Vollständige Version anzeigen : Stehe zwischen Aikido, Karate, Iaido und Ju Jutsu
Guten Abend allerseits,
ich hoffe, ich bin mit meiner Frage hier richtig.
Ich habe in der Vergangenheit immer wieder versucht, eine Kampfkunst zu erlernen (Karate, Wing Chun, Kung Fu, aber nach kurzer Zeit aufgegeben. Wieso? Nun, bei Karate und Kung Fu war es so, dass der Kurs sehr voll war. Damals bei Karate in den 90er war eine komplette Sporthalle gefüllt mit Schülern. Man versuchte dann das nachzumachen, was vorne gezeigt wurde und es gingen auch Trainer durch die Reihen, um zu schauen, ob man es richtig macht. Aber irgendwie kam ich nicht richtig mit und mir fehlte quasi Lehrmaterial, damit ich die Übungen auch zuhause nachmachen kann, um sie mir einzuprägen. Schnell kaufte ich mir daher entsprechende Lehrbücher, quasi als Stütze zum Kurs, aber alleine klappte das dann auch nicht richtig. Bei Kung Fu erging es mir ähnlich. Schnell ließ die Motivation nach, da ich einfach nicht wußte, was ich da eigentlich mache und ob ich es richtig mache. Mir fehlte aufgrund der Größe des Kurses einfach der engere Kontakt zum Lehrer.
Vor einigen Jahren entdeckte ich dann einen Kampfsport, der mir wahnsinnigen Spaß machte und mir im Gegensatz zu meinen bisherigen Erfahrungen "leicht" fiel: Kendo. Leider musste ich umziehen und in meiner Stadt gibt es kein Kendo-Angebot. Ein paar Städte weiter zwar schon, aber ich kriege das leider mit meinen Arbeitszeiten nicht hin. Eine Weile dachte ich, ich könnte Kendo zuhause weiterüben, aber alleine macht es dann doch nicht wirklich Spaß.
Ich habe daher mal geschaut, was in meiner Stadt angeboten wird und von den Trainingszeiten zu meinen Arbeitszeiten passen würde.
Zur Auswahl stehen: Ju Jutsu, Aikido, Iaido und Karate (S.O.H.F. – Verband).
Ich gehe mal auf die Fragen aus dem Strang "Wie finde ich die richtige Kampfkunst für mich" ein.
Wie wichtig ist dir Selbstverteidigung?
Sagen wir es mal so, ich möchte keine Fantasie-Kampfkunst lernen. Denn dann hätte ich in meiner Stadt auch Haidong Gumdo machen können. Dort war ich auch zum Probetraining und als Kendoka musste ich ständig den Kopf schütteln. Sieht gut aus, wie aus einem Star Wars Film, aber auf einem echten Schlachtfeld wäre ein solcher Kämpfer sofort erledigt gewesen. Mir ist schon klar, dass in einer echten Situation eine Kampfkunst sich nur bedingt bewähren kann, von Schwertkampf mal ganz abgesehen, aber ich möchte zumindest das Gefühl haben, dass ich da was handfestes lerne. Ich hoffe, ihr versteht wie ich das meine.
Wie wichtig ist dir Wettkampf?
Ist für mich nicht entscheidend. Aber ich möchte im Training ein gutes Sparring. Ich habe das beim Kendo geliebt. So wäre ich z. B. an Aikido interessiert, aber ich habe zum einen gelesen, dass es dort kein richtiges Sparring gibt und zum anderen mir etliche Trainingsvideos auf Youtube angesehen, und dort wurde zwar gekämpft, aber diese Kämpfe hatten mehr etwas von Ballett oder einer eingeübten Choreographie als einem Kräftemessen. Wenn aber letzteres fehlt, wie kann ich dann fühlen, dass ich diese Kampfkunst anwenden kann?
Wie wichtig ist dir spirituelle Entwicklung/Philosophie?
Ich war sehr angetan von der Etikette im Kendo und habe davon auch viel in mein Leben übernommen. Daher kann ich auch mit wohlmöglich geeigneteren Kampfsportarten zur Selbstverteidigung wie Kickboxen oder Krav Maga leider nichts anfangen. Es gibt bei mir einfach eine starke Neigung zur japanischen Kultur. Dies mag ein sehr eingeengter Blick sein, aber so ist es nun einmal. Die Japaner haben da ein gutes Marketing betrieben :) und ich bin mit den Karate Kid und Samurai Filmen groß geworden. ;)
Wie wichtig ist dir Ästhetik/schöne Bewegung?
Einer der Gründe, weshalb z. B. Judo oder Brazilian Jiu-Jitsu bei mir ausgeschieden sind ist die, laienhaft ausgesprochen, starke Bodenfixierung in diesen Kampfsportarten. Das ist nicht so meines. Kata wäre für mich wichtig. Ju Jutsu scheint interessant zu sein, aber wenn ich das richtig sehe, spielt dort Kata leider eine untergeordnete Rolle?
Wie wichtig ist es dir, den Umgang mit Waffen erlernen?
Ich bin seit ich erwachsen bin nie wieder in eine Schlägerei geraten. Brenzlige Situationen schon, aber durch mein dominantes Auftreten, vielleicht auch die Muskeln vom Kraftsport :D, konnte ich die eigentlich immer deeskalieren. Deswegen hatte ich kein Problem Kendo zu lernen, obwohl ja der Nutzen betreffs Selbstverteidigung gleich null ist. Aufgrund von Kendo gibt es auch ein Interesse meinerseits an Iaido. Aber soweit ich das sehe, und vielleicht können mich jene, die es praktizieren hier eines besseren belehren, liegt der Fokus leider nicht auf dem Kämpfen, sondern um die Kunst des Schwertziehens und imaginäre Gegner mit schnellen Hieben zur Strecke zu bringen. Das klingt jetzt nicht sehr spannend, wenn man den Action-Teil von Kendo liebte.
Scheust du dich vor Körperkontakt?
Nein, der ist mir auch wichtig. Das Kräftemessen, sich selber, seine Stärken und Schwächen im Kampf zu spüren hat mir ja bei Kendo so sehr gefallen.
Hast du irgendwelche Gelenk-, Rücken- oder Atemprobleme?
Nein.
Wie stehst du in Bezug auf Schlaghärte?
Darf schon wehtun ;)
Ich muss auch ehrlich sein, 100 Prozent reißen mich weder Ju Jutsu, Aikido, Iaido oder Karate vom Hocker. Aber ich kann eben die Situation nicht ändern, dass ich Kendo nicht praktizieren kann, also muss ich mich eben der Situation anpassen oder noch ein Jahr vertrödeln, indem ich Kendo nachheule.
Bzgl. Karate bin ich eben noch geprägt durch meine Jugenderfahrung. Ich tue mich schwer mit großen Kursen, da ich dort das Gefühl habe, unterzugehen. Auch wollte ich euch fragen, was es mit dem Verband S.O.H.F. auf sich hat, ist das ein normaler Karate-Verband?
Meine Bedenken als Laie
- hinsichtlich Ju Jutsu ist, dass es zu wenig traditionelle Elemente und Kata hat,
- hinsichtlich Aikido, dass es eher wie einstudiert ohne tatsächlichen Realitätsbezug aussieht,
- und hinsichtlich Iaido, dass der tatsächliche Kampf hier zu kurz kommt.
Ich habe mich in den letzten Wochen als Gast durch das Forum gelesen und muss auch sagen, dass gerade in den Strängen zur jeweiligen Kampfkunst hier diese auch immer wieder sehr schlecht geredet wurde was ihre Effektivität anbetrifft. Am Ende entstand bei mir der Eindruck, am besten wäre es, Boxen zu gehen, was aber eben nicht meines ist.
Klar, ihr könntet mir sagen, mach doch einfach bei deiner Auswahl jeweils ein Probetraining. Das werde ich auch noch tun. Aber auch ein Probetraining ist nur ein Ausschnitt und sagt mir eben nicht, ob Ju Jutsu mehr als nur reine Selbstverteidigung ist, ob Aikido langfristig doch effektiv ist, ob Iaido mehr ist als nur schnell den imaginären Gegner zu erledigen. Und weil ich eben Laie bin und hoffe, mit meinen Annahmen keinem von euch auf die Füße getreten zu sein, möchte ich einfach um euren Rat und euren Einblick bitten. Dies würde mir zwecks der Orientierung sehr helfen.
Sorry, ich weiß leider nicht, warum die Umlaute falsch dargestellt werden im Post....
Bücherwurm
05-09-2020, 20:01
Guten Abend allerseits,
ich hoffe, ich bin mit meiner Frage hier richtig.
Klar. Mit solchen Fragen kennen wir uns hier aus.
Barbecue
05-09-2020, 20:20
Sorry, ich weiß leider nicht, warum die Umlaute falsch dargestellt werden im Post....
