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Vollständige Version anzeigen : Training und Abwehrkräfte



jkdberlin
16-04-2020, 09:54
Ein Hauptslogan für die Wiedereröffnung der Sportgyms etc ist ja, dass Sport generell die Abwehrkräfte erhöht und das Immunsystem stärkt.
Aber passiert das nicht erst nach dem Training und der Regeneration?
Beim Training, u.a. durch die Ausschüttung von Cortisol, wird der Körper doch unter Stress gesetzt und das Immunsystem sogar geschwächt. Und genau in diesem Augenblick befindet man sich in der Nähe anderer Menschen, die schnaufen, schwitzen, stark atmen ...
Oder sehe ich da was falsch?

oxox
16-04-2020, 10:15
Kommt glaube ich drauf an wie oft man trainiert. Früher war drei mal die Woche schon relativ extrem. Bin mir nicht so sicher ob das Immunsystem bei mehr mithalten kann, weil man sich nur selten komplett ausregeneriert und mit einem Defizit ins Training geht.

marq
16-04-2020, 10:17
nein. nach dem training ist der körper zunächst geschwächt. je anstrengender das training ist, desto länger ist die RG.

Pflöte
16-04-2020, 10:57
Meine Erfahrung sagt mir, dass ich nach dem Training deutlich anfälliger für Infektionen als sonst bin. Meine übelsten Erkrankungen als Erwachsener stehen für mich eindeutig in Zusammenhang mit Training und fehlender Regeneration.

Das war dann aber jedesmal Konditionsgebolze, bei leichterem Training konnte ich das bisher nicht feststellen.

Ripley
16-04-2020, 11:42
Hilft dir das hier?

https://www.netdoktor.at/gesundheit/sport-immunsystem-6857789

Finde ich dort ganz gut erklärt.

Mein Fazit: Solange es nicht in Leistungssport ausartet - alles fein.

Speziell was Lunge angeht: Selbige regelmäßig ordentlich "durchzulüften", etwa durch die tieferen, höherfrequenten Atemzüge, die man beim Sport macht, ist zunächst mal gut, richtig, wichtig. Nicht zuletzt, weil dies bei alten Menschen oft wegfällt (Schwäche, Bettlägerigkeit), sind diese so anfällig für Pneumonien.
Wo und wie man das, also das Lunge-Lüften, aber tut, ob draußen auf dem Rad oder beim Laufen oder aber in stickigen, feuchtgeschwitzten Hallen zusammen mit Kollege Röchelhust, spielt natürlich eine Rolle.

Spud Bencer
16-04-2020, 12:12
Kommt glaube ich drauf an wie oft man trainiert. Früher war drei mal die Woche schon relativ extrem. Bin mir nicht so sicher ob das Immunsystem bei mehr mithalten kann, weil man sich nur selten komplett ausregeneriert und mit einem Defizit ins Training geht.
+1

Corona wird den Selbstverbesserungswahn der 2010er ziemlich brutal beenden. Was aber an sich nichts Schlechtes ist.

Luggage
20-04-2020, 08:37
Nennt sich Open-Window-Effekt: Nach dem Training ist der Körper anfälliger für Infekte und das stärker, je intensiver die Einheit war. Ist ja mit dem Trainingsreiz an sich auch nichts anderes: Nach dem Training ist man natürlich weniger leistungsfähig und erst wenn die Regeneration in die Superkompensationsphase eintritt, hat man einen Leistungszuwachs davon.

Bei Studios und Gyms wird wie bei so vielem abgewogen werden müssen: Mittelfristig erhöht sich durch die Trainingsmöglichkeit dort die Gesundheit und Widerstandsfähigkeit der Bevölkerung, außerdem ist das Training dort und der damit verbundene Tapetenwechsel auch psychische Hygiene (mE. übrigens der Grund, warum Baumärkte weitestgehend offen geblieben sind). Gerade in Ballungszentren, wo Wohnraum teuer (und damit meist zu eng zum trainieren) und Grünflächen rar und dann auch hochfrequentiert sind, sind Studios für viele die einzige echte Trainingsmöglichkeit. Zudem wird die Masse der Kunden, die kaum mit dem vorgefertigten Trainingsplan an geführten Maschinen klar kommt, nicht willens und in der Lage sein, mit freien Übungen zu Hause zu substituieren. Kurzfristig sind Gyms aber Infektionshubs, denn nicht nur, dass kaum die empfohlenen Abstände eingehalten werden dürften, sondern auch durch die Körperflüssigkeiten, erhöhte Atemfrequenz und -Intensität (Tröpfchenwolken und das im zumeist geschlossenen Raum) und das Teilen der Geräte führt zu einer erhöhten Infektionsgefahr. Umso länger die Maßnahmen anhalten, desto eher wird sich die Abwägung vermutlich hin zur Öffnung neigen, da die negativen Effekte auf körperliche und geistige Gesundheit sich kaum nach ein paar Wochen, dann aber deutlich ansteigend zeigen dürften.

Ich persönlich halte mich da bis auf weiteres fern - wer andere (kontaktlose) Möglichkeiten zum Trainieren hat, sollte die mE. vorziehen. Was nicht heißt, dass ich meine Beiträge nicht unverändert zahle.

