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Vollständige Version anzeigen : Einsatz von Kraft in Aikido und anderen KKen



Aiki5O+
10-11-2021, 21:52
In einem WT/WC-Thread wurde behauptet, dass WT mit so wenig Kraft auskomme, wie "bisher noch nie erlebt".
Die Rückfragen zu meiner Antwort führen möglicherweise zu einer neuen Aikido-Diskussion. Deshalb eröffne ich mal einen neuen Thread, da das Thema ja nichts mehr mit einer bestimmten WT/WC-Schule zu tun hat.


Ein gewisser Shihan Shigenobu Okumura behauptet dies in einem Interview.
A: Of course, we couldn’t do that from the beginning, it became smooth after the rough conflict was digested. When a mother brought her daughter to meet O-Sensei and asked “This child has no strength, can she do Aikido?”, O-Sensei said “Can she lift chopsticks? If she can lift chopsticks then she can do Aikido”.
Der Name war mir bis dahin nicht bekannt oder bewusst. Das Interview fand ich aber ziemlich interessant; daher danke für den Hinweis darauf: https://www.aikidosangenkai.org/blog/interview-aikido-shihan-shigenobu-okumura-part-2/



Hat Ueshiba das gesagt oder hat das jemand ihm in den Mund gelegt? Quelle?
Ueshiba selbst hatte jedenfalls eine enorme, zumindest weit überdurchschnittliche Körperkraft.
(Siehe z.B.: https://kogenbudo.org/great-aikido-aikido-greats/ Abschnitt #1 POWER)

In dem selben Artikel verlinkt Ellis Amdur ein Beispiel für den kooperativen, Kraft sparenden Charakter mancher Aikido-Übungsformen: Aïkido Rosheim : ce qu'un enfant peut apprendre en un an (ab 1:00) (https://www.youtube.com/watch?v=qOCuFuenynY#t=1m).
Vergleicht man Systema und Aikido wie z.B. hier (https://www.youtube.com/watch?v=Rcg8B-Gi--c), dann erscheint mir Systema mit noch weniger Kraft als Aikido auszukommen.Wieso denkst du das, weil sie beim Systema noch kooperativer sind? und was heißt: auszukommen, es sind doch Übungen, wie sieht es denn in der Realität aus, was ist die Schlussfolgerung aus M. Ueshibas Körperkraft, und der Möglichkeit kraftlos zu üben? Es ist doch die Frage was man da übt, und ob das dann eben auch klappt wenn man sich verteidigen muss, oder ob man da doch auch andere Fähigkeiten braucht, eventuell solche die Körperkraft ersetzen können, oder diese auf eine effizientere Weise eingesetzt werden kann-

Mit Systema habe ich keinerlei praktische Erfahrung. Ich kann nur sagen, dass in den 4 Videos mit Shirakawa Ryuji und Takahide Kitagawa die Systema-Demos für mich einen entspannteren Eindruck machen als die Aikido-Demos. Klar sind es Übungen, aber das gilt ja auch für Aikido. Ich habe ja schon oft geschrieben, dass ich aufgrund des kooperativen Charakters des Ki-No-Nagare-Trainings kein Gefühl entwickle, ob das für SV oder Kampf anwendbar ist (was für mich auch kein Ziel ist), zumindest so lange ich keine Erfahrungen in anderen KKe sammle.

Daher ist es für mich auch keine Frage, dass man im Aikido weitgehend "kraftlos" üben kann, wohl aber, ob das im Kampf oder SV auch so anwendbar ist. Von der Statur her wäre dann (jedenfalls für mich) auch eher Gozo Shioda als Morihei Ueshiba ein Vorbild in dieser Hinsicht. Die "anderen Fähigkeiten, eventuell solche die Körperkraft ersetzen können, oder diese auf eine effizientere Weise einsetzen" - sprich Aiki oder Budo-Body wurden ja in früheren Aikido-Threads schon oft und ausführlich erörtert.

Interessant an dem Interview fand ich, dass Ueshiba zwischen "softness" und "acceptance" unterschied:


Q: Are you talking about softness?

A: It’s different from softness. O-Sensei would say “It’s no good to be soft! In Aikido “acceptance” (素直さ) is important. Soft and accepting are different.”.

Q: Those are very important words, aren’t they?

A: In the end, if you are not accepting then you and the opponent can never become one. I think that Judo was also this way originally. In Budo you must have the acceptance to be like a “willow in the breeze”, receiving and flowing.

Auch der Abschnitt, in dem es um Timing geht fand ich interessant, weil er eine Aussage aus einem bekannten Interview mit O'Sensei und Kisshomaru Ueshiba erläutert:


O-Sensei: Absolutely not. It is not a question of either sensen no sen or sen no sen. If I were to try to verbalize it I would say that you control your opponent without trying to control him. That is, the state of continuous victory. There isn’t any question of winning over or losing to an opponent. In this sense, there is no opponent in aikido. Even if you have an opponent, he becomes a part of you, a partner you control only.

Quelle: https://aikidojournal.com/2016/09/24/interview-with-morihei-ueshiba-and-kisshomaru-ueshiba/


Q: Is this the same as “Go-no-sen” (後の先)?

A: No, it’s different. At first glance it appears to be “Go-no-sen”, but O-Sensei said “You cannot divide timing into three (“Sen-sen-no-sen” / 先先の先, “Tai-no-sen” / 対の先, “Go-no-sen” / 後の先). That’s no good for Aikido. There is only one kind of timing in Aikido, that is to always take the initiative.”. This is an area that is difficult to explain. It’s just that your psychological state is different. I was told “For that reason, Aikido does not have attacking techniques, they are unnecessary”. So, in my thinking it is that form appears to be “Go-no-sen”, but in your feeling it is “Sen-sen-no-sen”.

Folgender Abschnitt, der unmittelbar dem "chopstick"-Zitat folgt, fand ich auch bemerkenswert:


A: Well, what I can’t understand even now was the feeling of his wrists. When you grabbed his wrist it felt as if you were somehow floating. When we were doing breath power training, even if I gripped him with all of my strength, it was just completely different. That feeling is still a mystery to me today.
Q: Was it softness?
A: It was different than softness. There was an elastic force, and even though I was grabbing it felt as if I was being grabbed…
Q: “Even though you were grabbing it felt as if you were being grabbed”?
A: O-Sensei told me “In Aikido, even if there is an opening (in the opponent), don’t leap into it”. It is said that the Samurai of old didn’t say “I was cut”, rather they said “I made them cut”. Aikido is the same – my hand is not grabbed, I make them grab my hand. Technique is the same, you make the opponent leap in and then take them.
Das erinnert mich daran: Wenn der Angreifer das Gefühl hat, in die Bewegung von Nage hineingezogen zu werden, wird das nicht mit dem Begriff "attractive power/force" bezeichnet?

period
10-11-2021, 22:42
Ein interessanter Faden, von dem ich mir einiges an Sprengpotential im Sinne von erhitzten Debatten erwarten würde… aber vielleicht täusche ich mich ja.
Falls ich als Nicht-KKler (sondern KSler) auch mitreden darf: Mein Eindruck ist, dass zunächst mal Kraft bzw. Kräfte in den unterschiedlichen Stilen (und sogar Schulen) unterschiedlich wahrgenommen und gewertet werden, und in der Aussensicht nochmals anders. Ringen gilt z.B. als sehr kraftlastiger (oder neutraler ausgedrückt: athletischer) Stil, und unbestreitbar haben verschiedene Übungen zur Kräftigung – je nach Schule mit dem Partner, dem eigenen Körpergewicht, Gummibändern und / oder Gewichten – einen beträchtlichen Stellenwert, der darin begründet ist, dass es bei gleichem technischem Niveau entschiedene Nachteile hat, weniger athletisch zu sein als der Gegner (ich sage bewusst nicht «stark», weil verschiedene athletische Eigenschaften sich gegenseitig potenzieren, aber auch kompensieren können). ABER reine Muskelkraft einzusetzen, wird je nach Situation auch kritisch gesehen, weil es zu schnellerer Ermüdung führt. Muskelkraft wird natürlich eingesetzt, aber immer durch die Position, den Winkel, die Hebel und den aktiven Einsatz des Körpergewichtes potenziert. Häufig genug arbeiten die Arme dabei weitgehend statisch und halten nur kurz isometrisch eine gewisse Beugung, während die Kraftentwicklung aus der Beinarbeit – sprich: Gewichtsverlagerung und Positionsänderung – kommt. Lustigerweise habe ich die Erfahrung gemacht, dass insbesondere Leute aus den sogenannten «weichen» Stilen dazu neigen zu versuchen, rein muskulär zu arbeiten, wenn man ihnen eine Technik zeigt, wohl in der irrigen Annahme, dass das in einem Stil wie Ringen eben so sein müsse.

Ich für meinen Teil bin nach etlichen Stunden praktischem Austausch mit Vertretern verschiedener Grapplingstile (auch Aikido) für mich zum Schluss gekommen, dass man für eine neutralere Sicht nicht von «Kraft» sondern von «Kräften» sprechen sollte. Damit verschied sich die Wahrnehmung meines Erachtens positiv: Kräfte spielen in einem Kampf eine essenzielle Rolle, der effiziente Umgang mit Kräften – sowohl im Angriff als auch in der Verteidigung – ist die Maxime aller Stile und Schulen. Nur die Art und Weise, wie das gemacht wird, variiert, basierend auf der Tradition der Schule und den Kampfzielen (im KS werden die Kampfziele massgeblich durch das Regelwerk vordefiniert). Dabei ist klar, dass gewisse Möglichkeiten entfallen können (z.B. ist die Manipulation von kleinen Gelenken in fast allen KS fast ausnahmslos verboten, was nicht bedeutet, dass sie nicht zum Teil vor den Schiedsrichtern versteckt praktiziert wird). Das Regelwerk determiniert auch, ob man sich mit wesentlich schwereren Gegnern auseinandersetzen muss oder (unterhalb der offenen Gewichtsklasse) eben wenig bis gar nicht. Grosse Kräfte gezielt freisetzen oder umleiten zu können ist aber ungeachtet des Kontextes erstmal ein unbestreitbarer Vorteil, wenn man das mit wenig Energieaufwand schafft umso mehr. Letzten Endes würde ich aber «sportlich» argumentieren, dass das Konzept aufgehen muss – sprich, wenn A weniger Energie aufwendet als B, aber von B durch eine Kombination von Athletik, Technik und Taktik überrannt wird, dann hat A auch nichts gewonnen. Der Aspekt «Technik/Taktik um der Tradition willen» geht dem Ringen aus meiner Sicht völlig ab.

Zumindest im Ringen wird in diesem Kontext auch meistens differenziert zwischen dem Wettkampfverhalten und dem Trainingsverhalten bzw. der Trainerperspektive. Auch wenn es auf den ersten Blick wie ein Exkurs wirken mag: Wir differenzieren zwischen «wettkampffestem» bzw. «aktivem» Repertoire (das, was der Ringer im Kampf macht) und «passivem» Repertoire (alle Techniken, die der Ringer grundsätzlich technisch beherrscht und mit den erforderlichen Feinheiten – also auch in Hinblick auf die Vorbereitung und das Freisetzen von Kräften – vermitteln kann). Die Grösse des aktiven Repertoires ist für den Wettkampferfolg weniger ausschlaggebend als seine «Tiefe», d.h. wie gut jemand darin ist, das aktive Repertoire in allen möglichen Situationen erfolgreich anzuwenden. Mit anderen Worten, es kommt nur darauf an, was für ihn funktioniert. Die Grösse des «passiven» Repertoires ist dagegen für den Wettkampfringer weniger relevant und mehr von defensivem Interesse (er braucht eingeschliffene Reaktionen auf unterschiedliche Angriffe), für Trainer dagegen ist es essenziell, weil man mit einer grossen Bandbreite von Trainierenden rechnen muss, und man a priori nie eindeutig wissen kann, wem welche Technik liegen wird. Ich erwähne das deshalb, weil eine Person als Wettkämpfer und als Trainer diametral unterschiedlich sein kann. Ich hatte einen Trainer, der als Wettkämpfer bekannt dafür war, seine Gegner physisch zu "brechen", weil das für ihn am besten funktioniert hat (ohne zu sehr ins Detail zu gehen: es gibt da unterschiedlichste Faktoren, angefangen bei den physischen und psychischen Voraussetzungen, wobei letztere so weit gehen können, dass Leute auf der Matte regelmässig einen Blackout haben und rein instinktiv ringen); als Trainer war er aber unglaublich technisch und taktisch nuanciert, und in der Beurteilung von Ringern in Hinblick auf Arsenal und Taktik lag er meines Wissens immer goldrichtig. Ich würde sagen, er war als Wettkämpfer ziemlich instinktiv unterwegs, als Trainer aber sehr analytisch.

Was das «make them grab» angeht – das gibt es auch in anderen Grapplingstilen, wir bezeichnen das als Konterringen, analog zum counter punching. Gute Konterringer oder counter puncher sind häufig spezialisiert darauf, eine gewisse Aktion zu provozieren, die sie dann aus der subjektiven Sicht des Gegners «übermenschlich schnell» vorhersehen und ausnutzen können (Kunststück, sie haben sie ja quasi selbst produziert, man hat ihnen nur dabei «geholfen»). Die Strategie besteht also darin, die Initative zu übernehmen, indem man die Initiative scheinbar abgibt, um das obige Zitat aufzugreifen. Einige Ringer sind vor allem als Konterringer bekannt geworden, z.B. Alexander Leipold. Nicht selten werden dabei auch gewisse athletische Nachteile kompensiert, insbesondere eine geringere (Reaktions-) Schnelligkeit.

Hier würde ich auch «acceptance» und «softness» ansetzen: gerade wenn man Gegendruck bei einem Konter (im weitesten Sinne) ausnutzt, braucht man dafür immer eine gewisse Grundspannung, allein schon um die Reaktion hervorzurufen. Reine «Weichheit» im Sinne von «blossem Nachgeben» hat nicht den gleichen Effekt im Provozieren von Reaktionen, weil der Gegner dadurch in Kontrolle bleibt und ihm ein breites Spektrum an Angriffen offensteht. Die gezielte Grundspannung und die subtil (! Zumindest wenn wir von kompetenten Gegnern sprechen – aber bei inkompetenten Gegnern muss man nicht konterringen) gezeigten Blössen führen zum intendierten Angriff. Zudem kann man ohne ein Minimum an Grundspannung auch nicht effizient kontern.

Beste Grüsse
Period.

