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Vollständige Version anzeigen : Rückenschmerzen



Ken_zen_ichi
05-06-2020, 22:44
Hallo zusammen,

Ich trainiere seit 16 Jahren Karate. Seit ca. einem Jahr plagen mich Schmerzen in der Lendenwirbelsäule, die sofort weggehen, wenn ich mit dem Training aufhöre. Orthopädisch ist nichts konkreteres zu finden als eine Ischialgie. Meine Physiotherapeutin tippt auf die tiefliegenden Bauchmuskeln, die ich auch mit Übungen stärke. Trotzdem stellen sich bereits nach einer Trainingseinheit wieder Schmerzen ein.

Wer hat ähnliches erlebt und ist seine Schmerzen dann erfolgreich los geworden? Was waren die Ursachen?

Oss, Matthias

Katamaus
05-06-2020, 23:56
Das Problem habe ich seit Jahren. Ich denke auch, dass es die tiefliegende Bauchmuskulatur ist. Das Problem ist aber nicht, dass die fehlt. Im Gegenteil, die ist reichlich vorhanden. Insofern bringt auch deren Training nur bedingt etwas.

In meinem Fall glaube ich mittlerweile, dass es an mangelnder Hüftstreckung liegt mit diversen Ursachen: 1. mangelnde Ansteuerung (nicht nur beim Karate, sonder auch beim Stehen, Sitzen, etc.). Lösung: immer wieder aufrichten, Unterbauch anspannen, Rücken gerade, Brust raus auch im Alltag (Büro!); 2. verkürzte Hüftbeuger (sitzende Tätigkeit und Karate ist da auch eher kontraproduktiv). Lösung: Dehnen; 3. muskuläre Dysbalancen. Lösung: Hüftstrecker kräftigen (Beinbizeps, Glutaeus, untere Bauchmuskeln). So viel zum allgemeinen Teil.

Was Karate betrifft würde ich zunächst versuchen, meine diversen Techniken zu überprüfen: Jacke aus, im Spiegel schauen oder jemanden bitten, sich das mal anzusehen. Noch besser: taktile Hilfe. Du führst Techniken aus und jemand schlägt dir beim Absetzen bzw. im Moment des Kime mit der flachen Hand gegen den Bauch. Dann spürst du das recht schnell. Ich habe z.B. festgestellt, dass die Spannung bei Gyaku Zuki gut ist aber ich bei Oizuki zu sehr aus dem Rücken schiebe und zu wenig aus dem Bauch ziehe, ergo Hohlkreuz. Ebenso bei Fußtechniken oder bei schnellen Rückwärtsbewegungen: zu wenig Bauchspannung und Hohlkreuz.

Was hilft? Schwierig! Ich würde sagen: Tempo und Anspannung raus. Bewegungen bewusster ausführen und Muskelermüdung sowie Stress (starkes Kumite, hohe Wiederholung, Training bis zur Erschöpfung) zunächst vermeiden, denn sonst greift dein Körper sofort unbewusst auf alte „bewährte“ Muster zurück. Als Kompensation dann lieber die Umfänge erhöhen und lieber separat Kraft und Ausdauer gezielt trainieren. Es fällt schwer aber besser als Aufhören müssen.

Mal so als allgemeine Anmerkung, was ich seit Jahren beobachte: wir erzählen den Anfängern was von Hara und Bauchspannung. Aber guck dir mal ne typische Karate-Oberstufe an. Da wird alles angespannt, nur der Bauch interessiert irgendwie keinen. Mein Fitnessguru sagt immer so schön: „No turtle, no duck!“ Ich sehe aber haufenweise hochgezogene Schultern, Hohlkreuze, hängenden Hüften wegen zu tiefer Stände etc. Da ist weder was von Hara zu sehen, noch was von an die Athletik angepasster Bewegung. Permanente Überforderung des Körpers als Ziel. Ist das schlau?

Und jetzt noch allgemeinphilosophischer (weil es mir ein inneres Anliegen ist): wir übernehmen (vermeintlich?) traditionelles japanisches Training mit hohen Umfängen und Wiederholungen. Ochi Sensei hat bspw. mal in einem Interview gesagt, dass der Körper die richtige Form intuitiv findet. Ich glaube das mittlerweile nicht mehr. Das betrifft nur die Talentierten und nur die haben wir in Europa jemals kennengelernt. Die Tausende Knie- und Hüftgeschädigten, deren Knochen bei diesem Training auf der Strecke geblieben sind, haben wir hier nie gesehen. Und das soll die Blaupause für eine Breitensportgruppe von 30-60 jährigen sein? Das soll sich jeder selbst beantworten. Die Anzahl der künstlichen Hüften in DKV/DJKB kann man da gerne mal als Indikator nehmen.

Hier sind ja ein paar durchaus solide Historiker am Werk. Die können das sicher besser beurteilen als ich. Aber ich frage mich manchmal, ob wir nicht einem im Faschismus wurzelnden Auslesesystem aufgesessen sind, was wir meinen, in den mitteleuropäischen Breitensport übernehmen zu müssen...

Sorry für die Länge und OT. Aber ich finde, das ist ein weites und wichtiges Feld. Vor allem, weil es um unsere Gesundheit geht. Ich habe meine Schlüsse für mich gezogen: frei machen von härter - schneller - mehr. Das fällt schwerer als hart trainieren. Ich sehe es als meine Zen-Übung. Und in dem Maße, in dem mein Körper es noch zulässt, gebe ich auch immer noch gerne Gas.

FireFlea
06-06-2020, 09:14
Was waren die Ursachen?

Ich hatte bisher noch keine Rückenschmerzen aber pauschal ist es denke ich schwierig eine Aussage zu den Ursachen zu treffen. Wie von katamaus erwähnt gibt es so wie in vielen Vereinen trainiert wird, viel Potential für Probleme. Zu verspannt, zu ruckartige Bewegungen, keine gute Struktur, zu "aufrecht" (damit meine ich fast schon nach hinten gelehnt - sowas hier: https://www.budokan-hudeev.de/files/vtb/archiv/2017/03/2017_03_12Ostia/10.jpg ).

Oder falsche Technik, bspw. bei Tritten - hier geht es nicht um Tritte aber das Fehlerpotential ist das Gleiche - die Kraft wird aus dem lumbar spine und dem unteren Rücken geholt, was belastet (generell guter Channel):

https://www.youtube.com/watch?v=-CJCLLWB78o

Noch ein guter Channel - wir machen im Training oft Übungen wie diese hier:

https://www.youtube.com/watch?v=MWbSJ2FtE5M

* Silverback
06-06-2020, 09:32
Weil ich das Thema - auch als Nicht-Karateka - interessant finde und selbst immer wieder mal Malaise mit dem Rücken habe, werfe ich mal das Stichwort "Feldenkrais" (gerade auch im Bezug auf die IMHO guten Ausführungen von "Katamaus" oben) in den Ring.

