Aliveness [Archiv] - Kampfkunst-Board

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jkdberlin
27-08-2001, 12:37
Okay, ich weiss, immer diese Anglizismen, aber vielleicht fällt euch ja ein passendes Wort dafür ein :D
Worum es geht:

Eine der Hauptdiskussion im JKD ist es, bestimmte Drills und Übungen mit einer gewissen kombativen Aliveness zu trainieren, dass heißt, Sachen nach Möglichkeit mit einem nicht-kooperierenden Partner zu trainieren, dessen Reaktion möglichst "real" sein sollen Das wirft bestimmte Schwierigkeiten auf:
- Gibt man die Antwort vor, weiss der Partner ja, was kommt und kann schon vorher darauf reagieren oder sich vorbereiten.
- Man muss schon mit etwas Dampf antworten, um eine möglichst echte Reaktion zu bekommen. Aber ohne den Partner zu verletzen... ? :(
- Sparring ist nicht unbedingt das heilige letzte Mittel, manche Sachen sind halt nicht "Sparrings-tauglich". Wie soll man z.B. die Angriffsmotivation seines Gegners stoppen,w enn man sich schon auf eine Sparringsrunde verabredet und dementsprechend in dieser gewissen psychologischen Einstellung ist?
- Die Übungen sollten auch in Panik und unter Druck funktionieren, wie also die "Sicherheits-Athmosphäre" des Trainingsraumes abschalten?

Ich denke mal, das diese Fragen nicht nur JKD-spezifisch sind, sondern sich hoffentlich in allen SV-System wiederfinden. Wie löst ihr bzw. euer Training diese Probleme? :cool:

Grüsse

Adman
27-08-2001, 21:54
Hallo,
zum Thema Aliveness: ich war letzte Woche 4 Tage trainieren (Wing Chun, 8 h am Tag) bei einem anderen Verband. Mache seit Jahren Wong Ving Tsun und han die letzten beiden Jahre nur im privaten Rahmen trainiert. War immer ganz lässig, paarmal die erste Form, dann Dan Chi, Poon Sao und dann ewig Chi Sao, das aber schon relativ heftig. Dann kam ich zu dem anderen Laden. Das Training dort ist wesentlich heftiger, hab mit Fortgeschrittenen geübt, die verstanden wenig Spaß. Bin teilweise fast in Panik geraten (ok, nicht wirklich), so wie die hingelangt haben. Da wurde mir relativ schnell klar, wie das ist, wenn man an der Realität vorbeitrainiert. Das mit der "Panik" meine ich so, daß bei mir da gut Adrenalin ausgeschüttet wurde, was beim normalen Traing einfach nicht mehr der Fall war. Die Reflexe wurde dann auch wieder besser, hat mir gut gefallen. Kann nur jedem raten, ab und zu mal ein cross-training zu machen und seine Sachen zu überprüfen.

Was meiner Meinung auch nicht stimmt ist: es ist nicht das Sytem, sondern der Kämpfer, der zählt. Sondern, es ist eine Synthese zwischen dem eigenen kämpferischen Fähigkeiten und dem, wie gut das Sytem, das man betreibt, ist.

In diesem Sinne,

Adman

MisterDevil
28-08-2001, 08:50
Hallo Frank,

da hast du ein wunden Punkt in der SV angesprochen.
Auch bei uns ist das ein Problem.
Ich denke um realistisch üben zu können, braucht man gut gemischte Trainingspartner mit unterschiedlichen KK-Background und untersch. körperlichen Vorraussetzungen.

Warum ????
Weil ich denke das in einer Schule nach einer weile eine gewisse "Harmonie" zwischen den Trainingspartnern entsteht.
Ist ja eigentlich nicht schlecht.....

:)

jedoch kann ich nach einer gewissen Zeit meine Partner so gut einschätzen, das es ihnen dann schwer fallen wird mich zu Überraschen.

Daher sind Cross-Training und -Seminare mit anderen Schulen eine sinnvolle Ergänzung zum normalen Training.