Gast
11-11-2021, 05:58
Nur auf die Schnelle, in dem Beitrag von Aiki50+ wird das japanische sunao als acceptance übersetzt (und da bin ich beim überfliegen hängengeblieben).

Sunao ist nicht so leicht zu übersetzen, aber an acceptance hätte ich da nicht gedacht.

https://jisho.org/search/素直

DatOlli
11-11-2021, 07:19
Ein interessanter Faden, von dem ich mir einiges an Sprengpotential im Sinne von erhitzten Debatten erwarten würde… aber vielleicht täusche ich mich ja.
Falls ich als Nicht-KKler (sondern KSler) auch mitreden darf:
...
Beste Grüsse
Period.

Geiler Beitrag. :halbyeaha & :verbeug:

Um nochmal kurz auf die Essstäbchen und die Teetasse zurück zu kommen. So als subjektive Meinung.
Das was wir alle (ob nun KK'ler oder KS'ler) als Techniken kennen und lernen bzw. üben, orientiert sich enorm an Biomechanik.
Das sind aus meiner Sicht erst mal idealisierte Verläufe, die eigentlich sehr sehr wenig Athletik benötigen (Essstäbchen & Teetasse).
Je weiter ich mich vom idealen Verlauf entferne (z.B. weil mein Gegenüber "stört") umso mehr wird die Athletik wichtig.

Der "Sportler" weiß das, der häufig "frei spielende" (oder wegen mir auch sparrende) KK'ler ebenfalls.
Beim Rest entstehen dann lustige Ideen (Essstäbchen und Teetasse in "SV" z.B.).

Leider assoziiere ich mittlerweile mit KK'ler Theoretiker und mit KS'ler Praktiker. Schade eigentlich.

Liebe Grüße
DatOlli

Björn Friedrich
11-11-2021, 07:26
Interessantes Thema, aber schwer in Worte zu fassen. Mein persönlich Ziel ist auch immer aufwandsloser zu werden, je älter ich werde, von daher würde ich sagen, genau das sollte das Ziel jeder Kampfkunst sein, um eben auch das Alter, etc. zu transzendieren. Aber das ist ein Experiment, ob das möglich ist, merke ich erst in 20 oder 30 Jahren;-)

Aber es gibt viele Ansätze, die man halt einfach fühlen muss, um wirklich zu verstehen.

Aiki5O+
11-11-2021, 08:00
Ein interessanter Faden, von dem ich mir einiges an Sprengpotential im Sinne von erhitzten Debatten erwarten würde… aber vielleicht täusche ich mich ja....
Beste Grüsse
Period.
:halbyeaha
Vielen Dank für die Einsichten und den wertvollen Beitrag , auf den ich hoffentlich noch ausführlicher (mit Rückfragen) antworten werde.

Tomcat
11-11-2021, 08:27
dass man für eine neutralere Sicht nicht von «Kraft» sondern von «Kräften» sprechen sollte.

Auch von mir nur kurz:

Ich unterscheide vor allem Kräfte und Körperkraft. In jedem Kampf treten enorme Kräfte auf. Ich kann beispielsweise bei einem Schulterwurf im Judo mit geringer Körperkraft hohe Kräfte erzeugen.

Genau dieser Ansatz wurde seinerzeit im WT verfolgt, aber vollkommen falsch umgesetzt. Man soll nicht Körperkraft gegen Körperkraft setzen. Wenn mein Gegner also an meinem Arm zerrt, zerre ich nicht (nur) dagegen, weil sich dann derjenige mit der größeren Körperkraft durchsetzt.

Das hat im WT aber leider zur irrigen Annahme geführt, dass man Kraft um jeden Preis vermeiden soll. Die Fliege auf dem Arm löst den Bong-Sao aus etc. :rolleyes:

DatOlli
11-11-2021, 08:57
Interessantes Thema, aber schwer in Worte zu fassen. Mein persönlich Ziel ist auch immer aufwandsloser zu werden, je älter ich werde, von daher würde ich sagen, genau das sollte das Ziel jeder Kampfkunst sein, um eben auch das Alter, etc. zu transzendieren. Aber das ist ein Experiment, ob das möglich ist, merke ich erst in 20 oder 30 Jahren;-)

Aber es gibt viele Ansätze, die man halt einfach fühlen muss, um wirklich zu verstehen.

Ich denke das "Experiment" wird wohl glücken. Aus meiner Sicht ist das der (eigentlich) normale Verlauf.

Liebe Grüße
DatOlli

Cam67
11-11-2021, 09:27
Auch von mir nur kurz:

Ich unterscheide vor allem Kräfte und Körperkraft. In jedem Kampf treten enorme Kräfte auf. Ich kann beispielsweise bei einem Schulterwurf im Judo mit geringer Körperkraft hohe Kräfte erzeugen.

Genau dieser Ansatz wurde seinerzeit im WT verfolgt, aber vollkommen falsch umgesetzt. Man soll nicht Körperkraft gegen Körperkraft setzen. Wenn mein Gegner also an meinem Arm zerrt, zerre ich nicht (nur) dagegen, weil sich dann derjenige mit der größeren Körperkraft durchsetzt.

Das hat im WT aber leider zur irrigen Annahme geführt, dass man Kraft um jeden Preis vermeiden soll. Die Fliege auf dem Arm löst den Bong-Sao aus etc. :rolleyes:

Ich stimme mit dir was den Punkt Kräfte allgemein angeht zu.

Aber beim thema Bong sehe ich ein großes Misverständnis........
Wenn du ein Schlag mit ordentlicher Wirkung setzt , brauchst du definitiv eine gewisse grundlegende Kraft , egal wie gut du Struktur einbringst und Kräfte wirken lassen kannst . Ich hoffe soweit gehst du mit .
Beim Bong in der von dir beschrieben Form ( es gab ja mehrere Ausführungen ) lag der Schwerpunkt wirklich dabei , wenig Gegenkraft aufzuwenden , das ist korrekt ,und das bezieht sich auf das Auslösen der reflexartigen Bewegung ! ABER , der Bong selber sollte doch keine direkte Wirkung im Sinne von z.b. eines Treffers , erzeugen. ..das übernahm der gleichzeitig ausgeführte Fauststos oder das kurze übernehmen des Arms mit der anderen hand und dann folgenden Fausstoss. und DIE Aktionen (also die eigentlichen Wirkungsaktionen ) waren alles andere als Kraftlos .

Mit deiner Kritik begehst du den selben Fehler wie Disci , nur umgekehrt. Während Disci ja von Kraftlos spricht und wirklich glaubt so vorgehen zu können , z.b mit Blick auf den Bong , und du das kritisierst , überseht ihr BEIDE , das die Wirkung letztendlich nicht vom Nachgeben kommt , sondern vom Einschlag der Faust . und das geht nicht kraftlos..

Das wiederum sehe ich als ein anderes Vorgehen,als bestimmte Techniken im Aikido , wo das Nachgeben selber durchaus schon zu einer direkten Wirkung hinsichtlich eines Wurfes führt , ohne das da der Werfende noch zusätzlich erkennbar eine Kraft hinein gibt . zumindest bei einigen Demos .

und ja , auch andere Techniken , wo erst nachgegeben (z.b. durch verlassen des vektors ) wird und dann eine Kraft zusätzlich eingebracht wird um zu werfen . Da würde mir irimi Nage einfallen..

dbma_ffm
11-11-2021, 09:29
Falls ich als Nicht-KKler (sondern KSler) auch mitreden darf:

Schlechte Technik kann man super mit viel Kraft kompensieren. Schlechte Kraft aber auch mit viel Technik. Ungünstig sind nur schlechte Technik und schlechte Kraft in Kombination :)


Grosse Kräfte gezielt freisetzen oder umleiten zu können ist aber ungeachtet des Kontextes erstmal ein unbestreitbarer Vorteil, wenn man das mit wenig Energieaufwand schafft umso mehr (...)

Wir differenzieren zwischen «wettkampffestem» bzw. «aktivem» Repertoire (das, was der Ringer im Kampf macht) und «passivem» Repertoire (alle Techniken, die der Ringer grundsätzlich technisch beherrscht und mit den erforderlichen Feinheiten – also auch in Hinblick auf die Vorbereitung und das Freisetzen von Kräften – vermitteln kann). Die Grösse des aktiven Repertoires ist für den Wettkampferfolg weniger ausschlaggebend als seine «Tiefe», d.h. wie gut jemand darin ist, das aktive Repertoire in allen möglichen Situationen erfolgreich anzuwenden. Mit anderen Worten, es kommt nur darauf an, was für ihn funktioniert. Die Grösse des «passiven» Repertoires ist dagegen für den Wettkampfringer weniger relevant und mehr von defensivem Interesse (er braucht eingeschliffene Reaktionen auf unterschiedliche Angriffe), für Trainer dagegen ist es essenziell, weil man mit einer grossen Bandbreite von Trainierenden rechnen muss, und man a priori nie eindeutig wissen kann, wem welche Technik liegen wird (...)

Das trifft wohl auf ziemlich viele Sportarten zu. Im Tischtennis z.B. gibts ja auch ne ganze Reihe supergeiler Schnibbelmoves und mit Sicherheit ne Menge Leute, die die top beherrschen aber trotzdem überwiegend Topspins ziehen. Es gibt doch auch so Freundschaftsmatches beim Tennis, wo nur rumgefaxt wird.
Beim Stockkampf gibts das auch. Beim Training und Unterrichten ist die Bandbreite an Aktionen um einiges größer als letzlich im Kampf. Allein schon aus Gründen der Koordination und damit es nicht so langweilig wird.



Was das «make them grab» angeht – das gibt es auch in anderen Grapplingstilen, wir bezeichnen das als Konterringen, analog zum counter punching. Gute Konterringer oder counter puncher sind häufig spezialisiert darauf, eine gewisse Aktion zu provozieren, die sie dann aus der subjektiven Sicht des Gegners «übermenschlich schnell» vorhersehen und ausnutzen können (Kunststück, sie haben sie ja quasi selbst produziert, man hat ihnen nur dabei «geholfen»). Die Strategie besteht also darin, die Initative zu übernehmen, indem man die Initiative scheinbar abgibt (...)

Ist eine mögliche Strategie. Alles platt walzen wäre da wohl der umgekehrte Ansatz, je nach Kämpfertyp halt.


wenn man Gegendruck bei einem Konter (im weitesten Sinne) ausnutzt, braucht man dafür immer eine gewisse Grundspannung, allein schon um die Reaktion hervorzurufen. Reine «Weichheit» im Sinne von «blossem Nachgeben» hat nicht den gleichen Effekt im Provozieren von Reaktionen, weil der Gegner dadurch in Kontrolle bleibt und ihm ein breites Spektrum an Angriffen offensteht. Die gezielte Grundspannung und die subtil (! Zumindest wenn wir von kompetenten Gegnern sprechen – aber bei inkompetenten Gegnern muss man nicht konterringen) gezeigten Blössen führen zum intendierten Angriff. Zudem kann man ohne ein Minimum an Grundspannung auch nicht effizient kontern.

Beim Stockkampf ist das fast eine überlegene Vorgehensweise. Es ist unheimlich schwer einen guten Konterkämpfer effektiv anzugreifen ohne selbst was abzubekommen. Die eigenen Aktionen wie Fakes und Finten müssen aber entsprechend dynamisch und kraftvoll sein, sonst wird man überrant. Ebenso sind starke, schnelle Beine gefordert. Besonders wenn man gegen viel schwerer und/oder größere Gegner antritt.



es gibt da unterschiedlichste Faktoren, angefangen bei den physischen und psychischen Voraussetzungen, wobei letztere so weit gehen können, dass Leute auf der Matte regelmässig einen Blackout haben und rein instinktiv ringen (...)

Aus dem Stockkampf lässt sich sagen: its all fun and games until somebody gets hurt.
Allgemein kann man festhalten, dass es um so besser flowt, je lockerer man ist.
Hat man eine super Technik aber zu wenig Wumms verursachen die Treffer allerdings keine Schmerzen. Bedeutet der Gegner hat keine Angst vor Treffern und ingnoriert die Aktionen.
In dem Moment, in dem man vielleicht schon mehrfach hart getroffen wurde und Schmerzen hat, geht alle Leichtigkeit dahin. Der Instinkt übernimmt und dann haut man so fest wie man kann mit der einfachsten Technik. Umsomehr wenn beide Schmerzen haben.

In diesem Sport ist Kraft in Form von Explosivität in den Beinen und Armen gefordert. Schwere Dinge Heben oder ewig lange halten wenig bis gar nicht.

MGuzzi
11-11-2021, 09:37
Das wiederum sehe ich als ein anderes Vorgehen,als bestimmte Techniken im Aikido , wo das Nachgeben selber durchaus schon zu einer direkten Wirkung hinsichtlich eines Wurfes führt , ohne das da der Werfende noch zusätzlich erkennbar eine Kraft hinein gibt . zumindest bei einigen Demos .


So etwas gibt es nicht, außer der angreifende wirft sich selbst. Eine Kraftwirkung muss immer in der Form erfolgen, dass eine ausweichende oder nachgebende Bewegung mit einer angreifenden Bewegung kombiniert wird. Meist ist eine Hand oder ein Arm der aufnehmende oderweiterführende Part, und der andere übernimmt den Angriffs, oder Kraftübertragungs-Anteil. Das ist zwar ein etwas grobes Schema, aber so in etwa sind diese Techniken, bei denen es halt aussieht als fliegt der Angreifer von selbst, aufgebaut. Wichtig dabei ist die Kraftübertragung, die aus der Rotation der Hüftgelenke gewonnen wird.
Was oft außer Acht gelassen wird, ist Kuzushi, ein Gleichgewichtsbruch der vor der Ausführung einer Wurftechnik erfolgen muss, damit es halt auch klappt, wenn Angreifer sich nicht mit Absicht selber werfen.

MGuzzi
11-11-2021, 09:43
Das erinnert mich daran: Wenn der Angreifer das Gefühl hat, in die Bewegung von Nage hineingezogen zu werden, wird das nicht mit dem Begriff "attractive power/force" bezeichnet?

