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Vollständige Version anzeigen : Marc Aurel und die antiken Stoiker bis zum neuzeitlichen Stoizismus



Joykey
31-07-2021, 12:11
Marcus Aurelius Antonius, Selbstbetrachtungen. V. 9

"Meine nicht, dass die Philosophie ein Zuchtmeister sei. Denn nichts wird dich zwingen, der Vernunft zu gehorchen. Man muss sich ihr vielmehr vertrauensvoll hingeben."

Quelle: Gutenberg Projekt

Marcus Aurelius Antonius (seine Selbstbetrachtungen werden im englischsprachigen Raum heutzutage Meditationen genannt) findet unter anderem großen Anklang in der Kampfkunst-Szene in den USA, zusammen mit Sun Tzu (der chinesische Meister der Strategie und der Kriegführung) und Miyamoto Musashi (Das Buch der fünf Ringe - Klassische Strategien aus dem alten Japan).

Auch früher schon wurde Marcus Aurelius Antonius (im deutschsprachigen Raum oft kurz Marc/Mark Aurel genannt) vor allem von Adligen und Militärangehörigen zum Vorbild genommen, während die Kirchen und Franziskanerklöster im Sinne des einfachen Lebens eher Epiktet favorisierten. Auch ich ordne Epiktet eher dem Minimalismus zu (Reduktion von Besitz & Reizüberflutung), während Marc Aurel Zitat für Zitat zu meiner eigenen optimierten Handlungsanleitung passt, was derzeit für mich im Vordergrund steht.

Interessant übrigens, wie der erste römische Kaiser Augustus als Pontifex maximus (höchster Priester) auftrat, weil die römische Bevölkerung unzufrieden war mit der aufkommenden Unmoral. Das erklärt wohl auch den eigenen stoisch-moralischen Anspruch des späteren Philosophenkaisers Marcus Aurelius Antonius.

Das Schlichte und Einfache am Stoizismus entspricht dem stoizistischen Bestreben nach Reduktion auf das Wesentliche. Gerade das gefällt mir besonders gut. Es kommt ohne diesen (für mich unnötigen, dogmatisch starren) Überbau der Religionen aus und trifft gleichzeitig doch den noch lebendigen Wesenskern der Religionen als gemeinsamen Hauptnenner der Achtsamkeit, Ethik, Religiosität und Spiritualität. Ich fühle mich ausgesprochen wohl mit dem Stoizismus und bin dort wirklich angekommen. Es setzt die in den Religionen gebundene Energien frei, da es im Gegensatz zu den traditionellen Religionen kein geschlossenes, sondern ein offenes philosophisches System darstellt.

Marcus Aurelius Antonius, Selbstbetrachtungen. XII 6+9, X 34.

"Gewöhne dich auch an Dinge,
deren Ausführbarkeit du anfangs bezweifelst.
Fasst du ja auch mit der linken Hand
dennoch die Zügel kräftiger an als mit der rechten;
obgleich die linke aus Mangel an Übung gewöhnlich schwächer ist,
doch hierzu wird sie beständig gebraucht.

Bei Anwendung deiner Grundsätze
sei dem Ringer und nicht dem Zweikämpfer ähnlich.
Dieser nämlich wird niedergestochen,
sobald er sein Schwert verliert,
jenem aber steht sein eigener Arm immer zu Gebote,
und derjenige hat weiter nichts nötig,
als ihn recht zu gebrauchen.

Wer von den Grundsätzen der Wahrheit durchdrungen ist,
für den ist auch der kurze und allseits bekannte Spruch genügend,
um ihn an ein getrost furchtloses Wesen zu mahnen."

Quelle: Projekt Gutenberg

Die philosophisch weltoffene Lehre der Stoa weist auf den eigenen intuitiven Zugang zur geistigen Welt hin ohne Hilfsmittel von außen, wie ein Ringer, der sich nur mit den eigenen lebendigen Armen behauptet ohne künstliche, tote Hilfsmittel wie ein Schwert, das nicht Teil von ihm ist, sondern ihm in die Hand gegeben wird als Vorlage und Methode, welche nicht von innen kommt.

Auch mir erscheinen all die Schwerter der Religionen, spirituellen Systeme, Ideologien und Denksysteme letzten Endes als nicht mehr lebendige, brüchige, erstarrte (Schwert-) Gerüste, die nur wie wegweisende Pfeile zur Inspiration & Erstorientierung taugen, mehr aber nicht.

Es ist gut, die Konstrukte zu kennen, aber letztlich gehe ich den Weg des Ringers und nicht des Schwertkämpfers. Lieber nicht alles im Schnellgang mit dem Schwert oberflächlich ergründen wollen, dafür profunde eigene Erfahrungen "erringen", die umgesetzt werden und sich in meinem Leben manifestieren. Nur das bringt die Mehrdimensionalität einer qualitativen Weiterentwicklung. Darauf will ich mich künftig noch mehr beschränken, um mehr Tiefe und Höhe zu erfahren.

Wer bestimmt die Richtung? Der Kutscher oder die Pferde? Es geht letztlich um Eigenständigkeit, Selbstbestimmung und Selbststeuerung.

Philosophische Grüße!
eure Joykey

Gast
31-07-2021, 18:41
.

Es ist gut, die Konstrukte zu kennen, aber letztlich gehe ich den Weg des Ringers und nicht des Schwertkämpfers. Lieber nicht alles im Schnellgang mit dem Schwert oberflächlich ergründen wollen, dafür profunde eigene Erfahrungen "erringen", die umgesetzt werden und sich in meinem Leben manifestieren. Nur das bringt die Mehrdimensionalität einer qualitativen Weiterentwicklung. Darauf will ich mich künftig noch mehr beschränken, um mehr Tiefe und Höhe zu erfahren.



Also übst du tatsächlich Ringen, oder ist das alles nur Theorie?

Cam67
31-07-2021, 20:30
Nicht Ringen zu üben , bedeutet in diesem Kontext , nicht automatisch nur zu theoretisieren. Wenn ich es richtig verstanden habe geht es ihr um eine bestimmte Art an Dinge heran zu gehen , zu erforschen . Nicht über fremde Hilfsmittel , sondern mit den eigenen , von Natur aus gegebenen vertrauten Werkzeugen . und das dann ganz praktisch .

amasbaal
31-07-2021, 21:46
so ein schwert ist doch ganz praktisch. hat so manch ambitionierten ringer den arm "verlieren" lassen... und ohne ist der ringer nicht mehr zu "gebrauchen" und unfähig geworden seine ziele zu erreichen.

:-§

Lugasch
31-07-2021, 22:26
so ein schwert ist doch ganz praktisch. hat so manch ambitionierten ringer den arm "verlieren" lassen... und ohne ist der ringer nicht mehr zu "gebrauchen" und unfähig geworden seine ziele zu erreichen.

:-§

Ich finde die Schwerter ganz schön unpraktisch. Die stören dauernd beim Fahrradfahren, die Äpfel werden immer nur gespalten und nicht geschnitten und im Bus beschweren sich immer alle ;)

@TE: Ich meine den Ringervergleich verstanden wollen zu haben, aber mir ist nicht ganz klar, ob du über M.A., den Stoizismus oder Philosophie an sich reden möchtest?

Joykey
01-08-2021, 08:51
Den metaphorischen Ringervergleich hat ja Marcus Aurelius gebracht im Zitat, worauf ich mich dann beziehe in meinem anschließenden Kommentar dazu. Obwohl Marcus Aurelius (oder kurz Marc Aurel) als römischer Feldherr (und Kaiser) den Ringkampf von Grund auf körperlich beherrschte, konnte er darüber hinaus eine stoisch-philosophische Bedeutung aus der praktisch-körperlichen Anwendung des römischen Ringkampfes ziehen. Jetzt mal auf den körperlichen Aspekt bezogen, favorisiere ich Selbstverteidigung ohne Waffengebrauch. Von daher ist auch das für mich stimmig.

Thematisch geht es im Thread um den Stoizismus, wobei Marcus Aurelius der beste Einstieg ist. Es gab in den englischsprachigen Stoiker-Gruppen Umfragen dazu. Marc Aurel wurde am meisten genannt, insbesondere von den Kampfkunst-Stoikern. Und ich persönlich habe auch gleich Marc Aurel favorisiert, weil er anschauliche Gleichnisse bringt und sehr handlungs- und zielorientiert denkt.

Der Schwertkämpfer in Marc Aurels Ringergleichnis ist wie ein junger Falke, der nicht selbst fliegen lernen will, sondern sich lieber auf das Segelfluggestell seines Falkners setzt. Dadurch entsteht Abhängigkeit von einem nicht immer zur Verfügung stehenden Objekt (Schwert, Segelfluggestell). Die gleiche Abhängigkeit, die vielfach streng geschlossene Religionen, Ideologien und vorgebende Denksysteme im Menschen bewirken.

Die weltoffene Philosophie der antiken Stoiker hilft mir, mich innerlich zu entlasten und räumt auf mit meinen persönlichen Diskrepanzen zu den Religionen, von denen ich mich entfernt habe, auf stoische Weise, ohne dass ich meinen Glauben verloren hätte, ganz im Gegenteil. Aber ich habe meinen individuellen Glauben gefunden und der sympathisiert mit dem Stoizismus. Sobald ich mich irgendwie belastet fühle, hilft es mir, stoizistische Texte und Zitate zu lesen.

Joykey
01-08-2021, 09:30
Zur "Berg-Perspektive" auf Leben & Arbeitsweise

Marcus Aurelius Antonius, Selbstbetrachtungen.
X 15, VIII 32, VI 16+35, III 4.

"Lebe wie auf einem Berg! Bringe in dein ganzes Leben
und in jede einzelne Handlung Ordnung!

Es kann sich ein Widerstand erheben,
vielleicht tritt etwas deiner Tätigkeit in den Weg.
Doch lässt du dir auch jenes Hindernis gefallen
und schreitest mit Überlegung fort zu dem,
was dir noch freisteht,
so tritt sogleich ein neuer Gegenstand der Tätigkeit an die Stelle
und wird sich in die Lebensordnung fügen, von der wir reden.

Denn jede Arbeit will nichts Anderes,
als die Dinge ihrem Zweck entsprechend gestalten,
Steht es damit gut bei dir,
so brauchst du dir um andere Dinge keine Sorgen zu machen.

Hörst du jedoch nicht auf damit,
auf eine Menge anderer Dinge Wert zu legen,
so bist du noch kein freier, selbständiger Mensch.

Sieh doch, wie der gewöhnliche Künstler
sich zwar nach dem Geschmack des Publikums richtet,
aber trotzdem an den Vorschriften seiner Kunst festhält
und ihren Regeln zu genügen strebt!

Indem er sich selten und nur in Hinblick auf das allgemeine Beste
mit dem beschäftigt, was ein anderer sagt, tut oder denkt,
wendet er seine ganze Tätigkeit seinen eigenen Angelegenheiten zu.

Und die Bestimmung,
die ihm die ewigen geistigen Naturgesetze auferlegen,
ist der beständige Gegenstand seines poetischen Nachdenkens."

Quelle: Gutenberg Projekt

Das Berg-Zitat von Marcus Aurelius fasst das Leitziel meiner eigenen Handlungs- und Zielanleitung sehr gut zusammen. Ich nehme die von Marcus Aurelius Antonius beschriebene "Berg-Perspektive" schon länger ein seit dem großen minimalistischen Loslassen, äußerlich und innerlich. Ich bringe immer mehr Ordnung in mein ganzes Leben, grundsätzlich, insgesamt, jedoch auch konkret bis ins Kleinste, um meinem Leben eine klar strukturierte Richtung zu geben zu den Zielen, die ich realisieren möchte.

period
01-08-2021, 13:26
Bei aller Liebe zum Ringen, kampfsportlich hinkt der Vergleich von Marc Aurel aber ganz gewaltig… er übersieht dabei z.B. absichtlich, dass der Ringer gegen einen anderen Ringer antritt und nicht gegen ein Schwert (unebwaffnet gegen ein Schwert zu ringen ist möglich, erfordert aber eine beträchtliche ringerische Überlegenheit; mit dem Schwert in der Hand zu ringen ist dagegen in vielen europäischen Stilen Standard, gerade gegen gerüstete Gegner). Andersrum kann man den Arm des Ringers auch auf verschiedenem Wege ausser Gefecht setzen (been there, done that). Aber es wäre natürlich vergleichsweise prosaisch und viel zu wenig tiefgründig stattdessen zu sagen, dass der Zweikämpfer darauf achten sollte, sein Schwert nicht zu verlieren, und zu diesem schlicht einen Fangriemen verwenden könnte, wie das in einigen (v.a., aber nicht nur reiternomadischen) Kulturkreisen auch gemacht wurde. Mit anderen Worten – realiter wie im übertragenen Sinne: wenn man sich primär ringerischen Herausforderungen stellt, dann ist Ringen super. Wenn man dagegen gegen eine Waffe vorgeht, dann möchte man möglichst eine bessere Waffe haben. Das gleiche gilt im Übrigen, wenn man gegen einen überlegenen Ringer vorgeht, wie einer meiner Trainingspartner mal entnervt bemerkt hat…

gast
01-08-2021, 14:37
vermutlich eh falsch übersetzt und ausgelegt

Cam67
01-08-2021, 14:54
Es scheinen ja wirklich einige das Ringen und das Schwert , wörtlich zu nehmen und nicht als Metapher für eine direkte und indirekte Kommunikation von mir zur Innen und Aussenwelt

Lugasch
01-08-2021, 16:18
Bei aller Liebe zum Ringen, kampfsportlich hinkt der Vergleich von Marc Aurel aber ganz gewaltig… er übersieht dabei z.B. absichtlich, dass der Ringer gegen einen anderen Ringer antritt und nicht gegen ein Schwert (unebwaffnet gegen ein Schwert zu ringen ist möglich, erfordert aber eine beträchtliche ringerische Überlegenheit; mit dem Schwert in der Hand zu ringen ist dagegen in vielen europäischen Stilen Standard, gerade gegen gerüstete Gegner). Andersrum kann man den Arm des Ringers auch auf verschiedenem Wege ausser Gefecht setzen (been there, done that). Aber es wäre natürlich vergleichsweise prosaisch und viel zu wenig tiefgründig stattdessen zu sagen, dass der Zweikämpfer darauf achten sollte, sein Schwert nicht zu verlieren, und zu diesem schlicht einen Fangriemen verwenden könnte, wie das in einigen (v.a., aber nicht nur reiternomadischen) Kulturkreisen auch gemacht wurde. Mit anderen Worten – realiter wie im übertragenen Sinne: wenn man sich primär ringerischen Herausforderungen stellt, dann ist Ringen super. Wenn man dagegen gegen eine Waffe vorgeht, dann möchte man möglichst eine bessere Waffe haben. Das gleiche gilt im Übrigen, wenn man gegen einen überlegenen Ringer vorgeht, wie einer meiner Trainingspartner mal entnervt bemerkt hat…

Ich begebe mich jetzt auf dünnes Eis, weil ich die Römer/Marc Aurel allenfalls aus populärwissenschaftlichen Sicht kenne, aber müsste er sich mit der Schwertkriegsführung nicht ausgekannt haben, womit der Vergleich Ringer vs. Schwerkämpfer kein wörtlicher sein dürfte.

Ich habe das so verstanden, dass er in die Richtung argumentiert "Wissen/Können ist das leichteste Gepäck, das man zudem nicht verlieren kann" oder "Omnia mea mecum porto".

Und der (für mich sinnvollere) Vergleich wäre ein Ringer mit Schwert gegen einen Schwertkämpfer ohne Ringen. Vielleicht sind mit letzterem irgendwelche Wehrbauern oder schnell verpflichtetes Fußvolk ohne eine entsprechende Ausbildung gemeint.
Wenn der eine sein Schwert verliert, kann er immer noch ringen und der andere ist komplett auf sein Schwert angewiesen.

Was ähnliches kann man auch im Outdoor-Bereich finden - je mehr man weiß/kann, desto weniger ist man auf sein Gepäck angewiesen und desto weniger Materielles muss man schleppen.

gast
01-08-2021, 16:28
das wäre ja auch Auslegungssache

ich meinte das ernst mit der Übersetzung
Nimmst Du z.B. "carpe diem", das hängt ja in jedem Garten herum, dann wird das
mit "genieße den Tag" übersetzt, das Original ist aber "Carpe diem quam minimum credula posterum",
was in etwa "Nutze den Tag und vertraue so wenig wie möglich der Zukunft" bedeutet,
das wäre also eher "nutze die Gelegenheit", deutlich anderer Sinn, wenn man dann noch ernsthaft
den Autor (Horaz) im Rahmen seiner Zeit betrachtet, gibt´s sicher noch mehr Interpretationen.

Gerade Marc Aurel ist im amerikanischen Raum wohl gerne zitiert, häufig halt falsch.
"Death smiles at all of us, all a man can do is smile back" ist ja ganz nett, aber nicht von ihm.

Cam67
01-08-2021, 17:46
hmh, kenne es nur als "Nutze den Tag" . Geniesse den Tag hab ich bisher noch nie gehört. vll. war ich zu wenig in Gärten ^^ . mehr so Biergärten ?

Gast
01-08-2021, 18:56
Ich hatte vor kurzem meine dritte Leserunde zu Marc Aurels Büchlein gestartet (das erste Mal habe ich es wohl vor ca. 25 Jahren, und dann vor vielleicht 15 Jahren gelesen). Diesmal hatte ich mich bisschen informiert was die verschiedenen Übersetzungen betrifft. Hatte nämlich erst mit einer angefangen, aber da kam mir einiges ziemlich schwammig vor. Nach zwei Dritteln habe ich es dann endgültig aussortiert. Ich denke mit Epiktet ist man kürzer und besser dran.

gast
01-08-2021, 20:21
Tatsächlich kommt das noch hinzu, mit zunehmenden Alter verändert sich auch die Sicht auf die Dinge.
Ich hab´ das auch irgendwo hier ´rumfliegen, sollte ich vielleicht noch ´mal reingucken, hat mich nicht
so gepackt vor 10 Jahren.
Vom Kriege, 5 Ringe , Kunst des Krieges fand ich interessanter zu lesen, wobei den Clausewitz, fand ich
glaube ich sehr zäh damals.
Fand das damals aber, für Zvilisten zumindest, alles ziemlich überbewertet.
Bin da auch nicht so philosophisch gebildet, als das ich jetzt Marc Aurel im Zusammenhang mit Stoik
bewerten könnte.
Finde es aber sinnlos, alles andere zu verwerfen, nur weil man jetzt irgendeine Aussage eines Stoikers für sich passend findet.
Zumindest steht das ja so da oben.
Die Richtung wird auch vom Weg bestimmt, zumindest, wenn man in ´ner Kutsche unterwegs ist.

Joykey
01-08-2021, 20:51
Marc Aurel ist gut erforscht. Ich habe die griechische Originalausgabe. Er schrieb seine Selbstbetrachtungen nämlich in Griechisch (wie Epiktets Werk durch dessen Schüler Arrian). Ich sehe es wie Lugasch. Es geht um die Frage, wer sich besser behauptet, derjenige, der sich auf sein Schwert verlässt und ohne dieses kein Vertrauen in die Wehrhaftigkeit seines naturgegebenen Arms aufweist (da nie ohne Schwert trainiert), oder ob der Krieger, der sein Schwert im Kampf verliert, als geübter Ringer weiterkämpfen kann. Damals ging es um Leben und Tod. Marc Aurel befand sich direkt an der Front, als er seine Selbstbetrachtungen schrieb. Keiner sonst kann es so gut wissen wie er als ein von Grund auf ausgebildeter, kampferprobter römischer Feldherr.

Marc Aurel weist ja noch darauf hin, auch den schwachen Arm zu trainieren mit dem Kutscherbeispiel, also alles im Kampf zu beherrschen, nicht nur einseitig das Führen des Schwerts.

DZXX
01-08-2021, 22:02
Marc Aurel ist gut erforscht. Ich habe die griechische Originalausgabe. Er schrieb seine Selbstbetrachtungen nämlich in Griechisch (wie Epiktets Werk durch dessen Schüler Arrian).

Und du liest das. Auf griechisch.

Oder einfach ein wenig inspiriert durch YT?


https://www.youtube.com/watch?v=vz3r8AmUWOM

Joykey
01-08-2021, 22:49
Ich hätte schon wissenschaftliche Links, aber im Impressum hier steht:

"5. Das Posten von direkten Links auf Bilder, Videos, Audiodateien, Archiven und Texten oder anderen Download-fähigen oder Stream-fähigen Material, für das Sie keine ausdrückliche Erlaubnis des Rechteinhabers haben, ist verboten. Bitte nehmen Sie vom „Hotlinking“ (direktes Verlinken) Abstand."

Joykey
02-08-2021, 00:20
Die Richtung wird auch vom Weg bestimmt, zumindest, wenn man in ´ner Kutsche unterwegs ist.

Gutes Stichwort, denn klar ist der Kontext eines Zitats entscheidend für die Zielrichtung der Aussage. Im Ringerbeispiel ging es Marc Aurel um die Anwendung der stoizistischen Grundsätze, also auch in der Umsetzung einer taktisch geschickten und weisen Innen- und Außenpolitik, was ihm eine verhältnismäßig lange Regierungszeit und viel Wertschätzung bescherte. Er hat vieles richtig gemacht.

Apopos "Weg":

Zweifellos stand der Stoiker Marc Aurel als römischer Kaiser und führender Feldherr des Öfteren auf einem Berg mit Sicht auf
seine Soldaten, die fortlaufend an einem vernünftig erbauten, stabilen römischen Weg arbeiteten.

Zum Weg als Sinnbild der Lebensausrichtung

Marcus Aurelius Antonius, Selbstbetrachtungen.
X 12+33, VI 8, V 14, IV 51.

"Ruhig und doch zugleich leicht beweglich,
heiter und doch zugleich gesetzt
– so ist der Mensch, der in allem der Vernunft folgt.

Denn eben als einen Genuss musst du alles auffassen,
was du deiner eigenen Natur gemäß wirken kannst.

Und dies steht überall in deiner Macht.
Steht es ja bei dir zu untersuchen,
was im Augenblick zu tun ist.

Und wenn du das einsiehst,
wohlwollend und festen Schrittes
diesen Weg zu wandeln.

Das nenne ich die Seele
oder die Herrschaftsführende
im Menschen,
was ihn weckt und lenkt,
was ihn zu dem macht,
was er ist und sein will,
und was bewirkt,
dass alles, was ihm widerfährt,
ihm so erscheine, wie er es haben will.

Die Vernunft und die Lebenskunst sind Kräfte, die sich selbst genügen,
die keinen anderen Richter über ihre Äußerungen haben als sich selbst.
Sie haben ihr Prinzip und ihre Ziele in sich,
und richtig heißen ihre Handlungen,
weil durch sie der rechte Weg offenbar wird.

Immer wandle den kürzesten Weg, den du zu gehen hast!
Er ist der natürliche.
Man folgt da im Reden und Tun nur der gesunden Vernunft.
Du wirst dich auf diese Weise von mancher Sorge
und von manchem Ballast befreien."

Quelle: Projekt Gutenberg

Ich fand einen interessanten englischsprachigen Artikel zum Stoizismus in der Stanford Encyclopedia of Philosophy unter dem Titel "Stoicism". Im dort ebenfalls zu lesenden Artikel "Marcus Aurelius" wiederholt sich vieles aus dem Stoizismus-Artikel der Stanford Encyclopedia, aber um den Kosmos-Aspekt erweitert.

Inhaltlich vergleichbar ist dazu der deutschsprachige Bibelwissenschaftsartikel "Stoa" unter bibelwissenschaft DE.

Kirke
02-08-2021, 07:44
@period: ich hatte beim Lesen des Zitats tatsächlich denselben Gedanken. Es gibt noch ne zweite Möglichkeit, wie die Situation gemeint sein könnte: Beide (Ringer und Schwertkämpfer) treten gegen einen Schwertkämpfer an.

Ein Hinweis darauf kommt aus dem Kontext davor mit der starken linken Hand. Die Aussage wäre dann bei beiden Bildern dieselbe: Wenn man genügend übt, "Gewöh[nt man sich] auch an Dinge,
deren Ausführbarkeit du anfangs bezweifelst." = die linke Hand wird stärker als die rechte und der Arm wird stärker als das Schwert.

gast
02-08-2021, 08:05
Period hat sich ja schon eindeutig geäußert, der Begriff "Schwertkampf" ist
untrennbar mit dem Begriff "Ringen" verknüpft, das ist nicht nur in den HEMA so

wenn heutzutage sportive Bewegungsformen wie olympisches Fechten, Boxen, Ringen
das getrennt darstellen, führt das halt zu Interpretationsfehlern
wenn der gute Mann das also im Text so trennt (sofern die Übersetzung korrekt ist), kann man
da sicherlich drüber nachdenken, ist halt problematisch 2000 Jahre später ohne ernsthafte Kenntnisse
von "Schwertkampf" auswerten zu wollen

liest man den Beitrag zum "Weg" geht es da ja um "Seele" bzw. "Herrschaftsführende", ich
würde das heutzutage anders lesen als vor 10 Jahren, da hätte ich mich am Begriff ""Seele"
hochgezogen und "Herrschaftsweise" überlesen, heute würde ich jetzt erstmal forschen,
wie Stoiker "Seele" definieren und das Originalwort für "Herrschaftsweise" ergründen
kann ich mir persönlich aber sparen, ich habe da meine eigene Definition und würde
das auch anders beschreiben als er

Joykey
02-08-2021, 12:30
Die antiken Stoiker entwickelten eine Ethik, die in der Natur des Menschen gründet und im göttlichen LOGOS des Kosmos verankert ist (Allnatur). Logos (Geist Gottes) gestaltet die Hyle (stoffliche Materie) und durchdringt diese, so wie die vergeistigte Seele den materiellen Körper durchströmt und durch diesen tätig wird, dabei jedoch ihre eigene Existenz beibehält.

Logos ist im Judentum das ewige Denken des einen G-ttes, das bei der Schöpfung wirkt, und im Christentum ist Logos von Gottes Wesen und als Wort bei Gott im Anfang aller Dinge. Also klare Parallelen.

Joykey
02-08-2021, 12:37
Was mir zum Weg noch einfällt: Gehe es in Etappenzielen an!

Dazu passend gibt es eine schöne Beschreibung zum römischen Brückenbau über Stromflussläufe im Youtube-Video "Antike: Wissen - Fakten - Hörbücher - Die Adoptivkaiser Teil 3: Antoninus Pius und Mark Aurel (Cassius Dio)" von 8:40-10:20

"Die Flussläufe (der Ströme) werden von den Römern fast mühelos überbrückt, da die Soldaten dauernd auch dies wie sonst eine Kriegsmaßnahme üben, sowohl an Ister (der Donau), als auch am Rhein und Euphrat. Der Vorgang, wahrscheinlich nicht allgemein bekannt, vollzieht sich folgendermaßen: Die Schiffe, mit deren Hilfe der Fluss überbrückt werden soll, sind breit gebaut und werden ein kurzes Stück stromaufwärts vor der geplanten Übergangsstelle verankert. Auf ein gegebenes Zeichen hin lassen sie als Erstes ein einzelnes Schiff nahe dem eigenen Ufer flussabwärts treiben. Kommt es dann auf die Höhe des Punktes, wo die Brücke entstehen soll, werfen sie einen mit Steinen gefüllten und an einem Seil befestigten Weidenkorb ins Wasser, der als eine Art Anker dient. Nachdem das Schiff derart vertäut ist, bleibt es in Ufernähe an seinem Ort. Und nun legt man zugleich mit Brettern und sonstigen Brückenbau-Materialien, welche das Schiff in großer Menge mit sich führt, ein Verdeck bis zum Landeplatz. Hierauf lässt man ein weiteres Schiff in geringem Abstand zum ersten und wiederum ein anderes jenseits davon flussabwärts fahren, bis so die Brücke das Gegenufer erreicht."

Quelle: Youtube-Video "Antike: Wissen - Fakten - Hörbücher - Die Adoptivkaiser Teil 3: Antoninus Pius und Mark Aurel (Cassius Dio)":

Joykey
02-08-2021, 17:59
Auf kürzestem Weg, wie es sich bei den geradlinig bauenden Römern als gängige Bauweise erfolgreich etabliert hat, führt die fortlaufend selbst erbaute Römerstraße zur steilen Küste mit Strand, wo nun vor Ort ein Schiff zu errichten wäre für die nächste Etappe.

Entwickle für Dein Ziel eine klare Vision - wie ein Schiff und behalte dies im Fokus
- indem Du Ablenkungen davon loslässt.