Ciao

jkdberlin
28-08-2001, 09:21
Original geschrieben von Adman
Hallo,
Da wurde mir relativ schnell klar, wie das ist, wenn man an der Realität vorbeitrainiert. Das mit der "Panik" meine ich so, daß bei mir da gut Adrenalin ausgeschüttet wurde, was beim normalen Traing einfach nicht mehr der Fall war. In diesem Sinne,

Adman

Hi Adman

Kurz zu der Panik eine Beobachtung von gestern abend (Training):

Habe ein bißchen Sparring mit einem meiner mittel- bis fortgeschrittenen Schüler gemacht. Dabei habe ich mal so mitten drin das Tempo extrem erhöht, einen "ireen" Blick aufgesetzt und den Kerl richtig am Boden mit Schlägen eingedeckt. Bei "normalem" Training war das bisher kein Problem, aber aufgrund meiner "Überdrehtheit" ist dem echt die Muffe gegangen und er hat abwehrlos aufgegeben. Da bin ich echt entsetzt. Ganz offentsichtlich ist mein Training mit den Jungs immer noch zu weich :p

Grüsse

jkdberlin
28-08-2001, 09:26
Original geschrieben von MisterDevil
Hallo Frank,

Daher sind Cross-Training und -Seminare mit anderen Schulen eine sinnvolle Ergänzung zum normalen Training.

Ciao

Hm, Seminare? Nun gut, da trifft man Leute, mit denen man noch nicht trainiert hat, und man braucht eine Weile, um sich an die zu gewöhnen, aber nein, das läuft an meiner Frage vorbei! Dazu sind Seminare auch zu selten! Trainiert keiner von euch in seiner Schule regelmässig im normalen Training irgendwie "realistischer" als Ringelpietz mit Anfassen? Kann doch nicht sein :(
Wenn doch, wie?

Grüsse

:confused:

MisterDevil
28-08-2001, 09:45
Original geschrieben von jkdberlin


Trainiert keiner von euch in seiner Schule regelmässig im normalen Training irgendwie "realistischer" als Ringelpietz mit Anfassen? Kann doch nicht sein :(
Wenn doch, wie?

Grüsse

:confused:

Doch ist aber so.
Bin über diesen Zustand nicht unbedingt glücklich.
Daher versuche ich regelmäßig privat mit Bekannten aus anderen Stilen zu trainieren und zu sparren.
Habs meinem Trainer auch schon nahe gelegt .....

we will see

Wendelin
28-08-2001, 12:36
Hallo Adman!

Sage mir mal, was ich für´n Penner bin. Habe gerade verzweifelt über Dein Posting gegrübelt.

Ich möchte mal feststellen, daß es kein Wong Ving Tsun gibt. Ich habe damit immer so meine Schwierigkeiten. Wir in Nürnberg betonen auch, daß wir nach der "Methode Wongs" trainieren. Und das macht mein Training nicht sakrosankt!

Du schriebst mich bzgl. dieses Vorfalls privat an. Ich habe nicht gleich geantwortet, weil ich da nachdenken mußte. (Wo ist eigentlich die schöne Kettensäge hin, Krider?)

Die Wing Chun Gruppe bei der du trainiertest, kommt aus dem Raum Westfalen. Vorallem Leute, die sehr viel Wert auf "sportliche Attribute" setzen. Ich habe paar "Vereine" im *ing *un Bereich gesehen, die allzuvieles technisch lösen.

Ich plädiere aufgrund meiner Erfahrung auch mehr die körperlichen Attribute, denn "Techniken" zu trainieren. Also man mißverstehe es nicht.

Und jetzt möchte ich zurück auf Frank kommen. Mir war es wichtig, hier auf diese Punkte hinzuweisen, daß es im Wing Chun Bereich oftmals nur zu einer reinen Technik Vermittlung kommt. Und das ist eine Katastrophe!!!!

Was Frank meint ist die "instinktive Lösung" innerhalb von Konfliktsituation. Also nicht nur eine Technik zu üben, sondern diese anwendbar zu machen. Und das ist reichlich schwierig.

Mein Bemühen als Trainer geht dahingehend meine Schüler unter einen "noch gerade" erträglichen Streß zu halten. Und da wird dann - was merkwürdigerweise ein Kritikpunkt aussenstehender an mein Training darstellt - heftig geschnaubt und geschwitzt. ;)

Das Problem, was Frank charakteriesiert, kommt jetzt ins Spiel. Wenn einer jetzt eine bestimmte Bewegung/Technik trainiert werden soll, muß sich der Übungspartner so verhalten, als wüßte er nicht was kommt... Naja ... hahahaha

Deshalb fängt man sowas am besten mit einem Fortgeschrittenen an, der Dich in diese Lage ZWINGT!