Genau, der japanische Begriff ist "In-ryoku", wie in Kokyu-ryoku, Katsu-ryoku, etc. In ist die japanische Entsprechung von Yin, also eine nach innen wirkende Kraft, im Gegensatz zur expandiereren Yang-Kraft, die in der Bewegung aber auch immer einen Anteil hat

Cam67
11-11-2021, 09:46
So etwas gibt es nicht, außer der angreifende wirft sich selbst. Eine Kraftwirkung muss immer in der Form erfolgen, dass eine ausweichende oder nachgebende Bewegung mit einer angreifenden Bewegung kombiniert wird. Meist ist eine Hand oder ein Arm der aufnehmende oderweiterführende Part, und der andere übernimmt den Angriffs, oder Kraftübertragungs-Anteil. Das ist zwar ein etwas grobes Schema, aber so in etwa sind diese Techniken, bei denen es halt aussieht als fliegt der Angreifer von selbst, aufgebaut. Wichtig dabei ist die Kraftübertragung, die aus der Rotation der Hüftgelenke gewonnen wird.
Was oft außer Acht gelassen wird, ist Kuzushi, ein Gleichgewichtsbruch der vor der Ausführung einer Wurftechnik erfolgen muss, damit es halt auch klappt, wenn Angreifer sich nicht mit Absicht selber werfen.

das markierte "Erkennbar" hast du gelesen ? oder wieder nur gefliessentlich übersehen ?


Eine Kraftwirkung muss immer in der Form erfolgen, dass eine ausweichende oder nachgebende Bewegung mit einer angreifenden Bewegung kombiniert wird.

In dem punkt stimme ich dir voll zu und das hatte ich auch schon disci im anderen thread versucht zu erklären. ist nicht nur auf Aikido beschränkt. ich glaube Period hatte es in seinem Text auch angesprochen.


Wichtig dabei ist die Kraftübertragung, die aus der Rotation der Hüftgelenke gewonnen wird.

Hier hätten wir einen Anknüpfungspunkt zu unserer Strukturdebatte , aber leider kam es nicht soweit.


Was oft außer Acht gelassen wird, ist Kuzushi, ein Gleichgewichtsbruch

Rambat bezeichnete es mal als Gleichgewichtsstörung , da , wenn ein Bruch erfolgt wäre , der Wurf ja schon im Gange ist. Das nur nebenbei ,weil ich diese Sicht für sinnvoller halte . aber ich weiss was du meinst.

Vll. kommt ja doch noch ein Gespräch zusammen .ich bin offen dafür ^^

MGuzzi
11-11-2021, 10:05
das markierte "Erkennbar" hast du gelesen ? oder wieder nur gefliessentlich übersehen ?


Warum immer diese empfindliche Reaktion? Klar habe ich das gesehen, aber es kam halt keine weitere Erklärung, und du hast es als ein anderes Vorgehen bezeichnet. Das habe ich versucht zu ergänzen, bzw. zu berichtigen. Bitte vielmals um Entschuldigung :cool:

Cam67
11-11-2021, 10:09
Warum immer diese empfindliche Reaktion? l:

vll. weil "gebranntes Kind" xd

Dennoch danke für die weitere Erklärung . ernst gemeint.

Kirke
11-11-2021, 10:31
Ich finde immer toll, wenn period in solchen Themen früh einen langen Post setzt und der ganze weitere Thread dann von allen Teilnehmenden auf einer guten/konstruktiven Basis weitergeführt wird. :-)

MGuzzi
11-11-2021, 10:46
Rambat bezeichnete es mal als Gleichgewichtsstörung , da , wenn ein Bruch erfolgt wäre , der Wurf ja schon im Gange ist. Das nur nebenbei ,weil ich diese Sicht für sinnvoller halte . aber ich weiss was du meinst.


Das kann je nach Situation sinnvoller sein, und es kommt auf den Kontext an. Im Aikido sprechen wir von einer Aktion die in einer Kata auf einen vorher festgelegten Angriff erfolgt, dass ist keine Kampfsituation in der es diese fürs Judo definierten Phasen eines Wurfes gibt, es erfolgt unmittelbar alles zur gleichen Zeit. Keine Vorbereitung, taktieren, jemanden in die für einen Wurf günstige Position bringen, Gleichgewicht stören, dann werfen. Im Aikido, jedenfalls in den Wurftechniken die du anscheinend vor Augen hast, ist das Eins, denn die Vorbereitung ist schon im dem Zeitpunkt erfolgt, in dem der Angreifer schlägt, greift oder was weiß ich. Im Besten Fall weiß er das nicht, er läuft, greift oder schlägt halt in diese Lücke, weil er davon angezogen wird. Das ist etwa das, was weiter oben in dem Interview beschrieben wurde (leaping into the opening), und was man halt in einer Kampfsituation vermeidet. Um das trotzdem zu verstehen, trainiert man halt so.

Cam67
11-11-2021, 10:53
Das kann je nach Situation sinnvoller sein, und es kommt auf den Kontext an. Im Aikido sprechen wir von einer Aktion die in einer Kata auf einen vorher festgelegten Angriff erfolgt, dass ist keine Kampfsituation in der es diese fürs Judo definierten Phasen eines Wurfes gibt, es erfolgt unmittelbar alles zur gleichen Zeit. Keine Vorbereitung, taktieren, jemanden in die für einen Wurf günstige Position bringen, Gleichgewicht stören, dann werfen. Im Aikido, jedenfalls in den Wurftechniken die du anscheinend vor Augen hast, ist das Eins, denn die Vorbereitung ist schon im dem Zeitpunkt erfolgt, in dem der Angreifer schlägt, greift oder was weiß ich. Im Besten Fall weiß er das nicht, er läuft, greift oder schlägt halt in diese Lücke, weil er davon angezogen wird. Das ist etwa das, was weiter oben in dem Interview beschrieben wurde (leaping into the opening), und was man halt in einer Kampfsituation vermeidet. Um das trotzdem zu verstehen, trainiert man halt so.

Hmh, ich frage mal direkt zurück . Die 3 phasen eines Wurfes, Kuzushi , Tsukuri und kake , gelten nicht für einen Aikido Wurf . kann ich mir nur schlecht vorstellen . Egal ob das nun so mit einander verwoben ist ,das fast wie eins wirkt sollten die Phasen selbst doch trotzdem vorhanden sein ?

der Unterschied dürfte lediglich darin liegen , WIE ich kuzushi erzeuge und da wären wir z.b. beim Einsaugen . Ich also eine Situtation , eine Konstellation,erzeuge wo mein Gegenüber verleitet , manipuliert wird , sein Gleichgewicht selber zu stören , und nicht bemerkt das ich ihn dazu verleitet habe . aber trotzdem wäre es immer noch kuzushi

DatOlli
11-11-2021, 10:57
vll. weil "gebranntes Kind" xd
...


Vielleicht auch weil du gerade mit Disci diskutierst. Ich jedenfalls muss mich da auch in anderen Fäden bewusst zusammenreißen.

Liebe Grüße
DatOlli

Sorry für OT

Cam67
11-11-2021, 11:00
Vielleicht auch weil du gerade mit Disci diskutierst. Ich jedenfalls muss mich da auch in anderen Fäden bewusst zusammenreißen.

Liebe Grüße
DatOlli

Sorry für OT

ich kann das schon trennen. tu ich ja bei dir auch ^^

MGuzzi
11-11-2021, 11:04
der Unterschied dürfte lediglich darin liegen , WIE ich kuzushi erzeuge und da wären wir z.b. beim Einsaugen .

Das ist noch kein Kuzushi, aber eine Möglichkeit den Angreifer dorthin zu bringen, wo man ihn haben möchte, im Grunde eher ein Führen seiner Absicht, seines Intents, oder seines Yi/Ki.
Kuzushi erfolgt bei Körperkontakt, entweder durch ein "weiterführen", durch in den Angriff hineingehen, oder durch eine subtile Aktion die durch die Muskulatur übertragen wird und auf das Nervensystem den Angreifers wirkt, entweder weil Reflexe ausgelöst werden, oder einfach eine Art breakdown erfolgt. Daraufhin kann eine Technik erfolgen, oder es ist schon die Technik selbst.[/QUOTE]



Ich also eine Situtation , eine Konstellation,erzeuge wo mein Gegenüber verleitet , manipuliert wird , sein Gleichgewicht selber zu stören , und nicht bemerkt das ich ihn dazu verleitet habe . aber trotzdem wäre es immer noch kuzushi

Warum nicht, aber es ist halt nicht Phasenweise definiert. Im Judo ist das doch ähnlich, dort ist es auch nicht so gemeint das es unbedingt nacheinander erfolgen muss.

Cam67
11-11-2021, 11:24
Das ist noch kein Kuzushi, aber eine Möglichkeit den Angreifer dorthin zu bringen, wo man ihn haben möchte, im Grunde eher ein Führen seiner Absicht, seines Intents, oder seines Yi/Ki.
Kuzushi erfolgt bei Körperkontakt, entweder durch ein "weiterführen", durch in den Angriff hineingehen, oder durch eine subtile Aktion die durch die Muskulatur übertragen wird und auf das Nervensystem den Angreifers wirkt, entweder weil Reflexe ausgelöst werden, oder einfach eine Art breakdown erfolgt. Daraufhin kann eine Technik erfolgen, oder es ist schon die Technik selbst.
.[/QUOTE]

ich habs mal fett markiert , weil ich den Satz interessant finde und frage mal in die Runde , ob andere Aikidokas hier das ebenso sehen. Kuzushi findet erst bei Körperkontakt statt? nur eine Frage.
Für mich ist es definitiv kuzushi wenn ich jemanden verleite sein eigenes Gleichgewicht zu stören , egal ob mit Kontakt oder kontaktlos .

Einfaches Beispiel . ev. kennst du den Effekt
Du sagst zu jemanden er soll sich stabil hinstellen ,im Bogenschritt ,da du ihn mit ihm eine Schiebeübung machen möchtest . Jetzt näherst du dich seiner mit deiner Hand seiner Brust und er erwartet den Druck . Sehr oft beginnen dann Leute sich leicht entgegen zu lehnen , in geister Vorerwartung der ankommenden Kraft. Ziehst du nun kurz vor der Berührung aber ruhig die hand zurück , kommt er aus dem Gleichgewicht und stolpert an dir vorbei. kann jeder mal testen . Besser vorher mal 2-3 mal ordentlich gedrückt ,das er auch wirklich auf eine kommende Kraft gefasst ist.
Die Störung des Gleichgewichts hat hier schon durch die Erwartung stattgefunden , ganz Kontaktlos .
das Gleiche passiert bei auch bei Schlägen als Finten , welche als Antwort eine Gleichgewichtsumverteilung bewirkt , was eine Störung darstellt , wenn KEIN Ausgleichsschritt gemacht werden kann.

Frage also. ist kuzushi an Kontakt gebunden , für euch ?




Warum nicht, aber es ist halt nicht Phasenweise definiert. Im Judo ist das doch ähnlich, dort ist es auch nicht so gemeint das es unbedingt nacheinander erfolgen muss

Es muss ja nicht im Aikido in diesen Phasen eingeteilt sein .Das meinte ich damit nicht. Ich meinte das diese Phasen in jedem Wurf egal aus welchem Stil er kommt , zu finden sind , WENN ich in dieser Einteilung denke .egal ob nun nacheinander oder fast Gleichzeitig. und bitte erinnere dich
den Begriff hattes du ja eingebracht .

Was oft außer Acht gelassen wird, ist Kuzushi, ein Gleichgewichtsbruch der vor der Ausführung einer Wurftechnik erfolgen muss

nur deshalb habe ich doch überhaupt reagiert.

ThomasL
11-11-2021, 11:34
@Period: 1+ (danke für diesen sehr lesenswerten Beitrag!!!)

MGuzzi
11-11-2021, 11:50
Kuzushi findet erst bei Körperkontakt statt? nur eine Frage.

Ich habe weder "erst" noch "nur" geschrieben, oder eine andere Einschränkung gemacht.

Kuzushi (wie ich es verstehe) findet in der Regel durch Körperkontakt statt, der Kontakt kann aber auch mental sein.
Nur, wenn man hier was von Kontaktlosem Aikido schreibt, wird es aller Wahrscheinlichkeit nach eine größere Diskussion auslösen.

Cam67
11-11-2021, 12:04
Ich habe weder "erst" noch "nur" geschrieben, oder eine andere Einschränkung gemacht.

Kuzushi (wie ich es verstehe) findet in der Regel durch Körperkontakt statt, der Kontakt kann aber auch mental sein.
Nur, wenn man hier was von Kontaktlosem Aikido schreibt, wird es aller Wahrscheinlichkeit nach eine größere Diskussion auslösen.

Könnten wir mit diesen Wortklaubereien aufhören , BITTE. und einfach den Inhalten zuwenden ???

wenn ich von Verleiten und Manipulieren spreche um Kuzushi zu erreichen und du daraufhin betonst das es bei Kontakt stattfindet , mein Gott. dann ist doch die Frage von mir nicht unberechtigt , ob es sich auf Kontakt allein bezieht.
mir egal ob das eine Diskussion auslöst. Denn wenn ich ihn nicht berühre , er aber zu Störung seines Gleichgewichts verleitet wird, ist es nunmal definitv kontaktlos . Also kann man das auch so nennen.
Du schreibst jetzt was von mental Kontakt . da sehe ich kein Unterschied , da ich in gewisser Weise mental ebenfalls bei ihm Kontakt aufgebaut habe , schon durch die Anweisung , bleib mal stabil stehen .
Das Gleiche kann man auch durch Körperausdruck (Mimik , Haltung , verhalten , Intention ausstrahlen ) erreichen. wie auf jemanden zugehe , wie ich ihm eine Hand entgegen bringe , einen Schlag antäusche , usw. Das alles spielt in meinen Augen eine große Rolle dabei mit , wenn es darum geht , etwas mit minimalen Aufwand zu gestalten , z.b. einen Wurf.
Selbstverständlich kommt noch die Art und weise dazu , wie ich in mir kraft generiere und wie du es beschrieben hast ,dann Kräfte walten lasse.

MGuzzi
11-11-2021, 13:11
Das Gleiche kann man auch durch Körperausdruck (Mimik , Haltung , verhalten , Intention ausstrahlen ) erreichen. wie auf jemanden zugehe , wie ich ihm eine Hand entgegen bringe , einen Schlag antäusche , usw. Das alles spielt in meinen Augen eine große Rolle dabei mit , wenn es darum geht , etwas mit minimalen Aufwand zu gestalten , z.b. einen Wurf.


Dazu ist ja schon was gesagt worden, in die Bewegung reinholen, in die Lücke laufen lassen, etc.
Das geschieht doch durch Kontakt, dieser entsteht vor dem körperlichen Kontakt, ist aber eben noch nicht das, was ich unter Kuzushi verstehe.