Katamaus
06-06-2020, 09:46
(generell guter Channel):https://www.youtube.com/watch?v=-CJCLLWB78o


Danke! Kannte ich noch nicht. Recht Basic aber als Einstieg, wenn man sich mit derlei Thematiken beschäftigen möchte, finde ich den sehr gut.


Noch ein guter Channel - wir machen im Training oft Übungen wie diese hier:

https://www.youtube.com/watch?v=MWbSJ2FtE5M
Auch hierfür Dank! Sehr interessante Sachen, die man mal einbauen kann. :halbyeaha

FireFlea
06-06-2020, 10:37
Danke! Kannte ich noch nicht. Recht Basic aber als Einstieg, wenn man sich mit derlei Thematiken beschäftigen möchte, finde ich den sehr gut.

Auch hierfür Dank! Sehr interessante Sachen, die man mal einbauen kann. :halbyeaha

Man findet auf beiden Channels einiges, was man direkt in Karate übertragen kann. Seiza bspw.:

https://www.youtube.com/watch?v=yc5E5XcyMg4

FireFlea
06-06-2020, 10:43
Zum Thema Rücken und Verbeugungen (schon mal im Karate gemacht? ;) ). Wenn man sich mal bewusst seiza, wie die Leute aus dem seiza aufstehen oder sich hinsetzen, und Verbeugungen von Leuten am Anfang vom Training ansieht, sagt das aus meiner Sicht schon viel über die Qualität.

https://www.opb.org/news/article/npr-lost-art-of-bending-over-how-other-cultures-spare-their-spines/

Gamer
06-06-2020, 10:52
Oder falsche Technik, bspw. bei Tritten - hier geht es nicht um Tritte aber das Fehlerpotential ist das Gleiche - die Kraft wird aus dem lumbar spine und dem unteren Rücken geholt, was belastet (generell guter Channel):

https://www.youtube.com/watch?v=-CJCLLWB78o


Ursache für Rückenschmerzen ist also die Beteiligung der Wirbelsäule? Gibt es dafür noch andere Anhaltspunkte?

Katamaus
06-06-2020, 11:31
Verbeugungen von Leuten am Anfang vom Training ansieht, sagt das aus meiner Sicht schon viel über die Qualität.

Jepp und da kann ich mich leider nicht ausnehmen. Ganz einfacher Test zur richtigen Spannung und Körperkontrolle. Vor dem Spiegel mit nacktem Oberkörper förmlich verbeugen.... Was muss ich sehen. Mein Bauch „ploppt“ raus. Also bereits in der einfachsten Bewegung fehlende Bauchspannung. Und das als Trainer.... Aber immer schön den Anfängern was darüber erzählen :narf:

Ich glaube, es hilft bereits enorm, sich gerade in diesen einfachen Bewegungsmustern zu überprüfen und zu korrigieren. Anderes Beispiel ist Yoi. Da kann man auch mal gucken, ob wirklich Spannung im Unterbauch vorhanden ist und somit die Hüfte aufrecht steht. Ich habe bei mir leider feststellen müssen, dass das oftmals nicht der Fall ist (scheiss Schlampigkeit :narf:). Interessanterweise aber nicht bei Kumiteübungen. Da weiß der Körper, dass er schnell starten muss und findet von alleine die richtige Position.

Insgesamt also, glaube ich, dass ich einfach zu nachlässig geworden bin, was die korrekte Haltung betrifft. Die Quittung dafür sind dann Rücken- oder andere Schmerzen. So simpel wie logisch.

PS: Übrigens auch beim Krafttraining imho fast die wichtigste Komponenten (z.B. Kreuzheben, Squats, etc.): Bauch einziehen!

Chrisdz
06-06-2020, 11:59
Das Problem insbes. des deutschen Karate, Kraft durch Freude, äh Kime, aber niemandem wird irgendwas über korrekte Körperhaltung erklärt, geschweige denn von Körperbewegung und wie die von statten geht (Körperachse und -schwerpunkt bzw. deren Verlagerung, Veränderung in der dynamischen Bewegung). Schon gleich gar nicht von den Japanern, einfach machen, bis es weh tut....

Erstens:
Das Becken kippen oder dem Nabel den Mond zeigen - dadurch kommt die Wirbelsäule in eine gerade Position und kann sich entsprechend ausrichten.
Zweitens:
Gerade in den Zenkutsu-geprägten Karatestilen wie dem Shotokan darauf achten, dass in der Stellung der Oberkörper eben nicht "aufrecht" bleibt und somit eine zusätzliche Beugung erfährt, sondern leicht nach vorne gebeugt ist und der natürlichen Position der WS folgt.
Wer mit "aufrechtem" Körper in ZK trainiert, MUSS nach dem Training Rückenschmerzen haben.
Drittens:
Wie verlagere ich meine Körperachse und meinen Körperschwerpunkt beim Verändern meiner Position?
Das wird den Rahmen hier sprengen.
Aber ohne Lernen dieser Methodik kann Karatetraining auf gesunde Weise nicht funktionieren.
Und ja, jeder Mensch kann gehen, stehen, laufen, rennen, sich um die eigene Achse drehen. Aber wie funktioniert das? Und macht er es richtig? Und ist er sich der Funktionsweise im Karatetraining bewusst???

Myway
06-06-2020, 13:17
Ich empfehle jedem mit Rückenproblemen das Buch Rückenreparatur von Stuart McGill:

https://www.amazon.de/R%C3%BCcken-Reparatur-McGill-Methode-R%C3%BCckenschmerzen-selbst-heilen/dp/3868839321

Seines Zeichens emeritierter Professor, der 30 Jahre wissenschaftliche, empirische Studien zum Thema Rücken betrieben hat.
Und/oder mal auf Youtube nach ihm schauen.

https://www.backfitpro.com/about-us/

Oliver

P.S.: würde bei allen Ratschlägen, die man zum Thema Rücken bekommt, nach deren wissenschaftlicher Basis fragen. Da einfach Bekanntes übernehmen kann nach hinten losgehen.

FireFlea
06-06-2020, 14:10
Zweitens:
Gerade in den Zenkutsu-geprägten Karatestilen wie dem Shotokan darauf achten, dass in der Stellung der Oberkörper eben nicht "aufrecht" bleibt und somit eine zusätzliche Beugung erfährt, sondern leicht nach vorne gebeugt ist und der natürlichen Position der WS folgt.
Wer mit "aufrechtem" Körper in ZK trainiert, MUSS nach dem Training Rückenschmerzen haben.



https://www.youtube.com/watch?v=xc11CGx2CCk

Wobei mir ein Physio mal gesagt hat, dass das was im Video zu sehen ist auch schon veraltet ist.