Naja .... mit Irrsinn sollte eh immer trainiert werden!

Ewige Blumenkraft

Wendelin

Jürgen
28-08-2001, 16:33
Hi Leute,

ich möchte zunächst Wendelin in seinem letzten Posting zustimmen,daß es KEIN Wong VT o.ä. irgendwo gibt,sondern lediglich Leute,die mehr oder weniger von WSL oder einem seiner Schüler gelernt haben.
Die Qualität dieser Leute reicht von exzellent bis erbärmlich ,wobei die meisten Praktizierenden sich irgendwo zwischen diesen Extrema befinden.

Dazu kommt,daß es auch gerade in der WSL-Familie und besonders nach dem überraschenden Tod WSL´s einen Haufen Lügner und Fakes gibt,die nicht selten das Bild der Familie und WSL´s selber in der Öffentlichkeit entscheident mitprägen!!!

Mehr werde ich dazu jetzt hier nicht sagen,aber irgendwie mußte das schon auch mal gesagt werden!


Nun zum sachlichen Teil:

Es stimmt fraglos,daß zu viele Ving Tsun´ler und auch Vertreter
anderer KK sich in einer Technikverliebtheit verirren,so daß
sie das eigentliche Ziel,den echten Kampf,völlig aus den Augen verlieren.

WSL selber ging sogar soweit zu behaupten,daß mancher durch das Studium des Ving Tsun das Kämpfen regelrecht verlerne!

Im Ving Tsun,und ich kann nur für diesen Stil sprechen,versucht man dieses Problem dadurch zu lösen,daß der Schüler relativ früh
die gelernten Techniken im Chi Sao einsetzt,das je nach Ausbildungsstand dann recht schnell zum Go Sao wird,indem
jeder alles das einsetzt,was er gelernt hat.

Dieses Verständnis von Chi Sao und Go Sao sollte man absolut nicht mit dem Chi Sao verwechseln,was hierzulande häufig zu beobachten ist und das mehr wie eine "Bewegungsmeditation" denn ein Kampftraining anmutet.

Richtiges Go Sao war schon zu Yip Man´s Zeiten eine blutige Angelegenheit und Streß und Angst stellen sich dabei meist von alleine ein,zumal eine schwere Verletzung jederzeit möglich ist,auch wenn keiner der Beteiligten diese bewußt herbeiführt.

Natürlich kann man im Training nie einen echten Kampf um Leben und Tod simulieren,aber wenn alle Beteiligten es wollen und auch die nötige technische und charakterliche Reife dafür besitzen,dann kann man ihm auf diese Art und Weise schon verdammt nahe kommen.
Zumindest so nahe wie es möglich ist,ohne daß schwerste Verletzungen unvermeidlich wären,was dem Lernprozeß kaum dienlich wäre und ihn letztlich wohl sogar unmöglich machen dürfte.

Ich glaube,daß eine Kombination aus Grundlagentraining, Techniktraining und viel Chi Sao/Go Sao für das Ving Tsun eine gute Möglichkeit ist,sich auf den Kampf vorzubereiten.
Wie weit jeder einzelne dabei zu gehen bereit ist,das muß er selber entscheiden,je realistischer um so gefährlicher.

Grüße,Jürgen

Adman
28-08-2001, 16:36
Original geschrieben von Wendelin
Hallo Adman!

>Hi Wendelin,

Sage mir mal, was ich für´n Penner bin. Habe gerade verzweifelt über Dein Posting gegrübelt.

>das mit dem Penner meinst Du doch nicht ernst ;-)
>Ich hab nur gutes über Dein Training gehört (außer von einem
>jungen Menschen, aber das ist wohl ne persönliche Antipathie), hatte ja >auch mal einen kleinen Eindruck davon. Bei Gelegenheit schau ich mal >wieder bei Euch vorbei, wenns ok ist für Dich.

Ich möchte mal feststellen, daß es kein Wong Ving Tsun gibt. Ich habe damit immer so meine Schwierigkeiten. Wir in Nürnberg betonen auch, daß wir nach der "Methode Wongs" trainieren. Und das macht mein Training nicht sakrosankt!

>ok, kann ich zustimmen.