Münsterländer
20-04-2020, 08:54
[...](mE. übrigens der Grund, warum Baumärkte weitestgehend offen geblieben sind). [..].

da war m.E. der Hauptgrund eher, dass Baumärkte für viele kleine Handwerksbetriebe essentiell zur kurzfristigen Materialbeschaffung sind. Hier bei uns in der Gegend ist das jedenfalls definitiv so. Da hätte ohne Baumarkt so mancher grundsätzlich noch offener Betrieb auch noch schließen können...

Ansonsten volle Zustimmung zum Post.
bei dem aktuellen wetter ist z.B. draußen laufen ja zum Glück ohnehin viel schöner:)

Grüße

Münsterländer

ThomasL
20-04-2020, 11:38
Speziell was Lunge angeht: Selbige regelmäßig ordentlich "durchzulüften", etwa durch die tieferen, höherfrequenten Atemzüge, die man beim Sport macht, ist zunächst mal gut, richtig, wichtig
Auch wenn man eine noch unentdeckte Coronainfektion in sich hat?
Da ich da starke Zweifel habe, habe ich mein HIIT Training erstmal ausgesetzt. Ebenso wie die Sprints. Moderates Kraft- und Ausdauertraining (auch leicht im anaeroben Bereich) setzte ich aber fort.

Ich würde als Arbeitsthese vermuten, dass der Nachteil durch die momentane Schwächung nach dem Training, durch den Vorteil eines insgesamt gestärkten Immunssystems wieder wettgemacht wird. Solange es nicht übertrieben wird.

Luggage
21-04-2020, 08:30
da war m.E. der Hauptgrund eher, dass Baumärkte für viele kleine Handwerksbetriebe essentiell zur kurzfristigen Materialbeschaffung sind. Hier bei uns in der Gegend ist das jedenfalls definitiv so. Da hätte ohne Baumarkt so mancher grundsätzlich noch offener Betrieb auch noch schließen können...

Das wäre dann die Lösung mit Zutritt nur mit Gewerbeschein gewesen. Dass jeder rein durfte, war Beschäftigungstherapie für erzwungen Daheimgebliebene Hausbesitzer und Hobbyhandwerker.

Münsterländer
21-04-2020, 08:34
Das wäre dann die Lösung mit Zutritt nur mit Gewerbeschein gewesen. Dass jeder rein durfte, war Beschäftigungstherapie für erzwungen Daheimgebliebene Hausbesitzer und Hobbyhandwerker.

und/oder Faulheit, dass zu kontrollieren;).

aber ich streite nicht ab, dass der Aspekt "Beschäftigungstherapie" auch eine Rolle gespielt hat.

Grüße

Münsterländer

jkdberlin
21-04-2020, 09:09
Bitte im Topic bleiben!

marq
21-04-2020, 11:19
Auch wenn man eine noch unentdeckte Coronainfektion in sich hat?
Da ich da starke Zweifel habe, habe ich mein HIIT Training erstmal ausgesetzt. Ebenso wie die Sprints. Moderates Kraft- und Ausdauertraining (auch leicht im anaeroben Bereich) setzte ich aber fort.

Ich würde als Arbeitsthese vermuten, dass der Nachteil durch die momentane Schwächung nach dem Training, durch den Vorteil eines insgesamt gestärkten Immunssystems wieder wettgemacht wird. Solange es nicht übertrieben wird.

selbst nach einem leichten verlauf würdest du die ersten wochen kein Hit training machen können.

ThomasL
21-04-2020, 16:02
Darum ging es doch auch nicht, es ging um einen symptomfreien Verlauf und/oder eine frühe Phase der Ansteckung (d.h. der Virus ist schon in Dir, du fühlst dich aber noch fit). Ich schrieb doch extra "unentdeckte Coronainfektion"

MG2503
21-04-2020, 19:25
The Psychology of Brazilian Jiu Jitsu:
"During intense exercise, our brain also releases a protein called Brain-Derived Neurotrophic Factor, or BDNF. This protein protects and repairs neural tissue, and yields a powerful feeling of euphoria":
https://www.psychologytoday.com/us/blog/women-who-stray/201412/the-psychology-brazilian-jiu-jitsu

Hier gibt es auch eine interessante Auflistung von ausgeschütteten Hormonen während des Trainings:
https://www.bjjee.com/articles/understanding-the-feel-good-chemicals-released-when-you-do-jiu-jitsu/

Bei Testosteron (Ausschüttung z.B. beim BJJ) finden sich widersprüchliche Angaben. Manche meinen es würde das Immunsystem von Männern stärken, andere behaupten das Gegenteil. Da müsste man sich jetzt die einzelnen Studien anschauen und die Methodologie überprüfen. Leider verstecken sie sich aber meistens hinter eine Paywall.

Es scheint so als ob nach längerem und anstrengendem Training (über 1,5 Stunden; 55 - 75% maximum O2 uptake) 3-24 h Stunden lang bestimmte Aspekte des Immunsystems runtergefahren werden. Man ist dann kurzzeitig anfälliger gegenüber Infektionen durch Viren, langfristig können aber chronische Krankheiten (Entzündungen etc.) vermieden werden. Regelmäßiger moderater Sport wird aber empfohlen und führt zu weniger Infektionen im Vergleich zu Menschen die keinen Sport betreiben. Es kommt da beim Kampfsport also auf das eigene Fitnesslevel an:
https://pdfs.semanticscholar.org/33e7/fafad97157f478850bb749fb26896ff1a6a2.pdf