlich mit Hilfe von aiki frei gestaltet werden. Das wäre dann das, was im Sparring oder in SV Situationen geschehen kann.)

Gast
04-09-2019, 12:17
Flow (https://de.wikipedia.org/wiki/Flow_(Psychologie))-Zustände kommen ja gerade bei Sportarten wie Klettern oder Akrofliegen vor, wo eine schnelle Reaktionsfähigkeit und Wahrnehmung lebenswichtig sind.

Wer z.B. beim Klettern in den flow Bereich kommen will, der muss vor allem eins gut können: Klettern.
Wer nicht klettern kann, wird die Mühelosigkeit nicht erreichen, die für den flow wichtig sind.
Wer im Kampfkunstbereich in diesen Bereich kommen will, muss genau das geübt haben, was man dort übt: Keiko.
Er muss diesen Zustand der Mühelosigkeit erreichen, in dem er Dinge tun kann, die man ohne geübt zu haben eben nicht erreicht.
Wenn man mit Partnern übt die einem bestimmte Dinge abnehmen, kann es sein dass ein solcher flow erzeugt wird, aber weil einem bestimmte Dinge abgenommen werden. Das wäre wie beim Klettern, wenn man nicht selbst klettern muss, weil man hochgehoben oder anderweitig unterstützt wird.
Ein kleiner Selbstbetrug würde ich meinen.


So erlebe ich es auch: Die erhöhte Geschwindigkeit hat ja gerade den (oder einen) Sinn, die Selbstreflexivität und das Nachdenken hinter sich zu lassen und den "automatisierten" oder intuitiven Bewegungen zu vertrauen. Dazu kommt oft noch ein fließender und pausenlose Übergang zwischen den Techniken, als Uke z.B. vom Geworfen werden, Abrollen und erneut Angreifen, das einen auch physisch auspowert und zwingt sich immer kraftloser und damit effizienter zu bewegen.

Es wird auch dazu führen, dass die Bewegungen effizienter werden, und weniger kraftaufwändig. Das gilt aber nur, wenn die Bedingungen immer gleich bleiben. Wenn die Parameter sich ändern, wird es u.U. wieder mühevoller. Es ist wie mit dem Bogenschützen, dem der Meister einen Bogen gab den er lernen sollte zu spannen. Irgendwann war der Schüler dazu in der Lage, und ging zum Meister der ihm nun das Schießen beibringen sollte.
Statt dies zu tun, gab er dem Schüler einen Bogen der viel schwerer zu spannen war.

Ki no nagare ist in vielen Dojos die vorherrschende Trainingsform, weil sie eben diesen Zustand der Mühelosigkeit vorgaukelt, der aber in Wirklichkeit noch nicht erreicht ist. Die vorbereitenden Phasen die im klassischen Aikido, beispielweise in der Iwama Richtung, sehr lange die vorherrschende Trainingsform ausmachen, werden nicht durchlaufen.
Bis man frei klettern kann, ist es ein langer Weg.

Aiki5O+
04-09-2019, 22:31
Ich meine damit eine selbst-bewußte und selbst-wahrnehmende Haltung beim Üben. Das bezieht sich aber nicht auf die äußere Form (oder auch den Ablauf) einer kata. Die setze ich als "gegeben" voraus. (In meinem keiko sage ich immer wieder Sätze wie etwa: "Wie ikkyô geht, wissen wir ja alle ...") Aber um die "äußere Form" als "gegeben" voraussetzen zu können, muss sie doch so weit automatisiert (d.h. im Muskelgedächtnis verankert) sein, dass man ihr kaum noch Aufmerksamkeit geben muss und auf etwas anderes achten kann.