Cam67
11-11-2021, 15:08
Dazu ist ja schon was gesagt worden, in die Bewegung reinholen, in die Lücke laufen lassen, etc.
Das geschieht doch durch Kontakt, dieser entsteht vor dem körperlichen Kontakt, ist aber eben noch nicht das, was ich unter Kuzushi verstehe.

Ok , dann lass uns von hier starten.
Für mich besteht eine Störung des Gleichgewichts , wenn es gestört ist . Klingt fast schon zu banal , aber ist es im Endeffekt auch . Wie ich diese Störung erreiche , ist auf die Störung selber gesehen , völlig egal.
Betrachtet man das normale Gehen , dann findet pausenlos ein Stören unseres Gleichgewichts statt. Korrekt ausgedrückt basiert unser Gehen darauf , denn es ist nichts weiter als permanentes Ausgleichen dieser Störung. Wir verlagern unseren Körperschwerpunkt beim Start des Gehens und bringen uns in Ungleichgewicht ohne den Schritt würden wir fallen . Beobachte mal dein Gehen . Der Schritt dient also dem ständigen verhindern des Umfallens, und genau das wird in vielen Varianten an Würfe , benutzt .
Für mich ein fundamentales Prinzip . Auch wenn es so banal wirkt.
Stimmt das Timing , Stimmt die Stimulation (Verleitung) des Schrittes , ist der Aufwand den man benötigt ,um den Anderen zu Fall zu bringen , minimal. Einfachstes Beispiel beim Fussball , wenn der Verfolger den hinteren , nachsetzenden Fuss des Vordermanns
nur leicht blockiert und ihn so zum Fall bringt.
Eine Möglichkeit des kuzushi ist also das Ausnutzen des natürlichen Gehmusters, da die Störung dort schon enthalten ist.

Da das normale Gehen aber sehr anfällig ist , siehe oben , und in den Kampfkünsten bekannt , wird in vielen Formen auf ein Andere Form des Gehens Wert gelegt . Man könnte es als Schleichmuster bezeichnen. (NICHT im Sinne von langsam bewegen )
Damit meine ich , während beim Gehen erst der körperschwerpunkt verändert wird und dann der Fuss (Schritt folgt ) ist es beim Schleichen genau umgedreht. Erst bewegt sich das Bein (Fuss) , sucht Bodenkontakt , dann erst folgt der Körperschwerpunkt.

Das findet sich in sehr vielen Formen (Katas , Bewegungsformen ) wieder . Wenn das einer verinnerlicht hat ist es wesentlich schwerer ihn zu , zum einen zu bewegen und erst Recht ihn im Gleichgewicht zu stören. Hier kommen dann Mechanismen wie , Kräfte anbieten und die darauf entstehenden Reaktionen ausnutzen (z.b das Pinnen auf ein bestimmtes Bein ) zum Einsatz.
Dann erreiche ich eine Störung , indem ich das Verlassen des Pinns nicht zulasse aber weiter eine Kraft wirken lasse , die den Schwerpunkt des Gegners verschiebt. Den Pinn benötige ich , damit er keinen Ausgleich erreichen kann. Je scherender ,eine Kraft dann wirkt , desto leichter wird es .

Für mich z.b. zwei verschiedene Mechanismen , um kräfte wirken zu lassen ...

period
11-11-2021, 19:17
:halbyeaha
Vielen Dank für die Einsichten und den wertvollen Beitrag , auf den ich hoffentlich noch ausführlicher (mit Rückfragen) antworten werde.

Gerne. Was ich zu meinem ursprünglichen Post noch ungefragt anhängen wollte: Bei uns werden nur neue Techniken die ersten 20-50x (also die ersten paar Minuten) beim erlernen einer neuen Technik ohne nennenswerten Widerstand geübt. Wie weit der Widerstand dann ansteigt, hängt von der Schule ab (das geht beim Drillen bis hin zum "Situationen auskämpfen", wo der Partner alles tut um zu verhindern, dass man die Technik durchbringen kann; teilweise wird dieser Punk nach 10-15 Minuten ab Erlernen einer Technik erreicht), aber generell gilt es als unerwünscht, wenn ein Partner keine realistische Spannung aufbaut, eine unrealistische Ausgangsposition einnimmt etc.

period
11-11-2021, 19:27
Ich unterscheide vor allem Kräfte und Körperkraft. In jedem Kampf treten enorme Kräfte auf. Ich kann beispielsweise bei einem Schulterwurf im Judo mit geringer Körperkraft hohe Kräfte erzeugen.

Dem würde ich nicht widersprechen; ich habe nur die Erfahrung gemacht, dass häufig "Kräfte" wahrgenommen und automatisch als "Körperkraft" interpretiert werden, während der Sachverhalt deutlich komplexer ist. Wenn man beim Schulterwurf oder Hüftwurf bleibt: teilweise werfen Leute in der gleichen Gewichtsklasse mit dem gleichen Wurf ganz unterschiedlich hart. Das ist weniger eine Frage von Kraft, mehr eine Frage der Fallhöhe (wobei höher nicht immer härter ist, wenn wir bei der subjektiven Wahrnehmung bleiben - ich habe z.B. die Erfahrung gemacht, dass man Judokas trotz oder gerade aufgrund von eingschliffener Fallschule am besten mit kurzen Würfen die Luft aus den Lungen hauen kann - wenn man einen hohen Schulterwurf erwartet und die Fallschule darauf abstimmt, kommt die eben für einen abgeknieten Wurf einen Sekundenbruchteil zu spät). Jemand, der mit simplen Würfen einen ungewöhnlich harten Aufprall produziert, hat fast immer ein sehr gutes Timing dabei, und wartet z.B. einen Augenblick, bevor er auf den Gegner drauffällt, wodurch zwei Aufprallmomente entstehen, die übler sind als ein einzelner härterer - und ausserdem verhindern, dass der Gegner durchrollen kann. Ich schreibe hier Gegner, weil das im Training als häufig mässig gute Manieren gilt. Solche Leute trainieren meistens auch viel solo (mit Dummy etc.), um genau das einzuschleifen.

period
11-11-2021, 19:39
[...] Ist eine mögliche Strategie. Alles platt walzen wäre da wohl der umgekehrte Ansatz, je nach Kämpfertyp halt.

Beim Stockkampf ist das fast eine überlegene Vorgehensweise. Es ist unheimlich schwer einen guten Konterkämpfer effektiv anzugreifen ohne selbst was abzubekommen. Die eigenen Aktionen wie Fakes und Finten müssen aber entsprechend dynamisch und kraftvoll sein, sonst wird man überrant. Ebenso sind starke, schnelle Beine gefordert. Besonders wenn man gegen viel schwerer und/oder größere Gegner antritt.

Aus dem Stockkampf lässt sich sagen: its all fun and games until somebody gets hurt.
Allgemein kann man festhalten, dass es um so besser flowt, je lockerer man ist.
Hat man eine super Technik aber zu wenig Wumms verursachen die Treffer allerdings keine Schmerzen. Bedeutet der Gegner hat keine Angst vor Treffern und ingnoriert die Aktionen.
In dem Moment, in dem man vielleicht schon mehrfach hart getroffen wurde und Schmerzen hat, geht alle Leichtigkeit dahin. Der Instinkt übernimmt und dann haut man so fest wie man kann mit der einfachsten Technik. Umsomehr wenn beide Schmerzen haben.

In diesem Sport ist Kraft in Form von Explosivität in den Beinen und Armen gefordert. Schwere Dinge Heben oder ewig lange halten wenig bis gar nicht.

Dem Vorangehenden würde ich uneingeschränkt zustimmen. Zum "Überrennen" sollte ich noch erwähnen, dass auch das im Ringen eine komplexere Geschichte ist, die weit technischer ist, als es klingen mag, aber dazu vielleicht ein andermal mehr.

Zum Kontern: es ist auch im Ringen (meines Wissens auch im Boxen) tendenziell so, dass die meisten Athleten, die gut mit wesentlich schwereren Gegnern klarkommen, gut im Kontern sind. Passt auch zur Theorie im mittelalterlichen europäischen Fechten, die u.a. besagt, dass man gegen schwächere Gegner im "vor", gegen gleichwertige Gegner im "indes" und gegen stärkere Gegner im "nach" agieren soll, egal ob mit oder ohne Waffe.

In Hinblick auf den Stockkampf bin ich kein Experte, aber ich würde jetzt mal vermuten, dass einige der diesbezüglichen Aussagen wieder kontextspezifisch sind. Beispielsweise ist die Bedrohung natürlich geringer, wenn man mit Rattan und Fechtmaske arbeitet, als wenn man einen kopflastigen Stock bzw. eine leichte Keule verwendet, von der man weiss, dass einen ein leichter Kopftreffer zumindest durcheinanderbringen und ein schwerer umhauen wird (ich denke da z.B. an Zulu stickfighting oder die irischen Stile). Bezüglich der physischen Anforderungen würde ich die meisten Stockstile auch eher mit Boxen oder Hiebfechten vergleichen, sollte aber auch anmerken, dass es diverse Stile gegeben hat, die sehr ringlastig waren (im europäischen Mittelalter z.B. alles, was in Richtung Stange geht, oder Fiores "Marschallstab", der im Wesentlichen modifiziertes Dolchringen ist). Auch das ist wieder kontextbezogen, weil man eben den gerüsteten Kampf im Hintergrund hat.

period
11-11-2021, 19:50
Das kann je nach Situation sinnvoller sein, und es kommt auf den Kontext an. Im Aikido sprechen wir von einer Aktion die in einer Kata auf einen vorher festgelegten Angriff erfolgt, dass ist keine Kampfsituation in der es diese fürs Judo definierten Phasen eines Wurfes gibt, es erfolgt unmittelbar alles zur gleichen Zeit. Keine Vorbereitung, taktieren, jemanden in die für einen Wurf günstige Position bringen, Gleichgewicht stören, dann werfen. Im Aikido, jedenfalls in den Wurftechniken die du anscheinend vor Augen hast, ist das Eins, denn die Vorbereitung ist schon im dem Zeitpunkt erfolgt, in dem der Angreifer schlägt, greift oder was weiß ich. Im Besten Fall weiß er das nicht, er läuft, greift oder schlägt halt in diese Lücke, weil er davon angezogen wird. Das ist etwa das, was weiter oben in dem Interview beschrieben wurde (leaping into the opening), und was man halt in einer Kampfsituation vermeidet. Um das trotzdem zu verstehen, trainiert man halt so.

Ich würde sagen, kuzushi, tsukuri und kake sind Teil der judospezifischen Theorie. Mit Theorien ist es immer so eine Sache, weil sie die bewusste Wahrnehmung beeinflussen können. Will heissen, jemand, der mit diesem "Dreisatz" trainiert worden ist, wird die Phasen vermutlich auch bei jemandem zu erkennen glauben, der darin einen einzigen Ablauf sieht, vermutlich auch umgekehrt. Ebenso kann man den Ablauf auch in deutlich mehr Schritte unterteilen, wenn man möchte - ich bin zum Beispiel ein vierteiliges Denkschema gewohnt (Fassen, Vorbereitung, Wurf, Weiterführung), aber ich habe auch schon von sechsteiligen Systemen gehört. Je nach Unterteilung werden bestimmte Aspekte betont oder auch unterschlagen bzw. zusammengenommen. Es ist meines Erachtens schwer, schlüssig zu argumentieren, dass sich eine ensprechende Theorie nicht an dem erkennen lässt, was man macht, man kann lediglich klar sagen, dass das eben nicht dem eigenen Lehr- oder Denkschema entspricht.

ThomasL
12-11-2021, 07:45
Ich würde sagen, kuzushi, tsukuri und kake sind Teil der judospezifischen Theorie. Mit Theorien ist es immer so eine Sache, weil sie die bewusste Wahrnehmung beeinflussen können.
Ich muss sagen bei uns im Judo wird diese Unterteilung (bzw. die Begriffe) auch nicht explizit verwendet (ich finde sie auch nur bedingt hilfreich). Im Techniktraining wird eigentlich immer eine Kombination aus Griff (wie und wo gegriffen wird hat bei uns einen viel höheren Stellenwert als ich es aus dem Sportjudo kannte) und Positionierung (die Reihenfolge kann je nach Wurf unterschiedlich sein – es gibt aber keine Pause, oft erfolgt es auch gleichzeitig), daraufhin kommt dann der Wurf der technisch aus den Phasen Gleichgewicht brechen (ja, wir nennen es noch so) und der Exekution (Wurfabschluss) besteht (beides kann noch eine Positionsänderung beinhalten) Unterschiedliche Vorbereitungen werden mit geübt. Weiterführung nur vereinzelt (Ziel ist halt Ippon).
Kraft wird dabei vor allem aus dem Körper – oft in engem Zusammenspiel mit den Händen - generiert.
Was das Thema Konterkämpfer betrifft. Bei deutlich schweren Gegner, denen ich nicht deutlich technisch überlegen bin (was leider selten der Fall ist, bin zu schlecht), habe ich persönlich auch in erster Linie mit Kontertechniken Erfolg.
Die gleich Erfahrung habe ich bei technisch überlegenen Gegner gemacht, wenn ich die mal erwischte dann meistens mit Kontertechniken (das würde ich aber nicht verallgemeinern wollen).

dbma_ffm
12-11-2021, 08:34
In Hinblick auf den Stockkampf bin ich kein Experte, aber ich würde jetzt mal vermuten, dass einige der diesbezüglichen Aussagen wieder kontextspezifisch sind. Beispielsweise ist die Bedrohung natürlich geringer, wenn man mit Rattan und Fechtmaske arbeitet, als wenn man einen kopflastigen Stock bzw. eine leichte Keule verwendet, von der man weiss, dass einen ein leichter Kopftreffer zumindest durcheinanderbringen und ein schwerer umhauen wird (ich denke da z.B. an Zulu stickfighting oder die irischen Stile).

Ja, Ausrüstung ist entscheidend.


https://www.youtube.com/watch?v=zGEiK9StSfQ

Schon die Dicke der Handschuhe verändert die Art zu kämpfen, bzw. die Dynamik des Kampfes auf der taktischen Seite, nicht aber die aufgewendetet Kraft beim Schlagen. Und es ging ja immerhin um die Anwendung von Kraft.
Ich kann nur über den Stockkampf mit Rattan was sagen und da ist ein kräftiger Schlag wichtig um Schaden zu machen.


https://www.youtube.com/watch?v=b5fha3vZzCc

Um diese Kraft auf und dann in den Gegner zu bringen, gibt es viele Möglichkeiten. Das Gewicht und Material des Sportgeräts sowie dessen Beschleunigung spielen eine wichtige Rolle.

