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Vollständige Version anzeigen : Wissen auf dem Silbertablett



Forro
01-10-2021, 08:12
Guten Morgen ihr Haudegen,

im Laufe meiner langjährigen Kampfsport/-kunst Trainingserfahrung bin ich auf unterschiedliche Arten und Weisen gestoßen, wie das Wissen bzw. die Fertigkeiten trainiert und weitergegeben werden. Vor allem: Ob Wissen weiter gegeben wird.

Vor kurzem haben wir im Bujinkan Budō Taijutsu Training ein paar Techniken aus einer (fortgeschrittener) Schule gelernt (fragt mich jetzt nicht nach dem Namen, den konnte ich mir nicht merken und spielt auch eine untergeordnete Rolle). Am Ende des Trainings fragte ich, ob es einen Kerngedanken in dieser Schule gibt.

Antwort: "Ja, den gibt es."

Auf meine weiterführende Frage, welcher es ist, wurde sinngemäß nur gesagt, dass man es selbst herausfinden muss und das Wissen nicht auf dem Silbertablett serviert wird.

Aber nun meine Frage: Wieso?

Ich habe zuvor jahrelang Wing Chun trainiert. Wie die meisten von euch wissen sollten, gibt es auch hier viele "Geheimnisse" und "geheime Techniken". Aber mein Trainer war dahingehend zum Glück nicht so und hat einem alles erklärt mit Details. Warum, wieso, was nicht funktioniert, ... Das führte meines Erachtens sehr gut zum Verständnis was in einem Kampf passiert. (Vor allem da der besagte Trainier auch sehr guter Thaiboxer ist und unterschiedliche Erfahrungen sammeln konnte.)


Wie steht ihr dazu? Sollte das Wissen auf dem Silbertablett serviert werden? Sollte der Schüler es selbst herausfinden? Wann, wie und wo werden Ausnahmen gemacht oder Schüler unterschiedlich behandelt?


Anfangs war ich auch sehr zurückhaltend was die Weitergabe meines Wissens und Techniken betrifft. Hauptsächlich verschuldet durch Egoismus, da ich nicht wollte, dass ein Neuling besser werden könnte als ich (das habe ich aber abgelegt). Denn meiner Meinung nach kann ich jedem das Wissen auf dem Silbertablett reichen. Solange diese Person nicht regelmäßig trainiert, keine Selbstdisziplin und keinen dauerhaften Willen hat, dann wird dieser Schüler sowieso nichts mit dem Wissen anfangen können. Dieser Schüler wird es nicht verstehen und nicht umsetzen können.
Wieso also das Wissen schon vorab vorenthalten, wenn es doch den Trainingserfolg fördern kann? Gerade bei BBT, wo Hatsumi auch nicht mehr der Jüngste ist, könnte ich mir schon ein Verlust von Wissen vorstellen, wenn weiterhin seine Schüler und dessen Schüler das Wissen geheim halten. Es gibt sicherlich auch welche die es gerne weitergeben, das möchte ich an dieser Stelle nicht ausschließen.


Mich interessiert sehr welche Meinungen ihr dazu habt und wie ihr es handhabt. Mein Ziel ist es hierbei nicht eine "Nur das ist richtig oder falsch" Diskussion auszulösen. Ich denke beide Varianten haben ihr Vor- und Nachteile. Aber aktuell bin ich einfach der Meinung, das Wissen sollte ruhig "auf dem Silbertablett serviert" werden.

Grüße
Forro

Björn Friedrich
01-10-2021, 09:44
Ich würde sagen, gebe jedem das was er auch verarbeiten kann. Für mich gibt es keine geheimen Techniken, sondern nur fortgeschrittene Techniken die man nur umsetzen kann, wenn man die entsprechenden Skills hat. Von daher würde ich sagen, es gibt Dinge die brauch ich keinem Anfänger erklären, weil er sie eh nicht umsetzen kann.

DatOlli
01-10-2021, 10:20
Ich würde sagen, gebe jedem das was er auch verarbeiten kann. Für mich gibt es keine geheimen Techniken, sondern nur fortgeschrittene Techniken die man nur umsetzen kann, wenn man die entsprechenden Skills hat. Von daher würde ich sagen, es gibt Dinge die brauch ich keinem Anfänger erklären, weil er sie eh nicht umsetzen kann.

Da stimme ich zu und hänge ich mich mal dran.

Dazu kommt amS noch, das Wissen und Verstehen abstrakt und kognitiv sind. Das hilft sicher beim Training. Klar.

Allerdings muss man das auch "begriffen" und verinnerlicht haben um darauf wiederum aufbauen zu können.

