Vollständige Version anzeigen : mediocra moralia
Moin,
das hier soll so eine Ist-Stand-Erhebung und Anstoß zum Rumphilosophieren sein und zwar über ein Paar in der (KK)Welt verbreitete Annahmen, die ich zwar sympathisch finde, die mir aber mittlerweile so oft in Erzählungen begegnet sind und so wenig im echten Leben, dass es mir mittlerweile dünkt, es würde sich eher um Bias'e und urban legends handeln.
So auf Anhieb werfe ich mal zwei Aussagen in den Ring:
Der Kampf gegen sich selbst ist der schwerste Kampf.
und
Die Veteranen schweigen über ihre Erlebnisse, bzw. prahlen nicht damit.
Beides oft gehört.
Beides kommt mir mittlerweile als zweite Reifestufe vor, in der die Leute hängen bleiben.
Also Stufe 1: ich kämpfe, gewinne und prahle (nutze den Gewinn um meinen Status zu festigen).
Stufe 2: ich bin erfahren genug, habe einen festen Status und muss nicht mehr prahlen (oder gar kämpfen).
Bei der Stufe 2 könnte es sich allerdings um eine Einbildung handeln - man ist gar nicht so reif, sondern gibt es nur vor, um seinen Status weiter zu festigen - also sieht her, ich bin so erfahren und so bad ass, dass ich damit nicht mehr prahlen muss, ist das goil oder was?
Klar gibt es Leute, die die echte Stufe 2 erreicht haben, aber die die mir begegnet sind, kann ich an einer Hand abzählen. Warum begegnen also einem solche Annahmen so oft, wo doch die Menschen, die diese Annahmen mit eigenem Auftreten bestätigen so selten sind - bin ich in falschen Kreisen unterwegs und es gibt viel mehr davon? Oder ist es bloß Wunschdenken, weil die dort erwähnte Reife irgendwie auf einen selbst "abfärben" soll?
Und wie viel ist an den Aussagen selbst sinnvoll? Wenn jemand den Krieg erlebt hat und davon mit viel schwarzem Humor erzählt oder vielleicht damit prahlt - ist er dann ein schlechter Veteran? Ein schlechter Krieger? Ein schlechter Mensch? Welche Qualitäten müsste man demjenigen absprechen? Muss das immer der Dark Knight sein, der leise im eigenen Saft kocht?
Und wie sähe die Stufe 3 aus?
Und was ist an diesem Kampf gegen sich selbst (um dem Kampf aus dem Weg zu gehen)?
Ich habe ja in dem anderen Thread schon die Vermutung geäußert, dass es ein neues Phänomen ist und aus einem "Überfluss" an Zivilisation entstand - früher hat sich die Frage schlicht nicht gestellt (Taktisches Vermeiden, weil man verlieren würde, ausgeschlossen).
Ich selbst mag Zivilisation und Friedfertigkeit, finde die Gedanken irgendwie sympatisch, habe aber die Befürchtung, dass sie bloß oft geäußertes Wunschdenken sind, oder sowas wie moralischer Stuck.
Nuja,
wie sind eure Gedanken und Erfahrungen dazu? Und es wäre cool, wenn ihr die Erfahrungen und Meinungen deutlich kennzeichnen könntet. :)
P.S.: der Titel ist eine Anspielung auf Minima Moralia (zig mal versucht zu lesen, jedes mal für zu kompliziert formuliert befunden), welches wiederum eine Anspielung auf Magna Moralia war (nicht gelesen). Da ich kein Latinum hatte, habe ich Google bemüht, festgestellt, dass die Übersetzung nicht ganz zu den ersten beiden passt, das Ergebnis aber als noch treffender empfunden (die Moral des Durchschnitts, statt durchschnittliche Moral) :p
Ich antworte mal mit Louie Simmons: "Who am I to judge you, and who are you to judge me?"
Beste Grüsse
Period.
Schon in der Fragestellung klingt mir die Einteilung mit stufe 1 und 2 usw. Zu absolut. Mit absolut ,meine ich , das eine Entwicklung nie wirklich abgeschlossen ist , im Sinne von ,jetzt bin ich auf stufe 2 und das steht geschrieben. Ist beim Menschen in meiner Sicht , nie so . Es ist ein ständiges wechseln , verschieben , switschen von level zu level ( wenn man schon so denkt ) und von Ebene zu ebene .
Am sinnvollsten für mich ist da immer noch das Bild der Spirale . Man wird mit einem Thema , z.b. angst , konfrontiert und löst es auf einer bestimmten Ebene .daraus ergibt sich eine Art , Lösungszustand , inklusive der zugehörigen Empfindungen , aber damit ist nichts abgeschlossen . Man begibt sich einfach auf eine Ebene höher , man kann auch sagen ,eine Schicht tiefer , und begegnet dort erneut dem Thema Angst .......
