Vollständige Version anzeigen : Gescheite(rt)e Shiho-Nage-Variationen mit Tamura Sensei als Uke
Hier mal zur Abwechslung ein paar Aikido-Demos, die zeigen wie Shiho-Nage* nicht funktioniert (ab 2:45): :D
https://www.youtube.com/watch?v=0Mk4O-dS1So
Nobuyoshi Tamura war langjähriger direkter Schüler von Ueshiba und wurde manchmal "die Mauer" genannt.
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* Katatedori Shihonage ist übrigens Prüfungsstoff für den 5. Kyu.
Hier mal zur Abwechslung ein paar Aikido-Demos, die zeigen wie Shiho-Nage* nicht funktioniert (ab 2:45): :D
Wieso, bei ihm funktioniert es doch prima.
FireFlea
10-04-2021, 22:25
Ok da nehmen also welche Tamura am Arm und drehen ihm den Rücken zu. Welchen Effekt versprechen sich die Leute?
Zeigt halt auch, dass Aikido am kooperativen Partner etwas anderes ist als ein einem unkooperativen...
Ich fand es bemerkenswert, wie unbeholfen manche von Tamuras Partner agierten und das mit einer Form (Katatedori Shihonage), die schon Anfänger lernen und beim 5. Kyu geprüft wird. Bis auf eine Ausnahme sollten die ja alle mindestens Shodan sein.
Kann Tamura Vorbild sein für "unkooperativen Widerstand" ohne das Setting zu verlassen oder in Frage zu stellen? Ich kenne es so, dass im Unterricht in der Regel "Mitgehen" gefordert wird, außer in den Fällen, wo explizit "gutes Festhalten" explizit angesagt ist, was dann aber statische Übungen für einen isolierten Aspekt sind.
Viele der Fehler, die man in dem Video sieht, kenne ich auch aus meinem eigenen Üben (sowohl von mir selbst als auch von meinen Partnern). Allerdings "darf" ich die in der Regel nicht ausnutzen. In der "Shu"-Phase (nach dem Shu-Ha-Ri Modell, das vor kurzem hier diskutiert wurde) macht das mMn auch Sinn, aber ich habe den Eindruck, dass die meisten Aikidoka, mit denen ich übe, nicht darüber hinaus gehen (wollen?).
In meiner Erfahrung gibt es durchaus Aikidoka (sowohl im Dojo als auch auf Lehrgängen), die sich manchmal "unkooperativ" verhalten, wobei es da wieder destruktive und konstruktive Möglichkeiten gibt. Destruktiv wäre es, wenn Uke einfach eine vorgegebene Technik blockiert (in dem er sich nicht an das Setting hält oder sich für alternative Techniken oder Atemi öffnet). Ein konstruktives Beispiel wäre mMn das, was Tamura in 2:45 vorführt, wo er zunächst "mitgeht", d.h. den Kraftfluss nicht blockiert, aber den Positionsfehler des Nage durch einen Aikido-Gegentechnik (Sokumen-Iriminage) ausnutzt.
Wenn ich mit einer Anfängerin so wie Tamura in 1:35-2:10 üben würde, dann würde ich wohl einen Anschiss von meinem Lehrer bekommen. Da gilt wohl wieder "Quod licet Iovi non licet bovi"
Ok da nehmen also welche Tamura am Arm und drehen ihm den Rücken zu. Welchen Effekt versprechen sich die Leute?
Was sollen sie sich denn versprechen? Sie versuchen die Technik zu machen, und werfen sich dabei im Grunde selbst.
Man liest doch auf fast jeder Aikido-Homepage Sätze wie: "Die Kraft des Angreifers wird gegen ihn selbst gerichtet" oder so ähnlich. Genau das sieht man hier.
Das ist wie bei einem Kind das versucht einen schweren Gegenstand hochzuheben, und dabei auf den Po fällt. Der Stein macht nichts, der ist einfach schwer.
Du drückst gegen eine Wand, plötzlich rutscht du aus und fliegst auf die Nase, die Wand ist einfach die Wand.
Deswegen nannten die Leute in Hawaii Tamura "the stone wall", dabei war er damals wahrscheinlich lange nicht so weit wie in dem Video. Das ist eben diese alte Daito-Ryu Geschichte, der Aiki-Body, oder wie man das nennen möchte.
Viele der Fehler, die man in dem Video sieht, kenne ich auch aus meinem eigenen Üben (sowohl von mir selbst als auch von meinen Partnern). Allerdings "darf" ich die in der Regel nicht ausnutzen.
Welche "Fehler" siehst du denn? Das sind alles Dan-Träger, und die werden mit Anfängern Null Probleme haben die Technik zu machen.
Aber selbst wenn du Shiho-nage 10000 mal geübt hast, du wirst bei Tamura nicht durchkommen, er lässt es einfach nicht zu. Er zeigt dir eine Sache, und wenn du die dann richtig machst, scheiterst du an einer anderen, weil er deine Kraft einfach manipuliert.
Das ist auf seinem Level total einfach, es war halt seine Unterrichtsmethode. Ob das besser ist als kooperativ zu sein, weiss ich nicht, die Tamura-Schüler sind deswegen nicht unbedingt besser als andere, sie haben sich aber teilweise diese Methode abgeguckt. Das führte bei denen dazu dass sie grundsätzlich blockiert haben, obwohl sie gar nicht verstanden haben wie Tamura das eigentlich macht, oder warum. Das ist einfach sein Körper, der ist so konditioniert (wir haben darüber in dem anderen Thread ja gesprochen), wenn sie bei ihm versucht haben zu blockieren, hatten sie natürlich nie eine Chance.
Mein Lehrer verfolgt ja bekanntlich eine andere Methode, und er hat am Anfang immer über die Franzosen geschimpft, wenn er dort Lehrgänge gegeben hat, musste er erst mal versuchen die Leute in Bewegung zu bringen, und nach seiner Methode zu üben.
Wiederstand, unkooperatives Verhalten, das beschreibt meiner Ansicht nach schlecht, was man hier sieht. Es ist überhaupt kein Wiederstand zu sehen, er ist dabei völlig entspannt, unkooperativ vielleicht, er kann sich ja werfen lassen wenn er will, dann setzt er sich ganz gemütlich hin, während der andere sich abmüht. Es gibt ein Video wo Ueshiba mit einem Kind übt und "Ukemi nimmt", der Kleine freut sich ja wie ein Schneekönig. Das sieht ähnlich aus.
Die Frage ist, ab wann kann man sowas machen ohne sich selbst zu schaden, denn blockieren ist kontraproduktiv, es macht einen selbst nur undurchlässig für "Aiki".
Wenn ich mit einer Anfängerin so wie Tamura in 1:35-2:10 üben würde, dann würde ich wohl einen Anschiss von meinem Lehrer bekommen. Da gilt wohl wieder "Quod licet Iovi non licet bovi"
Wenn es das Gleiche wäre. Ist es aber eben nicht.
Pansapiens
11-04-2021, 13:15
Wenn ich mit einer Anfängerin so wie Tamura in 1:35-2:10 üben würde, dann würde ich wohl einen Anschiss von meinem Lehrer bekommen. Da gilt wohl wieder "Quod licet Iovi non licet bovi"
Demonstriert er nicht bei 1:43 in welchen Zustand sie ihn vor der eigentlichen Technik bringen soll, damit die funktioniert, so wie er es bei dem kräftigeren Herrn IMO deutlich erkennbar bei 3:36 oder gleich zu Beginn des Videos selbst macht?
Ich mach kein Aikido, aber mir scheint, er zeigt/erklärt ihr, welche Bewegungen nicht funktionieren und IMO eben, was sie anders machen soll.
Und grundsätzlich scheint er ja nicht abgeneigt, sich werfen zu lassen.
Ich hab aber auch mal in einer anderen KK einen Anschiss bekommen, weil ich auf einen Hebel einer Frau, der eben nicht saß, nicht reagierte.
Eine andere, fortgeschrittenere Frau hat mir dann gesagt, dass ich so deren Lernerfolg unterbinden würde.
Dann hab ich halt so getan, als würden nicht sitzende Hebel wirken....
Es gibt ja einen Unterschied zwischen mit Kraft sperren, wenn man körperlich sehr überlegen ist und mit besserem Körpergefühl/Verständnis gegen arbeiten, wenn man in diesem Bereich überlegen ist.
Letzteres kann man ja, wenn man Fortgeschrittener ist, als der andere, so dosieren, dass der einen Lernerfolg hat.
"Nein...Nein....mehr nach links....Ja...." oder so ähnlich.
carstenm
11-04-2021, 18:28
... die Tamura-Schüler ... haben sich aber teilweise diese Methode abgeguckt. Das führte bei denen dazu dass sie grundsätzlich blockiert haben, obwohl sie ...Ich habe mal bei einem Lehrgang von Endô sensei in Wien erlebt, daß Tamura-Schüler von dort das Seminar verlassen haben, weil sie das nicht mehr tun sollten. Das war gar nicht mal ein Konflikt, sondern einer, mit dem ich bekannt war, sagte mir später, die Art zu üben, die Endô sensei gerne sehen wollte, wäre ihnen zu fremd und auch nicht sinnvoll erschienen.
carstenm
11-04-2021, 18:30
Kann Tamura Vorbild sein für "unkooperativen Widerstand" ohne das Setting zu verlassen oder in Frage zu stellen? Ich kenne es so, dass im Unterricht in der Regel "Mitgehen" gefordert wird, außer in den Fällen, wo explizit "gutes Festhalten" explizit angesagt ist, was dann aber statische Übungen für einen isolierten Aspekt sind.Tamura sensei ist aber doch hier nicht Übungspartner, sondern Lehrer?
Ich kenne diese Art des Unterrichtens bis auf eine Ausnahme von allen Lehrern, bei denen ich geübt habe. Und für mich ist das eine ganz typische Qualität eines Lehrers. Ich selbst unterrichte auch so. Verstehe ich das richtig, daß es dieses Szenario in eurem Unterricht überhaupt gar nicht gibt?
carstenm
11-04-2021, 18:31
Demonstriert er nicht bei 1:43 in welchen Zustand sie ihn vor der eigentlichen Technik bringen soll, damit die funktioniert, so wie er es bei dem kräftigeren Herrn IMO deutlich erkennbar bei 3:36 oder gleich zu Beginn des Videos selbst macht?
Ich mach kein Aikido, aber mir scheint, er zeigt/erklärt ihr, welche Bewegungen nicht funktionieren und IMO eben, was sie anders machen soll. Ja. Genau so.
Wie oben drüber schon gesagt: Ich kenne das als ganz übliche Unterrichtsmethode und unterrichte selbst auch so.
Das ist auf seinem Level total einfach, es war halt seine Unterrichtsmethode. Ob das besser ist als kooperativ zu sein, weiss ich nicht, die Tamura-Schüler sind deswegen nicht unbedingt besser als andere, sie haben sich aber teilweise diese Methode abgeguckt. Das führte bei denen dazu dass sie grundsätzlich blockiert haben, obwohl sie gar nicht verstanden haben wie Tamura das eigentlich macht, oder warum. Das ist einfach sein Körper, der ist so konditioniert (wir haben darüber in dem anderen Thread ja gesprochen), wenn sie bei ihm versucht haben zu blockieren, hatten sie natürlich nie eine Chance.Ich habe mal bei einem Lehrgang von Endô sensei in Wien erlebt, daß Tamura-Schüler von dort das Seminar verlassen haben, weil sie das nicht mehr tun sollten. Das war gar nicht mal ein Konflikt, sondern einer, mit dem ich bekannt war, sagte mir später, die Art zu üben, die Endô sensei gerne sehen wollte, wäre ihnen zu fremd und auch nicht sinnvoll erschienen.
Tamura sensei ist aber doch hier nicht Übungspartner, sondern Lehrer?
Ich kenne diese Art des Unterrichtens bis auf eine Ausnahme von allen Lehrern, bei denen ich geübt habe. Und für mich ist das eine ganz typische Qualität eines Lehrers. Ich selbst unterrichte auch so. Verstehe ich das richtig, daß es dieses Szenario in eurem Unterricht überhaupt gar nicht gibt?
Ist das nicht ein Widerspruch zur Aussage, dass "alle bekannten Lehrer so unterrichten"? Tamura Senseis "Unterrichtsmethode" habe offenbar (laut Inryoku) auf seine Schüler bzw. seine Linie so stark abgefärbt, dass sie selber "grundsätzlich" blockieren (oder so ähnlich) oder sich sonst auffällig benehmen. Das habe ich so noch nicht erfahren. Auf Lehrgängen kam es schon mal vor, dass ich auf Partner traf, die blockierten oder blockieren wollten. Das waren aber bislang immer nur Einzelfälle.
Dass ein Lehrer auf einem Lehrgang herum geht und mit möglichst vielen oder gar allen Schülern bzw. Lehrgangsteilnehmern kurz übt, ist für mich keineswegs selbstverständlich. Einige machen es, andere nicht, allerdings habe ich da auch nur sehr wenig Erfahrung. Und dass die Lehrer dabei die Rolle des Uke einnehmen und sich die Techniken des Schülers zeigen lassen, habe ich auf Lehrgängen noch seltener erlebt.
Von meiner Lehrern und Übungsleitern kenne ich es so, dass sie, wenn sie herum gehen und individuell mit Schülern üben, sich die zu übende Technik (auch als Uke) zeigen lassen, dann aber den Schüler nicht auflaufen lassen, sondern versuchen ein (dem Level passendes) Erfolgserlebnis zu vermitteln.
Aber eine Frage von mir war ja gerade, ob die im Video gezeigte "Unterrichtsmethode" von Tamura Sensei als Vorbild für das eigene Üben mit Partnern dienen kann, also ob man sich unkooperativ(er) verhalten sollte, also z.B. Atemi andeuten, wenn der Partner den Kopf zu weit nach vorne lehnt (1:10), oder entspannt mitgehen, aber auf eine Kontertechnik lauern (z.B Sokumen-Iriminage gegen Shihonage 2:47), oder den Nage nach unten ziehen, wenn der beim Shihonage die Hände zu weit nach oben und hinten nimmt (1:48). Meine Erfahrung ist, dass so etwas im normalen Unterricht nicht gern gesehen oder bestenfalls toleriert würde.
Pansapiens
12-04-2021, 07:25
Aber eine Frage von mir war ja gerade, ob die im Video gezeigte "Unterrichtsmethode" von Tamura Sensei als Vorbild für das eigene Üben mit Partnern dienen kann,[...]Meine Erfahrung ist, dass so etwas im normalen Unterricht nicht gern gesehen oder bestenfalls toleriert würde.
Für das eigene Üben IMO ja, aber nicht in einer Unterrichtseinheit, die von einer Lehrkraft geleitet wird, die etwas anderes vorgibt.
Im Idealfall hat die ja ein didaktisches Konzept.
Dass ein Lehrer auf einem Lehrgang herum geht und mit möglichst vielen oder gar allen Schülern bzw. Lehrgangsteilnehmern kurz übt, ist für mich keineswegs selbstverständlich. Einige machen es, andere nicht, allerdings habe ich da auch nur sehr wenig Erfahrung. Und dass die Lehrer dabei die Rolle des Uke einnehmen und sich die Techniken des Schülers zeigen lassen, habe ich auf Lehrgängen noch seltener erlebt. .
