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Vollständige Version anzeigen : Schlagkraft erhöhen wie genau eigentlich?



Gast
25-09-2020, 08:51
Moin zusammen

Mag vielleicht seltsam klingen die Frage, aber: Wie genau kann man eigentlich die Schlagkraft (mir geht es um die Faust, "normale" Jab-Cross-Techniken) erhöhen?

So ganz naiv:
Technik um hemmende Muskulatur zu mindern und beteiligte Muskulatur erhöhen, dazu dann Masse mal Geschwindigkeit (was wohl mit Technik zusammenhängt)? Aber verbessert bzw. erhöht Schlagen auf Pratzen oder Sandsack eigentlich die Schlagkraft (und wenn ja wodurch)? Was spielt da noch mit rein, was nicht, was kann man verbessern, wo sind die Grenzen?

Danke!

DatOlli
25-09-2020, 09:09
Mal so ganz aus der Hüfte.
Die Massebeschleunigung kann man auch ohne Sandsack o.ä. ganz gut üben. Aber alles was für die Übertragung notwendig ist (neurolog. und physiolog, Timing, Bewegung im Raum, Groundpath u.s.w. u.s.f.) kann man sehr gut am Sandsack üben. Was das Zusammenspiel aller Komponenten verbessert und damit dann auch die Schlagkraft erhöht.
So aus meinem Erleben und aus der Hüfte geschossen.

Liebe Grüße
DatOlli

Bücherwurm
25-09-2020, 09:22
Moin zusammen

Aber verbessert bzw. erhöht Schlagen auf Pratzen oder Sandsack eigentlich die Schlagkraft (und wenn ja wodurch)?
Danke!

... auch Makiwara, wobei mit Schutz/ ohne Schutz sehr unterschiedlich ist.

Das Thema heißt m.E. "Ganzkörperkoordination".

+ funktionelles Krafttraining.

Björn Friedrich
25-09-2020, 10:17
Das Entscheidende ist die Entspannung, je mehr du den Unterarm entspannen und ins Ziel "werfen" kannst, desto tiefer geht der Schlag. Schwieriges Thema....

Gast
25-09-2020, 10:40
Das Entscheidende ist die Entspannung, je mehr du den Unterarm entspannen und ins Ziel "werfen" kannst, desto tiefer geht der Schlag. Schwieriges Thema....

Jo... Bei uns sagen wir auch mal, dass wir eigentlich den Körper in die Faust projizieren, die ins Ziel fliegt. Das wäre die eine Art der Kraftgenerierung (in meinem Verständnis). Peak-Point ist kurz vor dem Loslassen bzw Abfeuern. Geht das in die Richtung die du meinst?

Gast
25-09-2020, 10:42
... auch Makiwara, wobei mit Schutz/ ohne Schutz sehr unterschiedlich ist.

Das Thema heißt m.E. "Ganzkörperkoordination".

+ funktionelles Krafttraining.

Hmm... Jo, Ganzkörperkoordination ist notwendig, um das Ziel wie gewünscht zu treffen (so es sich nicht wegbewegt...), also zum gewünschten Zeitpunkt der Körperbewegung. Meinst du das?

Gast
25-09-2020, 10:46
Mal so ganz aus der Hüfte.
Die Massebeschleunigung kann man auch ohne Sandsack o.ä. ganz gut üben. Aber alles was für die Übertragung notwendig ist (neurolog. und physiolog, Timing, Bewegung im Raum, Groundpath u.s.w. u.s.f.) kann man sehr gut am Sandsack üben. Was das Zusammenspiel aller Komponenten verbessert und damit dann auch die Schlagkraft erhöht.
So aus meinem Erleben und aus der Hüfte geschossen.

Liebe Grüße
DatOlli

Hmm... Okay. Zustimmung :-) Aber die Schlagkraft wird quasi nur durch das verbesserte Zusammenspiel der Komponenten gesteigert? Dr Widerstand bzw. das Gewicht vom Sandsack selbst sind eigentlich egal, und/oder durch viel Hauen gibt es nicht automatisch mehr Schlagkraft?

Bücherwurm
25-09-2020, 10:52
Hmm... Jo, Ganzkörperkoordination ist notwendig, um das Ziel wie gewünscht zu treffen (so es sich nicht wegbewegt...), also zum gewünschten Zeitpunkt der Körperbewegung. Meinst du das?

