Vollständige Version anzeigen : Henning Wittwer: „Untersuchungen zu Funakoshi Gichins Einführung in das Karate“
Hallo,
gute Nachrichten erneut für all jene, die es interessiert: Soeben ist mein neues Buch frisch aus der Druckerei eingetroffen. Darin findet sich meine vollständige und direkte Übersetzung des 1943 von G. Funakoshi (1868–1957) verfassten Werks „Einführung in das Karate“ mit allen ursprünglichen Bildern.
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Es wurde in der Zeit des historischen Shōtōkan (1938–1945) veröffentlicht und vermittelt die Grundlagen des damaligen Lehrgebäudes. Insbesondere wird die „Ten no Kata“ (eine Solo- und Partner-Kata) so umfangreich wie in keiner anderen Quelle dargestellt.
Wie in meinen anderen Büchern ist meine Übersetzung möglichst textnah gehalten und wird durch viele erklärende Fußnoten unterstützt. Hinzu kommen verschiedene Anmerkungen u. a. zur Stellung von G. Funakoshis Buch innerhalb der japanischen Kampfkunstliteratur oder auch zu technischen, technikgeschichtlichen und theoretischen Aspekten im Zusammenhang mit diesem Werk.
„Rein technisch“ ist es nicht für Trainierende/Anfänger der heutigen großen Shōtōkan-Dachverbände geeignet, da es oft nicht mit heutigen Normen übereinstimmt (Prüfungsprogramme usw.). „Rein technisch“ ist es vor allem für Freunde des Kase-Ha und des Karate aus dem historischen Shōtōkan von höchstem Interesse.
Die Entscheidung, eine limitierte Auflage mit entsprechend hohem Preis herauszubringen, hängt mit dem erwartbar kleinen Leserkreis, dem Wunsch nach einem stabilen Buch mit Fadenbindung und meiner von Institutionen unabhängigen Arbeit zusammen.
Bestellt werden kann es hier:
https://www.gibukai.de/buch-shop/karate-nyumon-funakoshi/
Wie immer bin ich gerne bereit, Fragen zum Inhalt hier im Forum oder via Email zu beantworten …
Grüße,
Henning Wittwer
PS: vorbestellte Bücher werden noch heute abgeschickt …
...
Steht in dem Buch was das Symbol/Bild auf dem Einband darstellt?
Gem. Inhaltsverzeichnis auf S.254
Grüße
Alexa
Hallo,
danke für Deine Vorbestellung! Sie sollte heute, spätestens morgen bei Dir eintreffen ...
Das Logo auf dem Einband wurde extra für das Buch von einem Künstler als Holzschnitt nachgearbeitet und vergrößert. Es ist also eine Nachbildung des Originallogos von 1943. Wie schon richtig geschrieben wurde, erkläre ich Herkunft und Bedeutung des Logos im Buch (ab S. 254).
Grüße,
Henning Wittwer
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Bestellt werden kann es hier:
https://www.gibukai.de/buch-shop/karate-nyumon-funakoshi/
Wie immer bin ich gerne bereit, Fragen zum Inhalt hier im Forum oder via Email zu beantworten …
Grüße,
Henning Wittwer
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Hallo,
ist dein Buch eine direkte Bearbeitung/Übersetzung des Karate-Dô Nyumon?
Oder hatte Funakoshi mehrfach etwas über die Ten no Kata geschrieben?
Grüße
Alexa
Für diesen stolzen Preis und die geringe Auflage darf man aber eine persönliche Unterschrift des Übersetzers und Interpreten erwarten!?
Für diesen stolzen Preis und die geringe Auflage darf man aber eine persönliche Unterschrift des Übersetzers und Interpreten erwarten!?
98,-€ für ein Hardcover eines Randgruppenthemas finde ich jetzt nicht so stolz, sondern eher günstig.
Soviele Leute, die das interessiert, gibt´s halt nicht, nehme nicht nur ich, sondern auch der Autor an.
Nun gut, ich bin parteiisch, habe alle anderen Bücher von Henning auch und nun liegt dieses stolze Machwerk vor mir - geil!!!
Schon die Übersetzungen auf Seite Vii sind mir neu, das Buch hat sich bereits bezahlt gemacht, noch bevor ich überhaupt zum Text des heiligen Funakoshi vorgedrungen bin. Das wird ein langes und hartes Wochenende!!!
Und ernsthaft - 658 Fußnoten???
Wie will der gemeine Karateka das inhaltlich verdauen???
FireFlea
18-06-2020, 21:18
Und ernsthaft - 658 Fußnoten???
Wie will der gemeine Karateka das inhaltlich verdauen???
Gar nicht. Aus einer 1* Sterne Rezension eines Bittmann Buches:
Die Hälfte des Buches besteht aus Fußnoten, der Text ist sperrig zu lesen und übertrieben detailverliebt.
Als Vergleich - aus einer 5 Sterne Rezension eines Tartaglia Buches von einer 6.Dan, Lehrerin mit 45 Jahre Karateerfahrung:
Die Bilder sind ausdrucksstark in Darstellung und Genauigkeit bis ins Detail. Sie ersparen mir das zeitintensive Lesen, welches ich als bewegungsfreudige Karateka nicht gerade liebe. Die Bilder haben die Kraft, dass sie sich durch Liebe zum Detail selbst erklären. :cool:
Katamaus
18-06-2020, 23:28
Bunbu ist halt für Karate wahrscheinlich doch der falsche Ansatz...:gruebel:
Naja, ich kenne genügend sehr gute Karateka, die komplett bildungsresistent sind. :megalach:
Außerdem sind heutzutage weder ein 6. Dan noch 45 Jahre „Karateerfahrung“ (was ja oft nicht einmal Training bedeutet :D) eine Garantie für Qualität (hatte ich schon mal erwähnt, dass ich Gegenbeispiele mag - auch wenn ich hier keines nennen würde :D:D)
Freu mich jedenfalls schon auf eine weitere Perle in meiner Sammlung.