Liebe Grüße
DatOlli

Antikörper
01-10-2021, 10:34
Anfangs war ich auch sehr zurückhaltend was die Weitergabe meines Wissens und Techniken betrifft. Hauptsächlich verschuldet durch Egoismus, da ich nicht wollte, dass ein Neuling besser werden könnte als ich (das habe ich aber abgelegt).

Wenn deine Trainingspartner besser werden, wirst auch du besser, weil du bessere Trainingspartner zur Verfügung hast. Das ist nunmal ganz entscheidend für den persönlichen Fortschritt.

Schnueffler
01-10-2021, 10:51
Bei mir gibt es auch keine geheimen Techniken oder Sachen für besondere Schüler.
Nur bekommt nicht jeder alles sofort serviert, sondern mach seinem Können und Wissen.
Was nutzt es ihm/ihr, wenn diese Person sofort ale Prinzipien um den Kopf geschmissen bekommt, aber nichts davon umsetzen kann, weil das technische Verständnis fehlt?
Ergo muss es sich selbst erarbeitet werden. Meist erfolgt ein Prinzipienverständnis anhand von einzelnen Techniken, die dann nach und nach auf den eigenen Körper angepasst werden.

discipula
01-10-2021, 11:02
Vor kurzem haben wir im Bujinkan Budō Taijutsu Training ein paar Techniken aus einer (fortgeschrittener) Schule gelernt (fragt mich jetzt nicht nach dem Namen, den konnte ich mir nicht merken und spielt auch eine untergeordnete Rolle). Am Ende des Trainings fragte ich, ob es einen Kerngedanken in dieser Schule gibt.

Antwort: "Ja, den gibt es."

Auf meine weiterführende Frage, welcher es ist, wurde sinngemäß nur gesagt, dass man es selbst herausfinden muss und das Wissen nicht auf dem Silbertablett serviert wird.



Pro Silbertablett. Gerade wenn es um den Kerngedanken geht.

Gerade der Kerngedanke hilft ja, eine Technik korrekt zu lernen, zu verstehen, worauf man achten muss, als eine Art Leitstern, auf den man sich ausrichten kann.

Es dann zu lernen, ist meist auch so noch schwer genug, auch wenn man kein extra Rätselraten drauf packt.

MGuzzi
01-10-2021, 12:49
Auf meine weiterführende Frage, welcher es ist, wurde sinngemäß nur gesagt, dass man es selbst herausfinden muss und das Wissen nicht auf dem Silbertablett serviert wird.


Es gibt auch Leute, die sich gern als Träger geheimen Wissens darstellen möchten.
Im Grunde genommen ist es doch heute einfach sich über die 9 Schulen umfassend zu informieren. Allerdings, wenn man sich für den Kern einer Schule interessiert, sollte man sich vielleicht auch merken wie sie heißt.

Forro
01-10-2021, 15:11
Danke für eure Antworten! :)

Bezüglich der Inputmenge von Wissen bin ich auch ganz bei euch, dass es immer auf den Schüler abgestimmt werden sollte. Keine Frage.
Vielleicht habe ich mich auch etwas unmissverständlich ausgedrückt. Ich behaupte jetzt einfach mal, dass ich alles andere als am Anfang von diversen Kampfsport/-kunst Erfahrung stehe und hatte eine relativ "große" aber direkte Frage. Die Antwort wurde mir "verwehrt" (wie im Eingangspost zu lesen), wofür ich keinen legitimen Grund sehe. Kann sowas nicht in einer "knappen" Aussage erklärt werden, weswegen man die Antwort auf einen anderen Zeitpunkt verschiebt, würde ich das klar akzeptieren.


Allerdings, wenn man sich für den Kern einer Schule interessiert, sollte man sich vielleicht auch merken wie sie heißt.

Ich bitte um Verzeihung, dass ich den mir neuen und fremden japanischen Begriff nicht auf Anhieb merken kann um es hier niederzuschreiben.
Das ist aber nicht Kern meiner Frage. Sondern ob es Gründe gibt die das Geheimhalten von Wissen im Training legitimieren und das ganz unabhängig von der Kampfkunst. (Durchaus möglich, ich will es nicht einfach kategorisch ausschließen, nur weil ich aktuell selbst anderer Meinung bin).
Aber ja, trotz meiner schnippischen Antwort dir gegenüber: Ich sollte mir sowas definitiv besser merken, da gibt es nicht schön zu reden. :)


Wenn deine Trainingspartner besser werden, wirst auch du besser, weil du bessere Trainingspartner zur Verfügung hast. Das ist nunmal ganz entscheidend für den persönlichen Fortschritt.