Ein gutes Beispiel ist da Yasuo Kobayashi. Der ist über 80, geht rum und nimmt Ukemi, immer gerne, auch bei Lehrgängen. Das heißt aber bei ihm nicht blockieren, oder die Überlegenheit zeigen, sondern er lässt sich werfen.
Aber eine Frage von mir war ja gerade, ob die im Video gezeigte "Unterrichtsmethode" von Tamura Sensei als Vorbild für das eigene Üben mit Partnern dienen kann, also ob man sich unkooperativ(er) verhalten sollte, also z.B. Atemi andeuten, wenn der Partner den Kopf zu weit nach vorne lehnt (1:10), oder entspannt mitgehen, aber auf eine Kontertechnik lauern (z.B Sokumen-Iriminage gegen Shihonage 2:47), oder den Nage nach unten ziehen, wenn der beim Shihonage die Hände zu weit nach oben und hinten nimmt (1:48). Meine Erfahrung ist, dass so etwas im normalen Unterricht nicht gern gesehen oder bestenfalls toleriert würde.
Die Schüler Tamuras haben das ja als Vorbild genommen, und dann haben sie halt in selbstgefälliger Art angefangen zu blockieren, was Tamura eigentlich nicht damit erreichen wollte. Man muss auch unterscheiden zwischen dem was er macht wenn er unterrichtet, und dem was er "hikitate geiko" nannte.
Das meint ja gerade dieses Hinführen zur korrekten Technik, wenn jemand weiter fortgeschrittenes mit einem noch nicht so weit fortgeschrittenen übt. Dabei darf man eben nicht anfangen den Schulmeister raushängen zu lassen, sondern muss, auch wenn die Ausführung dem Level entsprechend zufriedenstellend ist, eben dann auch einfach mal Ukemi nehmen. Gibt aber Leute die wenn sie aus der Puste sind, gerne anfangen den Erklärbär zu mimen.
Was Tamura macht, ist eben die: "Was kümmert es die Eiche wenn sich ein Wildschein an ihr kratzt" Nummer, wenn er das mit großen und starken Leuten macht, zeigt er damit halt auch seine Überlegenheit. Klar konnte er sich das leisten, aber das fanden halt auch nicht alle gut. Bei einem Lehrgang anlässlich eines Aikido-Kongresses in Japan, bei dem es normal war dass auch die Lehrer jeweils im Unterricht der anderen mit auf die Matte gingen, um zu unterstützten, wurde er mal rausgeschickt, der unterrichtende Lehrer wollte auf diese Art der Unterstützung verzichten.
Asentreu
12-04-2021, 19:39
Hier mal zur Abwechslung ein paar Aikido-Demos, die zeigen wie Shiho-Nage* nicht funktioniert (ab 2:45): :D
https://www.youtube.com/watch?v=0Mk4O-dS1So
Nobuyoshi Tamura war langjähriger direkter Schüler von Ueshiba und wurde manchmal "die Mauer" genannt.
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* Katatedori Shihonage ist übrigens Prüfungsstoff für den 5. Kyu.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass Aikido von allen Kampfkünsten generell diejenige ist, die in der Realität am wenigsten zu gebrauchen ist. Dafür sieht es aber einfach geil aus wenn beide Aikidokas es wirklich können.
carstenm
12-04-2021, 21:38
Ich bin mir ziemlich sicher, dass Aikido von allen Kampfkünsten generell diejenige ist, die in der Realität am wenigsten zu gebrauchen ist.Kommt halt immer auf die Realität an. :engel_3: In meiner Realität zum Beispiel ist aikidô von allen Kampfkünsten (die ich mir angeschaut habe im Laufe der Jahre) generell diejenige, die - mit Abstand - am allerbesten zu gebrauchen ist. ;)
Asentreu
12-04-2021, 22:00
Hast du in der Realität schonmal gesehen, dass es sinnvoll war um seinen gegner erstmal rumzutänzeln, bevor man ihn auf die Bretter schickte?
carstenm
12-04-2021, 22:13
Hast du in der Realität schonmal gesehen, dass es sinnvoll war um seinen gegner erstmal rumzutänzeln, bevor man ihn auf die Bretter schickte?Hihihi ... erstens ... wenn ich es mit körperlichen Auseinandersetzungen zu tun hatte, war das meistens sehr gradlinig. Und sehr kurz ... maximal zwei Angriffsversuche, soweit ich mich erinnere ... zweitens habe ich ne ganze Weile so Zeugs unterrichtet um Aggressoern in bestimmten Kontexten zu neutralsieren ... das sind häufig etwas längere Siuationen, in denen es auch viel um Kommunikation geht ... wobei die eigentliche Aktion dann auch gradlinig und fix ist.
Was ich aber eigentlich meinte.
In meiner Realität, wie ich sie inzwischen erlebe, geht es nicht mehr darum, zu lernen, wie man Leute verhaut. Das war früher interessant. Sondern darum, zu lernen wie man glücklich und zufrieden lebt. Ich habe inzwischen deutlich mehr Zeit hinter mir, als vor mir. Also geht es auch darum, wie man abschiedlich lebt. Wie man gesund lebt, wie man spirituell lebt ... und dergleichen mehr ... und dafür scheint mir - jedenfalls in meinem Fall - aikidô besser geeignet, als andere KKe, die ich mir angeschaut habe.
carstenm
12-04-2021, 22:15
Hast du in der Realität schonmal gesehen, dass es sinnvoll war um seinen gegner erstmal rumzutänzeln, bevor man ihn auf die Bretter schickte?
Und eine Ergänzung noch:
In dem aikidô, wie ich es kenne, sieht man auch nicht, daß jemand um den Gegner rumtänzelt. Ich kenne aikidô als recht geradlinig. Wenn ich unterrichte sage ich gerne: Im aikidô gibt es kein Ausweichen. Und es gibt keine Kreisbewegungen.
Asentreu
12-04-2021, 22:19
In meiner Realität, wie ich sie inzwischen erlebe, geht es nicht mehr darum, zu lernen, wie man Leute verhaut. Das war früher interessant. Sondern darum, zu lernen wie man glücklich und zufrieden lebt.Sorry, aber wenn ich mich charakterlich, spirituell oder philosophisch weiterentwickeln will, dann gehe ich zu einem Life Coach, Psychotherapeuten oder in eine Sekte.
carstenm
12-04-2021, 22:44
Sorry, aber wenn ich mich charakterlich, spirituell oder philosophisch weiterentwickeln will, dann gehe ich zu einem Life Coach, Psychotherapeuten oder in eine Sekte.Ja, das kannst du ja auch gerne so machen. Da spricht doch gar nichts dagegen? ... wobei "Sekte" hat so ein G'schmäckle ... geh doch in eine religiöses Gemeinschaft ... oder eine sangha zum Beispiel.
Naja, wie dem auch sei. Mein Weg ist halt offenbar ein anderer als deiner. Aber ich wünsche dir ganz aufrichtig, daß du mit Mitte/Ende fünfzig auch nicht mehr jeden Abend Zeit investierst um zu lernen oder zu üben, wie man Leute verhaut.
Pansapiens
13-04-2021, 04:15
Hast du in der Realität schonmal gesehen, dass es sinnvoll war um seinen gegner erstmal rumzutänzeln, bevor man ihn auf die Bretter schickte?
https://www.youtube.com/watch?v=8qC1nmVjtpo
carstenm
13-04-2021, 11:50
Ist das nicht ein Widerspruch zur Aussage, dass "alle bekannten Lehrer so unterrichten"? Bezieht sich diese Frage auf eine Aussage von mir? Ich denke nicht, das so behauptet zu haben. Ich spreche über die Lehrer, bei denen ich bisher geübt habe. Und da habe ich eben in all der Zeit nur eine Ausnahme erlebt ... ich kenne es halt in aller Regel nicht anders, als das der Lehrer rumgeht. Und wirft und auch selber ukemi nimmt.
Aber ich verstehe auch nicht genau, wo du einen Widerspruch siehst?
Dass ein Lehrer auf einem Lehrgang herum geht und mit möglichst vielen oder gar allen Schülern bzw. Lehrgangsteilnehmern kurz übt, ist für mich keineswegs selbstverständlich. Ich kenne es von kleineren Lehrgängen und auch aus meinem eigenen Unterricht so, daß der Lehrer von Paar zu Paar geht und dort jeweils 2x2 oder auch 2x4 mit jedem Partner übt, dann zum nächsten Paar geht ... oder bei größeren Lehrgängen, daß sich ein Kreis bildet und der Lehrer dann einmal ringsum mit allen übt.
Aber eine Frage von mir war ja gerade, ob die im Video gezeigte "Unterrichtsmethode" von Tamura Sensei als Vorbild für das eigene Üben mit Partnern dienen kann, also ob man sich unkooperativ(er) verhalten sollte, also z.B. Atemi andeuten, wenn der Partner den Kopf zu weit nach vorne lehnt (1:10), oder entspannt mitgehen, aber auf eine Kontertechnik lauern (z.B Sokumen-Iriminage gegen Shihonage 2:47), oder den Nage nach unten ziehen, wenn der beim Shihonage die Hände zu weit nach oben und hinten nimmt (1:48). Meine Erfahrung ist, dass so etwas im normalen Unterricht nicht gern gesehen oder bestenfalls toleriert würde.... das kommt ganz darauf an ... zum einen auf das äußere Setting: Zu Besuch in einem fremden dôjô würde ich das weder tun noch erwarten. Bei einem Seminar normalerweise genauso wenig. Im täglichen Training ist es dagegen in meinem Übungsumfeld vollkommen üblich - in Abhängigkeit von dem jeweiligen Niveau.
Und das wird auch erwartet. Sowohl gegenseitig von mir und meinen ÜbungspartnerInnen, als auch von meinem Lehrer an uns Schüler: "Das klappt nur, weil XY so freundlich ist udn es dir so einfach macht ..." An XY gewandt: "Mach es Carsten nicht so leicht!" ...
Meiner Ansicht nach ist das keine Frage von ent- oder weder. Sondern es ist sehr, sehr difficil, erfordert eine hohe Kompetenz, zu wissen, wann man was wie blockieren oder kontern kann. Und zwar so blockieren oder kontern, daß man selber dabei gerade das lernt und übt übt, worum es im Training geht. Also gerade nicht nur einfach sich eingraben oder einen Arm fest machen oder so. Ab einem gewissen Niveau halte ich das sogar für einen zentralen Aspekt des Trainings.
Von meiner Lehrern und Übungsleitern kenne ich es so, dass sie, wenn sie herum gehen und individuell mit Schülern üben, sich die zu übende Technik (auch als Uke) zeigen lassen, dann aber den Schüler nicht auflaufen lassen, sondern versuchen ein (dem Level passendes) Erfolgserlebnis zu vermitteln.Das klingt - überspitzt formuliert - als ob es da gar keine Scheitern gäbe. Als ob man die Technik immer "irgendwie" durchbringen würde. Wie werden denn bei dieser Art des Übens Fehler deutlich gemacht?
carstenm
13-04-2021, 11:51
@ Pansapiens:
Das war in der Tat auch mein erster Gedanke ...
Stixandmore
13-04-2021, 12:59
@ Pansapiens:
Das war in der Tat auch mein erster Gedanke ...
Naja, gerade bei "Konfrontationen" wo geschlagen und getreten werden darf/kann kommt es halt sehr/mehr auf Distanz und Timing an und das wird unter anderem mit Beinarbeit erreicht- und ist da wichtiger als dort, wo gegrappled wird(nehme jetzt Mal Grappling als Oberbegriff für Sachen, wo in der "Konfrontation" gefasst und manipuliert wird)
Deshalb sollte man seine (falsche?) Aussage in einem anderen Kontext betrachten, als zB das Ali Video
carstenm
13-04-2021, 13:14
Deshalb sollte man seine (falsche?) Aussage in einem anderen Kontext betrachten, als zB das Ali VideoHast ja Recht ... drum hielt ich ja auch meinen vorlauten Schnabel ... aber die Formulierung lud, bezw. lädt halt genau zu dem Gedanken ein, den Pansapiens bildhaft so treffend ausgedrückt hat ...
oder bei größeren Lehrgängen, daß sich ein Kreis bildet und der Lehrer dann einmal ringsum mit allen übt.
Wobei "üben" in einem solchen Kreis dann aber üblicherweise meint, dass er ausschließlich wirft, und nicht ukemi nimmt wie z.B. Kobayashi das macht.
carstenm
13-04-2021, 17:05
Wobei "üben" in einem solchen Kreis dann aber üblicherweise meint, dass er ausschließlich wirft, und nicht ukemi nimmt wie z.B. Kobayashi das macht.Hm ... ich kenne das schon auch so, daß der Lehrer dabei ukemi nimmt.
Aber stimmt: Bei Endô sensei hat sich das verändert, nachdem jemand ihn in einen der Umsitzenden hineingeworfen hat und er sich dabei den Fuß verletzt hat ... weil der danach nie wieder richtig gut geworden ist und Rollen darum nicht mehr ging ...
Bezieht sich diese Frage auf eine Aussage von mir? Ich denke nicht, das so behauptet zu haben. Ich spreche über die Lehrer, bei denen ich bisher geübt habe. Und da habe ich eben in all der Zeit nur eine Ausnahme erlebt ... ich kenne es halt in aller Regel nicht anders, als das der Lehrer rumgeht. Und wirft und auch selber ukemi nimmt.
Aber ich verstehe auch nicht genau, wo du einen Widerspruch siehst?
Das Besondere an der im Video gezeigten Unterrichtsmethode ist ja nicht, dass Tamura Sensei herum geht, mit Schülern übt und auch Ukemi nimmt (auch wenn das nicht alle, vielleicht nicht einmal die Mehrheit macht), sondern dass es zumindest den Eindruck erweckt, als würde er als Uke fast alle Techniken seiner Schüler (insbesondere der fortgeschrittenen und körperlich fitten) abblocken oder kontern - weil er es eben konnte. Und dass diese Besonderheit offenbar auf seine Schüler abgefärbt hat, wie Inryoku geschrieben und du mit deiner Erfahrung in Wien auch bestätigt hast.
Meiner Ansicht nach ist das keine Frage von ent- oder weder. Sondern es ist sehr, sehr difficil, erfordert eine hohe Kompetenz, zu wissen, wann man was wie blockieren oder kontern kann. Und zwar so blockieren oder kontern, daß man selber dabei gerade das lernt und übt übt, worum es im Training geht. Also gerade nicht nur einfach sich eingraben oder einen Arm fest machen oder so. Ab einem gewissen Niveau halte ich das sogar für einen zentralen Aspekt des Trainings. Dem stimme ich auch aus meiner Erfahrung mit Anfängern im Probetraining und weniger Erfahrenen Aikidoka meines Dojos zu, natürlich auf weit niedrigerem Niveau. Jedenfalls musste ich da in den letzten 4 Jahren (vor Corona) einiges lernen und abgewöhnen, insbesondere die Versuchung, sich zum Erklärbär (gegenüber Anfänger:inne:n) aufzuspielen.
Das klingt - überspitzt formuliert - als ob es da gar keine Scheitern gäbe. Als ob man die Technik immer "irgendwie" durchbringen würde. Wie werden denn bei dieser Art des Übens Fehler deutlich gemacht?Das hängt natürlich auch mit der Frage zusammen, was denn eigentlich das Übungsziel ist. Grundsätzlich versuche ich weniger Erfahrene weder zu langweilen noch zu überfordern, was ich mir umgekehrt auch von meinen fortgeschrittenen Partnern und Lehrern wünsche und in der Regel auch so erfahren habe, sonst würde mir das Üben ja auch keinen Spaß machen.