Da natürlich auch, weil ich ja erstmal "hinkommen" muß. Aber dann eben auch zum Zeitpunkt des Auftreffens. Differenziert sich m.E. in zwei Schwerpunkte:

Hohe Geschwindigkeit des Armes -> Hohe Energie -> Zerstörung im Ziel, aber eher an der Oberfläche. Der andere Pol: "Kraft aus der Körpermitte", geringere Geschwindigkeit des Armes, aber höhere Masse im Ziel, daher höherer Impuls und "tiefere" Wirkung, z.B. beim sog. 1-inch-punch.

Eskrima-Düsseldorf
25-09-2020, 11:04
Zwischendurch mal extrem langsam trainieren, also die Schlagbewegung sehr bewusst und entspannt trainieren, kann sehr hilfreich sein.

Gast
25-09-2020, 11:25
Zwischendurch mal extrem langsam trainieren, also die Schlagbewegung sehr bewusst und entspannt trainieren, kann sehr hilfreich sein.

Yepp!

Gast
25-09-2020, 11:31
Vielleicht noch mal anders gefragt: Ein „direktes“ Training zur Erhöhung der Schlagkraft gibt es eigentlich nicht, oder? (Anders als beim Schnellkrafttraining, d. h. die Schnellkraft kann man ja gezielt trainieren, oder?) Es ist immer Optimierung der Technik, was sich in der Beschleunigung/Geschwindigkeit und der eingebrachten Maße ausdrückt?

Klaus
25-09-2020, 11:57
Nein. Es ist immer eine Kombination aus der Steigerung der rohen Kraft und der Bewegung, bzw. kann es sein. Wenn man die Kraft nicht steigert, optimiert man nur den Ablauf, was auch schon ein großer Fortschritt sein kann. Steigert man noch zusätzlich die Kraft, multipliziert sich das. Ich weiss nicht ob es sich lohnt auf den Nachbrenner-Effekt von Jin-Training einzugehen, den merkt man aber extrem wenn er denn einsetzt. Das tut er nur bei vielen Leuten nicht, und die halten das dann für nicht existent.

Cam67
25-09-2020, 12:02
Julian , was genau verstehst DU eigentlich unter Schlagkraft ? Die Wirkung ansich ?

Du siehst ja auch an den Kommentaren , das man auch ein wenig die Art des Schlages mit einbeziehen muss.
Will ich eher durchdringend arbeiten , wie z.b bei den " schweren Schlägen" ( nicht harter schlag ) gehts ja eher darum die Schutzspannung der Muskulatur zu umgehen bzw nicht oder nur wenig zu triggern. Die Faust Fällt hinein or wird quasi geworfen . Da brauch ich garnicht so hohe Geschwindigkeiten .
Die Wirkung allerdings in realen Situation halte ich für Begrenzt .

Gehts um harte Strukturen die ich brechen will ? Um Destruktion ? Da brauch ich hohe Geschwindigkeit und Spannung Entspannung auf den Punkt . Und arbeite mit sehr kleiner Impulsdauer
Zum Training sind dann auch festere Widerstände geegneter ....leicht flexible , aber feste bis harte Oberflächen .wo man nur wenig eindringt aber trotzdem eine kleine Bewegung stattfindet.
Makiwara , Wandbretter an Gummi aufgehängt . Mittelschwerer Sandsack ( für Bewegung) und ein Buch als Trefferfläche befestigt. ( ich geh hier von Training ohne Bandage und Handschuhe ( ausnahme leichte MMA-Handschuhe ) aus)
Schnellkraft halt

Oder gehts um Schläge die mehr als kinetische Energie im Anderen wirken , ihn also Bewegen ..dann ist die Impulsdauer länger ,
So braucht man auch schwerere Widrstände mit nicht ganz so harten Oberflächen ( um die Eigenbremsung zu minimieren)
Schwere Sandsäcke schlagend bewegen oder einfach nur explosiv schwingen lassen , schwere Böcke die man mit Faust vor sich her schiebt/Schlägt ,

Supports wie Medizinballstossen gegen Wände , schwere Hammer auf Autoreifen , Holzhacken , Schulterrammen , langsame Schlagmuster gegen Widerstandsbänder mit wechsel zu schnellen , usw,
Schub und Stossübungen ,
Explosivkraft.