Gar nicht. Aus einer 1* Sterne Rezension eines Bittmann Buches:
Als Vergleich - aus einer 5 Sterne Rezension eines Tartaglia Buches von einer 6.Dan, Lehrerin mit 45 Jahre Karateerfahrung:
:cool:
Hm, ich hatte noch keinen Kaffee heute früh, bin also nicht so fit - hoffe aber, dass das alles nur ein böser Scherz ist.
Ich hab mir erst neulich einen Schiefer eingezogen, weil ich auf FB gnadenlos den 6. Dan für seine Kataperformance kritisiert hatte. Wer die Fersen beim Wenden hochhebt oder die Füsse beim Vorwärtsgehen rausstellt, beherrscht seinen Körper nicht und das sollte wohl Voraussetzung für Kampfkunst sein. Da isses mir dann wurscht, ob einer Weißgurt oder 6. Dan ist (ok, ersterer könnte es ja noch lernen).
Wer Hennings Bücher kennt, weiß, dass sie aus Fußnoten bestehen. Hier wird erläutert, warum das so und nicht anders ist bzw. übersetzt wurde und wo die Quellen oder weitere Quellen liegen.
Und im Gegensatz zu seinen ersten Büchern wird es langsam sogar direkt lesbar.
Dennoch ist das Nebensache - es geht darum, den Text zu verstehen, was bislang für uns oft nicht möglich war, weil das meiste an Literatur aus schlechtem Englisch ins Deutsche transferiert wurde.
Wer mehr an Belletristik interessiert ist, dem empfehle ich die deutsche Neuübersetzung der Kanazawa Biografie im Schlatt-Vlg.
Wer das bisherige, aus dem englischen stammende, Buch daneben legt, wird sehen, dass er zwei unterschiedliche Bücher vor sich hat. Es tun sich neue Welten auf.
Ähnlich sehe ich es hier.
Hallo,
danke für all die Rückmeldungen!
(1) Zu der Frage, ob es sich um meine Bearbeitung/Übersetzung des „Karate-Dō Nyūmon“ von G. Funakoshi handle, muss ich kurz anmerken, dass G. Funakoshi selbst nie ein Buch mit dem Titel „Karate-Dō Nyūmon“ schrieb. Dieser Titel ist im englischsprachigen Raum aufgekommen. Der ursprüngliche Titel lautet „Karate Nyūmon“ (ohne „-Dō“). Und dieses Werk übersetze ich in meiner Untersuchung vollständig aus dem Japanischen.
G. Funakoshi schrieb selbst drei Texte über die „Ten no Kata“ (bzw. war beim Schreiben beteiligt). Zwei dieser Texte sind eher knapp, teilweise bestehen sie nur aus kurzen Stichpunkten (Techniknamen und Seitenangaben o. Ä.). Der umfangreichste Text ist wie geschrieben der in meinem Buch übersetzte. In den Fußnoten lasse ich Informationen aus den anderen beiden Texten miteinfließen. In meinem Band II (S. 245 ff.) erkläre ich mehr zu den Hintergründen.
(2) Zu dem Punkt der Lesbarkeit meiner Texte schrieb ich schon öfter etwas. Ich bemühe mich um textnahe Übersetzungen, die sich dann eben nicht wie ein Liebesroman lesen lassen. Das funktioniert nicht. Es handelt sich um eine alte Quelle, die in einer echten „Fremdsprache“ verfasst wurde. Meine Verantwortung liegt darin, dass Leser ohne Verzerrungen inhaltlich nachvollziehen können, was G. Funakoshi selbst zum Ausdruck bringen wollte, und zumindest ein Gefühl dafür erhalten, wie sein „Schreibstil“ war. Meine textnahe Übersetzungsweise habe ich vom ersten Buch an beibehalten, so dass Leser anderer Bücher von mir den „Vorteil“ haben, sich schon an diese Art von Text „gewöhnt“ zu haben.
Was „freie“ Übersetzungen verursachen, zeige ich hier an einigen Beispielen: https://www.gibukai.de/2017/02/15/übersetzungsprobleme-in-funakoshis-biografie/
(3) Was die Frage nach einer Signatur betrifft, so kann ich gerne etwas in das Buch schreiben, wenn bei der Buchbestellung ein entsprechender Hinweis angefügt wird. Da ich allerdings kein „Promi“ oder „Star“ bin, signiere ich meine Bücher nicht aus eigenem Antrieb heraus.
Grüße,
Henning Wittwer
Huangshan
19-06-2020, 12:51
Manchmal waren es also nur Kleinigkeiten, die mangelhaft oder falsch übersetzt zu heute weitverbreiteten Irrtümern und falschen Vorstellungen führten. In anderen Fällen sind grobe Übersetzungsfehler die Ursache dafür. Für zusätzliche Verwirrung sorgen japanische Herausgeber, die Funakoshis Originaltext kommentarlos kürzten und änderten. Ich selbst las als Jugendlicher zum ersten Mal Funakoshis deutsche Biografie. Natürlich beeinflusste sie daraufhin mein Karate-Verständnis und meine Erwartungshaltung gegenüber Karate. Ich bin überzeugt davon, dass mir eine korrekte Übersetzung einige Irrwege und Sackgassen auf "meinem Weg" des Karate erspart hätte.
https://www.gibukai.de/2017/02/15/übersetzungsprobleme-in-funakoshis-biografie/
Diese Erkenntnisse sind z.B. auch auf andere Kampfkünste übertragbar !:idea:
Hoffe, dass in der Zukunft viele Fehlübersetzungen,Fehlinterpretationen etc. aus der Welt geschaffen werden.(Kampf gegen Windmühlen)
Auch wenn ich mich wiederhole , finde es gut, dass es den Bunbu Kreis gibt!
http://www.bunbu.de
Ähnliches in deutscher Sprache würde ich mir z.B. auch für chinesische Kampfkünste wünschen!
Viel Erfolg!
Grüsse von einem ehemaligen Budoromantiker. ;)
Huangshan
Hallo,
danke für all die Rückmeldungen!
(1) Zu der Frage, ob es sich um meine Bearbeitung/Übersetzung des „Karate-Dō Nyūmon“ von G. Funakoshi handle, muss ich kurz anmerken, dass G. Funakoshi selbst nie ein Buch mit dem Titel „Karate-Dō Nyūmon“ schrieb. Dieser Titel ist im englischsprachigen Raum aufgekommen. Der ursprüngliche Titel lautet „Karate Nyūmon“ (ohne „-Dō“). Und dieses Werk übersetze ich in meiner Untersuchung vollständig aus dem Japanischen.
