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Vollständige Version anzeigen : Shawnee San Soo



Fightforlife
29-04-2020, 09:40
Liebes Forum,

ich möchte euch mal eine Kampfkunst vorstellen, die von den amerikanischen Ureinwohnern in den USA praktiziert wird. Das Shawnee San Soo :cool:
Zunächst werden im Video verschiedene Kampfszenen (ohne Waffen) gezeigt, die mit Musik untermalt sind, danach folgen Erklärungen zu einzelnen Kampftechniken mit Messer und Tomahawk, der indianischen Streitaxt.

Ich kann nicht beurteilen, ob das was taugt weil ich mehr oder weniger noch Laie bin, aber ich finde die Techniken sehr eindrucksvoll dargestellt und die Bewegungsabläufe scheinen mir auch professionell.

Und vor dem Hintergrund, dass die Indianer im 19. Jahrhundert quasi den Kampf gelebt haben (sie mussten sich immer gegen feindliche Stämme oder gegen die weißen Eindringlinge verteidigen) mussten sie wirklich gute Kämpfer sein! Da sie in der Minderheit waren und keine Schusswaffen besaßen mussten sie umso besser kämpfen können. Das konnten sie auch, denn die Apachen damals in Arizona waren den amerikanischen Soldaten im Zweikampf deutlich überlegen.

Seht es euch an:

https://www.youtube.com/watch?v=ocuDfZxpq6w

Was haltet ihr davon?

Fightforlife
29-04-2020, 09:54
Ein weiteres Video dieses Kanals (sorry, ich will nicht spammen, aber das find ich so beeindruckend, das muss ich noch hinterherposten):

https://www.youtube.com/watch?v=U6LoiScJ9ro

jkdberlin
29-04-2020, 10:07
Also, nur mal so nebenbei.

San Soo ist eine Kampfkunst, die auf einem Nördlichen Kung Fu Stil basiert. Hat wenig bis gar nichts mit den Ureinwohnern Nordamerikas zu tun.
Die Shawnees sind ein Volkstamm aus dem Gebiet der heutigen US-Bundesstaaten Ohio, West Virginia, Kentucky und im westlichen Pennsylvania. Die haben nichts mit den Apachen "aus Arizona" zu tun.
Während meines Studiums der Nordamerikanischen Geschichte habe ich versucht, Spuren einer Kampfkunst der indigenen Völker Nordamerikas zu finden. Da es unter den Völkern keine Schriftlichkeit gab, ist das sehr schwer. Letztendlich ist es aber herrschende Lehrmeinung, dass es so etwas wie ein indigenes Kampfsystem der Ureinwohner Nordamerikas nicht gibt. Selbst der "Stamm" der Apache hat 6 bis 7 Untergruppen, die sich gegenseitig bekämpft haben. Mag sein, dass es tatsächlich ein gewisses "Kampftraining" in den verschiedenen Dörfern gab, für ein "System" kenne ich aber keine historischen Belege. Hier wäreich also daran interessiert, woher die Geschichte deines Systems stammt.

Blaise Loong hat schon in den 1990ern ein ähnliches System propagiert. Blaise ist ein Schüler von Dan Inosanto, der außer Jun Fan JKD und diversen Filipinischen und Indonesischen Kampfkünsten auch Kampfkünste der Apachen erlernt hat. Dort hießen sie aber Nagondzog und Diyin.
Interessanterweise basiert Blaise aber sein System eher auf Skandinavischen Kampfsystemen. Mehr Info dazu: http://www.blayshalla.com/Blaise/MainFrame/MainFrame.htm

Das Video an sich erinnert mich an andere hybride Systeme. Nicht gut, nicht schlecht, nichts besonderes. Sehr statisch teilweise, äußerlich erinnern mich die ersten Minuten an Systema. Und halt sehr stark an das Kung Fu San Soo. Interessant auch, dass hier ein Kerambit benutzt wird, welches ja eher indonesischen Ursprungs ist.
Auf dem Board der American San Soo Seite, auf dem ich auch den Instructor der Videos finde, wird eine Abstammung aus dem "American San Soo" und vorher aus dem "Kung Fu San Soo" postuliert, also nichts mit indigener Abstammung.

Fightforlife
29-04-2020, 13:04
Also, nur mal so nebenbei.

San Soo ist eine Kampfkunst, die auf einem Nördlichen Kung Fu Stil basiert. Hat wenig bis gar nichts mit den Ureinwohnern Nordamerikas zu tun.
Die Shawnees sind ein Volkstamm aus dem Gebiet der heutigen US-Bundesstaaten Ohio, West Virginia, Kentucky und im westlichen Pennsylvania. Die haben nichts mit den Apachen "aus Arizona" zu tun.
Während meines Studiums der Nordamerikanischen Geschichte habe ich versucht, Spuren einer Kampfkunst der indigenen Völker Nordamerikas zu finden. Da es unter den Völkern keine Schriftlichkeit gab, ist das sehr schwer. Letztendlich ist es aber herrschende Lehrmeinung, dass es so etwas wie ein indigenes Kampfsystem der Ureinwohner Nordamerikas nicht gibt. Selbst der "Stamm" der Apache hat 6 bis 7 Untergruppen, die sich gegenseitig bekämpft haben. Mag sein, dass es tatsächlich ein gewisses "Kampftraining" in den verschiedenen Dörfern gab, für ein "System" kenne ich aber keine historischen Belege. Hier wäreich also daran interessiert, woher die Geschichte deines Systems stammt.

Blaise Loong hat schon in den 1990ern ein ähnliches System propagiert. Blaise ist ein Schüler von Dan Inosanto, der außer Jun Fan JKD und diversen Filipinischen und Indonesischen Kampfkünsten auch Kampfkünste der Apachen erlernt hat. Dort hießen sie aber Nagondzog und Diyin.
Interessanterweise basiert Blaise aber sein System eher auf Skandinavischen Kampfsystemen. Mehr Info dazu: http://www.blayshalla.com/Blaise/MainFrame/MainFrame.htm

Das Video an sich erinnert mich an andere hybride Systeme. Nicht gut, nicht schlecht, nichts besonderes. Sehr statisch teilweise, äußerlich erinnern mich die ersten Minuten an Systema. Und halt sehr stark an das Kung Fu San Soo. Interessant auch, dass hier ein Kerambit benutzt wird, welches ja eher indonesischen Ursprungs ist.
Auf dem Board der American San Soo Seite, auf dem ich auch den Instructor der Videos finde, wird eine Abstammung aus dem "American San Soo" und vorher aus dem "Kung Fu San Soo" postuliert, also nichts mit indigener Abstammung.

Ok, also danke für die Info. Da war ich glaube ich zu naiv als ich den Videokanal bei Youtube gefunden habe. Ich bin aufgrund der Angaben zum Video davon ausgegangen, dass es eine rein indianische Kampfkunst ist, weil ja zu Anfang im Video der Schriftlaut "Tribal Warfighting" (=Stammes-Kriegskampfkunst oder so ähnlich) eingeblendet wird.

Ich hab auch nochmal kurz im Internet recherchiert und anscheinend ist das San Soo erst in den 90er Jahren nach Amerika gekommen. Deshalb versteh ich jetzt auch nicht, warum es Tribal Warfighting, bzw. Shawnee San Soo genannt wird. Vielleicht ist San Soo von Angehörigen der Shawnee erlernt und dann weiterentwickelt worden, keine Ahnung. Aber dann ist es natürlich keine alte, traditionelle Stammeskampfkunst.

* Silverback
29-04-2020, 14:04
...Deshalb versteh ich jetzt auch nicht, warum es Tribal Warfighting, bzw. Shawnee San Soo genannt wird. ....

Marketing-Spreche halt; ist ja in den KK/KS jetzt kein ganz so ungewöhnliches Phänomen. :rolleyes: Aber in Varianten halt immer wieder neu aufgewärmt.

Mr.Fister
29-04-2020, 14:38
Ich hab auch nochmal kurz im Internet recherchiert und anscheinend ist das San Soo erst in den 90er Jahren nach Amerika gekommen.

kung fu san soo ist von einem herrn namens jimmy h. woo in die usa gebracht worden und besagter herr hat dort seit den frühen 60ern unterrichtet...

Klaus
29-04-2020, 15:17
Ist eine Verballhornung von Sanshou und heisst einfach Sparring / Freikampf (synonym zu Sanda). Alles andere hat ja Frank schon geschrieben. Wobei ich nicht ausschliessen würde dass jede größere indigene Gruppe eine Art formalisiertes Kampftraining hatte, vermutlich in Form von Ringen mit mündlich und "hands on" weitergegebenen Aktionen. Das hatten sogar Amazonas-Indianer heute immer noch auf ordentlichem Niveau. Niemand der regelmässig "Scharmützel" unter Einsatz von Tomahawks und Bogen erlebt macht das ohne Vorbereitung. Aber das war ganz sicher kein "San Soo" oder Ableger von Volks-Kungfu-Derivaten aus China.

Auf der anderen Seite sind die Indianer ja an sich vor ca. 12-20.000 Jahren aus China eingewandert, über die Beringstrasse ... :)

Fightforlife
29-04-2020, 15:50
Scheinbar ist Okichitaw eine Kampfkunst, die noch am ehesten ursprüngliche indianische Kampftechniken enthält. Das soll auf die Cree Indianer zurückgehen, aber es ist vermischt mit asiatischen Kampfkünsten und besteht u.a. aus Ringkampftechniken und Tomahawkwerfen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Okichitaw

https://www.youtube.com/user/Nativecop4/featured

jkdberlin
30-04-2020, 07:10
Wobei ich nicht ausschliessen würde dass jede größere indigene Gruppe eine Art formalisiertes Kampftraining hatte, vermutlich in Form von Ringen mit mündlich und "hands on" weitergegebenen Aktionen. Das hatten sogar Amazonas-Indianer heute immer noch auf ordentlichem Niveau. Niemand der regelmässig "Scharmützel" unter Einsatz von Tomahawks und Bogen erlebt macht das ohne Vorbereitung.

Ausschliessen möchte ich das auch nicht, aber man kann es halt historisch nicht beweisen. Zum Bogenschiessen gibt es Berichte der Siedler von der Ostküste aus dem 18 Jhd. Das war allemal eher schlecht. Da spiegeln uns die Fernseh- und Kinofilme eine "alternative Realität" vor :). Die indigenen Völker Nordamerikas waren halt eher Jäger und Bauern (je nach Region) und Bogen, Axt und Messer sind für sie eher Werkzeuge als Kriegswaffen gewesen. Und diese Waffen fanden auch erst über den Handel oder Austausch mit den Händlern an der Ostküste ihren Weg in die native Population. So gab es durchaus Volksstämme im Westen die bestimmte Gegenstände gar nicht hatten (z.B. Apachen, die im Gegensatz zu den Karl May Büchern keine Kanus oder Zelte benutzen. Sie waren Pueblo Indianer, die in Höhlen und ähnlichem lebten und eher Flösse fuhren. Kanus wären in den Stromschnellen der Bergflüsse auch eher ungeeignet).
Ob es dann unbedingt einer Form des "Ringen" bedarf bei den Auseinandersetzungen zwischen den Stämmen (und das war für viele der einzige Anlass für Kampfhandlungen) oder ob es da zu ritualisierten Kämpfen kam ist halt nicht mehr zu beweisen. Zumal wir hier über so viele autarke und weit verstreute Volksstämme sprechen, dass eine Verallgemeinerung sicher falsch ist.

DatOlli
30-04-2020, 08:00
...
Die indigenen Völker Nordamerikas waren halt eher Jäger und Bauern (je nach Region) und Bogen, Axt und Messer sind für sie eher Werkzeuge als Kriegswaffen gewesen.
...

Hi Frank,

du hast doch auch einen FMA Background. Wie siehst du das?

Sofern jemand mit den "Werkzeugen" umgehen kann, kann man ihn doch eigentlich sehr schnell, mit relativ wenigen/einfachen Übungen ausbilden (also jetzt nicht Formationskampf oder so).

Da sich die Amerikanischen Ureinwohner, ja auch untereinander öfter mal bekriegt haben, könnte ich mir durchaus viele simple "Familien/Stammes(?)-Stile vorstellen vom Vater zum Sohn und vllt ein breiteres Umfeld.
So wie halt in den FMA-Anno-dazumal.

Denkbar?


Liebe Grüsse
DatOlli

Klar, da es nur superwenig Aufzeichnungen von ihnen selbst gibt, kann man das wohl nicht wirklich beweisen. Ging mir mehr um Wahrscheinlichkeiten.

jkdberlin
30-04-2020, 08:10
Hi Frank,

du hast doch auch einen FMA Background. Wie siehst du das?

Sofern jemand mit den "Werkzeugen" umgehen kann, kann man ihn doch eigentlich sehr schnell, mit relativ wenigen/einfachen Übungen ausbilden (also jetzt nicht Formationskampf oder so).

Da sich die Amerikanischen Ureinwohner, ja auch untereinander öfter mal bekriegt haben, könnte ich mir durchaus viele simple "Familien/Stammes(?)-Stile vorstellen vom Vater zum Sohn und vllt ein breiteres Umfeld.
So wie halt in den FMA-Anno-dazumal.

Denkbar?


Liebe Grüsse
DatOlli

Klar, da es nur superwenig Aufzeichnungen von ihnen selbst gibt, kann man das wohl nicht wirklich beweisen. Ging mir mehr um Wahrscheinlichkeiten.

Denkbar allemal. Aber halt historisch nicht zu beweisen. So in der Art war ja mein Ansatz meiner Abschlußarbeit in der Uni. Musste ich dann fallen lassen, es gab praktisch keine Primär- und Sekundärquellen dazu. Es bleibt halt die Frage, was ist "öfter". Es gibt Stämme, die hatten nachweisbar eine eigene Kriegerkaste. Andere hatten gar keine. Je nach Region, Sprachfamilie etc. Es gab Stämme, die lebten ausschließlich von einer Art Landwirtschaft und andere Stämme ernährten sich durch Raubzüge und Jagd. Verallgemeinern kann man das mal gar nicht. Man kann davon ausgehen, dass gerade die Krieger eine Form von "Training" im weitesten Sinne hatten. Aber es gibt keine Beweise, nur die Schlussfolgerung. Und auch die verbale Überlieferung ist da eher dürftig, zumal die Kolonisten ja als erstes die "Kriegerkaste" ausrotteten oder zwangsweise anpassten.