Und so hangelt man sich , Ebene für Ebene empor.....wie eine Spirale halt . ...
Mit der Zeit , wird der Aufwand zum Lösen geringer und die Wege dazu vertrauter , aber da wir ja im Alltag leben , und weiter Erfahrungen machen , werden wir auch weiter mit diesen Themen konfrontiert werden ......
Da gibt es keinen status quo.
Nur ein mit der Zeit verändertes Herangehen , wenn man mit dem Thema konfrontiert wird .
So sehe ich es auch mit dem Thema Kampf.
Gerade in jungen Jahren , ist ein Grossteil der Aggression die einem Begegnet , bis hin zu ihrem physischem Ausdruck , eher hausgemacht .....
Aus Stolz , Übermut , vll. Sogar Lust , Trotz , kindlichem Schwarz/weiss denken , unterdrückte Wut , ........endlose Palette .
Dein Gegenüber , dein scheinbarer Gegner ,ist nicht selten , nur ein Spiegelbild das dir deine Seiten zeigt die du ablehnst , eine Wand an der du dich abreagierst , .......auf gewisser Ebene , ein Reflexionspartner .
Das zu erkennen braucht aber Zeit .....aber wenn es stattfindet , dann werden viele Konstellationen die vorher unweigerlich zur Auseinandersetzung geführt hätten , andere Wege finden ...
So gesehen ist der Krieg im aussen oft nur ein Ausdruck des Krieges , des Kampfes ,in dir . Du kämpfst also gegen dich selbst ..."............... Da dein innerer Kampf , den äusseren Kampf generiert hat.
Und ja . Ich sehe es auch so, das der äussere Kampf oft , wesentlich leichter zu geWinnen ist , als eben der Innere.
Da gibt es nie eine abgeschlossene Stufe ..
Was den militärischen Krieg angeht .
Es würde mich wundern ,wenn auch nur Einer ohne Schuld,Scham, und/oder Schmerz ,daraus zurück kommt.
Ich möchte es nie erleben , ich möchte nie einen Menschen auf Befehl eines mir völlig Fremden , töten wollen und auch nicht müssen.
Das man vor Handlungen aus Affekten nie gefeit ist , um ev, jemanden zu beschützen , ist eine Sache ,und selbst dann haben nicht Wenige daran zu knabbern hinterher , wenn ein Mensch dabei ums Leben kam , aber bewusst töten ohne EIGENEN Anlass ,ist nochmal nen Zacken schärfer ...
Also ja, völlig verständlich für mich , wenn man nur im eingeweihten Kreis später darüber redet und auch verständlich wenn man es nie wieder ansprechen will.
Schon in der Fragestellung klingt mir die Einteilung mit stufe 1 und 2 usw. Zu absolut. Mit absolut ,meine ich , das eine Entwicklung nie wirklich abgeschlossen ist , im Sinne von ,jetzt bin ich auf stufe 2 und das steht geschrieben. Ist beim Menschen in meiner Sicht , nie so . Es ist ein ständiges wechseln , verschieben , switschen von level zu level ( wenn man schon so denkt ) und von Ebene zu ebene .
Am sinnvollsten für mich ist da immer noch das Bild der Spirale . Man wird mit einem Thema , z.b. angst , konfrontiert und löst es auf einer bestimmten Ebene .daraus ergibt sich eine Art , Lösungszustand , inklusive der zugehörigen Empfindungen , aber damit ist nichts abgeschlossen . Man begibt sich einfach auf eine Ebene höher , man kann auch sagen ,eine Schicht tiefer , und begegnet dort erneut dem Thema Angst .......
Und so hangelt man sich , Ebene für Ebene empor.....wie eine Spirale halt . ...
Mit der Zeit , wird der Aufwand zum Lösen geringer und die Wege dazu vertrauter , aber da wir ja im Alltag leben , und weiter Erfahrungen machen , werden wir auch weiter mit diesen Themen konfrontiert werden ......
Da gibt es keinen status quo.
Nur ein mit der Zeit verändertes Herangehen , wenn man mit dem Thema konfrontiert wird .
So sehe ich es auch mit dem Thema Kampf.
Gerade in jungen Jahren , ist ein Grossteil der Aggression die einem Begegnet , bis hin zu ihrem physischem Ausdruck , eher hausgemacht .....
Aus Stolz , Übermut , vll. Sogar Lust , Trotz , kindlichem Schwarz/weiss denken , unterdrückte Wut , ........endlose Palette .
Dein Gegenüber , dein scheinbarer Gegner ,ist nicht selten , nur ein Spiegelbild das dir deine Seiten zeigt die du ablehnst , eine Wand an der du dich abreagierst , .......auf gewisser Ebene , ein Reflexionspartner .