G. Funakoshi schrieb selbst drei Texte über die „Ten no Kata“ (bzw. war beim Schreiben beteiligt). Zwei dieser Texte sind eher knapp, teilweise bestehen sie nur aus kurzen Stichpunkten (Techniknamen und Seitenangaben o. Ä.). Der umfangreichste Text ist wie geschrieben der in meinem Buch übersetzte. In den Fußnoten lasse ich Informationen aus den anderen beiden Texten miteinfließen. In meinem Band II (S. 245 ff.) erkläre ich mehr zu den Hintergründen.
[]
Dankeschön für die ausführliche Antwort.
Grüße
Alexa
Als ehemaliger Bibliomane muß man fragen, ob diese Erstauflage auch durchnummeriert ist?
Ich fand es damals sehr nett, daß mir Harry Cook in seiner Shotokan-History von sich aus eine kurze Zeile schrieb.
Hm, ich hatte noch keinen Kaffee heute früh, bin also nicht so fit - hoffe aber, dass das alles nur ein böser Scherz ist.
Wer mehr an Belletristik interessiert ist, dem empfehle ich die deutsche Neuübersetzung der Kanazawa Biografie im Schlatt-Vlg.
Wer das bisherige, aus dem englischen stammende, Buch daneben legt, wird sehen, dass er zwei unterschiedliche Bücher vor sich hat. Es tun sich neue Welten auf.
Wie darf man das denn jetzt verstehen?!
Geht es um Kanzawas Autobiographie?
Wie darf man das denn jetzt verstehen?!
Geht es um Kanzawas Autobiographie?
Ja, genau - das "neue" Buch ist faszinierend, lebendiger.
Etwas vom Thema weg, aber dennoch passend:
Durch meine privaten Verbindungen nach Ungarn habe ich in über 40 Jahren die Sprache leidlich zu sprechen gelernt, wobei sich mein Wissen und Können auf die gesprochene Sprache der Straße und nicht auf die hochgeistige Literatur bezieht. Ein Gespräch unter Rechtsanwälten, eine Parlamentsdebatte im TV usw. bereiten mir noch immer große Probleme...
Nun bringt es das Onlinetraining in Coronazeiten mit sich, dass sich hier Deutsche und Ungarn treffen und die gemeinsame Sprache dann Englisch ist.
Englisch wiederum ist für beide Seiten eine "Fremd"sprache, man muss sich also erst hineindenken und seine muttersprachlichen Gedanken umsetzen. Das kann, muss aber nicht funktionieren.
Es passiert mir, der ich sprachlich genau dazwischen stehe, immer öfter, dass ich quasi vermitteln muss, weil das, was die eine Seite sagt, bei der anderen Seite nicht oder nur bruchstückhaft oder gar gänzlich missverstanden ankommt.
Anekdote am Rande:
Als ich meine Herzallerliebste damals erstmals via Taschenwörterbuch gefragt habe, ob sie mich heiraten will, hat sie mich ausgelacht! Kam gut an!!!
Als sie meine betroffene Reaktion sah, fing sie in ihrem Wörterbuch an zu blättern und zeigte auf eine Redewendung - nee, das war es auch nicht! Erst im dritten Anlauf hat es dann geklappt und sie verstand mich.
Soviel zum Übersetzen aus Fremdsprachen...
Übrigens: Kaffee hatte ich heut auch schon!
Als publizierender Philologe außereuropäischer Sprachen bin ich mir der Schwierigkeiten "sprachlicher Übertragungen" durchaus bewußt und kenne Fuß- und Endnoten seit sehr langen Jahren in nahezu unendlicher Zahl.
Es nicht Jedem gegeben, "flüssig" zu übersetzen.
Was den philologischen Wert seiner Arbeit aber nicht schmälert.
Motto: "So nah wie nötig, so frei wie möglich."
Hallo,
an so etwas wie eine Nummerierung der einzelnen Bücher habe ich nicht gedacht, d. h. sie sind nicht nummeriert.
Mit dem Wort „Erstauflage“ wird angedeutet, dass es eine zweite Auflage geben könnte. Niemand würde sich mehr darüber freuen, als ich selbst. Doch das kann ich mir bei diesem Buch nicht vorstellen. Inhaltlich ist es sehr spezifisch, da es, wie geschrieben, „rein technisch“ heute für eine Minderheit der Shōtōkan-Anhänger in Deutschland von Belang sein dürfte. Es hat „rein technisch“ kaum etwas mit dem Karate der JKA-Shōtōkan-Richtungen, des DKV-Karate oder „Bunkai“-Karate zu tun.
Es gibt hierzulande einige Übende des Kase-Ha Shōtōkan-Ryū, für die es von höchstem Interesse ist. Dies sind vergleichsweise wenige Karateka und nur einige von ihnen werden sich das Buch zulegen.
Hinzu werden Leser mit Interesse an korrekter Karate-Geschichte kommen, für die es ebenfalls einen hohen Wert hat, die zahlenmäßig jedoch ebenso eine „überschaubare“ Gruppe bilden.
Für Interessenten am Karate aus dem historischen Shōtōkan (1938–1945) bietet es die Möglichkeit, die Grundlagen dieses Karate in seiner Gesamtheit (d. h. nicht als bloße Ansammlung von einigen Körpertechniken) theoretisch und praktisch kennenzulernen. Denn es ist wie eine Art Karate-Lehrgang geschrieben, in denen der Lehrmeister (G. Funakoshi) sein Karate einschließlich Geschichte, Folklore, Strategie, Lehre/Philosophie und Technik vermittelt. Ich vermute, dass sich auch die Zahl dieser Interessenten in Grenzen halten dürfte.