Wenns Dich interessiert, verweise ich auf Beitrag #1254

https://www.kampfkunst-board.info/forum/showthread.php?48622-FMA-Clips&p=3757196#post3757196

südafrikanischer Stockkampf und ein schönes Beispiel, was nötig ist, um Schaden zu machen und zu gewinnen. ( Clickbait ingnorieren)


Bezüglich der physischen Anforderungen würde ich die meisten Stockstile auch eher mit Boxen oder Hiebfechten vergleichen, sollte aber auch anmerken, dass es diverse Stile gegeben hat, die sehr ringlastig waren (im europäischen Mittelalter z.B. alles, was in Richtung Stange geht, oder Fiores "Marschallstab", der im Wesentlichen modifiziertes Dolchringen ist). Auch das ist wieder kontextbezogen, weil man eben den gerüsteten Kampf im Hintergrund hat.

Neben dem klassischem FMA Techniktraining ist die physische Seite tatsächlich sehr agility lastig. Schnelle explosive Bewegungen sind auch eine Form der Kraftanwendung und müssen entsprechend trainiert werden.
Über die sieben Distanzen betrachtet, ändern sich die Anforderungen allerdings. Hier treten Stäken und Schwächen auf.



Passt auch zur Theorie im mittelalterlichen europäischen Fechten, die u.a. besagt, dass man gegen schwächere Gegner im "vor", gegen gleichwertige Gegner im "indes" und gegen stärkere Gegner im "nach" agieren soll, egal ob mit oder ohne Waffe.

Was früher mal Richtig war, ist heute nicht falsch.
Druck machen, Druck widerstehen oder Druck ausweichen. Ziemlich universell und auch wieder ein Form der Kraftanwendung.

Aiki5O+
12-11-2021, 10:24
ABER reine Muskelkraft einzusetzen, wird je nach Situation auch kritisch gesehen, weil es zu schnellerer Ermüdung führt. Muskelkraft wird natürlich eingesetzt, aber immer durch die Position, den Winkel, die Hebel und den aktiven Einsatz des Körpergewichtes potenziert. Häufig genug arbeiten die Arme dabei weitgehend statisch und halten nur kurz isometrisch eine gewisse Beugung, während die Kraftentwicklung aus der Beinarbeit – sprich: Gewichtsverlagerung und Positionsänderung – kommt. Lustigerweise habe ich die Erfahrung gemacht, dass insbesondere Leute aus den sogenannten «weichen» Stilen dazu neigen zu versuchen, rein muskulär zu arbeiten, wenn man ihnen eine Technik zeigt, wohl in der irrigen Annahme, dass das in einem Stil wie Ringen eben so sein müsse.Mein Aikido-Lehrer wird nicht müde zu betonen, dass man mit einer entspannte Körperhaltung, insbesondere mit entspannten Schultern und Armen letztlich mehr Kraft ausüben kann. Aber wenn das so ist, dann müssten andere Sportler und KKler das längst auch entdeckt haben und für sich nutzen. Deinen Beitrag sehe ich als Bestätigung für meinen Gedanken.

Beispiel Armdrücken: man könnte meinen, dass das eine reine Kraftprobe sei, in der immer der mit den kräftigeren Armen gewinnt. Aber offenbar kann man auch hier Position, den Winkel, die Hebel und Körpergewicht und Kraft-Weiterleitung intelligent und nahezu aufwandlos einsetzen:


https://www.youtube.com/watch?v=V-G4iBdS4m0
(Ab 0:50. Bitte englische Untertitel einschalten)

MGuzzi
12-11-2021, 10:40
Für mich z.b. zwei verschiedene Mechanismen , um kräfte wirken zu lassen ...

Ja, sind beide bekannt.

Im Grunde genommen ist es in einigen Übunsformen so, dass ein permanenter Zustand des Ungleichgewichts aufrechterhalten wird, ein labiler Prozess der künstlich in Gang gehalten wird, bis die Wurf- oder Hebeltechnik dann den endgültigen Gleichgewichtsbruch herbeiführt.
in einem Kampf ist dieser Zustand meist sehr kurz, wird im Aikido wie gesagt verlängert, weil dort interessante Dinge geschehen und zu üben sind, das ist ein bisschen ein Spiel mit Kräften. Weil es für Uke in diesem Zustand kaum möglich ist (vorausgesetzt man ist durch geschicktes Einleiten der Bewegung in der Lage diesen Zustand herbeizuführen), nennenswerten Wiederstand zu leisten, kann man dort mit sehr wenig Kraftaufwand große Wirkungen erreichen, das gibt dem Aikido halt diese spielerische oder tänzerische Komponente, aber eben auch diesen unrealistischen touch.
Allerdings gibt es halt auch andere Übungsformen, bei denen diese Phase möglichst kurz ist, aber eine sehr starke Störung herbeigeführt wird, die selbst schon ausreicht um den Gleichgewichtsbruch zu erzeugen, die Wurtechnik dient dann nur noch zur Zerstörung. Das ist halt "altes" Aiki, oder Daito-ryu.
Das ist natürlich eine grobe Unterscheidung, wie man was macht, da gibt es natürlich auch unterschiedliche Level, von Krafteinsatz bis zu subtilen Mannipulation durch Auslösen von Reflexen, etc.

period
12-11-2021, 10:43
Mein Aikido-Lehrer wird nicht müde zu betonen, dass man mit einer entspannte Körperhaltung, insbesondere mit entspannten Schultern und Armen letztlich mehr Kraft ausüben kann. Aber wenn das so ist, dann müssten andere Sportler und KKler das längst auch entdeckt haben und für sich nutzen. Deinen Beitrag sehe ich als Bestätigung für meinen Gedanken.

Ich würde es etwas anders formulieren, aber das liegt vermutlich am unterschiedlichen Hintergrund: überflüssige Anspannung ist in jeder Position hinderlich, ermüdet und verringert die Reaktionsgeschwindigkeit. Allerdings wird man ohne eine sinnvolle Grundspannung schlicht überrannt und zusammengefaltet. Die Grundspannung sollte es erlauben, die Position einen Sekundenbruchteil stabil halten zu können, während man sich bei einem Konter oder einem Defensivmanöver umpositioniert. Ist das nicht der Fall, wird einem eine Position aufgezwungen, oder man reagiert zu spät, schnappt zurück und öffnet damit den Weg für einen Angriff. Es kommt also darauf an, wie man "entspannt" definiert. Eine gute neutrale Position nach meiner Definition ist definitiv nicht verkrampft, allerdings auch nie komplett entspannt.


Beispiel Armdrücken: man könnte meinen, dass das eine reine Kraftprobe sei, in der immer der mit den kräftigeren Armen gewinnt. Aber offenbar kann man auch hier Position, den Winkel, die Hebel und Körpergewicht und Kraft-Weiterleitung intelligent und nahezu aufwandlos einsetzen:

Ich habe mich eine Zeit lang recht intensiv mit Armdrücken beschäftigt (und dabei beide Ellenbogen lädiert, bevor ich die Technik raushatte). Die Technik ist tatsächlich überraschend komplex, noch wesentlich komplexer als im Video dargestellt, sogar wenn man die "Fouls" beim Greifen nicht berücksichtigt. Es ist ein bisschen wie im Ringen - jemanden zu schlagen, der keine Ahnung von der Position und Technik hat, ist mehrheitlich lächerlich einfach, wenn man weiss was man macht. Schafft die Person es aber, eine gleichwertige Ausgangsstellung zu erreichen, ihr Körpergewicht sinnvoll und mit dem richtigen Timing einzusetzen etc., dann kann es es eine Frage von Kraft, Kraftausdauer und Schnelligkeit werden - wobei man (bei allem Respekt gegenüber Armwrestlern) im Ringen doch mehr taktischen und technische Möglichkeiten hat, um einen Kraftvergleich zu vermeiden.

MGuzzi
12-11-2021, 11:27
Mein Aikido-Lehrer wird nicht müde zu betonen, dass man mit einer entspannte Körperhaltung, insbesondere mit entspannten Schultern und Armen letztlich mehr Kraft ausüben kann.

Das ist für mich erst mal eine unvollständige und somit nutzlose Aussage.

Aiki5O+
12-11-2021, 11:44
Ich würde es etwas anders formulieren, aber das liegt vermutlich am unterschiedlichen Hintergrund: überflüssige Anspannung ist in jeder Position hinderlich, ermüdet und verringert die Reaktionsgeschwindigkeit. Allerdings wird man ohne eine sinnvolle Grundspannung schlicht überrannt und zusammengefaltet. Die Grundspannung sollte es erlauben, die Position einen Sekundenbruchteil stabil halten zu können, während man sich bei einem Konter oder einem Defensivmanöver umpositioniert. Ist das nicht der Fall, wird einem eine Position aufgezwungen, oder man reagiert zu spät, schnappt zurück und öffnet damit den Weg für einen Angriff. Es kommt also darauf an, wie man "entspannt" definiert. Eine gute neutrale Position nach meiner Definition ist definitiv nicht verkrampft, allerdings auch nie komplett entspannt.
Du hast natürlich recht. In früheren Threads hatte ich daher die Formulierung "entspannen ohne zu erschlaffen" gewählt. Alleine schon fürs aufrechte Stehen oder Sitzen benötigt man logischerweise eine gewisse Grundspannung. Die meisten Aikidoka, die ich kenne, sind ja keine Leistungssportler und tendenziell eher viel zu verspannt. Daher kommt mMn u.a. auch die Betonung auf Entspannung oder Lösen von überflüssigen (Ver)spannungen im Unterricht. Das macht es ja auch so wertvoll für mich als Ausgleich für meine sitzende Berufstätigkeit.

Aiki5O+
12-11-2021, 12:06
Das ist für mich erst mal eine unvollständige und somit nutzlose Aussage.

Ein Bild sagt mehr als Tausend Worte:

47222 47223

Aus dem YouTube Clip: Masamichi Noro Sensei (1962-66), 2:25-2:35 (https://www.youtube.com/watch?v=369xteg2UQI#t=2m25)

Cam67
12-11-2021, 12:23
J
Im Grunde genommen ist es in einigen Übunsformen so, dass ein permanenter Zustand des Ungleichgewichts aufrechterhalten wird, ein labiler Prozess der künstlich in Gang gehalten wird, bis die Wurf- oder Hebeltechnik dann den endgültigen Gleichgewichtsbruch herbeiführt.
.

Darauf wollte ich hinaus . Und benutzt wird dabei eben die im Gangmuster schon angelegte Gleichgewichtsstörung. Solange man das am Laufen halten kann , ist es durch gutes Timing möglich , recht kraftaufwandsarm Effekte zu erzielen , die von Aussen als ein Wirken fast schon ohne Kraftnutzung wahrgenommen werden.
Das ist ja nicht auf Aikido allein begrenzt , auch wenn grade Aikido durch gewisse Demos oft als Erste in den Sinn kommt.

Ich spreche das nur an ,da der Thread ja um Kraftaufwand in Aikido UND anderen KK , geht. und sich aus der Diskussion mit Disci ergeben hat , welche ja auch gern mit "ohne Kraft" hausieren geht.
Und das behalte ich immer im Hintergrund, als Diskussionsbasis.



in einem Kampf ist dieser Zustand meist sehr kurz, wird im Aikido wie gesagt verlängert, weil dort interessante Dinge geschehen und zu üben sind, das ist ein bisschen ein Spiel mit Kräften. Weil es für Uke in diesem Zustand kaum möglich ist (vorausgesetzt man ist durch geschicktes Einleiten der Bewegung in der Lage diesen Zustand herbeizuführen), nennenswerten Wiederstand zu leisten, kann man dort mit sehr wenig Kraftaufwand große Wirkungen erreichen, das gibt dem Aikido halt diese spielerische oder tänzerische Komponente, aber eben auch diesen unrealistischen touch.

Das ist dann der Punkt wo ich mit meiner etwas umständlichen Eröffnung , hin wollte. Diese Verlängerung die du ansprichst ist in meinen Augen der Knackpunkt , da im Kampf nicht selten Zwei aufeinander treffen die das Abrufen des normalen Gangmusters mit Vorschieben des Körperschwerpunktes , eben nicht zulassen bzw soweit es geht unterbinden (siehe Schrittarbeit in den Übungsformen ) . So das es bezogen auf unkooperativ , z.b. Sparring oder Randori , es nicht mehr so einfach möglich ist , den Anderen permanent im Ungleichgewicht zu halten oder sogar erstmal dort hin zu bringen und diese Verlängerung kaum oder garnicht zum Tragen kommet.
und damit der "Kraftunaufwendige Part des Aikidos schlagartig verschwindet. So zumindest in meiner Erfahrung , wenn mit Aikidokas Randori gemacht habe .

Bei Judokas und Ringer , wen wunderts , war das anders. , da ihr ganzes Wirken von vornherein darauf aus ist auf jemanden zu treffen und ihn zu händeln , der nicht von vornherein eine Störung des Ungleichgewichts anbietet.
Wenn dann alles an Timing stimmt und Kräfteeinsatz , kam es auch zu Effekte die sich für einen selbst anfühlten als würde man eine "leeres Hemd" werfen (ein guter freund brachte mich auf diesen Ausdruck , danke nochmal) und für den Geworfenen , als würde er eingesaugt werden , in ein Loch gleiten (nicht fallen ) . Also fast schon ohne kraft ^^.
und auch hier ,als Uke , bei Ringer um einiges öfter als bei Judokas. aber nie bei Aikidokas , im Randori. und ja , mit Aikidokas um einiges seltener auf Matte getummelt .

So das die Frage nach Aufwand des Krafteinsatzes auch eine Frage des Set ups ist dem man gewohnt ist zu agieren . was halt vertraut ist.



Allerdings gibt es halt auch andere Übungsformen, bei denen diese Phase möglichst kurz ist, aber eine sehr starke Störung herbeigeführt wird, die selbst schon ausreicht um den Gleichgewichtsbruch zu erzeugen, die Wurtechnik dient dann nur noch zur Zerstörung. Das ist halt "altes" Aiki, oder Daito-ryu.

Hier denke ich sprichst du von "schweren Angriffen" . Also eindeutige , konsquente Angriffe , die zwar branntgefährlich , wenn sie treffen , aber durch ihre Heftigkeit anfälliger sind für Störungen , Scherungen , Antizipation , neutralisieren durch direkten Einstieg in den Angriffsansatz.
Falls , ja , dann sehe ich genau dort das Einsatzgebiet für Aikido um seine Elemente zur Wirkung kommen zu lassen .Ist aber nur meine persönliche Sicht .