DatOlli
30-04-2020, 08:26
Denkbar allemal. Aber halt historisch nicht zu beweisen. So in der Art war ja mein Ansatz meiner Abschlußarbeit in der Uni. Musste ich dann fallen lassen, es gab praktisch keine Primär- und Sekundärquellen dazu. Es bleibt halt die Frage, was ist "öfter". Es gibt Stämme, die hatten nachweisbar eine eigene Kriegerkaste. Andere hatten gar keine. Je nach Region, Sprachfamilie etc. Es gab Stämme, die lebten ausschließlich von einer Art Landwirtschaft und andere Stämme ernährten sich durch Raubzüge und Jagd. Verallgemeinern kann man das mal gar nicht. Man kann davon ausgehen, dass gerade die Krieger eine Form von "Training" im weitesten Sinne hatten. Aber es gibt keine Beweise, nur die Schlussfolgerung. Und auch die verbale Überlieferung ist da eher dürftig, zumal die Kolonisten ja als erstes die "Kriegerkaste" ausrotteten oder zwangsweise anpassten.

Vielen Dank.
Ist absolut nachvollziehbar für mich.
Mit den "Stilen" kann man so sehen, oder auch nicht, da nicht verifizierbar. Auch nachvollziehbar.

Wäre ja eigentlich der ideale Nährboden für neue Systeme die eine tribale (woanders nationale) Einheit fördern sollen.

Passiert so was schon?

Liebe Grüße
DatOlli

period
30-04-2020, 08:31
Was das Ringen angeht - ich erinnere mich, mal gelesen zu haben, dass reine Ringkampfstile in erster Linie in Vieh züchtenden Kulturen ("bull cultures") verbreitet gewesen wären, da traditionell vor allem um Weidegründe gerungen worden wäre. Ich müsste recherchieren, wo ich das herhabe, irgend eine ethnologische Quelle... Überprüft habe ichs nicht, ich kann nur anfügen, dass hier im Alpenraum die Überlieferung zu den beiden noch lebenden Ringkampfstilen Ranggeln und Schwingen dahin geht, dass das traditionell auf der Alm stattfand - das Hundstoaranggeln ist z.B. bis ins 16. Jh. zurück schriftlich belegt. Es macht auch irgendwo Sinn m.E. - Hirten haben in der Regel relativ viel Freizeit und hätten so auch einen Beweggrund dazu. Dem Ackerbauern würde der dagegen eher fehlen (auch wenn man das Verletzungsrisiko bedenkt...), der Jäger hätte andere Möglichkeiten, sich zu beweisen (Jagderfolg etc...). Bliebe noch der militärische Aspekt, und der ist halt sehr schlecht dokumentiert in diesem Fall.
Falls irgendjemand eine Quelle zum Tomahawkwerfen vor Übernahme der Trade Axes usw. haben sollte, würde mich das interessieren - bislang kenne ich keinen Nachweis, dass irgendwo Steinäxte geworfen wurden, daher würde ich eher davon ausgehen, dass sich das eher aus dem Rabbit Stick entwickelt hat. Was es als indigene Tradition zumindest mancherorts gegeben haben muss, ist die Schleuder als Jagdwaffe (nicht als Hirtenwerkzeug wie z.B. in Spanien), was z.T. noch bis ins 20. Jh. praktiziert wurde. Es gab da mal einen sehr spannenden Artikel auf Slinging.org von einem L.W. Forsyth inklusive Bauanleitung, aber der Link ist leider tot. Eine entsprechende Forumsdiskussion gibts hier: http://slinging.org/forum/YaBB.pl?num=1163279512 Forsyth schrieb, dass er einen 70jährigen "Grossvater" interviewt hat, der in der Lage war, auf dreissig Meter mit Natursteinen (Durchmesser 4-5 cm) einzelne Querstangen der Leiter eines Telefonmastens zu treffen, wobei die Steine zersplitterten (insofern durchaus glaubhaft, als es auf den Balearen ähnliche Tests gibt, wo auf eine ähnliche Distanz die Querstangen eines Weidegatters getroffen werden müssen). Die Schleuder war geflochten, mit eingenähter Tasche, und so lang, dass sie eben nicht am Boden streift wenn der Arm gerade nach unten hängt, und die Technik war overhand mit einer einzelnen Rotation. Der Artikel hat seinerzeit ein ziemliches Echo in der Szene ausgelöst, und viele (inklusive mir, das muss so 2008 gewesen sein) haben die Schleuder in Folge nachgebaut - auch wenn es meines Wissens bisher niemand geschafft hat, so treffsicher zu werden wie der beschrieben Apachen-Grossvater, der damit auch rehgrosses Wild gejagt haben soll...

Beste Grüsse
Period.

period
30-04-2020, 08:44
Wäre ja eigentlich der ideale Nährboden für neue Systeme die eine tribale (woanders nationale) Einheit fördern sollen.

Passiert so was schon?


Wir hatten mal über einen Studentenaustausch einen Native American bei uns - Risentyp, so 1.95 m und satte 120 kg (er hat mir dann gesagt, er sei der kleinste und leichteste in seiner Familie :D). Ich hab ihm damals den Umgang mit der Schleuder und dem Rope Dart beigebracht, kannte er beides nicht (auch das eine Form von Kulturtransfer :D). Dafür hat er mir dann aus den Staaten ein Atlatl (indianische Speerschleuder) geschickt. Wir haben auch über Kampfsport geplaudert, aber das scheint bei ihnen im Reservat kein echtes Thema zu sein. Er hat nur erzählt, dass in seiner Gegend alle mordsmässig Basketball-verrückt sind, und das auch relativ rabiat - die Spieler flechten sich anscheinend Gewichte in den Zopf, um damit "non-contact" zu foulen... Seine Cousine hats auch in die WNBA geschafft. Und sie jagen viel, aber mit Schusswaffen und Fallen.

Sonst kenne ich nur das kommerzielle Zeugs - gab da z.B. einen Typen, der ein "Apache knife fighting system" oder so was propagiert hat, aber die Quellenlage ist da äusserst fraglich...

Beste Grüsse
Period.

DatOlli
30-04-2020, 08:53
...n.

Sonst kenne ich nur das kommerzielle Zeugs - gab da z.B. einen Typen, der ein "Apache knife fighting system" oder so was propagiert hat, aber die Quellenlage ist da äusserst fraglich...

Beste Grüsse
Period.

Vielen Dank für die persönlichen Eindrücke.

Sowas wie "Apache knife fighting system" war gemeint. Quelle unmöglich zu verifizieren, aber Identifikationspotential.

Liebe Grüße
DatOlli

jkdberlin
30-04-2020, 10:38
Vielen Dank für die persönlichen Eindrücke.

Sowas wie "Apache knife fighting system" war gemeint. Quelle unmöglich zu verifizieren, aber Identifikationspotential.

Liebe Grüße
DatOlli

Falls es das aus den 90ern ist, dann war das der in meinem ersten Beitrag beschriebene Blaise Long, der hat das aber wieder eingestellt. Problematisch ist da halt wirklich die Überlieferung, da das alles praktisch nur mündlich lief. Und wenn dann das Interesse doch eher beim Basketball ist, dann erzählt man halt nicht mehr über das ritualisierte Kämpfen oder so und schon ist es weg.

period
30-04-2020, 10:57
Also, "Apache Knife Fighting and Battle Tactics" ging vor ein paar Jahren durch die Presse, propagiert von einem gewissen Snake Blocker, der auch für TOPS Knives das Apache Falcon Messer herausgebracht hat, das seit mindestens 2011 auf dem Markt ist. Die Youtube-Clips von Blocker zum dem Apache Knife Zeugs scheinen mehrheitlich so 2016/17 eingestellt worden zu sein. Es gibt da zudem anscheinend etwas namens http://www.apache-knife.com/ von Robert und Ralph Redfeather, die bereits 2016 ein ähnliches Projekt unter dem Namen "Fight Like the Wind" am Laufen hatten; deren Buch erschien 2019, die Youtube-Clips unter dem neuen Namen scheinen auf den ersten Blick alle aus den letzten beiden Jahren zu stammen. Keine Ahnung, wer von den Herrschaften wie miteinander in Verbindung steht oder nicht oder ob da ggf. wechselseitig abgekupfert bzw. auf den Marketing-Zug aufgesprungen wurde...

Beste Grüsse
Period.

Huangshan
30-04-2020, 11:02
Ergänzend:

1. San Soo ist ein chinesisch kantonesischer Bergriff für Freikampf.
Andere Begriffe San Shou,Sanda, Boji etc...


2. Hier eine Doku(Ein Prinz unter Indianern

Die Reisen des Maximilian zu Wied) zum Thema Traditionen der nativ americans.

https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/prinz-wied-im-wilden-westen-100.html

jkdberlin
30-04-2020, 11:30
Ergänzend:

1. San Soo ist ein chinesisch kantonesischer Bergriff für Freikampf.
Andere Begriffe San Shou,Sanda, Boji etc...


2. Hier eine Doku(Ein Prinz unter Indianern

Die Reisen des Maximilian zu Wied) zum Thema Traditionen der nativ americans.

https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/prinz-wied-im-wilden-westen-100.html


zu 2.: ach ja, das ist ein interessanter Typ, sehr gute Reiseberichte. Die ersten ihrer Art.

jkdberlin
30-04-2020, 11:30
Also, "Apache Knife Fighting and Battle Tactics" ging vor ein paar Jahren durch die Presse, propagiert von einem gewissen Snake Blocker, der auch für TOPS Knives das Apache Falcon Messer herausgebracht hat, das seit mindestens 2011 auf dem Markt ist. Die Youtube-Clips von Blocker zum dem Apache Knife Zeugs scheinen mehrheitlich so 2016/17 eingestellt worden zu sein. Es gibt da zudem anscheinend etwas namens http://www.apache-knife.com/ von Robert und Ralph Redfeather, die bereits 2016 ein ähnliches Projekt unter dem Namen "Fight Like the Wind" am Laufen hatten; deren Buch erschien 2019, die Youtube-Clips unter dem neuen Namen scheinen auf den ersten Blick alle aus den letzten beiden Jahren zu stammen. Keine Ahnung, wer von den Herrschaften wie miteinander in Verbindung steht oder nicht oder ob da ggf. wechselseitig abgekupfert bzw. auf den Marketing-Zug aufgesprungen wurde...

Beste Grüsse
Period.

Okay, danke, das ist mir zu neu :)

Jadetiger
30-04-2020, 11:56
Immer wenn ich was von "Native American Martial Arts" lese/sehe, habe den Eindruck, dass da die Grenze zwischen "Ich bin Indianer und unterrichte Kampfkunst" und "Ich unterrichte indianische Kampfkunst" sehr verschwimmt...
Vielleicht hängt das aber auch mit dem Selbstverständnis in der Kultur zusammen. Ich könnte rein theoretisch ja auch auf dem Standpunkt stehen "Weil ich es als Deutscher unterrichte ist meine Kampfkunst automatisch deutsch".

period
30-04-2020, 12:41
Vielleicht hängt das aber auch mit dem Selbstverständnis in der Kultur zusammen. Ich könnte rein theoretisch ja auch auf dem Standpunkt stehen "Weil ich es als Deutscher unterrichte ist meine Kampfkunst automatisch deutsch".

Lassen wir dazu Stephan Kesting zu Wort kommen:
https://www.youtube.com/watch?v=X6wpRVqD5VQ
https://www.youtube.com/watch?v=xQKykW0epIA

Beste Grüsse
Period.

Huangshan
30-04-2020, 14:25
Immer wenn ich was von "Native American Martial Arts" lese/sehe, habe den Eindruck, dass da die Grenze zwischen "Ich bin Indianer und unterrichte Kampfkunst" und "Ich unterrichte indianische Kampfkunst" sehr verschwimmt...
Vielleicht hängt das aber auch mit dem Selbstverständnis in der Kultur zusammen.



Ja das alte Thema " innovation of tradition" , "fake tradition" etc...

Dieses Thema haben wir bereits im Zusammenhang mit diversen russischen,koreanischen,chinesischen......... und einigen japanischen Kampfarten behandelt.

In der von mir verlinkten Doku wird z.B. erwähnt, dass europäische Händler den Eisen Tomahawk erfunden haben und ihn als Tauschobjekt(Fellhandel) u.a. an die Indianer ausgegeben haben.

jkdberlin
30-04-2020, 16:18
Ja das alte Thema " innovation of tradition" , "fake tradition" etc...

Dieses Thema haben wir bereits im Zusammenhang mit diversen russischen,koreanischen,chinesischen......... und einigen japanischen Kampfarten behandelt.

In der von mir verlinkten Doku wird z.B. erwähnt, dass europäische Händler den Eisen Tomahawk erfunden haben und ihn als Tauschobjekt(Fellhandel) u.a. an die Indianer ausgegeben haben.

Das stimmt nur für den Tomahawk mit dem metallenen Kopf, insbesondere für den mit der Schneiden und Pfeifenseite. Steinäste und ähnliches gab es schon bei den indigenen Völkern.

Huangshan
30-04-2020, 17:23
jkdberlin:

Ja hast recht,

Steinäxte , Stein/Knochenpfeilspitzen,Bögen,Speere mit Stein,Knochenspitzen.... gab es bevor die Europäer Nordamerika besiedelt haben.

Das Pferd kam mit den Spaniern und Eisen etc..