Wenn die Technik dem oder der Schülerin noch nicht klar ist, dann geht es ja erst mal darum einen Weg zu finden, die Technik zu klären und verlässlich zu wiederholen. Erst wenn das gegeben ist, kann der/die Lehrer:in auf Details eingehen und Fehler verdeutlichen, auch und gerade das Scheitern der aktuellen Technik vor Augen zu führen. Daraus folgte dann aber in aller Regel eine Erklärung und Einübung eines verbesserten Bewegungsablaufs.
Ich selber und die Mehrzahl der regelmäßig im Dojo mit mir Übenden haben keine Jahrzehnte lange Erfahrung und entsprechende Dangrade (bei den Unterrichtseinheiten, die ich regelmäßig besucht hatte - die Übungseinheiten mit vielen Fortgeschrittenen waren mir zu oft zu voll).
Und dass diese Besonderheit offenbar auf seine Schüler abgefärbt hat,
Ob es wirklich sowas besonderes war weiß ich nicht.
Ich habe mehrere Leute erlebt die sowas gemacht haben, obwohl Tamura Sensei war vielleicht etwas extremer.
Was abgefärbt hat war řja nicht das können, sondern seine Attitüde, wie die anderer Lehrer eben auch auf deren Schüler abgefärbt haben.
Vielleicht hat ja Ueshiba das auch gemacht (bin sicher der hat es hin und wieder gemacht), und er hat es sich widerum da abgeguckt.
Das klingt - überspitzt formuliert - als ob es da gar keine Scheitern gäbe. Als ob man die Technik immer "irgendwie" durchbringen würde. Wie werden denn bei dieser Art des Übens Fehler deutlich gemacht?
Welche Bedeutung hat den das "Scheitern" im Aikido? Ich habe mich auch über den Thread-Titel etwas gewundert, ich kenne diese Idee des Scheiterns beim Üben so nicht, das klingt mir ehrlich gesagt etwas zu dramatisch. Es gibt doch nur üben, üben und üben.
carstenm
14-04-2021, 16:50
Es gibt doch nur üben, üben und üben.Ich mein das nicht dramatisch ... sondern so, wie du wahrschleinlich auch ... üben ... erleben, daß irgendwas irgendwarum nicht klappt ... anpassen ... korrigieren ... ausprobieren ... klappt etwas besser ... üben ... dasganzeimmerwiedervonvorn ...
Meine Frage an Aiki50+ war ganz undramatisch gemeint einfach nur, ob und wie erlebt werden kann, wenn etwas nicht "richtig" ist, nicht "funktioniert", verändert werden muß ... wenn offenbar nie jemand, auch die Lehrer nicht, die Technik eines Schülers "anhält". In meinem Üben ist das halt das klassische Mittel, um so etwas zu zeigen.
carstenm
14-04-2021, 17:15
... - weil er es eben konnte.Das sehe ich so nicht. Jedenfalls nicht in dem Video, das du gepostet hast. (Selber habe ich leider nie bei Tamura sensei geübt.) Sondern dort halt er die Technik der Schüler an ... und korrigiert sie ... und läßt sie erleben, daß sie ihn nach der Korrektur (besser) werfen können.
Und dass diese Besonderheit ... Encore ... das ist in meinen Augen keine Besonderheit, sondern zumindest in meiner Erfahrung eine ganz übliche Methode des Unterrichtens.
Nebenbei bemerkt:
Ein Grund, bei meinem ersten Lehrer aufzuhören war, daß er mich nicht mehr bewegen konnte, wenn ich es nicht wollte. Ein Grund für mich, bei bestimmten Lehrern nicht zu üben, ist, daß sie mich nicht bewegen können, wenn ich es nicht zulasse.
Das hängt natürlich auch mit der Frage zusammen, was denn eigentlich das Übungsziel ist. Grundsätzlich versuche ich weniger Erfahrene weder zu langweilen noch zu überfordern, was ich mir umgekehrt auch von meinen fortgeschrittenen Partnern und Lehrern wünsche und in der Regel auch so erfahren habe, sonst würde mir das Üben ja auch keinen Spaß machen.Bei diesen Sätzen stehe ich irgendwie auf dem Schlauch: Ich übe, "um aikidô" zu lernen. Oder konkreter, um das zu üben, was ein Lehrer zeigt. Oder, in meinem eigenen Unterricht, um bestimmte Aspekte oder "Themen" zu üben, die für mich gerde dran sind.
Ich glaube, ich habe noch nie darüber nachgedacht, ob das was ich da tue, meinen Partner langweilt. Und wenn ich meinen Partner überfordern sollte, passe ich mein Verhalten halt so an, daß der damit besser umgehen kann. Ich glaube, ich habe noch nie etwas getan oder unterlassen, weil das Üben sonst keinen Spaß machen würde.
Offen gesagt, hat mir das Üben sehr, sehr häufig ganz und gar keinen Spaß gemacht ... ich habe es häufig und über viele Jahre eher als Arbeit empfunden ... wirklich "Spaß" ist erst in den letzten Jahren hinzu gekommen.
Wenn die Technik dem oder der Schülerin noch nicht klar ist, dann geht es ja erst mal darum einen Weg zu finden, die Technik zu klären und verlässlich zu wiederholen. Erst wenn das gegeben ist, kann der/die Lehrer:in auf Details eingehen und Fehler verdeutlichen, auch und gerade das Scheitern der aktuellen Technik vor Augen zu führen.Daraus folgte dann aber in aller Regel eine Erklärung und Einübung eines verbesserten Bewegungsablaufs.Ja, natürlich. So meine ich das ja auch. Das Anhalten einer Technik oder einer Bewegung macht natürlich erst dann Sinn, wenn diese Korrektur überhaupt sinnvoll verarbeitet werden kann. Sonst isses einfach nur doof.
Ich selber und die Mehrzahl der regelmäßig im Dojo mit mir Übenden haben keine Jahrzehnte lange Erfahrung und entsprechende Dangrade (bei den Unterrichtseinheiten, die ich regelmäßig besucht hatte - die Übungseinheiten mit vielen Fortgeschrittenen waren mir zu oft zu voll).Das erklärt vielleicht die unterschiedlichen Wahrnehmungen und Auffassungen, die wir manchmal haben. Ich übe inzwischen nur noch äußerst selten mit Menschen, die ganz und gar neu sind. Und auch nicht häufig mit solchen, die noch nicht graduiert sind. Nicht, weil ich es arroganterweise vermeiden würde, sondern einfach, weil zum einen die Gesamtstrukur in unserem Verein sehr fortgeschritten ist. Und weil ich zum anderen nicht mehr jeden Tag aikidô übe, sondern mit TSKSR und vor allem auch nei gong noch andere Künste habe, die Zeit in Anspruch nehmen.
D.h. ich übe hier zu Hause in aller Regel mit Menschen, die mindestens zehn, fünzehn Jahre üben. Die meisten aber länger. Und die auch entsprechend graduiert sind. Und bei den Seminaren, die ich besuche, bin ich soger häufig einer derjenigen, der "noch nicht so weit" ist, wie die anderen Übenden dort. (Bei Endô sensei hat man nicht selten Übungspartner, zu deren Seminaren man sonst fährt ...) Das heißt, ich beschreibe vielleicht manchmal, "wo es hingehen könnte" oder wie "es sein könnte oder sollte", wenn die Beschränkungen des ersten Anfangs dann überwunden sind.
Meine Frage an Aiki50+ war ganz undramatisch gemeint einfach nur, ob und wie erlebt werden kann, wenn etwas nicht "richtig" ist, nicht "funktioniert", verändert werden muß ... wenn offenbar nie jemand, auch die Lehrer nicht, die Technik eines Schülers "anhält". In meinem Üben ist das halt das klassische Mittel, um so etwas zu zeigen.
Tja, da gibt es wohl verschiedene Wege.
Statt die Technik anzuhalten kann man sie auch führen, es gab da immer zwei verschiedene Richtungen, auch im Hombu Dojo, die einen haben "angehalten", die anderen eher "geführt".
Ob eine Technik "funktioniert" oder nicht ist eher unerheblich, es gibt dabei ja nichts zu verlieren oder zu gewinnen. Es ist eine Übung, die "funktioniert" ja immer
in einem bestimmten Setting, und von einem fortgeschritteneren kann dieses setting problemlos geändert werden. Und schon funktioniert es nicht mehr, man muss plötzlich ziehen statt schieben, oder was auch immer. Von daher ist es auf dieser Ebene nie ein funktionieren, sondern immer ein "funktionieren lassen".
Eine Technik ist doch kein Kochrezept, sondern etwas was sich ständig ändert und dem Bedingungen angepasst wird.
Die Bedingungen bestimmt halt der Lehrer in diesem Fall.
Der Sinn des Übens besteht eben nicht im Üben von Techniken, sondern darin, sie unter sich verändernden Bedingungen entsprechend anpassen zu können.
Das hängt natürlich auch mit der Frage zusammen, was denn eigentlich das Übungsziel ist. Grundsätzlich versuche ich weniger Erfahrene weder zu langweilen noch zu überfordern, was ich mir umgekehrt auch von meinen fortgeschrittenen Partnern und Lehrern wünsche und in der Regel auch so erfahren habe, sonst würde mir das Üben ja auch keinen Spaß machen.Bei diesen Sätzen stehe ich irgendwie auf dem Schlauch: Ich übe, "um aikidô" zu lernen. Oder konkreter, um das zu üben, was ein Lehrer zeigt. Oder, in meinem eigenen Unterricht, um bestimmte Aspekte oder "Themen" zu üben, die für mich gerde dran sind.
Ich glaube, ich habe noch nie darüber nachgedacht, ob das was ich da tue, meinen Partner langweilt. Und wenn ich meinen Partner überfordern sollte, passe ich mein Verhalten halt so an, daß der damit besser umgehen kann. Ich glaube, ich habe noch nie etwas getan oder unterlassen, weil das Üben sonst keinen Spaß machen würde.
Offen gesagt, hat mir das Üben sehr, sehr häufig ganz und gar keinen Spaß gemacht ... ich habe es häufig und über viele Jahre eher als Arbeit empfunden ... wirklich "Spaß" ist erst in den letzten Jahren hinzu gekommen.
Lautet nicht die 3. von Ueshibas 6 ursprünglichen Dojo-Regeln (http://www.aikiweb.com/forums/archive/index.php/t-20186.html) "Das Üben soll in einer fröhlichen Atmosphäre stattfinden" oder "3. Training should always be conducted in a pleasant and joyful atmosphere."?
"Langweilen" war vielleicht missverständlich. Zuerst wollte ich "unterfordern" schreiben.
Die Balance zwischen Unter- und Überforderung zu finden ist ja eine ganz allgemeine Anforderung zur Motivation und Lernfortschritten:
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/ba/Flow.svg https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/f/f6/Challenge_vs_skill.svg/246px-Challenge_vs_skill.svg.png
Quelle: Wikipedia-Artikel zu "Flow (https://de.wikipedia.org/wiki/Flow_(Psychologie))"
Beispielsweise gab es in meinem Dojo eine Zeit lang die Tendenz, dass Fortgeschrittene Anfänger (auch jüngere und körperlich fitte) übervorsichtig geworfen haben, so dass sie gemütlich rückwärts rollen konnten und so Fortschritte beim Ukemi erschwerten, was dann sogar mal von meinem Lehrer kritisiert wurde.
Lautet nicht die 3. von Ueshibas 6 ursprünglichen Dojo-Regeln (http://www.aikiweb.com/forums/archive/index.php/t-20186.html) "Das Üben soll in einer fröhlichen Atmosphäre stattfinden" oder "3. Training should always be conducted in a pleasant and joyful atmosphere."?
Das bedeutet ja nicht dass eine aktive "Bespaßung" stattfinden muss.
Naja, wenigstens gibt es zu dieser "Regel" keine großen Diskussionen, ich frage mich nur, wie es dann zum Namen "The Hell Dojo" kam, so nach dem Motto: Auch in der Hölle sollte stets Fröhlichkeit und Heiterkeit herrschen! :devil:
Beispielsweise gab es in meinem Dojo eine Zeit lang die Tendenz, dass Fortgeschrittene Anfänger (auch jüngere und körperlich fitte) übervorsichtig geworfen haben, so dass sie gemütlich rückwärts rollen konnten und so Fortschritte beim Ukemi erschwerten, was dann sogar mal von meinem Lehrer kritisiert wurde.
Welches Ukemi sollte denn von Anfängern erwartet werden?
Es gibt ja welche die tun sich etwas schwer, dann gibt es natürlich welchen die man nach einer Woche intensiven Trainings richtig vorwärts werfen kann, das ist allerdings die Ausnahme.
carstenm
15-04-2021, 11:54
Lautet nicht die 3. von Ueshibas 6 ursprünglichen Dojo-Regeln (http://www.aikiweb.com/forums/archive/index.php/t-20186.html) "Das Üben soll in einer fröhlichen Atmosphäre stattfinden" oder "3. Training should always be conducted in a pleasant and joyful atmosphere."?Bist du sicher, daß du die dôjôkun in derselben Weise verstehst, wie sie 1931 gemeint waren, also in einer Zeit, in der das Üben u.a. noch militiärischen Zwecken gedient hat?
Um sich darüber klar zu werden, hilft es vielleicht, den Kontext anzuschauen, also die fünf anderen Regeln zu betrachten, die die von dir Zitierte Rahmen:
Übst du in dem Wissen, daß jede Technik, die ausführst, tödlich sein kann? (Bzw. wird bei euch gezeigt, wie man mithilfe der einzelnen Techniken lethale Wirkung erzeugen kann?)
Übst du die acht Richtungen? (Bzw. wird bei euch unterrichtet, was damit gemeint ist?)
Übst du so, daß die verborgenen Inhalte zum Leben erwachen? (Bzw. wird bei euch unterrichtet, was damit gemeint ist?)
Empfängst du die geheimen Techniken auf dem Wege der individuellen Überlieferung durch eine Verbindung mit deinem Lehrer von-Herz-zu-Herz? Und - last, but not least - pflegst du durch dein Üben yamato damashii? (Bzw. gibt es bei euch überhaupt eine Unterscheidung von ura und omote Techniken? [damit meine ich nicht so etwas wie ikkyô ura und ikkyô omote ...] Gibt es bei euch diese tradtitionelle Form der Lehrer-Schüler-Beziehung? Gibt es bei euch eine so enge Verbindung nach Japan, daß dieser Urjapanische Geist überhaupt eine Rolle spielen könnte - welche auch immer daß dann sein möge ...?)
Falls das so nicht der Fall sein sollte - was ich jetzt mal dreist unterstelle - warum denkst du dann, daß gerade die zweite Regel aber doch in eurem dôjô in Geltung stehen sollte? Immer noch davon abgesehen, daß sie 1931 möglicherweise anders interpretiert wurde, als sie neunzig Jahre später und in einer vollkommen anderen Kultur verstanden wird.
Die Balance zwischen Unter- und Überforderung zu finden ist ja eine ganz allgemeine Anforderung zur Motivation und Lernfortschritten: ...Was hat das mit dem Üben einer traditionellen japansichen Kunst zu tun?