Das zu erkennen braucht aber Zeit .....aber wenn es stattfindet , dann werden viele Konstellationen die vorher unweigerlich zur Auseinandersetzung geführt hätten , andere Wege finden ...
So gesehen ist der Krieg im aussen oft nur ein Ausdruck des Krieges , des Kampfes ,in dir . Du kämpfst also gegen dich selbst ..."............... Da dein innerer Kampf , den äusseren Kampf generiert hat.
Und ja . Ich sehe es auch so, das der äussere Kampf oft , wesentlich leichter zu geWinnen ist , als eben der Innere.
Da gibt es nie eine abgeschlossene Stufe ..
Hi,
die Stufen waren nur zur Verdeutlichung da, dass man einen Schritt weiter ist, oder es denkt. Ansonsten bin ich auch ein Anhänger der Spirale.
Bei dem inneren Kampf - wie ich schon im anderen Thread geschrieben habe: ich würde jederzeit den inneren Kampf vorziehen.
Was den militärischen Krieg angeht .
Es würde mich wundern ,wenn auch nur Einer ohne Schuld,Scham, und/oder Schmerz ,daraus zurück kommt.
Ich möchte es nie erleben , ich möchte nie einen Menschen auf Befehl eines mir völlig Fremden , töten wollen und auch nicht müssen.
Das man vor Handlungen aus Affekten nie gefeit ist , um ev, jemanden zu beschützen , ist eine Sache ,und selbst dann haben nicht Wenige daran zu knabbern hinterher , wenn ein Mensch dabei ums Leben kam , aber bewusst töten ohne EIGENEN Anlass ,ist nochmal nen Zacken schärfer ...
Also ja, völlig verständlich für mich , wenn man nur im eingeweihten Kreis später darüber redet und auch verständlich wenn man es nie wieder ansprechen will.
Da ging es mir um die Idealisierung, nicht ums Verstehen :)
Da ging es mir um die Idealisierung, nicht ums Verstehen :)
Sorry,dann hab ich dich nicht verstanden. was konkret wird idealisiert ,? Der schweigende Veteran ? Der prahlende ? Der Veteran ansich ? Wird für mich nicht so deutlich aus dem Eingangspost.
Falls es um die Verherrlichung von Veteranen als Kampferprobte Vorbilder , wie ja gern z.b. fremdenlegionäre herangezogen werden , geht , dann bin ich der Meinung , das derjenige welcher sowas noch idealisiert , verherrlicht , in seiner Entwicklung stehen geblieben ist .
Deswegen ist es in meinen Augen vom Verstehen nicht wirklich zu trennen . Denn Schuld ,Schmerz,Scham sind in jedem von uns vorhanden , aber es braucht Zeit ,und Wille ,dahin zu sehen ., denn es hat auch eas mit unserem Selbstbild zu tun.. ......wenn man es aber dann macht, dann ergeben solche Idealisierungen keinen Sinn mehr .
Willi von der Heide
17-04-2021, 15:45
Die Veteranen schweigen über ihre Erlebnisse, bzw. prahlen nicht damit.
... weil Außenstehende gar nicht zu 100 % nachvollziehen können wie die erlebte Realität aussah bzw. aussieht. Wie soll man Leuten, die noch nie mit massivster Gewalt konfrontiert wurden, daß verständlich erklären ? Wir haben hier im Forum viele Leute die von Berufswegen mit Gewalt zu tun hatten/haben, oder sogar selbst Opfer wurden ... da sieht die Diskussion dann anders aus. Ich habe regelmäßig mit Psychologen, Psychotherapeuten und Psychiatern zu tun ... auch die müssen sich in die Materie ersteinmal einarbeiten. Manches kennen die nur aus dicken Büchern oder aus dem Hörsaal, aber jemanden gegenüber zu sitzen der sich selbst als " Menschenfeind " bezeichnet oder der in Einzelheiten schildert wie schön doch ein Mord sein kann ... ist was völlig anderes.
Pansapiens
17-04-2021, 16:05
Moin,
das hier soll so eine Ist-Stand-Erhebung und Anstoß zum Rumphilosophieren sein und zwar über ein Paar in der (KK)Welt verbreitete Annahmen, die ich zwar sympathisch finde, die mir aber mittlerweile so oft in Erzählungen begegnet sind und so wenig im echten Leben, dass es mir mittlerweile dünkt, es würde sich eher um Bias'e und urban legends handeln.
So auf Anhieb werfe ich mal zwei Aussagen in den Ring:
Der Kampf gegen sich selbst ist der schwerste Kampf.
und
Die Veteranen schweigen über ihre Erlebnisse, bzw. prahlen nicht damit.
Beides oft gehört.