Das Frage ich mich auch immer....
Barbecue
05-09-2020, 20:25
Naja, wenn du Kendo gemacht hast, passt doch am meisten Iaido?
Falls du zu Waffenloser KK wechsel willst, ist vielleicht Karate am nächsten, auch Japanisch, ähnlich wie das Kendo auf einen Treffer ausgelegt. (Mich bitte jetzt nicht zerreisen, habe nie japanische KKs trainiert...)
Guten Abend allerseits,
ich hoffe, ich bin mit meiner Frage hier richtig.
Ich habe in der Vergangenheit immer wieder versucht, eine Kampfkunst zu erlernen (Karate, Wing Chun, Kung Fu, aber nach kurzer Zeit aufgegeben. Wieso? Nun, bei Karate und Kung Fu war es so, dass der Kurs sehr voll war. Damals bei Karate in den 90er war eine komplette Sporthalle gefüllt mit Schülern. Man versuchte dann das nachzumachen, was vorne gezeigt wurde und es gingen auch Trainer durch die Reihen, um zu schauen, ob man es richtig macht. Aber irgendwie kam ich nicht richtig mit und mir fehlte quasi Lehrmaterial, damit ich die Übungen auch zuhause nachmachen kann, um sie mir einzuprägen.
Kann ich gut nachvollziehen: das war für mich Anfang der 90er Jahre auch der Anlass, Aikido für 23 Jahre aufzugeben.
Wie wichtig ist dir Wettkampf?
Ist für mich nicht entscheidend. Aber ich möchte im Training ein gutes Sparring. Ich habe das beim Kendo geliebt. So wäre ich z. B. an Aikido interessiert, aber ich habe zum einen gelesen, dass es dort kein richtiges Sparring gibt und zum anderen mir etliche Trainingsvideos auf Youtube angesehen, und dort wurde zwar gekämpft, aber diese Kämpfe hatten mehr etwas von Ballett oder einer eingeübten Choreographie als einem Kräftemessen. Wenn aber letzteres fehlt, wie kann ich dann fühlen, dass ich diese Kampfkunst anwenden kann?Damit scheiden mMn Aikido und Iaido wohl aus. Es gibt im Aikido (zumindest nicht im Aikikai und den meisten sonstigen Verbänden) weder Wettkämpfe noch Sparring. Wenn du mit "anwenden" eine Schlägerei "auf der Straße" meinst: dazu fehlt mir auch nach 4 1/2 Jahren Aikido (seit meinem Wiederanfang) mangels Erfahrung "auf der Straße" das Gefühl dafür.
Wie wichtig ist dir Ästhetik/schöne Bewegung?
Einer der Gründe, weshalb z. B. Judo oder Brazilian Jiu-Jitsu bei mir ausgeschieden sind ist die, laienhaft ausgesprochen, starke Bodenfixierung in diesen Kampfsportarten. Das ist nicht so meines. Kata wäre für mich wichtig. Ju Jutsu scheint interessant zu sein, aber wenn ich das richtig sehe, spielt dort Kata leider eine untergeordnete Rolle?
Widerspricht sich das nicht? Kata und Sparring (Rollen, Randori) ist wichtig für dich? Ich habe zwar vor 30 Jahren nur 5 Monate Judo* geübt, das habe ich aber nicht als besonders bodenlastig in Erinnerung, auch wenn es natürlich dazu gehört. Wenn es etwas japanisches sein soll, so wäre Judo doch der naheliegendste Kandidat - vorausgesetzt es gibt in der Nähe ein passendes Angebot (insbesondere für dein Alter). Im Judo gibt es doch auch (Partner-)Kata?
Übrigens: das Problem mit den Umlauten ist ein Bug der Forensoftware. Kann man vermeiden, wenn man beim Einloggen im Kästchen "angemeldet bleiben" ein Häkchen setzt.
_____________________________
*) Wie ich heute weiß: Tokio-Hirano-Judo.
Also wenn ich das so richtig verstanden hab, wenn man alles bedenkt was gefordert und verlangt wird, gibt es nur eine Kampfkunst, die mir neben Kendo ein fällt, die diese Anforderungen erfüllt: traditionelles Judo! Einige Verbände in Deutschland, die sogenanntes Ju Jitsu oder Jiu Jitsu anbieten, zB. die WJJF Deutschland, bieten dieses Judo mit Kata an. Allerdings kommt es immer auf den Trainer (oder Sensei ) an, ob Judo im traditionellen Stil stattfindet.
amasbaal
05-09-2020, 21:57
Ist das "japanisch" denn soooo wichtig?
wenn es um sparring mit "hieb- und stichwaffen" geht: gibt es in vielen stilen der fma und auch im HEMA.
in am meisten sparring-orientierter form in den Dog Brothers Martial Arts (hat seinen ursprung in den fma, ist aber angereichert mit allem, was passt und offen für alle)
https://www.youtube.com/watch?v=CELN-DQI5qc
wenn es nicht ganz so wild sein soll, dann eben ein "normaler" fma verein. da wird meist mit gepolsterten stöcken gesparrt (außerdem zeigt das video ja wettkämpfe und kein "trainings-sparring", in dem natürlich drauf geachtet wird, dass möglichst kein blut fließt). bei fma gruppen vorher abchecken: je nach trainingsgruppe ist der sparringsanteil verschieden: von schwerpunkt des trainings bis zu "kommt gar nicht vor" ist alles möglich (auch innerhalb ein und des selben stiles der fma)
edit: an den DBMA gatherings können übrigens alle dran teilnehmen, die das wollen (und glauben zu können). da muss man nicht eine bestimmte kk trainieren. man sollte nur mit den dort zugelassenen waffen entsprechend umghehen können.
Guten Morgen allerseits,
erst einmal vielen Dank für eure tollen Antworten, sie helfen mir beim Überlegen.
Naja, wenn du Kendo gemacht hast, passt doch am meisten Iaido?
Falls du zu Waffenloser KK wechsel willst, ist vielleicht Karate am nächsten, auch Japanisch, ähnlich wie das Kendo auf einen Treffer ausgelegt. (Mich bitte jetzt nicht zerreisen, habe nie japanische KKs trainiert...)
Du hast insofern recht, als das ich für Iaido die besten Voraussetzungen mitbringe: Ich weiß mit Hakama und Gi umzugehen, bin mit der Etikette vertraut und habe hier neben etlichen Shinais auch noch einen Bokken. Aber, ich habe mir heute morgen noch einmal die Katas von Iaido angeschaut.... es ist mir zu wenig Action um es mal platt auszudrücken. Aber ich lasse mich von jemanden, der Iaido betreibt auch gerne eines anderen überzeugen. Ich würde als Außenstehender Iaido als eine Kampfkunst definieren, in der auf effizienteste und damit schnellste Weise der Gegner niedergestreckt werden soll. Hier fehlt mir einfach das Element des "Kampfes". Weiß nicht, ob nachvollziehbar ist, was ich meine.
Widerspricht sich das nicht? Kata und Sparring (Rollen, Randori) ist wichtig für dich? Ich habe zwar vor 30 Jahren nur 5 Monate Judo* geübt, das habe ich aber nicht als besonders bodenlastig in Erinnerung, auch wenn es natürlich dazu gehört. Wenn es etwas japanisches sein soll, so wäre Judo doch der naheliegendste Kandidat - vorausgesetzt es gibt in der Nähe ein passendes Angebot (insbesondere für dein Alter). Im Judo gibt es doch auch (Partner-)Kata?
Übrigens: das Problem mit den Umlauten ist ein Bug der Forensoftware. Kann man vermeiden, wenn man beim Einloggen im Kästchen "angemeldet bleiben" ein Häkchen setzt.
_____________________________
*) Wie ich heute weiß: Tokio-Hirano-Judo.
Eine Verständnisfrage, weshalb widerspricht sich Kata und Sparring? Kann in einem Kampfsport nicht Platz für beides sein? Ich dachte zumindest, dass es im Karate so ist. Ich werde nochmal über Judo nachdenken. Es scheint ja eine sehr effiziente Sportart zu sein.
Also wenn ich das so richtig verstanden hab, wenn man alles bedenkt was gefordert und verlangt wird, gibt es nur eine Kampfkunst, die mir neben Kendo ein fällt, die diese Anforderungen erfüllt: traditionelles Judo! Einige Verbände in Deutschland, die sogenanntes Ju Jitsu oder Jiu Jitsu anbieten, zB. die WJJF Deutschland, bieten dieses Judo mit Kata an. Allerdings kommt es immer auf den Trainer (oder Sensei ) an, ob Judo im traditionellen Stil stattfindet.
Danke Jobi, deine Beobachtung deckt sich mit jener von Aiki50+. Aber meinst du jetzt tatsächlich Judo oder Ju Jutsu, bei dem Elemente von Judo, aber auch Karate mit dabei sind?