"Wenn Du ein Schiff bauen willst,
dann trommle nicht Männer zusammen,
um Holz zu beschaffen,
Aufgaben zu vergeben
und die Arbeit einzuteilen,
sondern lehre die Männer die Sehnsucht
nach dem weiten, endlosen Meer."
(Antoine de Saint-Exupery)

“Wenn auf einer Seefahrt das Schiff am Lande hält
und du steigst aus, um Wasser zu holen,
so magst du wohl nebenher eine Muschelschale auflesen
oder einen Tintenfisch;
dein Augenmerk aber muss aufs Schiff gerichtet sein,
und du musst dich immer wieder umsehen,
ob nicht vielleicht der Steuermann ruft.
Ruft er dich, so musst du alles liegen lassen,
damit du nicht gebunden in das Schiff geworfen wirst,
wie es mit den Schafen geschieht.”
(Der Stoiker Epiktet)

Eine sachoffene innere Haltung sowie eine positive Einstellung und Bereitschaft zur Herangehensweise helfen, um EINEN Fokus zu finden!

Der Bunkerblick des Singletasking reicht bei mir noch nicht, um mich ausreichend zu fokussieren. Das geht nur, indem ich mich nicht von den Problemen treiben lasse (viel Willensaufwand nötig), sondern von meinen Zielen beflügelt werde (die Zielvorstellung ist stärker als der Wille).

Die Konzentration auf EINEN Fokus erinnert mich an den bekannten Leitsatz des römischen Philosophenkaisers Aurelius zu diesem Thema:

Marcus Aurelius Antonius,
Selbstbetrachtungen. VIII 36, VII 29:

“Lass dich nicht durch die Vorstellung deines Lebens
*in seiner Gesamtheit* entmutigen!
Fasse nicht *alle* Leiden, welche vielleicht noch an dich kommen können,
nach Beschaffenheit und Menge *auf einmal* in Gedanken zusammen,

sondern frage dich vielmehr bei jedem gegenwärtigen Vorfalle:
Was ist denn daran eigentlich so gar nicht zu ertragen und auszuhalten?

Erinnere dich ferner, dass weder das Zukünftige noch das Vergangene,
sondern immer nur das Gegenwärtige dich drücken könne,
letzteres aber vermindert werde, wenn du *es allein* ins Auge fasst
und deine denkende Seele davon überführst,
dass sie nicht einmal diese *kleine Bürde* aushalten könne.

Mach den Einbildungen ein Ende!
Hemme den Zug der *Leiden*-schaften!
Behalte die Gegenwart in deiner Verfügungsgewalt!
Mache dich mit dem, was dir oder einem anderen begegnet, vertraut.
Trenne und zerlege jeden Gegenstand in seine Ursache und seinen Stoff!”

Quelle: Projekt Gutenberg

Solche Zitate oder Redewendungen können helfen, sich in Schwung zu bringen. Mir hilft der Slogan "Go with the Flow", aber ich schrieb dazu vorgängig eine persönliche Handlungsanleitung und dieser Slogan und ähnliche Sätze verankern es in meinem Gedächtnis, um es jederzeit abrufen zu können. Marc Aurel weist auch auf diese Methodik der Durchdrungenheit hin mit seinem Hinweis auf den allseits bekannten Spruch als Mahnung und Ankerformel zur Furchtlosigkeit. Einfache anschauliche Bilder haben eine größere Wirkungskraft als Worte allein.

Marcus Aurelius Antonius, Selbstbetrachtungen. Quelle: Projekt Gutenberg.
"Wer von den Grundsätzen der Wahrheit durchdrungen ist,
für den ist auch der kurze und allseits bekannte Spruch genügend,
um ihn an ein getrost furchtloses Wesen zu mahnen."

Auf diese Weise versuche ich, mich in den aktiven Flow des Singletasking zu versetzen, damit der anfängliche Aufwand weniger weh tut und der Antrieb besser fließt. So hilft es mir, vorgängig meine selbst geschriebene Handlungsanleitung und dazu passend Zitate des Stoikers Marc Aurel sowie Kerninhalte der antiken Stoiker zu lesen, z. B. Logos als gestalterisch tätiges Prinzip, Materie als zu gestaltendes passives Prinzip, wie Yin und Yang.

Es braucht jedoch für die Umsetzung eine ausreichend eigenreflektierende lebensthematische "Durchdrungenheit" und Selbstkonditionierung wie beim Reiten & Ringen, damit es sozusagen auf Knopfdruck aktiviert wird, worauf Marc Aurel hinweist. Deshalb lese ich die Zitate öfter.

Marcus Aurelius Antonius, Selbstbetrachtungen. Quelle: Projekt Gutenberg.
"Gewöhne dich auch an Dinge,
deren Ausführbarkeit du anfangs bezweifelst.
Fasst du ja auch mit der linken Hand
dennoch die Zügel kräftiger an als mit der rechten;
obgleich die linke aus Mangel an Übung gewöhnlich schwächer ist,
doch hierzu wird sie beständig gebraucht."

Synchronisiere dabei Deine linke mit Deiner rechten Gehirnhälfte, damit sie im Einklang miteinander arbeiten!
z. B. durch schöne Erinnerungen der Selbstwirksamkeit.

- Youtube: Acerting Art - Klänge der Natur mit entspannenden Ozean-Sounds zum Schlafen
- Youtube: Super Focus - Flow State Music - Alpha Binaural Beats, Study Music for Focus and Concentration

period
03-08-2021, 09:37
Ich begebe mich jetzt auf dünnes Eis, weil ich die Römer/Marc Aurel allenfalls aus populärwissenschaftlichen Sicht kenne, aber müsste er sich mit der Schwertkriegsführung nicht ausgekannt haben, womit der Vergleich Ringer vs. Schwerkämpfer kein wörtlicher sein dürfte.
Ich habe das so verstanden, dass er in die Richtung argumentiert "Wissen/Können ist das leichteste Gepäck, das man zudem nicht verlieren kann" oder "Omnia mea mecum porto".
Und der (für mich sinnvollere) Vergleich wäre ein Ringer mit Schwert gegen einen Schwertkämpfer ohne Ringen. Vielleicht sind mit letzterem irgendwelche Wehrbauern oder schnell verpflichtetes Fußvolk ohne eine entsprechende Ausbildung gemeint.
Wenn der eine sein Schwert verliert, kann er immer noch ringen und der andere ist komplett auf sein Schwert angewiesen.
Was ähnliches kann man auch im Outdoor-Bereich finden - je mehr man weiß/kann, desto weniger ist man auf sein Gepäck angewiesen und desto weniger Materielles muss man schleppen.

Dass der Vergleich kein wörtlicher sein soll, würde ich auch so sehen, aber deswegen hinkt er trotzdem ;) Wie gut Marc Aurel über das Thema Bescheid wusste, weiss ich nicht – Teil der militärischen Grundausbildung scheint es nicht gewesen sein (die, soweit ich die Biographie verstehe, Marc Aurel übrigens gar nicht erhalten hat, auch keine reguläre strategische Ausbildung! Den Teil hat sein Adoptivbruder Lucius Verus übernommen), Ringen wird er als reine sportliche Disziplin gekannt haben. Wie sehr er sich vertieft damit befasst hat, ist meines Wissens ebenfalls nicht überliefert. Als Kaiser und mehr noch als Feldherr wird er meines Erachtens heute meist masslos überschätzt, sogar als Philosoph könnte man ihm vorwerfen, dass er seine Ansätze selbst nicht so recht in der Praxis umsetzen konnte, und das trotz «Du kannst nicht im Schreiben und Lesen unterrichten, wenn du es nicht selber kannst; viel weniger lehren, wie man recht leben soll, wenn du es nicht selber tust.» Einige der politischen Entscheidungen, die er getroffen hat, wirken auf mich allenfalls kurzsichtig und von einer hochgradig theoretischen Sicht auf die Dinge geprägt. Mit dem Vergleich ist es ähnlich.
Was man dazu vielleicht noch anfügen sollte: nach meinen praktischen Erfahrungen kommt ist das römische Schwert-Schild System tatsächlich weitestgehend ohne Ringen aus sondern ist näher am Boxen, was Beinarbeit usw. angeht. Wenn jemand aus ner Philly Shell boxen kann, kann er auch mit Gladius und Scutum was Sinnvolles anfangen, zumindest unserer Erfahrung nach. Das System ist – im Gegensatz zu den spätmittelalterlichen Systemen – primär auf solche Sachen ausgelegt, das ergibt sich schon rein aus der Bewaffnung. Die Leute aus dem klassischen HEMA haben dagegen meistens Bauklötze gestaunt und sind über ihre eigenen Füsse gestolpert. Mit einem kleinen, leichten Schild siehts dagegen oft wieder anders aus, da lassen sich die Sachen aus Buckler und Targe gut umsetzen (aber Ringen nach wie vor schlechter als Boxen).
Wer sich mit solchen Dingen besser ausgekannt haben dürfte, war Marc Aurels Nachfolger (ob nun leiblicher Sohn oder nicht…) Commodus. Auch das wäre ein Thema für sich – die Geschichtsschreibung und nicht zuletzt der Film Gladiator haben Commodus als schlechten Kaiser abgestempelt, dabei ging es dem Reich unter ihm (auch in Ermangelung von Fehlentscheidungen am falschen Ort, insbesondere von recht sinnlosen und mehrheitlich verbockten Feldzügen) faktisch deutlich besser als unter Marc Aurel. Zudem hat Marc Aurel Commodus ganz offensichtlich für die Kaiserlaufbahn prädestiniert – wenn man Commodus als schlechten Herrscher sehen möchte, dann war das wohl eine weitere von Marc Aurels Fehlentscheidungen.

Beste Grüsse
Period.

period
03-08-2021, 09:45
@period: ich hatte beim Lesen des Zitats tatsächlich denselben Gedanken. Es gibt noch ne zweite Möglichkeit, wie die Situation gemeint sein könnte: Beide (Ringer und Schwertkämpfer) treten gegen einen Schwertkämpfer an.

Ein Hinweis darauf kommt aus dem Kontext davor mit der starken linken Hand. Die Aussage wäre dann bei beiden Bildern dieselbe: Wenn man genügend übt, "Gewöh[nt man sich] auch an Dinge,
deren Ausführbarkeit du anfangs bezweifelst." = die linke Hand wird stärker als die rechte und der Arm wird stärker als das Schwert.

Na ja, ich weiss nicht so recht. Ich würde da im römischen Kontext eher auf den Schwertkämpfer setzen - der hat nämlich immer noch den Schild, den man als Angriffswaffe nicht unterschätzen sollte. Ein Jab mit dem 8kg Schild gegen den Kopf kann jemanden noch in der Luft waagrecht hinlegen - ich war mal in so nem Fall indirekt beteiligt, und zwar als der, der den Jabber spezifisch darauf gedrillt hat ;) Ich habe übrigens auch schon bei diversen unchoreografierten Kämpfen mit stumpfen Waffen mit dem Dolch gegen Schwert und Schild gerungen. Wenn man es schafft, in den Clinch zu kommen und dann einen outside arm drag mit der hinteren Schildkante zu machen, ist der ganze Rücken als Trefferfläche frei und der Typ kann sich im Leben nicht mehr rechtzeitig umdrehen. Allerdings ist es schwierig, da hin zu kommen wenn der Typ mit Schwert und Schild in der Distanz Zeit hat. Für mich ist das eigentlich immer gut ausgegangen, weil sich die Situation daraus ergeben hat, dass jemand an meiner Stangenwaffe vorbei wollte, aber mit dem Dolch oder sogar ohne gegen Schild und Schwert anzufangen ist eine ziemlich eklige Situation.

Beste Grüsse
Period.

Joykey
03-08-2021, 11:10
Was man dazu vielleicht noch anfügen sollte: nach meinen praktischen Erfahrungen kommt ist das römische Schwert-Schild System tatsächlich weitestgehend ohne Ringen aus sondern ist näher am Boxen, was Beinarbeit usw. angeht. Wenn jemand aus ner Philly Shell boxen kann, kann er auch mit Gladius und Scutum was Sinnvolles anfangen, zumindest unserer Erfahrung nach. Das System ist – im Gegensatz zu den spätmittelalterlichen Systemen – primär auf solche Sachen ausgelegt, das ergibt sich schon rein aus der Bewaffnung. Die Leute aus dem klassischen HEMA haben dagegen meistens Bauklötze gestaunt und sind über ihre eigenen Füsse gestolpert. Mit einem kleinen, leichten Schild siehts dagegen oft wieder anders aus, da lassen sich die Sachen aus Buckler und Targe gut umsetzen (aber Ringen nach wie vor schlechter als Boxen).

Wenn es sich so verhält, wie Du es beschreibst, wäre Marc Aurels Ringer-Vergleich doch erst recht passend, denn ein Ringer kann ja durchaus auch mit Schwert & Schild kämpfen, aber ihm bleibt der Vorteil, auch ohne dies noch kampffähig zu bleiben, während der Schwertkämpfer mit geringem Ringertraining ohne dies ziemlich nackt dastünde.

period
03-08-2021, 11:24
Wenn es sich so verhält, wie Du es beschreibst, wäre Marc Aurels Ringer-Vergleich doch erst recht passend, denn ein Ringer kann ja durchaus auch mit Schwert & Schild kämpfen, aber ihm bleibt der Vorteil, auch ohne dies noch kampffähig zu bleiben, während der Schwertkämpfer mit geringem Ringertraining ohne dies ziemlich nackt dastünde.

Nur sehr, sehr bedingt und primär dann, wenn bereits eine Infight-Situation hergestellt ist. Und nein, ein Ringer kann nicht automatisch mit Schwert und Schild kämpfen, schon gar nicht sinnvoll - ich habe das für die Philly Shell postuliert, und die kommt aus dem Boxen. Vielmehr sind die eingeschliffenenen Automatismen aus dem Ringen - etwa "vorwärts immer, rückwärts nimmer" - bei Schwert und Schild oft sogar eher nachteilig (bei Schwert gegen Schwert in Rüstung dagegen von Vorteil). Soweit ich verstanden habe, wurde Ringen aus eben diesem Grund in den Legionen nicht geübt, während es in Griechenland zum Standard-Ausbildungsprogramm gehört hat - da war die Standardwaffe aber die lange Lanze. Andere Baustelle. Ergo aus meiner Sicht nach wie vor: Boxerische Fähigkeiten sind mit Schwert und Scutum meiner Meinung nach viel sinnvoller als Ringen, auch weil primär gestossen wird, nicht geschnitten oder gar gehebelt. Ob sich das Marc Aurel unter "Zweikämpfern" vorgestellt hat - keine Ahnung, da müsste man die Textstelle kritisch analysieren.

Joykey
03-08-2021, 11:48
Interessant. Marc Aurel wollte mit dem Ringer-Vergleich demnach noch etwas Anderes ausdrücken, nämlich den idealtypisch griechischen Athleten/Ringer als Sinnbild der griechischen Philosophie der Stoiker. Es ging ja beim Ringer-Vergleich um die Anwendung der griechisch-stoizistischen Grundsätze, die er auch in Griechisch niederschrieb (und nicht in römischem Latein).

OliverT
03-08-2021, 11:55
Interessant. Marc Aurel wollte mit dem Ringer-Vergleich demnach noch etwas Anderes ausdrücken, nämlich den idealtypisch griechischen Athleten/Ringer als Sinnbild der griechischen Philosophie der Stoiker. Es ging ja beim Ringer-Vergleich um die Anwendung der griechisch-stoizistischen Grundsätze, die er auch in Griechisch niederschrieb (und nicht in römischem Latein).

Und das liest du aus Periods Beiträgen raus oder wie kommst du zu dem Schluss?

Joykey
03-08-2021, 12:04
Und das liest du aus Periods Beiträgen raus oder wie kommst du zu dem Schluss?

Das steht ja vorgängig in Marc Aurels Zitat: "Bei Anwendung deiner Grundsätze sei dem Ringer und nicht dem Zweikämpfer ähnlich."
Alles Weitere ist historisch bekannt zu Marc Aurel.

OliverT
03-08-2021, 12:17
Ja, da steht Ringer und nicht griechischer Athlet. Und Ringen gab es ja auch in Rom.

Cam67
03-08-2021, 12:23
Ich verstehe immer noch nicht wie man aus einer Analogie zu Philosphischen Ansätzen , eine Technikdebatte zum Thema Ringen ...Schwertkampf machen kann. Xd

Joykey
03-08-2021, 12:30
Ja, da steht Ringer und nicht griechischer Athlet. Und Ringen gab es ja auch in Rom.

Griechenland gehörte damals zum römischen Reich und war Anziehungspunkt und Vorbild für die Gebildeten in Rom.

Joykey
03-08-2021, 12:33
Ich verstehe immer noch nicht wie man aus einer Analogie zu Philosphischen Ansätzen , eine Technikdebatte zum Thema Ringen ...Schwertkampf machen kann. Xd

Wo hätte das bloß bei den berühmten Gleichnissen von Jesus Christus geendet? :p
Bei ihm gäbe es ja auch ein bekanntes Schwertzitat. Das verkneife ich mir aber jetzt lieber. :biglaugh:

Cam67
03-08-2021, 12:42
Wo hätte das bloß bei den berühmten Gleichnissen von Jesus Christus geendet? :p
Bei ihm gäbe es ja auch ein bekanntes Schwertzitat. Das verkneife ich mir aber jetzt lieber. :biglaugh:

Oder Das Fischergleichniss. Dann gäbe es eine Debatte über die Qualität der damaligen Netze . Xd

Affenherz
03-08-2021, 12:55
Wie hat sich eigentlich so ein Retiarius gegen einen Murmillo gehalten? :D

DatOlli
03-08-2021, 12:59
Ich verstehe immer noch nicht wie man aus einer Analogie zu Philosphischen Ansätzen , eine Technikdebatte zum Thema Ringen ...Schwertkampf machen kann. Xd

Naja, es ist das Kampf Kunst Board. Da müssen die Gleichnisse auch passen.

Liebe Grüße
DatOlli

Joykey
03-08-2021, 13:01
Oder Das Fischergleichniss. Dann gäbe es eine Debatte über die Qualität der damaligen Netze . Xd

Ja, da wären noch weitere zeitgenössische Parallelen, wovon Aurelius gewusst haben kann durch die frühen Christen in seinem Heer, die er zum Beten anhielt. z. B.: Jesus döst auf dem Schiff und bleibt stoisch ruhig im Sturm.

Das Schiff ist gebaut, aber der Sturm tobt in der See und prescht in harten Wellen an die ungeschützte Felsküste.
Wie die windstille, sichere Hafenbucht abseits vom Sturm als nächstes Ziel erreichen?

Zu den Stürmen des Lebens

Marcus Aurelius Antonius, Selbstbetrachtungen.
IV 49, XII 14, II 7, XI 23, XII 22.

"Wie der Fels im Meere,
an dem die Wellen unaufhörlich rütteln
- hier steht,
sodass ringsum der Brandung Ungestüm sich legen muss
- so stehe auch du!
Denke, es sei kein Unglück,
aber ein Glück ist´s,
es mit edlem Mut zu tragen.

So erfreue dich an dem Gedanken, dass du mitten
in solch einem Wogensturm in dir selbst
an der Vernunft eine Lenkerin hast.

Warum dich durch die Außendinge zerstreuen?
Nimm dir Zeit, etwas Gutes zu lernen
- und höre auf,
dich wie im Wirbelwind
umhertreiben zu lassen.

Sokrates nannte die Meinungen der Menge Poltergeister,
Schreckgestalten für Kinder.

Alles ist Meinung, und diese hängt ganz von dir ab.
Räume also, wenn du willst, die Meinung aus dem Wege,
und gleich dem Seefahrer, der eine Klippe umschifft hat,
wirst du unter Windstille auf ruhiger See
in den sicheren Hafen einfahren."

Quelle: Projekt Gutenberg

In der stoischen Seelenruhe liegt Kraft & Glück

Marcus Aurelius Antonius, Selbstbetrachtungen.
IV 3, III 5, VII 33.

"Es steht dir ja frei,
zu jeglicher Stunde
dich in dich selbst zurückzuziehen,
und nirgends finden wir
eine so friedliche
und ungestörte Zuflucht
als in der eigenen Seele.

Dann findet man die Heiterkeit der Seele,
wenn man sich gewöhnt,
der Hilfe von außen her zu entbehren
und zu unserer Ruhe
anderer Leute nicht zu bedürfen.

Man soll aufrecht stehen,
ohne aufrecht gehalten zu werden!

Durch Sammlung in sich selbst
bewahrt dabei die denkende Seele ihre Heiterkeit,
und die in uns herrschende Vernunft
erleidet keinen Schaden."

Quelle: Projekt Gutenberg

Cam67
03-08-2021, 13:06
Naja, es ist das Kampf Kunst Board. Da müssen die Gleichnisse auch passen.

Liebe Grüße
DatOlli

Wer sagt das sie für Marc Aurel nicht gepasst haben ? ^^

Cam67
03-08-2021, 13:07
Joykey
Wieso kommt bei dir alles vom Projekt Gutenberg?

DatOlli
03-08-2021, 13:12
Wer sagt das sie für Marc Aurel nicht gepasst haben ? ^^

Yo, Das kann wohl sein. Laut WP war er ja militärisch eher nicht so dolle drauf. Von daher...

Liebe Grüße
DatOlli

period
03-08-2021, 13:25
Wie hat sich eigentlich so ein Retiarius gegen einen Murmillo gehalten? :D

Wenn ich das wörtlich nehmen darf - Retiarius gegen Murmillo? Das ist so einseitig, dass es schon gar nicht mehr lustig ist. Der Schwachpunkt ist der Helm des Murmillo. Durch das Visier schlägt der Dreizack glatt durch (ein STUMPFER Dreizack kommt mit den Spitzen durch den 10 mm satrken Schild), und die weitgehend eckige Krempe sowie die alberne Helmzier sind super Angriffspunkte für das Netz ebenso wie für den Dreizack. Deswegen tritt der Retiarius ja auch gegen den Secutor an – einen für diesen Zweck optimierten Murmillo mit kleinen Augenlöchern und mehr als doppelter Blechstärke.
Auch Retiarius gegen Secutor geht unserer Erfahrung nach statistisch gesehen meistens für den Retiarius aus. Meiner Meinung nach ist der Scissor der viel üblere Gegner; dafür spricht auch, dass es historisch die Spielvariante der Pons gibt – ein Retiarius gegen zwei Secutores, nie umgekehrt. Ausnahmen gibt es vor allem dann, wenn ein Secutor ein ungewöhnlich guter Sprinter ist und ein sehr gutes boxerisches Distanzgefühl hat. Dadurch kann er dem Netz und dem Einhaken des Dreizacks dann entgehen. Commodus war übrigens in der Regel der Secutor, einige der verlässlicheren Quellen sprechen von ihm als einem der besten Läufer seiner Zeit und attribuieren ihm eine ausgesprochene Sprinter-Physis. Meiner Meinung nach wollte er damit zeigen, dass er sich auch in der an sich schwierigsten Rolle in der Arena wohl fühlte.
Der Retiarius ist dagegen so ziemlich der einzige Gladiator, der mit seinem Arsenal eher ringerisch arbeitet – Dreizack und Netz werden primär zum Ziehen und Aufreissen der Deckung verwendet, auch wenn dann immer mit einem Stoss (Dreizack oder Dolch) beendet wird.

Beste Grüsse
Period.

period
03-08-2021, 13:26
Wer sagt das sie für Marc Aurel nicht gepasst haben ? ^^

Ich glaube, der war schlicht ein ziemlicher Theoretiker, der für andere Theoretiker geschrieben hat...

Joykey
03-08-2021, 13:36
Joykey
Wieso kommt bei dir alles vom Projekt Gutenberg?

da eine kostenlose Online-Quelle und ein gemeinnütziges Projekt

Joykey
03-08-2021, 13:52
Ich glaube, der war schlicht ein ziemlicher Theoretiker, der für andere Theoretiker geschrieben hat...

Die Stoiker waren als Pragmatiker bekannt, vor allem Marc Aurel. Wäre auch nicht anders möglich gewesen als oberster Feldherr und Staatsmanager, der mit viel Geschick und Voraussicht mit seinen Gegnern verhandelte, innen- und außenpolitisch. Hätte er das nicht erfolgreich geschafft, wäre er alsbald ermordet worden, wie viele vor und nach ihm.

period
03-08-2021, 14:13
Bei dem Schluss ist sehr viel Interpretation dabei… wie gesagt würde ich eher andersrum argumentieren – als Feldherr war er bestenfalls mässig erfolgreich, und bei Verhandlungen mit seinen Soldaten auch nicht wirklich clever. Ausserdem hatten fast alle Kaiser in der Periode ziemlich lange Regierungszeiten – Caracalla ist ebenfalls auf 19 Jahre gekommen, trotz Ermordung. Und Caracalla war (ebenso wie Caesar) bei seinen Truppen sehr beliebt, im Gegensatz zu Marc Aurel.
Und ob man als Pragmatiker oder Theoretiker bekannt wird, hängt auch zu einem guten Teil davon ab, von wem man beurteilt wird…

wi lee
03-08-2021, 14:27
...wollt mich nur mal bedanken für den interessanten Thread….bin regelmäßiger Hörer vom "Der wilde Stoiker" Podcast und genieße das Thema und auch Periods differenzierte Sichtweise...sehr aufschlussreich und auch interessant

Joykey
03-08-2021, 14:35
Caracalla ist ebenfalls auf 19 Jahre gekommen, trotz Ermordung. Und Caracalla war (ebenso wie Caesar) bei seinen Truppen sehr beliebt, im Gegensatz zu Marc Aurel.

Marc Aurel kam erst mit 40 an die Regierung und wurde nach 19 Jahren Regierungszeit schmerzlich betrauert, als er durch Krankheit starb.
Caracalla befand sich nur 6 Jahre an der Macht.

OliverT
03-08-2021, 14:44
schmerzlich betrauert, als er durch Krankheit starb
Von wem?

period
03-08-2021, 14:44
Caracalla war Mitkaiser ab 197, deswegen wird seine Regierungszeit häufig mit 19 Jahren angegeben. Alleinherrscher wurde er erst 211. Dass jemand betrauert wird, sagt erstmal nicht so viel darüber aus, von wem, und dass jemand an der Pest stirbt sagt auch nicht, dass ihn niemand loswerden wollte - ebenso wenig wie die Länge der Regierungszeit ein verlässliches Mittel dafür ist, die Beliebtheit von Herrschern zu schätzen, und schon gar nicht um festzumachen, wie gemässigt jemand unterwegs war. Ich verweise auch darauf, dass man für eine Ermordung nicht zwingend eine grosse oder auch nur besonders einflussreiche Gruppe braucht - nur eine, die hartnäckig genug ist, sich nicht allzu dumm anstellt und entsprechend Glück mitbringt. In den Worten der IRA "This time we were unlucky, but remember, we have to be lucky only once."

period
03-08-2021, 14:45
Von wem?

Da warst Du offenbar einen Ticken schneller als ich ;)

Joykey
03-08-2021, 14:55
Also wenn Du die Mitregentschaft dazurechnest, wären es bei Marc Aurel satte 33 Jahre, was Caracalla nicht einmal insgesamt an Lebensjahren erreichte.

OliverT
03-08-2021, 14:56
Dass jemand betrauert wird, sagt erstmal nicht so viel darüber aus, von wem, und dass jemand an der Pest stirbt sagt auch nicht, dass ihn niemand loswerden wollte
Eben. Die Frage ist halt auch immer was an Überlieferungen übrig bleibt. Ein Intellektueller kommt in den Schriften von anderen Intellektuellen meist besser Weg, als jemand aus anderen Kreisen. Das heißt dann aber nicht, dass der eine im restlichen Volk genauso beliebt bzw der anderen genauso unbeliebt war. Die Frage ist halt immer wer die Geschichte erzählt.

Joykey
03-08-2021, 15:01
Von wem?

Von den zeitgenößischen Römern - wüsste nicht, welcher Historiker dies stichhaltig bezweifeln würde. Die Quellenlage ist genug eindeutig.

Cam67
03-08-2021, 15:53
Ich glaube, der war schlicht ein ziemlicher Theoretiker, der für andere Theoretiker geschrieben hat...

Oh, da lese ich starke aktuelle Parallelen zur zeitnahen KKB-Geschichte . Xd

Cam67
03-08-2021, 15:55
da eine kostenlose Online-Quelle und ein gemeinnütziges Projekt

Danke für die Antwort.

Joykey
03-08-2021, 16:37
Gibt es bei beiden Gutenberg in Deutsch: Gutenberg Projekt und Gutenberg Project, bei letzterem kann man es auch herunterladen, alles kostenlos und die Werke genug alt und gemeinfrei.

Joykey
03-08-2021, 17:13
Kosmos/Gott - Berg/Transzendenz - Leben/Intuition

Marcus Aurelius Antonius, Selbstbetrachtungen.
X 36, IX 1, XII 24, VII 47, VII 55, XII 23, IX 22.