Idealerweise schaft man es beides , SCHNELLKRAFT ( hohe Beschleunigung) und EXPLOSIFKRAFT ( hohe Spannung) zu verbinden .
Hohe spannung bei Explosivkraft bezieht sich auf den winzigen benötigten Moment und nur in der dafür notwendigen Muskulatur plus die korrekten Gelenkketten. ........und hier ist für Viele das Problem .
( erinnere dich an die Beugeübung mit dem Band und der Bizeps trotzdem entspannt blieb)

Die Muskulatur arbeite zu träge was die Entspannung angeht , auch im Moment des Schlages der ja wie alle Bewegungen in Phasen abläuft und ständig ein umschalten der Beteiligten Muskulatur benötigt .
Mein Fokus ist deshalb v.a. SCHNELL entspannen zu können bzw das die Muskulatur sehr schnell die kurz aufgebaute hohe Spannung an einem Punkt, wieder hergeben kann.

die Wechsel sind der Fokus.

period
25-09-2020, 13:24
Im Boxen wird zu diesem Thema meist auf Jack Dempsey verwiesen, und laut Dempsey entsteht Schlagkraft primär durch Gewichtsverlagerung, insbesondere den "falling step". Die anderen Punkte wie Entspannung, Geschwindigkeit des Arms, Timing, korrekte Struktur usw. wären dadurch nicht nichtig, sondern eben limitierende Faktoren dafür, wie viel Energie aus der Gewichtsverlagerung man tatsächlich ins Ziel bringen kann. Dempseys Buch Championship Fighting ist ein Klassiker, um den man zu diesem Thema vermutlich tatsächlich kaum herumkommt. Für die einzelnen "limitierenden Faktoren" gibt es je nach Schule und Stil unterschiedliche Drills (z.B. "Champ" Thomas: isometrische "Schläge" zwecks Ausbildung einer optimalen Kraftübertragung und Struktur usw.).

Beste Grüsse
Period.

Klaus
25-09-2020, 14:08
Leute die von Natur aus überdurchschnittlich stark sind, besonders im Oberkörper, vergessen gerne dass das nicht normal ist. Wenn man das nicht hat muss man da auch eine Grundlage schaffen, sonst kommt man nur so weit. Mein Vater hat als Dreher in den 50ern mit 14 angefangen schwere Werkstücke mit 2, 3 Mann zu tragen oder an Ketten über den Hof zu ziehen, der war so brutal stark dass man den im Sparring bremsen musste. Das können auch Landwirte, Schlosser usw., aber keine Bibliothekare oder Softwareentwickler wie ich. Da muss man die entsprechende Arbeit investieren um auch nur in die Nähe solcher Kraftwerte zu kommen.

Nick_Nick
25-09-2020, 14:42
Mal sehr provokativ könnte das Arbeiten am Sandsack zur Steigerung der „Schlagkraft“ (was immer damit genau gemeint ist, wie auch Cam67 geschrieben hat) für eine Schlagwirkung hinderlich sein. Je nach Können des Übenden.

Im Buch „Legacies of the Sword" von Karl Friday zur Kashima Shin Ryu ist eine Grafik zur Schlagkraft. Verglichen wird der Impact des Schlages eines Profis mit dem eines „Amateurs“. Der Unterschied ist, dass der Profi erheblich eher sein Maximum erreicht, also schneller ist. Zu dem Szeitpunkt ist die Power des Amateurs noch viel geringer. Der Amateur erreicht später sein Maximum, das aber höher als das Maximum des Profis ist. Kommt aber eben nur zu spät.

Aus meiner Sicht ist´s zumindest nicht unproblematisch, an der Schlagkraft am Sandsack zu arbeiten. Was nützt der größte Hammer, wenn er zu sehen ist, und sei es nur minimal. Und die Gefahr besteht m.E. eher am toten Gerät, weil die Rückkopplung der schmerzunempfindliche Sack etc. ist, und man eventuell ausholt, damit mehr ankommt.

Die größte Wirkung haben ja Suckerpunches, die nicht ansatzweise hart geschlagen sein müssen. Dann lieber mehr an einer perfekten Ansatzlosigkeit üben, wie bspw. von Ryabko oder Vasiliev aus dem Systema gezeigt.

Cam67
25-09-2020, 15:08
Mal sehr provokativ könnte das Arbeiten am Sandsack zur Steigerung der „Schlagkraft“ (was immer damit genau gemeint ist, wie auch Cam67 geschrieben hat) für eine Schlagwirkung hinderlich sein. Je nach Können des Übenden.

.

Nicht unberechtigt die Frage. Ist wahrscheinlich dann wieder die Art wie man dran arbeitet , ob es weiterbringt oder anfängt zu bremsen.
Wird sehr oft gelehrt nicht in den engegenkommenden/schwingenden Sack zu schlagen.