Damit möchte ich den Wert des Buchs nicht schmälern. Im Gegenteil, für mich besitzt es einen außerordentlichen historischen, technischen und emotionalen Wert. Es handelt sich schlicht um meine nüchternen Schlussfolgerungen in Bezug auf die Zahl der zu erwartenden Leser …
Grüße,
Henning Wittwer
Katamaus
22-06-2020, 12:23
Warten wir doch mal ab. Ich kenne auch im "DKV-Karate" einige, die da gerade in einer Findungsphase sind. Die, die in der 80ern begonnen und in den 90ern Wettkämpfe betrieben haben, so wie ich, haben imho ein ziemliches Problem. Denn so langsam merken sie alle, dass dieses Karate nichts ist, mit dem man problemlos altern könnte (die, die noch früher begonnen haben, haben ja meist schon künstliche Hüften oder aufgehört - von ein paar genetisch Begnadeten mal abgesehen).
Natürlich entwickelt sich jeder in eine andere Richtung. Ein paar sind im Wettkampf geblieben und coachen jetzt Jüngere, Einige beschäftigen sich mit Kyushu. Viele üben vermehrt Bunkai mit, wie ich finde, sehr phantasievollen Interpretationen, usw. usw. Insgesamt habe ich das Gefühl, dass sich das Ganze gegenüber früher viel stärker aufsplittert. Kein Wunder, nachdem kein wirkliches Oberhaupt da ist, gibt es so ab 2./3. Dan nur noch sehr individuelle Möglichkeiten der Weiterbildung oder man sucht sich irgendeinen Lehrer, der einem liegt (was natürlich nichts Schlechtes ist).
Gerade vor diesem Hintergrund ist für Leute wie mich (und ich kenne da auch noch einige andere), die sich da nirgendwo so richtig wiederfinden, die Arbeit von Henning und natürlich auch allen anderen, die in diesem Kontext unterwegs sind, enorm hilfreich. Wenn man nicht weiß, wohin es so genau gehen soll, ist es ja keine schlechte Idee, zunächst mal seinen Standort zu bestimmen.
Ob es dann für richtig große Auflagen reicht, weiß ich natürlich auch nicht und ich teile eine gewisse Skepsis. Aber etwa optimistischer bin ich da schon.
Hallo,
an so etwas wie eine Nummerierung der einzelnen Bücher habe ich nicht gedacht, d. h. sie sind nicht nummeriert.
Mit dem Wort „Erstauflage“ wird angedeutet, dass es eine zweite Auflage geben könnte. Niemand würde sich mehr darüber freuen, als ich selbst. Doch das kann ich mir bei diesem Buch nicht vorstellen. Inhaltlich ist es sehr spezifisch, da es, wie geschrieben, „rein technisch“ heute für eine Minderheit der Shōtōkan-Anhänger in Deutschland von Belang sein dürfte. Es hat „rein technisch“ kaum etwas mit dem Karate der JKA-Shōtōkan-Richtungen, des DKV-Karate oder „Bunkai“-Karate zu tun.
Es gibt hierzulande einige Übende des Kase-Ha Shōtōkan-Ryū, für die es von höchstem Interesse ist. Dies sind vergleichsweise wenige Karateka und nur einige von ihnen werden sich das Buch zulegen.
Hinzu werden Leser mit Interesse an korrekter Karate-Geschichte kommen, für die es ebenfalls einen hohen Wert hat, die zahlenmäßig jedoch ebenso eine „überschaubare“ Gruppe bilden.
Für Interessenten am Karate aus dem historischen Shōtōkan (1938–1945) bietet es die Möglichkeit, die Grundlagen dieses Karate in seiner Gesamtheit (d. h. nicht als bloße Ansammlung von einigen Körpertechniken) theoretisch und praktisch kennenzulernen. Denn es ist wie eine Art Karate-Lehrgang geschrieben, in denen der Lehrmeister (G. Funakoshi) sein Karate einschließlich Geschichte, Folklore, Strategie, Lehre/Philosophie und Technik vermittelt. Ich vermute, dass sich auch die Zahl dieser Interessenten in Grenzen halten dürfte.
Damit möchte ich den Wert des Buchs nicht schmälern. Im Gegenteil, für mich besitzt es einen außerordentlichen historischen, technischen und emotionalen Wert. Es handelt sich schlicht um meine nüchternen Schlussfolgerungen in Bezug auf die Zahl der zu erwartenden Leser …
Grüße,
Henning Wittwer
domo arigato ... oder so.
Man verzeihe mir den Begriff, aber durch diese Form der Publikationsmöglichkeit können "Amateurwissenschaftler" ihr Wissen mit anderen teilen.
Welcher Verlag würde denn solch ein Buch eines Autors "ohne Namen" veröffentlichen?
Dennoch entstehen Kosten und die müssen eben irgendwie gedeckt werden.
Ob das hier im "Eigenverlag" oder wie bei anderen z.B. via Lulu.com geschieht, ist mir egal, es ist es mir wert, dafür den entsprechenden Preis zu bezahlen.
Nebenbei führen wir gerade eine Diskussion über Fleischpreise in D. Hier kann man sehen, was ein Buch wirklich wert ist!
Katamaus
24-06-2020, 12:26
Ich hoffe einfach auf eine Fortsetzung in Form des Kyohan.
Mit!
Ich hoffe einfach auf eine Fortsetzung in Form des Kyohan.
Hallo zusammen,
es wird eine deutschsprachige Übersetzung des "Karate-dô Kyôhan" gegeben. Es ist schon seit längerer Zeit in Bearbeitung. Henning ist an dem Werk jedoch nicht beteiligt. Es gibt sogar schon seit einiger Zeit eine FB-Seite, die das Buch bewirbt...
https://www.facebook.com/Karatedo.Kyohan/
Und weiter hört man so, dass es auch bald eine englischsprachige Biographie über Itosu Ankô geben soll... und noch weiter weg hört man, dass eine Nachfahrin von Higaonna Kanryô in Deutschland lebt und sich hier sehr wohl fühlt.
JustMy2Cents
Sehr interessant.
Bitte Bescheid geben, wenn das Buch erscheint.
Hallo,
was das „Kyōhan“ betrifft, so habe ich eine Zusammenarbeit mit dem oben verlinkten Projekt abgelehnt.
Verschiedene Textstellen aus den Ausgaben des „Kyōhan“ finden sich übrigens übersetzt und erläutert in meinen Shōtōkan-Bänden.