Ich meine das nicht ironisch oder um drei Ecken gedacht: Ich verstehe nicht, was welche moderne Lerntheorie auch immer mit dem Üben einer traditionellen japanischen Kunst zu tun haben könnte? Ein wesentlicher Aspekt ist doch gerade, daß die traditionelle Didaktik japanischer Künste eine vollkommen andere ist?
Falls das so nicht der Fall sein sollte - was ich jetzt mal dreist unterstelle - warum denkst du dann, daß gerade die zweite Regel aber doch in eurem dôjô in Geltung stehen sollte? Immer noch davon abgesehen, daß sie 1931 möglicherweise anders interpretiert wurde, als sie neunzig Jahre später und in einer vollkommen anderen Kultur verstanden wird.
Du meinst die zweite...
Aber - Aikido DARF auch Spaß machen, man muss nicht zum Lachen in den Keller gehen, nur weil wir heute nicht mehr den Yamato Damashii beschwören.
Trotzdem, der "Flow", die Heiterkeit, den Spaß, das kann ja alles dabei sein, und kann auch dem Lernen förderlich sein. Aber wir üben ja nicht um einen bestimmten Lernerfolg zu erzielen, der dann dank den Erkenntnissen eines Flow-Forschers in der Wohlfühl-Atmosphäre des Spaß-Dojos schneller erreicht wird, sondern um uns zu entwickeln.
Böse gucken hilft dabei aber auch nicht wirklich, so muss man weder das Eine noch das Andere in den Vordergrund stellen, Aikido-Üben kann mal Arbeit, mal Spaß machen, mal im fLow, mal einfach anstrengend und manchmal auch doof sein. Nur weil man dreimal hintereinander nicht den fun oder den flow hatte oder es sonst irgendwie auch nicht so crass cool war, muss man nicht aus dem Dojo wegrennen, und weil mal einer beim Training genervt hat weil der immer so blöd lacht, auch nicht.
Das Dojo ist einfach wie das leben, nix anderes.
Falls das so nicht der Fall sein sollte - was ich jetzt mal dreist unterstelle - warum denkst du dann, daß gerade die zweite Regel aber doch in eurem dôjô in Geltung stehen sollte?
Pass mal auf, dass da kein unbewusstes Muster draus wird! :ups:
(Späßle, alles gut!)
Bist du sicher, daß du die dôjôkun in derselben Weise verstehst, wie sie 1931 gemeint waren, also in einer Zeit, in der das Üben u.a. noch militiärischen Zwecken gedient hat?
Falls das so nicht der Fall sein sollte - was ich jetzt mal dreist unterstelle - warum denkst du dann, daß gerade die zweite Regel aber doch in eurem dôjô in Geltung stehen sollte? Immer noch davon abgesehen, daß sie 1931 möglicherweise anders interpretiert wurde, als sie neunzig Jahre später und in einer vollkommen anderen Kultur verstanden wird.
Die 6 Dojo-Regeln (http://www.aikiweb.com/forums/archive/index.php/t-20186.html) sind natürlich historisch und in keiner Weise bindend. Für mein Dojo kenne ich keinerlei schriftlich festgelegte Regeln. Das schließt ja nicht aus, dass die Regeln auch heute in angepasster Form ihren Sinn für Aikido-Dojos machen und gelebt werden. Man könnte sich z.B. fragen, was passiert, wenn man das Gegenteil davon praktiziert:
1) One blow in AIKIDO is capable of killing an opponent. In practice, obey your instructor, and do not make practice a time for needless testing of strength.
University students who practice aikido as a club activity tend to do it more intensely than students in a ‘general’ dojo and this fact led to an incident that directly concerns the violent aspects of training. You must be aware that there are some basic waza that can be extremely dangerous if executed very hard and with no awareness of your uke’s real situation. I put it this way because some senior students at the university medical club thought that one of their juniors was lazy or malingering, because he did not execute flying ukemi with the same zest as his dojo buddies. (In fact, I taught him English and he told me that he found aikido very attractive, but he found ukemi quite frightening.) Well, I heard that during a summer camp this student was subjected to repeated ukemi from shiho-nage and that this led to a fatal conclusion: he died the following day from brain damage caused by severe concussion.
Quelle: http://www.aikiweb.com/forums/showpost.php?p=352902&postcount=8
2) AIKIDO is an art in which one man learns to face many opponents simultaneously and requires therefore that you polish and perfect your execution of each movement so that you can take on not only the one directly before you but also those in every direction around you.
Das mit den 8 Richtungen habe ich im Unterricht noch nicht gehört, aber dass man seine Umgebung wahrnehmen soll schon öfter ("Reagiere auf viele Angreifer wie auf einen und auf einen wie auf viele" wurde schon mal zitiert). Wer das nicht beachtet, der kann dann als Nage gerne mal seinen Uke gegen eine Wand, eine Säule (sofern vorhanden) oder ein Paar anderer übender Aikidoka werfen.
3) Practice at all times with a feeling of pleasurable exhilaration.
Wenn das Üben in einem Dojo längere Zeit keinen Spaß macht oder Freude bereitet, welchen Sinn macht es heute noch es fortzusetzen? Ich hatte mal so eine freudlose Zeit (fast ein Jahr) erfahren, und meine Konsequenz war, mit Aikido aufzuhören für 23 Jahre. Gesundheitliche Probleme des Bewegungsapparats waren ja für mich der Anlass es wieder zu probieren mit der Idee, dass es mich dauerhafter motivieren könnte als Krankengymnastik, Yoga, Pilates oder dergleichen.
5) The daily practice begins with light movements of the body, gradually increasing in intensity and strength, but there must be no overexertion. That is why even elderly an elderly man can continue to practice without bodily harm but with pleasure and profit and will attain the purpose of his training.
Mit 50+ erleb(t)e ich das (vor Corona) immer wieder. Und umgekehrt fühle ich mich unwohl, wenn die Gymnastik am Anfang stark verkürzt oder ganz weggelassen wird (von Aushilfs-Übungsleitern).
Pansapiens
16-04-2021, 04:09
Offen gesagt, hat mir das Üben sehr, sehr häufig ganz und gar keinen Spaß gemacht ... ich habe es häufig und über viele Jahre eher als Arbeit empfunden ...
Daraus schließe ich jetzt, dass Du Arbeit und Spaß als Gegensätze ansiehst.
Da gibt es auch andere Meinungen:
Ich schlief und träumte, das Leben sei Freude.
Ich erwachte und sah, das Leben war Pflicht.
Ich handelte, und siehe, die Pflicht war Freude.
Rabindranath Tagore
Don’t Do Anything That Isn’t Play
By Marshall Rosenburg
(excerpted from his book Non Violent Communication)
Wenn ich rate: "Tun Sie nichts, was kein Spiel ist!", halten mich manche für radikal. Doch ich glaube ernsthaft, dass eine wichtige Form des Selbstmitgefühls darin besteht, Entscheidungen zu treffen, die rein durch unseren Wunsch motiviert sind, etwas zum Leben beizutragen, und nicht aus Angst, Schuld, Scham, Pflicht oder Verpflichtung. Wenn wir uns des lebensbereichernden Zwecks bewusst sind, der hinter einer Handlung steht, die wir ausführen, dann hat selbst harte Arbeit ein spielerisches Element in sich. Im Gegensatz dazu wird eine ansonsten freudvolle Tätigkeit, die aus Pflicht, Schuld, Scham oder Furcht ausgeführt wird, ihre Freude verlieren und schließlich Widerstand hervorrufen.
Vor vielen Jahren begann ich, mich mit einer Tätigkeit zu beschäftigen, die den Pool an Freude und Glück, der meinem Leben zur Verfügung steht, erheblich vergrößerte und gleichzeitig Depressionen, Schuldgefühle und Scham verminderte. Ich biete sie hier als einen möglichen Weg an, unser Mitgefühl für uns selbst zu vertiefen, um uns zu helfen, unser Leben aus einem freudigen Spiel heraus zu leben, indem wir in einem klaren Gewahrsein der lebensbereichernden Notwendigkeit hinter allem, was wir tun, geerdet bleiben.
https://nichingspiral.com/articles/rosenburg/
Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)
wirklich "Spaß" ist erst in den letzten Jahren hinzu gekommen.
Was ist passiert?
Nach der Hütherhypothese hättest Du dann in den Jahrzehnten davor nicht viel gelernt, weil der "Dünger" für's Gehirn gefehlt hat.
Was hat das mit dem Üben einer traditionellen japansichen Kunst zu tun?
Ich meine das nicht ironisch oder um drei Ecken gedacht: Ich verstehe nicht, was welche moderne Lerntheorie auch immer mit dem Üben einer traditionellen japanischen Kunst zu tun haben könnte? Ein wesentlicher Aspekt ist doch gerade, daß die traditionelle Didaktik japanischer Künste eine vollkommen andere ist?
Wenn eine Lerntheorie die Grundlagen menschlichen Lernens korrekt beschreibt, dann ist naheliegend, dass die auch für Japaner von vor hundert Jahren zutrifft.
Im Bereich der CMA wird über die Söhne des Yang-Stil-TJQ-Gründers berichtet:
Luchan trainierte seine Söhne, Banhou und Jianhou, von klein auf intensiv. Seine Kampfkunst wurde zum Familienunternehmen, und dieser Druck war für die beiden Jungen sehr schwierig. Die Familienüberlieferung berichtet, dass Banhou versuchte, von zu Hause wegzulaufen, und Jianhou unternahm einen Selbstmordversuch
klingt nach Überforderung in dem von Aiki50+ verlinkten Diagramm.
Allerdings haben die die Hütherhypothese angeblich widerlegt:
So schwierig ihre Ausbildung auch war, beide nahmen schließlich die Kunst ihres Vaters an und wurden bekannte Praktiker.
Ich schätze aber mal, der Frau ohne Hakama im Eingangsvideo hat das Üben mit den älteren Herrn durchaus Freude bereitet.:)
Ich glaube, ich habe noch nie etwas getan oder unterlassen, weil das Üben sonst keinen Spaß machen würde.
Offen gesagt, hat mir das Üben sehr, sehr häufig ganz und gar keinen Spaß gemacht ... ich habe es häufig und über viele Jahre eher als Arbeit empfunden ... wirklich "Spaß" ist erst in den letzten Jahren hinzu gekommen.
Das irritiert mich ehrlich gesagt auch ziemlich. Aber vielleicht liegt es nur an dem Wort "Spaß" und was man/wir/du/ich/Aiki50 darunter verstehen?
Wieso bringt man als erwachsener und freier Mensch Jahre oder Jahrzehnte mit etwas zu, was einem keinen Spaß macht??
(Ich nehme an, du wurdest ja nicht zum Aikido-Training gezwungen.)
Wieso bringt man als erwachsener und freier Mensch Jahre oder Jahrzehnte mit etwas zu, was einem keinen Spaß macht??
Naja, wie viele Leute gehen jahrelang einer Arbeit nach, die ihnen keinen Spaß macht, und zählen nur die Tage bis zum Wochenende, wo man dann endlich "Spaß haben" kann?
Ich kenne auch diese Trainingstage, an denen ich mich gefragt habe, warum ich mir das denn jeden Tag antue...
Aber ich Großen und Ganzen denke ich es war viel mehr, als einfach "Spaß".
Naja, wie viele Leute gehen jahrelang einer Arbeit nach, die ihnen keinen Spaß macht, und zählen nur die Tage bis zum Wochenende, wo man dann endlich "Spaß haben" kann?Die tun das aber wegen der Entlohnung.
Naja, wie viele Leute gehen jahrelang einer Arbeit nach, die ihnen keinen Spaß macht, und zählen nur die Tage bis zum Wochenende, wo man dann endlich "Spaß haben" kann?
Ich kenne auch diese Trainingstage, an denen ich mich gefragt habe, warum ich mir das denn jeden Tag antue...
Aber ich Großen und Ganzen denke ich es war viel mehr, als einfach "Spaß".
Na ja, das mit der Arbeit ist wohl kaum vergleichbar. Ich schrieb ja „freier“ Erwachsener, natürlich müssen die meisten Menschen was arbeiten. Aber halt nicht Kampfkunst betreiben.
Aber grundsätzlich Spaß, Freude oder wie du es nennen willst am Training zu haben, ist doch wohl die Grundlage, wenn man so was lange und freiwillig macht. Oder ist das bei dir auch nicht der Fall??
Aber grundsätzlich Spaß, Freude oder wie du es nennen willst am Training zu haben, ist doch wohl die Grundlage, wenn man so was lange und freiwillig macht. Oder ist das bei dir auch nicht der Fall??
Doch, natürlich. Aber da ich das ganze auch irgendwie als Beruf (zumindest nebenberuflich) betrachte, ist es auch irgendwie Arbeit.
Training, Üben, immer dranbleiben, das kann schon den Aspekt von Arbeit bekommen, im Sinne von "Kung Fu", ich weiß gar nicht ob es ein japanisches Pendant zu diesem Begriff gibt. Ich kenne da zum Beispiel "tanren", was so was wie "Schmieden" bedeutet.
Aber da ich das ganze auch irgendwie als Beruf (zumindest nebenberuflich) betrachte, ist es auch irgendwie Arbeit.
Training, Üben, immer dranbleiben, das kann schon den Aspekt von Arbeit bekommen, im Sinne von "Kung Fu", ich weiß gar nicht ob es ein japanisches Pendant zu diesem Begriff gibt. Ich kenne da zum Beispiel "tanren", was so was wie "Schmieden" bedeutet.
Völlig klar, ich denke das erleben viele so. Und wenn man damit Geld verdient noch mal ganz anders.
Aber eben, ohne die grundsätzliche Freude daran würdest du es wohl auch nicht machen.
Ich denke sessa-takuma (切磋琢磨) wäre ein ganz gutes Pendant.
Die tun das aber wegen der Entlohnung.
Klar, aber trotzdem sind es freie Menschen, keine Sklaven, und jeder hat die Möglichkeit seine Lebensumstände auch ein bisschen in die Richtung zu gestalten, dass man auch bei der Arbeit etwas machen kann was einem zumindest irgendwie eher entgegen kommt als Sch... schleppen.
Ich meine da gibt es genug Beispiele, zumindest bei uns hier ist das schon möglich.
Die Lebensumstände mögen manchmal dagegen sprechen, aber die kann man auch ändern. Manchmal nicht von heute auf morgen, aber man ist auch nicht von heute auf morgen da rein gekommen.
So, Glückskeks-Tüte wieder zu...
Man kann schon in eine beschissene Situation hineingeboren werden und dann erstmal ne Weile was arbeiten müssen was einem nicht gefällt. Warum man allerdings KK trainiert, wenn man es als belastend empfindet erschließt sich mir auch nicht. Dass man mal Tage mit weniger Lust hat ok, aber ingesamt sollte es schon Spaß machen. Das ganze gilt besonders für Lehrer, sonst leidet der Unterricht.
Man kann schon in eine beschissene Situation hineingeboren werden und dann erstmal ne Weile was arbeiten müssen was einem nicht gefällt.
Ja, musste ich auch, immer wieder mal.
Warum man allerdings KK trainiert, wenn man es als belastend empfindet erschließt sich mir auch nicht. Dass man mal Tage mit weniger Lust hat ok, aber ingesamt sollte es schon Spaß machen. Das ganze gilt besonders für Lehrer, sonst leidet der Unterricht.