Ist das "japanisch" denn soooo wichtig?
wenn es um sparring mit "hieb- und stichwaffen" geht: gibt es in vielen stilen der fma und auch im HEMA.
Ja, eigentlich schon, ich habe da einfach einen Tunnelblick, Ergebnis eines erfolgreichen Marketings der 80er durch Filme :D.
Bei FMA und HEMA, und ich sag das wirklich als Außenstehender ohne Ahnung, fehlen mir einfach traditionelle bzw. philosophische Elemente. Sie wirken recht roh auf mich.
Ich suche etwas, das beides verbindet Kampfkunst und Kampfsport (letzteres irgendwie halt, siehe meine Liebe für Kendo).
. So wäre ich z. B. an Aikido interessiert, aber ich habe zum einen gelesen, dass es dort kein richtiges Sparring gibt und zum anderen mir etliche Trainingsvideos auf Youtube angesehen, und dort wurde zwar gekämpft, aber diese Kämpfe hatten mehr etwas von Ballett oder einer eingeübten Choreographie als einem Kräftemessen.
Die Frage wäre, was am Aikido dich interessiert.
Und natürlich hast du kein "Kräftemessen" gesehen auf den youtube-videos, und es wurde auch nicht gekämpft.
Es wurden Techniken vorgeführt, in Kata-Form.
Aikido hat keine Kampf- bzw. Wettkampfkultur, aber es gibt Trainingsformen die ein Kräftemessen durchaus ermöglichen, und durchaus einen Eindruck vermitteln können, ob man denn in einer SV Situation damit erfog haben könnte, denn was richtig gut trainiert wird sind z.B Befreiungen aus den verschiedensten Greif-Varianten.
Wenn du dagegen Atemi-Techniken, die oft vernachlässigt werden verbessern möchtest, kannst du das parallel veim Karate oder beim Boxen üben.
Ansich ist Aikido sicher bei deiner Japan-Affinität auch eine Überlegung wert.
Hallo Arif!
Deine Auswahlmöglichkeiten scheinen mir zu eingeschränkt, als dass Du die perfekte KK finden wirst, die Dir alles bietet, was Du haben möchtest.
Das ist aber nicht so schlimm, und natürlich eh ein häufiges Problem. Wichtig ist – da werden die meisten hier zustimmen – überhaupt zu trainieren und das Meiste daraus zu machen.
Deswegen fang doch einfach in der Gruppe oder den Gruppen an, die Dir am besten gefallen, versuche das rauszuziehen, was sie für Dich zu bieten haben und schaue dann, was kommt. Lebensumstände ändern sich ja oft schneller als man denkt, neue Dojos eröffnen etc. Besser erstmal überhaupt trainieren! :)
Viel Erfolg!
Jan
Spontan dachte ich: Hä, was hat Iaidô auf dieser Liste verloren?
Aber ja , warum sich Iaidô auf deine Liste verirrt hat, kann man getrost auf das Marketing der allermeisten Iaidô-Dôjô zurückführen.
Iaidô wird ausnahmslos auf allen Webseiten als "Kampfkunst" bezeichnet. Dazu noch versehen mit Verweisen auf die "Samurais(!)", oder mit ganz mutigen Ergänzungen wie "der edelste Weg aller Kampfkünste" oder es werden möglichst alte Jahreszahlen erwähnt (macht Eindruck, ich weiss).
Iaidô, wie es heutzutage praktisch überall vermittelt wird, ist grundsätzlich eine Bewegungskunst. Solange keine elementaren Bestandteile einer Konfrontation im weitesten Sinne vorhanden sind, ist es eben keine Kampfkunst. Nicht mal bei der liberalsten Auslegen des Begriffs.
Iaidô bzw. Iaijutsu wurde vor dem 20. Jahrhundert nie ausschliesslich separat geübt. Entweder war es ein Bestandteil klassischer Schulen der Kriegskunst (Koryû-bujutsu) oder wurde später von Kendôka ausgeübt, um den echten Schwertumgang zu erlernen.
Auf jeden Fall aber war den Ausübenden der Kampf an sich äusserst vertraut.
Sei das im Umfeld von Kata-geiko oder im Shiai. Dort, und nur dort lernt man essentielle Tugenden des Kampfes und der Konfrontation. Auch wenn der Kampf im modernen Kendô massiv reglementiert ist, spielt das für die kämpferische Schulung von Sachen wie Maai, Seme, etc. keine Rolle (im Kontext der Diskussion um Iaidô).
Kommt hinzu, dass in zahlreichen Iaidô-Vereinen heute die Verwendung von Shinken grundsätzlich verboten ist. Dies beraubt die Ausübenden dann noch dem letzten möglichen Kampfkunst-Attribut. Denn mit der "Gefahr" einer echten Waffe umgehen zu können, schult ebenso auf einer anderen Ebene.
Im Iaidô (alleine) können die erwähnten zentralen Elemente jap. Schwertkampfkunst nicht erlernt oder vermittelt werden.
Iaidô, wie es heutzutage praktisch überall vermittelt wird, ist grundsätzlich eine Bewegungskunst. Solange keine elementaren Bestandteile einer Konfrontation im weitesten Sinne vorhanden sind, ist es eben keine Kampfkunst. Nicht mal bei der liberalsten Auslegen des Begriffs.
Danke Ryoma, deine Ausführungen haben mir weiter geholfen. Genau deshalb weiß ich, dass Iaido nichts für mich ist.
Daran schließt auch gut Inryokus Frage an, was ich am Aikido finde. Ich finde es faszinierend, dass hier eine Kampfkunst quasi um eine Philosophie herum sich entwickelt hat oder - nochmals ich bin Laie - eine Kampfkunst an eine Philosophie angepasst wurde. Ich habe beruflich wie privat mit Philosophie zu tun, und von daher übte Aikido eine große Faszination auf mich aus. Ich habe dann, wie man das halt heute so macht, mir diverse Aikido-Videos angeschaut, um einen Einblick zu erhalten, wie diese Kampfkunst aussieht. Dabei bin ich aber in einem ungewöhnlich hohen Ausmaß immer wieder über die Frage von Relevanz und Praktikabilität von Aikido gestolpert. Der Youtube-Kanal Martial Arts Journey widmet sich dem Thema ja ausführlich und für mein Dafürhalten aufrichtig diesem Thema. Ich kann mich nur wiederholen, ich glaube nicht, dass in einem echten Straßenkampf eine Kampfkunst oder ein Kampfsport sich auf jeden Fall bewähren wird, so wie man sie im Dojo gelernt hat. Ein Straßenkampf ist ja völlig unberechenbar. Aber ich glaube - korrigiert mich, wenn ich mich hier irre -, dass eine Kampfkunst/Kampfsport einem helfen kann, in solch einer Situation nicht völlig unterzugehen, ja wenn man sie sogar auf die Situation des Straßenkampfes transferieren kann, vielleicht, nur vielleicht, sogar helfen kann, sich zu behaupten.
Vorrangig sehe ich aber Kampfkunst/Kampfsport als ein Weg in unserer westlichen Moderne, wo Straßenkämpfe doch sehr selten stattfinden, das eigene Aggressionspotenzial zu kanalisieren und kontrolliert abzulassen. Insofern erachte ich Kampfkunst/Kampfsport als sehr sinnvoll.
Ich bin auch auf den Channel Aikidoflow gestoßen, die dagegen tendieren, dass Aikido sehr wohl eine anwendbare Kampfkunst ist. Auch habe ich immer wieder gelesen, dass Aikido schwer zu erlernen sei, schwerer als andere Kampfkünste - dass waren Aussagen von Aikidoka und Leuten, die von Aikido zu einer anderen Kampfkunst gewechselt sind. Das macht mich halt stutzig, weil eine Kampfkunst soll anwendbar sein und nicht unnötig kompliziert. Da stelle ich mir folgende zwei Fragen: ist da vielleicht mehr Schein als Sein am Aikido und hat die philosophische Weiterentwicklung am Ende vielleicht Aikido jegliche Zähne gezogen?
Nun habe ich mal mir die Webseiten verschiedener Aikido-Dojos angeschaut und festgestellt, dass dort Aikido nur noch als Bewegungskunst aufgeführt wird. Das ist eine erhebliche Reduzierung.
Aber Inryoku, dein Hinweis mit dem Atemi-Techniken ist sehr wertvoll, ich werde einfach mal den Aikido-Lehrer nächste Woche anrufen und fragen, wie sein Training aussieht, denn leider fehlt mir die Zeit für zwei Kampfkünste, eine soll es schon sein.
