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Vollständige Version anzeigen : Koryu in Deutschland. Sind die Deutschen manchmal japanischer, als die Japaner selbst



dfnsake
25-12-2020, 11:15
Hallo Forumgemeinde.


Es gibt da ein, zwei Gedanken, welche auf Erfahrungen einiger Bekannter meiner Seits beruhen, welche mich beschäftigen.

Der Titel mag etwas provokant wirken, ist aber gar nicht mal so böse gemeint, wie er sich liest.

Ich habe selbst keine Erfahrungen mit Koryu gesammelt. Ich hatte lediglich mal ein BBT Probetraining vor gefühlt hundert Jahren und habe für ein halbes Jahr Shinkendo trainiert, was ja eher Gendai wäre.
Als doch leicht (die Betonung liegt hierbei eindeutig auf "leicht", da nur teilweises und eher speziell auf Tätowierungen bezogenes Wissen besteht) japanophile Person, interessieren mich Eure Erfahrungen zu folgenden Thematiken.

Ein Bekannter von mir, übte lange Jahre Katori Shinto Ryu aus und ist nicht minder stark tätowiert. Nun wissen wir alle um den Stellenwert von Tätowierten in der japanischen Gesellschaft, auch wenn dieses Jahr endlich der wichtige Schritt in Japan gegangen wurde, dieses eigentlich dort sehr traditionelle Handwerk endlich offiziell zu legalisieren, so stehen vor allem sichtbar Tätowierte immer noch stigmatisiert am Rande der Gesellschaft dort.
Als der Verein Besuch aus Japan hatte, verwunderte es eigentlich bestimmt niemanden, daß der Meister die betreffende Person regelrecht beschimpfte (der Dolmetscher meinte, er höre bei "Unterm**sch" nun auf zu übersetzen, es war wohl auch schon abendlicher Alkoholkonsum vorhanden). Das allerdings auch im normalen Dojo-Alltag die Tätowierungen hier in Deutschland mehr oder weniger stark thematisiert. Meist eher abfällig oder mit Sprüchen wie: "Damit kannst du aber nicht ins Onsen." Was zT natürlich stimmt. Wobei es ja auch Bäder gibt (meines Wissens nach, ich lasse mich da gerne korrigieren und lerne dazu), welche Yakuza unterstehen, bzw kenne ich stark tätowierte Menschen, welche in Japan auch in Bädern waren.
Jedoch frage ich mich, warum diese Aussage von Deutschen in Deutschland während des Trainings kommt, bzw warum das so stark und wiederkehrend thematisiert werden muss, zumal selbst in Japan zwar kleine Schritte, aber immerhin Schritte in eine liberalere Richtung gegangen werden. Bzw. die Zukunft dort bestimmt auch einiges ändern wird mMn.

Aber nicht nur dieses Thema beschäftigt mich. Man bekommt oftmals auch eine geradezu - ich hoffe an dieser Stelle nicht falsch verstanden zu werden - adaptierte, japanisch konservative Grundeinstellung mit, was mich in so fern verwundert, weil selbst konservativ geprägte Menschen hierzulande nicht mit japanischer Erziehung und Wertesystemen aufgewachsen sind. In einer der japanischen, vollkommen konträren Gesellschaftsform.

Ich spreche nicht von einer romantisierenden Japanophilie. Von dieser kann man sich als Interessierter eh meist kaum freisprechen und muss man mMn auch nicht. Die Asiaten im Allgemeinen romantisieren ja zB im HEMA - aber auch allgemein - die europäische Geschichte und Gesellschaft auch. Da sehe ich nichts, was verwerflich wäre.

Aber mich zB schreckt (in diesem Fall das Thema Tätowierungen, vor allem, weil diese bei mir bis ins Gesicht reichen) das oftmals ab, mal bei einer Koryu reinzuschnuppern, obwohl ich großes Interesse hätte, bzw mein Handwerk ähnliche Disziplin, Hingabe und ein Traditionsbewusstsein mit sich bringt.
Allerdings hätte ich wenig Lust, wenn ich mich auf Training konzentriere, ständig Frotzeleien über meine Optik oder generell die Thematisierung derselben über mich ergehen zu lassen.

Eure Gedanken und Erfahrungen hierzu würden mich sehr interessieren. Ich hoffe halbwegs verständlich beschrieben zu haben, um was es mir geht, denn ich habe lange überlegt, ob dieser Thread überhaupt Sinn macht und bin mir unsicher, ob ich alles so formuliert habe, wie ich es auch tatsächlich meine, bzw ob die Intention hinter diesem Thread auch rüberkommt. Es soll nämlich kein Bashing sein, sondern eher eine Interessensfrage.

Viele Grüße,

Sake

ryoma
25-12-2020, 11:33
Ein sehr interessantes Thema, danke!

Ich kann jetzt nur kurz was dazu schreiben (später dann mehr).

Ja, die Balance zu finden ist das eigentlich Schwierige dabei.
Ich kann nur von meiner Erfahrung in meiner Ryûha sprechen. Wir haben ebenfalls tätowierte Mitglieder (auch Lehrer). Aber das ist und war noch nie ein Problem. Auch nicht mit japanischen Gästen.

Was ich bei dem erwähnten Beispiel wirklich nicht verstehe, dass die Tätowierungen zu Foppereien (ich nenns mal nicht Mobbing...) führen im deutschen Trainingsbetrieb.

dfnsake
25-12-2020, 11:41
Danke ryoma für Deine Antwort. Ich bin gespannt auf eine weitere Ausführung. :)

Das ist es eben, ich verstehe das ebenso wenig. Bzw, daß ein Herr älteren Semester - Japaner - im angetüdelten Zustand gegenüber einem gesichtstätowiertem Schüler etwas ausfällig wird, finde ich zwar nicht so doll, aber kann es kulturell irgendwie noch nachvollziehen.