Auf jeden Fall! Das habe ich dann auch erkannt :) Das war damals einfach eine unangebrachte Marotte von mir.


Ich möchte damit wirklich keinen direkt angreifen, auch nicht meinen Trainer damit verunglimpfen. Mich haben nur eure Meinungen und Erfahrungen interessiert, welche Pro oder Kontra dafür sind. Denn nur weil ich von etwas überzeugt bin, muss es noch lange nicht richtig sein.

MGuzzi
01-10-2021, 15:28
Das ist aber nicht Kern meiner Frage. Sondern ob es Gründe gibt die das Geheimhalten von Wissen im Training legitimieren und das ganz unabhängig von der Kampfkunst.

Das Geheimhalten von Wissen hatte in den japanischen Kampfkünsten einfach den Sinn, dass dieses Wissen was einen im Kampf überleben ließ, nicht in falsche Hände geriet.
Heute macht es größtenteils keinen Sinn mehr.
Den "Kern einer Schule" selbst herausfinden, das klingt meiner Ansicht nach ein bisschen seltsam. Was soll man denn herausfinden, und wie, wenn man es nicht beigebracht bekommt?
Durch das Üben von Katas findet man keine Geheimnisse.

Tyrdal
01-10-2021, 15:40
Genau. Eigentlich ist es umgedreht. Um die Kata sinnvoll auszuführen, müsstest du wissen worum es in der Schule geht.

gast
01-10-2021, 16:05
Genau. Eigentlich ist es umgedreht. Um die Kata sinnvoll auszuführen, müsstest du wissen worum es in der Schule geht.

so sieht´s aus, abgesehen davon bin ich bei Björn, es gibt kein Geheimwissen nur immer tieferes Verständnis,
es ist tatsächlich so, daß das Silbertablett eher hindert als hilft

Schnubel
01-10-2021, 21:13
Ich finde es gut, dem Schüler je nach Wissensstand oder bzw. dem Wissensstand entsprechend das Wissen auch weiterzugeben. Ohne eine Bevorzugung oder eine Besonderheit zu drauss zu machen. Ich halte nix von einer Geheimniskrämerei oder so was. Wo ich eher zurückhaltender wäre ist bei ganz neuen Leuten. Da will ich erst wissen, ob sie dabeibleiben und ob sich der Aufwand lohnt.
Oder bei Leuten, die einem erkennbar ausnutzen wollen. Als Gast mitten und aufsaugen, aber sich nicht weiter in der Gruppe oder Verein anmelden bzw. integrieren wollen. Die nur Fachwisen aufsaugen wollen...

big X
01-10-2021, 22:00
ich habe über die jahre verstanden, dass es nicht zielführend ist, die leute mit information zu überhäufen.
mittlerweile kommen die informationen häppchenweise.
aber jemensch der dabei bleibt erhält sie alle.
wenn meine schüler besser werden als ich, habe ich einen guten job gemacht.

Schnueffler
01-10-2021, 22:11
...
wenn meine schüler besser werden als ich, habe ich einen guten job gemacht.

Genau meine Aussage. Dann habe ich alles Richtig gemacht.

discipula
02-10-2021, 07:30
es ist tatsächlich so, daß das Silbertablett eher hindert als hilft

"Leute ohne Ende zulabern" würde ich nun nicht als "Silbertablett" bezeichnen, sondern eben als: zulabern.

das Silbertablett liefern Trainer, die in jedem Moment, angepasst an die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler, jene Übung oder Erklärung kennen und vermitteln, die für den nächsten Schritt weiter helfen.

Cam67
02-10-2021, 11:34
"Leute ohne Ende zulabern" würde ich nun nicht als "Silbertablett" bezeichnen, sondern eben als: zulabern.

das Silbertablett liefern Trainer, die in jedem Moment, angepasst an die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler, jene Übung oder Erklärung kennen und vermitteln, die für den nächsten Schritt weiter helfen.

Ich seh es umgekehrt. Das Silbertablett wird gereicht , wenn ein Trainer Wissen und Informationen rausgibt , BEVOR die notwendigen bzw. sinnvollen Kenntnisse und Fähigkeiten erarbeitet wurden .
Informationen dienen auch dazu Wissen , das schon unterschwellig vorhanden ist , zu triggern . Kommt der Trigger zur rechten Zeit ,dann löst das beim Schüler/Trainingspartner ein AHA-Erlebnis aus , inklusive einer emotionalen Beteiligung . Dieser emotionale Aspekt lässt aber die Erkenntnis , das AHA , viel tiefer ins Gedächtnis einschreiben , als ohne dem..