Da waren wir uns doch längst einig, meine ich.
carstenm
16-04-2021, 16:54
DFür mein Dojo kenne ich keinerlei schriftlich festgelegte Regeln. Das schließt ja nicht aus, dass die Regeln auch heute in angepasster Form ihren Sinn für Aikido-Dojos machen und gelebt werden.ich wollte nicht ausdrücken, daß die dôjôkun von 1931 heute keinen Sinn mehr machen. Im Gegenteil.
Ich wollte nur zu Bedenken geben, ob für dich, der du ja eine dieser Regeln zitiert hattest, auch die anderen Regeln Gültigkeit haben.
carstenm
16-04-2021, 17:32
Daraus schließe ich jetzt, dass Du Arbeit und Spaß als Gegensätze ansiehst.
Da gibt es auch andere Meinungen:
Ich schlief und träumte, das Leben sei Freude.
Ich erwachte und sah, das Leben war Pflicht.
Ich handelte, und siehe, die Pflicht war Freude.
Rabindranath Tagore
Das heißt, wenn ich das richtig verstehe, für dich sind Arbeit und Pflicht synoynm? Das gilt für mich so nicht. "Pflicht" ist für mich ein negativ besetzter Begriff, der für Lebensentwürfe steht, die ich eher kritisch betrachte. "Über die Freuden der Pflicht" gibt es ja aus der Perspektive von Siggi Jepsen ein längeres und wie ich finde sehr gelungenes Werk.
Sind Freude und Spaß synoym? Ich bin nicht sicher.
"Spaß" bezeichnet nach meinem Verständnis eine kurze und nicht tiefgehende Freude, ein Vergnügen. Ein Glas Nutella leerlöffeln, das Nutella dabei vom Löffel lecken. Eine "Sherlock"-Episode gucken. Mit 240 km/h über die Bahn brettern. Ein Organsmus. ... Dergleichen Dinge. Danach aber dann Leere. Oder sogar Bedauern.
Es mag sein, daß "Freude" schon etwas tiefer geht ... aber ich selber habe in meinem emotionalen Repertoire keine Empfinden, daß ich als "Freude" labeln würde. Da gibt es sattdessen "Glück" oder auch "Zufriedenheit". Beides Begriffe, die - in meinem Sprachempfinden - etwas Dauerndens und vor allem etwas Sinnhaftes bezeichnen, das mich tanszendiert.
"Spaß haben" und "Pflicht erfüllen" sind für mich zwei Pole einer "leeren", d.h. wachstumsfreien Lebensgestaltung: Einerseits die Orientierung an unmittelbarer Affektbefriedigung, andereseits die Akzeptanz fremdbestimmter Zielsetzung in Bezug auf die eigene Entwicklung.
Don’t Do Anything That Isn’t Play, by Marshall Rosenburg(Warum schreibt sich Rosenberg hier denn mit "u"? Ich habe seine Methode eine Weile gelernt und etliche Bücher von ihm - und über ihn - hier stehen: Gibt's da was zu wissen?)
Ich habe die Arbeit mit Gewaltfreier Kommunikation nach einer Weile wieder aufgegeben, weil mir klar geworden ist, daß ich die Prämissen von Rosenbe(u)rg nicht teile. Die Mehtoden bieten ja wundervolle Einichten. Und helfen hervorragend, die eigene Kommunikation zu reflektieren und zu strukurieren. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, daß sie in den Situtionen, mit denen ich umgehen muß, nicht funktionieren. Wenn nämlich die Beteiligten den Konflikt ausdrücklich wollen.
Es hat eine Weile gedauert, bis mir klar wurde, warum das möglicherweise so ist. Ich bin der Ansicht, daß das pessimisitische Menschenbild das für Rosenbe(u)rg eine wichtige Prämisse ist, nicht stimmt. Ich teile inzwischen die Annahme nicht mehr, daß Menschen zunächst grundsätzlich handeln motiviert durch Angst, Schuld, Scham, Pflicht oder Verpflichtung. Und darum glaub ich auch nicht, daß es das Spiel ist, daß es ermöglicht, "Entscheidungen zu treffen, die rein durch unseren Wunsch motiviert sind, etwas zum Leben beizutragen". Worum es aber auch nach meinem Verständnis ganz wesentlich geht.
carstenm
16-04-2021, 17:59
Das irritiert mich ehrlich gesagt auch ziemlich. Aber vielleicht liegt es nur an dem Wort "Spaß" und was man/wir/du/ich/Aiki50 darunter verstehen?Das ist gut möglich.
Wieso bringt man als erwachsener und freier Mensch Jahre oder Jahrzehnte mit etwas zu, was einem keinen Spaß macht?Warum scheint es hier offenbar den meisten selbstverständlich, daß eine Biographie an der Kategorie "Spaß" auszurichten sei? Das erschließt sich mir tatsächlich überhaupt gar nicht.
In meinen biographischen Kontexten waren wichtige Kategorien die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit, das, was wir in unserer neig gong Schule als "cultivation" bezeichnen. Genauso die Unterstützung anderer bei der Entwicklung ihrer eigenen Persönlichkeit. Ein Bezug zu Kategorien wie Sinn, Transzendenz, Glück (im Sinne einer befreienden Erfahrung von Eins-Sein), ... solche Dinge halt ...
Das bedeutet auch, gerade auf das zuzugehen, was man eigentlich meiden möchte. Abneigungen, Ängste, Widerstände, ... genau da hineinzugehen.
Ein für mich ganz wesentlicher Aspekt beim Üben von aikidô war in den ersten gut zehn Jahren schlicht und einfach das Überwinden von Angst. Jeder freie Fall: Angst. (weil psychologischer Stellvertreter für Existenz/Todesangst bei mir + körperliches Unvermögen, viel aua) Jeder Angriff mit einem bokutô: Angst. (weil oft Treffer und aua)
Es war zudem eine kontinuierliche Arbeit an meinen körperlichen Unzulänglichkeiten. Dinge, von denen ich geglaubt habe, sie wären tatsächlich fixe Limitationen.
Was ist passiert?Ich bin durch die Angst hindurch gegangen. Und mein Körper hat sich in einer bestimmten Weise transformiert. Und ich habe die Kompetenz erlangt, im Kontext des Trainings selbstwirksam zu agieren. Meine Persönlichkeit und mein Bewegungsapparat haben sich transformiert.
Und das in einer der traditionellen Dikdaktik entsprechenden Weise. D.h. die dort implizit benannten Lernziele wurden erreicht. Und zwar ziemlich genau in der vorgesehenen Zeit. Hüther hin, Hüther her ... das Konzept der Alten ist preciesgoed aufgegangen. Ich hätte im Referendariat meien Lernziele nicht besser definieren können.
Dieser Mechanismus funktioniert auch sonst in meinem Leben. Die Hinwendung zu dem, was gerade nicht Spaß vermittelt, sondern Wachstum verspricht, ist für mich persönlich immer ein sehr hilfreicher Wegweiser gewesen. Und ich habe keine der enstprechenden Entscheidungen je bereut.
Diese Kultivierung, die Arbeit an Wachstum und Entwicklung, das meine ich mit "Arbeit". Nicht Erwerbstarbeit, nicht Pflicht, sondern die Arbeit an mir selbst, die Kultivierung meines "wahrend Selbst" ... derlei Dinge ...
In sofern wäre in meinem Sprachgebrauch "Spaß" etwas, das lediglich ablenkt von "Glück" ...
Ganz nebenbei bemerkt:
Als wir im Sommer kurz wieder trainieren konnten, war uns allen in meinem Unterricht deutlich, daß das, was uns am allermeisten fehlt nicht ikkyô nikyô sankyô ist, sonder das gemeinsame herzliche Lachen, das unser Üben begleitet und den Körper und auch den Geist öffnet ...
... dennoch würde niemand, der bei mir übt, die Dreistigkeit besitzen zu behaupten, man habe Spaß gehabt. Es wissen alle, daß mir das das herz brechen würde ...
Und noch eine Ergänzung:
Auch meine Berufswahl selbst ist diesem Prinzip gefolgt. Ich habe nicht den Beruf ergriffen, der mir nach allem, was ich damals sagen konnte, Spaß gemach hätte. Ich bin auch nicht den Inhalten gefolgt, die mir Spaß gemacht haben (Mathematik vor allem, aber auch Chemie). Sondern ich habe mich ganz bewußt entschieden einen Beruf zu ergreifen, der mir in Bezug auf Sinnhaftigkeit und persönliches Wachstum am plausibelsten schien. Ein wesentlicher Aspekt dieses Berufes besteht darin, vor vielen Menschenzu stehen, sich zu zeigen. Und vor vielen Menschen zu sprechen. Eine Situation die mir bis vor einigen Jahren massiv Angst gemacht hat. ...
Das ist gut möglich.
Ich denke, dass es das ist.
Spaß, Freude, Glück, körperliches und geistiges Wohlbefinden.
Der Begriff Spaß ist ja bisschen in Verruf und ich habe ihn früher auch gemieden. Mittlerweile sehe ich das lockerer - speziell was das Training der Kampfkunst angeht, muss es mir aber definitiv Spaß machen. Früher habe ich da zwar auch mehr andere Ansprüche dran gestellt, aber trotzdem war das gute Gefühl im Training natürlich die Grundlage.
Was die genannten Aspekte der Persönlichkeitsentwicklung betrifft, das Kultivieren, die von dir genannten Kategorien etc. Geht/Ging mir (und vermutlich auch anderen hier) ja doch ziemlich ähnlich wenn nicht genauso. Trotz allem würde ich sagen, dass zumindest ein Teil von dir mehr Freude als Leid (wenn auch vielleicht nicht immer unmittelbar) daraus ziehen konnte, diesen Weg zu wählen. Oder salopp gesagt, man hat es trotz allem gern gemacht/macht es gern.
Was die Berufswahl betrifft... Puh. Na ja. Hoffentlich macht es dir jetzt wenigstens Freude!
Ich glaube es gibt einmal die Sichtweise (die du auch anführst), dass Spaß irgendwie konträr zu Freude und nachhaltigen Glück ist. Ich würde jetzt Spaß, Freude, Glück und körperliches und geistiges Wohlbefinden eher als verschiedene Ausprägungen einer Sache, eines positiven Befindens ansehen.
carstenm
16-04-2021, 20:05
... aber trotzdem war das gute Gefühl im Training natürlich die Grundlage.Dieses "natürlich" ist eben das, was mich erstaunt: Ich kann ja sehr gut nachvollziehen, daß das für dich - und für viele andere ebenso - die Grundlage des Übens war oder ist. Aber warum das "natürlich" so sein soll, erschließt sich mir nicht. Ich wiederhole meine Frage: Wie begründet sich diese Prämisse, daß die Motivation des Handelns per se in einem - mindestens mittelbar - empfundenen "guten Gefühl" liegen müsse?
Für mein Üben galt es jedenfalls lange nicht. Ich hatte, wie gesagt, Angst sehr lange als Grundgefühl, wenn ich das dôjô betreten habe. Und auch mein Körper hat sich nicht "wohl befunden". Für mich das "gute Gefühl im Training" nicht "die Grundlage". Aber das war aber eben auch von nicht das, was ich vom Training erwartet habe.
Trotz allem würde ich sagen, dass zumindest ein Teil von dir mehr Freude als Leid (wenn auch vielleicht nicht immer unmittelbar) daraus ziehen konnte, diesen Weg zu wählen. Oder salopp gesagt, man hat es trotz allem gern gemacht/macht es gern. Warum würdest du das über mich sagen?
Es entspricht jedenfalls nicht meiner eigenen Erfahrung und gibt nicht meinem eigenes Empfinden. Sondern das habe ich in meinem obigen Post versucht darzustellen.
"... man hat es trotz allem gern gemacht/macht es gern." Es hat eine lange Phase gegeben, in der ich vor jedem Training im Auto gesessen und geheult habe. Es hat eine lange Phase gegeben in der ich mich in jedem Training verflucht habe - insbesondere bei Seminaren - weil ich nicht zu Hause bei meiner kleinen Tochter geblieben bin. Es hat lange Phasen gegeben, in denen ich nur unter großen Schmerzen üben konnte. ... undsoweiterundsofort ... Nein. Ich habe es damals nicht " trotz allem gern gemacht". Ich habe es getan, weil ich der Meinung war und bis heute der Meinung bin, daß es für mich richtig war, es zu tun. ming. Mein Weg.
Ich denke, darum geht es ... den eigenen Weg zunächst zu finden ... und ihn dann zu gehen. Und ich gelange immer klarer zu der Auffassung, daß "Spaß" nicht die Kategorie ist, die dabei die Richtung weisen kann.
Für mich das "gute Gefühl im Training" nicht "die Grundlage". Aber das war aber eben auch von nicht das, was ich vom Training erwartet habe.
Um so "krasser", dass du das trotzdem gemacht hast!
Für mich war es eigentlich genau das Gegenteil, es war genau das was ich machen wollte, wo ich mich richtig gut gefühlt habe, und traurig war wenn das Training dann nach 4 oder 5 Stunden vorbei war.
Ich bin dann, in einer Zeit in der ich wirklich viel auf der Matte war, nach dem Training in meine Wohnung in der 5. Etage mehr oder weniger die Treppen rauf gekrochen, aber am nächsten Tag konnte ich es nicht erwarten mich wieder aufs Fahrrad zu setzen und zum Dojo zu fahren.
Tja, Spaß...so hätte ich es trotz allem nicht genannt, eher lebendig sein, Energie spüren, dabei sein, mit jeder Faser des Körpers und des Geistes, das war manchmal wie Fliegen (naja, nicht nur wie).
Es gab dann auch andere Phasen, aber das war wohl der Grund warum ich da hingegangen bin, hehre Ziele hatte ich da nicht im Kopf, es war eher eine Frage, wie man leben will, und ob da irgendwie ein roter Faden drin ist.
carstenm
17-04-2021, 08:24
Für mich war es eigentlich genau das Gegenteil, es war genau das was ich machen wollte, wo ich mich richtig gut gefühlt habe, ...Das klingt schön. Und ist im Grunde vielleicht gar nicht so weit weg von meinem Empfinden. Denn auch wenn ich mich nicht immer gut gefühlt habe, ich habe mich immer richtig gefühlt. Und es war das, was ich machen wollte ... weil mir irgendwie deutlich war, daß ich es machen "mußte". Von innen heraus ...
... und traurig war wenn das Training dann nach 4 oder 5 Stunden vorbei war. Ich bin dann, in einer Zeit in der ich wirklich viel auf der Matte war, nach dem Training in meine Wohnung in der 5. Etage mehr oder weniger die Treppen rauf gekrochen, aber am nächsten Tag konnte ich es nicht erwarten mich wieder aufs Fahrrad zu setzen und zum Dojo zu fahren.Schön!
Tja, Spaß...so hätte ich es trotz allem nicht genannt, eher lebendig sein, Energie spüren, dabei sein, mit jeder Faser des Körpers und des Geistes, das war manchmal wie Fliegen (naja, nicht nur wie).
Es gab dann auch andere Phasen, aber das war wohl der Grund warum ich da hingegangen bin, hehre Ziele hatte ich da nicht im Kopf, es war eher eine Frage, wie man leben will, und ob da irgendwie ein roter Faden drin ist." lebendig sein, Energie spüren, dabei sein, mit jeder Faser des Körpers und des Geistes, das war manchmal wie Fliegen (naja, nicht nur wie)" Ja. Genau so. Einer der Gründe, warum mich inzwischen das Üben von nei gong so "gefangen nimmt", ist, daß sich - jedenfalls bei mir - dieses Empfinden, daß ich für mich irgendwann mal das "Aikido-Gefühl" genannt habe, verstärkt, vertieft und irgendwie "wächst und blüht und gedeiht" in mir drin ... das Üben bei Dan war wie ein Übergang dahin ... ich freue mich uendlich darauf, das dann wieder mit Partnern auf der Matte erleben zu können ...