Der Thread ist aber natürlich nicht nur auf das Thema Tattoo beschränkt (auch wenn mich das im Speziellen natürlich sehr interessiert), sondern eben auf die von Dir auch angesprochene Balance zwischen den Kulturen. Wenn man in etwas aufgeht, verstehe ich total eine gewisse Adaption von diversen (Verhaltens-)Mustern, aber kann nicht alles so ganz nachvollziehen ab einem gewissen Grad.

Bei uns im Escrima zB ist das eh alles sehr locker.

Billy die Kampfkugel
25-12-2020, 12:25
Man kann immer das Pech haben, dass dem Gegenüber die eigene Nase, Frisur,Tatoos... etc. nicht passt. Da gibt es x Dinge an die Anstoss genommen werden könnte. Wenn man sich deswegen so weit beschränken möchte nicht mal eine Richtung oder Trainingsgruppe auszuprobieren wird man es sehr schwer haben. Die andere Seite ist die, auch wenn einem etwas nicht passt am anderen, gilt es immer noch höflich zu bleiben. Für Beschimpfungen habe ich kein Verständnis. Wenn einer in einer sehr individuell geprägten Gesellschaft wie Deutschland ist, kann sich auch einmal zusammenreißen. Wer mit der Sauferei nicht umgehen kann läßt das auch besser.

dfnsake
25-12-2020, 12:49
Hallo Billy.

Danke auch für Deine Antwort.

Evtl. habe ich mich etwas missverständlich ausgedrückt.
Es schreckt mich zwar ab, aber ich hätte anfügen sollen, daß es mich nicht per se abhält. ;)

Beim Thema Alkohol habe ich das schon öfter gehört, daß der an sich eher höfliche und zurückhaltende Japaner dann gerne mal die Zunge etwas lockert. Wie gesagt, habe ich bei älteren Herrschaften unabhängig ihrer kulturellen Prägung auch ein gewisses Grundverständnis. Das man Anstoß am Äusseren des Gegenübers nehmen kann, ist für mich - gerade in konservativerem Umfeld - auch nachvollziehbar.
Damit man sich das vorstellen kann: Ich habe wirklich mehr oder weniger auch das halbe Gesicht tätowiert, uA auch die Wange und die Stirn. Ich gehöre nicht zu den Personen, welche sich dann ganz überrascht geben, daß man eine Art Ausgrenzung erfahren kann, wobei meine Intention dahinter nicht ein gezieltes Ausgrenzen ist, aber das ist ein anderes Thema.
Der Thread soll sich wie gesagt nicht nur auf das Thema Äußerlichkeiten beziehen, das war nur ein Beispiel, welches zB mich direkt betreffen würde, sondern auch das Phänomen, daß sich manche anscheinend sehr stark in einer Art parallelen Welt "verlieren".

Viele Grüße,

Sake

Nagonomori
25-12-2020, 13:28
Ein Bekannter von mir, übte lange Jahre Katori Shinto Ryu aus und ist nicht minder stark tätowiert[...]

Als jemand der bei dem Vorfall dabei war würde ich gerne meine Gedanken teilen.
Dieser Kommentar ist leider gefallen das ist richtig. Aber ich will etwas Kontext dazu liefern.
1. Dieser Kommentar ist nicht in einem Vakuum gefallen. Dein Bekannter und der Meister kannten sich bereits über eine Dekade und es ging in dem Gespräch nicht nur um das Äussere deines Bekannten.
2. ALLE Beteiligten waren betrunken mit belgischen, Tschechichen, polnischen und deutschen Bier um 0 Uhr herum. Dein Bekannter war betrunken, der Meister war betrunken, die zwei Übersetzer waren betrunken, ich war betrunken und seit dem Vorfall sind schon mindestens 5 Jahre ins Land gegangen. Ich bezweifle das irgendjemand noch zusammen bekommt was an den Tag alles gesagt wurde.
3. (Betreffs der allgemeinen Trainingssituation in Deutschland) Dein Bekannter war nicht nur einfacher Trainingsteilnehmer in seiner Gruppe damals, sondern auch Trainingsleiter. Als solcher sollte er eigentlich einen gewissen Einfluss auf die dortige Trainingskultur in seiner Gruppe gehabt haben. Daher sehe ich seinen Konflikt in seiner Gruppe auch eher als Zwischenmenschliches Problem zwischen ihn und seinen Dohai und Dojo-cho.

Ansonsten meine allgemeinen Gedanken dazu:
Tätowierungen an sich stellen bei uns kein Problem dar. In unserem Keikojo haben wir auch Leute die Tätowiert sind. Aber ja, Tätowierungen im Gesicht sind erstmal befremdlich. Genauso wie fette Tunnel in den Ohren befremdlich sind. Selbst in Berlin sieht man das nicht jeden Tag. Jedoch würde ich in meiner Funktion als Trainingsleiter eine ständige negative Kommentierung nicht dulden.
Da wir aber bisher noch kein Mitglied in unserem Keikojo in Berlin mit Gesichtstätowierung hatten, kann ich dazu keine persönlichen Erfahrungen liefern.

ryoma
25-12-2020, 14:27
Vielen Dank für deinen erhellenden Kommentar, Nagonomori.
Somit erachte ich den speziellen Fall, mit diesen Zusatzinfos, als abgehakt und sollte hier nicht weiter thematisiert werden.

dfnsake
25-12-2020, 14:49
Hallo Nagonomori

Danke für diese Aufklärung. Dann sollten wir diesen speziellen Fall wohl, wie ryoma sagte, als abgehakt betrachten.
Allerdings habe ich von einer gewissen Neigung zum Konservativen auch schon aus mehreren Mündern entnommen.