> snip

>snap

Ich plädiere aufgrund meiner Erfahrung auch mehr die körperlichen Attribute, denn "Techniken" zu trainieren. Also man mißverstehe es nicht.

>wird leider oft etwas vernachlässigt, wie ich bei mir selbst wieder >feststellen konnte. Ohne eine solide Kondition werden die Techniken >schnell labbrig.

Und jetzt möchte ich zurück auf Frank kommen. Mir war es wichtig, hier auf diese Punkte hinzuweisen, daß es im Wing Chun Bereich oftmals nur zu einer reinen Technik Vermittlung kommt. Und das ist eine Katastrophe!!!!

Was Frank meint ist die "instinktive Lösung" innerhalb von Konfliktsituation. Also nicht nur eine Technik zu üben, sondern diese anwendbar zu machen. Und das ist reichlich schwierig.

Mein Bemühen als Trainer geht dahingehend meine Schüler unter einen "noch gerade" erträglichen Streß zu halten. Und da wird dann - was merkwürdigerweise ein Kritikpunkt aussenstehender an mein Training darstellt - heftig geschnaubt und geschwitzt. ;)

Das Problem, was Frank charakteriesiert, kommt jetzt ins Spiel. Wenn einer jetzt eine bestimmte Bewegung/Technik trainiert werden soll, muß sich der Übungspartner so verhalten, als wüßte er nicht was kommt... Naja ... hahahaha

Deshalb fängt man sowas am besten mit einem Fortgeschrittenen an, der Dich in diese Lage ZWINGT!

Naja .... mit Irrsinn sollte eh immer trainiert werden!

> naja, vielleicht mit kontrolliertem Irrsinn, wenns sowas gibt.

Ewige Blumenkraft

Wendelin

Adman aka Hermann

wünscht ebenso Flower Power (mit Betonung auf Power)

PS: das Forum lässt sich ja ganz gut an, hoffentlich bleibt es so.

jkdberlin
28-08-2001, 16:47
Hi Jürgen

Hatten wir schon. Ob ich es jetzt Sparring oder Go Sao oder sonstwie nenne, es erstmal egal. Gibt es noch andere Lösungsmöglichkeiten, vorgeschaltete z.B. ?
:confused:
Wie bringt ihr in bestimmte Übungen und Drills etwas mehr Realismus? Nur durch Sparring? :D

Grüsse

jkdberlin
28-08-2001, 16:49
Hallo Adaman

Dein Quotingstil ist extrem schwierig zu lesen!
Please "Learn.to/quote" ;)
Danke:p

Grüsse

Jürgen
28-08-2001, 17:05
Hi Frank,
es gibt im Ving Tsun fast keine Drills im eigentlichen Sinne,daher
stellt sich die Frage halt auch nicht unbedingt,wie man die realistischer machen kann.

Ich würde zunächst mal darauf achten,daß die Übung ansich Sinn macht und dann kann man die ja mit fortschreitendem
Können immer heftiger machen.

Aber so arg viel halte ich von Drills nicht.Sie sind gut,um gewisse Elemente einzuüben und zu verbessern oder um erste Erfahrungen damit zu machen.

Ob das dann auch halbwegs hinhaut,wenn der andere macht,was er will,das probiert man dann im Chi Sao/Go Sao aus.

Ich denke,daß ich Dein Problem möglicherweise auch noch nicht so ganz verstehe,denn wenn das eigentliche Ziel der Kampf ist und ein heftiges Go Sao/Sparring,etc. das Nächste ist,was wir
unter vertretbaren Bedingungen zur Verfügung haben,dann sollte
dieses doch den Hauptteil des Kampftrainings ausmachen,oder?

Grüße,Jürgen

Adman
28-08-2001, 17:15
Hi Frank,

werd mich bessern. Komm noch nicht so klar mit der Board-Software...

Danke,

Adman

jkdberlin
28-08-2001, 17:17
Hi Jürgen

Über Sparring etc. müssen wir uns ja auch nicht unterhalten, ich breche doch andauernd eine Lanze dafür ;-)

Worum es mir geht sind Übungen zwischen dem reinen Technikdrills und dem Sparring. Wie führe ich Anfänger durch bestimmte Übungen an Sparring ran? Viele Dinge im JKD lassen sich aufgrund ihrer Einfachheit meistens in Drills trainieren, bei uns wird versucht, die Drills "realer" zu gestalten. In vieleln anderen Schulen sehe ich jedoch solche Entwicklungen nicht!