Ken_zen_ichi
06-06-2020, 15:48
Hallo zusammen,

danke für die vielen sehr hilfreichen und treffenden Beiträge. Ich teile die kritischen Anmerkungen, dass im Oberstufenkarate ausreichend an Fragen der Haltung und Biomechanik gearbeitet wird. Ich versuche das natürlich - mindestens seit meinen akuten Beschwerden - in meinem eigenen Karate zu verbessern und konzentrierter an den kleinen Dingen zu arbeiten. Das betrifft zum einen 1) sehr wesentlich die Hüft- bzw. Beckenstellung. Meine Rückenschmerzen sind deutlich besser, wenn ich konsequent die Spannung im Unterbauch halte, den Hintern anspanne und das Becken nach oben kippe. 2) auch Zenkutsu Dachi wirkt sich unmittelbar auf meine Schmerzen aus. Stehe ich, entsprechend der Lehrmeinung, sehr gerade, dann scheint meine untere Rückenmuskulatur sehr angespannt. Es ist in der Tat besser, wenn ich das hintere Bein nicht durchstrecke, insgesamt nicht ganz so tief stehe und natürlicher leicht nach vorne gebeugt stehe. Und 3) sind tatsächlich auch Keri Wasa Jodan kritisch, v.a. wenn ich dabei zu hoch stehe und dann, wie beschrieben, aus dem unteren Rücken die Kraft hole. Hier ist eine gute Haltemuskulatur im Rücken, an der ich versuche zu arbeiten, essentiell.

Dennoch: den richtigen Schlüssel habe ich noch nicht gefunden, obwohl ich 15 Jahre beschwerdefrei trainiert habe und allgemein in einem sehr guten Trainingszustand bin.

Danke bis hierhin! Ich bin froh über jeden Erfahrungsaustausch. VG, Matthias

gast
06-06-2020, 15:52
Alters- und/oder verletzungsbedingt ergeben sich natürlich diverse Möglichkeiten für "Rücken".
Wenn´s also nicht wie oben angeführt eine eindeutige organische Ursache gibt, sind alle Tips von Chrisdz
Gold.
Ich würde noch Verzicht auf Yoko Geri (beide Varianten) empfehlen und dafür Mae Geri treten (macht in
meinen Augen ohnehin mehr Sinn).
Wie die Maus anführte, ist eventuell auch die Bauchmuskulatur im Verhältnis zum Rücken zu stark, ergo
Rücken trainieren.
Dazu regelmäßig (mehrfach am Tag) Gymnastik, einfach mehr oder weniger komplett durchmobiliseren.
Immer auf Positur achten und natürlich bewegen.
Robotkarate ist nicht so gesundheitsfördernd.
Achja:
da gibt´s so´n Teil das heißt Fudo Dachi gell, ist halt nicht alles Zenkutsu Dachi
auch Kokutsu Dachi so schön tief und so, könnte man mal überprüfen, wie fies man an den Gräten reißt, weil man die Masse dann so schlecht beschleunigt.....

Katamaus
06-06-2020, 16:10
Vielleicht sollte man, so wie Kase Sensei - zurückgehend auf Gigo Funakoshi, wenn das richtig gelesen habe -, mehr mit Fudo Dachi arbeiten. Ich kenne einige Karateka, die das intuitiv schon länger so machen und keine Rückenprobleme haben. Vielleicht kein Zufall...

Ich habe hier gerade das Buch von Motobu Choki in den Händen. Der steht (wenn auch sowieso nicht so tief) auch bei den Gyaku-Techniken immer leicht ausgedreht in der Hüfte und das Knie nicht ganz durchgedrückt, wenn ich das auf den alten Fotos richtig sehe.

Katamaus
06-06-2020, 16:20
Wie die Maus anführte, ist eventuell auch die Bauchmuskulatur im Verhältnis zum Rücken zu stark, ergo
Rücken trainieren.


Ich meinte es andersrum aber auch so rum kann natürlich ein Problem sein.



auch Kokutsu Dachi so schön tief und so, könnte man mal überprüfen, wie fies man an den Gräten reißt, weil man die Masse dann so schlecht beschleunigt.....

Der wird imho eh falsch ausgeführt (Wettkampfform?). Ich halte mich da an Wichmann Sensei: nicht mit beiden Füßen auf einer Linie und schon gar nicht mit einer 90° abgedrehten Hüfte, sondern um eine Fersenbreite versetzt nach außen und die Hüfte nur 45°-60° abgedreht (mir ist auch bis heute nicht klar, wie man in dieser extrem abgedrehten Form nach außen Kraft ausüben will.)

Tantal
06-06-2020, 16:36
Grundsätzlich ist schon das Konzept von "Ständen" problematisch, da es in fast allen Fällen Bewegungsbrüche statt Bewegungsflüsse fördert. Und wenn diese dann auch noch suboptimal ausgeführt werden, führt das schon zu Problemen. Allerdings gibt es hier User, die das besser beschreiben können und auch mehr Fachwissen haben, vielleicht kommt da ja noch was.

FireFlea
06-06-2020, 17:16
Grundsätzlich ist schon das Konzept von "Ständen" problematisch, da es in fast allen Fällen Bewegungsbrüche statt Bewegungsflüsse fördert. Und wenn diese dann auch noch suboptimal ausgeführt werden, führt das schon zu Problemen. Allerdings gibt es hier User, die das besser beschreiben können und auch mehr Fachwissen haben, vielleicht kommt da ja noch was.

So ist es. Stände sind an sich eine Momentaufnahme in einem Bewegungsfluss.

Luggage
06-06-2020, 17:18
Hatte ich auch lange, war eine Kombination aus Shotokan und Krafttraining - zu viel Last insgesamt und zu ungesunde Biomechanik im Karate. Training sein lassen und stattdessen ein paar Wochen leichtes Ausgleichstraining machen (Schwimmen, locker stretchen, Massagen, Spazieren gehen) und dann langsam wieder anfangen, sukzessive Trainingsinhalte hinzufügen und problematisches identifizieren. Ist das gelungen, muss man sehen, ob man den Faktor auch reduzieren oder eliminieren kann oder sich überlegen, ob man nicht lieber was anderes macht (die Einsicht dazu braucht mitunter etwas).

Ken_zen_ichi
06-06-2020, 18:39
Ich finde, dass sich bereits in der allgemeinen Lehrmeinung Zenkutsu Dachi immer mehr Fudo bzw. Sochin Dachi angleicht. Das hintere Bein wird eigentlich kaum noch durchgestreckt, sondern ist leicht gebeugt. Bewegung wird so wesentlich effektiver aus der Beinmuskulatur initiiert. Gerade bei der Hüftrotation nennt Thomas Schulz das ja auch "sitzen auf dem hinteren Bein". Das erscheint mir sinnvoll und beugt vor, weniger aus dem Rumpf zu arbeiten.