Vielleicht noch eine Bemerkung zum Verhältnis beider Bücher. Während im „Kyōhan“ aus technischem Blickwinkel vor allem viele Abläufe von Solo- und Partnerformen zu finden sind, enthält die von mir übersetzte „Einführung in das Karate“ nur eine Solo- und Partnerform, dafür aber im Gegensatz zum „Kyōhan“ sehr detaillierte Darstellungen der technischen Grundlagen, d. h. Darstellungen vom „Wie“ der Ausführung und der Erzeugung von Wirksamkeit („Körpermechanik“, „Körpereinsatz“).
Grüße,
Henning Wittwer
Hallo Henning
Was hältst Du von der (englischen) Neu-Übersetzung des Kyōhan von Neptune Publications, Übersetzerin Harumi Suzuki-Johnston? (neu im Vergleich zu der schon seit meiner Karate-Frühzeit erhältlichen Ausgabe von Kondansha). Ist ja zumindest insofern umfassender als die Kondansha-Ausgabe, als dass z.B. auch Würfe beschrieben sind...leider kann ich mangels Japanischkenntnissen die Qualität der Übersetzung sonst nicht beurteilen.
Danke
Andreas
Hallo Andreas,
meine erste Rückfrage wäre, mit welchem Ziel Du das Buch lesen und nutzen möchtest. T. Ōshima (geb. 1930) übersetzte grundsätzlich die 1956 fertiggestellte Neufassung des „Kyōhan“ von G. Funakoshi und H. Suzuki-Johnston übersetzte eine Neuauflage aus den 1980er Jahren (wobei als Werbelüge behauptet wird, dass es die Ausgabe von 1935 sei). In der 1956er Ausgabe fehlen technische Anleitungen zu den Würfen, aber T. Ōshima ergänzte in seiner Übersetzung verschiedene Passagen aus den früheren Ausgaben. D. h. er stellt ebenfalls die neun Würfe (und weiteres Material) von 1935 vor. Zusätzlich stellte er teilweise technische Vergleiche bei den Kata-Ausführungen an (1935er, 1956er oder Waseda-Karate-Klub-Ausführungen).
Der Hauptunterschied besteht zunächst in den verwendeten Fotos. In der 1935er und der Suzuki-Johnston-Ausgabe ist hauptsächlich G. Funakoshi selbst zu sehen, 1956 hauptsächlich S. Egami (1912–1981) und in der Ōshima-Ausgabe hauptsächlich T. Ōshima. Bildtechnisch ist letztere am umfangreichsten. Deswegen und weil deren Kata-Ausführung der in meiner Minigruppe zumindest nahekommt, empfehle ich sie in meiner Minigruppe als Gedankenstütze, wenn mich jemand fragt.
Wenn mich jemand nach den historischen Originalfotos von G. Funakoshi und englischem Text dazu fragt, ist meine logische Antwort die Suzuki-Johnston-Ausgabe.
Die Qualität der Übersetzungen ist in beiden Fällen auf „Lesbarkeit“, also Absatzzahlen gebürstet. Das führte u. a. zu einigen „Vereinfachungen“ und freien Interpretationen. In beiden Fassungen bin ich über echte Übersetzungs-, Transkriptions- und Verständnisfehler gestolpert. Einige Fehler lassen sich durch mangelnde Fachkenntnis („Karate-Lehre nach G. Funakoshi“ u. Ä.) erklären, andere Fehler sind schlicht sprachlicher Natur (oder im „günstigeren“ Fall Tippfehler). Nochmal: das betrifft beide englischen Fassungen.
T. Ōshima liefert einige Fußnoten mit (vor allem zu technischen Punkten), während H. Suzuki-Johnston nur ein oder zwei Anmerkungen hinzufügt. Meiner Ansicht nach ist das nicht hilfreich, wenn es um die Betrachtung einer historischen Quelle gehen soll. Im Gegenteil, es führt schnell zu Fehlinterpretationen seitens der Leserschaft, die ohne Erklärungen eigene Erklärungen für teilweise sehr knappe Aussagen im Buch finden muss (was problematisch sein kann).
Also falls es Dir um eine Fassung mit G. Funakoshi auf vielen Fotos und um zeitliche Nähe zur Erstausgabe von 1935 gehen sollte, dann wäre die Suzuki-Johnston-Ausgabe unter den genannten Vorbehalten folgerichtige Ausgabe …
Grüße,
Henning Wittwer
Danke für die ausführliche Antwort!
Hallo Henning,
wie schätzt du das Buch "Karate Nyûmon" in Bezug auf den jap. Militarismus/Nationalismus ein? Du schreibst selbst auf Seite 221, dass das Buch von der "Kokubô Budô Kyôkai" herausgegeben wurde. In Bezug auf das Jûdô lassen sich mehrere starke Parallelen zum Militarismus finden.
Siehst du diese auch beim Shôtôkan und gar beim "Karate Nyûmon" das zu Kriegszeiten publiziert wurden?
Gruss
Sukoshi
Hallo,
G. Funakoshi veröffentlichte seine „Einführung in das Karate“ 1943, also mitten im Zweiten Weltkrieg, in den Japan u. a. unter dem Motto der Befreiung von den Kolonialmächten und der Schaffung einer neuen asiatischen Ordnung, die frei von westlicher Vorherrschaft ist, eintrat. Beim aufmerksamen Lesen dieses Buchs fällt jedoch auf, dass es nüchtern betrachtet als „Karate-Lehrbuch“ verfasst wurde und keine Propaganda in Richtung Militarismus enthält. Verweise auf den Kaiser oder Selbstaufopferung fehlen ebenso wie Vorworte von japanischen Militärs, Politikern u. Ä.
Da es sich um eine Kampfkunst handelt und nicht etwa um eine Kochkunst, geht es im Buch selbstverständlich um den Umgang mit Konflikten und Gewalt, nicht um Kochrezepte oder „Friede, Freude, Eierkuchen“. Aber im Buch wird Karate als „Selbstschutz“ beschrieben, bei dem u. a. „Heißblütigkeit“ fehl am Platze ist. Das steht im deutlichen Widerspruch zur Kriegspropaganda, sich jederzeit und ohne zu zögern für die Nation (bzw. den Kaiser) selbst zu opfern.