Beides kommt mir mittlerweile als zweite Reifestufe vor, in der die Leute hängen bleiben.
Also Stufe 1: ich kämpfe, gewinne und prahle (nutze den Gewinn um meinen Status zu festigen).
Stufe 2: ich bin erfahren genug, habe einen festen Status und muss nicht mehr prahlen (oder gar kämpfen).
Was?
Das scheinen mir doch erst mal Aussagen ohne moralische Wertung.
Du scheinst mir in der Stufe festzuhängen, eine moralische Stufenleiter erklimmen zu müssen...
Bei der Stufe 2 könnte es sich allerdings um eine Einbildung handeln - man ist gar nicht so reif, sondern gibt es nur vor, um seinen Status weiter zu festigen - also sieht her, ich bin so erfahren und so bad ass, dass ich damit nicht mehr prahlen muss, ist das goil oder was?
Wenn Du von irgendwelchen Erfahrungen erzählst, dann erfahren die anderen nicht, dass Du irgendwelche Erfahrungen hast.
Was hat das dann mit "seht her" zu tun?
Wenn Du mit Erfahrungen prahlst, dann bedeutet das, dass Du die als etwas Besonderes ansiehst, was eventuell Ausdruck Deiner Unerfahrenheit ist.
Das hängt doch auch vom Umfeld ab.
Ein 13-Jähriges Mädchen, dass zum ersten Mal Geschlechtsverkehr hatte, kann damit in Ihrer Peergroup vielleicht prahlen (zumindest früher)
Aber kann das eine 30-Jährige Sexdienstleisterin?
Auf einer Meierei
Da war einmal ein braves Huhn,
Das legte, wie die Hühner thun,
An jedem Tag ein Ei
Und kakelte,
Mirakelte,
Spektakelte,
Als ob’s ein Wunder sei!
Es war ein Teich dabei,
Darin ein braver Karpfen sass
Und stillvergnügt sein Futter frass,
Der hörte das Geschrei:
Wie’s kakelte,
Mirakelte,
Spektakelte,
Als ob’s ein Wunder sei!
Da sprach der Karpfen: "Ei!
Alljährlich leg’ ich ’ne Million
Und rühm’ mich des mit keinem Ton;
Wenn ich um jedes Ei
So kakelte,
Mirakelte,
Spektakelte -
Was gäb’s für ein Geschrei!"
Klar gibt es Leute, die die echte Stufe 2 erreicht haben, aber die die mir begegnet sind, kann ich an einer Hand abzählen.
Dir sind Leute begegnet, die Erfahrungen gemacht haben, über die sie schweigen?
Woher weißt Du dann, dass die solche Erfahrungen gemacht haben?
Und wie viel ist an den Aussagen selbst sinnvoll? Wenn jemand den Krieg erlebt hat und davon mit viel schwarzem Humor erzählt oder vielleicht damit prahlt - ist er dann ein schlechter Veteran? Ein schlechter Krieger? Ein schlechter Mensch?
Nein, das ist jemand, der den Krieg erlebt hat und damit prahlt.
Prahlen ist ja was anderes, als davon sachlich oder vielleicht mit einer gewissen Selbstironie zu berichten.
Wenn einer erzählt, dass er unbewaffnet zehn Angreifer niederstreckte ohne seine Frisur zu beschädigen,
ist das was anderes, als wenn einer berichtet, dass er mit mehr Glück als Verstand aus einer brenzligen Situation rausgekommen ist und sich dabei in die Hosen geschissen hat.
Und wie sähe die Stufe 3 aus?
Das musst Du wissen, das ist doch Deine Stufeneinteilung.
Und was ist an diesem Kampf gegen sich selbst (um dem Kampf aus dem Weg zu gehen)?
Ich habe ja in dem anderen Thread schon die Vermutung geäußert, dass es ein neues Phänomen ist und aus einem "Überfluss" an Zivilisation entstand - früher hat sich die Frage schlicht nicht gestellt (Taktisches Vermeiden, weil man verlieren würde, ausgeschlossen).
Dass der schwerste Kampf, der gegen sich selbst sei, kenne ich nicht als Ausrede, einem Kampf aus dem Weg zu gehen.
In Teilen des Islam gibt es den Begriff des "größeren Dschihad".
Einzelne schiitische Theologen der klassischen Zeit unterschieden zwischen dem sogenannten größeren Dschihad im Sinne eines spirituellen Kampfes gegen innere Gelüste und dem kleineren Dschihad im Sinne einer militärischen Konfrontation gegen einen äußeren Feind. Das ist auch die Grundlage der nichtmilitärischeren Aspekte der Dschihad Pflicht gegenwärtiger muslimischer Autoren, als auch muslimischer Asketen und Mystiker.
https://christachorherr.wordpress.com/2017/09/22/der-grosse-und-der-kleine-dschihad/
Gibt es auch in anderen mystischen Lehren:
Wer andre kennt, ist klug.