Chi Sao ist übrigens ein reiner Drill für mich, mit Sparring hat das kaum was tun ;-)

Grüsse

Jürgen
28-08-2001, 17:50
Hi Frank,
joh,das dachte ich mir schon,daß Du wohl kaum was gegen Sparring einzuwenden hast,aber ich glaube,ich versteh Dich jetzt doch besser.

Zu den JKD-spezifischen Problemen kann ich natürlich nichts sagen,denn ich kenne Eure Drills ja nicht wirklich,aber ich denke,daß Du da entweder ein falsches Verständnis vom Chi Sao hast oder ganz einfach ne andere Definition von "Drill".

Für mich ist ein "Drill" eine vorher festgelegte Abfolge von Techniken mit eventuellen leichten Variationen.

So verstanden ist Chi Sao bzw. Go Sao kein Drill,denn es geht hier darum,mit allen gelernten Mitteln,den Gegner "frei"zu treffen.

Allenfalls das Poon Sao könnte man als Drill ansehen,aber auch hierbei handelt es sich um Angriffe und der Übergang zu anderen Techniken ist frei und fliessend.Natürlich reißt im Go Sao auch der Kontakt ab und es werden z.B. auch kicks eingesetzt.

Das einzige was hier noch festgelegt ist,ist daß man zu Beginn mit beiden Armen in Kontakt ist,danach ist alles frei,auch der Kontakt,aber eine solche Grundkonvention gibt es in jedem Sparring,nur daß dort eben meist ohne Kontakt begonnen wird.
(Sparring ohne Kontakt gibt es im Ving Tsun übrigens auch!)

Ich würde halt,um auf die Ausgangsfrage zurück zu kommen,
aupassen,daß man vor lauter Drills nicht doch vorgefertigte komplexe Abläufe verinnerlicht,denn das ist sicher kontraproduktiv für den Kampf,in dem Spontanität entscheidet!

Grüße,Jürgen

Krider
28-08-2001, 18:04
Original geschrieben von jkdberlin
Viele Dinge im JKD lassen sich aufgrund ihrer Einfachheit meistens in Drills trainieren, bei uns wird versucht, die Drills "realer" zu gestalten. In vielen anderen Schulen sehe ich jedoch solche Entwicklungen nicht!


So ist es leider. Drills sind ja am Anfang wirklich schön um Leuten Bewegungsmuster beizubringen etc aber wenn man irgendwann nur noch Drills macht ist das gefährlich für die eigene Entwicklung. Mit einem Drill kann man nicht kämpfen und man sollte schon wie du gesagt hast darauf achten sie "realer" zu gestalten.
Man kann sich zum Beispiel mehr bewegen dabei (Schrittarbeit einsetzen) auch mal bis härter hinlangen oder den Rythmus brechen etc.

Krider

Jibaku
28-08-2001, 18:30
Da hier ja direkt auch andere Stilisten angesprochen wurden möchte ich auch einmal aus meiner Sicht einiges beitragen.
Ich komme vom Karate und das ist auch der Bereich in dem ich die meisten Erfahrungen habe.
Mir drängt sich ein wenig der Eindruck auf hier werden zwei Dinge zusammengeworfen die eigentlich etwas völlig verschiedenes erreichen wollen.
Erstens, ein „Crosstraining“ um die Verschiedenartigkeit der Möglichkeiten zu vermitteln und zweitens ein hohes Maß an Realitätsnähe in Bezug auf die Psyche.
Diese beiden Dinge können, müssen aber nicht zusammenhängen, so wichtig auch die Bedeutung von beiden für sich genommen ist.

Ich will gleich einmal beim zweiten, dem eigentlichen Thema hier einsteigen.
Der wichtigste Schritt ist, so denke ich, ein schlichter Automatisierungsprozess, sodaß bestimmte Handlungen zu einer natürlichen Reaktion werden.

Gute Handlungen (Abwehrversuche, Angriffsversuche) auch wenn sie nicht immer gelingen eher belohnen (probieren lassen, nur ganz leicht den Fehler aufzeigen...) schlechte Handlungen (Wegdrehen, Aufhören etc.) bestrafen (Schmerz).