Billy die Kampfkugel
12-11-2021, 12:34
Man braucht sehr viel Kraft im KK/KS. Man baut durch das spezifische eine riesige Muskulatur an bestimmten Stellen auf. Fechter hat z.B. einseitig einen stärkeren Unterarm mit dem er die Waffe führt. Wir haben eine Muskulatur die vom Durchschnitt abweicht. Das wird gerne bei der Werbung für Kampfkaunst A,B,C untern Tisch fallen gelassen.
Desweiteren sind KK/KSler Kraftsparer möglichst keine überflüssigen Bewegungen nichts verpuffen lassen etc..
Der letzte Punkt ist die Kraft des Gegners miteinzubeziehen. Da macht es dann die Erfahrung ob und wie man das lenken kann und ob man nicht eventuell dem Gegner auf den Leim geht. Kommt dann zum eigentlich wollte ich das mit dir machen jetzt liege ich selbst am Boden Effekt. Wenn mein Schlag trifft während mir mein Gegner entgegengeht umso besser. Dafür gibt es für jede KK/KS zig Beispiele und Aktionen auf die man ssich wieder spezialisieren kann.

Cam67
12-11-2021, 12:41
Man braucht sehr viel Kraft im KK/KS. Man baut durch das spezifische eine riesige Muskulatur an bestimmten Stellen auf. Fechter hat z.B. einseitig einen stärkeren Unterarm mit dem er die Waffe führt. Wir haben eine Muskulatur die vom Durchschnitt abweicht. Das wird gerne bei der Werbung für Kampfkaunst A,B,C untern Tisch fallen gelassen.
Desweiteren sind KK/KSler Kraftsparer möglichst keine überflüssigen Bewegungen nichts verpuffen lassen etc..
Der letzte Punkt ist die Kraft des Gegners miteinzubeziehen. Da macht es dann die Erfahrung ob und wie man das lenken kann und ob man nicht eventuell dem Gegner auf den Leim geht. Kommt dann zum eigentlich wollte ich das mit dir machen jetzt liege ich selbst am Boden Effekt. Wenn mein Schlag trifft während mir mein Gegner entgegengeht umso besser. Dafür gibt es für jede KK/KS zig Beispiele und Aktionen auf die man ssich wieder spezialisieren kann.

Yep.
1 min Sparring oder Randori genügt , um jeden Gedanken an kraftlos zu überdenken. Du benötigst einfach ein Kraftfundament, um Effekte wie Leichtigkeit oder unaufwendig , zu erzeugen. Wie das Fundament erzeugt wird ist dann wieder stilspezifisch.
ich denke, wenn Period hier von Kräfte Spricht kommt er auch sehr nahe an dem was anderswo dann als Kraftqualitäten beschrieben wird . wobei ich nicht behaupte das es dasselbe ist.

period
12-11-2021, 12:45
Ein Bild sagt mehr als Tausend Worte:

47222 47223

Aus dem YouTube Clip: Masamichi Noro Sensei (1962-66), 2:25-2:35 (https://www.youtube.com/watch?v=369xteg2UQI#t=2m25)

Wenn ich ehrlich sein darf, würde ich den Clip eher anders bewerten - ich sehe da primär Spannung, Entspannung nur dann, als er die Stangenschubser nach Aufbau ihres Schubs ins Leere laufen lässt. Er macht das nur effizienter als die Leute, die versuchen, ihn herumzuschubsen. Der Stand, den er beim Stangenschieben einnimmt, ist übrigens der typischen Grundstellung im Greco sehr ähnlich, auch in Sachen Gewichtsverteilung.

period
12-11-2021, 12:47
ich denke, wenn Period hier von Kräfte Spricht kommt er auch sehr nahe an dem was anderswo dann als Kraftqualitäten beschrieben wird . wobei ich nicht behaupte das es dasselbe ist.

Darf ich fragen, auf welche Definition von Kraftqualitäten Du Dich beziehst? So kann ich das leider kaum nachprüfen oder was dazu sagen.

Cam67
12-11-2021, 12:54
überflüssige Anspannung ist in jeder Position hinderlich, ermüdet und verringert die Reaktionsgeschwindigkeit. Allerdings wird man ohne eine sinnvolle Grundspannung schlicht überrannt und zusammengefaltet. Die Grundspannung sollte es erlauben, die Position einen Sekundenbruchteil stabil halten zu können, während man sich bei einem Konter oder einem Defensivmanöver umpositioniert. Ist das nicht der Fall, wird einem eine Position aufgezwungen, oder man reagiert zu spät, schnappt zurück und öffnet damit den Weg für einen Angriff. Es kommt also darauf an, wie man "entspannt" definiert. Eine gute neutrale Position nach meiner Definition ist definitiv nicht verkrampft, allerdings auch nie komplett entspannt.


.

Das kommt ziemlich dem nahe , was bei uns mit Song beschrieben wird . Es ist nie wirklich Entspannung sondern eben eine Art Grundspannung , die es dir ermöglicht sehr schnell zu wechseln zw durchaus sehr hohen Spannungen und dann sofort wieder sehr niedrigen. Diese Fähigkeit der Wechsel ist dabei der Schlüssel .... dazu muss aber die Muskulatur umorganisiert werden . Nimmst du einen reinen Gym-Trainierten , der bekommt das nicht bzw nur sehr eingeschränkt hin.
Ob nun entwickelt durch Anpassung aufgrund häufigen Partnertrainings oder durch spezielle Übungen dafür ist für mich fast schon egal , was die "entspannte Spannung" angeht.

PS: Das Problem ,was ich beim thema Entspannung oft sehe , ist ,das dienigen welche NUR auf Entspannung achten , nicht fähig sind hohe Spannungen zu erzeugen , wenn benötigt . Und dienigen welche aus Bereichen sehr hoher Spannung , z.b. kraftsport oder reines Krafttraining , kommen , müssen wirklich zu Beginn erstmal an Entspannung, Entspannung, Entspannung arbeiten , um ihre Muskulatur vor allem im Rumpfbereich , wieder Reaktionsfähig zu bekommen. und dabei aber sehr aufpassen das sie mit ihren Üben , die Fähigkeit zu hohen Spannungen NICHT verlieren.
Es ist eben nicht schlaff....

Cam67
12-11-2021, 12:57
Darf ich fragen, auf welche Definition von Kraftqualitäten Du Dich beziehst? So kann ich das leider kaum nachprüfen oder was dazu sagen.

oh , das wird ein eigener thread. Ich meinte damit was bei uns mit z.b mit Krallen, Bohren Fallen, Stossen bezeichnet und geübt wird . Der Hintergrund ist hier einfach , WIE erzeuge ich Kräfte in Mir , Also welche physischen Strukuren binde ich ein und welche nehme ich raus und WIE wirken sie dann auf den Anderen. Das werden bei uns beiden nicht die selben sein, keine Frage , aber Schnittpunkte im Vorgehen lassen sich , so wie es verstehe , finden.

PS. ich beschreibe hier meinen Eindruck. ob es dann so ist kann man wie üblich erst bei Kontakt erfassen. aber wir beide hatten schonmal das Thema und die Ringer mit denen ich zu tun hatte , waren alle nicht weit weg von dem , auch wenn sie nie mit diesem Vokabular in Berührung kamen und natürlich auch nie in diese Kategorien dachten. Dennoch gab es viele überschneidungen.

Aiki5O+
12-11-2021, 13:17
Wenn ich ehrlich sein darf, würde ich den Clip eher anders bewerten - ich sehe da primär Spannung, Entspannung nur dann, als er die Stangenschubser nach Aufbau ihres Schubs ins Leere laufen lässt. Er macht das nur effizienter als die Leute, die versuchen, ihn herumzuschubsen. Der Stand, den er beim Stangenschieben einnimmt, ist übrigens der typischen Grundstellung im Greco sehr ähnlich, auch in Sachen Gewichtsverteilung.
Es ging mir auch nur um die 10 Sekunden lange Sequenz zwischen 2:25 und 2:35. Mit angespannten Schultern kann er leicht von 2 Partnern an den Unterarmen hochgehoben werden, mit entspannteren Schultern kann er die nach oben wirkenden Kräfte ausgleichen.
Die gleiche Übung hatte einmal Kanshu Sunadomari auf einer Aikdo Friendship Demo 1985 gezeigt:


https://www.youtube.com/watch?v=ke1UwFUhZTw

Leider gibt es das Video mit der englischen Übersetzung von Stanley Pranin nicht mehr auf YouTube. Sein Kommentar zu der im Clip gezeigten Übung war:


So when he comes to grab me, remove power. Your partner will take you off-balance if you use power.
(With power removed) Then you can use your partner's power instantly. ..

(0:23 Wenn er an den Armen hochgehoben wird) This happens because I am using power...
(0:28 Wieder auf dem Boden) If I remove my power they can't take my balance

Cam67
12-11-2021, 13:22
Es ging mir auch nur um die 10 Sekunden lange Sequenz zwischen 2:25 und 2:35. Mit angespannten Schultern kann er leicht von 2 Partnern an den Unterarmen hochgehoben werden, mit entspannteren Schultern kann er die nach oben wirkenden Kräfte ausgleichen.
Die gleiche Übung hatte einmal Kanshu Sunadomari auf einer Aikdo Friendship Demo 1985 gezeigt:


https://www.youtube.com/watch?v=ke1UwFUhZTw

Leider gibt es das Video mit der englischen Übersetzung von Stanley Pranin nicht mehr auf YouTube. Sein Kommentar zu der im Clip gezeigten Übung war:

hmh, meinst du nicht das ein Ausgleichen von wirkenden Kräften (und das macht er hier , seh ich auch so) etwas anderes ist , als die Aussage das man mit entspannten Schultern mehr Kraft ausüben kann?

Sieh dir mal die Scene mit dem Stock an. Sie drücken in seine Struktur in seine Längsachse rein und stabilieren ihn zusätzlich , Er drückt über ihren vektor hinaus und spannt sie gewissermassen auf , so das sie garnicht ihre volle Kraft auf ihn wirken können, obwohl es sie sehr anstrengt . Die Anstrengung kommt aber zu grossen Teilen daher , eine kraft auf ihn wirken zu wollen obwohl sie schon in einer instabilen Position sind . Je stärker sie drücken desto mehr spannt er sie auf.

MGuzzi
12-11-2021, 13:55
Ein Bild sagt mehr als Tausend Worte:

47222 47223

Aus dem YouTube Clip: Masamichi Noro Sensei (1962-66), 2:25-2:35 (https://www.youtube.com/watch?v=369xteg2UQI#t=2m25)

Es geht doch nicht nur darum, die Schultern zu entspannen, das ist doch nur ein kleiner, wenn auch wichtiger Part.
Viel wichtiger ist es, wie organisiert man seinen Köper, was tut er denn, wenn er die Kräfte aufnimmt, was arbeitet denn da? Denn das es Arbeit ist, sieht man doch deutlich, er ist die ganze Zeit dabei, das System auszutarieren und die Kräfte zu verteilen. Deshalb, die Aussage deines Lehrers: "Entspann deine Schultern" ist nutzlos, wenn man nicht weiß wie man seinen Körper organisiert, wie man Kraft generiert, etc.

Noro hatte übrigens erhebliche Körperkraft, was man ihm so nicht ansah, und was das Halten von Spannung angeht: Bei seinem Autounfall 1966, bei dem er mit einem LKW zusammengeprallt ist, hat er mit einer Hand mit gestrecktem Arm das Lenkrad gehalten, damit er nicht durch die Scheibe fliegt, und mit der freien Hand bzw. dem Arm, sein Gesicht geschützt. Entspannte Schultern waren da nicht das wesentliche.

MGuzzi
12-11-2021, 14:06
So das es bezogen auf unkooperativ , z.b. Sparring oder Randori , es nicht mehr so einfach möglich ist , den Anderen permanent im Ungleichgewicht zu halten oder sogar erstmal dort hin zu bringen und diese Verlängerung kaum oder garnicht zum Tragen kommet.


Genau das ist die Schwierigkeit vor denen die meisten Aikidoka stehen, außer sie üben halt auch noch Judo, oder was anderes in der Richtung aber was dann meistens dabei raus kommt, ist halt nicht Aikido, sondern Judo oder Grappling, wie man in dem Video Rokas gehen Chadi z.B. sieht, es heißt dann Aikido vs Judo, aber von Aikido sieht man halt nichts.

Oder sie haben "altes" Aikido oder Daito Ryu geübt, und zwar bei einem Lehrer der das tatsächlich zeigen und auch unterrichten kann, wie man "Aiki" benutzt.



Hier denke ich sprichst du von "schweren Angriffen" .

Das müssen keine schweren Angriffe sein. Kann auch der typische Übungsangriff, z.B. Griff zum Handgelenk sein, nur der Effekt ist halt dass man direkt aus den Schuhen gehoben wird, und nicht in einer Umlaufbahn im Ungleichgewicht gehalten wird.

Cam67
12-11-2021, 14:14
Genau das ist die Schwierigkeit vor denen die meisten Aikidoka stehen, außer sie üben halt auch noch Judo, oder was anderes in der Richtung aber was dann meistens dabei raus kommt, ist halt nicht Aikido, sondern Judo oder Grappling, wie man in dem Video Rokas gehen Chadi z.B. sieht, es heißt dann Aikido vs Judo, aber von Aikido sieht man halt nichts.

Oder sie haben "altes" Aikido oder Daito Ryu geübt, und zwar bei einem Lehrer der das tatsächlich zeigen und auch unterrichten kann, wie man "Aiki" benutzt.

.

ok, dann frag ich mal direkt. Woran liegt es deiner Meinung nach das es im Randori so schwer ist den von dir beschriebenen Motor zum laufen zu bringen und Aikidokas erst bei Judokas sich umsehen , um etwas bewirken zu können.?
oder anders. Kann ein Aikidoka es nicht unkooperativ anwenden ,hat er nicht verstanden Aiki zu nutzen ??? . Ergo , die Leute , welche es verstanden haben , würden im Randori um einiges besser aussehen und vll. sogar die optische Leichtigkeit wie in den Demos erreichen ?
Alles ernst gemeinte Fragen . Ich möchte deine Meinung dazu wissen.

MGuzzi
12-11-2021, 14:35
ok, dann frag ich mal direkt. Woran liegt es deiner Meinung nach das es im Randori so schwer ist den von dir beschriebenen Motor zum laufen zu bringen und Aikidokas erst bei Judokas sich umsehen , um etwas bewirken zu können.?