Hmh, mach es mal genau umgekehrt .
Fang den schwingenden Sack mit der Faust , mit dem Schlag , auf .
Erst ganz wenig schwingend, wenig schlagend , dann immer stärker . Dann schwerere Säcke . Du wirst merken das du mit der Zeit immer weniger and "fühlbarer" Kraft aufwenden musst um ihn mit Schlag ab/aufzufangen.
Gehst du dann an einen festen Widerstand , brauchst du weniger Aufwand um Wumms zu erzeugen.
Du findest deinen Punkt an Stabilität im Moment des Auftreffens , im Rumpf , im Fuss , im Arm . In der Gelenkkette , intuitiv ganz von allein.

Gast
25-09-2020, 15:32
Erstmal danke an alle bisher für die Anregungen, Ausführungen und Hinweise.

Tja, interessant. Was meine ich mit "Schlagkraft" - klar, irgendwie so was wie den "Wumms" wenn der Partner die Pratze oder das Kissen raus hält, und ich drauf haue... Dass da viele andere Aspekte zu berücksichtigen sind ist klar. Natürlich ist es was anderes aus einer sicheren Position heraus auf eine Pratze zu hauen, als aus der Bewegung beim Sparring; ebenso, dass schnell viel weniger ankommt, wenn der andere sich dann auch noch bewegt. Und dass die Wirkung am Mann auch irgendwie immer unterschiedlich ausfällt (kennt ja vermutlich jeder, dass man mal satte Schläge gut wegsteckt, und dann mal wieder ein eigentlich lockerer Schlag echt wehtun kann). Und und und... (Kraft die am Punkt "explodiert", Kraft die sich als Impuls fortsetzt, und anderes?)

Mir ging es eigentlich auch darum, dass die eigentliche Erhöhung der Schlagkraft in meinem Empfinden in den allermeisten Dojos/Gyms (so ein schneller Rückblick) eigentlich einfach mitläuft, als Resultat von Technikverfeinerung und ggfs. Schnellkraft. Und dass - glaube ich - das Training am Sack oft so ein bisschen automatisch als "gut für die Schlagkraft" läuft. Obwohl es das vielleicht gar nicht ist. (Denn einfach nur wiederholtes draufhauen macht den Schlag nicht stärker, oder doch? Erhöht es die Maximalkraft?)

hand-werker
25-09-2020, 15:58
Im Boxen wird zu diesem Thema meist auf Jack Dempsey verwiesen, und laut Dempsey entsteht Schlagkraft primär durch Gewichtsverlagerung, insbesondere den "falling step". Die anderen Punkte wie Entspannung, Geschwindigkeit des Arms, Timing, korrekte Struktur usw. wären dadurch nicht nichtig, sondern eben limitierende Faktoren dafür, wie viel Energie aus der Gewichtsverlagerung man tatsächlich ins Ziel bringen kann. Dempseys Buch Championship Fighting ist ein Klassiker, um den man zu diesem Thema vermutlich tatsächlich kaum herumkommt. Für die einzelnen "limitierenden Faktoren" gibt es je nach Schule und Stil unterschiedliche Drills (z.B. "Champ" Thomas: isometrische "Schläge" zwecks Ausbildung einer optimalen Kraftübertragung und Struktur usw.).

Beste Grüsse
Period.

Das Buch hab / hatte ich als PDF auf irgendeiner Festplatte rumfliegen. Ist so halb geil. Krafttraining lehnt er völlig ab, lieber nur laufen. Der falling step ist nicht schlecht aber auch nicht mehr Stand der Technik. Komplett nach vorn fallen lassen würde heute keiner mehr machen. Die Schlagtechnik mit vertikaler Faust sieht man auch bei keinem modernen Boxer mehr.



Mir ging es eigentlich auch darum, dass die eigentliche Erhöhung der Schlagkraft in meinem Empfinden in den allermeisten Dojos/Gyms (so ein schneller Rückblick) eigentlich einfach mitläuft, als Resultat von Technikverfeinerung und ggfs. Schnellkraft. Und dass - glaube ich - das Training am Sack oft so ein bisschen automatisch als "gut für die Schlagkraft" läuft. Obwohl es das vielleicht gar nicht ist. (Denn einfach nur wiederholtes draufhauen macht den Schlag nicht stärker, oder doch? Erhöht es die Maximalkraft?)

Es ist eine Kombination aus allem. Sandsack, Pratze, Sparring, Schattenboxen. Technik ist wichtig (Hüfte und Schrittarbeit), Kraft ist aber ebenfalls wichtig, wenn man die Durchschlagskraft erhöhen will. Wie Klaus schon schrieb: Grundkraft. Entweder durch körperliche Arbeit oder durch schweres Krafttraining.

period
25-09-2020, 18:03
Das Buch hab / hatte ich als PDF auf irgendeiner Festplatte rumfliegen. Ist so halb geil. Krafttraining lehnt er völlig ab, lieber nur laufen. Der falling step ist nicht schlecht aber auch nicht mehr Stand der Technik. Komplett nach vorn fallen lassen würde heute keiner mehr machen. Die Schlagtechnik mit vertikaler Faust sieht man auch bei keinem modernen Boxer mehr.