Den psychischen Druck einer letalen Bedrohung kann ich nicht simulieren da, egal wie hart man sparrt im Hintergrund immer das Wissen um die Trainingssituation bleibt.
Was in keinem Fall gegen solche Kumiteübungen sprechen soll, sie sind unabdingbar notwendig um einerseits den Kampfgeist und den Umgang mit Schmerz und andererseits eine realitätsnahe Technikanwendung zu schulen.

Um nun aber den Umgang mit Angst zu schulen muß ich mir andere Dinge zunutze machen.
Überforderung, Hilflosigkeit und sehr effektiv Platzangst.
Die tatsächliche, realitätsnahe Anwendung rückt hier etwas in den Hintergrund und es kann durchaus im Sinne des Übungsziels sein technische Einschränkungen zu machen.
Als Mittel scheinen hier angezeigt, Kumiteübungen unter extremen konditionellen Druck gegen einen ausgeruhten Gegner, Kampf gegen mehr als zwei Gegner, der realistischerweise nicht gewonnen werden kann der aber mit Macht und Hilflosigkeit konfrontiert.
Und ein sehr wirksames Mittel, der Bodenkampf gegen mehrere Gegner mit dem Ziel Platzangst zu erzeugen.
Diese Form der „Angst“ zeigt fast immer, auch mit dem Wissen um die Situation Panikreaktionen beim Bedrängten, die meisten werden das auch aus Schulhofraufereien noch kennen. Hier lässt sich auch subjektiv ein viel größerer Druck erzeugen als bei Schlagtechniken ohne eine wirkliche Gefährdung.

Im Gegensatz zu vielen SV Stilisten halte ich auch den Wettkampf für eine gute Schule, da es hier um etwas geht, sodaß psychischer Druck entsteht.

Und letztlich kann auch das oben schon angesprochene Crosstraining sehr wirkungsvoll sein und nicht nur in seiner ultimativen Form sondern durchaus auch wenn man einmal nach den Regeln anderer kämpft im Rahmen derer diese schlicht besser sind, sodaß auch gute Kämpfer einmal wieder mit der Hilflosigkeit konfrontiert werden.
Aber letztlich wird alles nur eine Krücke bleiben und man kann nur hoffen, dass die Maßnahmen gegriffen haben.

Wendelin
29-08-2001, 01:03
Hallo!

So ganz hat mal wieder keiner Recht... Drill und spontan.... Sparring und .... hey Krider was macht mein Tastaturtreiber hier???

Ving Tsun .... schoen das es hier jetzt traditionell steht .... verfaehrt so, dass der Fortgeschrittene den Anfaenger in die Situation bringt .... bei einer Sparringsuebung, wo er "die Bewegung" umsetzen muss...

Spontandrill??? Kann man das so bezeichnen...

Ewige Blumenfreude

Wendelin

Jürgen
29-08-2001, 01:49
Hi Wendelin,
na wie schön,daß uns unser geliebter Moderator wieder auf den rechten Weg der Tugend bringt!;)

"Spontandrill" halte ich für eine problematische Bezeichnung,denn
beide Begriffe schliessen sich nach meinem Verständnis letztlich irgendwo aus.

Du hast natürlich Recht,daß im Ving Tsun der Fortgeschrittene den Anfänger durch diverse Übungen "führt",die gerade bei Anfängern sicher einen gewissen "drillcharakter" besitzen,aber das Ziel ist das freie Chi Sao/Go Sao und sogar dieses Teaching
besitzt für den Anfänger ein spontanes Element,denn dieser weiß gewöhnlich nicht genau,mit welchen Techniken der Fortgeschrittene ihn attackieren wird,zumindest wenn der Anfänger kein wirklich blutiger Anfänger mehr ist.

Bei Fortgeschrittenen löst sich dieses Rollenverständnis dann völlig auf und selbst beim Techniktraining sind hier stets alle gelernten Techniken parat,um eventuelle Fehler und Lücken aufzudecken.

Wenn man alles dies betrachtet,würde ich schon behaupten,daß
der Spontanität auf Seiten des Übenden letztlich eine entscheidende Bedeutung zukommt,aber ich verstehe auch,was
Du mit "Spontandrill" meinst,denke ich.

Letztlich scheint es sich hier ohnehin wohl eher um eine definitorische Frage zu handeln,denn inhaltlich stimme ich Dir schon weitesgehend zu.