FireFlea
06-06-2020, 19:51
Tief zu stehen, das hintere Bein durchzustrecken und sich dann noch abdrücken zu wollen ist ohnehin Unsinn. Generell muss man sich auch nich unbedingt stark abdrücken für einen Schritt. Da es weiter vorne erwähnt wurde - ich finde es muss auch nicht sein, den Hintern anzuspannen. Ich würde eher in Alltagsbewegungen denken.

Katamaus
06-06-2020, 20:33
Also beim klassische Vorgehen in ZK stoße ich mich eigentlich kaum (nur aus der Wade raus) und ziehe eher aus der rückwärtigen Oberschenkelmuskulatur des vorderen Beins. Aber das ist ja auch eher Bewegungsschulung und imho ist das Ziel in der Grundschule nicht, maximal schnell vorzugehen. Beim Kumite, wo es es dann darum geht, steht ja auch kein (vernünftiger) Fortgeschrittener mehr mit gestrecktem Bein. Und wenn: happy days! :D

Allerdings würde ich schon sagen, dass man (beim Absetzen!) den Hintern anspannen sollte. Ist schließlich der größte Hüftstrecker und wenn man das nicht macht, kommt man noch mehr in die Lordose. Ne aufgerichtete Hüfte ohne angespannten Bobbes stelle ich mir jedenfalls schwierig vor. Ob man sich besser darauf oder auf was anderes konzentriert, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Ist. aber wohl auch eher individuell, wer was zur richtigen Ansteuerung braucht.

Gast
06-06-2020, 22:20
. Das betrifft zum einen 1) sehr wesentlich die Hüft- bzw. Beckenstellung. Meine Rückenschmerzen sind deutlich besser, wenn ich konsequent die Spannung im Unterbauch halte, den Hintern anspanne und das Becken nach oben kippe.

Die Idee, irgendetwas anspannen zu müssen um damit irgendwelche Schmerzen auszugleichen, ist meiner Ansicht nach kontraproduktiv.
Die Schnerzen entstehen meist durch zu hohe Spannung in irgendeinem Bereich.
Niemand in einer traditionellen chinesischen Kampfkunst z.B. würde erzählen, man müsse den "Hintern anspannen".
Da geht es z.B. um "sinken lassen", und ähnliches, aber niemals um "anspannen".
Zu hohe Spannung in Rücken mit hoher Spannung woanders zu kompensieren, führt einfach zu noch höherer Gesamtspannung.
Es geht also um eine Harmonisierung der gesamten Körperspannung, nicht darum in einzelnen Körperregionen unnötig Spannung aufzubauen.
Man kann das vielleicht tatsächlich kurzfristig ausgleichen, das ist aber meiner Ansicht nach auf Dauer nicht zielführend.

Ken_zen_ichi
06-06-2020, 23:55
Hallo,

Sicher, anspannen hat auch immer den Trend zum Verspannen. Ich meine aber eher eine natürliche Körperspannung. Eine korrekte Stellung der Lendenwirbelsäule und eine effektive Verbindung des Rumpfes mit den Beinen ist wohl nur dann zu erzielen, wenn das Becken nach oben gekippt wird. Und dazu benötigt es Körperspannung im Hintern sowie die tiefliegenden Bauchmuskeln. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass ein Hohlkreuz entsteht und und zuviel Kraft aus dem Rücken geholt wird. Deshalb wird im

Grundsätzlich merke ich auch am Schmerz, dass das unmittelbar angenehmer ist und meine Lendenwirbelsäule entlastet.

Ripley
07-06-2020, 07:08
Wer hat ähnliches erlebt und ist seine Schmerzen dann erfolgreich los geworden? Was waren die Ursachen?

Losgeworden nicht ganz, aber gut in den Griff bekommen.

Ursache(n): Alter, langjährige Fehlbelastung, muskuläre Dysbalancen, resultierend diverse (Wirbel-)Gelenksveränderungen. Leider hat sich auch, falsches, Karate bemerkbar gemacht.

Ich mache seit ... ich glaube zwei Jahren ziemlich konsequent ein- bis zweimal pro Woche ein ausgiebiges Coretraining, dass sich aus dehnenden und kräftigenden Elementen zusammensetzt. Das hat schon mal viel verbessert.

Und im Karate selbst arbeite ich mit Gedanklichen Bildern. Wann immer meine Konzentration es zulässt, mache ich den Rücken lang, indem ich am Oberkopf einen nach oben ziehenden Faden imaginiere und am anderen Ende den Damm mit einem ebenfalls gedachten Stock senkrecht auf den Boden "abstütze". Das klappt gut, ohne dass ich bewusst irgendwelche spezifischen Muskeln oder Musikgruppen, nee Muskelgruppen (isch liiiebe Autokorrektur!) an- oder entspannen müsste.

Pansapiens
07-06-2020, 07:54
Meine Physiotherapeutin tippt auf die tiefliegenden Bauchmuskeln, die ich auch mit Übungen stärke.


was ist mit tiefliegenden Bauchmuskeln gemeint?

Musculus quadratus lumborum und Musculus iliopsoas?



Sicher, anspannen hat auch immer den Trend zum Verspannen. Ich meine aber eher eine natürliche Körperspannung. Eine korrekte Stellung der Lendenwirbelsäule und eine effektive Verbindung des Rumpfes mit den Beinen ist wohl nur dann zu erzielen, wenn das Becken nach oben gekippt wird. Und dazu benötigt es Körperspannung im Hintern sowie die tiefliegenden Bauchmuskeln.


Wer sagt das?
Deine Physiotherpeutin?

Katamaus
07-06-2020, 10:07
Die Idee, irgendetwas anspannen zu müssen um damit irgendwelche Schmerzen auszugleichen, ist meiner Ansicht nach kontraproduktiv.
Die Schnerzen entstehen meist durch zu hohe Spannung in irgendeinem Bereich.
Niemand in einer traditionellen chinesischen Kampfkunst z.B. würde erzählen, man müsse den "Hintern anspannen".
Da geht es z.B. um "sinken lassen", und ähnliches, aber niemals um "anspannen".
Zu hohe Spannung in Rücken mit hoher Spannung woanders zu kompensieren, führt einfach zu noch höherer Gesamtspannung.
Es geht also um eine Harmonisierung der gesamten Körperspannung, nicht darum in einzelnen Körperregionen unnötig Spannung aufzubauen.
Man kann das vielleicht tatsächlich kurzfristig ausgleichen, das ist aber meiner Ansicht nach auf Dauer nicht zielführend.