Sondern mir geht es um die Wahrnehmung des eigenen Körpers - und die Arbeit damit. (Den Geist in den Körper sinken lassen und dann mitVorstellungen arbeiten. Beispielhaft: Spiralen im eigenen Körper erzeugen. Gelenke oder bestimmte Linien "öffnen" oder "schließen". Bestimmte Verbindungen im Inneren aufbauen. Die Körpermitte in die Extremitäten hinein ausdehnen. Usw.)
Und es geht mir um die Wahrnehmung des Kontaktes und der Körperstruktur von uke. (Eine Verbindung zu der Körperstruktur von uke herstellen. Meinen Geist nicht nur in meinem eigenen Körper "aufsaugen", sondern auch in den Körper von uke hinein ausdehnen. Und mit Vorstellungen so den Körper von uke beeinflussen.)Ich denke, darin gibt es Konsens über den Dissens: meine Lehrer unterrichten keine solchen Vorstellungsbilder.


Technische Exaktheit ist - wie oben gesagt: "Wie ikkyô geht, wissen wir ja alle ..." - die Voraussetzung dieser Art des Übens. Die äußere Form bzw. der Ablauf der kata muß möglichst präzise sein, damit sie dann von Innen her gefüllt werden kann. D.h., um ganz an den Beginn dieser Diskussion anzuknüpfen, es muß verinnerlicht sein, wo ein Fuß stehen soll, wohin eine Bewegung führt. Distanzen, Winkel, Timing,Richtungen, ... all das ist - meiner Ansicht nach - "nur" die Voraussetzung, um dann an dem arbeiten zu können, was ich unter aiki verstehe.
Gerade bei ikkyô will ich mir nicht anmaßen, zu wissen er geht. Und offenbar wissen das auch nicht alle Danträgerinnen, wie in diesem Beispiel (https://www.youtube.com/watch?v=pmwRBUSjADQ#t=1m35), das ich vor kurzem schon mal verlinkt hatte. Das gilt für mich auch für andere Formen und Techniken, dass ich da noch an der "äußeren Form" arbeiten muss. Es ist ein Wechselspiel von statischem und langsamen, bewussten Üben und dem schnellen, fließenden Ki-no-nagare. Jedenfalls werde ich noch lange die Optimierung der "äußeren Formen" üben. Und ein Mittel dazu ist eben ein schnell und flüssig ausgeführtes ki-no-nagare, jedenfalls in der Praxis meiner Lehrer.

Ich kann die Didaktik meiner Lehrer nicht erklären oder gar begründen, ich kann nur schreiben, dass ich die erlebten Übungsformen als stimmig erlebe und dass die gelernten im Keiko meines Dojos für mich und meine Partner "funktionieren". Wie ich in dem Thread gelernt habe, brauch ich ja auch nicht mehr erwarten.

Captain Kürbis
05-09-2019, 08:20
Gerade bei ikkyô will ich mir nicht anmaßen, zu wissen er geht. Und offenbar wissen das auch nicht alle Danträgerinnen, wie in diesem Beispiel (https://www.youtube.com/watch?v=pmwRBUSjADQ#t=1m35), das ich vor kurzem schon mal verlinkt hatte. Das gilt für mich auch für andere Formen und Techniken, dass ich da noch an der "äußeren Form" arbeiten muss.

Ich finde das Beispiel hinkt ein wenig, denn jemand der sehr viel besser ist als ein anderer und dazu noch weiß, was für eine Technik angewendet werden soll, kann (wenn er aufmerksam ist) immer Fehler in der Bewegung finden. Das heißt aber nicht, dass der andere nicht weiß wie eine Technik funktioniert, das heißt nur, dass es einen deutliche Niveau-Unterschied zwischen den Übenden gibt. Das man dauerhaft an der äußeren Form übt ist keine Frage, aber das Niveau auf dem geübt wird sollte sich über die Jahre verändern.

Gast
05-09-2019, 11:24
Ich denke, darin gibt es Konsens über den Dissens: meine Lehrer unterrichten keine solchen Vorstellungsbilder.



Finde ich seltsam, die meisten Lehrer arbeiten doch in irgendeiner Form mit Vorstellungen und/oder Bildern, deiner sicher auch.
Welche genau, da gibt es natürlich Unterschiede.