Gibst du Informationen zu früh raus , beantwortest also Fragen die "innerlich" noch nicht gestellt wurden , beraubst du den Schüler oft um dieses "intensive" AHA ...es brennt sich einfach nicht mehr soo tief ein. und muss nun mehr über Wiederholungen eingeschliffen werden .. während anders , eine einzige Demonstration oder Erklärung genügt um es nicht mehr zu vergessen ...
Das ist dann das , wenn leute sagen noch jahre später sagen , da und da hat es klick gemacht ..

Willi von der Heide
02-10-2021, 11:41
" Geheimes Wissen " gibt es nicht ... wer nachfragt bekommt alles erklärt. Jedoch gibt es Wissen vor dem der Schüler erst mal geschützt werden muß, bevor er vorallem sich selber schädigen könnte.
Auch sollte man sich die Leute anschauen wie sie drauf sind, ob sie schnell weiterziehen oder wirklich interessiert sind. Man kann nicht jedem Himpel, gleich mal zeigen wie man ein Messer " richtig " benutzt ... das Wissen steht auch in Anatomiebüchern, da braucht man keinen Trainer für.

Trotzdem ist es schön einen gewissen Wissensvorteil zu haben, insbesondere vor Leuten die das ganze mißbrauchen würden. Wer seriös und vernünftig ist, mit dem kann man das Wissen ruhig teilen. Da weiß man, daß nix passiert.

shinken-shôbu
02-10-2021, 13:34
Ich behaupte jetzt einfach mal, dass ich alles andere als am Anfang von diversen Kampfsport/-kunst Erfahrung stehe und hatte eine relativ "große" aber direkte Frage.
und

Ich bitte um Verzeihung, dass ich den mir neuen und fremden japanischen Begriff nicht auf Anhieb merken kann um es hier niederzuschreiben.
Zumindest im Bujinkan Budô Taijutsu scheinst Du - zumindest nach dem was Du schreibst - aber noch recht unerfahren zu sein, wenn Du nicht bereits weißt, welche 9 Schulen es dort gibt, insbesondere welche überwiegend unterrichtet werden oder zumindest keine allzu großen Probleme mit "neuen" Schulnamen hast.:rolleyes:
Zu dem Für und Wider des "Vorenthaltens" von Wissen haben ja schon genug andere Nutzer etwas geschrieben und ich meine herauszulesen, dass die Weitergabe bestimmten Wissens vor allem eine Frage des richtigen Zeitpunkts sein sollte, was ich so auch unterschreiben würde.

Bujinkan Budô Taijutsu, formerly known as Y which was formerly known as X, ist m.A.n. aber auch wirklich ein Spezialfall. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wenn man 10 hochgraduierte Leute dort fragte, was der Kern dieser oder jener Schule sei, man immer noch (bin da ja schon lange raus) überrascht wäre, wieviele Kerne einen Schule am Ende zu haben scheint. Von den zu vermittelnden Prinzipien und dem Problem, diese jeweils konkret (v.a. flächendeckend recht einheitlich) zu benennen möchte ich gar nicht erst anfangen. Von daher ist es bei Vertröstungen oft schwierig zu sagen, ob jemand vertröstet wird weil es einfach noch zu früh ist oder ob die gefragte Person tatsächlich keine gute Antwort parat hat Mangels eigenen Wissens in bestimmten Bereichen. Wie immer beim Thema "Ninjutsu"/Budô Taijutsu führen die extrem große Freiheit und zwangloses Graduieren in mehrfacher Hinsicht zu einer extremen Bandbreite im guten wie auch negativen Sinne.

Banger
05-10-2021, 18:23
" Geheimes Wissen " gibt es nicht ... wer nachfragt bekommt alles erklärt. Jedoch gibt es Wissen vor dem der Schüler erst mal geschützt werden muß, bevor er vorallem sich selber schädigen könnte.
Auch sollte man sich die Leute anschauen wie sie drauf sind, ob sie schnell weiterziehen oder wirklich interessiert sind. Man kann nicht jedem Himpel, gleich mal zeigen wie man ein Messer " richtig " benutzt ... das Wissen steht auch in Anatomiebüchern, da braucht man keinen Trainer für.

Trotzdem ist es schön einen gewissen Wissensvorteil zu haben, insbesondere vor Leuten die das ganze mißbrauchen würden. Wer seriös und vernünftig ist, mit dem kann man das Wissen ruhig teilen. Da weiß man, daß nix passiert.

Das kann man manchmal schwer beurteilen, da Wissen immer ein Vorteil ist.
Einen Anfänger egal in welcher KK/KS etwas zu erklären was nur für Fortgeschrittene ist ist auch für die Katz.