"Was ist Asien und Europa? Ein paar kleine Stückchen der Welt.
Was ist das ganze Meer? Ein Tropfen in der Welt.
Und der Athos? Eine Weltscholle.

Alles ist klein, veränderlich, verschwindend.
Aber alles kommt und geht hervor
oder folgt aus jenem allwaltenden Geiste.

Denn die Allnatur ist das Reich des Seienden.
Diese steht mit allem Vorhandenen in engster Verbindung.
Ferner wird jene auch die Wahrheit selbst genannt
und ist tatsächlich der Urquell alles Wahren.

Welch ein Glück, wenn du plötzlich über die Erde emporgerückt
von oben herab auf die Menschenwelt herniederschaust,
um den großen vielgestaltigen Wechsel in derselben wahrnehmen
und zugleich den ganzen Umkreis luftiger und ätherischer Wesen
mit einem Blicke übersehen zu können!

Betrachte den Umlauf der Gestirne, als wenn dein Leben mit ihnen umliefe.
Und erwäge beständig die wechselnden Übergänge der Grundstoffe ineinander.
Denn solche Betrachtungen reinigen dich vom Schmutz des Erdenlebens.

Sieh dich nicht nach den leitenden Grundsätzen anderer um,
sondern schaue vielmehr unverwandten Blickes auf das Ziel,
zu dem die Natur dich hinführt, jene Allnatur
in allem, was dir widerfährt,
und deine eigene durch deine Obliegenheiten.

So ist auch der ein von Gott Geführter,
der sich von Gott auf dessen Wegen
übereinstimmend mit seiner Gesinnung
zu gleichen Zielen führen lässt.

Forschend wende dich deiner eigenen Seele,
der Seele des Weltganzen und deines Nächsten zu.
Deiner eigenen Seele, um ihr Sinn für Gerechtigkeit einzuflößen,
der Seele des Weltganzen, um dich als Teil des Ganzen zu erinnern,
der Seele deines Nächsten, um zu erkennen,
ob derselbe unwissentlich oder wissentlich gehandelt habe,
und zugleich zu bedenken, dass sie der deinigen verwandt ist."

Quelle: Projekt Gutenberg

Die Stoiker entwerfen eine Ethik, die in der intuitiven Natur des Menschen liegt und im Kosmos verankert ist. Das Allnatur-Zitat von Marcus Aurelius fasst dieses Leitziel der antiken Stoiker sehr gut zusammen, nämlich die synchrone Ausrichtung auf den all-gegenwärtig handelnden kosmischen Logos (Gott), was sich in allen Teilbereichen harmonisch ausgleichend auswirkt in übereinstimmendem Einklang mit dem Logos als göttlichem Prinzip des Kosmos (Allnatur).

Die menschliche Natur wird dabei als Teil der all-umfassenden Natur untergeordnet bzw. die menschliche Vernunft als Teil der kosmischen Vernunft (Logos) betrachtet. Es geht also darum, intuitiv in Einklang mit der menschlichen & all-umfassenden Natur der Vernunft zu leben, da der Logos (Gott) sowohl in der menschlichen wie in der all-umfassenden Natur wirksam ist.

Verhaltensweisen oder Handlungen eines Lebewesens, die mit der kosmischen Vernunft (Logos) und damit mit der wahren Natur des Handelnden in Einklang sind, nennt die Stoa das Angemessene (Kathekon), was einem Wesen auf angemessene Weise als Recht und Pflicht zukommt und entspricht.

Joykey
04-08-2021, 19:31
Der Philosophenkaiser Marc Aurel empfiehlt immer wieder, eine bewusste Haltung der Wertschätzung gegenüber den profanen Dingen und Lebewesen einzunehmen durch eine erweiterte Perspektive, jeden Betrachtungsgegenstand im Kontext des Kosmos zu sehen und diesen jeweils in das schöne und intelligente "Design des Kosmos" einzugliedern. LOGOS, das Prinzip der Weltgestaltung, das den Kosmos durchdringt, wird von den Stoikern mit Gott gleichgesetzt. Logos ist im Judentum das ewige Denken des einen G-ttes, das bei der Schöpfung wirkt, und im Christentum ist Logos von Gottes Wesen und als Wort bei Gott im Anfang aller Dinge. Also klare Parallelen.

Die antiken Stoiker entwickelten eine Ethik, die in der Natur des Menschen gründet und im göttlichen LOGOS des Kosmos verankert ist. Logos (Geist Gottes) gestaltet die Hyle (stoffliche Materie) und durchdringt diese, so wie die vergeistigte Seele den materiellen Körper durchströmt und durch diesen tätig wird, dabei jedoch ihre eigene Existenz beibehält.

Der in Naturgesetzen und in geistigen Gesetzmäßigkeiten wirkende Logos (Vernunft Gottes) entspricht dem aktiv Tätigen, Materie und Leiden-schaften sind dem passiv Leidenden (hyle = Materie, Stoff) zugeordnet.

Nach den Stoikern sind die Leiden-schaften (pathê) wörtlich „Dinge, die man durchmacht“, und stehen im Gegensatz zu Handlungen oder Angelegenheiten, die man tut.

Leiden-schaft = also etwas, was Leiden (er)schafft!

Das Bestreben der Stoiker, im ursprünglich hellenistischen Sinne „apathisch“ zu sein, zielt nicht darauf ab, sich um nichts zu kümmern, sondern bedeutet lediglich, sich nicht passiv von den Leiden-schaften beherrschen zu lassen, stattdessen vielmehr selbst aktiv zu werden und positiv einzuwirken auf die eigenen Reaktionen. Es bedeutet eine unabhängige Art des autarken Selbstmanagements und Selbststeuerung. Die Stoiker bejahen gute Gefühle wie Freude, Geistesgegenwart, Freundlichkeit, Großzügigkeit und Herzenswärme.

Materie ist QUANTITATIV, Zeit/Logos ist QUALITATIV.

"Dabei durchdringt der die Materie (hyle) formende und QUALIFIZIERENDE Logos (die Vernunft) diese ganz und gar."

Quelle: (Stoa unter 2.2. Physik) bibelwissenschaft.de/stichwort/53988/


"Der Raum ist eine quantitative Dimension, die Zeit eine QUALITATIVE."

Quelle auf Youtube: (ab 1:00) Urknall, Weltall und das Leben - Harald Lesch - Die vierte Dimension: Was ist Zeit? - Kosmologie

Wie oft planen wir Tage, Wochen und Monate im Voraus. Dabei sind es oftmals Minuten oder gar Sekunden, die über unser Leben entscheiden. Das erinnert mich wiederum an die ergreifende Rede des römischen Stoikers Seneca zur ZEIT.
Youtube: Zu Glück, Schmerz, Seelenruhe von Lucius Annaeus Seneca youtu.be/DAjcjaW4LXM

Joykey
04-08-2021, 23:42
Logos (Geist Gottes) gestaltet die Hyle (stoffliche Materie) und durchdringt diese, so wie die vergeistigte Seele den materiellen Körper durchströmt und durch diesen tätig wird, dabei jedoch ihre eigene Existenz beibehält.

Der in Naturgesetzen und in geistigen Gesetzmäßigkeiten wirkende Logos (Vernunft Gottes) entspricht dem aktiv Tätigen, Materie und Leiden-schaften sind dem passiv Leidenden (hyle = Materie, Stoff) zugeordnet.

Entwickle für Dein Ziel eine klare Vision - wie ein Schiff - und behalte dies im Fokus,
indem Du Ablenkungen davon loslässt, wie bei einem Heißluftballon.
Wirf unnötigen Ballast ab, um den schwerfälligen Kahn hochzubringen, zuerst äußerlich, dann innerlich.

Je schwerer beladen das Schiff, desto langsamer bewegt es sich vorwärts.
Deshalb lasse die Leiden-schaften los, die Dich in eine materielle Schwere binden und leiden lassen,
und richte Dich innerlich und äußerlich auf Deine eigentliche intuitive Zielvision aus,
damit Deine im LOGOS verankerte Seele ihre beflügelnden Träume entfalten kann wie ein Adler
und in der Geistestätigkeit des LOGOS synchron funktioniert und auf das Ziel hinsteuert.

Es braucht zuerst das große äußere und innere Aufräumen und Abwerfen bei sich selbst (bei mir durch die Philosophie des Minimalismus und Stoizismus), um sich herauszuarbeiten aus der Lageorientiertheit in eine angstenthobene, peripher fokussierte Zielgerichtetheit, so wie ein Heißluftballon durch Abwurf der belastenden Gewichte in die Höhe steigt und sich vom Wind des kosmischen Geistes (LOGOS) tragen lässt. Nun geht es darum, Feuer in den Ball zu lassen und den Heißluftballon in die richtige Richtung zu steuern, dabei nicht von den Ängsten diktiert zu werden, sondern den Antrieb darin zu finden, sich von den eigenen intuitiven Zielvisionen beflügeln zu lassen.

Expecto Godi - Inspiration & Empathie - Entspannungsmusik - Tiefenentspannung Stressabbau - Freiheit Leichtigkeit - Heißluftballon
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discipula
05-08-2021, 06:00
Wo hätte das bloß bei den berühmten Gleichnissen von Jesus Christus geendet? :p
Bei ihm gäbe es ja auch ein bekanntes Schwertzitat. Das verkneife ich mir aber jetzt lieber. :biglaugh:

Wer das Schwert nimmt, wird durch das Schwert umkommen? - scheint mir eine ziemlich logische Sache.

Joykey
05-08-2021, 06:41
Wer das Schwert nimmt, wird durch das Schwert umkommen? - scheint mir eine ziemlich logische Sache.

Wenn man die biblische Metaphorik dahinter kennt, so wie ich, dann ist es gut verständlich, aber hat in dem Fall einen ganz anderen Sinnkontext als bei Marc Aurel.

Joykey
05-08-2021, 10:53
Das Schicksal bezieht sich bei den Stoikern auf den Kausalitätsbegriff von Ursache und Wirkung, unterteilt in vorstellungsauslösende und dadurch den Anstoß zur Handlung gebende externe Ursachen oder Wirkung hervorbringende interne Ursachen, basierend auf der Wahlfreiheit des Menschen, wie er auf die Vorstellung reagiert, ob er den Anstoß zur Handlung umsetzt oder zurückweist.

Widervernünftiges Handeln ist nicht auf die Durchsetzung des Triebes gegenüber der Vernunft (Logos) zurückzuführen, sondern beruht auf einem falschen Verstandesurteil, die dem Trieb eine falsche Richtung weist. Die Affekte gehen auf falsche Urteile zurück oder sind selbst falsche Urteile. Erst durch das kognitive Urteil, die „Zustimmung“ (Assensio), werden die Wahrnehmungen des Bewusstseins (Propatheiai = unwillkürliche Gefühlsreaktionen als Vorstadien der Affekte), zu eigentlichen Affekten. Ein Affekt (Pathos) ist nach altstoischer Auffassung „pervertierte Vernunft“, angestoßen durch den Einfluss, welche die äußeren Dinge über die Vorstellungsbilder auf den Menschen ausüben und durch den Einfluss der Meinungen „der Vielen“.

Ziel ist die Vollendung des Logos, die völlige Freiheit (Apathie, was keineswegs Gefühllosigkeit bedeutet) von den auf falschen Urteilen basierenden Affekten.

Laut den antiken Stoikern werden also erst durch das kognitive Urteil der „Zustimmung“ die Wahrnehmungen des Bewusstseins (unwillkürliche Gefühlsreaktionen als Vorstadien der Affekte) zu eigentlichen Affekten.

Das passt sehr gut zur heutigen Kognitionspsychologie, die auf dem antiken Stoizismus aufbaut. Das habe ich mehrfach gelesen und wird auch von einem Verhaltenstherapeuten bestätigt, der ganz bewusst den Stoizismus mit der heutigen Verhaltenstherapie vergleicht in seinen interessanten englischsprachigen Texten.

Joykey
06-08-2021, 14:01
Das passt sehr gut zur heutigen Kognitionspsychologie, die auf dem antiken Stoizismus aufbaut. Das habe ich mehrfach gelesen und wird auch von einem Verhaltenstherapeuten bestätigt, der ganz bewusst den Stoizismus mit der heutigen Verhaltenstherapie vergleicht in seinen interessanten englischsprachigen Texten.

z. B. in folgendem Artikel, wo er sogar Bezug nimmt auf das Schiff im Sturm und dies nun auch noch verhaltenstherapeutisch ergänzt mit der sogenannten AWARE-Methode

AWARE (Accept - Watch - Act - Repeat - Expect), also
- Akzeptiere Deine Angst als normale, harmlose, vergängliche Erstreaktion, wie bei einem wogenden Schiff im Sturm.
- Schaue Dir diese flottierenden Angstgefühle mit Abstand wertfrei von außen an, wie vorüberziehende Wolken.
- Verhalte Dich der Angst gegenüber gelassen, sanftmütig, achtsam geduldig und mutig, ohne Überbewertung.
- Wiederhole angstneutralisierend die stoizistische Gelassenheit und gewöhne Dich an die Angst, ohne Vermeidung.
- Erwarte eine realistische Verbesserung dadurch.

Quelle: medium.com/stoicism-philosophy-as-a-way-of-life/being-aware-of-anxiety-1a71b9e1924d

Weitere englischsprachige schöne Artikel zur verhaltenstherapeutischen Anwendung des Stoizismus:

medium.com/stoicism-philosophy-as-a-way-of-life/how-to-think-like-marcus-aurelius-232eea728ed4

theatlantic.com/entertainment/archive/2013/05/marcus-aureliuss-one-question-to-beat-procrastination-whining-and-struggle/276288/

Ziel ist also im Stoizismus die Vollendung des Logos, die völlige Freiheit von den auf falschen Urteilen basierenden Affekten, die angestoßen werden durch den Einfluss, welche die äußeren Dinge über die Vorstellungsbilder auf den Menschen ausüben und durch den Einfluss der Meinungen „der Vielen“.

Vera F. Birkenbihl erklärt genau das auf Youtube, inwiefern eben wirklich alles von der urteilenden Vorstellung abhängt, also auch hier eine klare Parallele zum Stoizismus:

Richtige Einstellung - Mindset für Erfolg - Neues Denken - Lernen der Zukunft - Vera F. Birkenbihl youtu.be/fxemEX44qj4

Ergänzend zur erwähnten Birkenbihl-Methodik
Birkenbihl 3-Schritte-Methode des Erfolgs 1. - Thema suchen - Plan fassen - Zieldefinition. auf Youtube:
- Ziele erreichen - Grenzen durchbrechen - Die beste Methode - Vera F. Birkenbihl youtu.be/i0buVqFRY_I
- Ziele erreichen - Einstellung verändern - Richtig denken lernen - Vera F. Birkenbihl youtu.be/LjX7JxIsA0M

Eine Parallele zwischen wissenschaftlicher Kognitionspsychologie und (römischem) Stoizismus ("den römischen Fluss Rubikon überschreitend" als Redewendung für eine entscheidende Zielhandlung) findet sich im Erweiterten Rubikon-Modell ZRM der Uni Zürich mit den 5 Phasen bis zur Handlung.

ZRM-Online-Tool - Uni Zürich (kostenlos) zrm.ch/zrm-online-tool-deutsch

Rubikon-Video auf Youtube: majastorch - ZRM-Training youtu.be/ideJm4BsskA

Joykey
06-08-2021, 20:28
Marcus Aurelius Antonius (seine Selbstbetrachtungen werden im englischsprachigen Raum heutzutage Meditationen genannt) findet unter anderem großen Anklang in der Kampfkunst-Szene in den USA, zusammen mit Sun Tzu (der chinesische Meister der Strategie und der Kriegführung) und Miyamoto Musashi (Das Buch der fünf Ringe - Klassische Strategien aus dem alten Japan).

Auch früher schon wurde Marcus Aurelius Antonius (im deutschsprachigen Raum oft kurz Marc/Mark Aurel genannt) vor allem von Adligen und Militärangehörigen zum Vorbild genommen, während die Kirchen und Franziskanerklöster im Sinne des einfachen Lebens eher Epiktet favorisierten. Auch ich ordne Epiktet eher dem Minimalismus zu (Reduktion von Besitz & Reizüberflutung), während Marc Aurel Zitat für Zitat zu meiner eigenen optimierten Handlungsanleitung passt, was derzeit für mich im Vordergrund steht.

Interessant übrigens, wie der erste römische Kaiser Augustus als Pontifex maximus (höchster Priester) auftrat, weil die römische Bevölkerung unzufrieden war mit der aufkommenden Unmoral. Das erklärt wohl auch den eigenen stoisch-moralischen Anspruch des späteren Philosophenkaisers Marcus Aurelius Antonius.

Ich habe in der Schriftenreihe der Eidgenössischen Militärbibliothek (EMB) und des Historischen Dienstes eine Quelle gefunden, welche aufzeigt, dass der Einfluss des griechisch-römischen Stoizismus auf die militärischen Zielgruppen von vornherein angestrebt und verquickt wurde durch eine stoische Militärmetaphorik, um die verwilderten Heere zu disziplinieren und ethisch zu schulen, da diese vorher völlig unkontrolliert herumzogen und die Zivilbevölkerung des römischen Reichs ausbeuteten, vergewaltigten und ermordeten.

Damit kann "der Stoizismus als (weitreichende) Konstitutionsbedingung der Neuzeit anerkannt werden" (Günter Abel).
Und: "Senecas Adressaten sind nicht Fachphilosophen, sondern in Militär und Politik avancierte Männer von Stand."
Außerdem: "Denn was für die Philosophie des Seneca gilt, gilt ebenso für die Philosophie des Justus Lipsius (1547 - 1606), des Hauptvertreters neustoischer Philosophie. Lipsius war [...] Verfasser einiger militärhistorischer und militärtheoretischer Schriften, die für die Entwicklung des niederländischen und später des preussischen Heerwesens richtungweisend wurden."

Quelle: S. 6, 7, 19, 20, 24 Andreas Urs Sommer, Zur militärischen Metaphorik im Stoizismus, Nr. 2 aus: Schriftenreihe der Eidgenössischen Militärbibliothek (EMB) und des Historischen Dienstes, Bern, Oktober 2002.

Joykey
07-08-2021, 02:26
...wollt mich nur mal bedanken für den interessanten Thread….bin regelmäßiger Hörer vom "Der wilde Stoiker" Podcast und genieße das Thema

Freut mich, wenn der Thread als Einstieg in die stoizistische Philosophie neue Perspektiven eröffnet. Für mich ist der Stoizismus sehr bereichernd und befreiend. Damit belasse ich es vorläufig, denn es geht um eine qualitative Betrachtung. :halbyeaha

OliverT
07-08-2021, 15:17
Ich habe in der Schriftenreihe der Eidgenössischen Militärbibliothek (EMB) und des Historischen Dienstes eine Quelle gefunden, welche aufzeigt, dass der Einfluss des griechisch-römischen Stoizismus auf die militärischen Zielgruppen von vornherein angestrebt und verquickt wurde durch eine stoische Militärmetaphorik, um die verwilderten Heere zu disziplinieren und ethisch zu schulen,
Um Soldaten zu disziplinieren braucht man keine besondere philosiophische Ausbildung. Dieses Bild von den edelen, philosophisch gebildeten Kriegern findet man eigentlich nur bei Leuten die mit dem Kämpfen direkt nicht viel oder gar nichts zu tun haben. Und disziplinierte Heere gab und gibt es auch ohne eine aufs Militär zugeschnittene Philosophie. Wobei sie natürlich unterstützen kann. Das ist aber noch mal ein anderes Thema.
Ich würde auch bezweifeln, dass der Stoizimus entwickelt wurde und dann dem Militär übergestülpt wurde. Eher umgekehrt. Ja auch heute findet man bei vielen Soldaten, Kämpfern, Kriegern einen Hang zum Stoizismus. Das liegt daran, dass der Stoizismus ganz gut zum Leben eine Kämpfers passt. Bzw du den Bewältigungsstrategien. Ich würde also behaupten, dass bei den meisten Kämpfern, die sich mit den Stoikern beschäftigen und sich dementsprechen verhalten, ihr Verhalten nicht durch den Stoizimus geprägt wurde, sondern dass sie sich die Stoiker ausgesucht haben, weil sie zu ihrem Weltbild passen. Einige Richtline oder Grundsätze des Stoizismus können sich einfach bei einer bestimmten Lebensweise ergeben.
Von daher würde ich behaupten dass die Prägung hauptsächlich vom Militär Richtung Stoizismus ausging und nicht umgekehrt.

Joykey
07-08-2021, 16:30
Von daher würde ich behaupten dass die Prägung hauptsächlich vom Militär Richtung Stoizismus ausging und nicht umgekehrt.

Beides. Im frühen Stoizismus in Griechenland spielt die Militärmetaphorik eine noch unbedeutende, untergeordnete Rolle. Der vernünftige Stoizismus kam den pragmatischen Römern mit ihrem rational organisierten Behördenapparat (Rechtswesen, Politik, Militär) im ganzen römischen Reich sehr entgegen.

OliverT
07-08-2021, 17:05
Beides.Kam vielleicht nicht richtig rüber. Ich bestreite nicht, dass Stoizimus Militär und Co beeinflusst hat. Ich würde nur behaupten, dass das Militärwesen und Kriegertum den Stoizismus stärker beeinflusst haben als anderes rum. Vielleicht ging der Stoizismus sogar davon aus.


Im frühen Stoizismus in Griechenland spielt die Militärmetaphorik eine noch unbedeutende, untergeordnete Rolle.Was nicht viel aussagt. Das Kriegertum war in früheren Zeiten noch viel ausgeprägter. Krieg und Gewalt waren die Norm. Die Bevölkerung musste mit Dingen umgehen und sie verarbeiten, mit denen in unserer Gesellschaft nur noch ein kleiner Teil Kontakt hat.
Wir haben heutzutage nur kleine Einblicke in die damalige Zeit. Was wen wie beeinflusst hat, ist schwer zu beurteilen, da man meistens nur die Werke des Autor oder die von Anhängern und Widersachern hat. Was aber keine guten Quellen sind um die Entstehung wirklich objektiv zu beurteilen. Du weißt nicht mit wem Seneca alles geredet hat um zu seinen Erkenntnissen zu kommen. Platon war ein Schüler des Sokrates. Aber mit wem hat er noch geredet? Und mit wem hat Sokrates alles geredet? Welche Erkenntnisse von Senca oder Mark Aurel gehen darauf zurück, dass sie mit Soldaten, Handwerkern, Bauern geredet haben. Falls sie mit ihnen geredet haben. Vielleicht ging es auch als Zwischenschritt über die Offziere.
Was wurde aus Ritualen, Verhaltensweise und Einstellungen aus früheren Zeiten übernommen. Der Stoizismus ist ja nicht aus dem Nichts entstanden. Es ist schwer zu sagen wer damals wen wie beeinflusst hat. Wer wie zu welcher Erkenntnis gekommen ist.
Man kann sich aber die heutige Zeit angucken. Wie kommen Soldaten und Kämpfer zum Stoizismus. Und da ist meiner Erfahrung nach die Richtung so, dass sie erst ein gewisses Weltbild entwickeln, geprägt durch das Leben was zu führen. Und dieses Weltbild hat Überschneidungen mit dem Stoizismus und dann fangen sie an sich damit näher zu beschäftigen. Weil es ein Theoriegebilde ist, was ihr praktisches Weltbild erklärt und zusammenfasst und welches dann durch die Beschäftigung mit dem Stoizismus weiter ausgeprägt wird.


Der vernünftige Stoizismus kam den pragmatischen Römern mit ihrem rational organisierten Behördenapparat (Rechtswesen, Politik, Militär) im ganzen römischen Reich sehr entgegen.Damit sagst du ja das gleiche wie ich. Der Stoizismus wurde vom Behördenapparat übernommen, weil er passte und nicht, dass der Behördenapparat sich gebildet hat, weil dier Stoizimus da war.

Joykey
07-08-2021, 17:43
Damit sagst du ja das gleiche wie ich. Der Stoizismus wurde vom Behördenapparat übernommen, weil er passte und nicht, dass der Behördenapparat sich gebildet hat, weil dier Stoizimus da war.

Ja, im Prinzip schon, der Stoizismus war eigentlich eine Art modernisierende, breite demokratische Bewegung, welche Hierarchien abflachte und den Sklaven und Armen mehr Rechte verlieh. Die gesunde Vernunft hielt Einzug, die Götter wurden zur metaphorischen Vielfalt eines einzigen Gottes (Logos). Logik & Forschung führten zu den heutigen geistes- und naturwissenschaftlichen Standards. Die heutige kognitive Psychologie basiert auf dem Stoizismus. Die Philosophen waren die damaligen Wissenschaftler und Pioniere des neuzeitlichen Denkens. Gerade das rational gut durchorganisierte römische Militär befand sich auf dem Höchststand der damaligen technischen Möglichkeiten.

OliverT
07-08-2021, 20:49
Sklaven und Armen mehr Rechte verlieh. Die gesunde Vernunft hielt Einzug, die Götter wurden zur metaphorischen Vielfalt eines einzigen Gottes (Logos). Logik & Forschung führten zu den heutigen geistes- und naturwissenschaftlichen Standards. Die heutige kognitive Psychologie basiert auf dem Stoizismus. Die Philosophen waren die damaligen Wissenschaftler und Pioniere des neuzeitlichen Denkens. Gerade das rational gut durchorganisierte römische Militär befand sich auf dem Höchststand der damaligen technischen Möglichkeiten.
Verstehe ich dich richtig, dass deiner Meinung nach der Stoizismus für das alles verantwortlich ist?

Joykey
07-08-2021, 21:15
Verstehe ich dich richtig, dass deiner Meinung nach der Stoizismus für das alles verantwortlich ist?

Die Stoiker bezogen sich trotz eigener Lehre auch auf andere Philosophen, aber in Rom und später im römischen Reich etablierte sich vor allem der Stoizismus in der breiten Bevölkerung, wurde während der Christianisierung integriert und dadurch auch außerhalb des römischen Reichs verbreitet und verankert, wodurch es für das niederländische und preußische Heerwesen wegweisend wurde. Die typisch "deutschen" Qualitäten wie Pünktlichkeit, Gewissenhaftigkeit und Genauigkeit kommen eigentlich aus dem römischen Stoizismus.

OliverT
07-08-2021, 22:04
Die Stoiker bezogen sich trotz eigener Lehre auch auf andere Philosophen, aber in Rom und später im römischen Reich etablierte sich vor allem der Stoizismus in der breiten Bevölkerung, wurde während der Christianisierung integriert und dadurch auch außerhalb des römischen Reichs verbreitet und verankert, wodurch es für das niederländische und preußische Heerwesen wegweisend wurde. Das beantwortet nicht so wirklich meine Frage ob der Stoizismus deiner Meinung nach für die Entwicklung der römischen und später europäisch bzw westlichen Kultur verantwortlich ist.


Die typisch "deutschen" Qualitäten wie Pünktlichkeit, Gewissenhaftigkeit und Genauigkeit kommen eigentlich aus dem römischen Stoizismus.Ich bezweifel, dass die Tugenden ein Alleinstellungsmerkmal des Stoizismus sind.

Joykey
07-08-2021, 23:28
Es geht nicht um Meinungen, sondern um die historischen Fakten, welche Historiker dazu vorfinden. Ich kann nur mitteilen, was ich in der entsprechenden Fachliteratur dazu gelesen habe.

Joykey
10-08-2021, 10:36
Das passt sehr gut zur heutigen Kognitionspsychologie, die auf dem antiken Stoizismus aufbaut. Das habe ich mehrfach gelesen und wird auch von einem Verhaltenstherapeuten bestätigt, der ganz bewusst den Stoizismus mit der heutigen Verhaltenstherapie vergleicht in seinen interessanten englischsprachigen Texten.

Tendenziell gibt es in der neueren Philosophie Bemühungen, den antiken Stoizismus in eine reine Coaching-Lebensphilosophie umzugestalten und den spirituellen sowie ethisch-moralischen Hintergrund (LOGOS = Gott) komplett fallen zu lassen, wobei dies natürlich von den Wurzeln her trotzdem eine Option bleiben kann. Diese optionale Offenheit und Anschlussfähigkeit in alle Richtungen bot der antike und vor allem der römische Stoizismus aber schon immer an.

Gast
10-08-2021, 10:46
Es geht nicht um Meinungen, sondern um die historischen Fakten, welche Historiker dazu vorfinden. Ich kann nur mitteilen, was ich in der entsprechenden Fachliteratur dazu gelesen habe.