Gerade bei ikkyô will ich mir nicht anmaßen, zu wissen er geht. Und offenbar wissen das auch nicht alle Danträgerinnen

Ich denke schon, sie wissen wie es "geht", wie man die Form übt ist Danträgern doch klar.

Ob man tatsächlich jemandem mit einer Technik beeinflussen kann, ist eine andere Sache, schon gar wenn er sich nicht Technik-konform verhält, wie in deinem Video.
Sich der Technik zu entziehen ist nicht so schwierig wenn es einen deutlichen Niveau-Unterschied gibt, der Versuch eine Verbindung zur Struktur aufzubauen nicht gelingt, weil der Partner den Kontakt nicht sucht oder gar nicht zulässt, was jeder Anfänger eigentlich genauso macht, dem man dann erklärt wie er anzugreifen hat - nur mit dem Unterschied, der eine hat eine gute Struktur, auf die man schlecht einwirken kann, der andere hat gar keine.
Das Ergebnis kann ähnlich ausfallen, uke dreht sich weg und die Wirkung der Technik verpufft einfach. Die Verweigerungshaltung eines Anfängers lässt sich jedoch meistens leichter auflösen, wenn es aber ein 90 Kilo Typ ist der einfach nicht mitmacht, wird die Danträgerin aus dem Video die gleichen Probleme haben wie bei ihrem Lehrer.
Heißt das jetzt sie weiß nicht wie Ikkyo geht? Wie gesagt wird sie die Form perfekt machen können, wenn sie einen guten Uke hat.
Ikkyo funktioniert als Technik, bei gutem Timing, richtigem Abstand, richtigen Winkeln im richtigen Moment.
Auch gegen Wiederstand kann man Ikkyo durchbringen, nicht aber so gut bei Tintenfischen, die ihre Arme einfach hängenlassen, oder Leuten die sich desinteressiert wegdrehen und den Kontakt verweigern.
Dieses Umdrehen oder den Rück zukehren ist natürlich kampfstrategisch eine Art Opferhaltung, man setzt sich der Gafahr von Stößem in die Nieren, Fußtrittem in die Kniekehle aus, oder einfach der dass der Arm überstreckt und den Ellenbogen gebrochen wird. Macht nage aber nicht (jedenfalls heutzutage). Weil, man will Ikkyo üben, eine Kata. Und meistens wissen die Leute wie das geht.
Was man aber in der Kata übt, Struktur beeinflussen und solche Dinge, das ist es was es zu üben gilt, und da gibt es halt deutliche Unterschiede zwischen den Übungspartnern, wie gut man das kann, oder wie gut man sich dem entziehen kann. Einfach stehen und nichts durchzulassen ist für einen 8. Dan genauso wenig ein Problem, wie der einwirkenden Kraft, sagen wie mal, einer Nidan-Schülerin auszuweichen.
Das er das kann wissen die Schüler alle, und ich denke nicht dass es ihm darum geht zu zeigen, wer was kann oder nicht kann, oder zu zeigen dass sie nicht weiß wie Ikkyo geht.

carstenm
05-09-2019, 12:22
Aber um die "äußere Form" als "gegeben" voraussetzen zu können, muss sie doch so weit automatisiert (d.h. im Muskelgedächtnis verankert) sein, ...Den Begriff "Muskelgedächtnis", kenne ich als die Fähigkeit eines Muskels, sich nach einer Rückbildung aufgrund einer Trainingsunterbrechung an das vor der Unterbrechung erreichte Leistungsniveau zu "erinnern" und sich deutlich schneller wieder aufzubauen, als das auftrainieren vorher gedauert hatte.
Ich kenne diesen Begriff nicht im Zusammenhang mit dem "Erinnern eines Bewegungsmusters". Aber das ist es doch, was du meinst, oder? Ich bin der Meinung, daß es sich dabei in erster Linie um eine kognitives Phänomen handelt und nicht um ein muskuläres.