Grüße,Jürgen

Wendelin
29-08-2001, 02:06
Hallo Juergen!

Wie kriegst die Umlaute hin?

Klar Spontandrill ist ne bloede Formulierung. So unlogisch und idiotisch wie der Aufruf: Seid endlich spontan!

Aber ich denke ebenso wie diese Formulierung ist auch das Ueben was Frank ansprach:

Wie soll ich X ueben, was im Fall eines KAmpfes spontan vorkommt?

Drillen heisst: Ich weiss was kommt und spule es ab. ABER im Kampf kommt es spontan! Und ich muss AUGENBLICKLICH und ohne nachzudenken {uhahahah faellt mit nicht schwer uhahahahah} agieren {im gegensatz zum RE/Agieren!}!

Beim Sparring kann ich die gewuenschte Situation auch nicht ueben .... achhhhh!

Wenn sie kommt, dann kommt sie so, dass ich das nicht registrier .... Das spontane Element beibehalten .... hahahaha .... wie denn?

Ganz wird es also nie gehen und man wird sich da immer fuer eine Kritik oeffnen muessen. Wahrscheinlich beim Drill anfangen und ins Sparring uebergehen?

Ewige Blumenkraft!

Wendelin

Jürgen
29-08-2001, 03:11
Hallo Wendelin,

wie ich das mit den Umlauten mache?Keine Ahnung,das geschieht
bei mir völlig spontan!:D

Ja,stimmt schon,daß der Begriff "spontan" problematisch ist,aber wenn man unter "spontanen" Handlungen auch Techniken
versteht,die aus "eigenem plötzlichen Antrieb" ausgeführt werden,dann trifft man,so denke ich,schon den Kern der Fähigkeiten,die u.a. für eine erfolgreiche Technik notwendig sind und zwar in erheblichem Masse!

Natürlich ist dieser Begriff der Spontanität hier nur relativ zu verstehen,denn es kommt selbstredent zu einer äusseren
Veranlassung für die Reaktion, aber nicht in dem Masse,daß die
Reaktion völlig von der Aktion determiniert wird,die nur der Auslöser ist und zwar später durchaus für verschiedene , individuell gewählte Techniken.

Hier besteht durchaus ein wesentlicher Unterschied zur Sichtweise z.B. im WT.

Entscheidend scheint mir zu sein,daß die geübten Techniken intuitiv,d.h. ohne langen Reflexionsprozeß ,blitzartig"ablaufen".

Ich denke,daß man diese Fähigkeiten gerade nicht umfassend schulen kann,wenn man überwiegend in festgelegten
Übungen trainiert,die sehr wenig Überraschungen bieten können und auch wenig eigene Kreativität zulassen.

Beides sind aber Dinge,die in einem echten Kampf entscheidend sein können!

Grüße,Jürgen

jkdberlin
29-08-2001, 07:12
Hi Jürgen

Ein Drill für mich ist das einüben einer Technik oder einer Technikabfolge in "freier", aber zum Teil vorgegebener Bewegung. D.h. z.B. Aktion und vielleicht Reaktion sind vorgegeben, Timing und Weiterfolge ist frei. Natürlich sind dort viele Spielarten möglich und die persönliche Einstellung und das persönliche Können der Trainierenden bestimmt die Gangart. :D

Grüsse

PAI LEE
30-08-2001, 22:37
Hola Chavales


Drills - Chi Sao usw. mit realer Panik zu trainieren ist unmöglich!

Warum: Weil es nur Übungen sind, man es härter, mehr oder weniger abgemacht trainiert, jedoch nie, auch nur annähernd an die Realität rankommen kann.

Diese Übungen helfen dem Kämpfer seine Fähigkeiten zu erlangen.

Jeder gute Kämpfer weiss ganz genau, welche Technik immer wieder für ihn erfolgreich ist, nämlich durch ständiges


Free Fighting - Free Fighting und nochmals Free Fighting

Meiner Ansicht nach ist das beste Mittel um mit Panik und Druck fertigzuwerden, das teilnehmen an Wettkämpfen (natürlich Vollkontakt und mit möglichst wenigen Regeln)

Ok die wenigsten Schüler sind für Wettkämpfe geeignet.
In meiner Akademie haben wir den Freitagabend um mit anderen Leuten zu Fighten, die Schule ist offen und jeder kann gegen uns Kämpfen. Dies spielt sich in einer freundlichen Atmosphäre ab, jedoch glaubt mir ruhig, wenn es zur sache geht, ist ganz schön viel Druck und Adrenalin allgegenwärtig.