Wer sich selber kennt, ist weise.
Wer andere besiegt, hat Kraft.
Wer sich selber besiegt, ist stark.
Wer sich durchsetzt, hat Willen.
Wer sich genügen läßt, ist reich.
Wer seinen Platz nicht verliert, hat Dauer.
Wer auch im Tode nicht untergeht, der lebt.”
laotse
Oha...ich denke, ich fang noch mal von vorne an und stelle die allgemeine Frage getrennt von den beiden Beispielen. Es war vielleicht keine gute Idee beides in einem Post zu verwurschteln.
Also im Allgemeinen habe ich das Gefühl, dass die Menschen bestimmte Aussagen idealisieren. Diese Aussagen verbreiten sich dann und werden zu einer Allgemeinstandard, an dem alles gemessen wird. Sprich: Wunschdenken wird zu einer Messlatte.
Das ging mir erstmal so durch den Kopf und weil es öfters eine gute Idee ist sich umzuschauen, wollte ich das mit euren Erfahrungen abgleichen. Also ist euch so etwas begegnet, nicht begegnet, habe ich irgendwas übersehen?
Die Sachen mit den Veteranen und dem inneren Kampf waren Beispiele für das was ich für zu idealisiert halte. Die Geschichte mit den Stufen mein eigener Erklärungsversuch, wie es zu solchen Überidealisierungen kommen könnte, aber das hätte ich in einem anderen Post schreiben sollen.
Neuer Versuch, zweiter Teil:
"Echte Veteranen schweigen." und "Der schwierigste Kampf ist der, den man gegen sich selbst führt."
Beide Aussagen sind mir inzwischen sehr oft begegnet.
Und obwohl ich sie sympathisch finde, frage ich mich, ob sie wahr sind, oder bloß Wunschdenken.
Es geht also nicht darum, warum die echten Veteranen schweigen, oder ob sie das Recht dazu haben, sondern darum, ob sie wirklich schweigen.
Und es geht mir nicht darum, was der innere Kampf ist, und ob das der große oder kleine Dschihad ist, sonder darum, ob das für die Masse, oder für euch tatsächlich der schwierigere Kampf ist, oder ob die Leute das nur sagen, weil das so deep klingt.
Meine eigenen Beispiele kommen in ein Paar Stunden, muss noch was erledigen. :)
Hmh, das ist wie mit " Derjenige der weiss,redet nicht und derjenige welcher redet ,weiss nicht"
Funktioniert auch nicht als allgemeine Übersicht. Wird wohl genug Menschen geben die durchaus plappern und trotzdem über wissen verfügen ( egal welcher Art) und genug Menschen die Stille sind und dennoch von tuten und blasen keine Ahnung haben .
Also geht vll, doch eher um den Kern der Aussage und was damit gemeint ist und nicht wieviel Anteile der Bevölkerung hier was idealisieren ?
Nur so als Gedanke . Xd
Hmh, das ist wie mit " Derjenige der weiss,redet nicht und derjenige welcher redet ,weiss nicht"
Funktioniert auch nicht als allgemeine Übersicht. Wird wohl genug Menschen geben die durchaus plappern und trotzdem über wissen verfügen ( egal welcher Art) und genug Menschen die Stille sind und dennoch von tuten und blasen keine Ahnung haben .
Also geht vll, doch eher um den Kern der Aussage und was damit gemeint ist und nicht wieviel Anteile der Bevölkerung hier was idealisieren ?
Nur so als Gedanke . Xd
da ist was dran :)
So, nu zu meinen eigenen Beispielen:
1) Innerer Kampf:
Habe einen größeren hinter mir, Größenordnung - 10 Jahre, tiefer will ich nicht einsteigen, da zu persönlich.
Soll ja nur verdeutlichen, dass ich hier nicht komplett ahnungslos bin.
Für mich ist hier der Begriff Kampf falsch gesetzt, weil das mit Kämpfen wenig bis nichts zu tun hatte und auch die Trennung in Innen und Außen nicht gut funktioniert. Aber Kampf ist halt schön griffig und jeder kann sich was drunter vorstellen. Jedenfalls war es in meiner - äußerst subjektiven - Wahrnehmung eher viel harte Arbeit. Und wenn ich den Schwenk zum Kampf unbedingt bemühen müsste, dann würde ich von sehr zähen und anstrengenden Friedensverhandlungen sprechen, bei denen die innere Welt mit äußeren Umständen den Frieden schließen sollte. Deshalb halte ich den Spruch mit dem inneren Kampf für falsch - weil entweder "Kampf" oder "innen" falsch benutzt werden.