Daran schließt auch gut der Hinweis von JL an, einfach anzufangen und was zu trainieren. Du hast recht, aber damit ich nicht nach ein paar Monaten frustriert bin und aufhöre, ist es mir wichtig eine gute Vorauswahl zu treffen, denn dann bleibe ich auch am Ball. Daher meine Fragen an euch.
Kann denn jemand von euch etwas zu dem Verband SOHF sagen? Ist das ein anerkannter Karate-Verband?
Noch ein Nachtrag bzgl. einfach anfangen etwas zu trainieren. Hier muss ich nochmal auf mein Haidong Gumdo-Erlebnis zu sprechen kommen. Mir ist wirklich wichtig, dass das was ich lerne, dem ich also meine Freizeit, also freie Zeit, widme, irgendwo Hand und Fuß hat. Das Kendo ein auf den Wettkampf getrimmter Kampfsport ist und nicht 1:1 die Kampfkunst der Samurais ist klar. Aber bei Haidong Gumdo ist ja wirklich eine fantasievolle Geschichte gewebt worden, die sich historisch überhaupt nicht belegen lässt. In ein Dojo zu kommen, wo diese Geschichte einem auch von allen Teilnehmern stolz erzählt wird, einhergehend mit einem Japanbashing fand ich wirklich nicht prickelnd. Akrobatische Übungen zu machen, die einem ernsthaft verkauft werden als echte Übungen vom Schlachtfeld, um mehrere Gegner auszuschalten, ließ mich umso stutziger werden. Und dann auf Nachfrage, wo man sein Ausrüstungsmaterial ordern kann, dass dies nur exklusiv über den Verein selber geht, dem ganzen also einen Franchise-Charakter gibt, alle diese Punkte zusammen, geben mir eher das Gefühl einer Abzocke. Ich will nicht abstreiten, dass Haidong Gumdo vielleicht Spaß macht, aber ich bin da zu sehr Kopfmensch und möchte keinen Fantasiesport lernen, sondern etwas, dass irgendwie in der historischen Realität verankert ist.
Ich finde es faszinierend, dass hier eine Kampfkunst quasi um eine Philosophie herum sich entwickelt hat oder - nochmals ich bin Laie - eine Kampfkunst an eine Philosophie angepasst wurde.
Eigentlich ist es doch andersrum, es wurde eine passende "Philosophie" zu den Prinzipien einer Kampfkunst gefunden.
Dabei bin ich aber in einem ungewöhnlich hohen Ausmaß immer wieder über die Frage von Relevanz und Praktikabilität von Aikido gestolpert. Der Youtube-Kanal Martial Arts Journey widmet sich dem Thema ja ausführlich und für mein Dafürhalten aufrichtig diesem Thema. Ich kann mich nur wiederholen, ich glaube nicht, dass in einem echten Straßenkampf eine Kampfkunst oder ein Kampfsport sich auf jeden Fall bewähren wird, so wie man sie im Dojo gelernt hat.
Was ist denn ein "echter Straßenkampf"?
Sicher nicht das, was du in einem Dojo vorfinden wirst.
Von daher ist das nur logisch, trifft aber im Grunde auf jede Kampfkunst zu. Und einr Kampftechnik ist nun mal was anderes als eine Kata.
Vorrangig sehe ich aber Kampfkunst/Kampfsport als ein Weg in unserer westlichen Moderne, wo Straßenkämpfe doch sehr selten stattfinden, das eigene Aggressionspotenzial zu kanalisieren und kontrolliert abzulassen. Insofern erachte ich Kampfkunst/Kampfsport als sehr sinnvoll.
Warum soll man sein Aggressionspotential "ablassen"?
Das ist doch nur eine Fähigkeit.
Man kann doch ein hohes Potential haben und trotzdem ein friedlicher Mensch sein.
Ich bin auch auf den Channel Aikidoflow gestoßen, die dagegen tendieren, dass Aikido sehr wohl eine anwendbare Kampfkunst ist. Auch habe ich immer wieder gelesen, dass Aikido schwer zu erlernen sei, schwerer als andere Kampfkünste - dass waren Aussagen von Aikidoka und Leuten, die von Aikido zu einer anderen Kampfkunst gewechselt sind.
Das halte ich für Unsinn.
Die Grundtechniken kann man in ein paar Jahren lernen.
Es ist nicht anders als beim Karate oder Judo.
Um ein hohes Niveau zu erreichen, braucht man entsprechend längeres Training.
Das macht mich halt stutzig, weil eine Kampfkunst soll anwendbar sein und nicht unnötig kompliziert.
Das hängt davon ab, ob anwendungsbezogen trainiert wird, oder ob Gesundheits- bzw. Bewegingstraining im Vordergrund stehen, und inwiefern da Gewichtet wird oder eine Balance angestrebt wird.
Nun habe ich mal mir die Webseiten verschiedener Aikido-Dojos angeschaut und festgestellt, dass dort Aikido nur noch als Bewegungskunst aufgeführt wird. Das ist eine erhebliche Reduzierung.
Dein Einwand, das Kampkunst eben nicht für die Straße trainiert werden sollte, würde doch eher dafür sprechen.
Es finden sich aber ebenso viele Aikidowebseiten, auf denen auch der Kampfkunst oder Selbstverteidigungsaspekt (ob zu recht oder nicht sei dahingestellt) thematisiert wird.
Aber Inryoku, dein Hinweis mit dem Atemi-Techniken ist sehr wertvoll, ich werde einfach mal den Aikido-Lehrer nächste Woche anrufen und fragen, wie sein Training aussieht, denn leider fehlt mir die Zeit für zwei Kampfkünste, eine soll es schon sein.
Atemi sollten im Aikido immer unterrichtet werden, zumindest als Bestandteil der Techniken.
Ansonsten wäre es verwässertes Aikido.
Dafür, das man wirklich effektiv einsetzen kann, muss man gezielt üben.
Ein Makiwara oder einen Boxsack wirst du in den allermeisten Aikido-Dojos nicht finden (in Karatedojos, sofern es es sich um einen Verein handelt der in einer öffentlichen Turnhalle trainiert aber auch eher nicht).
Es spricht aber nichts dagegen sowas zu Hause zu haben.
Kann denn jemand von euch etwas zu dem Verband SOHF sagen? Ist das ein anerkannter Karate-Verband?
Anerkannt von wem?
Das ist ein selbstkreierter Goju-Ryu Ableger aus den USA, in Europa gibt es 5 Dojos, und es werden Verbandsinterne Meisterschaften durchgeführt.
Das Little Wolf Dojo Oberingelheim wechselte 2013 in den GKD, weil die Graduierungen der SOHF wohl eben nicht international anerkannt sind.
Katamaus
06-09-2020, 22:00
Das hängt davon ab, ob anwendungsbezogen trainiert wird, oder ob Gesundheits- bzw. Bewegingstraining im Vordergrund stehen, und inwiefern da Gewichtet wird oder eine Balance angestrebt wird.
Kurze Zwischenfrage: Ist das eigentlich richtig (so wurde mir mal berichtet und so habe ich es auch schon erlebt), dass es hier gerade im Aikido enorme Unterschiede gibt?
Kurze Zwischenfrage: Ist das eigentlich richtig (so wurde mir mal berichtet und so habe ich es auch schon erlebt), dass es hier gerade im Aikido enorme Unterschiede gibt?
Ja. dasl liegt u.a. daran das es verschiedene "Epochen" gibt, an verschieden Orten wurde anscheinend unterschiedlich unterrichtet, u.s.w.
FireFlea
06-09-2020, 22:12
Kann denn jemand von euch etwas zu dem Verband SOHF sagen? Ist das ein anerkannter Karate-Verband?
Ist das denn wichtig? Mich interessiert herzlich wenig, ob jemand meine Graduierungen anerkennt und ich halte das auch nicht für relevant. Wenn ich etwas lernen möchte bzw. etwas von jemadem lernen kann, binde ich mir auch einen Weißgurt um, wenn das nötig ist.
Guten Morgen allerseits,
Eigentlich ist es doch andersrum, es wurde eine passende "Philosophie" zu den Prinzipien einer Kampfkunst gefunden.
Danke für diese Erklärung!
Man kann doch ein hohes Potential haben und trotzdem ein friedlicher Mensch sein.
Ich glaube hier missverstehen wir uns. Ich sehe kein Widerspruch zwischen einem Aggressionspotenzial und der Friedfertigkeit eines Menschen. Ich meinte eher, dass, gerade wir Männer, ja ein Bestreben haben unsere Kräfte mit anderen zu messen. Und Kampfsport kann hier ein wunderbares Ventil sein, dieses Streben zu kanalisieren, indem es konstruktiv in einen Rahmen gesetzt wird, statt es entgrenzt auszuleben.
Das hängt davon ab, ob anwendungsbezogen trainiert wird, oder ob Gesundheits- bzw. Bewegingstraining im Vordergrund stehen, und inwiefern da Gewichtet wird oder eine Balance angestrebt wird.