Ich schließe mich an und denke, dass Ringen wohl unter den indigenen Völkern verbreitet war.
Ringen ist eine der ältesten Kampfmethoden auch in Asien,Europa,Afrika.......

hope
30-04-2020, 18:04
Denkbar allemal. Aber halt historisch nicht zu beweisen. So in der Art war ja mein Ansatz meiner Abschlußarbeit in der Uni. Musste ich dann fallen lassen, es gab praktisch keine Primär- und Sekundärquellen dazu. Es bleibt halt die Frage, was ist "öfter". Es gibt Stämme, die hatten nachweisbar eine eigene Kriegerkaste. Andere hatten gar keine. Je nach Region, Sprachfamilie etc. Es gab Stämme, die lebten ausschließlich von einer Art Landwirtschaft und andere Stämme ernährten sich durch Raubzüge und Jagd. Verallgemeinern kann man das mal gar nicht. Man kann davon ausgehen, dass gerade die Krieger eine Form von "Training" im weitesten Sinne hatten. Aber es gibt keine Beweise, nur die Schlussfolgerung. Und auch die verbale Überlieferung ist da eher dürftig, zumal die Kolonisten ja als erstes die "Kriegerkaste" ausrotteten oder zwangsweise anpassten.

Sehr interessant. Danke.

hope
30-04-2020, 18:10
...Das Pferd kam mit den Spaniern und Eisen etc..

Der Polarforscher John Ross begegnete 1818 in Nordwestgrönland einem Stamm der Inuit.
Messerklingen und Harpunenspitzen wurden von diesem Stamm aus meteoritischem Eisen hergestellt.
Diese Eisenwerkzeuge wurden bereits seit Jahrhunderten von ihnen verwendet.

Huangshan
30-04-2020, 18:25
hope:
Danke für die Info.

Die Inuit hatten ja bereits im Mittelalter mit den Wikingern Kontakt.(Erik der Rote)
Ob sie dadurch das Eisenschmieden kennengelernt haben?

https://archive.archaeology.org/online/features/greenland/

https://www.wissenschaft.de/geschichte-archaeologie/groenland-bot-den-wikingern-mildes-klima/



In diesem Thread geht es aber um die Stämme in Nordamerika(Usa/Canada).

Klaus
30-04-2020, 19:36
Da war der olle Erik ja auch. :)

jkdberlin
01-05-2020, 07:32
In diesem Thread geht es aber um die Stämme in Nordamerika(Usa/Canada).

Ich lass jetzt mal den Sheldon raushängen, aber zu Nordamerika gehören Grönland, das autonom zu Dänemark gehört, Kanada, die USA, Mexiko, Zentralamerika und mehrere karibische Inselstaaten. Insgesamt 23 Länder :)

hope
01-05-2020, 08:10
Ich lass jetzt mal den Sheldon raushängen, aber zu Nordamerika gehören Grönland, das autonom zu Dänemark gehört, Kanada, die USA, Mexiko, Zentralamerika und mehrere karibische Inselstaaten. Insgesamt 23 Länder :)

:halbyeaha Es lag mir auf der Zunge. ;-)

Glückskind
01-05-2020, 09:17
Es gab da mal einen sehr spannenden Artikel auf Slinging.org von einem L.W. Forsyth inklusive Bauanleitung, aber der Link ist leider tot.

Die Seite ist auf https://web.archive.org/ archiviert.
Vielleicht findest Du den Artikel dort ja wieder? :)

Huangshan
01-05-2020, 10:03
jkdberlin :
Ja hast recht geologisch betrachtet ,wenn man es alternativ betrachtet ,wird doch Amerika in Südamerika,Mittelamerika+Karibik und Nordamerika(USA,Kanada,Grönland ) eingeteilt.

In diesem Thread geht es vornehmlich um Stämme die in den heutigen USA,Norden von Mexiko angesiedelt sind.(Shawnee,Apachen)

Am Ende muss man zwischen Kampfsystemen unterscheiden, die von native americans ausgeübt werden und traditionellen indigenen überlieferten Kampfarten.

Und da kommt der Begriff "innovation of traditions" ins Spiel.

jkdberlin
01-05-2020, 10:34
Also mit Geologie habe ich nichts am Hut. Geographisch gibt es als Doppelkontinent nur Nord- und Südamerika, Zentralamerika (oder Mittelamerika) wird dabei Nordamerika zugeordnet. https://de.wikipedia.org/wiki/Nordamerika

In dem Fach "Nordamerikastudien" der FU Berlin gehören definitiv Kanada, USA und Mexiko. Scheinbar geht dort der Rest in die "Lateinamerikastudien".

Richtig ist ganz sicher die Verortung der genannten indigenen Völker nach Nordamerika, um die es in diesem Thema geht.

hope
01-05-2020, 10:57
Schweift etwas vom Thema ab, aber vielleicht interessant. Indigene Völker in Mexiko - auch zu Nordamerika gehörend.
Thema Spanier vs. Azteken:
Die Spanier trafen auf die gut trainierten Krieger der Azteken.
Diese hatten aber, trotz zahlenmäßiger Überlegenheit, den Spaniern nicht viel entgegenzusetzen. Die Hauptwaffe der Spanier war das Rapier (Nahkampf) und die leichte Lanze.
Im Verbund mit Rüstung, Pferd, Armbrust und einer entsprechenden Strategie waren sie in der Kampfesweise überlegen. Das gut ausbalancierte Rapier war sehr führig und konnte im Gegensatz zu den etwas schwereren Hiebwaffen der Azteken sicherlich schneller eingesetzt werden.
Zur Taktik der Spanier gehörte auch der Einsatz von Kriegshunden (Molosser) mit einem Kampfgewicht von 50 bis 65kg. Diese verbreiteten in den gegnerischen Reihen Angst und Schrecken.
https://de.wikipedia.org/wiki/Dogo_Canario
Als sich die Spanier mit dem Stamm der Tlaxcalteken verbündeten, war der Untergang besiegelt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Tlaxcalteken
Ich finde leider keine historisch belegten Hinweise über die über die eigentliche Kampfesweise/Taktik der Azteken.
Vielleicht gibt es historische Aufzeichnungen der Spanier?
Hat jemand Infos? Danke

Huangshan
01-05-2020, 11:30
In dem Fach "Nordamerikastudien" der FU Berlin gehören definitiv Kanada, USA und Mexiko. Scheinbar geht dort der Rest in die "Lateinamerikastudien".


Ich dachte da Mexiko auch zu Mittelamerika gehört und es eine spanische Kolonie war, es zu Lateinamerikastudien zählt?

https://web.archive.org/web/20080106074349/http://lexikon.meyers.de/meyers/Mittelamerika

Mal wieder was neues gelernt.
Danke

jkdberlin
01-05-2020, 11:36
Ich dachte da Mexiko auch zu Mittelamerika gehört und es eine spanische Kolonie war, es zu Lateinamerikastudien zählt?

https://web.archive.org/web/20080106074349/http://lexikon.meyers.de/meyers/Mittelamerika

Mal wieder was neues gelern.
Danke

Naja, es ist halt für die Geschichte des Südens der USA extrem wichtig, ich denke, deswegen ist es Bestandteil der Nordamerikastudien.

period
01-05-2020, 11:39
Die Seite ist auf https://web.archive.org/ archiviert.
Vielleicht findest Du den Artikel dort ja wieder? :)

:D What kind of sourcery is this? :D Darauf wäre ich tatsächlich von alleine nie gekommen - danke! :verbeug: Wieder was höchst nützliches gelernt.... :)

Falls es jemanden interessieren sollte, der erwähnte Artikel zur Apachenschleuder findet sich hier: https://web.archive.org/web/20080519195036/http://slinging.org/index.php?page=how-to-build-and-use-a-traditional-apache-sling---l-w-forsyth

Beste Grüsse
Period.

Glückskind
01-05-2020, 12:00
:D What kind of sourcery is this? :D Darauf wäre ich tatsächlich von alleine nie gekommen - danke! :verbeug: Wieder was höchst nützliches gelernt.... :)

Falls es jemanden interessieren sollte, der erwähnte Artikel zur Apachenschleuder findet sich hier: https://web.archive.org/web/20080519195036/http://slinging.org/index.php?page=how-to-build-and-use-a-traditional-apache-sling---l-w-forsyth


Super, das freut mich! Es gibt ja den Spruch "das Internet vergisst nie"; jetzt weißt Du, wieso.
Ein lokales bzw. dezentrales Backup von wichtigen Seiten, Dokumenten, Videos etc. ist immer
eine gute Idee.

:)

period
01-05-2020, 12:39
Ich finde leider keine historisch belegten Hinweise über die über die eigentliche Kampfesweise/Taktik der Azteken.
Vielleicht gibt es historische Aufzeichnungen der Spanier?
Hat jemand Infos? Danke

Die gibt es, und zumindest laut denen war es kein Spaziergang, wobei natürlich der Propaganda-Aspekt zu berücksichtigen ist. Nachdem ich gerade mit der wayback machine und der slinging-Seite spiele: "For example, during the Spanish conquest of the Aztec empire in the 15th century, an observer recorded that an Andean slinger could shatter Spanish swords or kill a horse in a single hit (Kormann, 1973; Wise, 1980)." (https://web.archive.org/web/20111015224952/http://slinging.org/index.php?page=the-sling-in-medieval-europe---chris-harrison). Die Obsidian-bestückte Keule (Macuahuitl) soll ebenfalls ein recht fieses Ding gewesen sein (Auszüge aus den Konquistadoren-Berichten auf der Wikipedia-Seite: https://en.wikipedia.org/wiki/Macuahuitl); zur Effektivität von Obsidian und Feuerstein als Klingen und Spitzen findet sich noch einiges im guten alten John Coles, Experimental Archaeology (auf Deutsch: Zurück in die Steinzeit). Mein Exemplar liegt grad in meinem Büro in der Uni, daher nur ein paar Auszüge aus der Erinnerung (ohne Gewähr): Coles schreibt von einem Bericht aus Mittelamerika, bei dem die Konquistadoren einem gefangenen einheimischen Bogenschützen die Freiheit versprochen hatten, wenn er durch eine Rüstung hindurchschiessen könne; er tat dies dann auch auf 20 oder 30 Schritt mit einem Schilfrohrpfeil mit Feuersteinspitze, der mit einem Funkenregen durch das Metall gegangen sein soll (soweit ich mich erinnere, soll es ein "Ringpanzer" gewesen sein). Das hätte die Konquistadoren dann bewogen, eher Filzrüstungen zu verwenden, also Gambeson-Varianten, die sich auch in rezenten Tests als sehr effektiv gegen Bolzen gezeigt haben. Coles schreibt weiters über die Versuche von Saxon Pope Anfang des 20. Jh., in dessen Tests sich mit Obsidianspitzen bestückte Pfeile als effektiver als Pfeilspitzen mit Metallspitzen erwiesen (gegen weiches Gewebe, also tierisches Fell, Fleisch und Organe, die man zu diesem Zweck in einen Holzfrahmen gestopft hatte). Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich bestätigen, dass Obsidian unglaublich scharfe Schneiden bildet - ich habe bei der Bearbeitung ein Paar Kevlar-Schnittschutzhandschuhe nach dem anderen verschlissen -, bei Gebrauch (z.B. Knochenkontakt) aber sehr leicht splittert (tut Feuerstein/Silex auch, wenn auch nicht ganz so leicht); sprich, u.U. würden äusserst scharfkantige Fremdkörper in der Wunde zurückbleiben, wenn man überlebt - zutiefst unhübsch, sowas.

Zusammenfassend wäre meine Einschätzung, dass der Hauptvorteil der Spanier auf der psychologischen Ebene gelegen haben dürfte - Schusswaffen, Pferde, Hunde, Stahl... In Hinblick auf die Klingenwaffen wäre das Rapier primär eine Stichwaffe, das Macuahuitl dagegen eine Hiebwaffe. Die Mensur mit dem Rapier wäre deutlich länger als mit dem Macuahuitl, unter den richtigen Umständen ein Vorteil, aber das hängt dann wieder von der Kampftaktik ab. Ich würde jetzt auch mal annehmen, dass das Macuahuitl nicht ohne weiteres durch Helme und Brustplatten kommt, die Berichte ¨über die Effektivität scheinen auch meistens von der Wirkung gegen die ungepanzerten Pferde zu sprechen.

Beste Grüsse
Period.

hope
01-05-2020, 12:50
Die gibt es, und zumindest laut denen war es kein Spaziergang, wobei natürlich der Propaganda-Aspekt zu berücksichtigen ist...

Top! Freut mich. Vielen Dank für deine ausführliche Beschreibung!
Beste Grüße
hope

period
01-05-2020, 12:50
PS: den Splittereffekt der Obsidianklingen vom Macuahuitl sieht man auch hier sehr gut: https://www.youtube.com/watch?v=HjN6zdktD4A

Beste Grüsse
Period.

hope
01-05-2020, 12:54
PS: den Splittereffekt der Obsidianklingen vom Macuahuitl sieht man auch hier sehr gut: https://www.youtube.com/watch?v=HjN6zdktD4A

Beste Grüsse
Period.

Danke.
Beste Grüße
hope

AlexAikido
01-05-2020, 22:15
:D What kind of sourcery is this? :D Darauf wäre ich tatsächlich von alleine nie gekommen - danke! :verbeug: Wieder was höchst nützliches gelernt.... :)

Falls es jemanden interessieren sollte, der erwähnte Artikel zur Apachenschleuder findet sich hier: https://web.archive.org/web/20080519195036/http://slinging.org/index.php?page=how-to-build-and-use-a-traditional-apache-sling---l-w-forsyth

Beste Grüsse
Period.