Ich glaube, ich möchte schlicht ausdrücken, daß - nach meinem persönlichen Empfinden und auch gemäß meinem persönlichen Sprachverständnis - "Glück" nicht abhängig ist von "Spaß".
... und um es mal wieder rückzubinden an die dôjôkun des kobukan:
Ich denke -und glaube das auch belegen zu können - daß unsere Vorstellungen davon, wie diese Regeln konkret zu verstehen sind, sich deutlich unterscheiden davon, wie sie die damals Übenden aufgefaßt haben.
Pansapiens
17-04-2021, 09:23
Das heißt, wenn ich das richtig verstehe, für dich sind Arbeit und Pflicht synoynm?
Synonym würde ich nicht sagen, allerdings assoziiere ich Arbeit mit Pflicht, da Letztere eher im Kontext von Arbeit anzutreffen ist, bzw. dort wahrgenommen wird.
Nicht alles an der Arbeit ist Pflicht und Pflicht ist auch außerhalb dessen, was gemeinhin in unserer Gesellschaft als "Arbeit" angesehen wird, anzutreffen.
Das gilt für mich so nicht. "Pflicht" ist für mich ein negativ besetzter Begriff, der für Lebensentwürfe steht, die ich eher kritisch betrachte. "Über die Freuden der Pflicht" gibt es ja aus der Perspektive von Siggi Jepsen
Mein Leben wurde von Gott entworfen.
Die Perspektive von Siggi Jepsen scheint mir nicht ganz neutral und von Traumatisierung geprägt.
Sein Vater hat es IMO mit der Pflichterfüllung etwas in's Extrem getrieben.
Daraus abzuleiten, dass Pflichtbewusstsein per se schlecht sei, scheint mir etwas voreilig.
Mir gefällt der Ansatz von Schulz von Thun, Werte nicht als gut oder schlecht anzusehen, sondern eher deren extreme Ausprägungen.
https://www.youtube.com/watch?v=RPDxoERvNgo
Da könnte man nun auf die linke Seite oben "Pflichtgefühl" schreiben und darunter "Kadavergehorsam".
Was könnte rechts stehen?
Sind Freude und Spaß synoym? Ich bin nicht sicher.
Laut Duden hat Spaß zwei Bedeutungen.
1.) die oben beschriebene:
"ausgelassen-scherzhafte, lustige Äußerung, Handlung o. Ä., die auf Heiterkeit, Gelächter abzielt; Scherz"
und
2.) die, um die es hier geht:
Freude, Vergnügen, das man an einem bestimmten Tun hat
"Spaß" bezeichnet nach meinem Verständnis eine kurze und nicht tiefgehende Freude, ein Vergnügen. Ein Glas Nutella leerlöffeln, das Nutella dabei vom Löffel lecken. Eine "Sherlock"-Episode gucken. Mit 240 km/h über die Bahn brettern. Ein Organsmus. ... Dergleichen Dinge. Danach aber dann Leere. Oder sogar Bedauern.
Bedauern oder bereuen könnte man dergleichen Dinge IMO, wenn es unangenehme Folgen hat:
Fettleibigkeit, Autounfall, Schwangerschaft...(ich hab noch nie eine Sherlock-Episode geguckt)
Aber so unmittelbar?:gruebel:
Gut ich bin jetzt Heide mit katholischen Wurzeln, da hab ich eventuell bezüglich Spaß eine andere Prägung.
https://www.youtube.com/watch?v=8enODai8JTs
Es mag sein, daß "Freude" schon etwas tiefer geht ... aber ich selber habe in meinem emotionalen Repertoire keine Empfinden, daß ich als "Freude" labeln würde.
Hört sich etwas...freudlos an.
Da gibt es sattdessen "Glück" oder auch "Zufriedenheit". Beides Begriffe, die - in meinem Sprachempfinden - etwas Dauerndens und vor allem etwas Sinnhaftes bezeichnen, das mich tanszendiert.
Kannst Du mir in einfacher Sprache erklären, was hier "transzendieren" bedeutet?
"Spaß haben" und "Pflicht erfüllen" sind für mich zwei Pole einer "leeren", d.h. wachstumsfreien Lebensgestaltung: Einerseits die Orientierung an unmittelbarer Affektbefriedigung, andereseits die Akzeptanz fremdbestimmter Zielsetzung in Bezug auf die eigene Entwicklung.
"Spaß haben" und "Pflicht erfüllen" sind für mich keine Gegensätze und nur Teilaspekte menschlicher Existenz.
Nach Nietzsche sind unsere Pflichten die Rechte anderer an uns.
Solange ich in einer Gesellschaft oder Gemeinschaft lebe, bin ich durch die Rechte anderer Pflichten unterworfen, oder ich gehe Pflichten andere gegenüber ein.
Ein Versprechen, ein Vertrag ist eine Verpflichtung.
Man kann sich auch sich selbst gegenüber zu etwas verpflichten oder sich seinem Gewissen verpflichtet fühlen, und dann den Tyrannen töten, dem sich andere verpflichtet fühlen.
(Warum schreibt sich Rosenberg hier denn mit "u"? Ich habe seine Methode eine Weile gelernt und etliche Bücher von ihm - und über ihn - hier stehen: Gibt's da was zu wissen?)
Ja, da gibt es zu wissen, dass Menschen Fehler machen. Z.B. Namen falsch schreiben.
Interessant, dass so was für Dich, der Du mir an anderer Stelle das Zählen von Hülsenfrüchten als Hobby unterstelltest, bemerkenswert findest, während ich, dem Du das vorgeworfen hast, so was eher als unbedeutend erachte.
Weiter unten auf der verlinkten Seite ist der Name korrekt geschrieben.
Ich nehme mit, dass Deine Bemühungen seine Methode zu erlernen und die etlichen Bücher, die Du von ihm hast, zumindest den Erfolg gezeitigt haben, dass Du die korrekte Schreibweise seines Namens kennst. :halbyeaha :p
Ich habe die Arbeit mit Gewaltfreier Kommunikation nach einer Weile wieder aufgegeben, weil mir klar geworden ist, daß ich die Prämissen von Rosenbe(u)rg nicht teile. [...] ich habe die Erfahrung gemacht, daß sie in den Situtionen, mit denen ich umgehen muß, nicht funktionieren. Wenn nämlich die Beteiligten den Konflikt ausdrücklich wollen.
Z.B. wenn sich Mitarbeiter darüber uneins sind, ob ein Tarifvertrag nun gut oder schlecht ist?
Nur weil z.B. ich in Diskussionen die Wahrheit nicht auf dem Altar der Harmonie opfere, heißt das noch lange nicht, dass ich den Konflikt ausdrücklich will, ich gehe ihm nur nicht aus dem Weg.
Ich bin der Ansicht, daß das pessimisitische Menschenbild das für Rosenbe(u)rg eine wichtige Prämisse ist, nicht stimmt. Ich teile inzwischen die Annahme nicht mehr, daß Menschen zunächst grundsätzlich handeln motiviert durch Angst, Schuld, Scham, Pflicht oder Verpflichtung.
Interessant.
Also ich hab eine ganz andere Wahrnehmung von den Prämissen der gewaltfreien Kommunikation.
Und zwar folgende:
Menschen haben Bedürfnisse.
Diese Bedürfnisse drücken sich in Gefühlen aus.
Nicht erfüllte Bedürfnisse äußern sich in negativen Gefühlen.
Erfüllte Bedürfnisse in positiven Gefühlen.
Menschen wollen ihre Bedürfnisse erfüllen.
Daher entwickeln sie Strategien, um sich die Bedürfnisse zu erfüllen.
Diese Strategien verwechseln manche mit Bedürfnissen.
Manche dieser Strategien sind "tragisch" oder weniger geeignet, die Bedürfnisse zu erfüllen, oder laufen den Bedürfnissen anderer zuwider und sie schaden damit sich selbst oder anderen.
Eines der Bedürfnisse ist es, zum Wohlergehen von anderen Menschen beizutragen.
Und auf diesem Bedürfnis wird aufgesetzt, wenn man versucht, in Situationen wo Strategien zur Bedürfniserfüllung in Konflikt zueinander stehen, alternative Strategien zur Bedürfniserfüllung zu finden.
Denn das bedeutet, ja, dass beide Parteien an einer Konfliktlösung interessiert sind.
Das erscheint mir doch als ein eher optimistisches Menschenbild. Auf jeden Fall optimistischer als jenes, dass hinter der Meinung steht, dass Leute den Konflikt des Konflikt willens suchen, also gar nicht kooperationsbereit sind bzw. der Konflikt nicht eine Strategie ist, ein tieferliegendes Bedürfnis zu erfüllen, sondern die ein Konfliktbedürfnis haben, das nicht anders erfüllt werden kann, als durch eben einen Konflikt.
Ich stehe der von mir wahrgenommen Prämisse durchaus auch kritisch gegenüber, aber nicht, weil das auf einem zu pessimistischen Menschenbild beruht, sondern eher auf einem zu optimistischen.
Er behauptet auch IMO auch nicht, dass Menschen grundsätzlich durch "Angst, Schuld, Scham, Pflicht oder Verpflichtung" zu Handlungen motiviert werden, sondern eher, dass es in unserer Gesellschaft üblich sei, andere durch dergleichen zu motivieren, anstatt ihnen zu vermitteln, wie sie aus dem Bedürfnis heraus, etwas zum Leben beizutragen handeln können.
Man kann sich z.B. hinstellen und sagen "Impfen ist die erste Bürgerpflicht, wer sich nicht impfen lässt, soll doch bitte auch im Falle eines schweren Verlaufs auf Beatmung verzichten" oder man kann versuchen herauszufinden, welches Bedürfnis dahinter steckt, wenn eine konkrete Person sich nicht impfen lassen will und auf der anderen Seite darstellen, welches eigene Bedürfnis man mit der Strategie, sich zu wünschen, dass sich möglichst viele Impfen lassen, erfüllt.
Und darum glaub ich auch nicht, daß es das Spiel ist, daß es ermöglicht, "Entscheidungen zu treffen, die rein durch unseren Wunsch motiviert sind, etwas zum Leben beizutragen". Worum es aber auch nach meinem Verständnis ganz wesentlich geht.
Mir scheint, das ist einfach eine Definition.
Rosenberg nennt Handlungen, "die rein durch unseren Wunsch motiviert sind, etwas zum Leben beizutragen, und nicht aus Angst, Schuld, Scham, Pflicht oder Verpflichtung" eben "Spiel".
Du magst eine andere Definition von "Spiel" haben, aber dann kannst Du natürlich nicht einfach seine Aussagen über seine Definition von "Spiel" auf Deine Definition von "Spiel" anwenden.
Im weiteren Text gibt Rosenberg ein Beispiel, dass man die gleiche Tätigkeit als "Spiel" in seinem Sinne erleben kann, die man vorher als lästige Pflicht auf fasste.
Man muss also, wenn man seiner Anweisung folgt, nicht jegliche Tätigkeit, die man aus nicht reflektierten Pflichtgefühl heraus tut, aufgeben, sondern man kann auch eben sinnvolle Gründe finden, die zu tun:
Der nächste Punkt auf meiner Liste der unlustigen Aufgaben war das Fahren der Kinder zur Schule. Als ich jedoch den Grund für diese Aufgabe untersuchte, empfand ich Wertschätzung für die Vorteile, die meine Kinder durch den Besuch ihrer Schule hatten. Sie konnten leicht zur Schule in der Nachbarschaft laufen, aber ihre eigene Schule entsprach viel mehr meinen erzieherischen Werten.
Ich fuhr weiterhin mit dem Auto, aber mit einer anderen Energie; statt "Oh, verflixt, ich muss heute die Fahrgemeinschaft fahren", war ich mir meines Ziels bewusst, das darin bestand, meinen Kindern eine Bildungsqualität zu ermöglichen, die mir sehr am Herzen lag. Natürlich musste ich mich manchmal während der Fahrt zwei- oder dreimal daran erinnern, um meinen Geist wieder darauf zu fokussieren, welchem Zweck meine Handlung diente.
Wenn Sie sich mit der Aussage "Ich entscheide mich für ..., weil ich will ..." auseinandersetzen, entdecken Sie vielleicht - so wie ich -, dass Sie sich für eine Sache entscheiden. ", entdecken Sie vielleicht - so wie ich es bei der Fahrgemeinschaft der Kinder getan habe - die wichtigen Werte hinter den Entscheidungen, die Sie getroffen haben. Ich bin davon überzeugt, dass wir, nachdem wir Klarheit über das Bedürfnis erlangt haben, dem unsere Handlungen dienen, diese Handlungen als Spiel erleben können, auch wenn sie mit harter Arbeit, Herausforderung oder Frustration verbunden sind.
Im Übrigen ist in der Definition von "Pflicht" auf der deutschen Wikipedia schon enthalten, dass man sich darüber im Klaren ist, wozu diese Pflicht dient:
In Abgrenzung zum Zwang unterscheidet sich die Pflicht dadurch, dass sie auf einem gesellschaftlichen, rationalen oder ethischen Diskurs einschließlich Findung eines Konsenses beruht. Erforderlich ist demnach, dass ein Pflichtausübender die Notwendigkeit seiner Handlungen bzw. Arbeit selbst erkennt und einsieht.
Ich habe meine Zweifel, ob Jens Ole Jepsen oder jemand, der sich mit "ich tu nur meine Pflicht" aus der Verantwortung stehlen will, seine Handlungen entsprechend reflektiert(e).
carstenm
17-04-2021, 12:28
Hört sich etwas...freudlos an.Interessanerweise ist der Effekt ... jedenfalls schließlich, nach einigen Jahren des Lernens und Übens ... genau der umgekehrte: Menschen, die mich kennen, werfen mir vor, ich würde mir die Welt schönreden, alles durch eine ross Brille betrachten.
Wenn das Empfinden von Glück nicht an dem aktuellen Erleben von Spaß hängt, sondern gewissermaßen "tiefer" verankert ist, dann garantiert das ziemlich viel Freude.
Konkret: Ich hatte im Frühsommer 2020 subjektiv das Gefühl, im Kontext einer Blutdruckkrise jetzt hier zu versterben. Das hat definitiv keinen Spaß gemacht. Nichtsdestotrotz hat mich das Wissen darum, daß es jetzt dann eben so ist, wie es ist und die Erfahrung, daß ich das für mich so annehmen kann, mich eine tiefe, körperlich intensiv erfahrbare Empfindung von Glück erleben lassen.
Kannst Du mir in einfacher Sprache erklären, was hier "transzendieren" bedeutet?Uff :( Das ist mir eine leidvolle Pflicht. :o Der nachzukommen mir ganz und gar nicht leicht fällt. Könnt ich nicht lieber irgendein Bild verbrennen?
So denn ...
... ich verstehe und erlebe mich nicht als ein nach außen hin abgegrenztes Individuum, nicht als ein Ich im gegenüber zum Du. Und nicht als ein Ich im Gegenüber zu Welt. "Glück" oder auch "Zufriedenheit" beschreiben die unmitellbare Wahrnehmung als ein lebendiger Prozeß Teil des umfassenden Prozesses zu sein den ich "Leben" nenne. Also ein Emfpinden von mehr noch als Verbindung, nämlich Eins-Sein mit Leben, Welt, und Alles. Gott auch. Oder wie immer er korrekt heißt.