Punkt 1 ist, dieser "Motor" (wenn wir jetzt das Gleiche meinen) ist nicht fürs Randori geschaffen, sondern ist eine Übungsform, wie das Kreislaufen im Bagua vielleicht, es ist eben keine Kampfmethode.
Es ist eine Übungsform in der man sowohl auf der uke- als auch auf der tori-Seite eine Menge lernt, über die Reaktion der Körpers auf bestimmte Kräfte, über Gleichgewicht, über das koordinieren der Bewegung, etc, aber eben nicht darüber wie man jemanden der alles daran setz sich der Bewegung zu widersetzen, wirft. Uke versucht auch irgendwo die Balance zu halten, aber mehr zwischen den Fliehkräften und seinem eigenen Bemühen in der Peripherie der Bewegung zu bleiben, andere kreiseln auch auf einem Bein und lassen sich dann werfen, (sind dann aber auch extrem anfällig) da gibt es unterschiedliche Richtungen, und alle Aspekte kann man jetzt hier nicht beleuchten.



oder anders. Kann ein Aikidoka es nicht unkooperativ anwenden ,hat er nicht verstanden Aiki zu nutzen ??? .

Erst mal haben sie nicht verstanden, dass Aikido für den Kampf halt Jujutsu ist, und dann, in der nächsten Stufe, Aiki-Jujutsu.



Ergo , die Leute , welche es verstanden haben , würden im Randori um einiges besser aussehen

Ja.


und vll. sogar die optische Leichtigkeit wie in den Demos erreichen ?



In Demos sieht man entweder Ki no nagare, die eben schon erwähnte Form die nicht in einem Randori (so wie du es verstehst) anwendbar ist, oder schon mal sehr schnelle, kurze und direkte Techniken, bei denen aber im Grunde auch der Angriff schon vorgegeben ist.
Wenn jemand in einem solchen Randori wirklich "Aiki-jujtusu" einsetzt, wird es eine kompromisslos kurze, und eher brutale Aktion, bei der effektiv beim ersten Kontakt kuzushi erzeugt wird, gefolgt von einer schmerzhaften Hebeltechnik. Dafür ist das Zeug gemacht.
Wenn er einfach nett ist und auf hohem Level "Aiki" anwenden kann, wird es wie bei Ueshiba, man kann ihn einfach nicht bewegen, aber fällt selbst ständig hin und weiß nicht warum.
Ob man da eine optische Leichtigkeit sieht? Eher so was wie bei den alten tai-chi Meistern, an denen irgend wer versucht rumzudrücken oder zu ziehen, aber nichts gebacken kriegt.

MGuzzi
12-11-2021, 14:56
Als Ergänzung, Ueshiba hat diesen "Motor" tatsächlich zum laufen bekommen, einige sagten ja, er habe eine Bewegung gemacht, und sie sind losgelaufen, und wussten nicht wie sie in diesen Sog hineingezogen wurden, auf einem bestimmten Level kenne ich diesen Effekt sogar, das ist aber doch die kooperative Ebene.

Aiki5O+
12-11-2021, 14:57
hmh, meinst du nicht das ein Ausgleichen von wirkenden Kräften (und das macht er hier , seh ich auch so) etwas anderes ist , als die Aussage das man mit entspannten Schultern mehr Kraft ausüben kann?
Meine Aussage aus Post #34 war erst mal nur als Bestätiging gedacht für das was period in #2 geschrieben hat:

"Häufig genug arbeiten die Arme dabei weitgehend statisch und halten nur kurz isometrisch eine gewisse Beugung, während die Kraftentwicklung aus der Beinarbeit – sprich: Gewichtsverlagerung und Positionsänderung – kommt."
Mit entspannten Schultern allein kann man natürlich nicht mehr Kraft ausüben als mit angespannten, aber entspannte (nicht schlaffe) Schultern und Arme sind offenbar die Voraussetzung für etwas, was ich unter dem Begriff "Durchlässigkeit" kenne: dass Schultern und Arme die aus Beinen und Körpermitte (Hara), Gewichtsverlagerung und Positionsänderung resultierenden Kräfte vermitteln können.

Eine typische Aikido/Ki-Übung für entspannte Schultern wird hier gezeigt: The HIDDEN SECRET OF AIKI?* (3:20) (https://www.youtube.com/watch?v=kQ5hVHV9I08#t=3m20)


Sieh dir mal die Scene mit dem Stock an. Sie drücken in seine Struktur in seine Längsachse rein und stabilieren ihn zusätzlich , Er drückt über ihren vektor hinaus und spannt sie gewissermassen auf , so das sie garnicht ihre volle Kraft auf ihn wirken können, obwohl es sie sehr anstrengt . Die Anstrengung kommt aber zu grossen Teilen daher , eine kraft auf ihn wirken zu wollen obwohl sie schon in einer instabilen Position sind . Je stärker sie drücken desto mehr spannt er sie auf.Dem stimme ich zu und das ist für mich ein Beispiel für die bildhafte Vorstellung des "Kraft Ableitens in den Boden". (Ich möchte hier aber nicht die Parallelstand-Diskussion wieder aufwärmen)

___________
*) Den Titel dieses YouTube-Clips würde ich nicht ernst nehmen.

Cam67
12-11-2021, 15:05
Punkt 1 ist, dieser "Motor" (wenn wir jetzt das Gleiche meinen) ist nicht fürs Randori geschaffen, sondern ist eine Übungsform, wie das Kreislaufen im Bagua vielleicht, es ist eben keine Kampfmethode.
Es ist eine Übungsform in der man sowohl auf der uke- als auch auf der tori-Seite eine Menge lernt, über die Reaktion der Körpers auf bestimmte Kräfte, über Gleichgewicht, über das koordinieren der Bewegung, etc, aber eben nicht darüber wie man jemanden der alles daran setz sich der Bewegung zu widersetzen, wirft. Uke versucht auch irgendwo die Balance zu halten, aber mehr zwischen den Fliehkräften und seinem eigenen Bemühen in der Peripherie der Bewegung zu bleiben, andere kreiseln auch auf einem Bein und lassen sich dann werfen, (sind dann aber auch extrem anfällig) da gibt es unterschiedliche Richtungen, und alle Aspekte kann man jetzt hier nicht beleuchten.

o.

Das ist doch mal ein klares Statement . Danke


Erst mal haben sie nicht verstanden, dass Aikido für den Kampf halt Jujutsu ist, und dann, in der nächsten Stufe, Aiki-Jujutsu.


Also wird da das Pferd gewissermassen von hinten aufgezäumt, wenn versucht wird gleich mit weich und tänzerisch eine Wirkung zu erzeugen ohne zu verstehen , das erst das simple Handwerk kommt ? Ähnlich einigen Taichilern , welche nur mit Entspannung agieren möchten , und dabei den handfesten Part in einem kampf übersehen . ?


ja

hmh , Schade , bin nie so jemanden begegnet. wäre interessant es zu fühlen.



In Demos sieht man entweder Ki no nagare, die eben schon erwähnte Form die nicht in einem Randori (so wie du es verstehst) anwendbar ist, oder schon mal sehr schnelle, kurze und direkte Techniken, bei denen aber im Grunde auch der Angriff schon vorgegeben ist.
Wenn jemand in einem solchen Randori wirklich "Aiki-jujtusu" einsetzt, wird es eine kompromisslos kurze, und eher brutale Aktion, bei der effektiv beim ersten Kontakt kuzushi erzeugt wird, gefolgt von einer schmerzhaften Hebeltechnik. Dafür ist das Zeug gemacht.


ok danke . klingt nicht weit weg von alten Judo wenn Atemis zum Einsatz kommen.


Wenn er einfach nett ist und auf hohem Level "Aiki" anwenden kann, wird es wie bei Ueshiba, man kann ihn einfach nicht bewegen, aber fällt selbst ständig hin und weiß nicht warum.
Ob man da eine optische Leichtigkeit sieht? Eher so was wie bei den alten tai-chi Meistern, an denen irgend wer versucht rumzudrücken oder zu ziehen, aber nichts gebacken kriegt

Kann ich mir sogar vorstellen solange es nur um , "ich will ihn bewegen oder Hebeln geht".
Kommen aber Schläge und und Tritte ins Spiel , also geht es wirklich in Richtung Kampf und sei es nur Sparring , ist da irgendwie nix zu finden ausser der Verweis auf Ueshiba . Auch dein Verweis auf kurze , brutale Aktionen im Rahmen des Aiki-jujutsu , hilft da nicht viel weiter , da die selbe konsequente Vorgehensweise in diesem Scenario auch auf der Gegenseite zu finden ist.

Deshalb nochmal

Wenn jemand in einem solchen Randori wirklich "Aiki-jujtusu" einsetzt, wird es eine kompromisslos kurze, und eher brutale Aktion, bei der effektiv beim ersten Kontakt kuzushi erzeugt wird, gefolgt von einer schmerzhaften Hebeltechnik. Dafür ist das Zeug gemacht

läuft das doch im Endeffekt auf einen Überfallcharakter , Überraschungsangriff, hinaus , wie er auch in diversen SV-Systemen gelehrt wird .
und ist in meinen Augen weit weg von "kannst du zwei Stäbchen halten , kannst du Aikido ausüben" .... bezogen auf Kampf .

period
12-11-2021, 15:08
Es ging mir auch nur um die 10 Sekunden lange Sequenz zwischen 2:25 und 2:35. Mit angespannten Schultern kann er leicht von 2 Partnern an den Unterarmen hochgehoben werden, mit entspannteren Schultern kann er die nach oben wirkenden Kräfte ausgleichen.
Die gleiche Übung hatte einmal Kanshu Sunadomari auf einer Aikdo Friendship Demo 1985 gezeigt:


https://www.youtube.com/watch?v=ke1UwFUhZTw

Leider gibt es das Video mit der englischen Übersetzung von Stanley Pranin nicht mehr auf YouTube. Sein Kommentar zu der im Clip gezeigten Übung war:

Hmmm... so ganz würde ich da nicht mitgehen mit der Interpretation (wobei ich mich auch auf das erste Video und das Beispiel mit dem Stock bei 2:40-2:45 beziehe, aber das Beispiel bei 2:30-35 ist m.E. ähnlich). In beiden Fällen ist die Schulter nicht entspannt, sondern angespannt, um die Struktur aufzubauen, die den Druck in Richtung der stabilen Standachse ableitet. Auf der anderen Seite sehe ich Personen, die versuchen aus einer schlecht ausbalancierten Grundstellung Druck aufzubauen, und sich dann offenbar wundern, warum sie auf die Nase fallen. Ich würde gar nicht auf die Idee kommen, das als Lehrbeispiel zu sehen, sondern den Kollegen a priori den Kopf dafür waschen, dass sie offenbar keine Ahnung von Biomechanik haben ;)
Beim zweiten Beispiel ist die Sachlage etwas anders, da geht er kontrolliert mit der Bewegung mit und nutzt diesen Weg, um die Bewegung umzuleiten und einen Konter zu setzen, also ein nach meinem Verständnis ganz normales Vorgehen. Die Art, wie die Angreifer versuchen, eine Kontrolle zu erreichen ist aber wieder... nicht gerade nachahmungswürdig.

Cam67
12-11-2021, 15:11
Dem stimme ich zu und das ist für mich ein Beispiel für die bildhafte Vorstellung des "Kraft Ableitens in den Boden". (Ich möchte hier aber nicht die Parallelstand-Diskussion wieder aufwärmen)

___________
*) Den Titel dieses YouTube-Clips würde ich nicht ernst nehmen.

Ich hatte darauf aufmerksam gemacht , da in dieser Demonstration genau das zum Einsatz kommt , was den Bereich Schultern angeht. Klar ist er auch unter Spannung und unterstreicht das Thema Spanung nochmal was ja vorher schon Thema war, , sowohl im Gesicht sichtbar als auch an den zitternden Armen , dennoch sind die Schultern frei und steuern subtil die Vektoren . Was nicht funktioniert wenn sie einfach nur fest angespannt werden . Würde er das tun , würde es ihn sofort rausdrücken.

period
12-11-2021, 15:25
Ja, Ausrüstung ist entscheidend.
[...] Schon die Dicke der Handschuhe verändert die Art zu kämpfen, bzw. die Dynamik des Kampfes auf der taktischen Seite, nicht aber die aufgewendetet Kraft beim Schlagen. Und es ging ja immerhin um die Anwendung von Kraft.

Das ist definitiv so - sieht man m.E. noch krasser in den HEMA, wenn man den Leuten die Handschuhe wegnimmt. Da ist es halt der Unterschied zwischen einem wirkungslosem Treffer und mindestens einem gebrochenem Finger. Ich wollte den Punkt deswegen in dem Kontext ansprechen, weil es ja in einigen Disziplinen ein Thema ist, dass man "A" trainiert, um damit "B" zu erreichen - ob jetzt "kooperativ für unkooperative Anwendung" - da spielt dann wieder das Thema Kräfte mit rein - oder "Waffensimulator und Schutzausrüstung für scharfe Waffe ohne Schutz". Ein Vorteil der KS im Vergleich zu den KK ist in meinen Augen, dass die Anwendung (fast) identisch mit dem Training ist, d.h. man genau weiss, wofür man trainiert, und das auch laufend testen kann. Das beugt einer zu grossen Differenz zwischen Theorie und Praxis vor.


Ich kann nur über den Stockkampf mit Rattan was sagen und da ist ein kräftiger Schlag wichtig um Schaden zu machen.
Um diese Kraft auf und dann in den Gegner zu bringen, gibt es viele Möglichkeiten. Das Gewicht und Material des Sportgeräts sowie dessen Beschleunigung spielen eine wichtige Rolle.

Wenns Dich interessiert, verweise ich auf Beitrag #1254 https://www.kampfkunst-board.info/forum/showthread.php?48622-FMA-Clips&p=3757196#post3757196 südafrikanischer Stockkampf und ein schönes Beispiel, was nötig ist, um Schaden zu machen und zu gewinnen. ( Clickbait ingnorieren)

Es interessiert mich tatsächlich, ich beschäftige mich seit ca. einem Jahr vermehrt auch mit diversen Stocktraditionen. Die Dog Brothers haben meines Erachtens einen Sport aus etwas gemacht, das ursprünglich mal nicht als Sport gedacht war, sondern als Vorbereitung für etwas anderes. Ich meine das auch nicht negativ, sondern wie oben angesprochen ist das eben eine Möglichkeit, Test und Training näher zusammen zu bringen. Auf der anderen Seite kann das natürlich auch die Übertragbarkeit reduzieren (wenn wir davon ausgehen, dass sich im Falle einer Simulation alle Beteiligten im Klaren sind, was sie da machen). Ich bin mir auch nicht sicher, ob die geraden Stöcke in Deinem Video nicht auch schon eine Versportlichung sind - ich hätte zumindest angenommen, dass die Form mit dem keulenförmigen Knobkerrie (https://www.youtube.com/watch?v=aD7RoY6eSDA&list=PLULbTQy5cOGgeL38AU-hRAcPcClQ0OaRz&index=11) die ältere ist, aber vielleicht vermische ich da ja auch verschiedene regionale Traditionen.