"Meinungen" sind natürlich subjektiv, aber die Interpretation historischer Quellen ist doch etwas, was man in der Schule lernt.
Man bekommt da meiner Erinnerung nach keine guten Noten, wenn man nur abschreibt was Historiker irgendwo vorfinden.

Joykey
10-08-2021, 11:13
"Meinungen" sind natürlich subjektiv, aber die Interpretation historischer Quellen ist doch etwas, was man in der Schule lernt.
Man bekommt da meiner Erinnerung nach keine guten Noten, wenn man nur abschreibt was Historiker irgendwo vorfinden.

Das habe ich auch schon gemacht in der Diskussion mit Fachphilosophen und Historikern, das geht nur beschränkt. Es bestehen diesbezüglich wissenschaftliche Standards wie in den Naturwissenschaften, also Faktentreue.

Gast
10-08-2021, 13:44
Das habe ich auch schon gemacht in der Diskussion mit Fachphilosophen und Historikern, das geht nur beschränkt. Es bestehen diesbezüglich wissenschaftliche Standards wie in den Naturwissenschaften, also Faktentreue.

Zur Quellenauswertung gehört immer auch ein Interpretationsspielraum, und da kann es schon um Meinungen gehen.
Das wäre ja ziemlich seltsam, wenn es in der Fachwelt keine unterschiedlichen Meinungen gäbe.

Joykey
10-08-2021, 14:24
Zur Quellenauswertung gehört immer auch ein Interpretationsspielraum, und da kann es schon um Meinungen gehen.
Das wäre ja ziemlich seltsam, wenn es in der Fachwelt keine unterschiedlichen Meinungen gäbe.

Diese Fachinterpretation der Quellenauswertung ist es ja, was ich in den meisten Fällen zitiert habe, wenn es nicht Übersetzung der Primärliteratur war. Habe bisher keine nennenswerten Widersprüche unter den Fachleuten gefunden, was die Fakten angeht.

Natürlich habe ich eine persönliche Sichtweise zum Stoizismus, wie ich diesen für mich sinnvoll anwende und was er mir persönlich bringt, was ich hier im Thread auch beschrieb.

OliverT
10-08-2021, 20:06
ethisch-moralischen Hintergrund (LOGOS = Gott) Meinst du hier Gott im Sinne von göttliches Wesen oder Gott im Sinne von christlicher Gott?

Joykey
10-08-2021, 21:11
LOGOS, das Prinzip der Weltgestaltung, das den Kosmos durchdringt, wird von den Stoikern mit Gott gleichgesetzt. Logos ist im Judentum das ewige Denken des einen G-ttes, das bei der Schöpfung wirkt, und im Christentum ist Logos von Gottes Wesen und als Wort bei Gott im Anfang aller Dinge. Also klare Parallelen. Deshalb wurde der Stoizismus positiv aufgenommen vom Judentum und Christentum, ebenso vom Islam und den Buddhisten, aber auch von Agnostikern und Atheisten.

Die Götter werden metaphorisch als Ausdrucksformen des kosmischen Allnatur-Gottes LOGOS gesehen, so ähnlich wie die Dreifaltigkeitslehre im Christentum.

Marc Aurel beschreibt das sehr eindrücklich im Allnatur-Zitat:


Kosmos/Gott - Berg/Transzendenz - Leben/Intuition

Marcus Aurelius Antonius, Selbstbetrachtungen.
X 36, IX 1, XII 24, VII 47, VII 55, XII 23, IX 22.

"Was ist Asien und Europa? Ein paar kleine Stückchen der Welt.
Was ist das ganze Meer? Ein Tropfen in der Welt.
Und der Athos? Eine Weltscholle.

Alles ist klein, veränderlich, verschwindend.
Aber alles kommt und geht hervor
oder folgt aus jenem allwaltenden Geiste.

Denn die Allnatur ist das Reich des Seienden.
Diese steht mit allem Vorhandenen in engster Verbindung.
Ferner wird jene auch die Wahrheit selbst genannt
und ist tatsächlich der Urquell alles Wahren.

Welch ein Glück, wenn du plötzlich über die Erde emporgerückt
von oben herab auf die Menschenwelt herniederschaust,
um den großen vielgestaltigen Wechsel in derselben wahrnehmen
und zugleich den ganzen Umkreis luftiger und ätherischer Wesen
mit einem Blicke übersehen zu können!

Betrachte den Umlauf der Gestirne, als wenn dein Leben mit ihnen umliefe.
Und erwäge beständig die wechselnden Übergänge der Grundstoffe ineinander.
Denn solche Betrachtungen reinigen dich vom Schmutz des Erdenlebens.

Sieh dich nicht nach den leitenden Grundsätzen anderer um,
sondern schaue vielmehr unverwandten Blickes auf das Ziel,
zu dem die Natur dich hinführt, jene Allnatur
in allem, was dir widerfährt,
und deine eigene durch deine Obliegenheiten.

So ist auch der ein von Gott Geführter,
der sich von Gott auf dessen Wegen
übereinstimmend mit seiner Gesinnung
zu gleichen Zielen führen lässt.

Forschend wende dich deiner eigenen Seele,
der Seele des Weltganzen und deines Nächsten zu.
Deiner eigenen Seele, um ihr Sinn für Gerechtigkeit einzuflößen,
der Seele des Weltganzen, um dich als Teil des Ganzen zu erinnern,
der Seele deines Nächsten, um zu erkennen,
ob derselbe unwissentlich oder wissentlich gehandelt habe,
und zugleich zu bedenken, dass sie der deinigen verwandt ist."

Quelle: Projekt Gutenberg

Die Stoiker entwerfen eine Ethik, die in der intuitiven Natur des Menschen liegt und im Kosmos verankert ist. Das Allnatur-Zitat von Marcus Aurelius fasst dieses Leitziel der antiken Stoiker sehr gut zusammen, nämlich die synchrone Ausrichtung auf den all-gegenwärtig handelnden kosmischen Logos (Gott), was sich in allen Teilbereichen harmonisch ausgleichend auswirkt in übereinstimmendem Einklang mit dem Logos als göttlichem Prinzip des Kosmos (Allnatur).

Die menschliche Natur wird dabei als Teil der all-umfassenden Natur untergeordnet bzw. die menschliche Vernunft als Teil der kosmischen Vernunft (Logos) betrachtet. Es geht also darum, intuitiv in Einklang mit der menschlichen & all-umfassenden Natur der Vernunft zu leben, da der Logos (Gott) sowohl in der menschlichen wie in der all-umfassenden Natur wirksam ist.

Verhaltensweisen oder Handlungen eines Lebewesens, die mit der kosmischen Vernunft (Logos) und damit mit der wahren Natur des Handelnden in Einklang sind, nennt die Stoa das Angemessene (Kathekon), was einem Wesen auf angemessene Weise als Recht und Pflicht zukommt und entspricht.

Joykey
13-08-2021, 18:21
Hier zwei gute wissenschaftliche Links:

- der deutschsprachige Bibelwissenschaftsartikel "Stoa"
https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/53988/

- siehe dort auch den Artikel zu "Logos":
https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/51968/

ThomasL
18-08-2021, 11:37
Weil ich gerade darüber gestolpert bin und es thematisch passen könnte: https://theprepared.com/blog/cultivating-a-survival-mindset-the-stockdale-paradox-stoicism-and-the-importance-of-partying-on/?utm_source=fbtp&utm_medium=social&utm_campaign=blog&fbclid=IwAR2B1XMkRVOQVUAFKea_eYdbM804YJyD6mrfhr71k XtK_CkjuzI0CrNked4

Gast
31-08-2021, 13:14
Angeregt durch den Thread lese ich gerade in "De Constantia" ("Von der Standhaftigkeit") von Justus Lipsius.
(https://www.amazon.de/Constantia-Von-Standhaftigkeit-Excerpta-classica/dp/3871620467/ref=sr_1_1?__mk_de_DE=ÅMÅŽÕÑ&crid=B5LZQ929QM7R&dchild=1&keywords=justus+lipsius&qid=1630411760&s=books&sprefix=justus+lip%2Caps%2C171&sr=1-1)

Hmm, ganz nett aber haut mich nicht vom Hocker. Stoa ist schon ne feine Sache, denke aber immer noch, das mit Epiktet alles Wesentliche gesagt ist. Die Lehre vom Kosmos, Affektenlehre etc. ist da zwar nicht groß behandelt, aber die fand ich schon bei Mark Aurel eher diffus.
Insgesamt vermisse ich längere Quellentexte der Stoa, so dass mir da vieles zu fragmentarisch ist.

Joykey
05-09-2021, 11:16
Ich fand einen interessanten englischsprachigen Artikel zum Stoizismus in der Stanford Encyclopedia of Philosophy https://plato.stanford.edu/entries/stoicism/

Im dort ebenfalls zu lesenden Artikel "Marcus Aurelius" wiederholt sich vieles aus dem Stoizismus-Artikel der Stanford Encyclopedia of Philosophy, aber um den Kosmos-Aspekt erweitert:
https://plato.stanford.edu/entries/marcus-aurelius/

Inhaltlich vergleichbar ist dazu der deutschsprachige Bibelwissenschaftsartikel "Stoa"
https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/53988/

siehe dort auch den Artikel zu "Logos":
https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/51968/

In diesen wissenschaftlichen Zusammenfassungen gibt es weiterführende Quellenangaben.

Interessant sind übrigens auch die metaphorischen Parallelen zwischen dem Stoizismus der Antike und den Religionen, gerade wenn es um die Transformation der Affekte (Sinnbild Reptil) und die Transzendenz im Logos geht (Sinnbild Vogel).

https://awakentheworld.com/de/film/samadhi-parte-1-maya-la-ilusion-del-ser/

https://awakentheworld.com/de/film/inner-worlds-outer-worlds-teil-3-die-schlange-und-der-lotus/

Joykey
05-09-2021, 15:54
Interessant sind übrigens auch die metaphorischen Parallelen zwischen dem Stoizismus der Antike und den Religionen, gerade wenn es um die Transformation der Affekte (Sinnbild Reptil) und die Transzendenz im Logos geht (Sinnbild Vogel).

Es ist vergleichbar mit dem Atmen und Singen, wo der Affekt der kräftigen Bauchstimme sich vom Zwerchfell her bis zu den Stimmbändern transformiert (Reptil) und dort zu einer melodiösen Stimme in den weiten Schallraum transzendiert (Vogel).

Youtube: Singtipsbyemu - SO singst du IMMER aus dem Bauch - Einfach Singen lernen

https://youtu.be/9JT1PDh5CmA

Arkil
05-09-2021, 16:26
Jetzt wird die Sache hier ein richtiges Tohuwabohu (richtig geschrieben ?) :-).
Dass man in Kampfsport Stoizismus hineininterpretiert ist meiner meinung nach mit etwas Mühe noch nachvollziehbar.Aber jetzt vom Stoizismus aufs Singen lernen zu kommen ?
Vieleicht einfach ein bischen weniger denken und mehr trainieren. :-)

Joykey
05-09-2021, 17:54
Was ein VERGLEICH ist, wurde hier im Thread bereits ausgiebig erklärt.

OliverT
05-09-2021, 21:42
Könntest du den Vergleich bitte nochmal näher erläutern? Verstehe den nicht.

Joykey
05-09-2021, 22:22
Der Sinn meines Vergleichs korreliert mit der Reptil-Vogel-Metaphorik der Religionen, wie es in den beiden verlinkten Videos beschrieben wird.

Kunoichi Girl
05-09-2021, 22:34
https://youtu.be/gZvgB4Bv6EY

Joykey
06-09-2021, 00:38
Zu:
SRF Kultur - Lernen von Stoikern - Sternstunde Philosophie
Barbara Bleisch fragt nach bei der Stoa-Spezialistin Anna Schriefl und dem Philosophen Richard David Precht
https://youtu.be/gZvgB4Bv6EY

Anna Schriefl bringt den antiken Stoizismus quellentreu sachlich rüber, während Prechts äußerst subjektive Sichtweise den wissenschaftlich-historischen Dokumenten, die ich gelesen habe, widerspricht, gerade was Marc Aurel und Seneca betreffen. Mich schaudert seine plumpe Zusammenfassung des 2. Weltkriegs ohne jegliche Andeutung der Shoa. Dafür unterstellt er Marc Aurel eine aktive Christenverfolgung, was die historische Wissenschaft verneint. Marc Aurel bat sogar die Christen in seinem Heer, für den Sieg zu beten zu ihrem Gott.

Arkil
06-09-2021, 14:51
@Joykey
Jetzt muss ich mal mit Dir schimpfen :-).Du stellst hier ziemlich steile Thesen auf (Singen lernen als Vergleich zum Stoizismus).Ich glaube,ich bin hier nicht der einzige,der das alles nicht so richtig versteht.Und wenn dann irgend jemand noch einmal nachfragt,was denn genau gemeint ist,sagst Du nur "Steht doch alles da".Wäre nett,wenn Du so doofen Menschen wie mir erläutern würdest,was Du meinst,und wo da die Zusammenhänge sind.
Wenn ich mich richtig erinnere,hattest Du auch in dem anderen Thread nie die Frage beantwortet inwiefern Du mit den Konzepten vonn innerer und äusserer Kampfkunst vertraut bist.Falls ich mich hier irren sollte,entschuldige ich mich natürlich.

Ein KungFu-Bruder von mir hat mir auch erzählt,dass die Philosophie im im KungFu ja so toll ist.Als ich dann gefragt habe welche er meint,hat er mich nur mit grossen Augen angesehen.Natürlich kann ich immer und in alles etwas hineininterpretieren.Ob diese Interpretation dann richtig ist,ist wieder eine andere Frage.

Und natürlich kann ich den 2ten Weltkrieg betrachten,ohne auf die Judenvernichtung zu sprechen zu kommen.Es kommt halt immer auf die Perspektive an.

Ich denke,dass es auch in der Historiker geben wird,die sagen dass Aurel an der Christenverfolgung beteiligt war.Letztendlich ist alles nur Theorie.Ich kenne niemanden der mit Aurel über diese Frage diskutiert hat,und ich glaube auch nicht,dass ich jemals so einen Menschen kennenlernen werde ;-)

Joykey
06-09-2021, 17:28
@Arkil
Es gibt nun mal wissenschaftliche Standards wie Objektivität und quellenbezogene Faktentreue. Precht bewegt sich mit seiner "Populärwissenschaft" außerhalb der seriösen Wissenschaft. Sein Geschwafel diente nur als abgelatschter Aufhänger, weil die eigentliche Expertin nicht großartig bekannt ist. Er hat diese Rolle drollig bedient und weitere Fans verloren, wie die Kommentare zeigen.

Also wenn Dir häufiger ein Kopfschütteln als Reaktion entgegengebracht wird, könnte es tatsächlich ein Anstoß sein, an der eigenen Verständnisproblematik mental zu arbeiten.

Cam67
06-09-2021, 17:56
@Arkil
Es gibt nun mal wissenschaftliche Standards wie Objektivität und quellenbezogene Faktentreue. Precht bewegt sich mit seiner "Populärwissenschaft" außerhalb der seriösen Wissenschaft. Sein Geschwafel diente nur als abgelatschter Aufhänger, weil die eigentliche Expertin nicht großartig bekannt ist. Er hat diese Rolle drollig bedient und weitere Fans verloren, wie die Kommentare zeigen.

Also wenn Dir häufiger ein Kopfschütteln als Reaktion entgegengebracht wird, könnte es tatsächlich ein Anstoß sein, an der eigenen Verständnisproblematik mental zu arbeiten.

An welcher Stelle lese ich hier nun eine Erläuterung raus,nach der Arkill gefragt hat .
Das Einzige auf was du ständig verweist ist Objektivität und Fakten ,sowie die Treue dazu, aber eine Frage direkt beantworten ,tust du nicht.
Und Verweise sind keine Antworten. Ich seh immer nur das Umschiffen anstatt zu antworten

Und bitte erzähl nicht wieder da wäre was HINREICHEND erklärt worden ohne je zu erklären , zu welchem Bezug da was hingereicht hätte , oder welche Stelle die Erklärung konkret gewesen sein soll. ..... So auch zu meiner Frage , wo denn die KONKRETEN Fakten zu deiner These wären , vom Bezug zu innerer KK und und Stoismus , ganz konkret . Nicht als Interpretation.

Kunoichi Girl
06-09-2021, 18:24
Habe noch nicht den ganzen thread geprüft.

Hatten wir das schon:


https://karate-hassmersheim.hpage.com/was-hat-karate-mit-griechenland-zu-tun.html


https://www.podcast.de/episode/500724627/Stoizismus+und+New+York/



?

Joykey
06-09-2021, 20:14
@Kunoichi Girl
Danke für Deine Links. Die Frage nach dem Zusammenhang zwischen KK und Stoizismus hat einen eigenen Thread, wo ich auch entsprechendes Quellenmaterial angab:
https://www.kampfkunst-board.info/forum/showthread.php?112594-fehlende-Tradition-in-antiken-europäischen-KK

Joykey
07-09-2021, 11:11
Religionspolitik und Christenverfolgungen in der Regierungszeit Mark Aurels
"Eine kritische Auswertung der Überlieferung zu den Verfolgungsaktivitäten gegen Christen in der Regierungszeit Mark Aurels spricht gegen die in der kirchlichen Tradition angelegte Vorstellung einer besonderen Verfolgungspraxis dieses Kaisers. Insbesondere fehlt es an neuartigen Anordnungen Mark Aurels diesbezüglich. Ob es in seinem Prinzipat zu einer höheren Anzahl christlicher Märtyrer gekommen ist als unter seinen Vorgängern oder Nachfolgern, ist laut Joachim Molthagen wegen fehlender verlässlicher Angaben schwer abzuschätzen. In den Jahren 165–168 – vermutlich im Zusammenhang mit der Pestepidemie – waren Christen zunächst in dem durch die Partherkriege in Mitleidenschaft gezogenen Ostteil des Römischen Reiches Opfer örtlichen Volkszorns, nicht jedoch einer staatlich gelenkten Initiative. Mark Aurel hielt gegenüber den Christen an der Linie fest, die seit Trajan galt: Sie sollten nicht behördlich belangt werden, solange sie auf öffentliche Bekenntnisse zu ihrem Glauben verzichteten."
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Mark_Aurel

Hauptgrund: Es sollte zu keinen Unruhen kommen. Aktives Missionieren war nicht erlaubt.

Youtube-Video aus "Antike: Wissen - Fakten - Hörbücher" - Die Adoptivkaiser Teil 3: Antoninus Pius und Mark Aurel (Quelle: Cassius Dio, geboren um 163 in Nikaia in Bithynien; gestorben um 235) ab 4:38 über Marc Aurel und speziell zu den Christen ab 27:10
https://youtu.be/E6ZqWp-LWwQ

Arkil
07-09-2021, 14:35
Und ich habe das hier gefunden ;-) :

http://www.bunse-latein.de/Latein-Homepage/autoren/plinius/christenverfolgungen.htm#Marc_Aurel

Die Angriffe Marc Aurels auf die Christen waren ungeheuer gewalttätig

Joykey
07-09-2021, 16:22
Und ich habe das hier gefunden ;-) :

http://www.bunse-latein.de/Latein-Homepage/autoren/plinius/christenverfolgungen.htm#Marc_Aurel

Die Angriffe Marc Aurels auf die Christen waren ungeheuer gewalttätig

Mit einem 9.Klasse-Schüleraufsatz kann ich wahrlich nicht mithalten. Aber für Dich scheint es das Passende zu sein, ohne wissenschaftliche Quellenbelege, ist doch überflüssig und eine Zumutung und grenzt an eine skandalöse Schikane. ;)

Arkil
07-09-2021, 20:57
Naja,Wikipedia ist ja auch nicht immer wirklich wissenschaftlich.Da hat es doch immer wieder mal Fälle von Fake News gegeben.Und Youtube ist ja noch schlimmer.Ich habe da schon Videos gesehen,welche beweisen,das die Erde flach ist ;-)

Joykey
08-09-2021, 04:04
Dein verlinkter Schüleraufsatz schafft es nicht einmal, die eigene Quelle richtig zu zitieren, denn diese basiert auf der Kirchengeschichte des Eusebius, deren erste vollständige deutschsprachige Übersetzung im Jahr 1839 in der wissenschaftlichen Fußnote auf Seite 121 bereits darauf hinweist, inwiefern die von Eusebius erwähnte hervorgehobene Textquelle des Melito von Sardes aufzeige, wie regional bedrängte Christen durch ihre Berufung auf Kaiser Marc Aurel eine Freilassung zu erwirken hofften, weil dies eine reelle Chance war.

Arkil
08-09-2021, 14:34
Ist ja möglich,dass ich jetzt etwas missverstehe,aber ist jetzt doch eine Quelle (Eusebius) aufgetaucht,welche besagt dass Aurel aktiv an der Christenverfolgung beteiligt war? Hört sich jetzt für mich persönlich so an.

Joykey
09-09-2021, 01:03
Ist ja möglich,dass ich jetzt etwas missverstehe,

Ja.


aber ist jetzt doch eine Quelle (Eusebius) aufgetaucht,

Die war immer da, habe sogar die Seite angegeben, damit Du es findest.


welche besagt dass Aurel aktiv an der Christenverfolgung beteiligt war?

Nein.

Joykey
15-09-2021, 17:45
Der Stoizismus ist wirklich eine gute Basis der Vernunft ohne Widersprüche zur Lebenswirklichkeit, d. h. im Stoizismus steht die geistige Ebene nicht im Widerspruch zum Irdischen, sondern bildet eine natürliche Einheit. Es wird nichts ausgeblendet oder dogmatisch verneint. Mit der stoizistischen Lupe kann ich auch andere Lehren betrachten und deren widersprüchliche Aussagen im stoizistischen Erklärungsmodell auflösen und bereinigen. Auf diese Weise kann ich die dortigen ungeschliffenen Edelsteine als Gewinn bergen, die mir sonst nicht zugänglich wären, weil die Widersprüche zur Vernunft oder Realität Widerstand in mir erzeugen würden. Ich beachte dabei auch den Umstand, dass der Mensch dazu neigt, intuitive Eingebungen subjektiv durch Urteile zu verfälschen. Gerade dort setzt der Stoizismus bereinigend an.

Joykey
16-09-2021, 23:15
Derzeit habe ich das Design hier dunkel eingestellt, um meine leicht gereizten Augen zu schonen. Außerdem passt das dunkle Design gerade ideal zu meiner inneren Einkehr, wozu ich jetzt gar nicht groß schreiben möchte. Es ist ein geschützter Inkubationsraum des Verarbeitens und sich neu Aus- und Aufrichtens zum Universum (Gott - Logos), um den stressigen Alltag leichter anzunehmen. Das gelingt dadurch überraschend gut.

Ich bin dabei, die Erkenntnisse des Stoizismus zu vertiefen, dies im Vergleich zu ähnlichen Lehren, denn es ist oft so, dass gemeinsame Nenner, aber auch Unterschiede die stoizistische Sichtweise noch verständlicher und plausibler machen, gerade bei den harten Lektionen. Die gemeinsamen Nenner zeigen gleichzeitig, dass alles aus derselben Urquelle des Seins stammt und es nur an der menschlichen Bewertung liegt, wenn sich Unterschiede und Unstimmigkeiten einschleichen. Der Stoizismus ist für mich persönlich der stimmigste Zugang.

Andere Lehren mit ähnlichen Kernaussagen wirken teilweise wie auseinandergedriftete Kontinente, die eigentlich zusammengehören auf logische und vernünftige Weise, jedoch durch eine verstärkte Gefühlsdiktion diese durchgängige Logik eingebüßt haben und dogmatische Axiome als Klammern herhalten, die einfach geglaubt werden müssen. Beim Stoizismus ist das nicht nötig durch die Logik des Logos.

Gast
18-09-2021, 07:32
Derzeit habe ich das Design hier dunkel eingestellt, um meine leicht gereizten Augen zu schonen. Außerdem passt das dunkle Design gerade ideal zu meiner inneren Einkehr, wozu ich jetzt gar nicht groß schreiben möchte. Es ist ein geschützter Inkubationsraum des Verarbeitens und sich neu Aus- und Aufrichtens zum Universum (Gott - Logos), um den stressigen Alltag leichter anzunehmen. Das gelingt dadurch überraschend gut.

Ich bin dabei, die Erkenntnisse des Stoizismus zu vertiefen, dies im Vergleich zu ähnlichen Lehren, denn es ist oft so, dass gemeinsame Nenner, aber auch Unterschiede die stoizistische Sichtweise noch verständlicher und plausibler machen, gerade bei den harten Lektionen. Die gemeinsamen Nenner zeigen gleichzeitig, dass alles aus derselben Urquelle des Seins stammt und es nur an der menschlichen Bewertung liegt, wenn sich Unterschiede und Unstimmigkeiten einschleichen. Der Stoizismus ist für mich persönlich der stimmigste Zugang.

Andere Lehren mit ähnlichen Kernaussagen wirken teilweise wie auseinandergedriftete Kontinente, die eigentlich zusammengehören auf logische und vernünftige Weise, jedoch durch eine verstärkte Gefühlsdiktion diese durchgängige Logik eingebüßt haben und dogmatische Axiome als Klammern herhalten, die einfach geglaubt werden müssen. Beim Stoizismus ist das nicht nötig durch die Logik des Logos.

Wenn du das mal zu einem zusammenhängenden Essay/Aufsatz verfasst, lese ich gerne rein 🙂

Joykey
18-09-2021, 18:46
Guten Abend, Julian Braun!

Jemand, mit dem ich vor kurzem über die Unterschiede und Parallelen des Stoizismus zu anderen Lehren sprach, verglich die heterogenen Lehren mit Nüssen, die äußerlich unverdaulich jedoch den gleichen wahren Kern beinhalten, was ich sehr treffend finde und sich in diesem preisgekrönten Film ähnlich wiederfindet als Metapher (Kiefernzapfen) ab 11:30

https://awakentheworld.com/de/film/inner-worlds-outer-worlds-teil-3-die-schlange-und-der-lotus/

Er sprach gleichzeitig die Gefühlsebene an, die neben dem logischen Sinnkontext wichtig sei. Im Stoizismus geht es ja auch klar über die eigene Natur (Intuition - verkörperte Logos-Seele), die im Kosmos (Allnatur - Gott - Logos) verankert ist, so wie alles Seiende. Die Intuition verbindet die Wahrnehmung des Gefühls mit der Logik.

Es gibt mittlerweile einige schöne Stoiker-Blogs im deutschen Sprachraum, welche die Inhalte der antiken Stoiker meditativ aufbereiten, z. B. ein Zen-Buddhist, der mit Kyūdō ein inspirierendes Meditations-Ritual praktiziert hat, dem der Stoizismus sehr entgegenkam, scheint also gut zusammenzupassen:

https://www.stoa-heute.de/kontakt/

Ich beschäftigte mich früher auch mal intensiv mit Autohypnose und las sehr viel dazu, gerade Wissenschaftliches. Ich war erstaunt, wie viele unterschiedliche Techniken letztlich zum gleichen Ergebnis führen. Es spielt eigentlich keine Rolle, ob man sich durch Konzentration und eine starke Aufmerksamkeitsbündelung oder durch Entspannung eine innere Leere erschafft, wodurch im Vakuum letztlich das Wesentliche präsent wird, es also gleichzeitig eine achtsame Aufmerksamkeit bedeutet. Das zeigen mir auch die unterschiedlichen Lehren, die im Kern trotzdem erstaunlich ähnlich sind.

Im Stoizismus geht man den Weg der Konzentration und Aufmerksamkeitsbündelung im aktiv tätigen Logos. Durch diese Fokussierung wird gleichzeitig eine Menge losgelassen an Reizüberflutung und Energieverschwendung. Es wird zur meditativen Innenschau. Andere Lehren blenden das Äußere aus und erstreben die innere Leere in der Achtsamkeit und Meditation, wodurch der universale Logos ebenfalls präsent wird. Es sind zwei Seiten einer Medaille, Trance und Meditation, Konzentration und Tiefenentspannung. Erklärt wird es damit, dass durch die Aufmerksamkeitsbündelung auf den Konzentrations- oder Meditationsgegenstand bzw. Zustand sehr viel Energie vom Körper abgezogen wird und dadurch automatisch eine Entspannung eintritt.

Der Buddhismus ist mit dem Stoizismus nahe verwandt, das las ich in einem Buddhismus-Forum.

Es gibt auch ein Buch dazu: Hermann Jacobi, Lothar Baus, Joseph Dahlmann, Richard Garbe, Wilhelm Geiger - Buddhismus und Stoizismus - zwei nahverwandte Philosophien und ihr gemeinsamer Ursprung in der Samkhya-Lehre, Asclepios Edition.