Ist aber wie gesagt höchst subjektiv und deshalb würde es mich interessieren, ob ihr den inneren Kampf als Kampf (vergleichbar mit körperlichen Kämpfen) anseht und ob eure eigenen "inneren Kämpfe" tatsächlich die schwersten waren, die ihr führen musstet?
2) Veteranen:
Es gab Veteranen, von denen habe ich sehr spät erfahren, dass sie welche waren.
Es gab welche, die am 9.Mai zu uns in die Schule kamen und Geschichten aus dem Krieg erzählt haben und wir haben denen Blumen geschenkt und patriotische Gedichte erzählt. Eines Tages waren wir dabei sehr unmotiviert, der Schule war es ziemlich peinlich und der Grund für die Unmotiviertheit war die herrschende Meinung, dass die die erzählen bloß Labertaschen sind und im Krieg die Zeit weit hinten verbracht haben.Wir haben also jemanden respektlos behandelt und als Lügner abgestempelt, alleine aufgrund von "Echte Veteranen reden nicht."
Dann hatte ich die Begegnung mit einem, der in Tschetschenien war (eine der letzten Wellen) - der hat nicht gerne drüber gesprochen, allerdings nicht wegen besonders traumatischen Erlebnissen, sondern wegen der horrenden Sinnlosigkeit.
Mein BW-Ausbilder war ehemaliger UČKler und hat gerne geprahlt, hatte aber auch bissl was drauf.
Und das prägendste Ereignis hatte mit einem Veteranen zu tun, mit dem ich ca. 1,5 Jahre in der gleichen Einrichtung gelebt habe. Der war ca. 5 Jahre älter als ich, hatte sich mit 18 freiwillig für Tschetschenien gemeldet und kam ein Jahr später als Zitterer nach hause. Ich habe ihn ca. ein Jahr danach kennengelernt. Er hat sehr oft und sehr viel erzählt, mit sehr viel schwarzem Humor und es waren keine Heldentaten dabei. Im Grunde haben sie versucht einfach zu überleben, eine möglichst friedliche Koexistenz mit den Einheimischen zu führen (soweit die Umstände das zuließen) und alle Drogen zu konsumieren, die sie in die Hände gekriegt haben. Der letzte Punkt hat sich aber öfters nicht gut mit den ersten beiden vertragen. Alles sehr plastisch und realistisch erzählt. Ich denke, dass er mit seinen Geschichten sehr viele von uns erleuchtet und mehr für den Frieden getan, als...mur fällt kein guter Vergleich ein.
Etwas trocken wurde er, als wir ihn auf die Kills ansprachen - da hieß es nur: "Wahrscheinlich 4, ist aber nicht sicher. Sie waren weit weg, ich habe geschossen, sie sind umgefallen. Wie gut und ob ich getroffen habe, konnte ich durch die Optik nicht erkennen."
Weiter haben wir nicht gefragt.
Jedenfalls war dieser eine ganz sicher ein Veteran, ein ziemlich vernünftiger Typ und das völlige Gegenteil von "Ein Veteran redet nicht."
Ob du das nun Kampf, oder Krieg oder einfach nur Spannung in Einem nennst, ist doch egal irgendwie.
Ändert doch nichts an dem inneren Ungleichgewicht , ungelöste , verdrängte Themen , die dann unbewusst auf und in das Äussere projeziert werden . Sich als Schuldzuweisung , Opfer\Täter-Differenzierungen , Angriff-und Verteidigungsmuster , usw. Darstellen.
Der Kampf in Einem ist dann zum Teil der Kampf mit sich selbst ,,Dinge wieder herzugeben , aber auch zuzulassen , auch wenn sie momentan als Verlust oder Bedrohung des Ichs betrachtet werden ......v.a beim Thema Hergeben , Aufgeben , Lösen...
Der Kampf besteht eben darin ...Veränderung , zuzulassen ........... Denn auch die Psyche unterliegt einer gewissen Trägheit , nicht nur Materie. Xd
Was man da für einen Begriff wählt ist doch egal ,..oder ? Der Motor ansich existiert auch ohne die Begrifflichkeiten
Pansapiens
17-04-2021, 20:57
So, nu zu meinen eigenen Beispielen:
1) Innerer Kampf:
Habe einen größeren hinter mir, Größenordnung - 10 Jahre, tiefer will ich nicht einsteigen, da zu persönlich.
Soll ja nur verdeutlichen, dass ich hier nicht komplett ahnungslos bin.
Für mich ist hier der Begriff Kampf falsch gesetzt, weil das mit Kämpfen wenig bis nichts zu tun hatte [...] Deshalb halte ich den Spruch mit dem inneren Kampf für falsch - weil entweder "Kampf" oder "innen" falsch benutzt werden.