Jein. Das Buch behandelt die Vorbereitung auch nur am Rande, da gibt es noch eine einschlägige Publikation mit dem Titel "Training for Boxers" von Dempsey und Ned Fleischer dazu. Dort wird einerseits körperliche Arbeit und auch das spezifische Training (viel an Kabelzügen usw.) thematisiert, auch wenn "Roadwork" ziemlich prominent enthalten ist. Das Lustige ist: sehr viel in die Richtung könnte 1:1 von meinem Ringtrainer stammen. Und der kommt aus einem System, das nach wie vor Weltklasseleute am laufenden Band produziert, von denen extrem wenige "schweres Krafttraining" machen und auch niemand schwer körperlich arbeitet. Ich bleibe bei der Grundaussage, die ich schon vor Jahren gemacht habe - man braucht in einem Trainingssystem im Prinzip mindestens je eine Möglichkeit, wie man Kraft (im Maximalkraft-nahen Bereich), Ausdauer und Schnellkraft trainiert und die man auch erfolgreich im jeweiligen KS umsetzen kann. Wie man das bewerkstelligt, ist erstmal zweitrangig, und unter Umständen ist es m.E. entscheidender, wie leicht man sich von diesen Dingen erholt als dass sie den aktuellen Ansätzen in der Sportwissenschaft entsprechen.

Championship fighting war jetzt auch keine Lektüre, die mein Leben verändert hätte, aber dennoch etwas, was ich zu dem Thema als Pflichtlektüre bezeichnen würde, gerade weil nach wie vor so oft drauf verwiesen wird. Ich habe den Falling step auch immer eher als Konzept verstanden und weniger als lineares "Fallenlassen", wenn ich mich recht erinnere ist ja auch der linke Haken ein "falling step", wobei der Schritt als solcher komplett entfällt usw. Es ist im Prinzip also Gewichtsverlagerung in Abstimmung mit der Technik, und die ist m.E. nach wie vor das A und O in praktisch allen KS, egal obs jetzt ringend oder schlagend. Es ist nur simpler, das als "step" zu bezeichnen und am Anfang so zu lehren. Irgendwann merkt man dann, dass die Fussbewegung im Prinzip fakultativ ist und die Gewichtsverlagerung entscheidend.

Beste Grüsse
Period.

marq
26-09-2020, 12:34
Und der kommt aus einem System, das nach wie vor Weltklasseleute am laufenden Band produziert, von denen extrem wenige "schweres Krafttraining" machen und auch niemand schwer körperlich arbeitet. Ich bleibe bei der Grundaussage, die ich schon vor Jahren gemacht habe - man braucht in einem Trainingssystem im Prinzip mindestens je eine Möglichkeit, wie man Kraft (im Maximalkraft-nahen Bereich), Ausdauer und Schnellkraft trainiert und die man auch erfolgreich im jeweiligen KS umsetzen kann. Wie man das bewerkstelligt, ist erstmal zweitrangig, und unter Umständen ist es m.E. entscheidender, wie leicht man sich von diesen Dingen erholt als dass sie den aktuellen Ansätzen in der Sportwissenschaft entsprechen.


das sind alles erkenntnisse aus dem sojetsystem, die sehr gute ergebnisse erzielen. trotzdem glaube ich , dass es mittlerweile andere systeme gibt, die wissenschaftlich bessere ergebnisse erzielen. leider braucht man dazu einen trainer, der sehr gut im krafttrainingsbereich ist und auch im technischen bereich. dies ist die schwierigkeit bei den neueren ansätzen.

concrete jungle
26-09-2020, 13:24
Buchtip: Boxen mit Rene Weller oder das Box-Gym von Max Herfert (sind vom Inhalt her gleich).

Einen richtig guten Boxtrainer an den Pratzen zum 1-1 schulen von Timing, Gewichtsverlagerung und Präzision kann man schwer ersetzen!

Spud Bencer
26-09-2020, 15:51
das sind alles erkenntnisse aus dem sojetsystem, die sehr gute ergebnisse erzielen. trotzdem glaube ich , dass es mittlerweile andere systeme gibt, die wissenschaftlich bessere ergebnisse erzielen. leider braucht man dazu einen trainer, der sehr gut im krafttrainingsbereich ist und auch im technischen bereich. dies ist die schwierigkeit bei den neueren ansätzen.