Der Stoizismus ist keine religiöse Lehre, sondern eine offene Philosophie ohne jegliche Pflichtvorgaben. Außerdem besteht ja die Hauptlehre gerade darin, dass jeder über die eigene Natur (Intuition) zum Kern der Wahrheit findet, weil jedes Wesen in der kosmischen Allnatur verbunden ist.

Deshalb erscheinen die antiken Stoiker auch nicht speziell dogmatisch diszipliniert, weil es letztlich keine dogmatische Lehre ist. Auch andere Philosophen, wie die (teilweise atheistischen) Epikureer, wurden von den (teilweise agnostischen) Stoikern akzeptiert. Marc Aurel und Seneca beziehen sich positiv auf diese. Erst bei der christlichen Aneignung des Stoizismus wurden die atheistischen, mehr weltzugewandten Epikureer verunglimpft.

Bei den Facebook-Gruppen zum Stoizismus gibt es viele atheistische moderne Stoiker, denn das lässt der Stoizismus agnostisch offen, auch wenn die Stoa von einer kosmischen Ordnung ausgeht (Logos), was ja heute durchaus naturwissenschaftlich passt. Die antiken Stoiker waren die ersten Naturwissenschaftler.

Ich persönlich schätze jedoch durchaus den spirituellen Aspekt des antiken Stoizismus.

Joykey
20-09-2021, 14:03
Ist es nicht so, dass gerade auch bewertet wird, um gar nicht erst von einer Situation vereinnahmt zu werden? z. B. Joggen auf einem Weg, jemand kommt einem entgegen, Bewertung der Gefährlichkeit des Gegenübers, harmlose Alte mit Stock, keine Gefahr, weiter joggen. Also keine spezielle Aufmerksamkeitsabziehung auf Zielperson, welche näherkommt. Und so passiert das doch laufend im Alltag. Eine gewisse Grundbewertung ist notwendig zum Überleben. Eine Aufmerksamkeitsvereinnahmung wäre schon affektiv und gerade dort hilft der Stoizismus, dies auf vernünftige Weise zu kontrollieren.

Ich mache es ganz einfach, indem ich es zu Gott (Logos) delegiere und darauf vertraue, dass ich von Gott die richtigen intuitiven Eingebungen erhalte, um die jeweilige Situation für den Moment passend zu bewerten auf die Frage: Bin ich durch diese Situation aufgefordert zu handeln oder dem nachzugehen oder nicht?

Im tiefen Gottvertrauen kann man diese Einschätzung jedoch getrost Gott überlassen und dann die intuitiven Eingebungen zu den jeweiligen Lebenssituationen und traumatischen Trigger empfangen. Dadurch werden verfehlte Schemata, negative Suggestionen und verzerrte Selbstbilder und Fremdbilder losgelassen. Es sind nur Meinungen, Zerrbilder, Gedankenkarussells. Der Stoizismus hilft, sich verstärkt mit dem Universum zu verbinden, wodurch sich die Perspektive verändert. Man kommt aus der Opferrolle des falsch Programmierten raus und öffnet sich für die universale Wahrheit, die befreit.

Joykey
23-10-2021, 18:04
Ein köstliches Beispiel, wie das Wort "stoisch" vor Gericht sinnentstellend kriminalisiert wird. :D :D :D

https://www.lto.de/recht/feuilleton/f/stoizismus-justiz-gefuehle-affekt-rechtsprechung-philosophie-rechtsgeschichte-strafverteidiger/

Joykey
09-11-2021, 21:12
Zur "Berg-Perspektive" auf Leben & Arbeitsweise

Marcus Aurelius Antonius, Selbstbetrachtungen.
X 15, VIII 32, VI 16+35, III 4.

"Lebe wie auf einem Berg! Bringe in dein ganzes Leben
und in jede einzelne Handlung Ordnung!

Es kann sich ein Widerstand erheben,
vielleicht tritt etwas deiner Tätigkeit in den Weg.
Doch lässt du dir auch jenes Hindernis gefallen
und schreitest mit Überlegung fort zu dem,
was dir noch freisteht,
so tritt sogleich ein neuer Gegenstand der Tätigkeit an die Stelle
und wird sich in die Lebensordnung fügen, von der wir reden.

Denn jede Arbeit will nichts Anderes,
als die Dinge ihrem Zweck entsprechend gestalten,
Steht es damit gut bei dir,
so brauchst du dir um andere Dinge keine Sorgen zu machen.

Hörst du jedoch nicht auf damit,
auf eine Menge anderer Dinge Wert zu legen,
so bist du noch kein freier, selbständiger Mensch.

Sieh doch, wie der gewöhnliche Künstler
sich zwar nach dem Geschmack des Publikums richtet,
aber trotzdem an den Vorschriften seiner Kunst festhält
und ihren Regeln zu genügen strebt!

Indem er sich selten und nur in Hinblick auf das allgemeine Beste
mit dem beschäftigt, was ein anderer sagt, tut oder denkt,
wendet er seine ganze Tätigkeit seinen eigenen Angelegenheiten zu.

Und die Bestimmung,
die ihm die ewigen geistigen Naturgesetze auferlegen,
ist der beständige Gegenstand seines poetischen Nachdenkens."

Quelle: Gutenberg Projekt

Das Berg-Zitat von Marcus Aurelius fasst das Leitziel meiner eigenen Handlungs- und Zielanleitung sehr gut zusammen. Ich nehme die von Marcus Aurelius Antonius beschriebene "Berg-Perspektive" schon länger ein seit dem großen minimalistischen Loslassen, äußerlich und innerlich. Ich bringe immer mehr Ordnung in mein ganzes Leben, grundsätzlich, insgesamt, jedoch auch konkret bis ins Kleinste, um meinem Leben eine klar strukturierte Richtung zu geben zu den Zielen, die ich realisieren möchte.

Sinnvolle Arbeit erleben - in stoischer Präsenz & intuitiver Achtsamkeit:
Um eine Arbeitsaufgabe sinnvoll zu erleben und selbstführend zu gestalten, braucht es eine innere Sicherheit und Souveränität, die sich von äußeren Faktoren unabhängig macht. Diese innere Sicherheit wird durch intuitive Stimmigkeit und Konsistenzerfahrungen hergestellt, was Orientierung gibt. Dies fördert wiederum das Selbstvertrauen und das Vertrauen in eine versteh- und bewältigbare Welt, die in einem sinnvollen Kontext der Ordnung und Zugehörigkeit steht, wodurch die damit verbundene Anstrengung und Veränderungsbereitschaft einen Kohärenzsinn ergibt, dabei gleichzeitig die angstvolle Kontrollsucht abbaut und das perfektionistische Streben nach Erkennen der Komplexität reduziert. Dieses innere Sicherheitsgefühl wird gesteigert durch eine wertneutrale und angstfreie stoische Präsenz und Achtsamkeit.

Sinnvolle Arbeit erleben in stoischer Präsenz und intuitiver Achtsamkeit = stoische Transzendenz im tätigen Logos, befreit von den persönlichen Affekten durch majestätisch erhebende, intuitiv entfaltende Adlerperspektive und transzendent erhöhte Berggipfel-Zielorientiertheit.

Parallelen in der Kognitionspsychologie:
https://www.pohlw.de/lernen/kurs/index-lernen/
https://www.pohlw.de/lernen/kurs/lern1/
https://www.pohlw.de/lernen/kurs/lern2/

Joykey
13-11-2021, 11:08
Der Stoizismus entfaltet seine Wirkung am besten, wenn man sich täglich meditativ Zeit dafür nimmt. Dann ist es sehr hilfreich & befreiend.

Youtube: Soothing Relaxation - geheimnisvolle Entspannungsmusik - Harfe, Flöte, Klavier & Streicher

https://youtu.be/V6R8uiaMtb0


Youtube: 2CELLOS - Now We Are Free - Gladiator - at Sydney Opera House

https://youtu.be/Sk5zxA9UP2Q

Joykey
13-11-2021, 17:34
Heute Nacht träumte ich, wie ich jemandem erkläre, dass die Psychologie, deren Fachliteratur ich an sich gerne lese, allzu defizitorientiert sei und deshalb zu sehr in einer grüblerischen Lageorientiertheit und Opferhaltung belasse (mit der Folge, dass jemand sich zu sehr in einem Krankheitsmodell einrichten könnte wie eine Kollegin, die auch im Traum vorkommt und sehr verpeilt wirkt im Alltag, welche ich zu aktivieren versuche), während das Coaching-Know-how eher handlungs- und zielorientiert zur Motivation, Umsetzungskompetenz und Veränderung führe. Ein Aufstehen aus der Lageorientiertheit ins selbstwirksame, freudige Handeln ist viel besser. Das entspricht auch dem Stoizismus.

Ich persönlich habe immer wieder die Erfahrung gemacht, dass die eigene Intuition viel Selbstheilendes in sich trägt. Auch wenn jemand traumatisiert wurde, besitzt er/sie sehr viele gesunde Anteile und im Laufe der Jahre heilt vieles aus durch den Prozess der selbstheilenden Intuition und den Weg der Individuation, wie es auch C. G. Jung beschreibt. Es wäre sinnvoller, verstärkt auf die eigenen Ressourcen zu setzen. Intuition und Spiritualität, wie es der Stoizismus aufzeigt.

Youtube: Dream Relax - Heilende Musik gegen Angst, Depressionen und negative Gedanken

https://youtu.be/Q8CDEIJNRP4

Joykey
14-11-2021, 16:32
Youtube: Boris Grundl - Steh (innerlich) auf! - sagt querschnittgelähmter Spitzensportler
https://youtu.be/Wlg66dDZ41I

Youtube: Boris Grundl - Motiviert bleiben nach Formel: Energie = Zielvision x Selbstvertrauen
https://youtu.be/FZNCYwySncs

Youtube: Deniz Deke - Stoizismus - Die Kunst cool zu bleiben
https://youtu.be/yGjcehH6BS4

Youtube: RedeFabrik - Kommunikation & Charisma - Lehren des Stoizismus für deinen Alltag
https://youtu.be/kXOvxJ7h20s

"Amor fati" hat der Rhetorik-Experte Benedikt Held im RedeFabrik-Video sehr plausibel & überzeugend aufgeschlüsselt, sodass ich es nun gut mit meinen eigenen Erfahrungswerten in Übereinstimmung bringen kann. Vorher hing dieser Satz noch irgendwie ohne Bezug zu mir in der Luft.

Ich lese und höre zwar lieber die Original-Werke von Marc Aurel, Seneca etc., aber gerade wenn ich es noch nicht so richtig für mich festmachen kann mit meinem eigenen Leben, können solche Videos von modernen Stoikern helfen, die mehr in Richtung Coaching gehen und das Spirituelle des Stoizismus offen lassen oder nur andeuten. Immerhin träumte ich ja sogar vom Coaching-Aspekt des Stoizismus, also ist es wichtig wegen der Berg- und Vogelperspektive und der pragmatischen Umsetzung.

Joykey
15-11-2021, 12:10
Immerhin träumte ich ja sogar vom Coaching-Aspekt des Stoizismus, also ist es wichtig wegen der Berg- und Vogelperspektive und der pragmatischen Umsetzung.

Heute Nacht erlebte ich wieder einen aufschlussreichen Traum zum Thema Veränderung. Ich befinde mich im Traum in einer Kirche, wo meine 14-jährige Nichte eine Flötenvorführung mitmacht. Sie möchte, dass ich in ihrer Nähe bei den Zuschauern warte, nicht unweit von meiner Schwester bzw. ihrer Mutter, die etwas weiter entfernt in einer mittleren Zuschauerreihe sitzt, denn es wäre ihr peinlich, ganz vorne zu sein. Ich muss also meiner Nichte Rückhalt geben und sitze neben der Lehrerin auf der rechten Seite des Raums, gleich rechts von der Bühne, wo meine Nichte sich präsentieren muss mit ihrem Flötenspiel.

Es kommt jedoch zum Unterbruch, denn meine Nichte weiß nicht weiter. Das führt zu einem Dialog mit der Lehrerin, die leise und harmlos ihre kohärenten Gedanken dazu einbringt. Dadurch kommt es zu einem Gesprächskontext zwischen meiner Nichte, der Lehrerin, eines unmittelbar in der ersten Reihe sitzenden Mannes und mir, wobei dieser Mann aus dem Dialog-Kontext etwas Falsches und Negatives drehen will wie ein Klatsch-Reporter, sodass ich ihm vorsorglich drohe, von diesem unguten Vorhaben abzusehen, denn ich könne mich durchaus wehren als beruflich Schreibende, womit ich ihn gerade noch knapp in seine Grenzen verweisen kann.

Ich werde mir meiner Macht als beruflich Schreibende bewusst und wie wichtig es ist, dass ich mich nicht zuhause verstecke und eingrabe, sondern selbstbewusst und handlungsfähig sein kann, mich also auch bühnenreif präsentabel und unangreifbar mache, um in dieser Welt zu bestehen, etwas zu werden, beruflich passende Freunde und eine erfüllende Beziehung zu finden und meiner Familie helfen zu können. Das Leben ist wie dieser feierliche, gottgeweihte Kirchenauftritt, den ich wie meine Nichte bestehen muss, um jemand zu sein, wahrgenommen zu werden, Einfluss zu haben und etwas zu bewirken, was mir durchaus gegeben ist, wenn ich mich nicht mehr geschlagen gebe und am Boden liege, sondern mutig aufstehe mit Selbstvertrauen und stoischer Zuversicht in Gott, auch wenn es mit Schmerzen verbunden ist.

Es gibt nur diese Zielrichtung für mich und ich sehe im Vergleich zu vorher einen Fortschritt, denn nach dem Tod meiner Mutter Anfang 2017 träumte ich, wie ich immer schwächer wurde, was sich bewahrheitete in den darauffolgenden Jahren. Auch dort befand ich mich in einem Saal, damals als Schülerin, die aber immer weniger nach vorne sehen und dem juristischen Unterricht nicht mehr voll folgen konnte, obwohl es mich interessierte. Aber mein Körper klappte zusammen. Ich suchte Hilfe bei meinem Arzt, der neben mir döste und mir nicht helfen konnte. Ich bekam eine Heidenangst, entmündigt zu werden, wenn ich es nicht schaffe, mich zusammenzureißen. Denn was nützt mir all mein juristisches Wissen, wenn ich es nicht umsetzen kann in meiner Hinfälligkeit und Erschöpfung. Der damalige Traum endete ziemlich wackelig und unsicher, indem ich draußen vor dem Saal, der sich mitten im Dorf an der Dorfstraße unseres früheren Wohnorts meiner Mutter befand, mit einer Jura-Studentin redete, aber auch sie war noch ziemlich unsicher und fühlte sich überfordert. Sie war noch nicht richtig belastbar.

Joykey
25-11-2021, 21:55
Der Stoizismus ist keine religiöse Lehre, sondern eine offene Philosophie ohne jegliche Pflichtvorgaben. Außerdem besteht ja die Hauptlehre gerade darin, dass jeder über die eigene Natur (Intuition) zum Kern der Wahrheit findet, weil jedes Wesen in der kosmischen Allnatur verbunden ist.

Religiosität und Philosophie schließen sich nicht aus, sondern greifen vielmehr historisch gesehen ineinander. Nur konzentriere ich mich wie der Stoizismus mehr auf die gemeinsame Essenz und die Quelle, woraus diese Erkenntnisse entspringen, nämlich die Intuition zwischen Gefühl und Ratio. Es geht mir um Vertiefung dessen, was ich schon intuitiv weiß, nicht um eine Methodenvielfalt. Das sind für mich unnötige Werkzeuge. Ich brauche sie nicht. Meine Intuition zeigt klar in die Tiefe des eigenen philosophischen, spirituellen und religiösen Zugangs.

Ich sehe keinen Vorteil darin, mir noch mehr religiöses oder spirituelles Wissen anzueignen, denn all die vielen Parallelen zu meinen eigenen intuitiven Eingebungen, Erkenntnissen und spirituellen Wahrnehmungen zeigen mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin.

Ich machte es umgekehrt, z. B. im Fall der Bibel oder auch des Stoizismus. Da war zuerst meine eigene spirituelle Wahrnehmung von Kind an, zu der ich dann einfach Parallelen im Selbststudium der Bibel und später im Stoizismus fand. Es freut mich, wenn es passt, aber ich werde kein Glaubenskonstrukt übernehmen. Das ist nicht nötig, liegt doch die Ewigkeit in meinem Herzen, wie es der Psalmist so wundervoll ausdrückt.

Der antike Stoizismus gibt eine einfache und gute Anleitung, wie jeder selbst seinen eigenen intuitiven Weg finden kann. Diese beinhaltet keine festen dogmatischen Inhalte oder Glaubensvorgaben, weil die Stoa davon ausgeht, dass dies bereits intuitiv in jedem Lebewesen angelegt ist (Wirken des Logos).

LOGOS (Gott) ist der gemeinsame Nenner zwischen Stoizismus, Judentum, Christentum und Islam. Im asiatischen Raum entspricht dies dem Begriff DAO.

Ein moderner Stoiker hat es auf seinem Blog sehr schön beschrieben. Dem kann ich mich von Herzen anschließen:
https://www.stoa-heute.de/2021/06/26/stoizismus-als-religionsersatz/

Der Autor hat sich lange mit Zen-Buddhismus befasst und mit Kyudo ein inspirierendes Meditations-Ritual praktiziert, wie er über sich unter "Kontakt" schreibt. Sein Blog ist bewusst leicht verständlich geschrieben, also nicht so intellektuell.

Youtube: Healing Tree Music & Sounds - Entspannende Harfenmusik - Friedliche Vogelstimmen, Musik
https://youtu.be/RjTPKlKPM3Y

Kunoichi Girl
25-11-2021, 22:12
... Da war zuerst meine eigene spirituelle Wahrnehmung von Kind an, ... LOGOS (Gott) ist der gemeinsame Nenner ...


Erinnert mich ein wenig an die (bisher noch unfertige) Theorie einer Person mit der ich mich neulich unterhalten habe:


Es gibt einen Herrgott.

Dieser hat alles, also auch die menschen/deren geist, erschaffen.

Die Aufgabe des menschengeistes ist, sich in Richtung des Herrgotts, also nicht von diesem weg, zu entwickeln.

Zum zwecke dieser entwicklung bekommt der geist die umstände/situationen, die er für diese entwicklung (individuell) benötigt bzw. zieht diese umstände an.


Die unfertigkeit dieser theorie bestand (vorläufig) in folgendem:

Nach welchen kriterien soll der menschliche geist sich entwickeln, sprich nach welchen kriterien soll er mit den erhaltenen situationen umgehen/diese verwenden?

Joykey
26-11-2021, 08:51
Erinnert mich ein wenig an die (bisher noch unfertige) Theorie einer Person mit der ich mich neulich unterhalten habe

Frag das doch diese Person mit ihrer unfertigen Theorie. Was hat das mit dem Stoizismus zu tun? Dort ist nämlich philosophisch betrachtet nichts unfertig. Ich sehe da keinen Zusammenhang zum Thema hier. Vielleicht siehst Du klarer, wenn Du hier alles mal sorgfältig durchgelesen hast. Es gibt auch genug weiterführende Links.

Kunoichi Girl
26-11-2021, 09:13
... Dort ist nämlich philosophisch betrachtet nichts unfertig. Ich sehe da keinen Zusammenhang zum Thema hier. ...


Also ich dachte mir den zusammenhang so:

1)
Als grundlage nehme ich mal den stoa-wikipedia-artikel:

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Stoa

2)
Demgemäß ist die stoa-ethik auf eingliederung/harmonie des einzelnen menschen(geistes) in/mit die/der göttliche(n) ordnung mit Weisheit als dem höchsten ziel ausgerichtet.
Hierfür ist selbsterkenntnis und die aneignung von entsprechenden verhaltensweisen, gewohnheiten, haltungen notwendig.
Motivatoren sind selbsterhaltungstrieb und selbstvervollkommnung.

Gemäß Kaiser Marc Aurel soll dies nicht durch (ausschließliche) Passivität erreicht werden, sondern wie folgt:

„Arbeite oder ruhe, wie es das Beste für die Gemeinschaft ist!“

Jedenfalls, soweit ich verstanden habe.

3)
Daraus ergeben sich m.E. zb folgende Fragen, die der o.g. stark ähneln:
a)
Nach welchen Kriterien/Zielen soll man sich selbstvervollkommnen?
b)
Nach welchen Kriterien bestimmt sich, was für die Gemeinschaft das Beste ist?

Joykey
26-11-2021, 14:24
Zielrichtung der Stoa ist die Realisierung und Förderung der vom LOGOS in der Allnatur aller Menschen bewirkten Vernunft & Ordnung, was Seneca und Marc Aurel unter anderem in der Weiterentwicklung der römischen Rechtsprechung vorantrieben und bis heute juristisch konstitutive Bedeutung hat für unsere Demokratien.


Im Ringerbeispiel ging es Marc Aurel um die Anwendung der stoizistischen Grundsätze, also auch in der Umsetzung einer taktisch geschickten und weisen Innen- und Außenpolitik, was ihm eine verhältnismäßig lange Regierungszeit und viel Wertschätzung bescherte. Er hat vieles richtig gemacht.

Apopos "Weg":

Zweifellos stand der Stoiker Marc Aurel als römischer Kaiser und führender Feldherr des Öfteren auf einem Berg mit Sicht auf
seine Soldaten, die fortlaufend an einem vernünftig erbauten, stabilen römischen Weg arbeiteten.

Zum Weg als Sinnbild der Lebensausrichtung

Marcus Aurelius Antonius, Selbstbetrachtungen.
X 12+33, VI 8, V 14, IV 51.

"Ruhig und doch zugleich leicht beweglich,
heiter und doch zugleich gesetzt
– so ist der Mensch, der in allem der Vernunft folgt.

Denn eben als einen Genuss musst du alles auffassen,
was du deiner eigenen Natur gemäß wirken kannst.

Und dies steht überall in deiner Macht.
Steht es ja bei dir zu untersuchen,
was im Augenblick zu tun ist.

Und wenn du das einsiehst,
wohlwollend und festen Schrittes
diesen Weg zu wandeln.

Das nenne ich die Seele
oder die Herrschaftsführende
im Menschen,
was ihn weckt und lenkt,
was ihn zu dem macht,
was er ist und sein will,
und was bewirkt,
dass alles, was ihm widerfährt,
ihm so erscheine, wie er es haben will.

Die Vernunft und die Lebenskunst sind Kräfte, die sich selbst genügen,
die keinen anderen Richter über ihre Äußerungen haben als sich selbst.
Sie haben ihr Prinzip und ihre Ziele in sich,
und richtig heißen ihre Handlungen,
weil durch sie der rechte Weg offenbar wird.

Immer wandle den kürzesten Weg, den du zu gehen hast!
Er ist der natürliche.
Man folgt da im Reden und Tun nur der gesunden Vernunft.
Du wirst dich auf diese Weise von mancher Sorge
und von manchem Ballast befreien."

Quelle: Projekt Gutenberg
.

period
26-11-2021, 14:33
Zielrichtung der Stoa ist die Realisierung und Förderung der vom LOGOS in der Allnatur aller Menschen bewirkten Vernunft & Ordnung, was Seneca und Marc Aurel unter anderem in der Weiterentwicklung der römischen Rechtsprechung vorantrieben und bis heute juristisch konstitutive Bedeutung hat für unsere Demokratien.

Anders gesagt: eine Legitimierung des geltenden Systems, nicht unähnlich den diversen Religionen.

Joykey
26-11-2021, 15:08
Nein, der Stoizismus war eindeutig demokratieförderlich für die Zukunft aufgrund der kosmopolitischen Gleichstellung der Menschen, auch der Sklaven. Epiktet war Sklave und wurde von Marc Aurel geradezu hingebungsvoll verehrt. Seneca hat viel für die Demokratie getan und sozial-rechtlich Gutes mit Signalwirkung geschaffen für die Unterschicht im römischen Reich.

period
26-11-2021, 16:09
Ob etwas ursprünglich so intendiert war, wie es am Ende gewirkt hat, ist eine Frage bei Philosophie ebenso wie bei Religion; inwieweit das Leben der Vertreter der Stoa den von ihnen gepredigten Grundsätzen entsprach, eine andere (man könnte m.E. argumentieren, dass die Kyniker "stoischer" unterwegs waren als die Stoiker), und wie stark der Einfluss der Stoa auf die Demokratie wirklich war eine dritte. Auffallend ist m.E. schon, dass die bekanntesten römischen Stoiker entweder Teil der regierenden Klasse waren oder ihr zumindest nahe standen, und demokratische Regierungsformen in irgendeiner Form erst rund 1500 Jahre später wieder ein Thema wurden.

Kunoichi Girl
26-11-2021, 17:22
Zielrichtung der Stoa ist die Realisierung und Förderung der vom LOGOS in der Allnatur aller Menschen bewirkten Vernunft & Ordnung, ...


gemäß des von Dir dazu verlinkten Textes von Kaiser Marc Aurel wird m.E. als einzige, jedenfalls aber als leitende, handlungsmaxime die "gesunde vernunft" (entspricht wohl dem "praktischen oder gesunden menschenverstand"?) genannt.

diese beißt sich m.E. aber oft mit dem, was man, jedenfalls heutzutage, möglicherweise aber auch teilweise damals bereits, unter "ethik" bzw. auch "weisheit" (siehe #120) versteht/verstand.

dies wäre dann m.E. ein Widerspruch.

Joykey
26-11-2021, 18:24
gemäß des von Dir dazu verlinkten Textes von Kaiser Marc Aurel wird m.E. als einzige, jedenfalls aber als leitende, handlungsmaxime die "gesunde vernunft" (entspricht wohl dem "praktischen oder gesunden menschenverstand"?) genannt.

diese beißt sich m.E. aber oft mit dem, was man, jedenfalls heutzutage, möglicherweise aber auch teilweise damals bereits, unter "ethik" bzw. auch "weisheit" (siehe #120) versteht/verstand.

dies wäre dann m.E. ein Widerspruch.

Inwiefern? Kannst Du Dich nicht etwas konkreter ausdrücken? Klingt für mich so, als wühlst Du gerade krampfhaft im Dunkeln, weil Du keine Ahnung hast, wie das damals im römischen Reich so ablief. Also was genau steht im Widerspruch zu welchem Sachverhalt? Derzeit schreibst Du total inhaltsleer.

Joykey
26-11-2021, 18:31
Ob etwas ursprünglich so intendiert war, wie es am Ende gewirkt hat, ist eine Frage bei Philosophie ebenso wie bei Religion; inwieweit das Leben der Vertreter der Stoa den von ihnen gepredigten Grundsätzen entsprach, eine andere (man könnte m.E. argumentieren, dass die Kyniker "stoischer" unterwegs waren als die Stoiker), und wie stark der Einfluss der Stoa auf die Demokratie wirklich war eine dritte. Auffallend ist m.E. schon, dass die bekanntesten römischen Stoiker entweder Teil der regierenden Klasse waren oder ihr zumindest nahe standen, und demokratische Regierungsformen in irgendeiner Form erst rund 1500 Jahre später wieder ein Thema wurden.

Ich hatte Latein in der Schule und römisches Recht gehört immer noch zur Grundausbildung im Jura-Studium. Ich beziehe meine Infos aus wissenschaftlichen Texten und Dokus über diese Zeit. Von daher gebe ich auch nur weiter, was ich dazu gelesen habe. Logisch ist, dass nur Stoiker an der Macht in der Lage waren, das römische Recht demokratisierend zu erneuern. Dies kann man ihnen nicht ernsthaft zum Vorwurf machen. Das wäre so, als würdest Du Bundesrichtern vorwerfen, keine Demokraten zu sein, weil sie derart viel Einfluss haben auf Bundesebene durch ihre richterlichen Rechtsurteile.

Die Stoiker wurden tatsächlich von den Kynikern in Athen maßgeblich beeinflusst. Überlebt hat jedoch der Stoizismus und es gibt Unterschiede.

Kunoichi Girl
26-11-2021, 18:37
... Derzeit schreibst Du total inhaltsleer.


sehe ich anders, aber bitte sehr:

1)
gemäß #120 war(/ist?) das ziel der stoa die selbstvervollkommnung in form der weisheitserlangung.
2)
eine von zwei meiner daraus resultierenden fragen (unter bezug auf einen text von kaiser marc aurel) war, nach welchen kriterien/zielen diese selbstvervollkommnung (weisheitserlangung) angestrebt werden soll.
3)
daraufhin hattest Du einen text von kaiser marc aurel eingestellt, gemäß dem man nach der "gesunden vernunft" handeln soll.
4)
m.E. widersprechen sich die empfehlungen, die man einerseits aus der "gesunden vernunft", andererseits aus der "weisheit" kommend vermuten würde, häufig.