Funakoshi nennt sein Heimatland Japan im Buch „Nation vom ersten Rang in der Welt“, um darauf hinzuweisen, dass es unpassend ist, den Namen „Karate“ in der Schreibweise „chinesische Hand“ zu nutzen. Denn Karate ist für ihn selbst als echte Karate-Verkörperung eine eigenständige okinawanische/japanische Kampfkunst, keine „chinesische Kampfkunst“ (was er im Buch auch kurz aus historischer, technischer und methodischer Sicht begründet). Daraus könnte abgeleitet werden, dass er sein Heimatland „liebt“ oder stolz darauf ist. Vor allem aber geht es ihm in diesem Zusammenhang jedoch um den Stolz auf sein Karate, das er nicht als „Abklatsch“ oder unverändert übernommene Praxis einer chinesischen Kampfkunst missverstanden haben möchte. D. h. er ist stolz auf die Kampfkunst aus seiner Heimat Okinawa, die er von seinen okinawanischen Lehrern gelernt hat und nun in Tōkyō lehrt.
Der Name des Verlags selbst hat in diesem Zusammenhang wenig Gewicht. Also vom Namen des Verlags den Rückschluss zu ziehen, dass G. Funakoshis „Einführung in das Karate“ ein militaristisches bzw. nationalistisches Werk sei, wäre schlicht verfehlt. G. Funakoshi veröffentlichte wirklich viele Texte bei unterschiedlichsten Verlagen. Dieser Verlag war gewissermaßen nur einer unter vielen, der aber im Unterschied zu anderen Verlagen auf das Thema Kampfkunst spezialisiert war. Zuvor hatte er in der von diesem Verlag herausgebrachten Zeitschrift bereits zwei Artikel veröffentlicht, in denen er sein Karate vorstellt und erklärt, ebenfalls ohne militaristische Propaganda. Beide Artikel übersetze ich in Band III (https://www.gibukai.de/buch-shop/shōtōkan-überlieferte-texte-historische-untersuchungen-band-iii/) (ab S. 64).
Hinzu kommt folgendes Detail: Derselbe Verlag brachte andere Kampfkunstbücher heraus und deren Verfasser traten z. T. mit dem Verweis auf den Dai Nippon Butokukai, einer zu diesem Zeitpunkt quasi staatlichen Kampfkunstorganisation, auf. G. Funakoshi hingegen veröffentlichte sein Buch als „Shōtōkan Shihan“, nicht als „Butokukai Karate-Jutsu Renshi“ (ein Titel, den er und einige seiner Schüler Jahre zuvor aufgedrückt bekamen). Damit grenzte er sich selbst und sein Karate deutlich von dieser und anderen Organisationen ab. Dieses Detail steht im Einklang mit anderen seiner Handlungen, die stets die Eigenständigkeit (Unabhängigkeit) seines Karate betonten.
G. Funakoshis Karate und sein Shōtōkan waren in jener Zeit anders als Jūdō oder auch Kendō und insbesondere Juken-Jutsu (Bajonettkampf) Privatangelegenheiten. Jūdō und Kendō hingegen waren seit 1931 Pflichtfächer für Jungen an japanischen Schulen (Juken-Jutsu wurde 1937 ein Schulfach) und konnten so auch für militaristische Zwecke genutzt werden. Letztere wurden auf diese Weise staatlich gefördert. Karate hingegen wurde über private Mitgliedsbeiträge am Laufen gehalten. Der Shōtōkan hatte mit roten Zahlen zu kämpfen, die G. Funakoshis Sohn, Y. Funakoshi (1906–1945), durch sein Gehalt von seiner „richtigen“ Arbeit als Röntgentechniker ausbessern musste. Im Shōtōkan selbst gab es keine politische Agenda, sondern verschiedene private Mitglieder mit verschiedenen privaten Meinungen.
Karate-Arbeitsgemeinschaften an Universitäten (Karate-Klubs) und Lehrtätigkeiten an anderen Schulen, u. a. auch an ein paar Militärschulen, denen G. Funakoshi und einige Mitglieder des Shōtōkan nachgingen, sollten in dem Zusammenhang nicht mit der Tatsache, dass Jūdō ein Pflichtfach an japanischen Schulen war, gleichgesetzt oder verwechselt werden. G. Funakoshis Interesse bestand darin, sein Karate bekannt zu machen und zu verbreiten. Und zum Erreichen dieses Ziels unterstützte er derartige Arbeitsgemeinschaften, die es aber nicht nur an Bildungseinrichtungen, sondern auch in kulturellen und betrieblichen Einrichtungen gab. In seinem Unterricht ging es primär um die Vermittlung seines Karate.
Dieses Bekanntmachen, Verbreiten und Vermitteln seines Karate geschieht auf außergewöhnlich vollständige Weise in seiner „Einführung in das Karate“, da er darin sein Karate, wie schon erwähnt, eben nicht als bloße Technikansammlung darstellt. Wer das Buch liest, versteht, weshalb das, was heutzutage vielerorts als „Karate“ betrieben wird, kaum etwas mit dem Karate von G. Funakoshi, wie er es in seinem Shōtōkan zusammen mit seinem Sohn ausübte und lebte, zu tun hat.
Grüße,
Henning Wittwer
Dankeschön für diesen Beitrag.
Grüße
Alexa
Interessant ist doch aber die Frage, inwieweit das Karate vom japanischen Militär in dieser Zeit vereinnahmt wurde?
Oder was so manche Karateka beim Militär so getrieben haben?
karate_Fan
07-07-2020, 08:36
War es nicht so, dass man sich ganz besonders in der Nakano Schule für Karate als Nahkampmethode interssiert hat, nachdem es vorher mit Aikido probiert hat was nicht besonders gut geklappt hat? Glaube Funakoshi Yoshitaka und Egami wurden da als Instruktoren eingesetzt?
In wie fern Funakoshi Senior an dem Programm beteiligt war und ob er gebilligt hat oder nicht, ist aber eine wirklich interessante Frage.