Die Frage der Automatisierung hatten wir ja schon einmal, wenn ich mich recht erinnere. Ich halte diesen Begriff - und den dahinterstehenden Gedanken - nicht für angemessen, um das Üben eines budô zu beschreiben. Weder beim aikidô - noch beim kenjutsu - ist das, was ich unter einer "automatisierten Bewegung" verstehe, sinnvoll, denn jeder Partner ist anders, der eine, selbe Partner ist in jedem Moment anders, Ich bin in jedem Moment anders, der Kontext ist in jedem Moment anders, ...
Darum geht es m.E. darum, immer ganz im gegenwärtigen Augenblick zu sein, das Jetzt wahrzunehmen und entsprechend zu agieren. "Automatisierte Bewegung" verbinde ich mit Übenden, die ihre Technik "ohne ihren Partner" ausführen. Also zwar der äußeren Form nach korrekt, aber ohne Bezug zum Partner, ohne Kontakt. Ich kenne den Hinweis, "nicht einfach automatisch bewegen" als eine geläufige Korrektur.
Ich vermute, daß das, was du meinst, in meinem Üben als eine Gedächtnisleistung betrachtet wird: Man lernt und erinnert bestimmte Bewegungen so, wie die Vokabeln einer Fremdsprache. Bestimmte japanische Begriffe bedeuten, daß man Füße und Hände in bestimmter Weise bewegt um die Begriffe durch den Körper auszudrücken. Und je besser man diese Bewegungs-Vokabeln beherrscht, desto intuitiver kann man sie abrufen. Das Gehirn, kann die Bewegung unmittelbarer, ohne viele nachzudenken, steuern.
Das Beherrschen dieser Vokabeln meine ich mit "Wissen, wie ikkyô geht" und verstehe ich als Voraussetzung für eigentliche Üben. So wie du es wohl auch meinst, wenn du schreibst, daß man der Form "... kaum noch Aufmerksamkeit geben muss und auf etwas anderes achten kann." Und in Bezug auf ai hanmi katate dori ikkyo erwarte ich das von einem Schüler bei der Prüfung zum 5. kyû, also nach etwa 6 Monaten. Die shodan Prüfung hat bei uns den Charakter, daß man - theoretisch - alle Vokabeln beherrschen muß. D.h. man muß - so jedenfalls der Anspruch - von "jeder" Technik aus "jedem Angriff" wissen, wie sie geht. Sie technisch korrekt zeigen können.


Gerade bei ikkyô will ich mir nicht anmaßen, zu wissen er geht. Und offenbar wissen das auch nicht alle Danträgerinnen, wie in diesem Beispiel (https://www.youtube.com/watch?v=pmwRBUSjADQ#t=1m35), das ich vor kurzem schon mal verlinkt hatte.Nur interessehalber: Wo hattest du denn dieses Video vor kurzem schon verlinkt? Das ist mir entgangen. Dsa Gespräch dazu würde mich interessieren.

Was Deutung des Videos angeht, scheinst du einem Mißverständnis zu erliegen:

Ich kenne die junge Frau, die auf dem Video zunächst zu sehen ist, seit vielen Jahren persönlich. Ihre Dan-Prüfung war mit die beste Prüfung, die ich bisher miterlebt habe. Sie hat damals während ihrer Prüfung spontan Applaus bekommen für die Klarheit und gleichzeitig Rücksichtnahme, mit der sie ihren - doppelt so großen und zehnmal so schweren - Partner bewegt hat. Den Applaus gab es in einer Situation, als er sie blockiert und scheinbar "festgenagelt" hat, so daß alle Bewegung angehalten hat. Von außen wirkte es so, als müsse sie die Technik abbrechen und ihn bitten, noch einmal anzugreifen ... nicht gut ... selbst einer shodan Prüfung ... nicht gut ... Sie hat ihn freundlich angeschaut und dann aus dem Stand, ansatzlos und ohne große, sichtbare Bewegung schlicht und einfach geworfen. Und zwar genau mit der verlangten Technik. Und zwar mit Mordsbumms. Und zwar scheinbar mühelos. Daraufhin habe ich, das erste und einzige mal Applaus während einer Prüfung erlebt. Darauf der strenge Hinweis der Jury, man möge das bitte unterlassen! :mad: (undleisehinterbrummel ... auchwennmanesgutverstehenkönne :respekt:).
Welche Graduierung die junge Dame inzwischen hat, weiß ich nicht, aber sie ist seit Jahren eine enge Schülerin von Christian, die sehr intensiv bei ihm übt. Darum darf sie uke sein. So daß Christian ikkyô zeigen kann.
Und gerade weil sie sehr gut "weiß, wie ikkyô geht", und ikkyô so zeigen kann, wie es im keiko von Christian geübt werden soll - gerade deswegen darf sie dann auch die Rolle von tori einnehmen, so daß Christian daran erklären kann, worum es ihm geht. Und wie man diese Form unter bestimmten Aspekten zum funktionieren bringt. Ich habe jetzt schon fast zehn nicht mehr bei ihm geübt, aber ich meine aufgrund meines früheren Übens bei ihm sehen zu können, welche Aspekte er da deutlich machen möchte.

Wie auch Inryoku schreibt:
Das er das kann wissen die Schüler alle, und ich denke nicht dass es ihm darum geht zu zeigen, wer was kann oder nicht kann, oder zu zeigen dass sie nicht weiß wie Ikkyo geht.
Insofern meine ich, daß das Video gerade das gegenteil von dem zeigt, was du damit aussagen möchtest.

Gast
05-09-2019, 12:33
ihren - doppelt so großen und zehnmal so schweren - Partner

Ist der sehr muskulös, und grün? Ich glaube ich weiß wer das ist.

carstenm
05-09-2019, 12:43
Ist der sehr muskulös, und grün? Ich glaube ich weiß wer das ist.Ja! Der war das! :biglaugh:

carstenm
05-09-2019, 20:09
Noch eine Fußnote zur "Automatisierung":


Aber um die "äußere Form" als "gegeben" voraussetzen zu können, muss sie doch so weit automatisiert ... sein, ...Ich übe jetzt seit mehr als sieben Jahren jeden Tag acht ganz grundlegende (基本 - dieselben Schriftzeichen, mit derselben Bedeutung, wie wir sie auch in den japanischen budô für kihon benutzen), sehr einfache qi gong Formen.
Mehr als sieben Jahren.
Täglich.
Dieselben acht Formen.

Eine Automatisierung ist bisher nicht erfolgt.

Und auch diese Formen übe ich nicht, um damit einen bestimmten Zweck zu erreichenm, sondern um ihrer selbst willen. Um zu erleben, was sich durch dieses Üben entwickelt, wie sich dieses Üben aus sich selbst heraus transformiert, und was eventuell daraus wächst, daß ich diesen Samen lege.

Aiki5O+
05-09-2019, 23:03
Mit meinem letzten Beitrag wollte ich nur darauf hinweisen, dass ich das, was man unter "Wissen, wie ikkyô geht", und was die Voraussetzung für eigentliche Üben sei, für keineswegs selbsterklärend halte, wie ja die langen Antworten gezeigt haben.


Den Begriff "Muskelgedächtnis", kenne ich als die Fähigkeit eines Muskels, sich nach einer Rückbildung aufgrund einer Trainingsunterbrechung an das vor der Unterbrechung erreichte Leistungsniveau zu "erinnern" und sich deutlich schneller wieder aufzubauen, als das auftrainieren vorher gedauert hatte.
Ich kenne diesen Begriff nicht im Zusammenhang mit dem "Erinnern eines Bewegungsmusters". Aber das ist es doch, was du meinst, oder?
Es sind wohl beide Bedeutungen gebräuchlich, sowohl im Deutschen als auch im Englischen, siehe muscle memory (https://en.wikipedia.org/wiki/Muscle_memory). In der deutschen Wikipedia wird "Muskelgedächtnis (https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Muskelged%C3%A4chtnis&redirect=no)" gleich auf "Bewegungslernen" umgelenkt. Ich habe natürlich das motorische Gedächtnis gemeint.