Joykey
26-11-2021, 19:52
@Kunoichi Girl
Ich habe gerade Deine sonstigen Beiträge durchgeklickt, um Deine inhaltsleeren Sätze besser nachzuvollziehen. Alles Ein- oder Zweizeiler. Ich denke, Du bist mit diesem Thema hier überfordert. Dafür braucht es schon ein erhöhtes Leseverständnis. Mein Eindruck ist, dass Du den Thread nicht gelesen hast und deshalb bei Dir diese Widersprüche entstehen. Wie auch immer: Ich gebe keine Nachhilfe. Sorry. Schönen Abend noch!

period
26-11-2021, 20:27
Ich hatte Latein in der Schule und römisches Recht gehört immer noch zur Grundausbildung im Jura-Studium. Ich beziehe meine Infos aus wissenschaftlichen Texten und Dokus über diese Zeit. Von daher gebe ich auch nur weiter, was ich dazu gelesen habe. Logisch ist, dass nur Stoiker an der Macht in der Lage waren, das römische Recht demokratisierend zu erneuern.

Moment: Dass Du und ich Latein in der Schule hatten und römisches Recht Teil des Jura-Studiums ist, hat erstmal wenig mit den Stoa zu tun, sondern vielmehr damit, dass sich weltliche Machthaber bis in die Neuzeit hinein bevorzugt über die Staatsreligion einerseits und konstruierte Rückgriffe auf das Römische Reich andererseits legitimiert haben.


Dies kann man ihnen nicht ernsthaft zum Vorwurf machen. Das wäre so, als würdest Du Bundesrichtern vorwerfen, keine Demokraten zu sein, weil sie derart viel Einfluss haben auf Bundesebene durch ihre richterlichen Rechtsurteile.

Vorwürfe passe ich generell erstmal an das Tätigkeitsfeld von Leuten an. Wenn ein Bundesrichter laufend gegen Gesetze verstösst, sollte das ein Problem sein. Wenn jemand Philosophie und Moral predigt, dies aber selbst anders handhabt, dann wäre das auch ein möglicher Vorwurf.


Die Stoiker wurden tatsächlich von den Kynikern in Athen maßgeblich beeinflusst. Überlebt hat jedoch der Stoizismus und es gibt Unterschiede.
Natürlich gibt es Unterschiede. Aber was das "überlebt" angeht - eher wiederbelebt, würde ich sagen.

Kunoichi Girl
26-11-2021, 22:00
Ich denke, Du bist mit diesem Thema hier überfordert. ...

Das kann natürlich sein.



... und deshalb bei Dir diese Widersprüche entstehen. ...

M.E. entstehen diese widersprüche nicht bei mir, sondern sind im thema veranlagt (s.o.).

discipula
27-11-2021, 07:35
sehe ich anders, aber bitte sehr:


2)
eine von zwei meiner daraus resultierenden fragen (unter bezug auf einen text von kaiser marc aurel) war, nach welchen kriterien/zielen diese selbstvervollkommnung (weisheitserlangung) angestrebt werden soll.

Du sollst nur jene Dinge zu beeinflussen versuchen, die unter deiner Kontrolle sind. Jene Dinge, die nicht unter deiner Kontrolle sind, versuche nicht zu beeinflussen. Das kann nicht funktionieren und schafft nur Leid.

Ebenso will der Stoiker einen nüchternen, klaren Blick auf die Welt und ihre Schwierigkeiten - zB dass es Armut, Tod und Krankheit gibt - und akzeptieren, dass dies das Wesen der Welt ist. Und sich entsprechend darauf vorbereiten.



m.E. widersprechen sich die empfehlungen, die man einerseits aus der "gesunden vernunft", andererseits aus der "weisheit" kommend vermuten würde, häufig.

Wie kommst du darauf? Ich denke das nicht.

Kunoichi Girl
27-11-2021, 11:35
Du sollst nur jene Dinge zu beeinflussen versuchen, die unter deiner Kontrolle sind. Jene Dinge, die nicht unter deiner Kontrolle sind, versuche nicht zu beeinflussen. ...

1)
gibt es kriterien/ziele gemäß derer man versuchen soll die dinge zu beinflussen, die unter der eigenen kontrolle stehen?
2)
soll man nicht auch versuchen, dinge, die derzeit noch nicht unter der eigenen kontrolle stehen, einem aber wichtig erscheinen, unter seine kontrolle zu bekommen?





Ebenso will der Stoiker einen nüchternen, klaren Blick auf die Welt und ihre Schwierigkeiten - zB dass es Armut, Tod und Krankheit gibt - und akzeptieren, dass dies das Wesen der Welt ist.

soll er nur die schwierigkeiten als wesen der welt akzeptieren oder auch die mögliche lebensfreude als ausgleich?



Und sich entsprechend darauf vorbereiten.

wie soll diese vorbereitung aussehen:

1)
nur geistig auf ein aushalten/erdulden der schwierigkeiten vorbereiten?
2)
oder sich auch praktisch durch entsprechende vorsorge darauf vorbereiten, auftretenden schwierigkeiten bestmöglich entgegentreten zu können bzw. versuchen, ursachen für mögliche schwierigkeiten gar nicht erst aufkommen zu lassen, bzw. bei aufkommem per "frühwarnsystem" so schnell und gründlich wie möglich zu beseitigen o.ä.?



Wie kommst du darauf? Ich denke das nicht.


1)
gemäß #120 ist es so:
a)
die stoa-ethik ist auf eingliederung des einzelnen in die göttliche ordnung ausgerichtet.
b)
weisheitserlangung ist dabei das höchste ziel.
c)
dabei sind die motivatoren selbsterhaltung und selbstvervollkommnung.
d)
gemäß kaiser marc aurel gilt dabei hinsichtlich ethik(/moral):
"arbeite oder ruhe, wie es für die gemeinschaft das beste ist!".

2)
grundsätzlich stehen selbsterhaltungstrieb (praktische/gesunde Vernunft) und selbstvervollkommnung (moral/gemeinschaftssinn/weisheit) m.E. nicht notwendigerweise im einklang.

beispiel:
in einer hungersnot würde der selbsterhaltungstrieb gebieten, das wenige, was man hat, für sich (und seine familie) zum überleben zu benützen.
das ziel der moralischen vervollkommnung würde möglicherweise gebieten, dieses wenige mit noch anderen personen zu teilen.

3)
zusätzlich lässt sich m.E. auch oft nicht einfach entscheiden, ob gerade praktische vernunft und ethik/weisheit im einklang stehen.

beispiel:
jemand kommt hinzu, als gerade ein übles gewaltverbrechen im gange ist, sagen wir mal, ein triebtäter vergewaltigt und quält noch anderweitig ein kind.
der hinzugekommene hat die möglichkeit, einzugreifen und dabei den triebtäter zu fangen und dann der polizei zu übergeben oder diesen (unerkannt) zu töten.

gemäß der praktischen vernunft könnte man auf den gedanken kommen, das töten wäre zum schutz (und zur kostenentlastung) der gemeinschaft vorteilhafter und aufgrund dieser gemeinschaftsdienlichkeit auch nicht unethisch.
(rein) ethisch könnte man zb auf den gedanken kommen, töten sei unethisch und könnte der gemeinschaft ein schlechtes beispiel zur nachahmung (zb hinsichtlich selbstjustiz) geben.

Joykey
27-11-2021, 12:57
@Kunoichi Girl
1) Ja.
2) Ja.

Das Leben besteht ja auch aus Freude, von daher auch Heiterkeit, aber nicht Leiden-schaft, denn Leiden-schaft er-schafft letztlich zusätzlich Leid nach den Stoikern.

Auf Deine Fragen, wie diese Vorbereitung auf Lebensleid/-umstände aussehen soll:

1) Nicht nur.
2) Ja, logisch.

Hungersnot-Regel nach Stoikern: Nächstenliebe (wie in der Bibel). Zuerst Deine nahen Angehörigen, erst dann die nächste Gemeinschaft. Die Familie geht vor. Tugend ist wichtiger als der Erhalt des eigenen Lebens. Wer sein Leben nur ehrlos ohne Tugend und Weisheit fortsetzen kann, sollte lieber sein Leben für seine Familie und seine Nächsten aufgeben.

Gewaltverbrecher-Regel nach Stoiker Marc Aurel: Wie nach heutigem Rechtsverständnis die mildere Lösung des Problems wählen, wenn dies möglich ist. Also nur so viel Gegengewalt anwenden, um die Gefahr zu beseitigen und den Gewaltverbrecher in Haft nehmen zu können. Ansonsten Gnade walten lassen, solange niemand dadurch gefährdet wird. Dies hat gerade Marc Aurel angewandt, selbst bei denen, die ihn umbringen wollten.

Kunoichi Girl
27-11-2021, 13:14
@Kunoichi Girl
1) Ja.

welche kriterien/ziele wären denn das?



Nächstenliebe (wie in der Bibel).

beinhaltet diese nächstenliebe, das Wohl anderer vor das eigene zu stellen?



Zuerst Deine nahen Angehörigen, erst dann die nächste Gemeinschaft. Die Familie geht vor. Tugend ist wichtiger als der Erhalt des eigenen Lebens. ...

wenn tugend wichtiger als der erhalt des eigenen lebens ist, müsste man dann nicht das wohl der eigenen familie vor das eigene wohl und gemäß dieser logik im weiteren das wohl fremder vor das der eigenen familie stellen?

period
27-11-2021, 13:18
Gewaltverbrecher-Regel nach Stoiker Marc Aurel: Wie nach heutigem Rechtsverständnis die mildere Lösung des Problems wählen, wenn dies möglich ist. Also nur so viel Gegengewalt anwenden, um die Gefahr zu beseitigen und den Gewaltverbrecher in Haft nehmen zu können. Ansonsten Gnade walten lassen, solange niemand dadurch gefährdet wird. Dies hat gerade Marc Aurel angewandt, selbst bei denen, die ihn umbringen wollten.

Bei Leuten, die im Verdacht standen, was mit seiner Frau gehabt zu haben, soll diese Regel aber nicht zur Anwendung gekommen sein, was man so hört... und bezüglich der Vertrauenswürdigkeit von Quellen würde ich noch ergänzend anmerken: das erste, was man lernt, wenn man als Politiker, Sportstar oder sonstige Person im öffentlichen Leben gut darstehen will - schreib Deine eigene Geschichte.
Marc Aurel als Philosoph zu beurteilen steht mir nicht zu, aus meiner Sicht ist ein entsprechendes Urteil aber fast zwangsläufig ähnlich herrschaftsrelevant wie über Commodus' sportliche Fähigkeiten oder Neros Gesangstalent zu spekulieren.
Ansonsten: wie heisst es so schön, "an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen". Seneca war der Lehrmeister von Nero, und Marc Aurel hat als erster in seiner Dynastie mit dem Adoptionsprinzip gebrochen, offenbar mit voller Absicht, wenn man die Ämterlaufbahn von Commodus anschaut. Und auf ihn folgt dann sein (leiblicher oder nicht, je nachdem, wie sehr man der Gerüchteküche glaubt) Sohn Commodus, der als Kaiser auch nicht gerade stoisch (und schon gar nicht demokratisch) unterwegs war.

Kunoichi Girl
27-11-2021, 13:21
Bei Leuten, die im Verdacht standen, was mit seiner Frau gehabt zu haben, soll diese Regel aber nicht zur Anwendung gekommen sein, was man so hört...


gegenüber den christen wohl auch nicht.

period
27-11-2021, 13:30
gegenüber den christen wohl auch nicht.

Das mag sein oder auch nicht, aber ganz ehrlich, wer mag die schon wirklich? Die sind ja auch bei weitem nicht so inklusiv wie Legolas, äh, Logos.

Kunoichi Girl
27-11-2021, 13:38
Das mag sein oder auch nicht, aber ganz ehrlich, wer mag die schon wirklich? ...


das weiß ich nicht, aber die anderen werden m.W. durch die christen geliebt.

period
27-11-2021, 13:44
das weiß ich nicht, aber die anderen werden m.W. durch die christen geliebt.

Ja, aber nur in dem Ausmass wie sie sich selbst lieben, und wie weit es damit her ist... da verweise ich auf die diversen Märtyrer-Stories, Heiligenviten und Co. Ich stelle mir die Urchisten ja ehrlich gesagt ein bisschen wie die heutigen Zeugen oder Freikirchler vor, aber das ist wieder mal alles Zynismus und somit in der Stoa-Diskussion OT.

Joykey
27-11-2021, 13:44
wenn tugend wichtiger als der erhalt des eigenen lebens ist, müsste man dann nicht das wohl der eigenen familie vor das eigene wohl und gemäß dieser logik im weiteren das wohl fremder vor das der eigenen familie stellen?

Nur gemäß Deiner Logik.

Kunoichi Girl
27-11-2021, 14:02
Nur gemäß Deiner Logik.


Diesbezüglich habe ich (noch) keine logik, soweit man eine solche überhaupt „haben“ kann.

Deswegen hatte ich gefragt.

Joykey
27-11-2021, 14:09
Ich stelle mir die Urchisten ja ehrlich gesagt ein bisschen wie die heutigen Zeugen oder Freikirchler vor, aber das ist wieder mal alles Zynismus und somit in der Stoa-Diskussion OT.

Die Urchristen haben mit ihren starken Missionierungsversuchen eindeutig und bewusst römisches Recht verletzt (Missionierung verboten, da Unruhestiftung) und wurden deshalb von den regionalen Regierungen des römischen Reichs verfolgt und bestraft. Die in Haft genommenen Christen beriefen sich dabei aber des Öfteren auf Marc Aurel, weil dieser eben dafür bekannt war, Gnade walten zu lassen als Stoiker. Der Stoizismus war milder als das römische Recht und deshalb war es schon wichtig und gut für die Fortentwicklung des römischen Rechts, wenn Männer wie Marc Aurel und Seneca als Staatsmänner Einfluss bekamen in die Gesetzgebung, aber das hatte natürlich Grenzen, denn sie waren ja keine Götter.

Joykey
27-11-2021, 14:12
Diesbezüglich habe ich (noch) keine logik, soweit man eine solche überhaupt „haben“ kann.

Deswegen hatte ich gefragt.

Das wäre aber Voraussetzung für diesen Thread.

Kunoichi Girl
27-11-2021, 14:15
Das wäre aber Voraussetzung für diesen Thread.

Das finde ich nicht logisch.

Joykey
27-11-2021, 14:27
Das finde ich nicht logisch.

Deine Anspruchslosigkeit an Dich selbst ist ja wirklich rührend, aber ich persönlich erwarte schon eine gewisse Rechtschreib-, Lese-, Verständnis- und Logik-Kompetenz von Mitschreibern in meinen Threads, um ein gewisses Niveau halten zu können. Noch immer habe ich den Eindruck, dass Du dem Thema nicht wirklich folgen kannst. Hast Du den ganzen Thread gewissenhaft gelesen und Dir auch die Links angeschaut?

Kunoichi Girl
27-11-2021, 17:28
... Noch immer habe ich den Eindruck, dass Du dem Thema nicht wirklich folgen kannst. ...


M.E. drückst Du Dich um die Beantwortung der ersten Frage aus #125.

discipula
27-11-2021, 17:33
Das mag sein oder auch nicht, aber ganz ehrlich, wer mag die schon wirklich? Die sind ja auch bei weitem nicht so inklusiv wie Legolas, äh, Logos.

Der Logos ist das wichtigste Konzept im Johannesevangelium... " das Licht, das jeden (!) Menschen erleuchtet"

wie willst du noch inklusiver sein als das...?

period
27-11-2021, 17:52
Der Logos ist das wichtigste Konzept im Johannesevangelium... " das Licht, das jeden (!) Menschen erleuchtet"

wie willst du noch inklusiver sein als das...?

Vielleicht mit einer Gruppe von Personen, die nicht ob des Anspruchs auf den Inbesitz der alleinigen Wahrweit, aufgrund divergierenden Interpretation des besagten Textes oder aufgrund der Frage, wer denn jetzt den cooleren imaginären Freund hat im Laufe der Zeit X andere Gruppen blutig verfolgt und Y Kriege angezettelt hat? "An ihren Früchten sollt Ihr sie erkennen"?

Joykey
27-11-2021, 18:28
Vielleicht mit einer Gruppe von Personen, die nicht ob des Anspruchs auf den Inbesitz der alleinigen Wahrweit,

Diese Wahrheitsdiktatur hat ja der Stoizismus gerade nicht und nur um diesen geht es in diesem Thread. Bitte beim Thema bleiben.

OliverT
27-11-2021, 20:07
Der Stoizismus vielleicht nicht, aber scheinbar einige seiner Anhänger ;)

Joykey
27-11-2021, 22:39
Der Stoizismus vielleicht nicht, aber scheinbar einige seiner Anhänger ;)

Also wissenschaftliche Faktentreue muss sein. Das habe ich Dir schon auf Seite 5 dieses Threads erklärt:


Es geht nicht um Meinungen, sondern um die historischen Fakten, welche Historiker dazu vorfinden. Ich kann nur mitteilen, was ich in der entsprechenden Fachliteratur dazu gelesen habe.

Kunoichi Girl
27-11-2021, 23:22
... Wer bestimmt die Richtung? Der Kutscher oder die Pferde? Es geht letztlich um Eigenständigkeit, Selbstbestimmung und Selbststeuerung. ...


Ist das Deiner meinung nach der kern der stoa?

Joykey
27-11-2021, 23:28
Ist das Deiner meinung nach der kern der stoa?

Ja, durchaus. Autarkie ist ein wesentlicher Aspekt der Stoa.

Arkil
28-11-2021, 06:28
Zitat: Die Urchristen haben mit ihren starken Missionierungsversuchen eindeutig und bewusst römisches Recht verletzt (Missionierung verboten, da Unruhestiftung) und wurden deshalb von den regionalen Regierungen des römischen Reichs verfolgt und bestraft.

Meines Wissens waren die Römer immer sehr tolerant gegenüber anderen Religionen.Der Grund für die Verfolgungen war wohl eher,das Christen vieles ablehnten,worauf sich der römische Staat gründete.

https://relilex.de/christenverfolgung-roemisches-reich/

Zitat aus dem Text:Vielmehr machten sich die Christen strafbar, weil sie sich weigerten, die staatlich vorgeschriebenen Abgaben und Dienste zu leisten, insbesondere den Kaiserkult betreffend, der als Klammer die Einheit des Reiches trotz der Verschiedenheit der Kulturen fördern sollte, bei Juden und Christen allerdings wegen ihres streng monotheistischen Glaubens auf Ablehnung stiess.

Irgendein Römer sagte mal:Christen sind schlimmer als Tiere,sie töten sich gegenseitig,weil sie sich nicht auf ein Wort ihres Gottes einigen können.Oder so ähnlich.Habe jetzt leider keinen Beleg hierfür,ich weiss auch nicht mehr,wer dies sagte.Sie gefährdeten dieser Aussage nach den römischen Frieden.Die Gründe für die Verfolgungen waren also vielfältiger als nur Missionierungen.
Interessant finde ich ,dass der eine Grund(Missionierungen) so in der Wikipedia steht.Im Übrigen wurde die Frage nach den Konzepten innerer und Äusserer Kampfkunst noch immer nicht beantwortet :)

discipula
28-11-2021, 08:02
1)
gibt es kriterien/ziele gemäß derer man versuchen soll die dinge zu beinflussen, die unter der eigenen kontrolle stehen?

unnötiges Leid vermeiden ist eine der grossen Ideen.

und zwar nicht, indem man es zu ignorieren versucht (was ja heute in Mode ist), sondern indem man klar sieht, worum es geht.

Wer zum Beispiel erkennt - nicht nur intellektuell, sondern ganzheitlich - dass es keinen Anspruch darauf gibt, bis zum Lebensende mit dem geliebten Lebenspartner zusammen zu sein, wird eher das Bewusstsein dafür haben, welches Geschenk jeder einzelne Moment ist, den man mit einem geliebten Menschen verbringen darf. Und falls irgend etwas passiert, dass dies nicht mehr so ist - wird man mit dem Verlust auch besser fertig werden.

Seneca (mein Lieblingsstoiker) nennt da Beispiele wie der Tod von Frau und Kindern, ins Exil verbannt zu werden, oder das Abbrennen des Hauses.





2)
soll man nicht auch versuchen, dinge, die derzeit noch nicht unter der eigenen kontrolle stehen, einem aber wichtig erscheinen, unter seine kontrolle zu bekommen?

dann sind das eben grundsätzlich kontrollierbare Dinge. ja, warum nicht, wenn es der Mühe wert scheint?

Andererseits: man kann nicht unsterblich sein als Mensch, und zu versuchen, in diese Richtung zu gehen, ist von Anfang an zum Scheitern verurteilt. (auch das täte unserer modernen Kultur gut zu lernen...) und es ist und bleibt wahr, dass viele der wichtigsten Dinge im Leben nicht kontrollierbar sind. und man sich selbst behindert, und enorm viel Energie für nichts aufwendet, wenn man es versucht.





soll er nur die schwierigkeiten als wesen der welt akzeptieren oder auch die mögliche lebensfreude als ausgleich?

Freude akzeptieren dürfte ja wohl kein Problem sein, sowas muss man Leuten nicht beibringen. Oder doch?

Aber klar, geniesse, was du hast - aber hänge dein Herz nicht zu sehr daran.

Kunoichi Girl
28-11-2021, 08:50
Ja, durchaus. Autarkie ist ein wesentlicher Aspekt der Stoa.


Ein wesentlicher aspekt ist m.E. nicht notwendiger weise der kern einer idee.

Kunoichi Girl
28-11-2021, 09:04
unnötiges Leid vermeiden ist eine der grossen Ideen.

und zwar nicht, indem man es zu ignorieren versucht (was ja heute in Mode ist), sondern indem man klar sieht, worum es geht.

Wer zum Beispiel erkennt - nicht nur intellektuell, sondern ganzheitlich - dass es keinen Anspruch darauf gibt, bis zum Lebensende mit dem geliebten Lebenspartner zusammen zu sein, wird eher das Bewusstsein dafür haben, welches Geschenk jeder einzelne Moment ist, den man mit einem geliebten Menschen verbringen darf. Und falls irgend etwas passiert, dass dies nicht mehr so ist - wird man mit dem Verlust auch besser fertig werden.

Seneca (mein Lieblingsstoiker) nennt da Beispiele wie der Tod von Frau und Kindern, ins Exil verbannt zu werden, oder das Abbrennen des Hauses. . ...


Das wäre praktisch so eine art geistiges vorbereiten/wappnen auf möglicherweise eintretendes leid durch aneignen einer geistigen grundeinstellung zu und umgangsmethode mit (möglicherweise) künftig eintretenden schwierigkeiten/unerwünschten ereignissen?

discipula
28-11-2021, 09:07
Das wäre praktisch so eine art geistiges vorbereiten/wappnen auf möglicherweise eintretendes leid durch aneignen einer geistigen grundeinstellung zu und umgangsmethode mit (möglicherweise) künftig eintretenden schwierigkeiten/unerwünschten ereignissen?

so ungefähr.

Wobei die künftig eintretenden Schwierigkeiten nicht nur möglicherweise, sondern ganz bestimmt kommen. spätestens der eigene Tod

Joykey
28-11-2021, 10:41
Meines Wissens waren die Römer immer sehr tolerant gegenüber anderen Religionen.Der Grund für die Verfolgungen war wohl eher,das Christen vieles ablehnten,worauf sich der römische Staat gründete.

https://relilex.de/christenverfolgung-roemisches-reich/

Zitat aus dem Text:Vielmehr machten sich die Christen strafbar, weil sie sich weigerten, die staatlich vorgeschriebenen Abgaben und Dienste zu leisten, insbesondere den Kaiserkult betreffend, der als Klammer die Einheit des Reiches trotz der Verschiedenheit der Kulturen fördern sollte, bei Juden und Christen allerdings wegen ihres streng monotheistischen Glaubens auf Ablehnung stiess.

Irgendein Römer sagte mal:Christen sind schlimmer als Tiere,sie töten sich gegenseitig,weil sie sich nicht auf ein Wort ihres Gottes einigen können.Oder so ähnlich.Habe jetzt leider keinen Beleg hierfür,ich weiss auch nicht mehr,wer dies sagte.Sie gefährdeten dieser Aussage nach den römischen Frieden.Die Gründe für die Verfolgungen waren also vielfältiger als nur Missionierungen.
Interessant finde ich ,dass der eine Grund(Missionierungen) so in der Wikipedia steht.Im Übrigen wurde die Frage nach den Konzepten innerer und Äusserer Kampfkunst noch immer nicht beantwortet :)

Interessant, aber Dein Link zu einer religionspädagogischen Website gibt keine wissenschaftliche Quelle an, ist also nur halbwegs brauchbar, um diesbezüglich konkreter zu recherchieren, mehr jedoch nicht. Allerdings ging es hier im Thread sowieso nur um die Christenverfolgung in der Kaiserzeit Marc Aurels. Dazu habe ich schon geschrieben, dies mit wissenschaftlich haltbarer Quellenangabe. Der Kampfkunst-Aspekt wurde in einem anderen Thread besprochen, auch das habe ich hier im Thread bereits verlinkt. Ich würde mal den Thread hier nochmal zur Auffrischung nachlesen.

Kunoichi Girl
28-11-2021, 11:22
... Wobei die künftig eintretenden Schwierigkeiten nicht nur möglicherweise, sondern ganz bestimmt kommen. spätestens der eigene Tod


Deswegen hatte ich „möglicherweise“ in klammern gesetzt.

Kunoichi Girl
28-11-2021, 11:28
so ungefähr. ...


Soweit ich gemäß #120 verstanden habe, soll man zur selbstvervollkommnung/weisheitserlangung aber nicht nur passiv aushalten, sondern auch aktiv sein.

Gibt es für den aktiven umgang mit den jeweiligen lebenssituationen auch ziele/kriterien/ggf. sogar (ungeschriebene moralische) richtlinien/gesetze, an die man sich halten soll?

discipula
28-11-2021, 11:37
Gibt es für den aktiven umgang mit den jeweiligen lebenssituationen auch ziele/kriterien/ggf. sogar (ungeschriebene moralische) richtlinien/gesetze, an die man sich halten soll?

verändere, was zu verändern ist, und akzeptiere, was nicht zu verändern ist. Sei ehrlich, speziell mit dir selbst.

Der Rest lässt sich daraus ableiten.

Falls du dich dazu nicht in der Lage fühlen solltest, empfehle ich das Lesen der Paulusbriefe.

Joykey
28-11-2021, 12:11
verändere, was zu verändern ist, und akzeptiere, was nicht zu verändern ist. Sei ehrlich, speziell mit dir selbst.

Der Rest lässt sich daraus ableiten.

Falls du dich dazu nicht in der Lage fühlen solltest, empfehle ich das Lesen der Paulusbriefe.


Ja, Paulus kannte offenbar den Bruder von Seneca und wurde auch vom Stoizismus beeinflusst, was besonders im Römerbrief spürbar ist und zudem in Apostelgeschichte 17 erwähnt wird. Dort traf er die griechischen Stoiker in Athen.

Kunoichi Girl
28-11-2021, 13:07
verändere, was zu verändern ist, ...


Gibt es kriterien hinsichtlich der richtung(en)/ziele in die/zu denen hin etwas verändert und der mittel mit denen dies bewirkt werden soll?

Joykey
28-11-2021, 14:05
Die Leitziele habe ich schon auf der ersten Seite des Threads angesprochen. Warum in die Ferne schweifen mit Fragen, wenn die Antwort liegt so nah - nämlich direkt im Thread auf Seite 1.


Zur "Berg-Perspektive" auf Leben & Arbeitsweise

Marcus Aurelius Antonius, Selbstbetrachtungen.
X 15, VIII 32, VI 16+35, III 4.

"Lebe wie auf einem Berg! Bringe in dein ganzes Leben
und in jede einzelne Handlung Ordnung!

Es kann sich ein Widerstand erheben,
vielleicht tritt etwas deiner Tätigkeit in den Weg.
Doch lässt du dir auch jenes Hindernis gefallen
und schreitest mit Überlegung fort zu dem,
was dir noch freisteht,
so tritt sogleich ein neuer Gegenstand der Tätigkeit an die Stelle
und wird sich in die Lebensordnung fügen, von der wir reden.

Denn jede Arbeit will nichts Anderes,
als die Dinge ihrem Zweck entsprechend gestalten,
Steht es damit gut bei dir,
so brauchst du dir um andere Dinge keine Sorgen zu machen.

Hörst du jedoch nicht auf damit,
auf eine Menge anderer Dinge Wert zu legen,
so bist du noch kein freier, selbständiger Mensch.

Sieh doch, wie der gewöhnliche Künstler
sich zwar nach dem Geschmack des Publikums richtet,
aber trotzdem an den Vorschriften seiner Kunst festhält
und ihren Regeln zu genügen strebt!