Dann würde mich natürlich aber auch eine allgemeine Meinung zum Thema abseits von Tätowierungen interessieren, denn da versteifen wir uns gerade etwas und das war nicht meine Intention. Eben so wie es nicht meine Intention war gewisse einzelne Schulen an den Pranger zu stellen. Das waren nur Gedanken, welche mir bei solchen Geschichten durch den Kopf gingen.

Viele Grüße,

Sake

Edit: Auch danke für eine zweite Perspektive auf diese spezielle Geschichte.

Edit II: Ich hoffe niemandem auf die Füße getreten zu sein. Falls doch, so möchte ich mich entschuldigen, dies war nicht meine Absicht.

Gast
25-12-2020, 14:59
Allerdings habe ich von einer gewissen Neigung zum Konservativen auch schon aus mehreren Mündern entnommen.



Meinst du in Deutschland oder in Japan?
In Japan wirst du doch wohl kaum was konservativeres als Koryu finden.

FireFlea
25-12-2020, 15:01
Grundsätzlich kommt man ohne Tätowierungen in Japan besser zurecht als mit. Es kann schon sein, dass man in Schwimmbädern oder Badehäusern etc. Probleme bekommt. Was nicht bedeutet, dass das generell so ist oder generell Japaner etwas gegen Tätowierungen haben. Das sicher nicht.

dfnsake
25-12-2020, 15:02
Meinst du in Deutschland oder in Japan?
In Japan wirst du doch wohl kaum was konservativeres als Koryu finden.

In Deutschland. In Japan war ich selbst noch nicht. Da kenne ich auch tatsächlich nur Tattookollegen, welche dort waren und die waren da ja weniger KK mässig unterwegs.
Ich habe selbst schonmal eine Debatte darüber führen dürfen, allerdings uferte diese nicht ins Extreme aus.

dfnsake
25-12-2020, 15:09
Grundsätzlich kommt man ohne Tätowierungen in Japan besser zurecht als mit. Es kann schon sein, dass man in Schwimmbädern oder Badehäusern etc. Probleme bekommt. Was nicht bedeutet, dass das generell so ist oder generell Japaner etwas gegen Tätowierungen haben. Das sicher nicht.

Danke für Deine Antwort. Das ist mir soweit bekannt und als Europäer, vor Allem Tourist sieht es auch nochmal anders aus.

Allerdings wollte ich mit dem Thema auch generell auf die (ryoma hat es passender und schöner ausgedrückt) "Balance" zwischen den kulturellen Aspekten bei Praktizierenden in Deutschland (Europa oder generell dem Westen) hinaus. Nicht nur in Bezug auf Tätowierungen.
Eher, wenn die eigene Sozialisierung von einer eher schon selbst antrainierten (angewöhnten?) "japanischen" Abgelöst wird. ZB den Spruch mit den Onsen habe ich tatsächlich auch selbst schon von Kunden gehört. Nicht unbedingt immer im negativen Kontext, aber durchaus auch schon. Was relativ witzig war, nachdem ich die Personen im selben Moment ebenfalls tätowiert habe. :)

ryoma
25-12-2020, 15:12
Danke ryoma für Deine Antwort. Ich bin gespannt auf eine weitere Ausführung. :)

Das ist es eben, ich verstehe das ebenso wenig. Bzw, daß ein Herr älteren Semester - Japaner - im angetüdelten Zustand gegenüber einem gesichtstätowiertem Schüler etwas ausfällig wird, finde ich zwar nicht so doll, aber kann es kulturell irgendwie noch nachvollziehen.

Der Thread ist aber natürlich nicht nur auf das Thema Tattoo beschränkt (auch wenn mich das im Speziellen natürlich sehr interessiert), sondern eben auf die von Dir auch angesprochene Balance zwischen den Kulturen. Wenn man in etwas aufgeht, verstehe ich total eine gewisse Adaption von diversen (Verhaltens-)Mustern, aber kann nicht alles so ganz nachvollziehen ab einem gewissen Grad.

Bei uns im Escrima zB ist das eh alles sehr locker.

OK, "Balance zwischen den Kulturen":
Wir leben nun mal in einer multikulturellen Welt. Damit meine ich übrigens nicht das bekannte "multikulti", welchem ich persönlich auch nicht viel abgewinnen kann, sondern einfach die Tatsache, dass viele Menschen heute einer Vielzahl an Kulturen bzw. kulturellen Phänomenen ausgesetzt sind.
Sei das auf langen Reisen oder im Sinne von Auswanderung, als Expat, in einer Beziehung mit einem Partner(in) aus einem anderen Kulturkreis etc.
Das war ja in der Generation unserer Grosseltern noch nicht so ausgeprägt bzw. gar nicht vorhanden.
Man wird sich also immer irgendwie zurechtfinden müssen. Aber das gelingt den meisten doch meist relativ gut.

Wenn man sich nun allgemein zu japanischen Künsten hingezogen fühlt, kann das natürlich interessant, spannend und horizonterweiternd sein. Dabei sollte man aber nicht vergessen, dass hier die Allermeisten auch nicht mehr tun, als leicht an der Oberfläche zu kratzen (die erwähnte Japan-Romantik).
Und gerade bei solchen Leuten kann es vorkommen, gewisse Verhaltensweisen, welche sie für genuin "japanisch" halten, einfach zu kopieren. Dabei sind dies aber oft nur Verhaltensweisen einer bestimmten Person oder eines kleinen Personenkreises. Das kann wohl kulturell geprägt sein, muss es aber nicht zwingend.