Ich vermute, daß das, was du meinst, in meinem Üben als eine Gedächtnisleistung betrachtet wird: Man lernt und erinnert bestimmte Bewegungen so, wie die Vokabeln einer Fremdsprache. Bestimmte japanische Begriffe bedeuten, daß man Füße und Hände in bestimmter Weise bewegt um die Begriffe durch den Körper auszudrücken. Und je besser man diese Bewegungs-Vokabeln beherrscht, desto intuitiver kann man sie abrufen. Das Gehirn, kann die Bewegung unmittelbarer, ohne viele nachzudenken, steuern. Das Beherrschen dieser Vokabeln meine ich mit "Wissen, wie ikkyô geht" und verstehe ich als Voraussetzung für eigentliche Üben. So wie du es wohl auch meinst, wenn du schreibst, daß man der Form "... kaum noch Aufmerksamkeit geben muss und auf etwas anderes achten kann."Ja. Die Analogie des Erlernen von Kampfkünsten zu Fremdsprachen ist ja nicht unbekannt (ein Beispiel (https://www.youtube.com/watch?v=WKpeBE-b8e8#t=44)). Lernt man eine Fremdsprache, so wird man bald das Stadium erreichen, wo man aus Vokabeln grammatisch richtige Sätze bilden kann, deren Aussprache aber noch monoton ist (also die Gefühle noch nicht zum Ausdruck bringen kann) und deren Kontext möglicherweise noch unangemessen ist - hier ein klassisches Beispiel: "Deutsch für Ausländer, 8. Lektion für die Mittelstufe (10:55-13:07) (https://www.youtube.com/watch?v=HLH2tIxz7U4#t=10m55)"

Nach meinem Verständnis liegt der qualitative Sprung (oder ein Aspekt davon) "im Wissen wie ikkyô und andere Techniken gehen" darin, dass man nicht nur Hände, Füße, Winkel, Abstände, Gewichtsverlagerungen, Drehungen und Richtungen usw. sieht, sondern das alles zu einem Ganzen integrieren kann.


Und in Bezug auf ai hanmi katate dori ikkyo erwarte ich das von einem Schüler bei der Prüfung zum 5. kyû, also nach etwa 6 Monaten.Also ich kenne es von mir und anderen Schülern meines Dojos, dass sich die Bewegungsqualität eines "ai hanmi ikkyo" nach 3 1/2 Jahren deutlich von der nach einem halben Jahr (regelmäßigen Trainings) unterscheiden sollte - sowohl für die Zuschauer zu sehen, als auch für die Übenden zu spüren. (Ohne hier die Details und Kriterien für eine gute Technik diskutieren zu wollen).


Nur interessehalber: Wo hattest du denn dieses Video vor kurzem schon verlinkt? Das ist mir entgangen. Dsa Gespräch dazu würde mich interessieren.
Post #95 aus "Selbstverteidigung für Senioren - sinnvoll?" (https://www.kampfkunst-board.info/forum/showthread.php?188363-Selbstverteidigung-f%C3%BCr-Senioren-sinnvoll&p=3700358#post3700358)


Was Deutung des Videos angeht, scheinst du einem Mißverständnis zu erliegen..OK. Damit habe ich nicht gerechnet, dass die Dame den ikkyo so exzellent beherrscht, dass sie sich für eine Demo mit Tissier "dumm" stellen kann, ohne dass es dem Zuschauer auffällt. Jedenfalls scheint das im Video demonstrierte ein typisches Problem bei der Ausführung von Ikkyo zu sein, und ich selbe kenne auch diese von Inryoku beschriebene Verweigerungshaltung von Anfängern und Teilnehmern eines Probetrainings, wo ich mich dann schwer tue, da ja ein Ausnutzen "der Opferhaltung" durch einem Tritt dann keine Option ist.