Die Schleuder sieht ähnlich denen aus, die ich auf den Balearen mal kennen lernen durfte und zu Hause selbst hergestellt habe. Die Dinger haben in einer geübten Hand ordentlich Wirkung auch gegen Metallschutz aka Helm. Selbst wenn eine Gruppe ungeübter Schleuderschützen damit loslegt möchte ich nicht auf der Seite stehen, die die Geschosse abbekommt.

period
01-05-2020, 23:10
Hatten die, die Du da gesehen hattest, eine geschlossene Tasche? Ich kenne die eigentlich nur mit grosser Öffnung, die innen mit Leder benäht sein kann - sowas: https://www.youtube.com/watch?v=W45skWenIng https://www.youtube.com/watch?v=0a_IHHcw6do Ich hatte selbst noch keine davon in der Hand, aber vom Bild- und Videomaterial her sehen sie ziemlich steif aus, was bei der Apachenschleuder nicht der Fall ist. Zudem ist die Technik eine andere - auf den Balearen (zumindest heute) sidearm, bei der Apache overhand. Der Grund könnte der primäre Einsatzzweck sein - auf den Balearen und im Baskenland wurde und wird die Schleuder ja traditionell zum Lenken von Schafherden eingesetzt (was sie ja schon in römischer Zeit als Nebeneffekt zu den gefürchtetsten Schleuderern im Mitteleuropa machte), während Forsyth ja detailliert die jagdliche Handhabung beschreibt, inklusive möglichst verstohlenem Laden... Ich werfe sowohl overhand als auch sidearm, je nachdem. Sidearm ist finde ich vertikal präziser und neigt eher zu horizontalen Abweichungen, overhand umgekehrt. Daher bevorzuge ich meistens sidearm bei horizontalen Zielen, overhand bei vertikalen. Dafür hat sidearm generell die höhere Reichweite, und eignet sich hervorragend, um Steine übers Wasser hüpfen zu lassen :D

Beste Grüsse
Period.

AlexAikido
02-05-2020, 08:34
Das mit den Steinen über Wasser hüpfen lassen muss ich mal probieren :)

Ich hab ein Mal eine balearische Schleuder mit Tasche gesehen, ist scheinbar die Ausnahme. Die balearischen Schleusen sind wohl (so zumindest ein Freund von den Inseln) sehr steif am Anfang, es gibt wohl aber Möglichkeiten die weniger steif zu haben ich erkundige mich mal welche das sind. Ich hab am Anfang immer overhead genutzt, mittlerweile nutze ich beide Varianten gerne

marasmusmeisterin
02-05-2020, 10:04
Ich dachte da Mexiko auch zu Mittelamerika gehört und es eine spanische Kolonie war, es zu Lateinamerikastudien zählt?

MITTELamerika (definiert durch politische Staaten) und ZENTRALamerika (definiert durch geographische Region):
Guatemala, Honduras, El Salvador, Nicaragua, Costa Rica, Panama (je nach Definition auch nur teilweise), und Belize, Mexiko (zum Teil) = Zentralamerika.

Das geographische Kontinental-Mittelamerika, zwischen Nord- und Südamerika, hat eine reiche vorspanische Geschichte. Befaßt man sich mit der, ist der Begriff MESOamerika.
*Klugshicer -Modus off*

period
02-05-2020, 10:28
Das mit den Steinen über Wasser hüpfen lassen muss ich mal probieren :)

Es klappt wirklich ziemlich gut, wenn man den Winkel mal raushat... sieben Sprünge und mehr sind keine Seltenheit. Flache Steine springen wie gehabt besser, es klappt aber auch mit rundlichen. Ich habs z.T. auch in fliessenden Gewässern hingekriegt - wobei bei mir zu Hause der breiteste Bach nur ein oder zwei Sprünge zulässt, dann ist der Stein am anderen Ufer :D


Ich hab ein Mal eine balearische Schleuder mit Tasche gesehen, ist scheinbar die Ausnahme. Die balearischen Schleusen sind wohl (so zumindest ein Freund von den Inseln) sehr steif am Anfang, es gibt wohl aber Möglichkeiten die weniger steif zu haben ich erkundige mich mal welche das sind. Ich hab am Anfang immer overhead genutzt, mittlerweile nutze ich beide Varianten gerne

Danke! Ich war ja der Meinung, dass die Steifigkeit bei den balearischen Schleudern Teil des Designs wäre, um zu gewährleisten, dass sich die beiden Stränge bei den wiederholten Rotationen nicht verheddern... lustigerweise sprechen auch die römischen Quellen davon, dass die Schleudern mit Leder und Nähten versteift gewesen wären. Vielleicht muss ich mal eine bauen, um einen Vergleich zu haben - Bauanleitung für die balearische wäre hier http://slinging.org/forum/YaBB.pl?num=1382647725

Beste Grüsse
Period.

Huangshan
02-05-2020, 10:45
marasmusmeisterin :

Ja die Begriffe Mittelamerika(politisch) , Zentralamerika(geographisch) sind mir geläufig.

Neu für mich war was jkdberlin erwähnt hat, das Mexiko Nordamerikastudien behandelt wird.

Ich habe gedacht das Mexiko zu Lateinamerika gezählt wird.(Kultur,Sprache..)


Der Studiengang Nordamerikastudien ist multidisziplinär organisiert: Insgesamt sechs Disziplinen - Geschichte, Kulturwissenschaft, Literaturwissenschaft, Politikwissenschaft, Soziologie und Wirtschaftswissenschaft - vermitteln Fachkenntnisse zu den Vereinigten Staaten und Kanada und erlauben den Studierenden eine schrittweise fachliche Spezialisierung und Vertiefung durch die Wahl von Schwerpunktfächern

Quelle siehe Gegenstand:
https://www.fu-berlin.de/studium/studienangebot/grundstaendige/nordamerikastudien_kombi/index.html#collapse_50101566_studGegenstand



jkdberlin:

In dem Fach "Nordamerikastudien" der FU Berlin gehören definitiv Kanada, USA und Mexiko.

Auf der Seite der FU Berlin steht nichts von Mexiko?

Beowulf
02-05-2020, 10:52
Fightforlife;3739901]Liebes Forum,

ich möchte euch mal eine Kampfkunst vorstellen, die von den amerikanischen Ureinwohnern in den USA praktiziert wird. Das Shawnee San Soo :cool:

Wird sie nicht und wurde sie nicht, das ist ausgewiesener Bullshit !
Die Ureinwohner Des nördlichen Amerika umfassten um die 500 Völker mit zahlreichen Unterstämmen mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Entwicklungsstufen. Da findest du vom gefestigten Staatsformen bis zum lockeren Stammesverband alles. Die Shawnee besiedelten ein relativ großes Gebiet mit wechselnden Strukturen. Eine kurze Recherche im Internet kann dir da schon einen kleinen Einblick geben, ohne das du dabei Indianistik studieren zu musst..



Zunächst werden im Video verschiedene Kampfszenen (ohne Waffen) gezeigt, die mit Musik untermalt sind, danach folgen Erklärungen zu einzelnen Kampftechniken mit Messer und Tomahawk, der indianischen Streitaxt.

Genau und das erklärt der Typ an einen modernen so genannten taktischen Tomahawk, welches nicht mal annähernd Ähnlichkeit zu den primitiven Waffen der Natives zu der Zeit der weißen Besiedelung hat.


Und vor dem Hintergrund, dass die Indianer im 19. Jahrhundert quasi den Kampf gelebt haben (sie mussten sich immer gegen feindliche Stämme oder gegen die weißen Eindringlinge verteidigen) mussten sie wirklich gute Kämpfer sein! Da sie in der Minderheit waren und keine Schusswaffen besaßen mussten sie umso besser kämpfen können. Das konnten sie auch, denn die Apachen damals in Arizona waren den amerikanischen Soldaten im Zweikampf deutlich überlegen.


Oder so !

jkdberlin
02-05-2020, 11:22
jkdberlin:


Auf der Seite der FU Berlin steht nichts von Mexiko?

Ich war dort bis ca.2003 (?), bei mir im Studiengang am https://www.jfki.fu-berlin.de gehörte Mexiko noch mit dazu. Zumindest in den Fachbereichen Geschichte, Politik und etwas weniger in Kultur. Du hast aber Recht, ich finde das auch nicht mehr auf der Seite des Instituts. Kann sich natürlich geändert haben, war auch noch ein Magisterstudium.

Huangshan
02-05-2020, 11:38
jkdberlin:

Ok verstehe.

Ich habe Elektrotechnik(Informationstechnik) und Wirtschaftsinformatik studiert und die Inhalte haben sich heutzutage auch verändert.

Alles ist im Wandel der Zeit. ;)

Beowulf
03-05-2020, 09:48
jkdberlin:

Ok verstehe.

Ich habe Elektrotechnik(Informationstechnik) und Wirtschaftsinformatik studiert und die Inhalte haben sich heutzutage auch verändert.

Alles ist im Wandel der Zeit. ;)

Das erklärt dann einiges.

Huangshan
03-05-2020, 11:36
Eine Frage an die Forenmitglieder die sich mit dem Thema Geschichte,Kultur etc. der native Americans tiefgehender beschäftigt haben.

Wurden wie z.B. in Ostasien einige indigene Kampfmethoden zu Systemen(Schulen) zusammengefasst oder waren es eher praktische,mündliche Fähigkeiten die z.B. vom Vater zum Sohn oder von erfahrenen Kriegern/Jägern innerhalb des Stammes weitergegeben wurden ?

fighting_dad
03-05-2020, 12:04
Ich kann nicht in Anspruch nehmen, zu dem von dir angesprochenen Personenkreis zu gehören :-)

Ausgehend von Erwägungen des gesunden Menschenverstandes würde ich als Voraussetzung für die Existenz formalisierter Kampfsysteme, die über die tradierte Weitergabe überlebenswichtiger Skills innerhalb der Familie hinausgehen, ein zivilisatorisches Niveau voraussetzen, das zumindest die Existenz verschiedener Berufsgruppen (u.a. professionelle Kämpfer/Lehrer) beinhaltet. Das dürfte bei Jägern, Sammlern und primitiven Ackerbauern eher nicht zutreffen.

Am ehesten könnte ich mir sowas für die bekannten präkolumbischen Hochkulturen vorstellen. Ich würde aber vermuten, daß das Gros der von den Konquistadoren vorgefundenen kulturellen Praktiken und gesellschaftlichen Strukturen im Zuge der Eroberung hinweggefegt worden ist; mir als interessierem Laien ist jedenfalls nix davon bekannt, daß irgendwelche kämpferischen Traditionen jenseits von der Existenz historischer Waffen und ihrer Erforschung im Rahmen der experimentellen Archäologie erhalten geblieben sind.

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period
03-05-2020, 12:23
Wurden wie z.B. in Ostasien einige indigene Kampfmethoden zu Systemen(Schulen) zusammengefasst oder waren es eher praktische,mündliche Fähigkeiten die z.B. vom Vater zum Sohn oder von erfahrenen Kriegern/Jägern innerhalb des Stammes weitergegeben wurden ?

Jetzt mal blöd gefragt - ist der Übergang da nicht ziemlich fliessend? Ich habe es in etablierten KS nicht selten erlebt, dass es unterschiedliche Umfänge der Förderung gab, gewissermassen einen inneren Kreis - und der war nicht selten zumindest zum Teil familienintern. Wir hatten ziemlich häufig das Phänomen, dass bestimmte Familien immer auffallend weit vorne waren - häufig Brüderpaare, manchmal auch über mehrere Generationen. Das hat natürlich verschiedene Gründe (psychologischer Ansporn, nicht hinter X zurückbleiben zu wollen etc., bestimmte Dinge/Trainingsumfänge werden als "normal" akzeptiert usw.), aber dennoch hätten wir damit ein "System" innerhalb des Systems. Ob es dabei primär um "geheime Techniken" oder eher Trainingsformen innerhalb eines +- standardisierten Technikkanons geht ist aus meiner Sicht eher zweitrangig. Anders gefragt - ab wann ist ein System ein System? Ab dem Zeitpunkt, ab dem es eine einheitliche Wettkampfform gibt? Ab dem Zeitpunkt, an dem es einen Austausch zwischen Familientraditionen gibt? Ab dem Zeitpunkt, ab dem es jemand verschriftlicht? Ab dem Zeitpunkt, an dem es an "Aussenstehende" weitergegeben wird bzw. es kommerzielle Schulen gibt?

Beste Grüsse
Period.

Beowulf
04-05-2020, 07:52
Eine Frage an die Forenmitglieder die sich mit dem Thema Geschichte,Kultur etc. der native Americans tiefgehender beschäftigt haben.

Wurden wie z.B. in Ostasien einige indigene Kampfmethoden zu Systemen(Schulen) zusammengefasst oder waren es eher praktische,mündliche Fähigkeiten die z.B. vom Vater zum Sohn oder von erfahrenen Kriegern/Jägern innerhalb des Stammes weitergegeben wurden ?

Es dürfte wohl eher Letzteres der Fall gewesen sein. Dafür spricht die Tatsache das selbst höher entwickelte Stämme weder schriftliche noch darstellerische Zeugnisse zu diesen Thema hinterlassen haben, mal von kriegerischen oder jagdlichen Szenen abgesehen. Erschwerend kommt hinzu das zu der Zeit der Besiedelung(Eroberung) des nördlichen Amerikas niemand sich die Mühe gemacht hat die Kulturen, tiefgreifend wissenschaftlich zu erforschen. Es gab zu diesen Zeitpunkt schlicht andere Prioritäten als sich mit den als primitiv betrachteten Kulturen näher zu beschäftigen.
Was man findet sind Aufzeichnungen über kriegerische Auseinandersetzungen mit den weißen Siedlern, diese geben aber lediglich Auskunft über Ort, Datum und evtl. Opferzahlen und Sieger. Selbst über die höher entwickelten Kulturen an der Ostküste oder im Süd/Osten, gibt es keinerlei Aufzeichnungen über eine strukturierte kämpferische Ausbildung.
Das es jedoch eine in irgend einer Form kämpferische Ausbildung gab, dürfte ebenso als Fakt gelten, gab es doch temporär immer auch kriegerische Konflikte zwischen benachbarten Stämmen um Territorien und Ressourcen.
Auf Grund der Auslöschung, Vertreibung, Internierung usw. ganzer Volksstämme ist davon auszugehen das selbst mündlich überliefertes Wissen mal von Liedern, Tänzen, religiös/ spirituellen Riten, wovon wir Kenntnis haben, kein Material irgend eines strukturierten Kampfsystems bekannt ist.
Das was der TE hier gepostet hat ist das Ergebnis einer Suche nach kultureller Identität und eine wilde Mischung aus diversen bekannten KK mit vermeintlich indianischen Waffen.