Aha, Du hast irgendwas erlebt, das Du nicht näher beschreiben möchtest, das mit Kämpfen wenig bis nichts zu tun hatte, und das Du als Beispiel für "inneren Kampf" anführst...
Was soll das nun verdeutlichen?
Woher sollen wir wissen, ob das, wovon Du ja nicht reden willst, wirklich ein "Kampf gegen Dich selbst", denn darum soll es ja gehen, war?
Bei Kampf gegen sich selbst, stelle ich mir vor, das Rauchen abzugewöhnen, kalter Heroinentzug, ein Keuschheitsgelübde in jungen Jahren, oder eben etwas irgendwas gegen starke innere Widerstände.
Das stelle ich mir sehr schwer vor.
Ich kann mich ja nicht einfach erschießen.
Also, kann ich schon, aber ob ich dann gewonnen hab, ist fraglich.
Aha, Du hast irgendwas erlebt, das Du nicht näher beschreiben möchtest, das mit Kämpfen wenig bis nichts zu tun hatte, und das Du als Beispiel für "inneren Kampf" anführst...
Was soll das nun verdeutlichen?
Woher sollen wir wissen, ob das, wovon Du ja nicht reden willst, wirklich ein "Kampf gegen Dich selbst", denn darum soll es ja gehen, war?
Bei Kampf gegen sich selbst, stelle ich mir vor, das Rauchen abzugewöhnen, kalter Heroinentzug, ein Keuschheitsgelübde in jungen Jahren, oder eben etwas irgendwas gegen starke innere Widerstände.
Das stelle ich mir sehr schwer vor.
Ich kann mich ja nicht einfach erschießen.
Also, kann ich schon, aber ob ich dann gewonnen hab, ist fraglich.
Ihr sollt ja auch nicht mich analysieren, sondern im Grunde nur sagen, ob "Der schwierigste Kampf, den man führt, der gegen sich selbst ist" mit eurer Erfahrung übereinstimmt.
Und ja, soweit ich das beurteilen kann, war mein 10jähriges "Erlebnis" das, was man klassischerweise unter "innerer Kampf" packen würde und ich habe im Beispiel auch die Gründe genannt, warum ich den Satz für falsch halte
Pansapiens
17-04-2021, 21:20
2) Veteranen:
Es gab Veteranen, von denen habe ich sehr spät erfahren, dass sie welche waren.
Es gab welche, die am 9.Mai zu uns in die Schule kamen und Geschichten aus dem Krieg erzählt haben und wir haben denen Blumen geschenkt und patriotische Gedichte erzählt.
War das in Deutschland?
Oder eher in einem Land, dass den Krieg gegen Deutschland gewonnen hat?
Ich kann mir schwer vorstellen, dass in einer deutschen Schule am 9. Mai patriotische Gedichte erzählt wurden.
Zumindest nicht in der BRD.
Eines Tages waren wir dabei sehr unmotiviert, der Schule war es ziemlich peinlich und der Grund für die Unmotiviertheit war die herrschende Meinung, dass die die erzählen bloß Labertaschen sind und im Krieg die Zeit weit hinten verbracht haben.Wir haben also jemanden respektlos behandelt und als Lügner abgestempelt, alleine aufgrund von "Echte Veteranen reden nicht."
Diese allgemeine Regel kenne ich so nicht.
Warum man im Nachkriegsdeutschland eher nicht offen von manchen Kriegserlebnissen gesprochen hat, oder damit geprahlt, liegt auf der Hand.
Hab aber keinen Grund anzunehmen, dass jeder der davon spricht, ein Lügner sei.
Es gibt doch jede Menge Dokus mit Zeitzeugenberichten, die ich für authentisch halte und zeigen, dass da ganz normale
Leute - mit unterschiedlichen Persönlichkeiten - in für unsereins schwer nachzuvollziehenden Situationen waren.
Mit "Prahlen" hat das aber IMO weniger zu tun
https://www.youtube.com/watch?v=tH-dyOCuC6Y
Pansapiens
17-04-2021, 21:28
Ihr sollt ja auch nicht mich analysieren, sondern im Grunde nur sagen, ob "Der schwierigste Kampf, den man führt, der gegen sich selbst ist" mit eurer Erfahrung übereinstimmt.
ja
sondern im Grunde nur sagen, ob "Der schwierigste Kampf, den man führt, der gegen sich selbst ist" mit eurer Erfahrung übereinstimmt.
Also von meiner Seite ein definitives Jaaaaa. Xd
Aber ev. unterscheidet sich unsere Sicht beim Thema "Kampf"
Kampf ist für mich nicht nur ,negativ besetzt . Manche Dinge wollen umkämpft werden , im Sinne von ,ich bringe mich eine , ich wende Energie dafür auf ....ähnlich dem Wasser kochen. Um als Resultat etwas zu erhalten , was eine andere Qualität bekommen hat , oder beim Wasser , sein Aggregatzustand verändert hat .