Boxen ist so 4000 Jahre alt, ich bezweifle stark, dass man da jetzt noch gross Neues entdecken kann. Die Diskussion über Explosivkraft in diesem Thread ist müssig. Klar, explosiv sein ist nie schlecht, das wussten schon die alten Griechen - ABER: Explosiv ohne gute Technik gibt keinen guten Schlag, gute Technik ohne grossartige Explosivität schon. Man kann nicht springende Liegestütze bolzen und dann erwarten, dass sich die Schlagkraft erhöht.
Was einen Schlag stark macht weiss man seit ewigen Zeiten: Gewichtsverlagerung, Powerline, entspannte Muskulatur, nicht zurückhalten. Das ist auch überall auf der Welt so. Nur die heutigen Experten wollen nichts davon wissen, und wenn sie es dann nicht schaffen, jemandem ordentlich Schlagen beizubringen, dann heisst es "Schlagkraft ist genetisch."
Ich hatte früher keinen Schlag, dann hab ichs gelernt und habe jetzt heavy hands. Also ist es lernbar. Methoden dafür gibt es Viele, bei mir warens die 5 Fäuste aus dem Xing Yi, andere gehen Holz hacken oder werfen Zeug rum.

Das Buch von Dempsey ist übrigens super, man muss es nur verstehen und akzeptieren, dass sich der eigene Kampfstil sich stark verändern wird, und zwar Richtung Slugger oder Swarmer. Wer das nicht will, der muss eben mit suboptimalen Schlägen leben, und wer sich nicht darauf einlässt und seinen alten Stil behalten will, der wird keine Freude daran haben. Das ändert nichts daran, dass das Buch sehr gut ist und einen zum Puncher erziehen kann.

DatOlli
27-09-2020, 11:03
Hmm... Okay. Zustimmung :-) Aber die Schlagkraft wird quasi nur durch das verbesserte Zusammenspiel der Komponenten gesteigert? Dr Widerstand bzw. das Gewicht vom Sandsack selbst sind eigentlich egal, und/oder durch viel Hauen gibt es nicht automatisch mehr Schlagkraft?

Eigentlich wurde ja schon alles geschrieben. Dennoch.
Ne, der Rest muss schon stimmen (also Athletik und Technik). Das Gewicht halte ich nicht für egal, geht ja um die Übertragung. Wie willst du merken ob deine Übertragung irgendwo "einbricht", wenn die Masse gegen die du arbeitest zu gering ist?
Ansonsten hatte ich auch die Frage leicht falsch verstanden. Es ging dir um Verbesserung der Schlagkraft allgmein. Ich hatte das irgendwie spezifisch auf Sandsack und schwere Pratzen (z-B. L-Pratzen) bezogen.

Liebe Grüße
DatOlli

PS.: Viel hauen, hilft viel, wenn man dabei auch analysiert und korrigiert. Planloses draufhauen halte ich für recht uninteressant.

period
27-09-2020, 11:37
das sind alles erkenntnisse aus dem sojetsystem, die sehr gute ergebnisse erzielen. trotzdem glaube ich , dass es mittlerweile andere systeme gibt, die wissenschaftlich bessere ergebnisse erzielen. leider braucht man dazu einen trainer, der sehr gut im krafttrainingsbereich ist und auch im technischen bereich. dies ist die schwierigkeit bei den neueren ansätzen.

Das ist immer schwer zu sagen bzw. zu beweisen, da man nicht den gleichen Athleten replizierbar beide Systeme durchlaufen lassen kann... und besser oder schlechter ja nur am sportlichen Erfolg gemessen werden, wenn man es nicht auf einen reinen Schlagkrafttest reduzieren möchte. Und im Amateurboxen ebenso wie im Ringen sind der Ex-Ostblock und das auf dem sowjetischem System aufbauende Kuba eben nach wie vor Weltmächte. Natürlich hat das verschiedene (wie böse Zungen behaupten: auch pharmazeutische) Gründe, Talentpool usw., aber das existierende System ist offenbar ausreichend, um das unter den gegebenen Bedingungen (inkl. häufig sehr bescheiden ausgestatteter Trainingsräume) zu leisten. Ich denke, das westliche System hat bestimmte Vorteile bei der Entwicklung einzelner Athleten (individuellerer Zuschnitt des Trainingsprogramms), aber das heisst nicht zwingend, dass bestimmte Erkenntnisse aus dem Ostblock da nicht einfliessen würden, nachdem fast jede Trainingsinnovation der letzten 50-70 Jahre irgendwelche Ostblock-Wurzeln hatte.