Genau das werde ich nachfragen.
Anerkannt von wem?
Das ist ein selbstkreierter Goju-Ryu Ableger aus den USA, in Europa gibt es 5 Dojos, und es werden Verbandsinterne Meisterschaften durchgeführt.
Das Little Wolf Dojo Oberingelheim wechselte 2013 in den GKD, weil die Graduierungen der SOHF wohl eben nicht international anerkannt sind.
Vielleicht war anerkannt das falsche Wort. Ich wollte einfach nur eine Rückmeldung haben, ob das seriös ist.
Danke nochmals für eure Beiträge, irgendwie hat es sich ja jetzt auf Aikido und Judo verengt. Ich gebe mal Aikido probeweise den Vorzug und werde diese Woche ein Probetraining machen. Sollte es mir nicht liegen oder der Schwerpunkt nicht auf der Anwendung liegen, kann ich mir ja immer noch Judo anschauen.
Gibt es in deiner Stadt eine oder mehrere Vereine oder Schulen, die Aikido anbieten?
Gibt es in deiner Stadt eine oder mehrere Vereine oder Schulen, die Aikido anbieten?
Es gibt eine, ich schicke dir den Link mal via PN.
Dextrous
07-09-2020, 10:55
Es gibt eine, ich schicke dir den Link mal via PN.
Kannst die Schule auch gerne hier in den Thread posten. Ggf. kennt die jemand genauer.
Gerne auch immer einen Erfahrungsbericht schreiben, sobald man beim Probetraining war.
Eine Verständnisfrage, weshalb widerspricht sich Kata und Sparring? Kann in einem Kampfsport nicht Platz für beides sein? Ich dachte zumindest, dass es im Karate so ist. Ich werde nochmal über Judo nachdenken. Es scheint ja eine sehr effiziente Sportart zu sein.
Ich meinte damit die Hauptmotivation, das Hauptziel, warum man einen Kampfsport ausübt. Und da hast du über die Wettkämpfe und das Kräfte messen im Kendo geschrieben. Die Wettkampfkultur fehlt halt im Aikido völlig.
Dabei bin ich aber in einem ungewöhnlich hohen Ausmaß immer wieder über die Frage von Relevanz und Praktikabilität von Aikido gestolpert...
Mir persönlich haben die Artikel und Bücher von Ellis Amdur sehr geholfen, besser zu verstehen, was im Aikido eigentlich geübt wird. Demnach wäre Aikido eine Art Partner-Yoga, bei dem die körperlichen Voraussetzungen, wie Entspannung ohne Erschlaffen, "Durchlässigkeit" für "die Anwendung" geschaffen werden. Und dass das Ukemi, also das Angreifen und geworfen werden (also Abrollen und Fallen), mindestens genau so wichtig ist, wie die dem Aikido üblicherweise zugeordneten Verteidigungstechniken. Eine gute Zusammenfassung ist der Artikel https://kogenbudo.org/great-aikido-aikido-greats/, der auch die Frage nach der potentiellen Effektivität behandelt.
Da stelle ich mir folgende zwei Fragen: ist da vielleicht mehr Schein als Sein am Aikido und hat die philosophische Weiterentwicklung am Ende vielleicht Aikido jegliche Zähne gezogen?
Vielleicht hat es Yoshimitsu Yamada (8. Dan USA und einer der wenigen noch lebenden Schüler Ueshibas) auf den Punkt gebracht:
Früher war Aikido härter und nur auf Personen beschränkt, die als Schüler (mit Empfehlungsschreiben) aufgenommen wurden. Aber nach dem Zweiten Weltkrieg nahm der verstorbene Kisshomaru (Ueshiba) Doshu eine große Anpassung vor und änderte die Art und Weise des Übens an die Art und Weise, wie wir heute trainieren: Uke gibt Nage völlig nach und reagiert je nach Nages körperlicher Fähigkeit*, so dass jeder Spaß auf der Matte haben kann. Wir alle sollten Doshu dafür danken, dass er uns die Möglichkeit gab, Aikido gleichermaßen zu genießen.
Quelle: http://usafaikidonews.com/a-message-from-yamada-sensei-2020_08_09/
Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)
_________
*) Und umgekehrt: Nage sollte Uke entsprechend seiner Fähigkeiten werfen oder "hebeln".
Vielleicht hat es Yoshimitsu Yamada (8. Dan USA und einer der wenigen noch lebenden Schüler Ueshibas) auf den Punkt gebracht:
...Uke gibt Nage völlig nach und reagiert je nach Nages körperlicher Fähigkeit*, so dass jeder Spaß auf der Matte haben kann. Wir alle sollten Doshu dafür danken, dass er uns die Möglichkeit gab, Aikido gleichermaßen zu genießen.
Wobei man da differenzieren muss. Es war keineswegs so, dass nach dem Krieg plötzlich alle auf diese Weise angefangen haben zu üben.
Mein Lehrer, der damals ja ein Trainingskollege Yamadas war, erzählt das ja so, dass es eben die Einen und die Anderen gab.
Widerstand zu leisten war völlig normal, die Reaktionen darauf aber auch, die Techniken wurden dann eben mit Atemi begleitet (dazu zählten Schläge und Tritte, u.a. gegen Gelenke wie Knie und Ellenbogen), oder auf andere Weise mit enstprechender "Härte" durchgebracht. Das hört sich immer alles so schön an mit der friedlichen, rein defensiven Kampfkunst, in der Realität war es etwas anders.
Es gab keinesfalls eine Veränderung von heute auf morgen, und "der Alte" turnte ja auch noch regelmäßig im Hombu-Dojo vor.
Guten Morgen,
ich wollte ja vom Aikido-Probetraining berichten; es war sehr erleuchtend.
Ich habe ja davon berichtet, dass ich mehrere Anläufe hatte, um eine waffenlose Kampfkunst zu erlernen, die aber immer wieder von mir abgebrochen wurden. Anders war es nur beim Kendo was ja ein Waffen-Kampfsport ist.
Gestern beim Probetraining habe ich dann auch gemerkt, warum dem so war. Mir fehlt die Geduld eine waffenlose Kampfkunst zu erlernen. Da kommt dann auch mein Beharren auf Anwendbarkeit zum Vorschein. Ich möchte anscheinend nicht Jahre erst eine Kampfkunst erlernen müssen, um sie dann eventuell anwenden zu können. Boxen wäre in dem Sinne wohl eher etwas für mich, aber diese Sportart ist mir leider zu geistlos. Ich weiß, Luxusprobleme.
Insgesamt war ich aber von Aikido sehr angetan, aber mir fehlte der militärische Drill und eine gewisse Grundaggressivität, wie ich beides vom Kendo kenne. Man merkt, dass Aikido eine "pazifistische" Kunst ist, und dass ist bewundernswert und faszinierend.
Die Leute in dem Dojo waren älter als ich (38) und bis auf einen alle Hakama-Träger, also bereits fortgeschritten. Der Lehrer hat, wohl wegen mir, Grundübungen gemacht, damit ich Aikdio kennenlerne und mir alles sehr gut erklärt. Er meinte dann zum Schluss, dass eigentlich anderes heute Inhalt des Trainings hätte sein sollen und führte dies vor. Ich muss sagen, bei aller Kritik, die ich über Aikido im Netz lese, fand ich den Griff, der auch an mir geübt wurde, für die Selbstverteidigung sehr gut.
Nach dem Training gingen mir viele Fragen im Kopf herum. Unter anderem auch, die fehlende Aufteilung zwischen Anfänger/Fortgeschrittene, die mangelnde Anzahl an Anfänger und das bereits eingespielte Team an Fortgeschrittenen. Es ist ja oft so, dass Anfänger und Fortgeschrittene zusammen trainiert werden, man wird halt ins kalte Wasser gestoßen und lernt so schwimmen. Ich weiß aber auch, dass das bei mir nicht funktioniert. Deswegen war ich so froh, dass bei dem Kendo, bei dem ich war, die Kurse unterteilt waren in Anfänger, Geübte, Fortgeschrittene, Leistungsgruppe.
Habe dann noch lange mit meiner Frau über meine Eindrücke gesprochen, und sie merkte dann an, dass ich jetzt nicht gerade enthusiastisch klinge und dann wohl kaum jahrelang mich dem Aikido hingeben werde. Und recht hat sie da.