Vermittelt das eine Idee? Oder ist das nicht verständlich?
Ja, da gibt es zu wissen, dass Menschen Fehler machen. Z.B. Namen falsch schreiben. Entschuldigung. Ich habe tatsächlich ohne jeden Hintergedanken gefragt und einfach angenommen, es gäbe unterschiedliche Schreibweisen des Namens. Und dann hätte mich halt interssiert, wie die zustanden gekommen sind. Wirklich: So einfach ist das.
Ich nehme mit, dass Deine Bemühungen seine Methode zu erlernen und die etlichen Bücher, die Du von ihm hast, zumindest den Erfolg gezeitigt haben, dass Du die korrekte Schreibweise seines Namens kennst.Möge der Herr schenken, daß das nicht das einzige bleibt.
Im Ernst: Meine Psychotherapeutin hat GFK benutzt, nicht um unsere oder meine Kommunikation zu schulen. Sondern als eine therapeutisches Werkzeug zur Analyse von verdeckten Bedürfnissen, zu Auffinden von Traumata und vor allem auch zur aktiven Transformation des Selbstbildes.
In solcher selbst-bezogener Arbeit scheint mir ein großer Reichtum dieser Methode zu liegen. Und darum stehen auch die Bücher weiter bei mir im Regal und in Benutzung.
Z.B. wenn sich Mitarbeiter darüber uneins sind, ob ein Tarifvertrag nun gut oder schlecht ist? Ich hatte eher solche Kommunikations-Situationen im Kopf, die einer körperlichen Ausseinandersetzung vorausgehen im Kontext eines Wohn-, Arbeits- oder Klinik-Settings. Also im Zusammenhang mit "Selbstschutz und Eigensicherung". Oder auch im Gespräch mit suizidalen Personen.
Interessant.
Also ich hab eine ganz andere Wahrnehmung von den Prämissen der gewaltfreien Kommunikation. ...Ich kann nachvollziehen, was du meinst.
"Er behauptet auch IMO auch nicht, dass Menschen grundsätzlich durch "Angst, Schuld, Scham, Pflicht oder Verpflichtung" zu Handlungen motiviert werden, sondern eher, dass es in unserer Gesellschaft üblich sei, andere durch dergleichen zu motivieren, anstatt ihnen zu vermitteln, wie sie aus dem Bedürfnis heraus, etwas zum Leben beizutragen handeln können." Ich verstehe ihn allerdings so, daß "Angst, Schuld, Scham, Pflicht oder Verpflichtung" nicht nur eine je aktuelle Forderung der Gesellschaft sei, sondern die tiefe (überindividuelle und durch die Historie hindurch transportierte) Prägung des Individuums durch die Gesellschaft. Also so eine Art "Erblast".
Er teilt dieses Thema m.E. mit anderen Persönlichkeiten, die eine psychologische oder spirituelle "Lehre" in der Freiheit, Wachstum, und Entwicklung wesentlich sind, gegen ihren ursprünglichen jüdisch-christlichen Glaubenshintergrund absetzen. Pema Chödrön, Paul Tillich, Joseph Goldstein fallen mit spontan dazu ein ...
... aber vielleicht ist das auch einfach (m)ein Interpretatinsmuster, daß ich Rosenberg hier überstülpe. Danke für den Hinweis auf ein deiner Ansicht nach zugrundeliegendes positives Menschenbild!
Mir scheint, das ist einfach eine Definition.
Rosenberg nennt Handlungen, "die rein durch unseren Wunsch motiviert sind, etwas zum Leben beizutragen, und nicht aus Angst, Schuld, Scham, Pflicht oder Verpflichtung" eben "Spiel".
Du magst eine andere Definition von "Spiel" haben, aber dann kannst Du natürlich nicht einfach seine Aussagen über seine Definition von "Spiel" auf Deine Definition von "Spiel" anwenden.Ja, damit hast du natürlich vollkommen recht. Bei mir steht im Hintergrund ein deutlich anderes Spielverständnis, das u.a. auch von der Gestalttherapie geprägt ist. Und meine Äußerung war nur die Spitze des Eisberges entsprechender Auseinandersetzungen in meinem Kopf ...
Im Übrigen ist in der Definition von "Pflicht" auf der deutschen Wikipedia schon enthalten, dass man sich darüber im Klaren ist, wozu diese Pflicht dient: ...Ja. Auch hier stimme ich dir zu: Ich meinte nicht, daß der Begriff der "Pflicht" durch Siggis Vater oder auch durch das Aufsatzthema gültig definiert wären. Sondern ich ganz persönlich empfand und empfinde noch das Buch insgesamt als eine hervorragende Auseinandersetzung mit diesem Thema. Und es spielte und spielt eine wichtige Rolle in meiner eigenen Biographie ... erstaunlicher- und unvorhergesehener Weise.
Uff, das ist mir alles viel zu theoretisch.
Warum hat wohl Schiller eine "Ode an die Freude" geschrieben? Klar, es war mal ein Trinklied, aber es steckt doch mehr dahinter.
Freude drückt sich doch unmittelbar aus, und beschreibt das Empfinden was man beim gegenwärtigen Tun hat, während Glück doch mehr ein Zustand ist. Es gibt natürlich "Glücksgefühle", Glücksmomente" in denen einem sogar die Tränen kommen können, aber Freude ist eher unspektakulärer, aber trotzdem, im Wort "Lebensfreude" steckt doch auch die Erkenntnis, dass das Leben nicht nur aus Trauer und Schmerzen bestehen muss.
Also, "Spaß" kann doch auch ein Ausdruck von Freude sein, ich würde das alles nicht so verkopft betrachten.
Wenn ich erst ein Diagramm malen muss um mir selbst zu erklären was ich da gerade empfinde, dann werde ich das wichtigste verpassen.
Pansapiens
17-04-2021, 16:30
Uff, das ist mir alles viel zu theoretisch.
Warum hat wohl Schiller eine "Ode an die Freude" geschrieben? Klar, es war mal ein Trinklied, aber es steckt doch mehr dahinter.
Zu beachten ist jedoch, dass Schiller Jahre später, nachdem die prärevolutionäre Euphorie der 1780er Jahre bei ihm verflogen war, die Ode an die Freude keineswegs als Meisterwerk seinerseits bezeichnete. Vielmehr sei sie von der Realität abgewandt. In einem Brief an Körner schreibt Schiller am 21. Oktober 1800:
„Deine Neigung zu diesem Gedicht mag sich auf die Epoche seiner Entstehung gründen: Aber dies gibt ihm auch den einzigen Wert, den es hat, und auch nur für uns und nicht für die Welt, noch für die Dichtkunst.“
– Schiller: 21. Oktober 1800
hier ein pessimistischeres Menschenbild:
https://www.youtube.com/watch?v=WXVupGhPVOg
[INDENT][I][COLOR="#0000CD"]Zu beachten ist jedoch, dass Schiller Jahre später, nachdem die prärevolutionäre Euphorie der 1780er Jahre bei ihm verflogen war, die Ode an die Freude keineswegs als Meisterwerk seinerseits bezeichnete.
Vielleicht hat es ihm ja einfach Spaß gemacht.
hier ein pessimistischeres Menschenbild
Da streikt sogar der google-Übersetzer
Katamaus
18-04-2021, 09:22
In meinen biographischen Kontexten waren wichtige Kategorien die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit, das, was wir in unserer neig gong Schule als "cultivation" bezeichnen. Genauso die Unterstützung anderer bei der Entwicklung ihrer eigenen Persönlichkeit. Ein Bezug zu Kategorien wie Sinn, Transzendenz, Glück (im Sinne einer befreienden Erfahrung von Eins-Sein), ... solche Dinge halt ...
Das bedeutet auch, gerade auf das zuzugehen, was man eigentlich meiden möchte. Abneigungen, Ängste, Widerstände, ... genau da hineinzugehen.
Ein für mich ganz wesentlicher Aspekt beim Üben von aikidô war in den ersten gut zehn Jahren schlicht und einfach das Überwinden von Angst. Jeder freie Fall: Angst. (weil psychologischer Stellvertreter für Existenz/Todesangst bei mir + körperliches Unvermögen, viel aua) Jeder Angriff mit einem bokutô: Angst. (weil oft Treffer und aua)
Es war zudem eine kontinuierliche Arbeit an meinen körperlichen Unzulänglichkeiten. Dinge, von denen ich geglaubt habe, sie wären tatsächlich fixe Limitationen.
Ich bin durch die Angst hindurch gegangen. Und mein Körper hat sich in einer bestimmten Weise transformiert. Und ich habe die Kompetenz erlangt, im Kontext des Trainings selbstwirksam zu agieren. Meine Persönlichkeit und mein Bewegungsapparat haben sich transformiert.
Und das in einer der traditionellen Dikdaktik entsprechenden Weise. D.h. die dort implizit benannten Lernziele wurden erreicht. Und zwar ziemlich genau in der vorgesehenen Zeit. Hüther hin, Hüther her ... das Konzept der Alten ist preciesgoed aufgegangen. Ich hätte im Referendariat meien Lernziele nicht besser definieren können.
Dieser Mechanismus funktioniert auch sonst in meinem Leben. Die Hinwendung zu dem, was gerade nicht Spaß vermittelt, sondern Wachstum verspricht, ist für mich persönlich immer ein sehr hilfreicher Wegweiser gewesen. Und ich habe keine der enstprechenden Entscheidungen je bereut.
Diese Kultivierung, die Arbeit an Wachstum und Entwicklung, das meine ich mit "Arbeit". Nicht Erwerbstarbeit, nicht Pflicht, sondern die Arbeit an mir selbst, die Kultivierung meines "wahrend Selbst" ... derlei Dinge ...
Ohne hier tiefer einsteigen zu wollen (einiges ist mir zu schwierig und Hüther et al. kenne ich auch nicht). Aber mir ging es in meiner KK-„Karriere“ ziemlich ebenso und ich finde mich in der Aussage nahezu vollständig wieder. Danke für die gute Ausformulierung!
Mit meinem Worten: Eine aus diversen Gründen, aber letztlich mit der Überzeugung, dass es zum eigenen, tieferen Wohl führt, selbst auferlegte Erziehungsaufgabe, die viel harte Arbeit und sehr viel unangenehme Situationen mit sich gebracht hat.
In sofern wäre in meinem Sprachgebrauch "Spaß" etwas, das lediglich ablenkt von "Glück" ...
Das hingegen würde ich niur dann so sehen, wenn Spaß das primäre Ziel meines Strebens wäre. Das Ziel ist aber für mich keinesfalls die Abwesenheit von Spaß. Ich bin da vielleicht einfach etwas weniger mißtrauisch mir selbst gegenüber (sei es nun gut oder schlecht).
Ganz nebenbei bemerkt:dennoch würde niemand, der bei mir übt, die Dreistigkeit besitzen zu behaupten, man habe Spaß gehabt. Es wissen alle, daß mir das das herz brechen würde ...
Wenn jemand aus meinem Training etwas für sich mitnimme, egal, was das ist (also explizit auch Spaß dran hat), dann freue ich mich. Was ich für meine Mühe erwarte, ist ernsthaftes Arbeiten und der Wille, etwas zu lernen. Nicht mehr und nicht weniger.
.
Und das in einer der traditionellen Dikdaktik entsprechenden Weise. D.h. die dort implizit benannten Lernziele wurden erreicht.
Welche waren das denn, und wo "dort" wurden die implizit bbenannt?
carstenm
19-04-2021, 11:45
Das hingegen würde ich niur dann so sehen, wenn Spaß das primäre Ziel meines Strebens wäre. Das Ziel ist aber für mich keinesfalls die Abwesenheit von Spaß.Ja, so ist es gemeint.
Wenn jemand aus meinem Training etwas für sich mitnimmt ...Mein Satz, auf den du dich da beziehst, ist erstens ironisierend gemeint ... und ist zweitens ein Insider- und running Gag bei uns ...
carstenm
19-04-2021, 11:51
Welche waren das denn, ...Bestimmte Veränderungen "von Körper und Geist".
... und wo "dort" wurden die implizit bbenannt?Alle Lehrer, bei denen ich übe, haben eine recht klare Vorstellung davon, was das Üben konkret bewirken soll. Und welche Zeiträume dafür in etwa notwendig sind.
"Bestimmte Veränderungen" --- "in etwa notwendig"
Aha. Hört sich für mich allerdings nicht sehr bestimmt an.
Komisch, dass die Lehrer bei denen ich geübt habe (und das waren nicht wenige) nie erzählt haben, in welcher Zeit ich welche Veränderungen durchmachen würde.
Ich habe diese Entwicklung immer als sehr indivduell erlebt und beobachtet.
Alle Lehrer, bei denen ich übe, haben eine recht klare Vorstellung davon, was das Üben konkret bewirken soll. Und welche Zeiträume dafür in etwa notwendig sind.
Haben diese Lehrer denn alle nach der Selben Didaktik unterrichtet (was, nach allem was ich weiß nicht der Fall war), den Selben Erfahrungsstand gehabt, bzw. das Gleiche Wissen, was die Entwicklungsphasen und Zeiträume in denen durch das Üben von Ikkyo, Nikyo, Sankyo und dergleichen denn "bestimmte Veränderungen von Körper und Geist" eintreten?
Haben alle Schüler die Gleichen körperlichen und geistigen Voraussetzungen, so dass auch die gleichen Veränderungen eintreten müssen?
Ich halte das wirklich für eine gewagte Pauschalaussage, die mir eher auf persönlichem Erleben als auf tatsächlich fundierter Basis oder einem im Aikido auf gleiche Weise angewandten Unterrichtssystem beruht, welches eine solche Aussage rechtfertigen würde.
carstenm
20-04-2021, 16:13
Haben diese Lehrer denn alle nach der Selben Didaktik unterrichtet (was, nach allem was ich weiß nicht der Fall war), ...Die aikidô-Lehrer in dem Umfeld, in dem ich übe, unterrichten in der Tat alle nach demselben didaktischen Konzept.
[Haben sie alle] ... den Selben Erfahrungsstand gehabt, bzw. das Gleiche Wissen, was die Entwicklungsphasen und Zeiträume in denen durch das Üben von Ikkyo, Nikyo, Sankyo und dergleichen denn "bestimmte Veränderungen von Körper und Geist" eintreten?Denselben Erfahrungsstand haben sie gewiß nicht, da sie selbst sich ja in unterschiedlichen Entwicklungsphasen befinden. Ich übe ja auch beim Lehrer meines Lehrers. Und bei zwei anderen Schülern des Lehrers meines Lehrers.
Aber.
Die Idee, was durch das Üben erreicht werden soll, welche Qualitäten ein Übender entwickeln sollte, und durchaus auch in welchen Zeiträumen das in etwa zu erwarten ist, ist gleich.
Das drückt sich vordergründig betrachtet in den Graduierungen aus: Man zeigt ja von der Prüfung zum 5. kyu bis zur Prüfung zum 5. dan immer dieselben kihon waza. Aber bei jeder Graduierung wird eine bestimmte Qualität der Ausführung erwartet. Ich meine hier natürlich schon noch mehr. Aber das ist halt ein äußerlicher Hinweis darauf.