Das ist in der Analyse richtig. Aber du bist hier ja bereits eine sehr komplexe Ebene weiter, wie bringe ich es meinen Schülern oder mir selbst bei. Mit welcher Idee man arbeiten muss, um das richtige Ziel, hier: die richtige Spannung/Haltung/Bewegungsansteuerung, zu erreichen ist nach meiner Erfahrung sehr individuell. Einigen muss ich genau das sagen: „Spann den Hintern an“, „lass die Schultern unten“. Bei Anderen wiederum führt das wie von dir beschrieben zielsicher in die nächste Fehlhaltung. Da würde ich auch mit Bildern arbeiten wie „Schwerpunkt absenken“, „stell dir vor du hängst an einem Faden“, etc. Genauso gibt es auch was dazwischen: „Brust raus, Bauch rein“, „Bauchnabel nach oben ziehen“ (der von Physiotherapeuten oft verwendete Begriff „Peniswurzel“ funktioniert komischerweise immer und das sogar bei Frauen) usw.

Arbeiten mit Bildern kann eben auch schwierig sein: Ich hatte bspw. genau die Diskussion mal, wo es immer hieß: „Du musst mit dem Schwerpunkt weiter runter“. Für jemanden mit Hüftproblemen und Rückenschmerzen, der zudem nicht besonders beweglich ist, natürlich ein bisschen schwierig. Wir haben das also nach dem Training mal diskutiert und mit Vormachen und Korrektur erarbeitet. Dabei kam raus, dass es gar nicht um ein „tiefer“ im Sinne von Abstand zum Boden ging, sondern genau um den korrekten Einsatz von Hüfte und Schwerpunkt. Er meinte sogar ich könne ruhig einiges höher stehen aber der Hintern sei zu schlaff und die Hüfte hinge (Becken nach vorne gekippt statt aufgerichtet).

Wie auch immer: ich persönlich kann da mit mir selber besser analytisch deduktiv arbeiten. Mit höher stehen und Kiste anspannen bekomme ich das Problem mittlerweile jedenfalls immer besser in den Griff. Ebenso wie mit bestimmten Bildern, mit denen ich was anfangen kann, wie etwa der von Ripley beschriebenenVorstellung, die Wirbelsäule zum Himmel hin in die Länge zu ziehen. Je nachdem halt: für etwas, was sich 45 Jahre lang falsch eingeschliffen hat, gibt es vermutlich auch kein einfaches Rezept.

PS: ich sehe das übrigen auch bei meiner kleinen Tochter: die streckt immer den Bauch raus. Bei mir war das ebenfalls bereits als Kind der Fall. Der Arzt sagte damals, das sei ein „Hohlkreuz“. Erst Jahrzehnte später habe ich gelernt, dass es sowas eigentlich so gut wie gar nicht gibt, bzw. dass das eine rein phänomenologische Beschreibung ist und die Ursache zu 95% muskuläre Dysbalancen oder fehlerhafte Ansteuerungen sind (und nicht etwa eine schief und krumm gewachsene Wirbelsäule, wie von mir seinerzeit verstanden).

Chrisdz
07-06-2020, 11:14
Es geht nicht um die Frage, den X-Stand gegen die Y-Stellung auszutauschen, um dann "gesünderes" Karate zu machen (und ja, ich bin dem Kasa-ha zugeneigt, also ist die Frage des Yoshitaka-Dachi für mich keine Frage).

Man kann sich in jeder Position "gesund" bewegen, wenn man auf seinen Körper hört und eben einige Regeln (s.o.) beherzigt.

Das Problem aus meiner Sicht als KK'ler ist viel mehr, dass die "Meister" etwas vermitteln, von deren Basis sie keine oder zumindest nur sehr wenig Ahnung haben. Vergleiche hinken, aber ein begnadeter Rennfahrer muss nicht wissen, wie ein Motor funktioniert. Das ist auch wurscht, er muss nur mit einer Maschine unterm Hintern gewinnen.
Hier geht es aber um Menschen und noch dazu um individuell verschiedene.

Ich wiederhole mich, die Geschichte ist bekannt, kommt ne erwachsene Frau nach einem Lehrgang zu mir und will bei uns Mitglied werden. Ok, ich schau mir das an und unterhalte mich die Woche drauf mit ihr im Dojo. Bei den ersten zwei Schritten sehe ich, dass sie sich falsch bewegt. Hast Du Knieprobleme? Oh ja, immer nach dem Training! Erkläre ihr, was sie falsch macht (und sich falsch antrainiert hat). Sie wird sauer und schimpft auf ihre Trainer im Heimatverein. Ich sage, was erwartest Du von Leuten, die Training halten sollen, um am Ende des Jahres auf der Weihnachtsfeier mit einem Packerl Lebkuchen abgespeist zu werden? 14 Tage später war dann die Knie-OP fällig....

Nein, es geht nicht um Zenkutsu-D., es geht darum, wie man sich bewegt und ob jemand irgendwann mal im Training jemand gesagt hat, wie das funktioniert! Also im Sinne von: Das ist ein Motorblock, hier sind die Zylinder, da die Kurbelwelle, dort die Ventile usw. usf.

Katamaus
07-06-2020, 11:33
Es geht nicht um die Frage, den X-Stand gegen die Y-Stellung auszutauschen, um dann "gesünderes" Karate zu machen (und ja, ich bin dem Kasa-ha zugeneigt, also ist die Frage des Yoshitaka-Dachi für mich keine Frage).

Wobei man schon darauf achten sollte (wie du ja auch richtig sagst), dass sowohl X-Dachi als auch Y-Dachi in einer biomechanisch verträglichen Form ausgeführt werden. Und da findet man Ausführungsvorschriften noch und nöcher, die definitiv hüftschädigend sind. Da ist mir vollkommen wurscht, ob das eine Wettkampfform ist, die hübscher aussieht oder eine, die man schon immer so gemacht hat, weil man es früher nicht besser wusste oder warum auch immer.

Fugazza hat da jüngstens (war das nicht sogar letztes Mal bei Euch, Chris?) einen längeren Vortrag gehalten, man müsse das unbedingt so beibehalten, wie es überliefert sei, weil dieser Schatz aus der Vergangenheit bewahrt werden müsse. Keine Ahnung, ich glaube ganz so hat er das nicht gemeint, sondern eher so als Zielvorstellung, aber egal: wenn ich so stehen würde wie er (auf meinen Körper übertragen - und das habe ich lange Zeit, nur nicht so schön), dann müsste ich ziemlich bald mit Karate aufhören oder meine Hüfte austauschen. Warum also sollte ich das tun? Das wird passend gemacht und basta.