Ja-Ja-Ja - jetzt sind natürlich die ungs mit ihrer Kampfkunst Ausrede "aber ich kann nur Kämpfen, wenn man auch in die Augen stechen kann" wieder da. Na und! Ich werde euch den Kehlkopf auch nicht abbeissen obwohl es zu meiner geheim
Technik gehört



:D


Ok, nur einer unter zehn Schülern ist vielleicht ein Kämpfer!
Was machen mit den restlichen neun ?
Na ja, ich bin schon zufrieden wenn sie sich ein bischen von diesen Fähigkeiten aneignen können, selbstsicherer sind, und sich mit Glück aus einer etwas heiklen Situation helfen können.
Nie werde ich behaupten, das wir den besten Stil machen und unschlagbar sind.(So wie andere Leute die es dann nicht einhalten können)

Wenn jedoch jemand von euch ein gutes System weis, um ein guter Kämpfer zu werden, ohne sich zu Hauen würde ich das gerne erlernen (Immer wenn ich darf!)

Hasta luego

Pai Lee

Graf Zahl
11-09-2001, 14:31
Hi Frank,
was ist Drill und was ist Sparring? Ist ein Drill, bei dem es gewisse Freiräume gibt, noch von Sparring, das durch Regeln begrenzt ist, zu unterscheiden?! Aber egal, wie man es nun bezeichnet ...
Man sagt, je heftiger man trainiert, umso besser bereitet man sich auf den Erstfall vor. Nun, ich kann nur für mich sprechen: Das stimmt nicht! Ich trainiere gelegentlich auch ziemlich wild. Im Training habe und hatte ich noch nie Angst. Auf der Straße habe ich dennoch relativ schnell weiche Knie. Ich glaube, es gibt eben Kämpfer und Flüchter. Ich bin letzteres (...ich bin damit immer fein aus allen Problemen heraus gekommen). Ich kenne Leute, die lieben es, sich im Sparring auf die Rübe zu hauen - bei denen sorgt auch eine richtige Keilerei auf der Straße kaum für Herzrasen. Fazit: Man kann aus einem Igel keinen Hasen machen. ;-)

Viele Grüße,
Ving-Tsun-Bernd.

Krider
11-09-2001, 17:36
Fazit: Man kann aus einem Igel keinen Hasen machen. ;-)

aber man kann Leute schon bißchen aggressiver machen. In unserer Gruppe ist jemand der jetzt mittlerweile im leichten Sparring schon viel mehr aus sich herrausgeht als am Anfang. Und das ist auch gut, dann sieht man mal was der Kram den Leuten auch bringt :)

jkdberlin
12-09-2001, 08:08
Hi Bernd

Die Grenzen zwischen Drill und Sparring sind natürlich ain einer gewissen Linie fliessend. Das ist letztendlich auch unwichtig (wie so vieles heute).
Sparring ist und bleibt eine der wichtigsten Übungen, die jeden Kampfkünstler, egal welche Richtung, näher an den Ernstfall heranbringt als alles andere. Wie ich schon mal an anderer Stelle schrieb:
Nachdem man alle Techniken des Schwimmens trocken an Land geübt hat, wird es Zeit, mit Schwimmflügeln ins Wasser zu gehen.

Grüsse

DerGroßer
13-09-2001, 12:58
Moin Lüü,
ich sags mal so:ChiSau/GoSau ist quasi das Sparring der VTler, vielleicht könnte man es sogar als den Freikampf der VTler bezeichnen, was aber je nach durchzuführenden Härtegrad anders bezeichnet werden kann.
Wenn wir im Fortgeschrittenen Training ChiSau/GoSau trainieren und es richtig abgeht, sieht man bei einigen schon Panik bzw. Augenzuckerei.
Durch einen simplen Trick kann man mehr Techniken einsetzen:Wir benutzen die offene Hand und wischen Teilweise in die Lücken.
Ansonsten war der irre Blick und die scheinbar Agressive vorgehensweise von Frank ein sehr probates Mittel.Sobald man nicht mehr lächelt und ernsthafter angreift , kann es halt zu extremen Stress kommen.

MFG Großer