Indem er sich selten und nur in Hinblick auf das allgemeine Beste
mit dem beschäftigt, was ein anderer sagt, tut oder denkt,
wendet er seine ganze Tätigkeit seinen eigenen Angelegenheiten zu.

Und die Bestimmung,
die ihm die ewigen geistigen Naturgesetze auferlegen,
ist der beständige Gegenstand seines poetischen Nachdenkens."

Quelle: Gutenberg Projekt

Das Berg-Zitat von Marcus Aurelius fasst das Leitziel meiner eigenen Handlungs- und Zielanleitung sehr gut zusammen. Ich nehme die von Marcus Aurelius Antonius beschriebene "Berg-Perspektive" schon länger ein seit dem großen minimalistischen Loslassen, äußerlich und innerlich. Ich bringe immer mehr Ordnung in mein ganzes Leben, grundsätzlich, insgesamt, jedoch auch konkret bis ins Kleinste, um meinem Leben eine klar strukturierte Richtung zu geben zu den Zielen, die ich realisieren möchte.

Kunoichi Girl
28-11-2021, 14:54
Ok:



"Lebe wie auf einem Berg! Bringe in dein ganzes Leben
und in jede einzelne Handlung Ordnung!


Ein kriterium zur ausrichtung des eigenen handlungsziels wäre also die ordnung?

Falls ja:

1)
Welche kriterien gelten für die ziele, denen diese ordnung dienen soll?

Es gibt ja auch böse ziele, zb die ordnung als grundlage einer menschenverachtenden diktatur.

2)
Welche kriterien gelten für die mittel, mit denen die ordnung hergestellt wird?

Es gibt ja auch böse mittel, wie zb töten und einsperren.



... Denn jede Arbeit will nichts Anderes,
als die Dinge ihrem Zweck entsprechend gestalten,
Steht es damit gut bei dir,
so brauchst du dir um andere Dinge keine Sorgen zu machen. ...

Hinsichtlich des zwecks der arbeit und der dafür angewandten mittel stellen sich m.E. dieselben fragen wie oben.



... das allgemeine Beste ...

Dieses könnte ein kriterium sein für die mittel, mit denen man die o.g. Ordnung herstellt und dafür, wie man diese ordnung nach der herstellung verwendet.

Falls ja, nach welchen kriterien bestimmt sich, was das allgemeine beste (jeweils) ist?



... Und die Bestimmung, die ihm die ewigen geistigen Naturgesetze auferlegen, ...

Die ewigen geistigen naturgesetze könnten (objektive) kriterien dafür sein, zu prüfen/erkennen, was das jeweils allgemeine beste ist und wie welche ordnung dafür jeweils herzustellen und danach anzuwenden ist.

Um das zu beurteilen bzw. nach erfolgter positiver beurteilung dann anwenden/ausführen zu können, müsste man diese ewigen geistigen Naturgesetze/deren Inhalt kennen.

Werden diese durch die Stoa benannt?

Joykey
28-11-2021, 16:03
Werden diese durch die Stoa benannt?

Einiges habe ich Dir ja schon genannt, z. B. die Nächstenliebe oder eine gerechte, auf der Demokratie der Gemeinschaft beruhenden Rechtsordnung, was insgesamt dem Grundethos einer relativ fortgeschrittenen Zivilisation entspricht. Der Stoizismus entwickelte sich aus der Unterschicht und aus dem demokratischen Gemeinschaftssinn, wodurch sich auch gewisse moralische Sittenlehren etablierten, im juridischen Sinne, worauf dann die römische Rechtsordnung wiederum juristisch aufbaute, sich weiterentwickelte und bis zu unserem heutigen demokratischen Rechtsverständnis Einfluss ausübte.

Der deutschsprachige Bibelwissenschaftsartikel zur Stoa gibt eine gute Übersicht und weist Quellennachweise auf. Ich würde das mal nachlesen. https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/53988/

Joykey
28-11-2021, 18:39
Übrigens interessant, welchen Einfluss die Kyniker und Stoiker auch auf das Judentum hatten, bevor überhaupt das Christentum begann. So gibt es Anzeichen dafür, dass Jesus ein jüdischer Kyniker war. Die Kyniker waren dafür bekannt "anzuecken".

Aus aktuellem Anlass und in Bezug auf die Bedeutung der demokratischen Rechtsordnung als ständig neu zu verteidigende Errungenschaft der Zivilisation:

Ich schaute mir in den letzten Jahren jeweils in der Adventszeit die Chanukkah-Zeremonie in Karlsruhe an, welche der jüdische Chabad-Rabbiner Mordechai Mendelson, den ich auch persönlich kenne, auf dem Markplatz in Karlsruhe darbietet, dies als Zeichen gegen den Antisemitismus und im Wunsch der Einheit aller Menschen in Frieden & Liebe. Er lädt jeweils hochrangige Redner ein aus dem in Karlsruhe liegenden Bundesverfassungsgericht Deutschlands. Deshalb ist der Symbolcharakter sehr groß in Karlsruhe, der Residenz des Rechts in Deutschland. Die Redner aus dem Bundesverfassungsgericht sprechen tiefbewegende gute Reden. Kein Politikergewäsch. Also das ist schon toll und läuft über den ganzen Dezember mit immer weiteren Kerzen, wobei die Reden bei den letzten Kerzen folgen.

Letztes Jahr:

Youtube: Rabbiner Mordechai Mendelson - jüdische Lichterfest Chanukkah Karlsruhe 2020
https://youtu.be/WOLfXf__nGo


https://youtu.be/WOLfXf__nGo

wi lee
29-11-2021, 12:20
Danke fürs teilen des Karlsruher Videos. Auch für die interessanten Posts.

Joykey
06-12-2021, 15:09
Danke @wi lee

Überzeugungen sind keine Beweise
Was weiß der winzige Mensch schon im Kontext des Kosmos. Ist er denn im Vergleich dazu nicht nur ein Einzeller? Was weiß schon die Ameise auf meinem Bein von mir als Mensch? Wie soll sie mich erkennen?

Es wundert mich immer wieder, wie selbstsicher sich Menschen geben in Sachverhalten, die ihnen nicht wirklich zugänglich sind. Was soll ich sagen, wenn jemand überzeugt ist: "Hinter dieser verschlossenen Tür gibt es NICHTS." Wie kann er das wissen, wenn er noch nicht durch diese Tür getreten ist?

Die ersten Atheisten waren überzeugt, dass NICHTS über der Wolkendecke existiere. Agnostizismus kann ich gut nachvollziehen, aber der Atheismus gibt sich selbst eine begrenzte Antwort, ohne nachzuschauen, und verwechselt vorübergehende, revidierbare und äußerst begrenzte Interpretationen der Realität mit der Realität selbst.

Allan Sandage, berühmter Astronom und zynischer Atheist, rückte letztlich auch von dieser Haltung ab angesichts der Ordnung des Kosmos. Seine eigenen authentischen Beobachtungen zum Kosmos waren ausschlaggebend und keine beliebigen Impulse, austauschbaren Theorien und "Meinungen der Vielen". Er kam zum gleichen Schluss wie Marc Aurel, der sich in seinen Selbstbetrachtungen wie folgt ausdrückt in VI.10:


"Entweder es ist alles ein Ergebnis des Zufalls, Verflechtung und Zerstreuung,
oder es gibt eine Einheit, eine Ordnung, eine Vorsehung.

Nehme ich das erstere an, wie kann ich wünschen,
in diesem planlosen Gemisch, in dieser allgemeinen Verwirrung zu bleiben?
Was könnte mir dann lieber sein, als so bald wie möglich Erde zu werden?
Denn die Auflösung wartete meiner, was ich auch anfinge.

Ist aber das andere, so bin ich mit Ehrfurcht erfüllt und heiteren Sinnes
und vertraue dem Herrscher des Alls."

Quelle: Gutenberg-Projekt.org

Schöne Weihnachtszeit!
Ich sage immer: Egal ob du an Gott glaubst, Gott glaubt an dich! :)
Lieben Gruß, Joykey

period
06-12-2021, 16:11
Überzeugungen sind keine Beweise
Was weiß der winzige Mensch schon im Kontext des Kosmos. Ist er denn im Vergleich dazu nicht nur ein Einzeller? Was weiß schon die Ameise auf meinem Bein von mir als Mensch? Wie soll sie mich erkennen?

Es wundert mich immer wieder, wie selbstsicher sich Menschen geben in Sachverhalten, die ihnen nicht wirklich zugänglich sind. Was soll ich sagen, wenn jemand überzeugt ist: "Hinter dieser verschlossenen Tür gibt es NICHTS." Wie kann er das wissen, wenn er noch nicht durch diese Tür getreten ist?

Die ersten Atheisten waren überzeugt, dass NICHTS über der Wolkendecke existiere. Agnostizismus kann ich gut nachvollziehen, aber der Atheismus gibt sich selbst eine begrenzte Antwort, ohne nachzuschauen, und verwechselt vorübergehende, revidierbare und äußerst begrenzte Interpretationen der Realität mit der Realität selbst.

Allerdings kann man die gleiche Logik auf jede beliebige Glaubensrichtung oder Philosophie anwenden, die Aussagen zu einem höheren Sinn des Lebens trifft. Faktisch hat sich keine davon bisher als in diesem Leben beweisbar erwiesen, umgekehrt ist auch das Widerlegen schwierig.


Egal ob du an Gott glaubst, Gott glaubt an dich! :)
Wenn das mal keine Überzeugung ist.

Asgar
06-12-2021, 20:33
...
Die ersten Atheisten waren überzeugt, dass NICHTS über der Wolkendecke existiere...

Wer war das denn und wo hat wann hat derjenige das gesagt?

Joykey
06-12-2021, 23:28
Wer war das denn und wo hat wann hat derjenige das gesagt?

"Das geozentrische Weltbild basiert auf der Annahme, dass die Erde und damit auch der Mensch im Universum eine zentrale Position einnehmen, so dass alle Himmelskörper (Mond, Sonne, die anderen Planeten und die Fixsterne) die Erde umkreisen. Das geozentrische Weltbild entspricht dem unmittelbaren Augenschein." Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Geozentrisches_Weltbild

Joykey
06-12-2021, 23:35
Wenn das mal keine Überzeugung ist.

Es ist keine Überzeugung, sondern lediglich ein perspektivisches Zurechtrücken der menschlichen Allmachtsphantasie, welche glaubt, etwas außerhalb seiner Selbst ausreichend wahrnehmen und beurteilen zu können bzw. davon auszugehen, dass dies überhaupt wichtig sei.

period
07-12-2021, 00:20
"Das geozentrische Weltbild basiert auf der Annahme, dass die Erde und damit auch der Mensch im Universum eine zentrale Position einnehmen, so dass alle Himmelskörper (Mond, Sonne, die anderen Planeten und die Fixsterne) die Erde umkreisen. Das geozentrische Weltbild entspricht dem unmittelbaren Augenschein." Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Geozentrisches_Weltbild

Das hat aber erstmal mit Atheismus nichts zu tun. De facto verorten fast alle mir bekannten pantheistischen Religionen ihr Pantheon "irdisch". Auch JHWH hat seine Karrier meines Wissens als recht irdischer Feuergott begonnen, die Erhebung über die Wolken kam später.

period
07-12-2021, 00:28
Es ist keine Überzeugung, sondern lediglich ein perspektivisches Zurechtrücken der menschlichen Allmachtsphantasie, welche glaubt, etwas außerhalb seiner Selbst ausreichend wahrnehmen und beurteilen zu können bzw. davon auszugehen, dass dies überhaupt wichtig sei.

Du möchtest also eine im Prinzip agnostische Aussage über die Erwähnung eines Gottes treffen? Und die menschliche Allmachtsphantasie zurechtrücken durch die Aussage, dass dieser Gott (dessen Existenz Du in logischer Weiterführung Deines Argumentes nicht beurteilen könntest, geschweige denn Aussagen über sein Wesen und seine Geisteshaltung zu treffen) an den Menschen glaubt?
Das klingt für mich unnötig kompliziert (es ist ja nicht so, dass Atheist*innen und Agnostiker*innen nicht praktisch tagtäglich mit Menschen konfrontiert werden, die an irgendwelche höhere Mächte glauben), abgesehen davon, dass auch der zweite Teil der Aussage wieder wie eine Überzeugung klingt, oder ein Vorurteil gegenüber Atheist*innen. Es ist ja auch nicht so, dass nicht diverse Allmachtsphantasien (for all practical intents and purposes) schon genau mit einer göttlichen Sendung ("Macht euch die Erde untertan." oder "Gott will es!") begründet worden wären.

Joykey
07-12-2021, 00:43
Das hat aber erstmal mit Atheismus nichts zu tun. De facto verorten fast alle mir bekannten pantheistischen Religionen ihr Pantheon "irdisch". Auch JHWH hat seine Karrier meines Wissens als recht irdischer Feuergott begonnen, die Erhebung über die Wolken kam später.

Die damaligen Atheisten hätten es aber allesamt besser wissen müssen, wenn sie davon ausgehen, genau zu wissen, was existiert und was nicht. Die "Gläubigen" hatten wenigstens noch so viel Phantasie, sich mehr vorstellen zu können und es wie die Agnostiker nicht gleich zu verneinen, dass da noch mehr ist außerhalb dessen, was das menschliche Auge sehen kann. Von daher war z. B. ein Künstler, der sich ganze Welten von Galaxien vorstellte, der Realität näher als der Atheist zu der damaligen Zeit, der sich an das damalige beschränkte Weltbild hielt und nur das für möglich hielt, was seine Augen sehen konnten. Dasselbe gilt auch für heute. Es gibt noch vieles zu entdecken. Die heutige Wissenschaft wird später genauso altbacken erscheinen.

Joykey
07-12-2021, 00:52
oder ein Vorurteil gegenüber Atheist*innen. Es ist ja auch nicht so, dass nicht diverse Allmachtsphantasien (for all practical intents and purposes) schon genau mit einer göttlichen Sendung ("Macht euch die Erde untertan." oder "Gott will es!") begründet worden wären.

Stimmt, Atheisten sind genauso Wahrheitsfanatiker wie solche Wahrheitsdiktatoren im Glauben. Nur der Agnostiker ist neutral. Ohne gesunden agnostischen Anteil endet es immer im Extremismus. Ich halte vieles agnostisch offen, das meiste.

period
07-12-2021, 06:52
Die damaligen Atheisten hätten es aber allesamt besser wissen müssen, wenn sie davon ausgehen, genau zu wissen, was existiert und was nicht. Die "Gläubigen" hatten wenigstens noch so viel Phantasie, sich mehr vorstellen zu können und es wie die Agnostiker nicht gleich zu verneinen, dass da noch mehr ist außerhalb dessen, was das menschliche Auge sehen kann. Von daher war z. B. ein Künstler, der sich ganze Welten von Galaxien vorstellte, der Realität näher als der Atheist zu der damaligen Zeit, der sich an das damalige beschränkte Weltbild hielt und nur das für möglich hielt, was seine Augen sehen konnten. Dasselbe gilt auch für heute. Es gibt noch vieles zu entdecken. Die heutige Wissenschaft wird später genauso altbacken erscheinen.

Nochmals: das physikalische Weltbild und der Glaube einer Person lassen sich erstmal nicht 1:1 gleichsetzen, ebensowenig wie Glaube und Wissenschaftsfreundlichkeit o.ä. Wissenschaft ist für die meisten Menschen heute auch nichts anderes als ein Glauben - nichts, was sie selbst jemals nachprüfen werden oder können. Was Phantasie angeht, die dürfte bereits damals kollektiv gewesen sein - wenn Dir alle sagen, dass in jedem Tümpel eine Nymphe wohnt, dann braucht es nicht zwingend viel Phantasie, um das zu glauben. Philosophie und Phantasie sollte man m.E. auch eher trennen - de facto is Animismus eines der einfachsten Erklärungsmodelle für das, was man wahrnimmt, sieht man ja auch bei Kindern.

period
07-12-2021, 06:59
Stimmt, Atheisten sind genauso Wahrheitsfanatiker wie solche Wahrheitsdiktatoren im Glauben. Nur der Agnostiker ist neutral.

Na ja, der Agnostiker geht zum Beispiel davon aus, dass die Erkenntnisfähigkeit aller Menschen seine eigene nicht massgeblich übersteigt, was er letztlich auch nicht beweisen kann. Was Atheisten und Gläubige angeht - historisch betrachtet hatten wir bislang deutlich mehr missionierungswütige Religionen als missionierungswütige Atheisten. Man könnte sogar argumentieren, dass es bislang kein einziges echtes atheistisches Regime gegeben hat, sondern allenfalls welche, die unter der Fahne des Atheismus de facto Religion durch politische Ideologie ersetzt haben, was sich faktisch auch wieder auf Überzeugungen rausläuft.

Joykey
07-12-2021, 14:38
Na ja, der Agnostiker geht zum Beispiel davon aus, dass die Erkenntnisfähigkeit aller Menschen seine eigene nicht massgeblich übersteigt, was er letztlich auch nicht beweisen kann.

Die meisten, ob nun gläubig, agnostisch oder atheistisch, können den heutigen naturwissenschaftlichen Stand in ihr Weltbild integrieren, da die Naturwissenschaft sowieso nicht untersuchen kann, was außerhalb des naturwissenschaftlich Messbaren liegt, d. h. die Naturwissenschaft prüft nur einen Teilbereich der Realität und muss einen methodischen Atheismus anwenden, weil Gott in dieser Gleichung von vornherein nicht vorkommen darf, da die naturwissenschaftlichen Kriterien dafür fehlen und dies deshalb ausgeklammert wird. Es gibt Wissenschaftler und Wissenschaftsgläubige, welche diesen naturwissenschaftlichen Teilaspekt und damit ein vereinfachtes, einseitiges Modell der Wirklichkeit mit der tatsächlichen Realität verwechseln und deshalb allgemein einen Atheismus entwickeln.

Asgar
07-12-2021, 15:03
"Das geozentrische Weltbild basiert auf der Annahme, dass die Erde und damit auch der Mensch im Universum eine zentrale Position einnehmen, so dass alle Himmelskörper (Mond, Sonne, die anderen Planeten und die Fixsterne) die Erde umkreisen. Das geozentrische Weltbild entspricht dem unmittelbaren Augenschein." Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Geozentrisches_Weltbild

Das hat a.) nichts mit Atheismus zu tun woe period schon korrekt angesprochen hat, b.) hat es nichts mit deiner Aussage zu tun (es gibt nichts über den Wolken vs alles im Universum kreist um uns) und c.) steht im Artikel drin das das nur die herrschende und nicht die einzige Meinung war.

Joykey
07-12-2021, 15:21
@Asgar
Ja, gab sicher auch noch einige, die an die flache Erde glaubten. Aber das führt zu sehr vom Thema hier weg. Der Thread handelt primär von Marc Aurel und seiner Sichtweise.

period
07-12-2021, 15:31
Die meisten, ob nun gläubig, agnostisch oder atheistisch, können den heutigen naturwissenschaftlichen Stand in ihr Weltbild integrieren, da die Naturwissenschaft sowieso nicht untersuchen kann, was außerhalb des naturwissenschaftlich Messbaren liegt, d. h. die Naturwissenschaft prüft nur einen Teilbereich der Realität und muss einen methodischen Atheismus anwenden, weil Gott in dieser Gleichung von vornherein nicht vorkommen darf, da die naturwissenschaftlichen Kriterien dafür fehlen und dies deshalb ausgeklammert wird. Es gibt Wissenschaftler und Wissenschaftsgläubige, welche diesen naturwissenschaftlichen Teilaspekt und damit ein vereinfachtes, einseitiges Modell der Wirklichkeit mit der tatsächlichen Realität verwechseln und deshalb allgemein einen Atheismus entwickeln.

Die Aussage passt zwar m.E. nicht wirklich zu dem, was ich geschrieben habe ("Erkenntnisfähigkeit" war theologisch gemeint und von Naturwissenschaft ist keine Rede), aber ok.

Erstens würde ich argumentieren, dass es auch Wissenschaften gibt, die keineswegs a priori einen Atheismus voraussetzen, im Prinzip alles, was an den philosohischen und theologischen Fakultäten angesiedelt ist. Die Integration von Religion in Naturwissenschaft oder Naturwissenschaft in Religion ist m.E. allerdings ziemlich problematisch, gerade letzteres funktioniert m.E. nur mit ziemlich vielen gedanklichen Verbrezlungen ("wir haben euch die Wahrheit gesagt, nur eben die Wahrheit, die ihr zu hören bereit wart..." - da sieht man dann die Gemeinsamkeiten von Religion und Politik).
Zweitens glaubt meiner Erfahrung nach fast jeder Mensch an irgendetwas ausser scih selbst - nicht zwingend religiös, aber die allermeisten haben ein moralisches Weltbild mit "richtig" und "falsch" bzw. "erlaubt" und "nicht erlaubt" (was nicht bedeutet, dass sie alle das Gleiche darunter verstehen, sondern ggf. nur abwägen, ob sie dabei erwischt werden), und glauben an die Realität gewisser soziale Konstrukte bzw. Allegorien - Familie, Romantik, Ehre, wasweissich - was einem reinen Atheismus widersprechen würde, es treten nur andere Leitlinien, "höhere Prinzipien" oder "höhere Mächte" an die Stelle einer göttlichen Macht. "Atheisten in Reinkultur" wird man m.E. diesseits gewisser psychologischer Profile kaum finden.
Drittens - Wissenschaft mag eine Vereinfachung sein, aber das trifft auf jedes Weltbild zu. Ob ein Weltbild, das einen Logos o.ä. voraussetzt, wirklich komplexer ist als eines, das dem naturwissenschaftlichen Modell folgt und etwaige Leitlinien für ein richtiges Leben moralisch-juristisch argumentiert, liegt wohl allenfalls beim Einzelnen, eine Notwendigkeit besteht dafür erstmal nicht.
Und viertens könnte man philosophisch argumentieren, dass ausnahmslos jede "Realität" letztlich subjektive Wahrnehmung ist - und es allenfalls darauf ankommt, was jemand mit seiner Realität macht bzw. ihr abgewinnt, nicht wie komplex die ist. Je komplexer Gesellschaften werden, desto weniger würde ich erwarten, dass sich jemand ausserhalb seines Tätigkeitsfeldes wirklich auskennt. Mit anderen Worten, wir verwechseln alle irgendwo zwangsläufig unser Modell von Wirklichkeit mit Realität. Da macht es prinzipiell auch erstmal keinen Unterschied, ob wir nur Teilausschnitte der Realität wahrnehmen, oder ob diese Wahrnehmung zudem X Filter und Interpretationen durchläuft.

period
07-12-2021, 15:49
Ja, gab sicher auch noch einige, die an die flache Erde glaubten.

Beides gleichzusetzen ist aber methodisch nicht zulässig, nachdem es auch unter den Anhängern verschiedener Religionen, ebenso wie unter den Stoikern entsprechende Überzeugungen gegeben haben dürfte.

Joykey
07-12-2021, 16:14
@period
Ja, das ist wohl die ganz moderne, äußerst komplexe Philosophie. Vielleicht deshalb verlässt sich jeder Individualist dann letztlich doch auf die eigene vernünftige und intuitive Wahrnehmung (in den entsprechenden unterschiedlichen Ebenen).

Youtube: «Falsch: Alle Philosophien der letzten 2500 Jahre!» - Sternstunde Philosophie - SRF Kultur
Markus Gabriel zählt zu den originellsten und mutigsten Denkern der Gegenwart. Ausgehend von der ältesten Frage der Philosophie – der nach dem Unterschied zwischen Sein und Schein – fordert er eine radikale Neubeschreibung unseres Daseins und seiner leitenden Werte.


https://youtu.be/YW61JdUXySw

Gast
07-12-2021, 19:59
Könnt ihr mal kurz wieder die Frage um die es geht auf den Punkt bringen?
Merci.

Joykey
08-12-2021, 00:08
Ich habe die Fragen fett hervorgehoben. Würde mich interessieren, wie ihr das wahrnehmt und definiert für euch.
Ich empfinde es so wie Marc Aurel.



Was weiß der winzige Mensch schon im Kontext des Kosmos. Ist er denn im Vergleich dazu nicht nur ein Einzeller? Was weiß schon die Ameise auf meinem Bein von mir als Mensch? Wie soll sie mich erkennen?

Es wundert mich immer wieder, wie selbstsicher sich Menschen geben in Sachverhalten, die ihnen nicht wirklich zugänglich sind. Was soll ich sagen, wenn jemand überzeugt ist: "Hinter dieser verschlossenen Tür gibt es NICHTS." Wie kann er das wissen, wenn er noch nicht durch diese Tür getreten ist?

Die ersten Atheisten waren überzeugt, dass NICHTS über der Wolkendecke existiere. Agnostizismus kann ich gut nachvollziehen, aber der Atheismus gibt sich selbst eine begrenzte Antwort, ohne nachzuschauen, und verwechselt vorübergehende, revidierbare und äußerst begrenzte Interpretationen der Realität mit der Realität selbst.

Allan Sandage, berühmter Astronom und zynischer Atheist, rückte letztlich auch von dieser Haltung ab angesichts der Ordnung des Kosmos. Seine eigenen authentischen Beobachtungen zum Kosmos waren ausschlaggebend und keine beliebigen Impulse, austauschbaren Theorien und "Meinungen der Vielen". Er kam zum gleichen Schluss wie Marc Aurel, der sich in seinen Selbstbetrachtungen wie folgt ausdrückt in VI.10:


"Entweder es ist alles ein Ergebnis des Zufalls, Verflechtung und Zerstreuung,
oder es gibt eine Einheit, eine Ordnung, eine Vorsehung.

Nehme ich das erstere an, wie kann ich wünschen,
in diesem planlosen Gemisch, in dieser allgemeinen Verwirrung zu bleiben?
Was könnte mir dann lieber sein, als so bald wie möglich Erde zu werden?
Denn die Auflösung wartete meiner, was ich auch anfinge.

Ist aber das andere, so bin ich mit Ehrfurcht erfüllt und heiteren Sinnes
und vertraue dem Herrscher des Alls."

Quelle: Gutenberg-Projekt.org

Cam67
08-12-2021, 00:59
Ich hab bis jetzt nirgendwo eine klare , eindeutige, Methode gefunden , oder System , was mir unbestreitbar aufzeigt , das überhaupt diese Tür existiert , geschweige denn ob sie verschlossen oder unverschlossen ist und ob sich etwas dahinter befindet.
Egal wo ich hinschaute ,es lief alles über den Selben Weg , und der ging IMMER nach Innen. Aber da ist Nichts , was sich irgendwie beweisen oder verteidigen liesse oder diese hier zu lesende Selbstsicherheit rechtfertigt. Schon garnicht mit wissenschaftlichen Anspruch ^^.
Und ich bin mit Sicherheit kein Atheist

Und wenn dort etwas zu finden gab , dann das alle , wirklich alle systeme , Strömungen .... auch nur Fragmente darstellen , in dem Versuch der Beschreibung dieser einen Wirklichkeit und Wege dahin anzubieten ..
Da macht die Stoa keine Ausnahme

Joykey
08-12-2021, 04:03
Dazu fällt mir spontan ein Yogi ein, den ich auch aus dem Internet kenne, der hin und wieder von seinen Kontakten zum Dalai Lama erzählt.

Dieser Yogi (der auch ein Epikureer ist) geht von der Einheit der Religionen aus und hat dazu eine sehr nette Geschichte geschrieben und auf seinem lesenswerten Blog veröffentlicht:
https://mystiker2.wordpress.com/2013/03/18/religiose-toleranz/

Diese metaphorische Geschichte vom Berg und den Religionen gefällt mir sehr gut. Der Stoiker nähme zu Gott die Mantren "Logos", "Kosmos", "Allnatur", "Vernunft" und "Intuition".

Nils Horn, so heißt der Yogi, interpretiert auch bekannte Märchen auf spirituelle Weise, sehr interessant. Dort spricht er immer wieder vom mittleren Weg, den einerseits der Dalai Lama gehe, wie auch die Epikureer. Man versucht, einen gesunden Ausgleich zwischen innerem und äußerem Leben zu finden. Die Stoiker sehen das ähnlich, ebenso ich selbst.

Nils Horn - Märchen Nr. 20. Die Lebenszeit
https://mystiker2.wordpress.com/2021/10/12/das-spirituelle-marchenbuch-die-schonsten-marchen-und-ihre-bedeutung/#20

Gast
08-12-2021, 10:00
1) Was weiß der winzige Mensch schon im Kontext des Kosmos?
Praktisch nichts, oder eine ganze Menge - je nachdem was man als Bezugspunkt nimmt.

2) Ist er denn im Vergleich dazu nicht nur ein Einzeller?
Metaphorisch gesprochen? Ja vielleicht. (Stichwort morphogenetisches Feld und dergleichen?)