Auf meinem Blog habe ich zu diesem Themenkomplex auch schon einiges geschrieben.
Ich bin davon überzeugt, dass man es mit einer eigenen, konservativen Haltung in den wirklich klassischen japanischen Künsten wohl etwas einfacher hat. Damit meine ich hauptsächlich, dass man wohl grösseres Verständnis für gewisse Phänomene, Vorstellungen oder Anforderungen in diesen Künsten aufbringen kann.
Ich trenne hier bewusst nicht zwischen Koryû-bujutsu und anderen tradierten Künsten.

Solche tradierten Künste sind ja bekanntermassen meist in Schulen organisiert, welche in sich einen abgeschlossenen Kosmos bilden und oft stark hierarchisch geprägt sind. Das heisst jedoch nicht, dass man seine Persönlichkeit verleugnen muss, man sollte sich jedoch zurücknehmen können. Allein das fällt vielen westlichen Schülern schon schwer genug.

Wenn man also Teil solch einer Schule werden möchte (man tritt ja nicht einfach so ein, sondern erhält die Erlaubnis dazu), sollte einem klar sein, worauf man sich einlässt. Das ist nicht immer einfach zu erkennen, ja. Aber wenn man mit dem Gedanken spielt, wird vonseiten solcher Schulen auch erwartet, dass man sich mit der Materie eingehend befasst. Das es schlussendlich nicht allen taugt (aus was für Gründen auch immer) ist aber klar und stellt auch keinerlei Probleme dar. Ich habe noch nie davon gehört, dass es jemandem unmöglich gemacht wurde, eine Schule zu verlassen.
So gesehen, hat jeder also die grösstmögliche Entscheidungsfreiheit: In or Out.

Nagonomori
25-12-2020, 15:15
Ich denke das es sehr stark auf den Lehrer vor Ort ankommt, seine Grundeinstellungen und wie er seine Kämpfe wählt in der Umkleidekabine.
Ich würde sagen das unser Keikojo stark im sozial Liberalen Feld liegt.
Gleichzeitig haben wir aber auch einige ältere und eher konservative Mitglieder die als solche auch ihre Meinung kundtun.
Hier musste ich bisher nur einmal eingreifen während eines Essens nach dem Training weil sich ein älterer Herr darüber lustig machen musste das eins unserer Mitglieder halt Veganerin ist. Hat alle Klischeewitze die seit 10 Jahren erzählt werden aus seinen Reportoire rausgeholt. Ihr war die gesamte Sache deutlich unangenehm da sie auch nicht auf Konflikt und Belehrung aus war, sie wollte nach dem Training nur was zu essen haben. Aber er als Fleischesser wollte unbedingt das sie sich rechtfertigt dafür kein Fleisch zu essen. Dies habe ich dann mit klaren Worten unterbunden.

Ich denke schon das Koryu, vorallem in Japan, eher ein Konservatives Publikum anzieht. Gleichzeitig sind die Ryuha die im Westen zu finden sind im Durchschnitt doch recht liberal. Man muss bedenken das es eben auch noch Ryuha gibt die Westler garnicht erst aufnehmen.

dfnsake
25-12-2020, 15:25
Danke für die ausführliche Antwort ryoma.

Haha. Ich steh auf tatsächlich auf multikulti und einen "no borders - Gedanken", aber das ist ein anderes Thema. ;)

Jetzt kann ich natürlich bei klassischen, japanischen Künsten nur von Irezumi sprechen und dort ist das ja sogar noch sehr stark ausgeprägt. Bzw selbst hier im Westen sind die eher traditionellen Tätowierer*innen zwar meist liberal aber in Bezug auf das Handwerk sehr konservativ. Ein in sich geschlossener Kosmos. In Japan läuft das ja, wie andere klassische Ausbildungen dort auch. Man wird Teil der Familie, bekommt einen Namen vom Meister usw usf.

Leider (anderes Thema) ist die nächste, interessantere Schule ein Stückchen entfernt, was - sobald ich wieder öffnen darf nach dem Lockdown - nicht sehr gut erreichbar für mich. Bzw ähnlich "gut" erreichbar wie die neue Location meiner Escrima Gruppe. Allerdings drückt mich in letzter Zeit die Japanecke wieder etwas. Immer wenn ich an meinen Schwertern vorbeigehen, vermisse ich das schon etwas. Vieleicht auch aus dem Aspekt heraus, daß man sich mal auf etwas ganz anderes einlassen muss.
Ich liebe Escrima, aber das Training in japanischen KK reizt mich immer wieder. Na ja, mal gucken, was nach dem Lockdown so geht. Ich mach ja jetzt mit Ende 30 erst meinen Führerschein und dann kann man auch etwas flexibler sein. :D Escrima ist bei meinen Ladenöffnungszeiten auch nicht mehr so gut machbar, ich glaube, das Iaido Dojo in Düsseldorf war da etwas später am Abend. Aber ich schweife ab. ^^

dfnsake
25-12-2020, 15:29
Danke Nagonomori.

Es freut mich tatsächlich zu hören, wenn es in Vereinen so gut läuft.
Wie gesagt habe ich gar kein Problem mit leichten Seitenhiebem und bin sowieso eher zurückhaltend und harmoniesuchend. Bis zu einem gewissen Grad. Wäre man da jetzt im Escrima würde ich eine Sparringrunde einfordern. ;)
Nein, Spaß bei Seite. Das macht ein wenig Mut.