Haben alle Schüler die Gleichen körperlichen und geistigen Voraussetzungen, so dass auch die gleichen Veränderungen eintreten müssen?Die Veränderungen, die durch das Üben eintreten, sind nach meiner Erfahrung tatsächlich immer gleich. Bzw. wenn sie nicht eintreten (können) lassen sich dafür Gründe benennen.
Die Idee, was durch das Üben erreicht werden soll, welche Qualitäten ein Übender entwickeln sollte, und durchaus auch in welchen Zeiträumen das in etwa zu erwarten ist, ist gleich.
Kannst du das näher erläutern, um welche Qualitäten und Zeiträume es sich dabei im Einzelnen handelt?
Das drückt sich vordergründig betrachtet in den Graduierungen aus: Man zeigt ja von der Prüfung zum 5. kyu bis zur Prüfung zum 5. dan immer dieselben kihon waza.
Immer dieselben? Es sind doch unterschiedliche Angriffsformen, und zudem habt ihr nach deiner Aussage didaktische Stufen, die sich je nach Entwicklungsstand unterscheiden, so habe ich dich verstanden. Wie kann man dann zum 5. Dan die gleichen Kihon-waza zeigen?
Bei uns zeigt man eigentlich schon beim 4. Dan kein Kihon-waza mehr, sondern jyu waza, henka waza, renzoku waza, etc..
Aber bei jeder Graduierung wird eine bestimmte Qualität der Ausführung erwartet. Ich meine hier natürlich schon noch mehr. Aber das ist halt ein äußerlicher Hinweis darauf.
Ein Qualität der Ausführung in welcher Hinsicht? Und worauf soll das jeweils ein Hinweis sein?
Die Veränderungen, die durch das Üben eintreten, sind nach meiner Erfahrung tatsächlich immer gleich.
Meiner Erfahrung nach können die sehr unterschiedlich sein.
Kannst du das näher erläutern, um welche Qualitäten und Zeiträume es sich dabei im Einzelnen handelt?
Ich widerhole noch mal die Frage, es interessiert mich einfach wie du diese Zeiträume und Entwicklungsschritte definierst und was da (bei jedem Übenden gleich) passieren soll.
Aber selbst wenn du Shiho-nage 10000 mal geübt hast, du wirst bei Tamura nicht durchkommen, er lässt es einfach nicht zu..
Dazu braucht es keinen Tamura um aufzuzeigen, dass es nicht funktioniert.
Da könnte der nächste Bauer oder Maurer stehen und nichts würde gehen.
Dazu braucht es keinen Tamura um aufzuzeigen, dass es nicht funktioniert.
Da könnte der nächste Bauer oder Maurer stehen und nichts würde gehen.
Würde, könnte...
hast du mal jemanden wie Tamura kennengelernt? Natürlich "würde" das gehen.
Auch, was glaubst du wie oft wir diese Technik geübt haben, blockiert haben, uns die Ellenbogen geschrotet haben...
Zum Thema Maurer, Bauern und sonstige Leute die handwerklich arbeiten - wieso glauben eigentlich manche Leute, die hätten alle unmenschliche Kräfte? Guck mal auf dem Bau, was da für Leute zum Teil rumlaufen, acht Stunden arbeiten ist nicht soo schlimm wenn man danach nix mehr macht als Biertrinken und Fernsehen.
Und zweitens, wer glaubt, dass Maurer oder Bauern keine Kampfkunst, z.B. Aikido ausüben, hat sich auch geirrt. Einer der ersten Dan-Träger den ich kennengelernt habe, war ein Zimmermann, der gerne damit angegeben hat dass er mit dem Knöchel seines Mittelfingers Zimmermannsnägel in Holzbalken kloppen konnte.
Oder fahr mal nach Frankreich in die Bretagne, in die Gegend um Lesneven, dort siehst die Leute rumlaufen die dann bei Tamura auf den Sommerlehrgängen auf der Matte waren, und denen er dann gezeigt hat ob das funktioniert oder nicht. Wenn das "bei den Bauern da" nicht "gehen würde", dann hätten sich wohl in der Gegend nicht so viele Aikido-Vereine etabliert.
Würde, könnte...
hast du mal jemanden wie Tamura kennengelernt? Natürlich "würde" das gehen.
Auch, was glaubst du wie oft wir diese Technik geübt haben, blockiert haben, uns die Ellenbogen geschrotet haben...
Ein 6. Dan konnte bei mir nichts anbringen was funktioniert hat.
Jetzt zwar nicht diese Technik aber generell was dort gezeigt wurde.
Ein 6. Dan konnte bei mir nichts anbringen was funktioniert hat.
Jetzt zwar nicht diese Technik aber generell was dort gezeigt wurde.
Ach Herrje...
Und du bist nicht mal Maurer?
carstenm
22-04-2021, 18:39
Oder fahr mal nach Frankreich in die Bretagne, ... Wenn das "bei den Bauern da" nicht "gehen würde", dann hätten sich wohl in der Gegend nicht so viele Aikido-Vereine etabliert.hihihihi Wunnnnnnderschön da!
Aber davon abgesehen: Die Frau von Jean-Luc kam aus der Bretagne. Drum hatte er eine große Affinittät zu diesem Landstrich und hat dort regelmäßig unterrichtet. Es gibt dort, in dieser einigermaßen ländlichen Gegend tatsächlich ganz erstaunlich viel aikidô, wie ich finde.
Jean-Luc selber ist übrigens u.a. auch ein echter Bauer, hat aber seinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Futtermitteln, Saatgut und anderen landwirtschaftlichen Bedarfsgütern verdient. Cordhosen, kariertes Flanellhemd, Hände wie wie ein Bär und ein Körper, der es gewohnt war, mit Getreide- oder Futtermittelsäcken zu jonglieren.
carstenm
22-04-2021, 19:11
Kannst du das näher erläutern, um welche Qualitäten und Zeiträume es sich dabei im Einzelnen handelt?Sinken, Zentrum, Verbundenheit, Elastitzität, Durchlässigkeit ...so Sachen ... dann auch Verbindung, Aufnehmen .... so Sachen ... und zanshin ... und dergleichen.
Als ich bei Dan war hat er viel über Entwicklungszeiträume gesprochen ... zwei bis drei Jahreszyklen. Zehn Jahre als eine kassischer Schritt vom "Vorüben" hin dann zum "eigentlichen" Üben. Lehrer finden. 30 Jahre, selber Lehrer werden ... so Sachen ...
Immer dieselben? Es sind doch unterschiedliche Angriffsformen, und zudem habt ihr nach deiner Aussage didaktische Stufen, die sich je nach Entwicklungsstand unterscheiden, so habe ich dich verstanden. Wie kann man dann zum 5. Dan die gleichen Kihon-waza zeigen?Jaaaaa ... natürlich ... ein 5. kyû zeigt noch nicht all das, was ein 4. dan zeigen soll. Klar ... das Programm 5.-1.kyu sammelt all die vielen Techniken zusammen. Aber - um ein Beispiel zu nennen - shomen uchi ikkyo wird man bei uns jedesmal zeigen. Bei der Prüfung zum 5. kyu (manchmal auch noch nicht, oder statisch oder so ...) genauso, wie bei der Prüfung zum 4. dan. Jedesmal. Und bei den Dan prüfungen sind die gefragten Techniken ohnehin gleich. (Bei den Prüfungen von Endô sensei sind die Prüflinge gleichzeitig auf der tatami und shodan - yondan Anwärter folgen alle gemeinsam derselben Ansage.)
Aber die Ausführung dieses shomen uchi ikkyo sollte sich im Laufe der Entwicklung vom 5.kyu bis zum 4. dan dann eben doch unterscheiden. So meine ich das.
Bei uns zeigt man eigentlich schon beim 4. Dan kein Kihon-waza mehr, sondern jyu waza, henka waza, renzoku waza, etc..ich weiß. Aber genau das ist eben bei uns deutlich anders. Das Programm für den shodan ist dasselbe wie für den yondan. Es kommen lediglich tantô dori, dann jô dori, dann tachi dori hinzu.
Ein Qualität der Ausführung in welcher Hinsicht? Und worauf soll das jeweils ein Hinweis sein?Mir fehlt jetzt die Zeit und die Motivation, das im Einzelnen auszuführen. Aber im großen und ganzen geht es in den kyu von der puren Kenntnis der Techniken hin zu einer immer klareren Konstruktion der Techniken. In den dan von Qualitäten in tori selbst über eine besseren, aber zu nächst noch passiven Umgang mit der Beziehung zu einem Angreifer hin zu einer aktiven und souveränen Gestaltung der Beziehung zu einem Angreifer.
kyu: Techniken kennen - Techniken können
shodan: "alle" Techniken kennen und können
nidan: Techniken an einem Partner ohne Druck zeigen können
sandan: Techniken an einem aktiven Partner zeigen können.
yondan: Die Beziehung zu einem Partner aktiv (mithilfedertechniken) gestalten können.
Das wird eingeschätzt unter Einbeziehung der "inneren" Entwicklung des Übenden.
Meiner Erfahrung nach können die sehr unterschiedlich sein.Hm ... es wird ja "immer irgendwie das Gleiche" unterrichtet und geübt. "Immer die gleichen Dinge", um die es geht. Und natürlich bringen alel Übenden unterschiedliche Voraussetzungen mit. Aber ich meine schon zu sehen, daß bei den Leuten, dann auch immer vergleichbare Entwicklungen geschehen. Schneller oder Langsamer, intensiver oder weniger intensiv ... aber doch die tendenziell selben Dinge ... oder sie bleiben hängen an bestimmten Aspekten ... auch das meine ich aber benennen zu können ...
Sinken, Zentrum, Verbundenheit, Elastitzität, Durchlässigkeit ...so Sachen ... dann auch Verbindung, Aufnehmen .... so Sachen ... und zanshin ... und dergleichen.
Uff, und das willst du in Zeiträume packen, die bei allen gleich sind?
Ich habe bei manchem Anfänger mehr Zanshin gesehen, als bei anderen, die seit Jahren üben. Oder jemand der in Russland als Kind eine "Gymnastik"-Schule besucht hat, ist elastischer als die meisten Aikido-Übenden nach 30 Jahren (aber ach je, nach 30 Jahren werden die meisten ja schon wieder steifer...).
Als ich bei Dan war hat er viel über Entwicklungszeiträume gesprochen ... zwei bis drei Jahreszyklen. Zehn Jahre als eine kassischer Schritt vom "Vorüben" hin dann zum "eigentlichen" Üben. Lehrer finden. 30 Jahre, selber Lehrer werden ... so Sachen ...
Dan unterrichtet aber kein Aikido. Und ich glaube auch nicht dass er denkt, dass beim Aikido-Üben diese Entwicklung automatisch stattfindet.
Aber die Ausführung dieses shomen uchi ikkyo sollte sich im Laufe der Entwicklung vom 5.kyu bis zum 4. dan dann eben doch unterscheiden. So meine ich das.
Na, das will ich ja wohl hoffen.
Aber im großen und ganzen geht es in den kyu von der puren Kenntnis der Techniken hin zu einer immer klareren Konstruktion der Techniken.
Wenn damit ein Verständnis von den Techniken meinst, ist das ja auch nur natürlich. Aber mit dem Begriff "Konstruktion" kann ich nach wie vor nichts anfangen.
Technik ist nichts, was man als 4. Dan noch "konstruieren" müssen sollte.
In den dan von Qualitäten in tori selbst über eine besseren, aber zu nächst noch passiven Umgang mit der Beziehung zu einem Angreifer hin zu einer aktiven und souveränen Gestaltung der Beziehung zu einem Angreifer.
Ui, da muss ich mir erst mal einen Knoten in den Kopf machen. Bei mir geht es mal ganz banal darum, ob einer den Punkt erwischt, wo er in den Angriff reinkommt, den Angreifer kontrolliert und wirft, und je höher die Graduierung, desto besser muss das klappen.
kyu: Techniken kennen - Techniken können
shodan: "alle" Techniken kennen und können
nidan: Techniken an einem Partner ohne Druck zeigen können
sandan: Techniken an einem aktiven Partner zeigen können.
yondan: Die Beziehung zu einem Partner aktiv (mithilfedertechniken) gestalten können.
Wann "kann" man eine Technik? Was ist eine "Beziehung zu einem Angreifer", was sagt das aus?
Was ist mit Ki, Kokyu, blending, timing, Intent lesen, Anziehungskraft, und solchen Dingen?
Das wird eingeschätzt unter Einbeziehung der "inneren" Entwicklung des Übenden.
Die innere Entwicklung eines Übenden kann meiner Ansicht nach kein Prüfungskomitee beurteilen, dass kann nur jemand mit dem man in einer ganz engen Schüler-Lehrer Beziehung steht.
Hm ... es wird ja "immer irgendwie das Gleiche" unterrichtet und geübt. "Immer die gleichen Dinge", um die es geht. Und natürlich bringen alel Übenden unterschiedliche Voraussetzungen mit. Aber ich meine schon zu sehen, daß bei den Leuten, dann auch immer vergleichbare Entwicklungen geschehen. Schneller oder Langsamer, intensiver oder weniger intensiv ... aber doch die tendenziell selben Dinge ... oder sie bleiben hängen an bestimmten Aspekten ... auch das meine ich aber benennen zu können ...
Also ich habe sooo viele Leute beim Aikido anfangen gesehen, eine Zeitlang üben, aufhören gesehen.
Die waren alle so unterschiedlich wie nur was. Klar kann man sagen wann einer ungefähr bereit sein wird, frei zu fallen, bei den einen kann ich sagen, das wird in ca. 6 Monaten der Fall sein, bei anderen allerdings wird es Jahre dauern, wenn überhaupt. Ich kann das ja ziemlich schnell sehen, was für ein Potential jemand hat, und ob er überhaupt jemand ist der konsequent üben wird.
Und die Aspekte wo jemand hängen bleibt, das hängt davon ab welche Themen für ihn relevant sind, das kann man weder in Zeiträume packen noch kann man das verallgemeinern.
Wenn du schon von "Beziehungen" sprichst, was spielt da alles mit rein, welche Erfahrungen? Nee, da jemandem zu sagen welche Schritte er da in welcher Zeit machen müsste, würde mir nicht in den Sinn kommen.
Jean-Luc selber ist übrigens u.a. auch ein echter Bauer, hat aber seinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Futtermitteln, Saatgut und anderen landwirtschaftlichen Bedarfsgütern verdient. Cordhosen, kariertes Flanellhemd, Hände wie wie ein Bär und ein Körper, der es gewohnt war, mit Getreide- oder Futtermittelsäcken zu jonglieren.
Genau, und so ein bretonischer Bauer steht dann vor einem schmächtig wirkenden Mann wie Tamura, und wundern sich erstmal was da passiert.
Solche Aussagen wie: "da braucht nur ein Bauer oder Maurer zu kommen..." wirken da natürlich irgendwie komisch.
Ich habe selber lange genug "ländliche" Arbeit gemacht und auf Baustellen gearbeitet, klar wir man da stärker, ich bin dadurch aber auch nicht zum Herkules geworden. Die meisten arbeiten sich einfach irgendwann in den Bandscheibenschaden rein, wenn die das 30 Jahre machen und keinen Ausgleich außer abends auf der Couch sitzen haben.
Es gibt natürlich so Typen, die sind einfach saustark, meist irgendwie von Natur aus, solche habe ich auch kennengelernt.
Ueshiba muss ja auch von der Natur mit einer ziemlichen Körperkraft gesegnet gewesen sein.
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