Ich weiß nun klarer, was ich will bzw. was zu mir passt. Waffenlose Kampfkünste sind es nicht. Habe kurz nochmal wegen Haidong Gumdo überlegt, aber ich kann keine Kampfkunst ausüben, die sich mit einer fabrizierten Entstehungsgeschichte schmückt. Das fühlt sich einfach falsch an. Außerdem fehlt bei Haidong das Sparring. Also, werde ich jetzt ein paar Dinge ändern, mit dem Ziel ab November wieder bei meinem alten Kendo-Dojo auf der Matte zu stehen. Beruflich vielleicht nur einmal die Woche oder eben unregelmäßig, aber dafür hoch motiviert. Bestärkt hat mich hierzu auch dieser Strang: https://www.kampfkunst-board.info/forum/showthread.php?144238-Kampfsport-Kendo-3-Schicht-Job
Geht halt nicht anders.
Nochmals vielen Dank euch allen für eure Rückmeldungen und Gedanken, sie haben mir sehr geholfen.
BillyVanilly
10-09-2020, 09:55
Deine Haltung zum "geistlosen" Boxen teile ich überhaupt nicht. Boxen hat mir damals mehr über mich gelehrt und mich bescheidener gemacht, als es Kung Fu oder TKD jemals hätte machen können. Ich brauche keinen Priester, der mir den Weg des Konfuzius erklärt. Das kann ich in 5 Minuten am Handy nachlesen. Beim Boxen geht man aber mal gerne an seine Grenzen und sogar darüber. Man lernt, wieviel man wirklich aushält, einsteckt und austeilt. Selbst wenn man vor Erschöpfung nicht mehr kann, gibt es immer jemanden, der einen motiviert, weiter zu machen. Zudem muss man beim Boxen oder allgemein bei VK Kampfsportarten reichlich im voraus denken und nicht stumpf eine Kata ablaufen.
Falls du eine Waffenkampfkunst lernen möchtest, empfiehlt es sich vielleicht bei den Philippinern mal zu schauen. Da soll wohl auch regelmäßig gesparrt werden.
Der erste Eindruck ist ja oft der Richtige, aber ich glaube trotzdem dass es vieles gibt, was man bei einem einzigen Training nicht erfahren oder erleben kann.
Ich habe ja davon berichtet, dass ich mehrere Anläufe hatte, um eine waffenlose Kampfkunst zu erlernen, die aber immer wieder von mir abgebrochen wurden. Anders war es nur beim Kendo was ja ein Waffen-Kampfsport ist.
Geduld ist aber doch in jeder Kampfkunst notwendig.
Im Grunde genommen ist Aikido aber nicht waffenlos, da es zum einen Waffen beinhaltet, zum Anderen auf Prinzipien der Waffenarbeit aufgebaut ist, bzw. diese teils auf waffenloses Arbeiten überträgt.
Nur ist der Anteil der Waffenarbeit unterschiedlich hoch, am höchsten ist er meist in Gruppen die in der Iwama-Linie nach Saito Sensei trainieren.
Insgesamt war ich aber von Aikido sehr angetan, aber mir fehlte der militärische Drill und eine gewisse Grundaggressivität, wie ich beides vom Kendo kenne. Man merkt, dass Aikido eine "pazifistische" Kunst ist, und dass ist bewundernswert und faszinierend
Ob da was pazifistisches oder was militärisches rüberkommt, ist alleine von den Leuten abhängig die dort üben.
Bei meinem allerersten Aikido-Lehrgang bei einem japanischen Lehrer dachte ich, ich stehe auf dem Kasernenhof. Mit dem "Pazifismus" ist das so eine Sache, das ist auch eine Frage der Interpretation. Wenn die Mehrzahl der Übenden in einem Verband oder in einem Dojô das so interpretieren möchte, dann prägt das natürlich das Bild und die Übungsweise.
Nach dem Training gingen mir viele Fragen im Kopf herum. Unter anderem auch, die fehlende Aufteilung zwischen Anfänger/Fortgeschrittene, die mangelnde Anzahl an Anfänger und das bereits eingespielte Team an Fortgeschrittenen.
Das ist oft das Problem, der fehlende Nachwuchs, es reicht halt meist nicht aus, um eine eigene Anfängergruppe voll zu bekommen, schon gar nicht regelmäßig.
Von daher bleibt in vielen Vereinen irgendwann meist nur die Stammbesetzung übrig, und ab und zu kommt ein Neuer dazu, der einfach irgendwie mit schwimmen muss. Der Vorteil ist aber, man lernt viel, viel schneller.
Ich weiß nun klarer, was ich will bzw. was zu mir passt. Waffenlose Kampfkünste sind es nicht.
Du könntest noch mal schauen, ob es bei euch in der Gegend Takemusu- oder Iwama-Aikido gibt, das ist ziemlich waffenlastig. oft besteht da die Hälfte oder mindestens ein Drittel des Trainings aus Waffenarbeit.
Deine Haltung zum "geistlosen" Boxen teile ich überhaupt nicht.
Hallo Billy,
danke für deinen Einwand. Geistlos war vielleicht das falsche Wort...
Aber eingebettet im Bereich japanische Kampfkünste kannst du dir vielleicht vorstellen was und wie ich es gemeint habe....
Hallo Inryoku,
Geduld ist aber doch in jeder Kampfkunst notwendig.
Natürlich hast du recht, ich habe in meinem Post einfach versucht, mein Bauchgefühl und meine subjektive Sicht in Worte zu kleiden.
Ob da was pazifistisches oder was militärisches rüberkommt, ist alleine von den Leuten abhängig die dort üben.
Bei meinem allerersten Aikido-Lehrgang bei einem japanischen Lehrer dachte ich, ich stehe auf dem Kasernenhof. Mit dem "Pazifismus" ist das so eine Sache, das ist auch eine Frage der Interpretation. Wenn die Mehrzahl der Übenden in einem Verband oder in einem Dojô das so interpretieren möchte, dann prägt das natürlich das Bild und die Übungsweise.
Ich muss halt mit dem arbeiten, was vor Ort ist und aufgrund dieser Eindrücke entscheiden, mache ich das nun oder eben nicht, brenne ich oder ist es eher Sparflamme.
Du könntest noch mal schauen, ob es bei euch in der Gegend Takemusu- oder Iwama-Aikido gibt, das ist ziemlich waffenlastig. oft besteht da die Hälfte oder mindestens ein Drittel des Trainings aus Waffenarbeit.
Danke für den Tipp!
Klar gibt es die ideale Kombination. Kendo für den Spass und das Brimborium, Taijiquan oder ein Subset aus IMA-Übungen für Attribute und Skills aus dieser Richtung (zuhause im Selbststudium problemlos), und MMA/BJJ/Boxen für den Hands-On- und Sparringsteil. Natürlich nur wenn es das jeweils vor Ort kompetent gibt. IMA-Übungen kann man gut zuhause machen für die Kraft und die Attribute, für den Rest braucht man natürlich eine gute Trainingsgruppe.
Hallo Inryoku,
Natürlich hast du recht, ich habe in meinem Post einfach versucht, mein Bauchgefühl und meine subjektive Sicht in Worte zu kleiden.
Ich muss halt mit dem arbeiten, was vor Ort ist und aufgrund dieser Eindrücke entscheiden, mache ich das nun oder eben nicht, brenne ich oder ist es eher Sparflamme.
Von einen Mal Training würde ich nicht entscheiden, außer man sagt, das wars überhaupt nicht.
Gibt es vielleicht mehrere Trainer, wie war der drauf an dem Tag, gibt es Inhalte von denen ich noch gar nicht weiß ob die interessant für mich sind?
Alles so fragen. Ich bin immer wenigstens zweimal irgendwo hingegangen, wenn ich dann wusste das es überhaupt nicht das ist was ich machen will, habe ich es ad akta gelegt.
Takemusu Aikido ist glaube ich das Nächste in der Ecke Wiesbaden/Mainz.
Ja, so meine ich das, es war interessant, aber vom Grundgefühl verspüre ich jetzt nicht die Motivation nochmal hinzugehen. Das liegt nicht am Trainer, der war ein sehr lieber Mensch, sondern es ist einfach ein inneres Gefühl, das sich nach außen manifestiert.
Wäre es eher 50/50 würde ich natürlich auch ein zweites Mal hingehen.
Klar gibt es die ideale Kombination. Kendo für den Spass und das Brimborium, Taijiquan oder ein Subset aus IMA-Übungen für Attribute und Skills aus dieser Richtung (zuhause im Selbststudium problemlos), und MMA/BJJ/Boxen für den Hands-On- und Sparringsteil. Natürlich nur wenn es das jeweils vor Ort kompetent gibt. IMA-Übungen kann man gut zuhause machen für die Kraft und die Attribute, für den Rest braucht man natürlich eine gute Trainingsgruppe.
Was meinst du mit Subset?
Einzelne Übungen um gezielt 30 Minuten Grundlagenübungen voll zu machen, ohne zuviel Brimborium. Ohne starken Partner wird das eh nix mit guten Pushing-Hands-Skills, aber die Grundlagen merkt man in jeder sportlichen Aktivität. Schon nach ca. 6-8 Wochen etwas.