Ähnliches gibt es auch in diesen Video zu sehen.

https://youtu.be/CzA1p4yUyT4?t=8

DatOlli
04-05-2020, 08:29
Hatte über die Feiertage leider keinen Zugang daher jetzt:

Vielen Dank, ich finde den Faden ziemlich interessant.


Liebe Grüße
DatOlli

Klaus
04-05-2020, 09:18
Die südamerikanischen und mittelamerikanischen Völker haben auch eine jahrhundertelange Tradition von Kriegen, Unterwerfung und Tributsystemen. Gibt es da schriftliche Aufzeichnungen über deren soldatische Ausbildung ? Das ist vielleicht nichts was man als "Do it yourself 101" verbreiten möchte.

DatOlli
04-05-2020, 09:28
Die südamerikanischen und mittelamerikanischen Völker haben auch eine jahrhundertelange Tradition von Kriegen, Unterwerfung und Tributsystemen. Gibt es da schriftliche Aufzeichnungen über deren soldatische Ausbildung ? Das ist vielleicht nichts was man als "Do it yourself 101" verbreiten möchte.

Naja, mit schriftlich ist glaube ich schwierig. Es gab, sofern ich das richtig erinnere, eine "Knotenschrift" und eine "Bilderschrift", die aber wohl kaum noch jemand (oder keiner?) mehr lesen bzw. verstehen kann.
Man wäre dann auf Aufzeichnungen der Eroberer angewiesen. Ob man denen aber Einblick in die "Kriegerausbildung" gewährt hat, das diese es dann auch verschriftlicht hätten und die Dokumente heute noch existieren würden, halte ich für mindestens fraglich.
Wäre aber sicher sehr interessant.

Liebe Grüße
DatOlli

period
04-05-2020, 09:42
Interne? Da fällt mir spontan das dazu ein - https://www.deutschlandfunk.de/der-vergessene-code-der-inka-im-reich-der-knotenschnuere.740.de.html?dram:article_id=464703. Somit haben wir einerseits das Problem, nicht alle Schriftzeugnisse lesen zu können, andererseits natürlich das klassische Erhaltungsproblem. Man sehe sich zum Vergleich an, wie wenig wir im Prinzip an europäischen Quellen zu vergleichbaren Themen haben - vor 1250 siehts da bei uns auch ziemlich mau aus, und der nächte Fixpunkt wäre wieder die römische Antike, wo wir auch wieder nur eine Handvoll Quellen haben, aber uns alle weiter reichenden Informationen im Prinzip aus Sekundärquellen (z.B. Seneca, Martial oder sogar Augustinus) zusammenreimen müssen. Ob und in welcher Form ein Trainingssystem verschriftlicht wird, scheint stark kulturell geprägt zu sein. Die ersten Tendenzen, ein Kampfsystem einem grösseren Kreis zugänglich machen zu wollen kenne ich in Europa aus dem 16. Jahrhundert, aber so wirklich massentauglich wirds erst im 19. bzw. frühen 20. Jh., als der ganze Mailorder business abhebt... Dann publizieren diverse Autoren im Kampfsport- und Fitnessbereich übrigens wortwörtlich unter dem Titel "Mein System", woraus man den Schluss ziehen könnte, dass es primär um den persönlichen Zugang des Autors gehen soll, also um die Unterschiede zu, nicht um die Gemeinsamkeiten mit den Herangehensweisen anderer... der Versuch einer vollständigen Standardisierung ist dann noch eine spätere Tendenz, wobei man darüber ja geteilter Meinung sein kann.
Es würde mich schwer wundern, wenn es keine mündliche Weitergabe und faktische Unterweisung von Taktik, Strategie und Technik gegeben hätte - was bekanntermassen funktioniert, ist ja ein evolutionärer Vorteil. Ich würde aber erwarten, dass das etwas sehr stark fluides ist, also laufend an wechselnde Gegebenheiten angepasst wird... Womit es dann streng gneommen so oder so nicht mehr "original XY" wäre sondern "der Weisheit letzter Schluss von Generation XY". Was ja nicht immer schlechter sein muss...

Beste Grüsse
Period.

cfkane
04-05-2020, 13:28
Zum Bogenschiessen gibt es Berichte der Siedler von der Ostküste aus dem 18 Jhd. Das war allemal eher schlecht.

Soll heißen, die Indianer schossen eher schlecht? Reichweite, Zielgenauigkeit, Durchschlagskraft? Also keine Konkurrenz zum englischen Langbogen ;-)? Aber irgendwie müssen sie ja auch auf der Jagd getroffen haben, oder?


(z.B. Apachen, die im Gegensatz zu den Karl May Büchern keine Kanus oder Zelte benutzen. Sie waren Pueblo Indianer, die in Höhlen und ähnlichem lebten und eher Flösse fuhren. Kanus wären in den Stromschnellen der Bergflüsse auch eher ungeeignet).

Da muß ich mich als alter Karl-May-Fan mal kurz einklinken :-): Meiner Erinnerung nach wohnten auch in den Büchern die Apachen in Pueblos. Die Beschreibungen sind aber selten, am längsten noch in Winnetou 1, als Old Shatterhand schwer verwundet in die Gefangenschaft von Winnetous Stamm geriet. Und dort war er eindeutig in einem Pueblo untergebracht. Kann sein, weiß ich nicht mehr so genau, daß sie im Film an der Stelle Zelte gezeigt hatten.

Schöne Grüße

Huangshan
04-05-2020, 13:38
Danke für eure Antworten.

Mache momentan für meine Tochter der Grundschullehrer deshalb antworte ich jetzt.

Beowulf:


Es dürfte wohl eher Letzteres der Fall gewesen sein. Dafür spricht die Tatsache das selbst höher entwickelte Stämme weder schriftliche noch darstellerische Zeugnisse zu diesen Thema hinterlassen haben, mal von kriegerischen oder jagdlichen Szenen abgesehen.



Das was der TE hier gepostet hat ist das Ergebnis einer Suche nach kultureller Identität und eine wilde Mischung aus diversen bekannten KK mit vermeintlich indianischen Waffen.



period:

Es würde mich schwer wundern, wenn es keine mündliche Weitergabe und faktische Unterweisung von Taktik, Strategie und Technik gegeben hätte - was bekanntermassen funktioniert, ist ja ein evolutionärer Vorteil. Ich würde aber erwarten, dass das etwas sehr stark fluides ist, also laufend an wechselnde Gegebenheiten angepasst wird

Ich persönlich denke auch, dass bei den meisten indigenen Völkern Kampfarten mündlich und praktisch von Kämpfern weitergeben wurden.

Einige südamerikanische Völker,Hochkulturen(Maya,Inka,Azteken ...) hatten ein Schriftsystem , die indigenen Völker in Nordamerika nach meinem Wissenstand nicht.

Die modernen Kampfmethoden die von einigen natives gezeigt werden , werden wohl Hybridsysteme sein und Interpretationen des jeweiligen Aspiranten.

Wieviele Waffenkampfmethoden(Speer,Tomahawk,Messer,Pfeil und Bogen etc.) die Zeiten überdauert haben ???

jkdberlin
04-05-2020, 16:33
Soll heißen, die Indianer schossen eher schlecht? Reichweite, Zielgenauigkeit, Durchschlagskraft? Also keine Konkurrenz zum englischen Langbogen ;-)? Aber irgendwie müssen sie ja auch auf der Jagd getroffen haben, oder?


Ich kenne Beschreibungen z.B. der Bogenarbeit der Powhatan People (ja, Pocahontas gab es :) ), und da war das eher ein in großer Amplitude geschossener "Teppich" von Pfeilen, der halt meisten nicht traf und auch wenig Durchschlagskraft hatte, da durch den Bogen in der Luft die Pfeile schon lange unterwegs waren. Und in Waldgebieten zum Beispiel ist Pfeil und Bogen keine Hauptwaffe. Jagd war dort eher Fallenstellen etc.

Bei Karl May bezog ich mich eher auf die filmische Adaption, die Bücher sind zu lange her bei mir.

period
04-05-2020, 16:50
Soll heißen, die Indianer schossen eher schlecht? Reichweite, Zielgenauigkeit, Durchschlagskraft? Also keine Konkurrenz zum englischen Langbogen ;-)? Aber irgendwie müssen sie ja auch auf der Jagd getroffen haben, oder?


Hier hätten wir ein paar Zeitzeugenberichte, die das etwas anders sehen: https://centerofthewest.org/2017/07/21/plains-indian-weapons-part-bow-arrows/ https://truewestmagazine.com/indian-bows/ Mit anderen Worten, kurz zusammengefasst: mehrheitlich eher geringes bis mittleres Zuggewicht (50-70 lbs), Zielgenauigkeit bis etwa 45 m on par mit der zeitgenössischer Feuerwaffen, aber erheblich (!) höhere Feuergeschwindigkeit mit 15-20 Pfeilen pro Minute, was hier entschiedender sein dürfte (und auch deutlich über der überlieferten Schussfrequenz der englischen Langbogenschützen liegt, wenn ich mich recht entsinne). Die Pfeile waren anscheinend relativ leicht, in den Tests von Saxon Pope erwiesen sie sich aber als sehr effektiv: auf die hohe Schneidleistung der Obsidianspitze habe ich ja schon hingewiesen, jedoch wurden auch die weitesten Schussleistungen in seinem Test mit einem indianischen Rohrpfeil erreicht (insgesamt die grösste Weite erreichte ein englischer Langbogen mit sowas wie 100 lbs Zug mit einem indianischen Pfeil). Die Reichweite mit den verwendeten indianischen Bögen - im Test alle relativ kurz und mit Zuggewichten bis 75 lbs - war geringer, wenn ich mich recht erinnere maximal 110-130 m (gegenüber 230 m beim leistungsstäärksten Langbogen). Und eine Quelle erwähnt, dass das Fassvermögen der indianischen Köcher bis zu 100 Pfeile betrug, es einem Schützen also erlaubt hätte, 5-6 Minuten lang Vollgas zu schiessen.

Natürlich sind Zeitzeugenberichte auch tendenziös usw., aber sie sind nun mal der beste Anhaltspunkt, den wir haben. Nach dem, was an erhaltenen Bögen im Original oder als Nachbau getestet wurde, denke ich, dass die Gesamttendenz stimmen dürfte - sprich, relativ geringes Zuggewicht (für einen Kriegsbogen), mittlere Reichweite, leichte Pfeilgewichte, durchschnittliche Geschossenergie (dafür hohe Geschosseffizienz), zumindest annehmbare Zielsicherheit bis 50 m, dafür aber hohe bis sehr hohe Feuerfrequenz. Die Bogentraditionen sind bei den Natives ja auch keineswegs einheitlich, aber der mehrheitlich relativ kurze Bogen würde auch eine sehr gute Manövrierbarkeit bei wechselnden Bedingungen, ebenso wie später dann im Sattel erlauben.

Beste Grüsse
Period.

hope
04-05-2020, 19:03
Noch einmal zum ersten Video (siehe Thema-Seite 1):
Die Hintergrundmusik des Videos ist dem Spielfilm "The Last of the Mohicans"
(mit Daniel Day-Lewis) entnommen. Übrigens ein sehr starker Film. Das weckt natürlich Emotionen. Manchmal gefällt einem vielleicht der Gedanke, dass eventuell doch in den Familien uralte Kamptechniken weitergegeben wurden.
Aber in diesem Fall gibt’s keine belegbaren Hinweise. So, wie es jkdberlin schon ausführlich beschrieben hatte. Viele alte indianischen Kampfesweisen können im Nachhinein nur rekonstruiert werden.
Romantische Vorstellungen haben oft nichts mit der Realität zu tun.

period
04-05-2020, 19:58
Manchmal gefällt einem vielleicht der Gedanke, dass eventuell doch in den Familien uralte Kamptechniken weitergegeben wurden.

Wie gesagt, dass Kampftechniken in der Familie und im kleinen Kreis der direkten Trainingspartner weitergeben wurden, kenne ich durchaus aus europäischen Beispielen. Im Ranggeln ist das z.B. durch genügend Zeitzeugenaussagen für das 19. und 20. Jh. dokumentiert (Siehe Ilka Peter, Das Ranggeln im Pinzgau, Salzburg 1981), und es gibt aus meiner Sicht keinen Grund, daran zu zweifeln, dass das in den Jahrhunderten vorher wesentlich anders war. Die Techniken sehen im Ranggeln oder Schwingen kann ich tatsächlich zu einem grossen Teil 1:1 neben die aus Fechtbüchern des 16. Jh. stellen (im Schwingen heissen die z.T. sogar noch gleich, was natürlich nicht heisst, dass da zwingend eine ungebrochene Linie da ist). Die grosse Vereinheitlichungswelle hat hier eher im 20. Jh. zugeschlagen, über die Verbände (=> Handbücher, im Schwingen schon ab dem Ende des 19. Jh.) bzw. über "Fremdeinflüsse" von anderen Sportarten wie Ringen und Judo. Dabei stellt sich dann halt auch die Frage, wofür man einen Kampfsport trainiert - das passive Technikrepertoire (die Techniken, die man gelernt hat) des heutigen Rangglers ist durch den regeren Austausch usw. fraglos grösser als das des Rangglers vor 100 Jahren. Das aktive Technikrepertoire (die wettkampffest beherrschten Techniken) ist es aber nicht zwingend. Sich jedoch bewusst aus Traditionsgründen auf ein bestimmtes Technikrepertoire konzentrieren oder beschränken zu wollen (was jede Form von traditioneller Kampfkunst fast zwangsläufig tut - irgendwann wird beschlossen, bestimmte Techniken und Taktiken zu Lasten einer kontinuierlichen Evolution zu unterlassen oder zumindest zu reduzieren) ist jedoch ein Schritt, der über reine sportliche oder kämpferische Tradition hinaus in den Bereich der Brauchtumspflege geht (die experimentalarchäologische Herangehensweise ist dann nochmal was anderes). Ich für meinen Teil finde das ehrlich gesagt den problematischsten Aspekt von KK/KS (insbesondere mit Hinblick auf das diesbezügliche Markting...), aber wie man möchte...