Kai Dobi
07-06-2020, 13:14
2 Erfahrungen:
selbes Problem gehabt

- jeden morgen 2min in der Kobra, Problem war weg. Also Hüftbeuger dehnen hatte mehr Erfolg als Rückenmuskulatur stärken - wobei beides natürlich langfristig was bringt.
- Karate: in Haishu-Kata aufs Hara konzentriert, Arschmuskeln vernachlässigt. Da war ich sehr dumm. Arschmuskeln erst anspannen - der Bauch kommt dann fast automatisch nach. Seit dem das automatisch im Körper drin ist - Problem auch weg.

FireFlea
07-06-2020, 15:10
Fugazza hat da jüngstens (war das nicht sogar letztes Mal bei Euch, Chris?) einen längeren Vortrag gehalten, man müsse das unbedingt so beibehalten, wie es überliefert sei, weil dieser Schatz aus der Vergangenheit bewahrt werden müsse. Keine Ahnung, ich glaube ganz so hat er das nicht gemeint, sondern eher so als Zielvorstellung, aber egal: wenn ich so stehen würde wie er (auf meinen Körper übertragen - und das habe ich lange Zeit, nur nicht so schön), dann müsste ich ziemlich bald mit Karate aufhören oder meine Hüfte austauschen. Warum also sollte ich das tun? Das wird passend gemacht und basta.

Die Frage ist nur, was da überliefert wird. Ich halte es a) keinesfalls für gesetzt, dass irgendwelche japanischen Nachkriegslehrer alles richtig gemacht oder verstanden haben (in einem Interview sagt Harada ja auch, dass einige der jüngeren Schüler von Funakoshi nicht wussten, was er zeigt und viel unnötige Härte und Spannung reingebracht haben) und b) es durchaus auch Fehler bei der Übertragung in den Westen gegeben haben kann (auch hier habe ich einen Artikel gelesen, wo Asai einem jungen Mädchen gesagt hat sie müsse dies und das machen und der Übersetzer meinte dann nur 'you are very good' oder sowas. Karate ist SV und ich darunter subsumiere ich, meinen Körper vor schädlichen Trainingspraktiken zu schützen. Und es ist eine Sache, im Sparring mal eine dicke Lippe zu kriegen (das gehört dazu) und eine andere, sich grundlegende Haltungsschäden durch schädliche Bewegungen anzutrainieren.

Btw. - hat jemand zufällig das DKV Magazin 03/2017 und kann 2-3 Seiten einscannen (oder hat es gar als PDF)? Früher waren die auf der DKV Seite frei zugänglich und jetzt nicht mehr. In den Heften 02, 03 und 04/2017 war eine kleine Serie zu üblichen Verletzungen. Und bevor es jemand sagt - ich habe die Pressestelle des DKV angeschrieben und sie konnten mir Heft 02 und 04 als PDF schicken aber 03 scheint es im Archiv nicht mehr zu geben.

Katamaus
07-06-2020, 15:52
Die Frage ist nur, was da überliefert wird. Ich halte es a) keinesfalls für gesetzt, dass irgendwelche japanischen Nachkriegslehrer alles richtig gemacht oder verstanden haben

Ganz genau! Da habe ich auch erhebliche Zweifel. Aber selbst wenn nicht, waren auch die davor vermutlich nicht unfehlbar und über das Eine oder Andere wissen wir ja heute mehr.



wo Asai einem jungen Mädchen gesagt hat sie müsse dies und das machen und der Übersetzer meinte dann nur 'you are very good' oder sowas.

Ochi hat mal auf einem Lehrgang Maegeri mit der Ferse voraus treten lassen, um den richtigen Hüfteinsatz zu üben. Jahre später hat man noch Leute angetroffen, die zutiefst überzeugt waren, Maegeri müsse mit der Ferse treffen. :narf:

gunk
07-06-2020, 16:29
Was bei mir geholfen hat, der Prozess begann vor etwas 10 Jahren:

-"Hüfte" nicht mehr nach vorne drücken
-weniger Spannung, weniger Spannung, weniger Spannung
- Oberkörper nicht mehr so senkrecht, sondern leicht nach vorne, aber mit einem Gefühl der Streckung in der Wirbelsäule.

Gruß

Gunk

Luggage
07-06-2020, 16:38
Die Idee, irgendetwas anspannen zu müssen um damit irgendwelche Schmerzen auszugleichen, ist meiner Ansicht nach kontraproduktiv.
Die Schnerzen entstehen meist durch zu hohe Spannung in irgendeinem Bereich.
Niemand in einer traditionellen chinesischen Kampfkunst z.B. würde erzählen, man müsse den "Hintern anspannen".
Da geht es z.B. um "sinken lassen", und ähnliches, aber niemals um "anspannen".
Zu hohe Spannung in Rücken mit hoher Spannung woanders zu kompensieren, führt einfach zu noch höherer Gesamtspannung.
Es geht also um eine Harmonisierung der gesamten Körperspannung, nicht darum in einzelnen Körperregionen unnötig Spannung aufzubauen.
Man kann das vielleicht tatsächlich kurzfristig ausgleichen, das ist aber meiner Ansicht nach auf Dauer nicht zielführend.

Sehe ich auch so, bzw. entspricht meiner Erfahrung. Man hört immer nur oberflächliches Zeug von wegen, tuts hinten weh muss vorne/hinten/innen die Muskulatur stärker werden. Das löst aber nur einen Teufelskreis aus Verspannungen aus. Man muss vielmehr mittels sehr mühsamer Körperarbeit lernen, den Körper entspannt in einer natürlichen Position zu halten und zu bewegen. Ich habe im Taichi Jahre gebraucht, die Po- und Unterbauchspannung, die ich mir Jahrzehnte lang in Yoga, Karate und Krafttraining antrainiert hatte, wieder loszulassen. Und siehe da - keine Probleme mehr im unteren Rücken. Früher habe ich beim Joggen immer nach so 10 bis 15 Minuten starke Schmerzen in den Rückenstreckern bekommen, weil der ganze Bereich völlig verspannt war. Mit der Entspannung aus dem Taichi ist das Vergangenheit und zudem bin ich noch mit vergleichweise wenig Training Bestzeit auf 10 km gelaufen - Entspannung heißt eben auch Energiesparen.

Da muss man sich aber etwas von vielfach propagierten Haltungs- und Bewegungsideen lösen. Yoga, Coretraining, Ideen á là Starret (permanente Unterbauchspannung, aktives Brust Rausdrücken usw.) sind meiner Erfahrung nach contraproduktiv (20 Jahre lang versucht). Das heißt nicht, dass man nichts wertvolles aus dieser Art zu trainieren ziehen könnte, aber es bedarf bestimmter Körperarbeit als Korrektiv, um nachteilige Folgen zu verhüten. Das kann Taichi und anverwandtes sein, sicherlich auch Feldenkreis o.ä., was hier schonmal genannt wurde. Ich kann nur nur empfehlen, mal die Fitnessstudio-Weisheiten links liegen zu lassen und sich in solchen Bereichen umzutun.