Katamaus
10-09-2020, 14:10
Deine Haltung zum "geistlosen" Boxen teile ich überhaupt nicht. Boxen hat mir damals mehr über mich gelehrt und mich bescheidener gemacht, als es Kung Fu oder TKD jemals hätte machen können. Ich brauche keinen Priester, der mir den Weg des Konfuzius erklärt. Das kann ich in 5 Minuten am Handy nachlesen. Beim Boxen geht man aber mal gerne an seine Grenzen und sogar darüber. Man lernt, wieviel man wirklich aushält, einsteckt und austeilt. Selbst wenn man vor Erschöpfung nicht mehr kann, gibt es immer jemanden, der einen motiviert, weiter zu machen. Zudem muss man beim Boxen oder allgemein bei VK Kampfsportarten reichlich im voraus denken und nicht stumpf eine Kata ablaufen.
Aha Boxen ist nicht geistlos aber Kata laufen ist stumpf... ;) Also ich finde beide Wertungen doof und unzutreffend. Es kommt halt bei Beidem drauf an, was man draus macht, der Trainer, du, die Gruppe...
Unser Trainer hat es z.B. auch im kontaktlosen Karate-Wettkampftraining geschafft, uns so unter Stress zu setzen, dass wir körperlich und mental am Anschlag waren. Das könnte natürlich daran liegen, dass aus dem Nullkontakt ganz schnell Vollkontakt wird, wenn man nicht aufpasst.
Ich würde auch sagen, dass du dich, wenn du schon Kendo gemacht hast, dich bei Iaido nicht schwer tun wirst. Allerdings sucht man ja immer nach einer neuen Herausforderung, deswegen würde ich einen ganz anderen Sport wählen, aber das ist dir überlassen.
MfG
Ist Iaido nicht Kendo in Trocken mit gefährliches Schwert und nur so tun als ob ? Das ist doch ein Unterschied wie Tag und Nacht ob ich vor dem Becken stehe und mir vorstelle zu schwimmen, oder es mit Bambus tue.
Ist Iaido nicht Kendo in Trocken mit gefährliches Schwert und nur so tun als ob ? Das ist doch ein Unterschied wie Tag und Nacht ob ich vor dem Becken stehe und mir vorstelle zu schwimmen, oder es mit Bambus tue.
:D
In Post #15 hab ich das ja bereits etwas ausformuliert. Iaidô, wie es heute hauptsächlich betrieben wird, ist eine Kastration.
In etwa so, wie wenn man im Auto sitzt und bei ausgeschaltenem Motor die Pedale bedient.
Man muss sich immer vor Augen führen, wie sich das moderne, standardisierte Iaidô im 20. Jahrhundert überhaupt entwickelt hat: Um Kendôka ein Gefühl für den Umgang mit einem echten Schwert (nicht Iaitô!) zu vermitteln, wurden Ende der 1960er die ersten sieben neuen Standard-Kata entwickelt (heute sind es bereits zwölf).
Die ursprüngliche Idee war also nie, Iaidô als alleinige Kampfkunst zu üben. Eben weil das kaum einen Sinn ergibt.
wurden Ende der 1960er die ersten sieben neuen Standard-Kata entwickelt (heute sind es bereits zwölf).
Zusätzlich werden im ZNKR Iai ja noch die Kata der Muso Shinden Ryu geübt, das sind nochmal 41
[QUOTE=ryoma;3756895]:D, wurden Ende der 1960er die ersten sieben neuen Standard-Kata entwickelt (heute sind es bereits zwölf).
[/YOUTUBE]
Zusätzlich werden im ZNKR Iai ja noch die Kata der Muso Shinden Ryu geübt, das sind nochmal 41
Nein, im ZNKR-Iai werden nur die erwähnten zwölf Kata der ZNKR gelernt.
Kommt ganz auf das jeweilige Dôjô an, ob dort auch Kata der Musô Shinden-ryû, der Musô Jikiden Eishin-ryû, der Mugai-ryû der Hoki-ryû oder auch der Tamiya-ryû (oder andere) unterrichtet werden.
Ich sprach aber davon, wie und weshalb das ZNKR-Iaidô entstanden ist. Und da war tatsächlich der Hauptgrund, den "normalen" Kendôka an den Gebrauch eines Schwertes heranzuführen. Und dazu reichen ja die paar Seitei-Kata aus.
Das blöde war einfach, dass sich gar nicht so viele Kendôka das antun wollten. Und so geschah es, dass plötzlich alle Iaidôka diese Seitei-Kata auch lernen mussten. Eigentlich völlig schwachsinning, schliesslich haben die ja jeweils ein grosses Curriculum der "eigenen" Schule...
Im übrigen gibt es mittlerweile zahlreiche Dôjô (zumindest aus Japan kenn ich das), wo ausschliesslich die zwölf Seitei-Kata trainiert werden. Das reicht auch aus um bis zum 3. Dan zu kommen. Erst für die Prüfung zum 4. Dan müssen zwei Kata aus einer alten Schule gezeigt werden. Diese Info ist evtl. veraltet, ich befasse mich damit nicht mehr.
ryoma wenn es dir nicht zuviel ist hätte ich das gern etwas näher ausgeführt, weil ich diese Grundidee sehr komisch finde und du vielleicht sagen kannst, ob es echt so komisch ist, oder ich was übersehe.
Iaido wurde also von Kendoka gegründet und dann aber nicht in ihr eigenes Budo integriert sondern direkt ein neues Gendai Budo ins Leben gerufen, was dann aber von Kendoka trainiert werden sollte? Und dann haben die sich selbstständig gemacht und jetzt sind Iaido und Kendo getrennt?
Oder wurde aus den Vorläufer-Koryu das Curriculum quasi immer weitereingegrenzt und quasi der letzte Schritt war die Ausgliederung des Iaido?
In jedem Fall sehr skurril.
edit: oder gab es das, was im Iaido vermittelt werden soll in (fast) allen Koryu auf unterschiedliche Art, und entsprechende Vertreter haben das quasi eine Fusion zu einem neuen Hybrid gemacht, die dann dem Inhalt keiner Koryu mehr entspricht, aber einem Uniformitätsgedanken folgt?
Tantal, deine kurze Zusammenfassung ist interessant! Die Punkte stimmen zum Teil aber zum Teil auch nicht ganz. Das grosse Ganze ist natürlich etwas komplexer.
Beginnen wir am Anfang: In grauer japanischer Vorzeit (also vor einigen hundert Jahren...) gabs eine Vielzahl an Kriegskunst-Schulen, sog. Ryûha. Davon gabs ganz unterschiedliche: Solche, die einer Lokalverwaltung unterstanden, solche, die weit weg von den Zentren auf dem Land ihr Dasein fristeten, solche, die in den politischen/wirtschaftlichen Zentren viele Schüler um sich scharten etc. Was allen gemein war: Keine dieser Schulen beschränkte sich je ausschliesslich auf eine Waffe oder gar nur auf eine Handhabung.
In der Edo-Zeit (ca. ab 1615 – 1868) kam es zu ersten Spezialisierungen. Aber selbst diese zielten nicht darauf ab, isoliert mit genau einer einzigen Waffe (oder gar waffenlos!) zu hantieren. Die Schulen bzw. deren Oberhäupter bauten ihre Prinzipien rund um eine Hauptwaffe auf, ohne dabei andere Waffen zu ignorieren. Darum sprach man nun von Schwertschulen, Naginataschulen, Jujutsu-Schulen usw. was lediglich den Hauptteil des Curriculums beschrieb. Aber natürlich musste man die Vor- und Nachteile der anderen Waffen kennen um gegen sie (und mit ihnen) in einem Kampf bestehen zu können.
Stangenwaffen wie Yari und Naginata waren in der Sengoku- und Azuchi-Momoyama-Zeit (ca. ab 1470 – ca. 1615) prägend. Das Schwert (lang oder kurz) diente lediglich als Backup oder persönliche Schutzwaffe.
Die Schwertschulen nahmen in der Edo-Zeit wesentlich mehr Platz ein, auch weil es nun verpflichtend wurde für Bushi ein Daishô zu tragen. Und selbst Bauern, Handwerkern und Kaufleuten war erlaubt, ein Schwert zum persönlichen Schutz zu tragen (dazu gab es zahlreiche Gesetze in den einzelnen Provinzen).
Widmen wir uns nun den Schwertschulen: Deren Curriculum war meist aufgeteilt in Kenjutsu und Battôjutsu (Iaijutsu). Also der Kampf mit bereits gezogenem Schwert und der Kampf, wo man das Schwert situationsbedingt schnell zum Einsatz bringen musste (also ziehen). Es sollte klar sein, dass man beides nicht trennen konnte, unter der Voraussetzung, dass man immer noch vom eigentlichen Kampf ausgeht.