Beste Grüsse
Period.

hope
04-05-2020, 21:09
Wie gesagt, dass Kampftechniken in der Familie und im kleinen Kreis der direkten Trainingspartner weitergeben wurden, kenne ich durchaus aus europäischen Beispielen. Im Ranggeln ist das z.B. durch genügend Zeitzeugenaussagen für das 19. und 20. Jh. dokumentiert (Siehe Ilka Peter, Das Ranggeln im ....

Stimmt. Da gehe ich mit.
Mein Beitrag bezog sich aber nur auf das Weitergeben von alten indianischen Kampftechniken bis in die heutige Zeit. Innerhalb dieser Familienstrukturen. Da gibt's leider keine belegbaren Hinweise.
Grüße

Stixandmore
04-05-2020, 21:57
Stimmt. Da gehe ich mit.
Mein Beitrag bezog sich aber nur auf das Weitergeben von alten indianischen Kampftechniken bis in die heutige Zeit. Innerhalb dieser Familienstrukturen. Da gibt's leider keine belegbaren Hinweise.
Grüße

Könnte daran liegen, daß bei den Zwangsumsiedlungen, Aufständen etc nicht so viele männliche Nachkommen,mit Wissen zum weitergeben, überlebt haben

Klaus
04-05-2020, 23:27
Da müsste man mal bei den Nachkommen der Indianer fragen, die als Kundschafter und Spezialeinheiten zu Ruhm in 2. Weltkrieg gelangt sind. Wenn die nichts weitergegeben haben über ihre erprobten Methodiken des Schleichens und Aufklärens, oder Nahkampf, wer dann.

Stixandmore
04-05-2020, 23:54
Da müsste man mal bei den Nachkommen der Indianer fragen, die als Kundschafter und Spezialeinheiten zu Ruhm in 2. Weltkrieg gelangt sind. Wenn die nichts weitergegeben haben über ihre erprobten Methodiken des Schleichens und Aufklärens, oder Nahkampf, wer dann.

Jetzt nicht dein Ernst, oder:gruebel:
Deren sagenumwobener Nahkampf, war das Standartprogramm der Army(ich lass mich natürlich eines besseren Belehren, wen du vernünftige Beweise(Dokumente etc) vorbringen kannst
Und Schleichen und Aufklärung, Spuren lesen etc kann jeder vernünftiger Jäger beibringen bzw war auch Standart beim "Special Training" der Army- dafür braucht weder Indianer sein, noch indianische Wurzeln haben;)
Und selbst, wen es so gewesen wäre- wo ist das Wissen jetzt??

Huangshan
05-05-2020, 07:19
Klaus,Stixandmore :

Das ist eine gute Frage?

Native Americans haben im 1 und 2 Weltkrieg z.B. als Funker und Kundschafter etc. gedient.
Sind Messer und Tomahawk Kampfmethoden in die Ausbildung der Marines,Army etc. eingeflossen?

Der Tomahawk wird heutzutage von einigen US Einheiten als Waffe/Werkzeug eingesetzt, ob es eine Verbindung zu den Techniken der native americans gibt?

https://coffeeordie.com/wp-content/uploads/2019/08/cBevfPi.jpg

https://api.army.mil/e2/c/images/2013/04/02/288848/size0.jpg

Klaus
05-05-2020, 08:22
Das war eine Frage und keine Feststellung.

period
05-05-2020, 09:06
Native Americans haben im 1 und 2 Weltkrieg z.B. als Funker und Kundschafter etc. gedient.
Sind Messer und Tomahawk Kampfmethoden in die Ausbildung der Marines,Army etc. eingeflossen?


Jein. Wer die Ausbilder waren, ist ja weitestgehend bekannt. Ich habe jetzt nicht für jeden einzelnen einen Hintergrundcheck gemacht - abgesehen davon, dass auch nicht überall gleich viel bekannt ist -, der einzige, von dem ich weiss, dass er teilweise indianischer Abstammung war, ist Jack Dempsey (Boxweltmeister 1919-1926; er schreibt übrigens, dass er u.a. von seinem älteren Bruder trainiert wurde), aber da wars die Küstenwache. Und was Jack Dempsey gelehrt hat, war natürlich Boxen-basiert... und nachdem die andere Seite von Depseys Familie irisch war, würde ich eher vermuten, dass der boxerische Input wenn aus der Richtung gekommen ist.
Das Bowiemessersystem (Biddle, Styers) kommt laut Biddle linear aus dem westlichen Säbelfechten, also auch kein Wild-West-Einfluss.

Beste Grüsse
Period.

fighting_dad
05-05-2020, 09:06
Das lässt sich prinzipiell beantworten. Ich hab hier gerade "H2H Combat" von Greg Thompson liegen. Da ist ein längeres Vorwort von Matt Larson, dem Vater der Modern Army Combatives drin, in dem er die Entwicklung des Programms schildert.

Demzufolge haben die Entwickler sich zuerst für die Grundstruktur und Didaktik erheblich beim BJJ bedient, Striking aus MT/MMA dazugepackt, das Paket an die Verhältnisse im Einsatz (bepackt mit Ausrüstung und Bewaffnung, unterschiedliche Umgebungen) angepasst und für bewaffneten Nahkampf Input aus dem Bereich DBMA und HEMA hinzugezogen. Von irgendeinem native American Tomahawk fighting lese ich da nix (und glaube, daß so ein Ding auch beim Militär eher den Status eines praktischen Werkzeugs als einer Waffe haben dürfte).

Mal ernsthaft, es wird präzises Schießen mit allen möglichen Handwaffen, Beherrschung von komplexen Waffensystemen, taktisches Verhalten, Kommunikation auf diversen Wegen, immer mehr IT-Fähigkeiten, Agieren im Verbund mit einer Vielzahl anderer Einheiten auf einem zunehmend digitalisieren Gefechtsfeld, taktische Notfallmedizin, Fremdsprachen, nachrichtendienstliche Techniken, kulturelles Fingerspitzengefühl, didaktische Fähigkeiten und was nicht noch alles gefordert und vorausgesetzt. Da der Tag auch beim Militär nur 24 Stunden hat (und Zeit im Einsatz nicht oder nur bedingt für Training verbraten werden kann), ist es ja relativ einfach, sich auszurechnen, wieviel Zeit wohl für Nahkampf übrig bleibt... und welcher Anteil davon wohl für "esoterische" Themen wie Messer- oder Tomahawk-Kampf verwendet werden dürfte :-)

Gesendet von meinem Moto G (5S) Plus mit Tapatalk

Stixandmore
05-05-2020, 12:05
Der Tomahawk wird heutzutage von einigen US Einheiten als Waffe/Werkzeug eingesetzt, ob es eine Verbindung zu den Techniken der native americans gibt?

https://coffeeordie.com/wp-content/uploads/2019/08/cBevfPi.jpg

https://api.army.mil/e2/c/images/2013/04/02/288848/size0.jpg


Mein Vorturner hat mehrmals Einheiten, der USA Army , bevor ihrem deployment(muss so um die Zeit nach 09/11 gewesen sein), im Tomahawkgebrauch unterrichtet und da waren es Prinzipien und Konzepte aus den FMAs

Mr.Fister
05-05-2020, 14:22
zum thema tomahawks beim us-militär gibt es hier eine ganz gute zusammenfassung:

https://abcnews.go.com/US/story?id=90038&page=1

fighting_dad
05-05-2020, 17:59
Das ist sehr interessant, vielen Dank!

Gesendet von meinem Moto G (5S) Plus mit Tapatalk

Beowulf
05-05-2020, 18:09
Der Tomahawk wird heutzutage von einigen US Einheiten als Waffe/Werkzeug eingesetzt, ob es eine Verbindung zu den Techniken der native americans gibt?

Diese Aussage bzw. Fragestellung halte ich für übertrieben. Es dürfte vielmehr eine von den Einheitskommandeuren geduldete bzw. geförderte Spielart zur Steigerung der Kampfmoral gewesen sein. Nüchtern betrachtet taugt so ein Tomahawk weder in einen modernen Gefecht, oder in sein Form als sinnvolles Werkzeug. Die Tschechen haben früher gern mit ihren Bajonett VZ57 das Werfen trainiert, russische Speznas benutzen gern den Feldspaten dazu und GI rennen halt mit einen Tomahawk rum.

Beowulf
05-05-2020, 18:41
Hier hätten wir ein paar Zeitzeugenberichte, die das etwas anders sehen: https://centerofthewest.org/2017/07/21/plains-indian-weapons-part-bow-arrows/ https://truewestmagazine.com/indian-bows/ Mit anderen Worten, kurz zusammengefasst: mehrheitlich eher geringes bis mittleres Zuggewicht (50-70 lbs), Zielgenauigkeit bis etwa 45 m on par mit der zeitgenössischer Feuerwaffen, aber erheblich (!)

Beste Grüsse
Period.

Mit Verlaub 50- 70 lbs Zugewicht sind kein geringes bis mittleres Zuggewicht es sei denn man orientiert sich an den englischen Langbögen, welche zu der Zeit der Besiedelung nicht mehr in Gebrauch waren. Die meisten Bögen der Natives dürften ein Zuggewicht von 50 lbs eher nicht überstiegen haben. Von Zielgenauigkeit hier zu sprechen ist waffentechnischer Unfug. Das zielgenaue Treffen mit einen Bogen auf eine Entfernung von 45 Meter erfordert jedoch einiges an Übung um eine gute Quote zu erzielen. Allerdings können Bögen dieser Leistungsklasse im ballistischen Schuß beachtliche Weiten erzielen. Ebenso bezweifel ich die Angabe von 100 Pfeilen als Kampfsatz in einem Köcher. Der Pfeilbau mit primitiven Mitteln erfordert einiges an handwerklichen Geschick und ich erachte derartige Stückzahlen für einen einzelnen Krieger als nicht realistisch, zumal ein gewöhnlicher Köcher der Neuzeit selten mehr als 20 Pfeile fasst.
Richtig ist das die Indianer, was die Feuerrate betraf den anfänglichen Luntenschloß- bzw. Steinschloßmusketen der damaligen Zeit überlegen waren. Dennoch bevorzugten auch die Indianer in zunehmenden Maße Gewehre, weil diese eine vergleichsweise größere Reichweite, Treffgenauigkeit und Durchschlagskraft hatten und somit auch eine sichere Jagdausbeute versprachen.

period
05-05-2020, 19:07
Mit Verlaub 50- 70 lbs Zugewicht sind kein geringes bis mittleres Zuggewicht es sei denn man orientiert sich an den englischen Langbögen, welche zu der Zeit der Besiedelung nicht mehr in Gebrauch waren. Die meisten Bögen der Natives dürften ein Zuggewicht von 50 lbs eher nicht überstiegen haben.

50-70 lbs sind ein geringes bis mittleres Zuggewicht im Vergleich zu Kriegsbögen im internationalen Vergleich und quer durch die Zeiten. Es ist ein durchschnittliches Zuggewicht für einen Jagdbogen. Der Rest sind wie gesagt Aussagen aus Zeitzeugenberichten, auf deren z.T. fragliche Quellenqualität ich hingewiesen habe, und darüber, wie die Zielgenauigkeit (accuracy) bewerten, spekuliere ich an dieser Stelle nicht. Die Angaben von Pope beziehen sich auf den ballistischen Schuss, Details müsste ich nachschauen. Pope hat die Durchschlagskraft auf diverse Arten getestet (auch gegen Papierblöcke, die vor dem Ballistikgel auch für Feuerwaffen verwendet wurden), die diesbezüglichen Ergebnisse habe ich aber nicht mehr im Kopf.

Beste Grüsse
Period.

Schnueffler
05-05-2020, 20:29
Zu meiner Zeit gehörte ein kleines Beil mit zur Ausstattung bei den Infantrieeinheiten im abgesessenen Kampf.
Aber mehr als Werkzeug. Manche haben aus Spaß ander Freude damit auch geworfen oder SV-Sachen damit gemacht.

Beowulf
05-05-2020, 20:40
50-70 lbs sind ein geringes bis mittleres Zuggewicht im Vergleich zu Kriegsbögen im internationalen Vergleich und quer durch die Zeiten. Es ist ein durchschnittliches Zuggewicht für einen Jagdbogen. Der Rest sind wie gesagt Aussagen aus Zeitzeugenberichten, auf deren z.T. fragliche Quellenqualität ich hingewiesen habe, und darüber, wie die Zielgenauigkeit (accuracy) bewerten, spekuliere ich an dieser Stelle nicht. Die Angaben von Pope beziehen sich auf den ballistischen Schuss, Details müsste ich nachschauen. Pope hat die Durchschlagskraft auf diverse Arten getestet (auch gegen Papierblöcke, die vor dem Ballistikgel auch für Feuerwaffen verwendet wurden), die diesbezüglichen Ergebnisse habe ich aber nicht mehr im Kopf.

Beste Grüsse
Period.

Entschuldige, aber ich habe den Anschein das sich dein Wissen auf die Theorie beschränkt. Als aktiver Bogenschütze kenne ich die internationale Historie und kann relativ gut die Angaben bezgl. Zugkraft, Durchschlagsfähigkeit, Reichweite und Trefferquote beurteilen. Ich schieße Bögen mit einer Zugkraft von 25- 55 lbs und baue meine Pfeile dazu selbst. Ein intuitives Schießen mit einem Bogen erfordert sehr viel Training, Konzentration und je nach Entfernung ballistisches Schätzvermögen, angepasst an die jeweilige Leistung des Bogens. Insofern befinde ich mich sehr nah auf einer Ebene mit den Bögen der nordamerikanischen Indianer und kann das durch meine persönlichen Erfahrungen beurteilen.