Andere Dinge werden einfach nur " bekämpft" ,
Und wieder andere erkämpft , aber mit hohen Aufwand , was einem Erkrampfen gleicht ....und selten Zielführend ist.
Kampf beinhaltet alles davon , für mich.
War das in Deutschland?
Oder eher in einem Land, dass den Krieg gegen Deutschland gewonnen hat?
Ich kann mir schwer vorstellen, dass in einer deutschen Schule am 9. Mai patriotische Gedichte erzählt wurden.
Zumindest nicht in der BRD.
War die Sowjetunion.
Danke für den Einwurf mit Nachkriegsdeutschland - ich habe bei meinen Überlegungen nicht berücksichtigt, dass man als Veteran auf der "ganz falschen Seite der Geschichte" stehen kann. Das ist natürlich ein wichtiger Zusatzpunkt fürs Nichtreden.
ob "Der schwierigste Kampf, den man führt, der gegen sich selbst ist" mit eurer Erfahrung übereinstimmt.
Ja und Nein und Ja.
"Kampf" beschreibt die Situation (lang oder kurz) in der sich zwei Ziele gegenüberstehen und zwei Parteien versuchen jeweils ihres aktiv durchzusetzen. Das kann in einer bewaffneten Auseinandersetzung sein, sich aber auch schlicht im Service-Center im Media-Markt manifestieren.
Oder es ist die Auseinandersetzung gegen sich selbst. Etwas schräg, aber in dem Fall steht man sich selbst gegenüber. Bewusstsein, gegen Un-/Unterbewusstsein. Man selbst vs. sein Ego, aber auch seine Ängste usw.
Ja - der schwierigste, weil er ständig unterschwellig vorhanden ist, mit seinen Folgen immer wirkt, aber lange oder nie (be)greifbar ist oder immer unbegreifbar bleibt. Den Kampf selbst wahrzunehmen gelingt vielleicht irgendwann, was aber nicht selbstverständlich ist - worum es dabei aber konkret dann geht, ist wiederum schwer bis unmöglich zu (be)greifen. Das wird vereinfacht dann meist mit: sich dem Kampf, sich selbst, stellen; beschrieben. Das ist in der Konstellation (ich vs ich) halt schwierig. Der Kampf wird ständig und gerne vertagt oder komplett verdrängt.
Der Teil ist der "blutigste" bei dem man sich am meisten eben selbst verletzt. Lange durch Vermeidung.
Und nein - nicht der schwierigste, da, als er erstmal begann, sprich: begriffen war; sich recht unblutig zeigte. Ich hatte noch nie einen so einfach zu manipulierenden Gegner vor mir, wie mich selbst.
Und dennoch ja,...sobald der eine Kampf gewonnen, der nächste schon beginnt.
Sie werden im Alter aber weniger und wenn man Glück hat auch irgendwann mit Lust gefochten.
Pansapiens
18-04-2021, 09:07
Oder es ist die Auseinandersetzung gegen sich selbst. Etwas schräg, aber in dem Fall steht man sich selbst gegenüber. Bewusstsein, gegen Un-/Unterbewusstsein. Man selbst vs. sein Ego, aber auch seine Ängste usw.
Ja - der schwierigste, weil er ständig unterschwellig vorhanden ist, mit seinen Folgen immer wirkt, aber lange oder nie (be)greifbar ist oder immer unbegreifbar bleibt. Den Kampf selbst wahrzunehmen gelingt vielleicht irgendwann, was aber nicht selbstverständlich ist - worum es dabei aber konkret dann geht, ist wiederum schwer bis unmöglich zu (be)greifen. Das wird vereinfacht dann meist mit: sich dem Kampf, sich selbst, stellen; beschrieben. Das ist in der Konstellation (ich vs ich) halt schwierig. Der Kampf wird ständig und gerne vertagt oder komplett verdrängt.
Genau.
Wenn man gegen sich selbst kämpft, dann ist der Gegner immer vorhanden, weiß alles, und wirkt vielleicht im Verborgenen und wenn man die Oberhand gewinnt und ihn kontrolliert, wird er sich einen Moment der Schwäche suchen.
Man kann sich auch nicht durch Flucht entziehen.
Manche sperren den Anteil von sich, den sie nicht mögen, weg.
Dann bekämpfen die den in anderen, sei es, weil er da wirklich vorhanden ist, sei es, dass sie ihn reinprojizieren.
Daher erscheint es mir in der Tat besser, Frieden zu schließen.
https://www.youtube.com/watch?v=09RIKYD83H4
vBulletin v4.2.5, Copyright ©2000-2025, Jelsoft Enterprises Ltd.