3) Was weiß schon die Ameise auf meinem Bein von mir als Mensch?
Vermutlich wenig bis nichts.

4) Wie soll sie mich erkennen?
Gar nicht? (Stichwort: What it is like to be a bat?)

Jede dieser vier Fragen könnte man jetzt natürlich ausführlich diskutieren, aber wo ist da speziell der Bezug zur Stoa?

Ansonsten schließe ich mich mal weitgehend dem Post von Cam an.

OliverT
08-12-2021, 12:22
Müsste es nach der Stoa nicht egal sein, ob es einen Gott gibt oder nicht? Immerhin könnte man die Stoa zusammenfassen mit: Gib dein bestes bei dem was du verändern kannst und kümmer dich nicht um das was außerhalb deines Einflussbereichs liegt.

Fritzz
08-12-2021, 12:45
[QUOTE=Cam67;3830608]
Und ich bin mit Sicherheit kein Atheist
/QUOTE]

Galubst du an Götter oder andere "höhere Mächte"? oder meinst du dass die Entwicklung der Welt ein natürlicher Prozess ist. Im Fall 2 bist du dann eher ein A-Theist. Denk ich.

Cam67
08-12-2021, 13:58
[QUOTE=Cam67;3830608]
Und ich bin mit Sicherheit kein Atheist
/QUOTE]

Galubst du an Götter oder andere "höhere Mächte"? oder meinst du dass die Entwicklung der Welt ein natürlicher Prozess ist. Im Fall 2 bist du dann eher ein A-Theist. Denk ich.

Atheist bedeutet ja "Nicht-Gott" , "kein gott" oder "Ohne Gott" .
Was ich damit ausdrücken will ,ist ,das ich es nicht verneine , genauso wenig kann ich es aber auch bejaen , weil ich beides , weder bestätigen noch widerlegen kann. Weil alles was in diesen Bereich, Gott , Schöpfer usw.fällt ..menschliche Konstrukte sind . Jede Sicht darauf ,ist ein menschliches Konzept und damit IMMER begrenzt , ......Auch der Stoizismus

Exisitiert da nichts , sind unsere inneren Erfahrungen ,und "scheinbare" Äussere , nur interpretationen , Projektionen ..
Existiert da etwas , können wir es nicht fassen , da es sich ja um ein Phänomen handelt , was sich ausserhalb (nicht räumlich) unserer eingechränkten physischen Wahrnehmung befindet ..und sich nur durch Mittlung über die Begrenzung (Materie ) und innere Erfahrungen , offenbart.

Deshalb gibt es ja das Konzept der "Wunder" (scheinbare Aufhebung physikalischer Gesetze) , Als ein Ausdruck des Göttlichen , um unser Bewusstsein durch Teilhabe daran ,zu erweitern , zu erheben ,zu öffnen..und das Konzept der Erleuchtung , als eine Erweiterung unseres Bewusstseins , um sich dieser Wirklichkeit , dieser Wahrheit , zu nähern ....vollständig wird es aber nicht gehen , da wir immernoch in unseren Körpern existieren und damit ihren Beschränkungen unterliegen ..

Beides , Wunder als auch Erleuchtung , kann aber jederzeit auch als unvollständiger Wissensstand aufgefasst werden , interpretiert werden .... und damit steht immer die Wahl , als was ich es für mich anerkennen will..Bin ich mit etwas konfrontiert worden , was ev. in diese Kategoie fallen könnte , kann ich es bezweifeln und als nichterklärbar einstufen , weil mir das nötige physische Wissen fehlt oder es einfach als nicht "echt" eintakten ....
oder .. ich nehme es als Ausdruck des Göttlichen und damit als Bestätigung dafür das es noch etwas gibt , was auf diese angesprochene TÜR hinweisst.

Beides sind aber im Endeffekt erstmal Entscheidungen und nie eine objektive Gewissheit ...das ist das Dilemma !

Gewissheit entsteht nur in mir , durch die innere "Durchdringung" dieser eventuellen Erfahrung , und der damit stattgefundenen Transformation (im Wahrnehmen, im Verstehen) . das ist aber ein zutiefst intimer Prozess und kann NIE , dazu genutzt werden , irgendwas zu beweisen , zu bestätigen oder jemanden zu überzeugen ^^
Tja und so entstehen dann auf der Seite dessen der derartiges für sich erfahren hat , ein Glaube der auf einer Gewissheit (FÜR SICH ) beruht und für den Anderen ,ist es einfach nur ein Glaube im Sinne von sich was vormachen .

aber einen objektiven Beweis , am besten noch mit wissenschaftlichen Anspruch , wird kein System liefern können ....
Deshalb sind alle Systeme ,immer nur Möglichkeiten , sich diesem Phänomen zu nähern , auch der Stoizismus ...und kein System ist in irgendeiner Weise Vollständig ...da alle Systeme ja auch aus unserer Begrenztheit heraus entstehen.

.................................................. .................................................. ...................
Deine Frage ist übrigens kein Entweder /oder ^^
Denn, ob von einem Gott oder einem göttlichen Prinzip oder Bewusstsein oder nix davon ,ausgegangen wird , ist egal .In jeder dieser Sichtweisen ,wäre die Entwicklung der Welt ein "natürlicher " Prozess , nur halt mit unterschiedlichen Ausgangselementen. xd

Joykey
08-12-2021, 16:55
Beides, Wunder als auch Erleuchtung , kann aber jederzeit auch als unvollständiger Wissensstand aufgefasst werden , interpretiert werden .... und damit steht immer die Wahl , als was ich es für mich anerkennen will.. Bin ich mit etwas konfrontiert worden , was ev. in diese Kategorie fallen könnte , kann ich es bezweifeln und als nichterklärbar einstufen , weil mir das nötige physische Wissen fehlt oder es einfach als nicht "echt" eintakten ....
oder .. ich nehme es als Ausdruck des Göttlichen und damit als Bestätigung dafür das es noch etwas gibt, was auf diese angesprochene TÜR hinweist.

Ja, an dieser Stelle kommt dann die persönliche, qualitative Erfahrung im Gegensatz zu quantitativ verwertbaren Modellen und Theorien über die Wirklichkeit. Sozial selbstverständliche und erwünschte qualitative innerseelische Erfahrungen wie z. B. Liebe, Empathie, Altruismus sind genauso wenig beweisbar wie spirituelle Grenzerfahrungen (Nahtoderlebnisse, paranormale Phänomene, Wahrnehmung einer transzendenten göttlichen Ebene). Trotzdem gehört dies alles zum menschlichen Wahrnehmungsrepertoire, dies in ähnlichen Mustern seit Menschengedenken, sodass die Frage erlaubt sein darf, ob es dazu vielleicht doch eine Urquelle gibt, wovon die Stoa spricht als LOGOS, womit sich die antiken Stoiker verbunden fühlten und worin sie sich meditativ vertieften, so ähnlich wie Du die Meditation in Deinem Blog beschreibst.

Cam67
08-12-2021, 19:33
Ja, an dieser Stelle kommt dann die persönliche, qualitative Erfahrung im Gegensatz zu quantitativ verwertbaren Modellen und Theorien über die Wirklichkeit. Sozial selbstverständliche und erwünschte qualitative innerseelische Erfahrungen wie z. B. Liebe, Empathie, Altruismus sind genauso wenig beweisbar wie spirituelle Grenzerfahrungen (Nahtoderlebnisse, paranormale Phänomene, Wahrnehmung einer transzendenten göttlichen Ebene). Trotzdem gehört dies alles zum menschlichen Wahrnehmungsrepertoire, dies in ähnlichen Mustern seit Menschengedenken, sodass die Frage erlaubt sein darf, ob es dazu vielleicht doch eine Urquelle gibt, wovon die Stoa spricht als LOGOS, womit sich die antiken Stoiker verbunden fühlten und worin sie sich meditativ vertieften, so ähnlich wie Du die Meditation in Deinem Blog beschreibst.

Die Frage ist nicht das Problem , sondern die "fremd" erhaltenen(durch ein System ) oder sich selbst gegebenen Antworten.
Egal ob die Antworten aus einem System stammen oder aus persönlicher , dramatischer (im (im Sinne von intensiv , lebendig ) , oder ev. auch traumatischer Erfahrung (z-b. Nahtod , Grenzerfahrungen ) . Zur Wahrheitsfindung gehört nunmal auch das Hinterfragen. Damit meine ich nicht das Anzweifeln , sondern das "Den Dingen auf den Grund gehen" , auch den eigenen Erfahrungen nachspüren , überprüfen und sie nicht pauschal einem vorgefertigten Gedankengebäude (z.b. das der Stoa) zu unterwerfen ...

Gerade Meditation ist ein Zwiegespräch mit Anteilen von/in dir , ob tiefere Anteile dann wieder Anteile von etwas Umfassenderen sind , tja ,das wird man wohl nie ganz rausbekommen, ..
Deshalb halte ich DAS was mit mir dabei geschieht , diese Veränderung , durch Transformation oder meinetwegen bis hin zur Transzendenz , für viel wichtiger , als das Bestehen auf Konzepte , Konstrukte ,Systeme...

Denn diese Veränderungen sind Konzeptunabhängig . Bei dir war/ist die Stoa ein geeignetes Mittel , und du scheinst damit einen Anker gefunden zu haben ,... das ist mehr als viele sonst es von sich behaupten können , ABER..... es ist allein für DICH stimmig,... schon der Nächste benötigt ev. etwas ganz anderes , um diesen Anker in sich zu finden ... und ein system kann ihn sogar bremsen..

Deshalb bin ich mit der , in meinen Augen etwas zu festen , Sicht, auf das Thema Erkenntnis , Logos , usw. nicht ganz einverstanden , da sie andere , ebenfalls gültige Wege , ...nur schwer neben sich bestehen lassen kann.
zumindest macht es auf mich den Eindruck ...aber , hey , irgendwo muss der ja wohl herkommen.

Denn eines sollte man nie vergessen... es sind immer nur Annäherungen ..

Joykey
08-12-2021, 21:20
Das sehe ich eigentlich ähnlich und gerade deshalb finde ich die Stoa so faszinierend, weil es eine systemoffene Philosophie ist, ohne Dogmen. Die Stoa gibt nichts vor, sondern verweist auf das eigene Innere. Das habe ich schon in meinem Eingangsbeitrag vorangestellt, damit der Thread nicht als dogmatisches Konzept aufgenommen wird. Denn genau das wäre mir selbst auch zu eng.

Nur historische Faktentreue muss sein, hat aber nichts mit der eigenen Haltung zur Stoa im Heute zu tun. Der Zugang ist sowieso individuell, auch aus Sicht der Stoa, nämlich über die eigene Vernunft und Intuition. Bei mir kommt zuerst die Intuition als meinen persönlichen Anker. Die Stoa ist für mich nur ein historischer und sozialer Anker, wodurch ich in den Dialog treten kann durch Parallelen. Die Stoa steht nun mal meiner Sichtweise am nächsten.


Auch ich ordne Epiktet eher dem Minimalismus zu (Reduktion von Besitz & Reizüberflutung), während Marc Aurel Zitat für Zitat zu meiner eigenen optimierten Handlungsanleitung passt, was derzeit für mich im Vordergrund steht.

Das Schlichte und Einfache am Stoizismus entspricht dem stoizistischen Bestreben nach Reduktion auf das Wesentliche. Gerade das gefällt mir besonders gut. Es kommt ohne diesen (für mich unnötigen, dogmatisch starren) Überbau der Religionen aus und trifft gleichzeitig doch den noch lebendigen Wesenskern der Religionen als gemeinsamen Hauptnenner der Achtsamkeit, Ethik, Religiosität und Spiritualität. Ich fühle mich ausgesprochen wohl mit dem Stoizismus und bin dort wirklich angekommen. Es setzt die in den Religionen gebundene Energien frei, da es im Gegensatz zu den traditionellen Religionen kein geschlossenes, sondern ein offenes philosophisches System darstellt.

Die philosophisch weltoffene Lehre der Stoa weist auf den eigenen intuitiven Zugang zur geistigen Welt hin ohne Hilfsmittel von außen, wie ein Ringer, der sich nur mit den eigenen lebendigen Armen behauptet ohne künstliche, tote Hilfsmittel wie ein Schwert, das nicht Teil von ihm ist, sondern ihm in die Hand gegeben wird als Vorlage und Methode, welche nicht von innen kommt.

Auch mir erscheinen all die Schwerter der Religionen, spirituellen Systeme, Ideologien und Denksysteme letzten Endes als nicht mehr lebendige, brüchige, erstarrte (Schwert-) Gerüste, die nur wie wegweisende Pfeile zur Inspiration & Erstorientierung taugen, mehr aber nicht.

Es ist gut, die Konstrukte zu kennen, aber letztlich gehe ich den Weg des Ringers und nicht des Schwertkämpfers. Lieber nicht alles im Schnellgang mit dem Schwert oberflächlich ergründen wollen, dafür profunde eigene Erfahrungen "erringen", die umgesetzt werden und sich in meinem Leben manifestieren. Nur das bringt die Mehrdimensionalität einer qualitativen Weiterentwicklung. Darauf will ich mich künftig noch mehr beschränken, um mehr Tiefe und Höhe zu erfahren.

Wer bestimmt die Richtung? Der Kutscher oder die Pferde? Es geht letztlich um Eigenständigkeit, Selbstbestimmung und Selbststeuerung.

Cam67
08-12-2021, 22:50
Das sehe ich eigentlich ähnlich und gerade deshalb finde ich die Stoa so faszinierend, weil es eine systemoffene Philosophie ist, ohne Dogmen. Die Stoa gibt nichts vor, sondern verweist auf das eigene Innere. Das habe ich schon in meinem Eingangsbeitrag vorangestellt, damit der Thread nicht als dogmatisches Konzept aufgenommen wird. Denn genau das wäre mir selbst auch zu eng.

Nur historische Faktentreue muss sein, hat aber nichts mit der eigenen Haltung zur Stoa im Heute zu tun. Der Zugang ist sowieso individuell, auch aus Sicht der Stoa, nämlich über die eigene Vernunft und Intuition. Bei mir kommt zuerst die Intuition als meinen persönlichen Anker. Die Stoa ist für mich nur ein historischer und sozialer Anker, wodurch ich in den Dialog treten kann durch Parallelen. Die Stoa steht nun mal meiner Sichtweise am nächsten.

Schön ausgedrückt ...

Was die historiesche Faktentreue angeht und auch dein eigener Zugang zur Stoa , ist das auch alles in Ordnung, solange es getrennt dargestellt wird .
Aber eben hier habe ich halt ein wenig Mühe die Grenze bei deinen Post zu erkennen.

Du schreibst ja oft das alles wissenschaftlich untermauert und Faktenbasiert ist . Nur bezieht sich das ausschliesslich auf das historische Wirken und den Einfluss des Stoizismus. Gleichzeitig schaffst du aber nahtlose Übergänge zu den THEMEN , INHALTEN des Stoizismus selbst und spätestens hier wird der wissenschaftlich objektive Bereich verlassen und man betritt das persönliche , auf erfahrungsebene stattfindende Gebiet. Die Trennung beider Bereiche sind nicht erkennbar , sie fliessen ineinander über , und erwecken so den Eindruck als würde die wissenschaftliche Untermauerung der Historie sich auch auf die Inhalte hinaus ausdehnen, .... tut es aber nicht ..

Das macht es schwer bzw sehr anstrengend , wenn man sich darüber austauschen möchte , da korrekt vorgegangen , man jeden Post erstmal auseinander klamüsern müsste , wo die Historie angesprochen und wo die Inhalte erörtert werden ...und das Zeile für Zeile ^^

Deshalb ja auch die Kritik (zu Recht) von Period , wo halt dann nahtlos deine Überzeugungen einfliessen ...
Deshalb als Vorschlag .. ev. deutlicher trennen , wo du dich dich ausschliesslich auf geschichtliche Fakten berufst und klare Abtrennung zu Texten deinerseits , wo es um Inhaltliche Debatten oder Darstellungen zur Stoa selbst geht.

Joykey
09-12-2021, 00:11
Du schreibst ja oft das alles wissenschaftlich untermauert und Faktenbasiert ist . Nur bezieht sich das ausschliesslich auf das historische Wirken und den Einfluss des Stoizismus. Gleichzeitig schaffst du aber nahtlose Übergänge zu den THEMEN , INHALTEN des Stoizismus selbst und spätestens hier wird der wissenschaftlich objektive Bereich verlassen und man betritt das persönliche , auf erfahrungsebene stattfindende Gebiet.

Cam67,
die Stoa der Antike hat natürlich ihre Themen und Inhalte und nur darüber schreibe ich hier. Meine persönlichen Erfahrungen sind NICHT Gegenstand dieses Threads (das wäre mir viel zu privat). Ich schreibe höchstens, in welcher Form mich Zitate von Marc Aurel ansprechen, welche ich ja auch konkret als Inhalte zitiere, jedoch nichts darüber hinaus.

Wenn Du meine gegebenen Links nachlesen würdest, könntest Du Dich selbst davon überzeugen. Vermutlich rührt diese Unsicherheit eher davon, dass dies die meisten nicht ausreichend getan haben. Wahrscheinlich besteht einfach nicht wirklich ausreichend Interesse für die Inhalte der Stoa, sodass Vorurteile schnell zur Hand sind. So jedenfalls mein Eindruck bei vielen Nachfragen, wo nicht einmal der Thread selbst ganz gelesen wurde.

Wäre ich nicht so fasziniert von der Stoa und den Stoikern und deren Inhalte und Themen, deren Darstellung schon genug aufwändig für mich war, sodass eigene Themen schlichtweg nicht mehr Platz fänden, so wäre dieser Thread wohl schon lange tot. ;)

Cam67
09-12-2021, 02:18
Die Themen und Inhalte der Stoa mit ihrer Kosmologie , der Idee des Äthers (was im übrigen nicht weit weg zu vedischen Ansichten ist ) und das Konzept des Logos als göttliches schöpferisches Wort (was ebenfalls im vedischen ein Äquivalent im Klang besitzt , siehe Keimsilben und den daraus gebildeten mantren ) , sind nun wirklich nicht als wissenschaftlich im heutigen Sinne zu betrachten , . Sie stellen ebenso Erkenntnisse , Interpretationen , Überlieferungen aufgrund inneren Erlebens dar .
Die Schriften wiederum in denen das Gedankengut festgehalten wurde , kann man durchaus wissenschaftlich studieren ... über ihre Entstehung ,ihre Verbindungen zu anderen Strömungen , Beeinflussung älterer Religionen usw.
Das sind dann aber zwei paar unterschiedliche Schuhe ...darauf wollte ich hinaus.

Schreibst du über die Stoa als Strömung MIT IHREN INHALTEN und ihre Entwickliung sowie Beeinflussung anderer , späterer gesellschaftlicher Systeme , ist das eine Sache .......beziehst du dich aber konkret auf die Inhalte selber ,wie es ab und zu geschah , ist dann eine andere Sache .
Beides miteinander zu vermischen und bei wissenschaftlichen Anspruch bleibend , ........ verwirrt , höflich ausgedrückt .

Joykey
09-12-2021, 03:48
Schreibst du über die Stoa als Strömung MIT IHREN INHALTEN und ihre Entwickliung sowie Beeinflussung anderer , späterer gesellschaftlicher Systeme , ist das eine Sache .......beziehst du dich aber konkret auf die Inhalte selber ,wie es ab und zu geschah , ist dann eine andere Sache .
Beides miteinander zu vermischen und bei wissenschaftlichen Anspruch bleibend , ........ verwirrt , höflich ausgedrückt .

Das mag für Dich zu komplex sein, aber literaturwissenschaftlich gesehen gibt es nun mal auch so was wie Werkimmanenz. Gerade dieser Thread gründet vorwiegend auf Marc Aurels Zitaten, das stand von Anfang an im Vordergrund und ist das eigentliche Thema. Es geht nicht nur um eine rein biografische Einordnung von Marc Aurel, sondern um dessen Selbstbetrachtungen im Speziellen, woraus ich ausgiebig zitiert habe, dies im Kontext zu den Stoikern der Antike.

Ich habe schon eine Menge literaturwissenschaftliche Fachbücher gelesen. Dort werden auch die Inhalte selbst in ihrer Werkimmanenz betrachtet. Es gibt halt viele Aspekte, vor allem bei philosophischen Schriften aus der Antike, denn damals wurden die unterschiedlichen wissenschaftlichen Bereiche noch nicht so getrennt. Wenn Du meine wissenschaftlichen Links gelesen hättest, würdest Du sehen, dass dort auch die Inhalte der Stoa umrissen werden.

Cam67
09-12-2021, 13:25
Das mag für Dich zu komplex sein, aber literaturwissenschaftlich gesehen gibt es nun mal auch so was wie Werkimmanenz. Gerade dieser Thread gründet vorwiegend auf Marc Aurels Zitaten, das stand von Anfang an im Vordergrund und ist das eigentliche Thema. Es geht nicht nur um eine rein biografische Einordnung von Marc Aurel, sondern um dessen Selbstbetrachtungen im Speziellen, woraus ich ausgiebig zitiert habe, dies im Kontext zu den Stoikern der Antike.
Es gibt halt viele Aspekte, vor allem bei philosophischen Schriften aus der Antike, denn damals wurden die unterschiedlichen wissenschaftlichen Bereiche noch nicht so getrennt. Wenn Du meine wissenschaftlichen Links gelesen hättest, würdest Du sehen, dass dort auch die Inhalte der Stoa umrissen werden

Ich habe schon eine Menge literaturwissenschaftliche Fachbücher gelesen. Dort werden auch die Inhalte selbst in ihrer Werkimmanenz betrachtet..


Antike Schriften und ihre Inhalte , werden aber aus HEUTIGER Sicht heraus betrachtet und beurteilt . Die Trennung von wissenschaftlicher Arbeitsweise , auf die DU dich öfters berufts zur religiösen bzw Theistischen Sichtweise ist nunmal schon eine zeitlang im Gange .
Wenn du selbst sagst , das in alten Zeiten Wissenschaftliche Erkenntnisse mit philosphischen und religiösen Betrachtungen , verknüpft waren (was auch stimmig ist ) , kannst du das auch nur deshalb so einschätzen , WEIL wir aus heutiger Sicht deutlich Unterscheiden zwischen diesen Bereichen .....

In deinen Argumentation aber hüpfst du öfter mal von einer klaren Trennung und mit deutlichem Verweis zur Wissenschaft , zu einer Betrachtung die eher auf Überzeugung , persönliche Interpretation und schlicht gesagt , auf Meinung beruht , aber beharrst auf Nachfrage , das alles auf Faktenbasiert ist .........

Wenn ich schreibe das dies verwirt , dann nicht weil es zu komplex für mich ist , sondern weil dein Argumantationsverhalten unkonstant , inkonsequent ist ....deshalb die Bitte an dich , einfach etwas klarer trennen , um deutlich zu machen wo deine eigene Interpretation anfängt . Da du ja inspiriert durch die Stoa , deutlich involviert bist .

Beispiel ......
deine Antwort zu inneren Stilen in der KK in der Antike . Da war nichts Faktenbasiert..........ist auch nicht schlimm ,.. nur mache es bitte deutlich , wenn du in den Bereich der Meinung , den Bereich der eigenen Interpretation gleitest.
Über Meinungen kann man durchaus diskutieren .

Bitte nicht missverstehen.
Natürlich kann man auch alte Texte in ihrem Gesamtinhalt betrachten , und die damalige Vermischung von kognitiver Erkenntnis und religiösen Erleben , mit einbeziehen, .... aber nur als Betrachtung !
Ich kann auch die einzelnen Elemente des Systems nehmen und sie betrachten . Mit Sicht auf ihren Ursprung , ihre eventuelle Entwicklung davor und danach ...

Fange ich jetzt aber an ein regligiöses Element daraus wie z.b. LOGOS aufzunehmen und damit für sich selbst zu arbeiten ,oder gar das ganze System , ist das zwar persönlich ok , aber ich verlasse damit den Anspruch des Faktenbasierten , IN BEZUG AUF DIE ALTEN TEXTE.

In Bezug auf andere wissenschaftliche Sparten , wie Psychologie , Verhaltensforschung usw , wäre es wieder interessant . aber auch hier , das sollte man deutlich trennen , um darüber diskutieren zu können.

Joykey
09-12-2021, 18:19
@Cam67
Ich halte es nicht für sinnvoll, eine in einem anderen Thread bereits diskutierte Thematik hier reinzuziehen. Dort haben wir das ja schon lang und breit diskutiert und kamen dabei zu keinem Konsens, obwohl ich viele wissenschaftliche Quellen angegeben habe.
https://www.kampfkunst-board.info/forum/showthread.php?112594-fehlende-Tradition-in-antiken-europäischen-KK

Offensichtlich willst Du auf etwas Anderes hinaus, da Dir die wissenschaftlichen Quellen nicht genügt haben und wir diesbezüglich wohl von unterschiedlichen Erwartungen, was Wissenschaft leisten muss, ausgehen.

Ich habe keinen theologischen Ansatz, sondern einen literaturwissenschaftlichen, wenn es um die Werkimmanenz selbst geht. Das Schriftwerk Marc Aurels gehört zur Primärliteratur, die auch heute noch gelesen wird. Es erhebt keinen Anspruch auf eine göttliche Inspiration. Es ist nur ein Tagebuch. Historisch zu belegen ist deshalb nur, wer es in welchem historischen, philosophischen und biografischen Kontext mit welcher Intension geschrieben hat und welche Relevanz dieses philosophische Tagebuch in Marc Aurels Leben aufwies und welche Rezeptionsgeschichte das Werk bis heute nach sich zieht.

Die zeitgenössische Quellenliteratur ist dürftig und subjektiv, aber ich gab jeweils fachwissenschaftliche Quellen an, wo solche bestehen. Was ich sicher nicht mache, ist wild herumzuspekulieren, das wäre verleumderisch und nicht wissenschaftlich korrekt. Vor allem das meine ich mit meinem Hinweis auf historische Faktentreue. Wozu es keine wissenschaftlichen Belege gibt, bleibt es eben offen. Deine Erwartungen an die Wissenschaft sind zu hoch.

Gast
10-12-2021, 06:07
Jokey, ich verstehe immer noch nicht, was genau du mitteilen oder diskutieren willst. Wir hatten hier u. a.:

- Die Stoa als Teil der antiken Philosophie, mit ihren Vertretern, Konzepten usw.
- Ausdeutung, Bedeutung, Interpretation von einzelnen Begriffen und Konzepten.
- Das Einwirken der stoischen Lehren auf die damalige Gesellschaft.
- Das Fortwirken und Wiederaufleben stoischer Lehren bis zur Neuzeit.
- Marc Aurel als einen herausragenden Vertreter der Stoa.
- Lehren der Stoa und moderne Lebensführung/Selbstmeisterung.
- Die Stoa als so eine Art philosophia perennis

Kannst du mal präzisieren, worum genau es dir geht.

Joykey
10-12-2021, 07:27
Wir hatten hier u. a.:
- Die Stoa als Teil der antiken Philosophie, mit ihren Vertretern, Konzepten usw.
- Ausdeutung, Bedeutung, Interpretation von einzelnen Begriffen und Konzepten.
- Das Einwirken der stoischen Lehren auf die damalige Gesellschaft.
- Das Fortwirken und Wiederaufleben stoischer Lehren bis zur Neuzeit.
- Marc Aurel als einen herausragenden Vertreter der Stoa.
- Lehren der Stoa und moderne Lebensführung/Selbstmeisterung.
- Die Stoa als so eine Art philosophia perennis


Schön zusammengefasst! Ja, das ist doch eigentlich genug.

Die Stoa ist gar nicht so kompliziert, wenn man die einschlägige Primär- und Sekundärliteratur gelesen hat. Ich persönlich arbeite vorwiegend daran, das Gesagte pragmatisch umzusetzen. Ewig darüber diskutieren wäre für mich nicht zielführend.

Der Thread soll jetzt auch nicht unbedingt Riesendimensionen annehmen. 14 Seiten und dann noch der zweite Thread zur Tradition des Stoizismus in der europäischen KK mit 10 Seiten sind eigentlich ausreichend. Ewig wiederkäuen wäre nicht so mein Ding, vor allem wenn sich die Positionen dazu kaum verändern werden. Für Neulinge ist es auch leichter, wenn die Diskussion noch nachlesbar bleibt von der Threadlänge her.

Außerdem schließe ich auf Weihnachten oft Themen ab, um im neuen Jahr für neue relevante Themen offen zu sein.
Also von meiner Seite her gibt es keinen großen Diskussionsbedarf mehr.

Ich werde ab und zu vorbeischauen, aber für mich war´s das.

Schöne Weihnachtszeit euch allen! :halbyeaha