Ab ca. Mitte des 19. Jahrhunderts bis zu den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts begann sich das moderne Kendô zu formen. Die Männer, welche dies taten, stammten alle aus klassischen Schulen. Und alle konnten selbstverständlich mit einem echten Schwert umgehen. Die neue Meiji-Regierung transformierte die Nation ab 1868 komplett um und auf allen Ebenen wurden Vereinheitlichungen eingeführt. Dies betraf in erheblichem Mass auch das öffentliche Schulwesen. Bald schon war Kendô in allen Lehrplänen fester Bestandteil.
Nun fand die eigentliche Zersplitterung statt. Kendô war nun das (mehr oder weniger), wie man es heute kennt. Bereits die erste Generation, welche Kendô an öffentlichen Schulen erlernte, hatte mit der Handhabung eines echten Schwertes nichts mehr am Hut.
Gleichzeitig gingen viele der alten Schulen mit ihren umfassenden Curricula nun durch eine harte Zeit. Ihre Methoden waren nicht mehr gefragt. Man zog sich zurück und pflegte noch das Eine oder Andere. War es früher klar, dass man das Battôjutsu mit dem Daishô im Obi erlernte wurde es nun üblich, das Kurzschwert wegzulassen und nur noch das Langschwert zu tragen wenn man Battôjutsu übte. Auch hier eine erhebliche Verwässerung in den eigentlich klassischen Schulen.
Man muss wissen, dass all die Ryûha welche heute bekannt sind als typische "Iai-Schulen" grundsätzlich Kenjutsu-Schulen waren mit einem Curriculum, der ebenfalls den Kampf mit gezogenem Schwert lehrte in zahlreichen Kata.
Auch hier kam es gerade im 19. Jahrhundert und später zu erheblichen Veränderungen und der Teil mit den Iai-Kata wurde überbetont.
Nach dem 2. Weltkrieg und dem Ende der US-Besatzung kam es zu einem erneuten Umbruch im Budô. Nun dachte kaum noch jemand daran, mit diesen Künsten zu kämpfen. Das Kendô wurde noch stärker versportlicht und die Iai-Schulen pflegten ihre Schwertziehkunst mit ihren Kata, ohne einen Gedanken an einen möglichst effektiven Einsatz zu verschwenden.
Klar, es gab noch "alte" Kendôka die sich noch im Iai übten. Aber das war eine absolute Minderheit.
Darum kam die ZNKR (Alljap. Kendoverband) in den frühen 60er auf die Idee, einige Iai-Kata aus einigen der alten Schulen zu schaffen, um den Kendôka die Handhabung eines Schwertes zu vermitteln. Dabei konnte man nicht einfach eine Kata von Schule X, drei Kata von Schule Y und zwei Kata von Schule Z nehmen. Schliesslich basierten alle auf unterschiedlichen Prinzipien und unterschieden sich zum Teil erheblich.
So gesehen machte es durchaus Sinn, einen Standard zu schaffen. Insbesondere wenn es nur darum ging, Kendôka die Basics beizubringen.
Leider wurde es aber versäumt (oder es kam zu Widerstand), diese paar Kata für Kendôka verpflichtend zu machen. D.h. nur wenige übten sich darin. Nun hatte man in jahrelanger Arbeit einige Standard-Kata geschaffen und niemand wollte die... irgendwie doof.
Also kam eben die Idee auf, diese Kata den Iai-Dôjô aufs Auge zu drücken. Sozusagen als "Einstieg" ins Iai. Ganz unbesehen davon, dass es ja in allen Schulen einfache Einstiegskata gibt....
Seltsam ja. Hat aber funktioniert, was einen in Japan auch gar nicht zu verwundern braucht.
Und dann wurde schnell noch ein umfangreiches Prüfungswesen rund um diese Kata aufgebaut und nicht zu vergessen... mehr Kata geschaffen. Von ursprünglich sieben ist man heute bereits bei zwölf.
Tantal, du hast es in deinem Post "skurril" genannt. Das ist durchaus eine Umschreibung, welche ich unterstützen würde.
P.S. Gut möglich, dass ich in meiner Beschreibung nicht alle Eventualitäten und Ausnahmen berücksichtigt habe und sicher hie und da verkürzt argumentiere. Trotzdem sollte es möglich sein, dadurch ein ziemlich realistisches Bild der Situation zu bekommen.
FireFlea
12-09-2020, 10:45
Ich habe ja ca. zwei Jahre Iaido ausgeübt. Mein Lehrer hat auch Anfänger neben den seitei-iai (für die "Fachfremden" - das sind eben die erwähnten Standard kata für die Kendoka) auch kata aus dem Curriculum des Muso Shinden Ryu üben lassen. Zudem haben wir regelmäßig die kumitachi des Muso Shinden Ryu gemacht. Das ist aber beileibe kein Standard. Viele Dojo üben bis in die mittleren Dangrade nahezu ausschließlich seitei-iai (da die auch als einizige prüfungsrelevant sind) und kumitachi praktisch gar nicht, allenfalls ab dem xten Dan. Ich hatte auch im eigenen Verein Danträger, die eigentlich kein kumitachi wollten und gesagt haben, wer Schwertkampf will, soll halt zum Kendo gehen.
Ah super, vielen Dank dafür!
Schöner kompakter Text, den man bei Bedarf auch mal verlinken kann. Mehr ins Detail gehen kann man wahrscheinlich immer, aber da ich in den CMA unterwegs bin reicht mir diese Zusammenfassung, um Iaido mal grob einordnen zu können, das habe ich bisher noch nie gemacht.
Ich habe ja ca. zwei Jahre Iaido ausgeübt. Mein Lehrer hat auch Anfänger neben den seitei-iai (für die "Fachfremden" - das sind eben die erwähnten Standard kata für die Kendoka) auch kata aus dem Curriculum des Muso Shinden Ryu üben lassen. Zudem haben wir regelmäßig die kumitachi des Muso Shinden Ryu gemacht. Das ist aber beileibe kein Standard. Viele Dojo üben bis in die mittleren Dangrade nahezu ausschließlich seitei-iai (da die auch als einizige prüfungsrelevant sind) und kumitachi praktisch gar nicht, allenfalls ab dem xten Dan. Ich hatte auch im eigenen Verein Danträger, die eigentlich kein kumitachi wollten und gesagt haben, wer Schwertkampf will, soll halt zum Kendo gehen.
Oh, da hast du aber echt Glück gehabt! Ich habe fast 20 Jahre Iaidô trainiert (mit zwei Unterbrüchen), sowohl in Europa wie auch in Japan.
Dein letzter Satz ist sehr bezeichnend und eigentlich auch sehr typisch. Und trotzdem steht auf allen Iai-Dôjô-Webseiten, dass es sich um eine Kampfkunst handelt. :D
Das Ganze geht ja auch einher mit der Tatsache, dass das üben mit Shinken mittlerweile nahezu überall verpönt ist. Muss man sich mal vorstellen...
FireFlea
12-09-2020, 17:28
Oh, da hast du aber echt Glück gehabt! Ich habe fast 20 Jahre Iaidô trainiert (mit zwei Unterbrüchen), sowohl in Europa wie auch in Japan.
Dein letzter Satz ist sehr bezeichnend und eigentlich auch sehr typisch. Und trotzdem steht auf allen Iai-Dôjô-Webseiten, dass es sich um eine Kampfkunst handelt. :D
Das Ganze geht ja auch einher mit der Tatsache, dass das üben mit Shinken mittlerweile nahezu überall verpönt ist. Muss man sich mal vorstellen...
Ja ich meine es gibt bzgl. Shinken Verbot eine Regularie im Deutschen Iaido Bund. Ich finde das was wir gemacht haben auf jeden Fall gut und trainierenswert aber ich würde es auch eher als Körperschulung mit Budo Aspekten sehen oder als ergänzende KK aber nicht als eigenständige/vollständige KK und vermutlich wird auch bei regelmäßigem Training der kumi tachi das jemandem mit entsprechenden Ansprüchen nicht ausreichen.
Da der TE ja explizit Bezüge zur japanischen Kultur möchte, könnte vielleicht auch ein gutes Bujinkan dojo was für ihn sein.
. Viele Dojo üben bis in die mittleren Dangrade nahezu ausschließlich seitei-iai (da die auch als einizige prüfungsrelevant sind) und kumitachi praktisch gar nicht, allenfalls ab dem xten Dan.
Ich trainiere Iaido eigentlich gar nicht in einem Verein, wir sind nur so eine lockere Trainingsgruppe, zwar unter der Anleitung zweier hochgraduierter Danträger, machen aber selbst keine Prüfungen.
Trotzdem über wir sowohl Katas der alten Schulen, als auch kumitachi
vBulletin v4.2.5, Copyright ©2000-2025, Jelsoft Enterprises Ltd.