Ich finde es generell spannend, wenn ihr solche Erfahrungen teilt. Denn gerade aus dem persönlichen Umfeld kenne ich ein paar Menschen, welche gerne würden, aber sich gehemmt fühlen.

ryoma
25-12-2020, 15:46
Das Problem ist einfach, dass es mir oft unendlich schwer fällt, gewisse Sachen in Worte zu fassen.
Klingt doof, aber es geht eben meist um ganz spezielle Empfindungen oder Stimmungen (jap. "kimochi"), welche kaum beschreibbar sind...

Glaubt mir, mit den meisten meiner Blog-Artikel zu diesen Themen bin ich bis heute nicht zufrieden. Einfach weil sie nie wirklich das beschreiben können, was ich eigentlich sagen will...

dfnsake
25-12-2020, 15:49
Das Problem ist einfach, dass es mir oft unendlich schwer fällt, gewisse Sachen in Worte zu fassen.
Klingt doof, aber es geht eben meist um ganz spezielle Empfindungen oder Stimmungen (jap. "kimochi"), welche kaum beschreibbar sind...

Glaubt mir, mit den meisten meiner Blog-Artikel zu diesen Themen bin ich bis heute nicht zufrieden. Einfach weil sie nie wirklich das beschreiben können, was ich eigentlich sagen will...

Das Gefühl kenne ich nur zu gut. Damit bist du definitiv nicht alleine. Das Beschreiben dessen, was man manchmal zum Ausdruck bringen möchte, gerade, wenn eine emotionale Ebene dazukommt, ist gar nicht so einfach.

ryoma
25-12-2020, 16:03
Hier ein Artikel, der ein klein wenig davon offenbart, was ich als schwierig bzw. nicht schwierig erachte, wenn es um Koryû-bujutsu geht:

https://schwertgedanken.com/2020/03/01/das-allerschwierigste/

dfnsake
25-12-2020, 16:19
Hier ein Artikel, der ein klein wenig davon offenbart, was ich als schwierig bzw. nicht schwierig erachte, wenn es um Koryû-bujutsu geht:

https://schwertgedanken.com/2020/03/01/das-allerschwierigste/

Sehr schön geschrieben, ich kann dem Text durchaus seine Intention sehr gut entnehmen.
Interessant finde ich uA den Sparringsaspekt, denn da gibt es ja ausserhalb japanischer KK viele Schulen, welche das relativ intensiv betreiben, aber da muss ich kurz in mich gehen, um zu ergründen, bzw zu formulieren, was ich eigentlich gerade sagen möchte. ^^
Ich denke gerade ans Escrima. In unserem Stil ist das Sparring Bestandteil des Trainings, aber nicht das Ziel. Ich war eine ganze Zeit lang sehr fixiert auf den Zweikampf, weil ich den Unterschied zwischen Training von Formen und der Anwendung / Übertragung in eine Sparringssituation sehr spannend und fordernd fand.

Na toll, jetzt muss ich mich durch Deinen Blog lesen. ;)

ryoma
25-12-2020, 16:24
...Na toll, jetzt muss ich mich durch Deinen Blog lesen. ;)

Sorry, my bad!
:biglaugh:

period
25-12-2020, 16:31
Ich persönlich finde ja, die Frage ist im Grunde eine sozial-moralische, und im Allgemeinen versuche ich moralische Online-Diskussionen zu vermeiden… Ich habe auch etwas mit mir gerungen, ob ich diesen Beitrag posten soll oder nicht (auch weil hier «kimochi» eine gewisse Rolle spielen, um den von ryoma eingeführten Begriff zu bemühen). Hier aber dennoch meine 2 cts:
Aus meiner Sicht sollte man sich auch überlegen, «wofür man sich anmeldet» und «was man dann bekommt». Wenn ich etwas lernen will, das dezidiert stark in einer bestimmten Kultur verankert ist, dann muss ich auch irgendwo damit rechnen, nach den Massstäben dieser Kultur gemessen zu werden; Kultur und lokal geltendes Gesetz sind nun mal eben nicht zwingend deckungsgleich in ihren Wertevorstellungen. Ich meine das nicht im Sinne von «dann habe ich es nicht anders verdient» sondern eher im Sinne von «versuch mal, die Sache durch deren Augen zu sehen». Tue ich das nicht, dann bin und bleibe ich in den meisten Fällen fast zwangsläufig gewissermassen ein «Tourist» in den Augen dessen, der aus der Kultur kommt, sofern die Kultur für ihn einen grossen Stellenwert einnimmt – ich bin dann gewissermassen von dessen Toleranzverständnis bezüglich meiner kulturellen Andersartigkeit abhängig und muss entscheiden, ob ich mit dieser leben will oder eben nicht. Wie das von den anderen «Westlern» in der Gruppe rezipiert wird, ist nochmal eine andere Frage und hat ziemlich sicher eine gewisse Eigendynamik je nach Schule, Gruppendynamik etc.
Vielleicht bin ich da etwas zu fatalistisch, aber jede «echte» Gruppenzugehörigkeit kommt mit einem gewissen Eintrittspreis, ob jetzt im Verhaltenskodex oder auch im Auftreten: Wenn Du ins MMA, Ringen oder Boxen gehst aber nicht sparren oder kämpfen willst, wirst Du vermutlich nie in dem Masse dazugehören wie wenn Du es tust – was nicht heisst, dass die Erfahrung nicht dennoch für Dich lohnenswert sein kann – dafür sind den Leuten da aller Voraussicht nach Deine Tattoos ziemlich schnuppe (allenfalls triffst Du da eher potentielle Kunden). Ich würde z.B. auch nicht empfehlen, der dortigen Klientel ungefragt die Meinung über Narben, Blumenkohlohren etc. zu geigen. Gehst Du in eine traditionelle KK mit einer stark kulturellen Prägung, dann würde ich damit rechnen, dass eben auch die entsprechenden kulturellen Normen, Hierarchien, Vorurteile etc. irgendwann eine bestimmte Rolle spielen werden, egal ob der Schulbetreiber nun Japaner ist oder ein Deutscher, der eine Zweigstelle betreibt. Ich finde die diesbezügliche Erwartungshaltung psychologisch sehr spannend, auch wie wenig Leute sich oft dessen bewusst sind, wie sie andere mit bestimmten Kleinigkeiten vor den Kopf stossen, und das, obwohl sie etwas von denen wollen… übertrieben gesagt, auf mich wirkt es manchmal ein bisschen so wie mit offen getragenen satanistischen Symbolen zum Bischof zu gehen um sich für den Auftrag des neuen Kirchenbodens zu bewerben, und nach Ablehnung zu protestieren, dass man doch jahrelang Kirchensteuer gezahlt habe.
Ich muss sagen, meine diesbezügliche Wahrnehmung hat sich im Laufe der Zeit auch beträchtlich geändert, insbesondere als mein Verein 2014 einen neuen Ringtrainer aus dem Kaukasus bekommen hat. Ich hatte den Eindruck, dass die Einstufung seiner Fähigkeiten quer durch die Bank gleich waren – der Mann ist nun mal Weltklasse in dem, was er tut – aber die Wertschätzung und das daraus resultierende kulturelle Entgegenkommen z.T. sehr unterschiedlich waren und von «Dienstleistung» (wir zahlen, daher bekommen wir was uns zusteht und machen sonst genau das, was wir immer gemacht haben) bis «Gefälligkeit» gereicht haben; ich habe zu letzterer Gruppe gehört und habe mich ihm gegenüber gleich verhalten wie ich das gegenüber einem hiesigen Trainer tun würde – im Verständnis, dass er im Prinzip Ehrenamt macht, nie seinen Fähigkeiten entsprechend gezahlt werden wird und folglich von mir als kleine Gegenleistung für sein Engagement jedes Entgegenkommen verdient, das ich ihm bieten kann. Ich bin dann draufgekommen, dass es auch in Russland immer als Privileg verstanden wird, in einer Schule trainieren zu dürfen, nicht als eine für den zahlenden Kunden selbstverständliche Dienstleistung. Und ja, das bedeutet auch, dass ich mich mit ihm über kulturelle Normen unterhalte und versuche, sein diesbezügliches Weltbild nicht in Frage zu stellen sowie ihm Dinge, die ich anders sehe, nicht gezwungenermassen unter die Nase reibe – und das wohlgemerkt in einer Disziplin, wo Kultur eine extrem untergeordnete Rolle spielt. Es ging mir auch ehrlich gesagt nie darum, jetzt dagestanische Kultur zu lernen oder so, sondern einfach darum, dass er sich bei uns menschlich wohlfühlt. Lustigerweise bin ich auf die Weise viel tiefer in den kulturellen Aspekt hineingekommen, als ich gedacht hätte. Teilweise ist das Entgegenkommen recht einfach, teilweise für mich konkret auch etwas schwieriger bzw. unerwartet – ich habe Anfang dieses Jahres mal den Fehler gemacht, meine wissenschaftliche Meinung zur Evolutionstheorie zu äussern und obendrein noch das Konzept der historischen Quellenkritik erwähnt, was er im Lichte seines Weltbildes nicht ganz so glorreich fand :D Aber auch da stellt sich natürlich wieder die Frage, inwieweit beide Seiten bereit sind, der anderen ihre Freiheit zuzugestehen, und damit sind wir wieder in der moralisch-menschlichen Dimension (gewissermassen bei «was hält eine Freundschaft aus»).

Vielleicht hast Du ja Glück und findest eine Gruppe, die genau das bietet was Du suchst, und obendrein die gewünschte Gruppendynamik aufweist - wobei es immer schwierig ist, diese zu beurteilen, wenn man nicht dorthin geht. Aber vielleicht schadet es ja auch nicht, Dir noch ein paar Gedanken darüber zu machen, was Du jetzt konkret suchst – ich würde mal behaupten, Disziplin und Hingabe findest Du in praktisch jeder KK und jedem KS. Schwieriger wird’s beim Traditionsbewusstsein – geht es um den Aspekt selbst oder um ein Traditionsbewusstsein zu einer bestimmten Kultur – oder der Idee, die Du von einer bestimmten Kultur hast (überspitzt gesagt – japanisches Flair oder japanische Kultur)? Und was bist Du bereit in Kauf zu nehmen dafür, und was nicht? Welcher Kompromiss ist für Dich akzeptabel, um das zu bekommen was Du willst, wo bist Du bereit über Deinen persönlichen und kulturellen Schatten zu springen? Ich möchte meine diesbezügliche Herangehensweise nicht zum Massstab erheben, aber aus meiner Sicht ist gerade im kulturellen Bereich eine gewisse Bereitschaft zum «darauf einlassen» erforderlich, wenn man die vollen Vorteile haben will. Wenn nicht, dann ist man in bestimmten Kontexten eben ggf. eher «Zaungast» als «Teilhabender». Wie weit das im Einzelfall für Dich möglich bzw. wünschenswert ist, liegt bei Dir.

Beste Grüsse & alles Gute
Period.

ryoma
25-12-2020, 16:43
Sehr schön, period! Du bringst da gute Aspekte ein!

"Erwartungshaltung" ist sicher ein wichtiger Punkt und gerade im Koryû-bujutsu mit seinen schulspezifischen Ura-Inhalten ein Thema.
Diese typische Mentalität "Ich bezahle, also bekomme ich" funktioniert eben bei den traditionellen Sachen meist gar nicht. Und es gibt zahlreiche Leute, die das nicht verstehen wollen oder können.