Chrisdz
07-06-2020, 18:46
Wobei man schon darauf achten sollte (wie du ja auch richtig sagst), dass sowohl X-Dachi als auch Y-Dachi in einer biomechanisch verträglichen Form ausgeführt werden. Und da findet man Ausführungsvorschriften noch und nöcher, die definitiv hüftschädigend sind. Da ist mir vollkommen wurscht, ob das eine Wettkampfform ist, die hübscher aussieht oder eine, die man schon immer so gemacht hat, weil man es früher nicht besser wusste oder warum auch immer.

Fugazza hat da jüngstens (war das nicht sogar letztes Mal bei Euch, Chris?) einen längeren Vortrag gehalten, man müsse das unbedingt so beibehalten, wie es überliefert sei, weil dieser Schatz aus der Vergangenheit bewahrt werden müsse. Keine Ahnung, ich glaube ganz so hat er das nicht gemeint, sondern eher so als Zielvorstellung, aber egal: wenn ich so stehen würde wie er (auf meinen Körper übertragen - und das habe ich lange Zeit, nur nicht so schön), dann müsste ich ziemlich bald mit Karate aufhören oder meine Hüfte austauschen. Warum also sollte ich das tun? Das wird passend gemacht und basta.

M° Fugazza wird nicht müde, die Tradition des (Shotokan)Karate zu verteidigen und das ist gut so!
Bei ihm geht es aber beim ZK in erster Linie um die Frage, wie "lang" dieser ist und dass ein ZK eben kein Moto-Dachi oder Han-Zenkutsu-Dachi ist.
Frage aller Fragen - Wer im Shotokan kennt diese Begriffe? Für jemanden aus anderen Stilrichtungen kein Thema....

Es geht also darum, die Grundlage des Shotokan gegen eine gewisse "Verwässerung" zu verteidigen, die ich z.B. selbst in meinem eigenen Verein erlebt habe. Den Kindern an einem (neu übernommenen) Trainingsort hat man gesagt, ihr müsst nicht mehr so tief bzw. lang stehen, das ist nicht mehr modern bzw. ungesund. Quatsch! Und anschließend wollte der alte Vereinsvorstand den Part an einen Shorin-Ryu-Verein abtreten, wo man sich fast ausschl. im Shiko-Dachi bewegt (und das dann obendrein falsch, weil es auch nicht erklärt wird).
Ach und wer mag denn bitte Tekki-Kata mit diesem blöden Kiba-Dachi, den auch keiner mag? Hat man den mal erklärt?
Ich schlage vor, alle Stellungen im Karate werden gestrichen und gegen eine Einheitsstellung ausgetauscht, vielleicht macht Henning dazu Vorschläge (duck und weg!).

Ich wiederhole mich - es geht nicht um die Stellung, es geht um das wie und warum (im Karate auch noch ums wofür).

BIONIC
07-06-2020, 20:28
Da hier viel Halbwissen bzgl. Rückenschmerzen gesponnen wird....

https://www.youtube.com/watch?v=mlH8UGNE-1M

https://www.youtube.com/watch?v=YezBG_NdLgs

Katamaus
07-06-2020, 22:13
Da hier viel Halbwissen bzgl. Rückenschmerzen gesponnen wird....

https://www.youtube.com/watch?v=mlH8UGNE-1M

https://www.youtube.com/watch?v=YezBG_NdLgs

Aha. Wird hier? Und was soll ich aus diesen Videos bezüglich der vorangegangenen Diskussion lernen? Ich konnte da jetzt weder etwas Neues noch Widersprüchliches zu dem vorher (von allen!) Geschriebenen entnehmen. Hilf mir doch bitte mal.

Randori
23-08-2020, 00:23
Ich hatte jahrelang zunehmend Rückenschmerzen. Das ging so weit, dass ich abends nicht wusste wie ich mich hinlegen sollte und morgens kaum aus dem Bett kam (Alter damals um die 40 Jahre). Zu der Zeit habe ich viel trainiert (3-5 mal die Woche) + Joggen. Außerdem habe ich täglich mind. 2 Stunden im Auto gesessen und viel Stress gehabt. Seit ein paar Jahren bin ich jetzt (48) fast schmerzfrei. Was habe ich geändert:
- Arbeitszeit verkürzt und weniger im Auto.
- Ich versuche ausgestreckt zu schlafen
- Ich arbeite am Rücken mit der Faszienrolle, sobald es etwas zieht
- Ich nehme eine IBU, wenn es richtig weh tut und arbeite wenn sie wirkt mit der Rolle
- Ich mache kaum noch Dehnungsübungen. Dadurch bin ich zwar statisch etwas steifer, die Karate-Techniken funktionieren aber im warmen Zustand genau wie vorher!
- Bodyweight Training (Liegestütz, Plank, Klimmzüge nicht exzessiv sondern zwischendurch) (macht mir zwar keinen Spaß, aber es stabilisiert ungemein)
Dazu muss ich erwähnen, dass ich fast nur nur noch Solotraining mache und es deshalb selber steuern kann

Barbecue
29-08-2020, 12:50
Hatte schon immer Verspannungsschmerzen in den Schultern. Jetzt auch in tieferen Regionen angekommen.
Leider aktuell mit Ibuprofen, vielleicht Krafttraining?

FireFlea
29-08-2020, 16:16
Das war kürzlich passend zum Thema in der Zeitung:

https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/gesundheit/alarmierende-studie-zu-langes-sitzen-in-deutschland-und-europa-16922259.html?

Kurz nach der Diskussion hier hatte ich dann Anfang Juli zum ersten Mal im Leben auch Rückenprobleme. Habe die Straße gefegt und mich wohl etwas verdreht, da ich danach einen etwas verspannten Rücken hatte. Danach war ich Joggen und da ist es mir auf einmal richtig in den Rücken geschossen. Konnte ca. eine Woche praktisch gar nix machen und habe 5 Minuten gebraucht, bis ich aus dem Bett oder aus einem Stuhl hochgekommen bin und konnte auch nur langsam laufen. Socken oder Schuche anzuziehen war auch ein richtiges Problem, da ich nicht wirklich an meine Füße gekommen bin. Da ich an sich eine recht hohe Grundbeweglichkeit habe und mit der Ferse hinter den Kopf komme, war das schon eine krasse Erfahrung. Dummerweise ist das einen Tag passiert, bevor ich für eine Woche an die Ostsee gefahren bin. :krank011: Danach war ich noch 2-3 Wochen mehr oder weniger eingeschränkt, jetzt ist wieder alles beim Alten. Der Arzt meinte es war ein Hexenschuss und ich soll mir keine Gedanken machen und einfach ein paar Kräftigungsübungen für den Rücken durchführen.