Was mir noch eingefallen ist: körperliche Arbeit wie Holz hacken, pickeln, Schaufeln usw., also genau das, was die Dempsey-Generation empfohlen hat, führt normalerweise neben dem allgemeinen kräftigenden Effekt (v.a. auch auf die Unterarme und Handgelenke) zu einem besseren Verständnis von Gewichtsverlagerung im Sinne von "wie man Gewicht hinter eine Aktion bringt". Ich muss diesbezüglich anfangs oft lachen, wenn ich meinen Studenten den Umgang mit Schaufel und Pickel beibringen muss, aber die Lernkurve ist ziemlich steil. Ist ein ähnlicher in weitem Umfang selbst-korrigierender Effekt, wie ich ihn auch beim Gummiband-Training beobachtet habe.

Beste Grüsse
Period.

Pansapiens
27-09-2020, 12:03
Vielleicht noch mal anders gefragt: Ein „direktes“ Training zur Erhöhung der Schlagkraft gibt es eigentlich nicht, oder? (Anders als beim Schnellkrafttraining, d. h. die Schnellkraft kann man ja gezielt trainieren, oder?) Es ist immer Optimierung der Technik, was sich in der Beschleunigung/Geschwindigkeit und der eingebrachten Maße ausdrückt?

Was ist denn für Dich "Schlagkraft" und wie unterscheidest Du die von Schnellkraft?



Mir ging es eigentlich auch darum, dass die eigentliche Erhöhung der Schlagkraft in meinem Empfinden in den allermeisten Dojos/Gyms (so ein schneller Rückblick) eigentlich einfach mitläuft, als Resultat von Technikverfeinerung und ggfs. Schnellkraft. Und dass - glaube ich - das Training am Sack oft so ein bisschen automatisch als "gut für die Schlagkraft" läuft. Obwohl es das vielleicht gar nicht ist. (Denn einfach nur wiederholtes draufhauen macht den Schlag nicht stärker, oder doch? Erhöht es die Maximalkraft?)

Ein Schlag auf den Sandsack ist eine Anschlagskontraktion.
D.h. da wird eine beschleunigte Bewegung gestoppt.
Das erhöht dann die Erfahrung damit, dass die beschleunigte Bewegung auf einen Widerstand trifft.
Bei der Beschleunigungsphase vor dem Impakt gibt er Dir keinen Widerstand und damit keinen Trainingseffekt gegenüber Schlagen in die Luft, dafür aber beim Impakt ein Feedback darüber wie stark bzw. wirkungsvoll Du beschleunigt hast.

marq
27-09-2020, 14:24
ja aus einfachsten mittel das beste zu machen, dafür sind cuba, und der ostblock bekannt und ist auch erfolgreich. hinzu kommt auch ein anderer umgang mit kampfsport im allgemeinen, der auch extrem wichtig ist. hauptkritikpunkt ist imo , dass neuere sportwissenschaftliche erkenntnisse nicht einfliessen, da diese meist mit indivdualisierten training und meist technischem aufwand verbunden ist.

@ topic schlagkraft ist ab einem bestimmten punkt nur sehr schwer zu entwickeln. bei leistungssportlern sieht man, dass viele nicht das zeug für einen ko haben. diese haben mit sicherheit versucht, dies mit den auch hier beschriebenen methoden zu ändern. trotzdem können sie mit takitischen mitteln stärkere puncher besiegen.

Nick_Nick
27-09-2020, 14:42
Hmh, mach es mal genau umgekehrt .
Fang den schwingenden Sack mit der Faust , mit dem Schlag , auf .
Erst ganz wenig schwingend, wenig schlagend , dann immer stärker . Dann schwerere Säcke . Du wirst merken das du mit der Zeit immer weniger and "fühlbarer" Kraft aufwenden musst um ihn mit Schlag ab/aufzufangen.
Gehst du dann an einen festen Widerstand , brauchst du weniger Aufwand um Wumms zu erzeugen.
Du findest deinen Punkt an Stabilität im Moment des Auftreffens , im Rumpf , im Fuss , im Arm . In der Gelenkkette , intuitiv ganz von allein.

Danke für den Hinweis. Muss ich mal sehen, ob das bei ansatzlosem Schlagen hilft.