Allein die Tatsache, dass gewisse Lehrinhalte für gewisse Schüler (noch) verschlossen sind, ist für solche Leute geradezu ein Affront.

dfnsake
25-12-2020, 16:46
Hallo Period.

Danke für die Ausführungen.

Das würde ich jetzt auch alles so unterschreiben. Ryoma hat das in einem Post hier ganz gut erklärt auf der vorherigen Seite, daher denke ich, ist das Thema an sich irgendwie schon halbwegs geklärt. :)

Für mich selbst ist das Einlassen darauf weniger die Hürde, würde ich mal so frei heraus behaupten. Durch Kontakt zu japanischen Kollegen ist mir die Kultur jetzt zwar nicht zwangsweise in allen Aspekten geläufig, aber auch nicht gänzlich fremd. Man kommt selbst beim oberflächlichen Studium von Irezumi auch nicht wirklich an grundlegender japanischer Kultur vorbei, auch wenn man sich viel in der Sagenwelt und Symbolik bewegt dabei.

Ich persönlich habe mal abseits des Grundthemas dieses Threads eigentlich nur die Wahl zwischen dem örtlichen Kendoverein, welcher seit 2013 nicht auf meine Mails geantwortet hat und (ich glaube) Muso Shinden Ryu in Düsseldorf die Wahl. In Köln gibt es glaube ich noch ein Iaido Dojo und irgendwo hier in der Nähe noch einen Verein, welcher uA "Kenjutsu" anbietet, sich aber wohl stark auf Toyama Ryu und damit ja Gendai beschränkt. Das Battojutsu der Toyama Ryu ist mir aus dem Shinkendo bekannt und halt ziemlich "straight forward". Böse Zungen würden jetzt sagen hauptsächlich etwas, was gelehrt wurde, um koreanische Bauern zu köpfen.
Ich selbst finde Muso Shinden Ryu gar nicht so uninteressant und würde dem wohl eine Chance geben. Da tun sich bei mir zwar ein paar Fragen auf, aber die beantwortet mir bestimmt sie SuFu hier auch ausreichend. ^^

dfnsake
25-12-2020, 19:48
Sehr schön, period! Du bringst da gute Aspekte ein!

"Erwartungshaltung" ist sicher ein wichtiger Punkt und gerade im Koryû-bujutsu mit seinen schulspezifischen Ura-Inhalten ein Thema.
Diese typische Mentalität "Ich bezahle, also bekomme ich" funktioniert eben bei den traditionellen Sachen meist gar nicht. Und es gibt zahlreiche Leute, die das nicht verstehen wollen oder können.

Allein die Tatsache, dass gewisse Lehrinhalte für gewisse Schüler (noch) verschlossen sind, ist für solche Leute geradezu ein Affront.

Ach, jetzt habe ich diesen Post total überlesen.

Da stimme ich durchaus mit ein. Das kenne ich jetzt zB auch aus meinem Handwerk. An dieser Stelle bin ich erneut fasziniert, wie sehr sich Tradition unabhängig der Thematik, bzw des Bezugs immer gleich verhält.
Eine Tattoolehre (also eine klassische, in meinem Fall natürlich europäische) hat auch ersteinmal eine Art "verschlossene Inhalte", die erst nach anfänglichen Bemühungen preisgegeben werden. Stück für Stück, um eben abzusichern, daß mit Wissen, welches sich über Generationen erarbeitet wurde nicht an Hinz und Kunz weitergegeben wird. Einer der Gründe, warum man dabei nichts verdient und früher sogar die Lehrmeister bezahlt hat.
Die Grundeinstellung des "Ich bezahle, also fordere ich auch" ist aber auch eine typisch europäische oder zumindest neuzeitliche mMn. Viele wertschätzen nicht mehr, was sie bekommen, bzw auch hier merkt man den Unterschied in meinem Handwerk zwischen dem Westen und Japan. Ich habe das schon oft gehört (selbst, wenn der Plan handwerklich keinen Sinn gemacht hat oder als Tätowierjng nicht funktioniert), während die japanischen Kollegen ihre Kundschaft auswählen. Da muss man sich (traditionell gesehen) erstmal als "würdig" erweisen, vom Meister eine Tätowierung zu bekommen.

Ich betrachte aber Tradition nicht als etwas konservatives oder gar statisches.

Edit: ryoma, dein Postfach ist leider voll. Wollte dir noch antworten. ^^

Schnueffler
25-12-2020, 19:58
Was das Thema Alkohol und lockere Zunge betrifft, habe ich auch 2 Erfahrungen.
Einmal auf einem KK-Seminar. Abends gab es noch in geselliger Runde das ein oder andere Bier und den jeweiligen Kurzen dazu. Die Trainer aus Japan, alle schon ein wenig reiferen Alters, wurden immer freizügiger und auch entgleisten verbal immer mehr, was die Ausdrucksweise betraf.
Das andere Mal war beruflich, hohe Regierungsbeamte und Diplomaten, selbiges Spiel. Viel Alkohol und alle sprachen in einer sehr vulgären Art.
Am nächsten Morgen war es wieder sehr formell.
Beidesmal lief die Konversation auf englisch. Fuck, Asshole, waren noch die harmlosesten Wörter.

OliverT
25-12-2020, 20:11
Erstmal muss die ablehnende Haltung gegenüber Tätowirten nicht unbedingt aus dem japanischen Kontext kommen. Gibt ja auch in Deutschlang genug Leute, die sowas nicht mögen und dass Tätowirte nicht ins Dojo dürfen ist dann nur der vorgeschobene Grund um die ablehnende Einstellung zum Ausdruck bringen zu können.