FireFlea
07-07-2020, 11:26
In Hennings erstem Buch ist das auf 1-2 Seiten erwähnt. Yoshitaka, Egami und Okuyama haben an der Nakano Schule unterrichtet und möglw. die Wirksamkeit der Techniken an Kriegsgefangenen erprobt - diese Erkenntnisse wurden dann in die Lehre übernommen.
Ich denke man kann schwer davon ausgehen, dass Funakoshi Sr. den Unterricht an der Nakano Schule gebilligt hat und seine führenden Schüler nicht einfach von selbst dort unterrichtet haben.
Hallo,
richtig, die Nakano-Schule für Militär gehörte zu den Militärschulen, an denen Mitglieder des Shōtōkan Karate-Unterricht gaben. S. Egami (1912–1981) und T. Okuyama (1918–2006) waren dort nacheinander als Lehrkräfte beschäftigt. Ein, zwei Karateka aus dem Shōtōkan, die in jener Zeit ihren Militärdienst leisteten, wurden auch an diese Schule versetzt, um dort in der Verwaltung u. ä. zu arbeiten. In Band I (https://www.gibukai.de/buch-shop/shōtōkan-überlieferte-texte-historische-untersuchungen-band-i/), S. 162 f. und S. 171 f., schreibe ich ein wenig über den dortigen Karate-Unterricht und den Einfluss, den dieser Unterricht damals auf die technische Entwicklung des Shōtōkan-Ryū hatte (Ausführlicheres soll meinerseits „irgendwann“ folgen). G. Funakoshi selbst wurde wohl von seinen Schülern abgeraten, diese Lehrstelle anzunehmen.
Die Frage nach einer Vereinnahmung von Karate durch das Militär ist schwierig, weil es kein einheitliches Karate, dafür aber verschiede militärische Einrichtungen gab. Für eine Arbeit von mir, die ich „irgendwann“ mal veröffentlichen möchte, vergleiche ich die technischen Inhalte einer waffenlosen Kampfform, die an einer der Militärschulen gelehrt wurde, mit G. Funakoshis Karate und zeige, dass es sich um eine Art vereinfachte Nachahmung handelt, die nicht mehr als „Karate“ bezeichnet wird. An der Nakano-Schule war Karate rein von der Unterrichtszeit her sehr begrenzt und wurde nur echten Karate-Lehrern geleitet, so dass es nicht „vereinnahmt“ werden konnte.
Beim Militär selbst starben viele Karateka im Einsatz, worüber G. Funakoshi, aber auch einige Schüler von ihm klagten. D. h. sie fanden es nicht berauschend oder heldenhaft … Ein Karateka und Schüler von G. Funakoshi, der an der Nakano-Schule für Militär arbeitete, erhielt nach dem Krieg einen Orden einer ausländischen Regierung, weil er eine Truppe ausgebildet hatte, die dafür sorgte, dass die Kolonialherrschaft in ihrem Land beendet wurde. Andere, die dort als Karate-Lehrkräfte arbeiteten, waren in ihrem Training nicht zimperlich … Mit anderen Worten sind Pauschalaussagen zu dieser Frage nicht möglich.
Grüße,
Henning Wittwer
karate_Fan
07-07-2020, 13:08
Vielen Dank für deine ausführliche Antwort Gibukai. Freue mich auch schon au die Veröffentlichung deines Artikels irgendwann in der Zukunft.
Was das militärische Karate während des zweiten Weltkrieges betrifft gibt es ja hier im KKB einen alten Faden
https://www.kampfkunst-board.info/forum/showthread.php?107811-ww2-karate
wo auch die Trainingsmethoden beschrieben wurden.
Ging damals echt nicht zimperlich zu, wie Gibukai ja schon gesagt hat.
nicht zimperlich? wohl eher Menschenverachtend.....
Oder wie sagte mal ein bekannter japanischer JKA-Instructor:
"[In Karate] there is no philosophy at all. You just have to kill somebody!"
Huangshan
08-07-2020, 20:07
War die Nakano (陸軍中野学校, Rikugun Nakano Gakkō) Schule nicht für die Ausbildung u.a. von Spionen zuständig ?
Hallo,
ja, u. a. ging es an dieser Schule auch um Spionage. Wie geschrieben umreiße ich diese Hintergründe kurz in Band I. In G. Funakoshis "Einführung in das Karate" von 1943, um das es hier geht, wird diese Schule nicht thematisiert.
Grüße,
Henning Wittwer
Huangshan
09-07-2020, 09:13
gibukai:
Danke für die Antwort, ein interessantes Thema das bereits von anderen dargestellt wurde.
Inwieweit Karate als Nahkampf Ausbildung der Agenten gelehrt wurde?
Fujita Seiko der sog. letzte Shinobi(Ninja) hat u.a. an der Schule gelehrt.
karate_Fan
09-07-2020, 09:31
@Huangshan im von mir verlinkten WW2 Karate Thread wurde die Ausbildung ja etwas erklärt. Denke aber das man dort eher Sabotage Einheiten ausbildet hat und keine klassische Agenten die im Feindesland verdeckt operieren und die Leute ausspionieren. Da gibt es eher darum auf de Schlachtfeld verborgen zu bleiben und dem Feind aus dem Hinterhalt zu attackieren.
So schlecht war die Ausbildung wohl nicht, wenn man die Taten von einem Absolventen dieser Schule bedenkt.
https://en.wikipedia.org/wiki/Hiroo_Onoda
PS: Das mit Fujita klingt ja spannend. Muss in der Richtung mal forschen, was der dort angeblich unterrichtet hat. Ueshiba sollte angeblich auch auf der Nakono Schule unterrichten, was aber nicht so geklappt hat.
Eskrima-Düsseldorf
09-07-2020, 10:10
@Huangshan im von mir verlinkten WW2 Karate Thread wurde die Ausbildung ja etwas erklärt. Denke aber das man dort eher Sabotage Einheiten ausbildet hat und keine klassische Agenten die im Feindesland verdeckt operieren und die Leute ausspionieren. Da gibt es eher darum auf de Schlachtfeld verborgen zu bleiben und dem Feind aus dem Hinterhalt zu attackieren.