Gruß Beo

Beowulf
05-05-2020, 20:45
Zu meiner Zeit gehörte ein kleines Beil mit zur Ausstattung bei den Infantrieeinheiten im abgesessenen Kampf.
Aber mehr als Werkzeug. Manche haben aus Spaß ander Freude damit auch geworfen oder SV-Sachen damit gemacht.

Das Klauenbeil gehörte zu der pioniertechnischen Ausstattung der BW auf Gruppenebene und das wars auch schon.

Schnueffler
05-05-2020, 20:52
Das Klauenbeil gehörte zu der pioniertechnischen Ausstattung der BW auf Gruppenebene und das wars auch schon.

Welches Klauenbeil meinst du?

Beowulf
05-05-2020, 20:59
Welches Klauenbeil meinst du?

https://www.raeer.com/shopexd.asp?id=20141

period
05-05-2020, 21:13
Entschuldige, aber ich habe den Anschein das sich dein Wissen auf die Theorie beschränkt. Als aktiver Bogenschütze kenne ich die internationale Historie und kann relativ gut die Angaben bezgl. Zugkraft, Durchschlagsfähigkeit, Reichweite und Trefferquote beurteilen. Ich schieße Bögen mit einer Zugkraft von 25- 55 lbs und baue meine Pfeile dazu selbst. Ein intuitives Schießen mit einem Bogen erfordert sehr viel Training, Konzentration und je nach Entfernung ballistisches Schätzvermögen, angepasst an die jeweilige Leistung des Bogens. Insofern befinde ich mich sehr nah auf einer Ebene mit den Bögen der nordamerikanischen Indianer und kann das durch meine persönlichen Erfahrungen beurteilen.

Gruß Beo

Der Eindruck trügt. Ich habe mehrere Jahre aktiv Wettkampf geschossen, diverse Bögen gebaut, experimentalarchäologische Versuche zum Bogenbau wissenschaftlich betreut und besitze zur Zeit einen Langbogen mit 95 lbs und einen Reflexbogen mit 110-120 lbs. Daneben schiesse und werfe ich mit diversen anderen Dingen, teils zum Spass, teils mit wissenschaftlichen Fragestellungen. Wichtig zu unterscheiden ist immer "meiner Erfahrung nach", "Zeitzeugenberichte sagen" und "wissenschaftliche Tests haben ergeben". In Hinblick auf das Zuggewicht von Kriegsbögen ist ersteres leider irrelevant und für die letzten zwei schaue ich mir gerne die Quellen an, wenn Du sie denn hast.

Beste Grüsse
Period.

Schnueffler
05-05-2020, 21:21
https://www.raeer.com/shopexd.asp?id=20141

Danke, das habe ich bei uns nie gesehen.

Schnueffler
05-05-2020, 21:22
Ich habe vom Beil und Messer auch nur die zivile Hülle mitnehmen dürfen.

Beowulf
05-05-2020, 21:33
Der Eindruck trügt. Ich habe mehrere Jahre aktiv Wettkampf geschossen, diverse Bögen gebaut, experimentalarchäologische Versuche zum Bogenbau wissenschaftlich betreut und besitze zur Zeit einen Langbogen mit 95 lbs und einen Reflexbogen mit 110-120 lbs. Daneben schiesse und werfe ich mit diversen anderen Dingen, teils zum Spass, teils mit wissenschaftlichen Fragestellungen. Wichtig zu unterscheiden ist immer "meiner Erfahrung nach", "Zeitzeugenberichte sagen" und "wissenschaftliche Tests haben ergeben". In Hinblick auf das Zuggewicht von Kriegsbögen ist ersteres leider irrelevant und für die letzten zwei schaue ich mir gerne die Quellen an, wenn Du sie denn hast.

Beste Grüsse
Period.

Gucke an und dann solche Aussagen !

period
05-05-2020, 22:09
Gucke an und dann solche Aussagen !

:D Na denn...

Period.

Beowulf
06-05-2020, 06:57
:D Na denn...

Period.

Danke das du meine Zweifel bestätigst !:cool:

jkdberlin
06-05-2020, 07:02
Bitte Back to Topic und sofort mit den unnötigen und kindischen Argumentum ad hominem aufhören!

marasmusmeisterin
06-05-2020, 08:00
Die südamerikanischen und mittelamerikanischen Völker haben auch eine jahrhundertelange Tradition von Kriegen, Unterwerfung und Tributsystemen. Gibt es da schriftliche Aufzeichnungen über deren soldatische Ausbildung ?

Z.B. die aztekischen "Blumenkriege": https://de.wikipedia.org/wiki/Blumenkriege

Berichte nach bzw. während der spanischen Eroberung gab es nie viel, klaro. Ich werf mal ein paar Namen rein:
Diego de Landa, Bericht aus Yucatan
Fray Juan Bernal
Juan Dominguez de Mendoza
https://www.amazon.com/Juan-Dom%C3%ADnguez-Mendoza-Frontiersman-Historical/dp/0826351158

spätere:
The Pueblo Revolt of 1680: Conquest and Resistance in Seventeenth-Century ..., Andrew L. Knaut

Beowulf
06-05-2020, 08:00
Wer möchte kann sich gern in dieser kurzen aber sehr gut geschriebenen Abhandlung zu Pfeil und Bogen bezügl. Geschichte, Aufbau, Form, Material etc. belesen.

https://www.grossklein.gv.at/fileadmin/user_upload/images/Museum/Sonderausstellungen/zusammenstellung-grossklein-bogen-und-pfeil-2012.pdf

Gruß Beo

Huangshan
06-05-2020, 08:37
marasmusmeisterin:

Sehr interessant, Danke für den Beitrag.

Stixandmore:


Mein Vorturner hat mehrmals Einheiten, der USA Army , bevor ihrem deployment(muss so um die Zeit nach 09/11 gewesen sein), im Tomahawkgebrauch unterrichtet und da waren es Prinzipien und Konzepte aus den FMAs

Ja,das was ich gesehen habe erinnert sehr stark an FMA.

Danke für die Info.



Fightforlife:
Okichitaw sieht auch nach einem modernen Hybridsystem aus.


In his youth, founder George J. Lépine learned traditional wrestling, tomahawk throwing and hand-to-hand combat techniques (miche che kiske). He also trained in other martial arts such as judo, taekwondo and hapkido. Lépine developed Okichitaw and established it in 1997.



https://youtu.be/lBsQcasUtZU?t=19


Info:
http://www.okichitaw.com

https://en.wikipedia.org/wiki/Okichitaw

hope
06-05-2020, 12:03
Ich kenne Beschreibungen z.B. der Bogenarbeit der Powhatan People (ja, Pocahontas gab es :) ), und da war das eher ein in großer Amplitude geschossener "Teppich" von Pfeilen, der halt meisten nicht traf und auch wenig Durchschlagskraft hatte, da durch den Bogen in der Luft die Pfeile schon lange unterwegs waren. Und in Waldgebieten zum Beispiel ist Pfeil und Bogen keine Hauptwaffe. Jagd war dort eher Fallenstellen etc...

Um die nicht ganz so große Reichweite der Pfeile zu kompensieren, wurden auch Pfeilgifte eingesetzt. In Südamerika sehr häufig, aber eben auch (seltener) in Nordamerika. Dort benutzten die Thompson das Gift von Hahnenfußgewächsen für ihre Pfeilspitzen.

Stixandmore
06-05-2020, 13:02
Ja,das was ich gesehen habe erinnert sehr stark an FMA.


Day einzige was ich noch unter "Anwendungen mit den Tomahawk"kenn und etwas außerhalb des modernen/FMA etc liegt, sind die Sachen von Dwight McLemore; klar definitiv nicht indianische; geht aber für mich in die Richtung HEMA und nachkonstruieren, wie das Tomahawk in jener Zeit benutzt worden sein könnte
Wie viel da wirklich dran ist, kann ich aber nicht sagen; hab DVD hier irgendwo rum fliegen, aber noch nie wirklich reingeschaut

period
06-05-2020, 14:32
Wer möchte kann sich gern in dieser kurzen aber sehr gut geschriebenen Abhandlung zu Pfeil und Bogen bezügl. Geschichte, Aufbau, Form, Material etc. belesen.

https://www.grossklein.gv.at/fileadmin/user_upload/images/Museum/Sonderausstellungen/zusammenstellung-grossklein-bogen-und-pfeil-2012.pdf

Gruß Beo

Und dann solche Quellen! Die Zusammenstellung ist fraglos liebevoll gemacht und als Einstieg in den Bogen- und Pfeilbau auch durchaus brauchbar. Wissenschaftlich ist daran aber streng genommen nur, dass es eine Literaturliste gibt. Zitierfähig ist das Werk als solches nicht (und die Regeln dafür stammen nicht von mir), weil es nur extrem eingeschränkt Auskunft gibt, welche Angaben woher bezogen werden, und es stützt die vorangehende Aussage «als aktiver Bogenschütze kenne ich die internationale Historie» per se ebenfalls nicht (mal abgesehen davon, dass das als Aussage ebenfalls «Unfug» ist, weil es keinen Kausalzusammenhang zwischen der Ausübung einer Beschäftigung und dem Wissensstand zu deren Geschichte gibt). Im Übrigen befasst es sich weder mit der Einteilung in Jagd- und Kriegsbögen, noch in eine Einteilung von Zuggewichtsklassen, wenn man davon absieht, dass der Autor 50 Pfund Zug als ausreichend für die Grosswildjagd erachtet (das allerdings nicht mit Quellen belegt, auch wenn die Aussage stimmen mag). Die Zugkraft von indianischen Bögen oder anderer indigener Bögen wird gar nicht thematisiert, es wird lediglich erwähnt, dass einer der Nachbauten des Autors 50 lbs hat.

Welche "Ansicht" Du von mir oder von bestimmten Berufsgruppen inklusive meiner haben möchtest, ist natürlich Dir freigestellt und es interessiert mich auch nicht weiter. Abgesehen davon bin ich nach wie vor der Meinung, dass es in Diskussionen darum gehen sollte, was richtig ist und nicht darum, wer Recht hat, und ob man es glaubt oder nicht, ich habe versucht, dem Thread hier sinnvolle Inputs zu geben und möchte das auch weiterhin tun. Daher gebe ich gerne zu, dass ich die Angaben zu Saxton Pope nur unvollständig und auch nicht vollkommen richtig im Kopf hatte – und ich hatte ausdrücklich darauf verwiesen, dass ich die aus meiner Erinnerung an die Lektüre einer Sekundärquelle, nämlich John Coles bezogen habe, der evtl. nur eine Auswahl davon wiedergegeben hat, und Details nachschauen müsste. Letzteres habe ich nunmehr getan, um dem genannten Anspruch «was richtig ist» gerecht zu werden und diese Diskussion mit sinnvollen Zitaten zu führen. Zu meiner Freude habe ich festgestellt, dass Saxton Popes «Hunting with bow and arrow» von 1923 inzwischen digitalisiert und frei zugänglich ist (http://www.gutenberg.org/ebooks/8084). Die Seitenangaben in Folge beziehen sich auf das Digitalisat (Format epub with images).
Pope hat eine ganze Reihe von indianischen Bögen in diversen Sammlungen getestet, wobei natürlich die Zuggewichte und Schussleistungen lagerungsbedingt u.U. nicht mehr 1:1 die ursprünglichen waren. Zu den erwähnten Schusstests lesen wir auf S. 50-51:
“All flights were made at an elevation of forty-five degrees and the greatest possible draw was given each shot. In fact we spared no bows because of their age, and consequently broke two in the testing.
Weight Distance Shot
Alaskan....................... 80 pounds 180 yards
Apache........................ 28 " 120 "
Blackfoot..................... 45 " 145 "
Cheyenne...................... 65 " 156 "
Cree.......................... 38 " 150 "
Esquimaux..................... 80 " 200 "
Hupa.......................... 40 " 148 "
Luiseno....................... 48 " 125 "
Navajo........................ 45 " 150 "
Mojave........................ 40 " 110 "
Osage......................... 40 " 92 "
Sioux......................... 45 " 165 "
Tomawata...................... 40 " 148 "
Yurok......................... 30 " 140 "
Yukon......................... 60 " 125 "
Yaki.......................... 70 " 210 "
Yana.......................... 48 " 205 "

Somit habe ich die Zuggewichte der getesteten indianischen Bögen tatsächlich etwas zu hoch angegeben, die meisten bewegen sich tatsächlich eher im Bereich 40-45 Pfund. Die Reichweiten sind mehrheitlich ebenfalls höher, als ich das in Erinnerung hatte.

Zum internationalen Vergleich gibt Pope folgende Referenzen an (ebd. S. 51-52):
“The list of foreign bows is as follows:
Weight Distance Shot
Paraguay...................... 60 pounds 170 yards
Polynesian.................... 49 " 172 "
Nigrito....................... 56 " 176 "
Andaman Islands................45 " 142 "
Japanese.......................48 " 175 "
Africa.........................54 " 107 "
Tartar.........................98 " 175 "
South American.................50 " 98 "
Igorrote.......................26 " 100 "
Solomon Islands................56 " 148 "
English target bow (imported)..48 " 220 "
English yew flight bow.........65 " 300 "
Old English hunting bow........75 " 250 "

Auch hier findet sich der Begriff "Kriegsbogen" also solcher nicht, wobei ohnehin anzufügen ist, dass dieser z.T. auch arbiträr gebraucht wird und nur bestimmte Kulturen eine dezidierte Trennung vorgenommen und spezifische Formen ausgebildet haben. Aber die Diskussion sprengt für diesen Post den Rahmen.