Ein anderer Punkt ist, dass gerade Menschen, die ernsthaft in neue Kulturen eintauchen, die Regeln dieser neuen Kultur strenger ausleben, als die, die darin aufgewachsen sind. Besonders wenn für diese Leute die neue Kultur, eine wichtige Stütze im Leben ist. Und das ist auch gut bei religiösen Konvertiten zu beobachten.

dfnsake
25-12-2020, 20:12
Was das Thema Alkohol und lockere Zunge betrifft, habe ich auch 2 Erfahrungen.
Einmal auf einem KK-Seminar. Abends gab es noch in geselliger Runde das ein oder andere Bier und den jeweiligen Kurzen dazu. Die Trainer aus Japan, alle schon ein wenig reiferen Alters, wurden immer freizügiger und auch entgleisten verbal immer mehr, was die Ausdrucksweise betraf.
Das andere Mal war beruflich, hohe Regierungsbeamte und Diplomaten, selbiges Spiel. Viel Alkohol und alle sprachen in einer sehr vulgären Art.
Am nächsten Morgen war es wieder sehr formell.
Beidesmal lief die Konversation auf englisch. Fuck, Asshole, waren noch die harmlosesten Wörter.


Danke für Deine Antwort.

Ich kann mir vorstellen, daß dieses Loslösen auch eben wegen der ansonsten strengen, gesellschaftlichen Konventionen dann berauscht besonders ausgelebt wird. Das beobachte ich auch bei Deutschen, welche ansonsten eher "bieder" oder sehr "spießig" sind im Alltag. Da eskaliert man besonders gerne, zumal Alkohol als Substanz ja bei übermäßigem Konsum generell auch gerne mal zu Entgleisungen diversester Art führt bei manchen Menschen.

dfnsake
25-12-2020, 20:14
Erstmal muss die ablehnende Haltung gegenüber Tätowirten nicht unbedingt aus dem japanischen Kontext kommen. Gibt ja auch in Deutschlang genug Leute, die sowas nicht mögen und dass Tätowirte nicht ins Dojo dürfen ist dann nur der vorgeschobene Grund um die ablehnende Einstellung zum Ausdruck bringen zu können.

Ein anderer Punkt ist, dass gerade Menschen, die ernsthaft in neue Kulturen eintauchen, die Regeln dieser neuen Kultur strenger ausleben, als die, die darin aufgewachsen sind. Besonders wenn für diese Leute die neue Kultur, eine wichtige Stütze im Leben ist. Und das ist auch gut bei religiösen Konvertiten zu beobachten.

Nein, natürlich muss diese nicht zwingend aus dem japanischen Kontext kommen. Ich denke sogar, daß so etwas, wie von dir erwähnt, dann eher vorgeschoben werden.

Den zweite Aspekt habe ich tatsächlich in Bezug auf KK noch nicht wirklich bedacht. Danke für den Denkanstoß.

ryoma
25-12-2020, 22:16
...Ich betrachte aber Tradition nicht als etwas konservatives oder gar statisches.

Exakt. In einem meiner Artikel schreibe ich genau darüber, wie sich so eine Tradition einfach durch die Zeit bewegt ohne an eine bestimmte Zeit festgemacht zu sein.

Gast
26-12-2020, 01:40
Ich selbst finde Muso Shinden Ryu gar nicht so uninteressant und würde dem wohl eine Chance geben. Da tun sich bei mir zwar ein paar Fragen auf, aber die beantwortet mir bestimmt sie SuFu hier auch ausreichend. ^^

Ich kenne zwei der Lehrer dieses Vereins, wenn du Fragen hast kannst du mir auch schreiben.

dfnsake
26-12-2020, 08:00
Ich kenne zwei der Lehrer dieses Vereins, wenn du Fragen hast kannst du mir auch schreiben.

Hallo Inryoku.

Danke für Deine Antwort und das Angebot. Ich habe gestern mal eine Mail an Hokushin Ittō-Ryū Hyōhō Keikojō Düsseldorf gesendet, da bin ich tatsächlich etwas "angefixt" jetzt.

Viele Grüße

Huangshan
29-12-2020, 12:48
Diese typische Mentalität "Ich bezahle, also bekomme ich" funktioniert eben bei den traditionellen Sachen meist gar nicht. Und es gibt zahlreiche Leute, die das nicht verstehen wollen oder können.

Allein die Tatsache, dass gewisse Lehrinhalte für gewisse Schüler (noch) verschlossen sind, ist für solche Leute geradezu ein Affront.https://schwertgedanken.com/2020/03/01/das-allerschwierigste/

Das sind Punkte die auch für andere trad. Kampfkünste gelten.

Viele Leute haben ein verklärtes romantisiertes Bild von asiatischen Kampfkünsten,Kulturen etc., dass sie aus einschlägiger Literatur, Filmen, Mangas etc. haben.

Das Bild vom alten ,weisen Mann mit weißem Bart, der asketisch lebt und grünen Tee schlürft, Glückkeksweisheiten von sich gibt etc. spuckt noch immer in manchen Köpfen.(Mr. Miyagi Syndrom)

Wenn sie dann in den Ursprungsländern leben,arbeiten ,einen Kampfkunstweg etc. folgen so ändern sich oft drastisch die Sichtweisen auf die jeweilige Kultur.

Einige können sich anpassen , andere scheitern an den kulturellen Regeln,Gepflogenheiten,Bräuchen etc. des jeweiligen Landes und an der Tatsache das sich im 21 Jh. einige Kulturen drastisch verändern.(Globaliesierung,Verwestlichung etc.)