Ripley
29-08-2020, 18:17
Hier ein, wie ich finde, gut lesbarer und informativer Text zum Thema "ich hab Rücken!":

https://www.schwesterfraudoktor.de/2020/08/28/fra-dokta-mei-r%C3%BCgge/

Viel Spaß und allen Betroffenen baldige Wiederkehr der Geschmeidigkeit!

Katamaus
29-08-2020, 23:10
Der Arzt meinte es war ein Hexenschuss und ich soll mir keine Gedanken machen und einfach ein paar Kräftigungsübungen für den Rücken durchführen.

Das hört sich definitiv so an. Hatte ich in einem Jahr 5x. Allerdings würde ich da eher mal die tiefe untere Bauchmuskulatur trainieren (Transversus, Obliquen... Schwangerschaftsgymnastik halt) und die Streckerkette dehnen. Aber ich bin ja auch kein Arzt, sondern nur Praktiker. :biglaugh:

FireFlea
30-08-2020, 16:31
Das hört sich definitiv so an. Hatte ich in einem Jahr 5x. Allerdings würde ich da eher mal die tiefe untere Bauchmuskulatur trainieren (Transversus, Obliquen... Schwangerschaftsgymnastik halt) und die Streckerkette dehnen. Aber ich bin ja auch kein Arzt, sondern nur Praktiker. :biglaugh:

Naja da ich noch nie Probleme hatte und nicht wusste, ob das harmlos ist oder vielleicht was kaputt ist, gehe ich da doch lieber mal zum Orthopäden. ;) 5x/Jahr ist ja übel, ein Hexenschuss kann doch auch mal 6 Wochen dauern, da bist Du ja ds ganze Jahr ausgeschaltet... :ups:

Nick_Nick
30-08-2020, 22:59
Durfte mal zum Schnuppern bei Kieser reinschauen. Die machen einen ziemlich kompetenten und persönlichen Eindruck, und werben glaube ich auch mit Hilfe bei Rückenschmerzen. Haben auch eine "Rücken-Supermaschine", auf die man ohne ärztliches Attest nicht kommt. Wo dann auch regelmäßig ein Orthopäde vorbeischaut. Ist bei (Rücken)Schmerzen denke ich einen Versuch wert.

Katamaus
31-08-2020, 00:41
Naja da ich noch nie Probleme hatte und nicht wusste, ob das harmlos ist oder vielleicht was kaputt ist, gehe ich da doch lieber mal zum Orthopäden. ;)

Na logisch. Würde ich auch unbedingt machen. Die richtige Diagnose ist ja erstmal das Wichtigste.

Nur zwecks Therapie/Vorbeugung würde ich lieber zu nem Physiotherapeuten gehen. Mit Therapie haben es die meisten Orthopäden eher nicht so nach meiner Erfahrung.


ist ja übel, ein Hexenschuss kann doch auch mal 6 Wochen dauern, da bist Du ja ds ganze Jahr ausgeschaltet...

Normalerweise bei mir 1 bis 2 Wochen, da das meistens auf irgendeine Blockade durch verspannte Muskulatur zurückzuführen ist, die sich dann langsam löst, wenn ich stillgelegt bin. Allerdings lasse ich mir mittlerweile direkt ne Spritze rein jagen. Dann ist es nach 2 Tagen wieder gut und weil ja nix kaputt ist, kann ich auch gleich wieder trainieren. :biglaugh:

Ken_zen_ichi
21-01-2021, 14:45
Oss zusammen,

leider hat sich in der Zwischenzeit herausgestellt, dass ich eine Spondylarthrose habe, also altersbedingte Verschleisserscheinungen v.a. der kleinen Facettengelenke.

https://www.netdoktor.de/krankheiten/arthrose/spondylarthrose/

Leider habe ich das auch mit Physio (Stärkung tiefe Bauchmuskulatur, Muskulatur Facettengelenke, kleine Muskulatur an den Wirbelgenken) bislang nicht in den Griff bekommen. Im Alltag bin ich schmerzfrei, sobald ich Karate trainiere kehren die Schmerzen zurück. Ich denke, es sind vor allem die Hüftrotationen und die Fußtechniken, die nicht so gut sind. Und in jedem Artikel lese ich, das vor allem Karate ungünstig ist. Da ich aber nicht aufhören möchte mit dem Shotokan Karate bzw. in meinem Dojo, würden mich Erfahrungswerte von anderen Betroffenen interessieren. Schließlich hat jeder zweite über 40 eine solche degenerative Erkrankung.

Danke für Tipps, viele Grüße,

Matthias

Chano
21-01-2021, 15:12
Viel im Hang arbeiten, Physio Traktionen machen lassen und in die korrekte Haltung trainieren.

Ripley
21-01-2021, 15:17
Welche der vielen guten Tipps und Hinweise, die dir hier in deinem Faden in den letzten 6 Monaten und fast 50 Postings gegeben wurden, hast du denn schon ausprobiert und ggf., weil wohltuend und hilfreich, weiter verfolgt, konsequent durchgezogen?

Die Tatsache, dass auf den Bildern der Verschleiß zu sehen ist, überrascht nicht weiter. Die Übungen und Strategien, mit dem Problem umzugehen, ändern sich dadurch eigentlich auch nicht. Also ... was konkret versprichst du dir nun von uns an Neuem oder Bahnbrechendem?

Probieren, machen, das, was gut tut, weiter machen!
Hinlegen und weinen geht auch, ist aber bisl fad für den Rest der erwartbaren Lebenszeit. Glaub mir, ich hab's ausprobiert.

gast
21-01-2021, 15:57
Ich denke auch, daß hier ein Haufen Zeugs geschrieben wurde, mit dem Du gegensteuern kannst.
Ich habe die letzten Wochen versäumt, auf Positur und Mobilisierung zu achten, die Strafe folgt halt automatisch.
Nach einer BauchOP fielen die Beuge- und Streckübungen, die ich sonst über den ganzen Tag verteilt so mache, aus,
jetzt ist mein rechtes Bein komplett dicht.
Ist halt so, selbst schuld.
Rückenschmerzen sind nur der Anfang, irgendwann knickt Dir ´mal das Bein weg, Du denkst Du brauchst ´ne neue Hüfte,
oder Dein Bein ist in einer Presse gefangen,....
Das einzige was hilft, um das frei zu kriegen, ist so´n Yogazeugs, ich mach den Zirkel hier jeweils 3x hintereinander, 3,4,5x am Tag.
https://www.akademie-sport-gesundheit.de/lexikon/sonnengruss-yoga.html
Sonnengruß nennt sich das wohl.
Ansonsten lies den Post von Chris nochmal.