So schlecht war die Ausbildung wohl nicht, wenn man die Taten von einem Absolventen dieser Schule bedenkt.
https://en.wikipedia.org/wiki/Hiroo_Onoda
PS: Das mit Fujita klingt ja spannend. Muss in der Richtung mal forschen, was der dort angeblich unterrichtet hat. Ueshiba sollte angeblich auch auf der Nakono Schule unterrichten, was aber nicht so geklappt hat.
Ich finde es bedenklich, das Figuren wie Onoda zu solchen "Helden" hochstilisiert werden. Stell Dir eine Geschichte über einen Offizier der Waffen-SS vor, der noch bis in die 70er Jahre "im Baltikum ausgehalten" hätte oder ähnliches.
karate_Fan
09-07-2020, 10:36
Bedenklich? Nicht wirklich. Es wird über seine Taten berichtet und gut ist. Und warum sollte man seine Taten nicht erwähnen wenn es um die Nakano Schule geht das war doch recht einzigartig. Das zu verschweigen nur weil er auf der falschen Seite eines Krieges war finde ich nicht richtig.
Die Amerikaner schämen sich auch nicht Typen wie Paul Tibbets und manche halten ihn für einen Helden. Tibetts ist wohl im Vegleich zu Oneda der größere Verbrecher, nur zufälligerweise war er auf der "richtigen" Seite des Krieges und daher ist nicht so schlimm, dass die Zivilbevölkerung von Nagasaki platt gemacht.
Merke: Krieg ist sch*** und bringt Monster hervor. Wie einen die Nachwelt sieht hängt nur davon ab auf welcher Seite du stehst.
Das hat angeblich sogar Curtis LeMay selbst gesagt. Das er als Kriegsverbrecher geendet wäre, hätten die Amerikaner den Krieg verloren.
Aber das Thema sollte jetzt nicht zu politisch werden.
@Mods Wenn der Post zu zweit gegangen ist, bitte löschen. Und bitte bereits im Vorfeld um Entschuldigung.
War es nicht so, dass man sich ganz besonders in der Nakano Schule für Karate als Nahkampmethode interssiert hat, nachdem es vorher mit Aikido probiert hat was nicht besonders gut geklappt hat? Glaube Funakoshi Yoshitaka und Egami wurden da als Instruktoren eingesetzt?
Okuyama Tadao, Shigeru Egami und ein dritter.
Von Okuyama wird berichtet, dass er angeblich Karatetechiken an gefesselten Gefangengen getestet hat.
Was Aikido angeht, so kann man wohl davon ausgehen dass das, was Ueshiba in der Nakano spyschool unterrichtet hat kein Aikido war, jedenfalls nicht was heute als Aikido bekannt ist.
Ein ehemaliger Leiter der Schule der bei einer Aikido-Vorführung in den 50er Jahren zuschaute, meinte wohl, Ueshiba habe dort ganz was anderes unterrichtet:
"Hmmm. So this is aikido? This is aikido? Hmmm." Upon asking the old man who he was, he replied that he was the former head of the school. When asked what Ueshiba taught, he replied that he would just grab people, smash them to the ground and then teach how to kill them quickly.
(Zitat von Ellis Amdur, aus einem Interview mit Yoshio Kuroiwa)
...
@Mods Wenn der Post zu zweit gegangen ist, bitte löschen. Und bitte bereits im Vorfeld um Entschuldigung.
Bin kein Mod, aber das war, aus meiner Sicht, doch weder politisch noch zu weit.
Liebe Grüße
DatOlli
Kann ein Mod bitte ab Beitrag #39 den Faden teilen und ein neues Thema erstellen. Wir bewegen uns nämlich ziemlich weit weg vom ursprünglichen Thema.
Huangshan
09-07-2020, 12:46
Karate fan:
Danke für die Info.
Nun es gab einige jap. Kampfkünstler die sich während des II WK nicht gerade mit Ruhm bekleckert haben.
In republikanischen China gab es ähnliche Bemühungen Kampfkünste innerhalb des Militärs ,Milizen,Bevölkerung etc. zu lehren. (siehe Whampoa-Militärakademie,Chin Woo Vereinigung etc.)
Man sollte solche Geschichten objektiv betrachten und sie nicht heroisieren aber auch nicht verschweigen.
Hallo,
als kurzes Update: Mittlerweile sind achtzig der hundert Bücher weg. Danke dafür an alle Käufer und Leser!
Grüße,
Henning Wittwer
Hallo,
als ich heute andernorts auf das Erscheinen der englischen Ausgabe (https://www.amazon.com/dp/B0BTDB7KT5/) meines Buchs hinwies, kam die Frage auf, ob sie sich von der deutschen Fassung unterscheidet.
Inhaltlich handelt es sich um ein und dasselbe Werk. D. h. der einzige Unterschied besteht in der Sprache. Leser der deutschen Ausgabe verpassen also nichts, wenn sie die englische Fassung nicht erwerben. Ein paar Fußnoten habe ich an die englischsprachige Leserschaft angepasst.
Dank der limitierten Auflage des deutschen Buchs sind Druck, Papierqualität und Bindung (Fadenheftung) hochwertiger. Auch die englische Fassung ist ein ordentlicher Festeinband, aber bei der Bindung handelt es sich eine günstigere Klebebindung.
Grüße,
Henning Wittwer
Hallo,
heute wurde das letzte Exemplar meiner deutschen Übersetzung von G. Funakoshis „Karate Nyūmon“ von 1943 bestellt.
Ich möchte mich bei allen Lesern, die durch ihren Kauf zur Verwirklichung dieses wichtigen Buchvorhabens beigetragen haben, herzlich bedanken!
(Alle anderen Bücher von mir sind weiterhin hier erhältlich: https://www.gibukai.de/buch-shop/)
Grüße,
Henning Wittwer
Hallo,
die englische Fassung wird von einem spanischen Karateka in diesem Video vorgestellt:
https://www.youtube.com/watch?v=8srO0Zg2alo
Im Video können englische Untertitel angezeigt werden.
Es ist, glaube ich, das erste Buch von mir, das es in einen Youtube-Film geschafft hat ...
Grüße,
Henning Wittwer
Hallo,
Im Video können englische Untertitel angezeigt werden.
Oder auch deutsche. :)
Katamaus
09-12-2024, 18:05
Bravo Henning! Well deserved.
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