Gast
06-09-2019, 15:57
OK. Damit habe ich nicht gerechnet, dass die Dame den ikkyo so exzellent beherrscht, dass sie sich für eine Demo mit Tissier "dumm" stellen kann

Wer hat denn gesagt das sie sich dumm stellt?

Aiki5O+
06-09-2019, 16:32
Wer hat denn gesagt das sie sich dumm stellt?

Carstenm habe ich so verstanden:


Und gerade weil sie sehr gut "weiß, wie ikkyô geht", und ikkyô so zeigen kann, wie es im keiko von Christian geübt werden soll - gerade deswegen darf sie dann auch die Rolle von tori einnehmen, so daß Christian daran erklären kann, worum es ihm geht...

Wie auch Inryoku schreibt:
Insofern meine ich, daß das Video gerade das gegenteil von dem zeigt, was du damit aussagen möchtest.
Andernfalls müsste ich annehmen, das trotz bestem Wissen und Können Ikkyo nicht funktioniert, wenn der Partner nur groß, schwer und erfahren genug ist. Oder Ikkyo funktioniert nicht, wenn der Partner nicht mitspielt. Da ich Christian Tissier nicht kenne, verstehe ich auch nicht, was er damit erklären wollte - vielleicht einfach, wie Partner nicht mit einander üben sollten?

Gast
07-09-2019, 10:43
Andernfalls müsste ich annehmen, das trotz bestem Wissen und Können Ikkyo nicht funktioniert, wenn der Partner nur groß, schwer und erfahren genug ist. Oder Ikkyo funktioniert nicht, wenn der Partner nicht mitspielt.

Ikkyo ist wie jede andere Technik keine Zaubertechnik mit 100%iger Erfolgsgarantie gegen jeden und in jeder Situation, der Erfolg ist immer von mehreren Parametern abhängig.
Diese Denkweise ist eigentlich typisch, da die Rollenverteilung klar ist, geht man davon aus, das sei auch in der Realität so, und Aikidotechniken müssen immer funktionieren.
Es geht doch aber darum zu ergründen unter welchen Bedingungen eine Technik funktioniert, und wie man diese Bedingungen herstellt.
Im Idealfall stellt man diese Bedingung her bevor ein Kontakt entsteht, und nutzt dann den Moment des Kontakts, unterstützt durch körpermechanische Feinarbeit, das ist die eigentliche "Aiki" Aktion.
Über einen Kontakt am Handgelenk einen Gleichgewichtsbruch zu erreichen ist sehr schwierig wenn uke stabil steht und weiß was der andere vorhat.
Daraus abzuleiten die Technik würde nicht funktioneren zeigt, dass man das Konzept eigentlich nicht versteht.
Aikido ist lesen und führen des Intents (manche sagen des Ki), dann über den Kontakt eine Strukturbeeinflussung zu erreichen.
Man versucht das in der Kata zu simulieren und zu üben, die Technik ist ein Mittel.
Wenn man das noch nicht gut kann, dann heißt es die Technik habe versagt. Das ist natürlich nicht so.
Und natürlich ist es da kontraproduktiv ständig ans "kämpfen" zu denken, einfach weil man mit Kämpfen im Kopf meist andere Sachen verknüpft, die mit diesen Prinzipien erst mal nicht übereinstimmen.

carstenm
08-09-2019, 20:25
Carstenm habe ich so verstanden: ... Das ist allerdings ein Mißverständnis. Inryoku hat ja schon einiges dazu geschrieben.
Ich gebe zu, ich kann deine Gedanken an dem Punkt nicht nachvollziehen.