Pope beschreibt auch im Detail seine Erfahrungen mit Ishi, einem Yana (ebd., 9-45). Auf Seite 36-38 wird beschrieben, welche Ergebnisse Ishi auf moderne Zielscheiben erreichte, wobei seine Trefferquote deutlich hinter der von zeitgenössischen Schützen, darunter auch Pope selbst, gelegen haben soll. Pope hebt aber hervor, dass diese offensichtlich ausreichte, um Ishi seinen Lebensunterhalt durch die Jagd bestreiten zu lassen, und mehr offensichtlich nicht erforderlich war, nachdem das eben im Kontext der Jagdstrategie im weiteren Sinne zu sehen ist. Er schreibt auch, dass Ishi die von Pope bevorzugten Langbögen als «too much» erachtete (S. 34), was sich sowohl auf die Länge als auch auf das Zuggewicht beziehen könnte. Ergänzend dazu hat Pope bereits 1918 «Yahi archery» veröffentlicht, wo er weitere Eindrücke aus seinen Erfahrungen mit Ishi publiziert (https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&ved=2ahUKEwiZn-XZqJ_pAhUHKBoKHYhNAZcQFjAAegQIAxAB&url=http%3A%2F%2Ftest.scripts.psu.edu%2Fusers%2Fd% 2Fj%2Fdjn143%2FArchery%2FSaxton%2520Pope%2520-%2520Yahi%2520Archery.pdf&usg=AOvVaw09rH8jtmCd1AZmQyZeOM9r)

Auf Seite 59 von «Hunting with bow and arrow» bestätigen Popes Selbstversuche übrigens die Angaben der oben verlinkten Zeitzeugenberichte zur Schussfrequenz der indianischen Schützen, dass es nämlich (entgegen der Einschätzung eines anderen Schützen eine Seite vorher) durchaus möglich ist, 7-8 Pfeile abzuschiessen, bevor der erste wieder auf die Erde fällt; wohlgemerkt ist weder hier noch dort die Rede davon, dass es sich dabei um gezielte Schüsse handeln würde.

Beste Grüsse
Period.

Beowulf
06-05-2020, 19:14
Period,

mein Link war nicht als wissenschaftlich belastbare Quelle gedacht. Sorry aber da musst du den Wissenschaftler mal außen vor lassen.
Im Grunde bestätigst du mit der von dir hier aufgelisteten Darstellung meine Aussage, was die Zugstärke der meisten Bögen nordamerikanischer Indianer betrifft.
Gestatte mir eine Frage. Du sagst du besitzt einen 96 lbs Langbogen und einen Recurve mit 110-120 lbs. Wie häufig schießt du diese Bögen und wie viele Schüsse absolvierst du in einer Folge damit?
Ich schieße im Durchschnitt 100 und mehr Pfeile. Ich kann mir vorstellen das dies bei einen Bogen der von dir genannten Stärke schon eine gewaltigen Kraftanstrengung bedarf.
Und nur nebenbei, ich werfe Messer, Spaten, Äxte und andere Klingenwaffen auf unterschiedliche Entfernungen, nicht aus wissenschaftlichen Interesse sondern einfach just for fun. Was für mich zählt ist das Ergebnis unter reellen Bedingungen, einschließlich der Fehlerquoten.

Beowulf
06-05-2020, 19:24
So und nun zurück zum Thema,

bei den Indianer der Ostküste waren selbst zu späteren Zeiten der weißen Besiedelung neben ursprünglichen Tomahawks, dann schon mit einen Eisendorn, noch vielfach die sogenannten Kugelkopfkeulen in Gebrauch. Während bei den westlicheren Stämmen der Prärie mehrheitlich die letzte Form dominierte.


http://www.jens-roeser.de/gegenstaende/pages/Kugelkopfkeule.htm

https://www.weltmuseumwien.at/object/529602/

http://www.jens-roeser.de/gegenstaende/pages/%DF0.htm

https://deacademic.com/pictures/dewiki/65/Afraid_of_hawk.jpg

Klaus
06-05-2020, 19:31
Man sieht aber gut, wie unterschiedlich effektiv die Bögen unterschiedlicher Machart waren. Bei gleichem Auszugsgewicht Schussweiten von 100-200m, wobei das natürlich auch vom Lagerungszustand beeinflusst wird. Der englische Bogen schlägt sich aber offenbar ausserordentlich gut. :)

period
06-05-2020, 20:59
Period,
mein Link war nicht als wissenschaftlich belastbare Quelle gedacht. Sorry aber da musst du den Wissenschaftler mal außen vor lassen.
«When pushed, you fall back to your training.» ;) Zu reagieren wie ein ehemaliger Bundesligaringer erschien mir an dieser Stelle doch etwas übers Ziel hinausgeschossen, von da her gab es im Prinzip nur noch eines, wofür ich trainiert worden bin… Wobei ich die obigen Aussagen so aufgefasst habe, dass meine wissenschaftliche Qualifikation in Frage gestellt wurde. Daher habe ich wissenschaftlich geantwortet.



Im Grunde bestätigst du mit der von dir hier aufgelisteten Darstellung meine Aussage, was die Zugstärke der meisten Bögen nordamerikanischer Indianer betrifft.
Das ist mir durchaus bewusst ;) Nachdem ich die Quelle nachgeschlagen habe und mir der Auszug diskussionsrelevant erschien, habe ich beschlossen, ihn hier zur Gänze einzufügen, anstatt ihn auf die Handvoll Werte zu kürzen, die meine ursprünglichen Aussagen gestützt hätten. «Was richtig ist» und so ;)



Gestatte mir eine Frage. Du sagst du besitzt einen 96 lbs Langbogen und einen Recurve mit 110-120 lbs. Wie häufig schießt du diese Bögen und wie viele Schüsse absolvierst du in einer Folge damit?
Ich schieße im Durchschnitt 100 und mehr Pfeile. Ich kann mir vorstellen das dies bei einen Bogen der von dir genannten Stärke schon eine gewaltigen Kraftanstrengung bedarf.
Ich schiesse im Moment zugegebenermassen sehr sporadisch. Mit dem Langbogen (Tiroler Bergeibe, 150 Jahrringe pro Zoll) letzthin maximal 50 Pfeile. Aktuell ist der auch bei einem befreundeten Bogenbauer, der ihn mir als Geschenk gebaut hat, als unaufgefordertes Dankeschön für die Betreuung der erwähnten Experimente (Zitat: «Wenn ihn jemand schiessen kann, dann du!»), weil der noch einen Pfeilsatz dazu baut, was mit den erforderlichen Spinewerten nicht ganz ohne ist. Der Reflexbogen ist noch nie geschossen worden, nachdem ich die Pfeile dazu nicht habe. Der ist im Moment ein reines Trainingsgerät, mit dem ich einen persönlichen Versuch durchführe, basierend auf dem überlieferten Trainingsregime türkischer Schützen – morgens 60 Züge in Folge je rechts und links. Der Versuch ist nichtmal primär aufs Schiessen ausgerichtet, sondern zielt zunächst mal mehr auf die in unterschiedlichen Kulturen anzutreffende Dualität von Ringen und Bogenschiessen und deren Wechselbeziehung ab. Aktuell halte ich bei 3 Sets zu je 20 Zügen links und rechts mit 1-2 Minuten Pause nach jeder Doppelserie, wobei ich mich noch nicht so recht an den Daumenring gewöhnt habe, der für mich derzeit den begrenzenden Faktor darstellt. Meine Theorie ist, dass man einen Bogen, den man 60x in Folge links und rechts ziehen kann, in Sachen Kraft problemlos auch für 20-30 gezielte 3er Serien o.ä. schiessen kann. Und da kommt dann halt der Versuch ins Spiel.



Und nur nebenbei, ich werfe Messer, Spaten, Äxte und andere Klingenwaffen auf unterschiedliche Entfernungen, nicht aus wissenschaftlichen Interesse sondern einfach just for fun. Was für mich zählt ist das Ergebnis unter reellen Bedingungen, einschließlich der Fehlerquoten.
Du wirst lachen, ich glaube, wir würden uns in real sogar ziemlich gut verstehen ;) Von da her würde ich mich freuen, wenn wir – um Karl May zu bemühen – das Kriegsbeil hiermit begraben können. Am liebsten werfe ich nach wie vor das Ding in meinem Profilbild (wie meine Freundin sagen würde “Die natürliche Waffe des Archäologen”), als nächstes werde ich mir wohl mal einen Rabbitstick bauen und damit ein bisschen spielen. Und natürlich gehören Fehlerquellen zu jedem lebenslangen Lernprozess dazu, aber ich liebe dennoch auch die Tage, an denen von hundert Würfen kein einziger danebengeht…

Beste Grüsse
Period.

Beowulf
07-05-2020, 18:20
.


https://youtu.be/_lsZE8MpQZI?t=56

period
08-05-2020, 11:10
https://youtu.be/_lsZE8MpQZI?t=56

;)

jkdberlin
12-06-2020, 10:21
Habe ich gerade gefunden:


https://youtu.be/vpb1kluy1W8

Lofantyr
18-06-2020, 10:26
(...)
Ich finde leider keine historisch belegten Hinweise über die über die eigentliche Kampfesweise/Taktik der Azteken.
Vielleicht gibt es historische Aufzeichnungen der Spanier?
Hat jemand Infos? Danke

Ich lese gerade das Buch „Wohlstand und Armut der Nationen“ von David Landes (5. Auflage, Pantheon-Verlag), wo auf S. 121 kurz auf die Kampfweise der Azteken eingegangen wird - leider ohne jegliche Quellenangabe.
Sinngemäß steht dort, dass
a) die Kampfkunst der Azteken primär darauf ausgerichtet war, den Gegner „nur“ kampfunfähig zu machen, damit man ihn lebend gefangen nehmen und opfern konnte. Dazu wären die Waffen der Indigenen (wie Stöcke oder mit Obsidiansplittern gespickten Keulen) auch bestens geeignet, ganz im Gegensatz zu dem Stahl der Spanier. Außerdem hätten die Azteken v.a. die Gliedmaßen angegriffen, während die Konquistadoren letale Ziele wie den Rumpf bevorzugt hätten: „nach aztekischen Maßstäben kämpften die Spanier unfair“ (wie der Autor schreibt).
b) die Taktik der Azteken viel auf Übermacht beruhe, also den Gegner mit der schieren Anzahl an Gegner zu besiegen.

Zu a) hätte ich selbst ne Frage. Gerade in den FMA hört man doch oft: „Wenn ich dem Anderen erstmal die Hand gebrochen habe, hat der keinen Bock mehr auf Kämpfen“, ergo wäre es ja erstmal egal, ob ich jetzt den Kopf oder die Hand meines Gegners breche.

Stixandmore
18-06-2020, 12:08
Zu a) hätte ich selbst ne Frage. Gerade in den FMA hört man doch oft: „Wenn ich dem Anderen erstmal die Hand gebrochen habe, hat der keinen Bock mehr auf Kämpfen“, ergo wäre es ja erstmal egal, ob ich jetzt den Kopf oder die Hand meines Gegners breche.

Nein, während man die Hand in LargoMano treffen kann, wird das mit dem Kopf in dieser Distanz schwer- außerdem ist es so, daß wen man direkt den Kopf angreift,berstmal den "Guard" (Hand mit Waffe) passieren muss und sich selber mehr der Gefahr aussetzt getroffen zu werden!? Beim Stock evtl nicht ganz so schlimm, bei einer Klinge schon mehr;)
Deshalb kennt PEKITI TIRSIA "nur" drei Ziele , die es wert sind angegriffen zu werden: Hand, Bein, Kopf- und zwar in der Reihenfolge

Lofantyr
18-06-2020, 13:01
Genau das meine ich ja: gebrochene Hand = Kampf gewonnen (meistens), ergo wieso sollte ich noch näher an den Gegner herangehen? In diesem Fall hätten sich die Azteken ja über den Kampfstil der Spanier freuen müssen, oder?

fighting_dad
18-06-2020, 13:20
Es wird seine Gründe gehabt haben, daß die Eroberung des Aztekenreiches durch eine zahlenmäßig massiv unterlegene spanische Streitmacht offensichtlich nicht an einem epidemischen Auftreten gebrochener Hände gescheitert ist ;-)

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Stixandmore
18-06-2020, 14:12
Genau das meine ich ja: gebrochene Hand = Kampf gewonnen (meistens), ergo wieso sollte ich noch näher an den Gegner herangehen? In diesem Fall hätten sich die Azteken ja über den Kampfstil der Spanier freuen müssen, oder?

Ich würde sagen, daß es in diesem Kontext, auf die Länge der Waffe ankommt

Stixandmore
18-06-2020, 14:13
Es wird seine Gründe gehabt haben, daß die Eroberung des Aztekenreiches durch eine zahlenmäßig massiv unterlegene spanische Streitmacht offensichtlich nicht an einem epidemischen Auftreten gebrochener Hände gescheitert ist ;-)

Gesendet von meinem Moto G (5S) Plus mit Tapatalk

Ja, Rüstungen aus Metall, Schusswaffen, Pferde und angerichtete Kampfhunde(nur hat das nichts mit der Frage zu tun!?)

period
18-06-2020, 15:12
Ich würde sagen, daß es in diesem Kontext, auf die Länge der Waffe ankommt

Ggf. auch darauf, ob man primär mit der Schneide oder mit der Spitze arbeitet - die Obsidiankeulen sind ja primär Hiebwaffen, daher ist die Mensur kürzer.

Beste Grüsse
Period.

Stixandmore
18-06-2020, 16:50
Ggf. auch darauf, ob man primär mit der Schneide oder mit der Spitze arbeitet - die Obsidiankeulen sind ja primär Hiebwaffen, daher ist die Mensur kürzer.

Beste Grüsse
Period.

Auf jeden Fall; die europäischen Fechtschulen für Degen und Rapier bedienen sich mehr bei den Stichen, als zB philippinische Stile, wo hauptsächlich gehackt und geschnitten wird