Bzgl. ansatzlosen Schlagens und Power ist für mir mich Emelianenko (https://www.youtube.com/watch?v=Wh-eqcYR5Ng)(ab 0:30, insb. die Cross) eine Sonderklasse. Ist aber OT. Bzw. könnte man mal schauen, wie der trainiert, um seine Power zu entwickeln.

period
27-09-2020, 14:49
ja aus einfachsten mittel das beste zu machen, dafür sind cuba, und der ostblock bekannt und ist auch erfolgreich. hinzu kommt auch ein anderer umgang mit kampfsport im allgemeinen, der auch extrem wichtig ist. hauptkritikpunkt ist imo , dass neuere sportwissenschaftliche erkenntnisse nicht einfliessen, da diese meist mit indivdualisierten training und meist technischem aufwand verbunden ist.

Na ja, auf der anderen Seite konnte man m.E. auch beobachten, wie die westliche Sportwissenschaft wieder eine gewisse Kehrtwende eingeleitet hat und sich wieder dem Ostblock annähert, auch gerade in Hinblick auf Kosten-Nutzen Rechnung bei Erholungszeit etc... Mal abgesehen davon, dass das Ostblock-System in Hinblick auf die Wissenschaftlichkeit gerne unterschätzt wird (verpflichtendes fünfjähriges universitäres Vollzeitstudium für Ring- und Boxtrainer - wo gibts sowas im Westen?).


@ topic schlagkraft ist ab einem bestimmten punkt nur sehr schwer zu entwickeln. bei leistungssportlern sieht man, dass viele nicht das zeug für einen ko haben. diese haben mit sicherheit versucht, dies mit den auch hier beschriebenen methoden zu ändern. trotzdem können sie mit takitischen mitteln stärkere puncher besiegen.

Was man da auch nicht vergessen sollte, ist der Einfluss der Gewichtsklassen auf diesen spezifischen Punkt. Die Gewichtsklasse wird i.d.R. aus komplexen Überlegungen heraus gewählt, primär mit dem Ziel, möglichst viele Kämpfe zu gewinnen. "Gewinnen" ist regeltechnisch definiert, KO ist nur ein Weg dahin, und wahrscheinlich der am wenigsten zuverlässige für die meisten. Wenn man "Schlagkraft" als Wettkampfdisziplin mit offener Gewichtsklasse definieren würde, würde das Feld sehr schnell in Richtung "Kugelstosser-Physis" entwickeln und die Trainingsmethoden sich vermutlich auch denen annähern. Wenn ich kein bewegliches Ziel mehr treffen und nicht ausweichen muss, ändert sich halt vieles.

Beste Grüsse
Period.

Gast
27-09-2020, 14:52
Was ist denn für Dich "Schlagkraft" und wie unterscheidest Du die von Schnellkraft?


Hmm, Schnellkraft = die Fähigkeit, in möglichst kurzer Zeit mich oder Teile von mir von A nach B zu bewegen?
Schlagkraft = Das was man an der Kirmes-Boxbirne misst?




Ein Schlag auf den Sandsack ist eine Anschlagskontraktion.
D.h. da wird eine beschleunigte Bewegung gestoppt.
Das erhöht dann die Erfahrung damit, dass die beschleunigte Bewegung auf einen Widerstand trifft.
Bei der Beschleunigungsphase vor dem Impakt gibt er Dir keinen Widerstand und damit keinen Trainingseffekt gegenüber Schlagen in die Luft, dafür aber beim Impakt ein Feedback darüber wie stark bzw. wirkungsvoll Du beschleunigt hast.

Okay macht Sinn. Verbessert also - bezogen auf die Kirmes-Boxbirne - den Output vielleicht insofern, als man Distanz u. a. trainieren kann, so dass die beschleunigte Faust wie gewünscht auftrifft. (So in die Richtung hätte ich jetzt auch dein letztes Post verstanden, DatOlli.)

DatOlli
28-09-2020, 09:31
Hmm, Schnellkraft = die Fähigkeit, in möglichst kurzer Zeit mich oder Teile von mir von A nach B zu bewegen?
Schlagkraft = Das was man an der Kirmes-Boxbirne misst?




Okay macht Sinn. Verbessert also - bezogen auf die Kirmes-Boxbirne - den Output vielleicht insofern, als man Distanz u. a. trainieren kann, so dass die beschleunigte Faust wie gewünscht auftrifft. (So in die Richtung hätte ich jetzt auch dein letztes Post verstanden, DatOlli.)

Im Prinzip ja, gibt ja viele Komponenten die da miteinander wirken sollen. Die bekomt man damit schön synchronisiert, jedenfalls aus meiner Sicht.

Liebe Grüße
DatOlli