Was früher mal Richtig war, ist heute nicht falsch.

Ich würde zwar eher sagen "... muss heute nicht falsch sein", aber das grenzt an Haarspalterei ;)

Cam67
12-11-2021, 15:26
Mit entspannten Schultern allein kann man natürlich nicht mehr Kraft ausüben als mit angespannten, aber entspannte (nicht schlaffe) Schultern und Arme sind offenbar die Voraussetzung für etwas, was ich unter dem Begriff "Durchlässigkeit" kenne: dass Schultern und Arme die aus Beinen und Körpermitte (Hara), Gewichtsverlagerung und Positionsänderung resultierenden Kräfte vermitteln können.

Eine typische Aikido/Ki-Übung für entspannte Schultern wird hier gezeigt: The HIDDEN SECRET OF AIKI?* (3:20) (https://www.youtube.com/watch?v=kQ5hVHV9I08#t=3m20)


___________
*) Den Titel dieses YouTube-Clips würde ich nicht ernst nehmen.

Durchlässigkeit trifft es ganz gut . Das Gezeigte im Video fast identisch zu einigen Übungen bei uns .Finde den Titel mit Secret etwas reisserisch . Simple Biomechanik .^^ aber dennoch nicht einfach, für jeden umzusetzen. zu viel gewollt , könnte man sagen , anstatt zuzulassen.

Cam67
12-11-2021, 15:30
Hm
Beim zweiten Beispiel ist die Sachlage etwas anders, da geht er kontrolliert mit der Bewegung mit und nutzt diesen Weg, um die Bewegung umzuleiten und einen Konter zu setzen, also ein nach meinem Verständnis ganz normales Vorgehen. Die Art, wie die Angreifer versuchen, eine Kontrolle zu erreichen ist aber wieder... nicht gerade nachahmungswürdig.

Falls du dich auf die zweite Stockscene beziehst . Guck ev. eher in die Richtung , das er garnicht zulässt das seine Widersacher sich sinnvoll ausrichten können um Kontrolle auszuüben. das ist ja das Spiel dabei.

period
12-11-2021, 15:39
Falls du dich auf die zweite Stockscene beziehst . Guck ev. eher in die Richtung , das er garnicht zulässt das seine Widersacher sich sinnvoll ausrichten können um Kontrolle auszuüben. das ist ja das Spiel dabei.

Na ja, man sieht ja nicht wies losgeht, aber in dem Moment würde ich sagen, die sind an ihrer Haltung massgeblich selbst schuld. Der Winkel in der Schulter ist zu klein, der Köperschwerpunkt einen gefühlten halben Meter ausserhalb der Standfläche... da fällt man halt schon mal hin.

Cam67
12-11-2021, 15:44
Na ja, man sieht ja nicht wies losgeht, aber in dem Moment würde ich sagen, die sind an ihrer Haltung massgeblich selbst schuld. Der Winkel in der Schulter ist zu klein, der Köperschwerpunkt einen gefühlten halben Meter ausserhalb der Standfläche... da fällt man halt schon mal hin.

Das Hinfallen interessiert mich bei der Betrachtung garnicht . Ich achte darauf wie er verhindert , das die Jungs ihn bewegen können. und er hält sie halt an dem Punkt wo noch das Gefühl besteht was bewirken zu können obwohl die eigene Struktur schon gestört ist und die kräfte ihn in seiner Struktur nicht mehr gefährden. Eine Gratwanderung.

Cam67
12-11-2021, 15:46
Das Hinfallen interessiert mich bei der Betrachtung garnicht . Ich achte darauf wie er verhindert , das die Jungs ihn bewegen können. und er hält sie halt an dem Punkt wo noch das Gefühl besteht was bewirken zu können obwohl die eigene Struktur schon gestört ist und die kräfte ihn in seiner Struktur nicht mehr gefährden. Eine Gratwanderung.

Ich sags mal anders. Würden die Jungs das gleiche machen was er macht , würde sich der Spiess umdrehen. machen sie aber nicht^^ und ob er es zulassen würde , weiss ich nicht.

PS ops .hab meinen eigenen Post erwischt . lol

period
12-11-2021, 15:50
oh , das wird ein eigener thread. Ich meinte damit was bei uns mit z.b mit Krallen, Bohren Fallen, Stossen bezeichnet und geübt wird . Der Hintergrund ist hier einfach , WIE erzeuge ich Kräfte in Mir , Also welche physischen Strukuren binde ich ein und welche nehme ich raus und WIE wirken sie dann auf den Anderen. Das werden bei uns beiden nicht die selben sein, keine Frage , aber Schnittpunkte im Vorgehen lassen sich , so wie es verstehe , finden.

PS. ich beschreibe hier meinen Eindruck. ob es dann so ist kann man wie üblich erst bei Kontakt erfassen. aber wir beide hatten schonmal das Thema und die Ringer mit denen ich zu tun hatte , waren alle nicht weit weg von dem , auch wenn sie nie mit diesem Vokabular in Berührung kamen und natürlich auch nie in diese Kategorien dachten. Dennoch gab es viele überschneidungen.

Das würde ich jetzt eher als "Formen der Kraftanwendung" bezeichnen als als "Kraftqualitäten", aber mit dem Grundgedanken kann ich mitgehen. Was ich eingangs gemeint habe, war erstmal tatsächlich unspezifischer und vor einer Differenzierung. Eine Differenzierung oder Kategrosierung, wie man was anspricht, wird jeweils im Theoriegebäude der jeweiligen eigenen Disziplin erfolgen, wobei Fehlinterpretationen nicht ausgeschlossen sind - beziehungsweise mich überhaupt erst dazu gebracht haben, von "Kräften" zu sprechen und nicht von "Kraft".

PS: Als Randanmerkung - das Thema von verbindlichen Definitionen und ihren möglichen Vorteilen hatten wir ja auch schon mal in der Diskussion. Das wäre wieder mal so ein Fall. Was das Kategoriendenken von Ringern angeht, ich habe die Erfahrung gemacht, dass das recht stark variieren kann - nachdem sich der durchschnittliche Ringer nicht mit der theoretischen Literatur zum Thema beschäftigt, kennt er häufig eben nur die Nomenklatur seines Trainers, die nicht mit der Nomenklatur des Nationalverbandes oder wem auch immer übereinstimmen muss. Und auch letztere hat sich im Laufe der Zeit z.T. sehr stark verändert, wenn ich so meine alten DDR und BRD-Handbücher mit dem aktuellen vergleiche. Aber gerade wenn man versucht, abstrakt zu diskutieren, kann ein Verweis auf die als verbindlich angesehene Definition m.E. durchaus einiges abkürzen. Bei einer physischen Diskussion auf der Matte erübrigt sich das weitestgehend, da hat man andere, äh, Ausdrucksmittel ;) Ich hatte z.B. sehr aufschlussreiche Trainings mit russischen und armenischen Ringern, die kaum ein Wort Deutsch oder Englisch konnten (und meine Russischkenntnisse sind extrem lückenhaft, mein Armenisch nicht existent), aber irgendwie hats doch geklappt.

period
12-11-2021, 15:52
Das Hinfallen interessiert mich bei der Betrachtung garnicht . Ich achte darauf wie er verhindert , das die Jungs ihn bewegen können. und er hält sie halt an dem Punkt wo noch das Gefühl besteht was bewirken zu können obwohl die eigene Struktur schon gestört ist und die kräfte ihn in seiner Struktur nicht mehr gefährden. Eine Gratwanderung.

Soll er mal mit einem einzelnen Ringer versuchen ;)

Cam67
12-11-2021, 16:02
Das würde ich jetzt eher als "Formen der Kraftanwendung" bezeichnen als als "Kraftqualitäten", aber mit dem Grundgedanken kann ich mitgehen. Was ich eingangs gemeint habe, war erstmal tatsächlich unspezifischer und vor einer Differenzierung. Eine Differenzierung oder Kategrosierung, wie man was anspricht, wird jeweils im Theoriegebäude der jeweiligen eigenen Disziplin erfolgen, wobei Fehlinterpretationen nicht ausgeschlossen sind - beziehungsweise mich überhaupt erst dazu gebracht haben, von "Kräften" zu sprechen und nicht von "Kraft".

PS: Als Randanmerkung - das Thema von verbindlichen Definitionen und ihren möglichen Vorteilen hatten wir ja auch schon mal in der Diskussion. Das wäre wieder mal so ein Fall. Was das Kategoriendenken von Ringern angeht, ich habe die Erfahrung gemacht, dass das recht stark variieren kann - nachdem sich der durchschnittliche Ringer nicht mit der theoretischen Literatur zum Thema beschäftigt, kennt er häufig eben nur die Nomenklatur seines Trainers, die nicht mit der Nomenklatur des Nationalverbandes oder wem auch immer übereinstimmen muss. Und auch letztere hat sich im Laufe der Zeit z.T. sehr stark verändert, wenn ich so meine alten DDR und BRD-Handbücher mit dem aktuellen vergleiche. Aber gerade wenn man versucht, abstrakt zu diskutieren, kann ein Verweis auf die als verbindlich angesehene Definition m.E. durchaus einiges abkürzen. Bei einer physischen Diskussion auf der Matte erübrigt sich das weitestgehend, da hat man andere, äh, Ausdrucksmittel ;) Ich hatte z.B. sehr aufschlussreiche Trainings mit russischen und armenischen Ringern, die kaum ein Wort Deutsch oder Englisch konnten (und meine Russischkenntnisse sind extrem lückenhaft, mein Armenisch nicht existent), aber irgendwie hats doch geklappt.

Ein Grund mehr , weshalb ich dazu übergegangen bin, mehr auf Beschreibungen zu setzen , als Definitionen , in der Hoffnung , mein Gegenüber erkennt anhand der Beschreibung und seiner Erfahrung sein eigenes Tun wieder . So das dies dann zu Anknüpfungspunkte führt. Denn letztendlich arbeiten wir alle mit dem Gleichen System . nur unser Verständnis über dieses System variiert.


Das würde ich jetzt eher als "Formen der Kraftanwendung" bezeichnen als als "Kraftqualitäten", aber mit dem Grundgedanken kann ich mitgehen.

Mir egal , solange ein Gespräch zustande kommt xd

Cam67
12-11-2021, 16:08
Soll er mal mit einem einzelnen Ringer versuchen ;)

Da kommt wieder der Punkt einer Übung ins Spiel und die ist wie so oft eher eindimensional. Aber ich weiss was du meinst.
Die Jungs versuchen ja garnicht erst nicht andere Vektoren und Ebenen mit einzubringen, würde hier auch nicht viel Sinn machen in meinen Augen , da es ja nur etwas verdeutlichen soll.
Wie ein handfestes Randori gegen z.b. ringer ausseheh würde , ja das interessiert mich auch und ist ja gewissermassen das Thema mit MGuzzi gewesen. vor allem mit Leuten aus der älteren Generation , die glaube auch noch handfest zupacken konnten .

period
12-11-2021, 16:14
Ein Grund mehr , weshalb ich dazu übergegangen bin, mehr auf Beschreibungen zu setzen , als Definitionen , in der Hoffnung , mein Gegenüber erkennt anhand der Beschreibung und seiner Erfahrung sein eigenes Tun wieder . So das dies dann zu Anknüpfungspunkte führt. Denn letztendlich arbeiten wir alle mit dem Gleichen System . nur unser Verständnis über dieses System variiert.

Na ja, auf der anderen Seite hatte ich mehrfach den Eindruck, dass es nicht allen ganz leicht fällt, Deinen Beschreibungen zu folgen, was wiederum zwangsläufig die Diskussion in die Länge zieht. Es hat schon seine Gründe, warum sich die meisten Wissenschaftsdisziplinen, Handwerksverbände usw. auf ein einheitliches Nomenklatursystem geeinigt haben, sonst würde es bei Fachtagungen wohl öfters zu Handgreiflichkeiten kommen - und das Schlimmste dabei ist, dass das technische Niveau derselben wohl auch nicht wirklich höher wäre als bei italienischen Parlamentsdebatten ;)

ThomasL
12-11-2021, 16:16
dbma_ffm
Ja, Ausrüstung ist entscheidend.
[...] Schon die Dicke der Handschuhe verändert die Art zu kämpfen, ...
Kann ich auch zu 100% bestätigen. Da ich Anfangs ohne Helm und ohne Handschuhe (dafür mit gepolsterten Sticks) Sparring machte musste ich mich extrem umstellen, als ich erstmals gegen jemand mit Helm und dicken Handschuhen angetreten bin (Handtreffer wurden da schlichtweg hingenommen, Kopftreffer nicht auf Teufel komm raus vermieden).

period
12-11-2021, 16:18
Da kommt wieder der Punkt einer Übung ins Spiel und die ist wie so oft eher eindimensional. Aber ich weiss was du meinst.
Die Jungs versuchen ja garnicht erst nicht andere Vektoren und Ebenen mit einzubringen, würde hier auch nicht viel Sinn machen in meinen Augen , da es ja nur etwas verdeutlichen soll.
Wie ein handfestes Randori gegen z.b. ringer ausseheh würde , ja das interessiert mich auch und ist ja gewissermassen das Thema mit MGuzzi gewesen. vor allem mit Leuten aus der älteren Generation , die glaube auch noch handfest zupacken konnten .

Vielleicht stehe ich auf dem Schlauch, aber ich würde argumentieren, dass das, was die Übung nach meinem Verständnis verdeutlichen soll, dem durchschnittlichen Ringer bereits im Alter von zehn Jahren bewusst ist. Was die ältere Generation im Aiki angeht, würde ich das tatsächlich auch nicht uninteressant finden. Wenn mir die kritische Bemerkung erlaubt ist - ich für meinen Teil glaube tatsächlich, dass Ueshiba und Co einiges draufhatten. Wovon ich aber noch nicht überzeugt bin ist, ob sie als Trainer ebenso gut waren - wo ich herkomme, beurteilt man Trainer nach den Erfolgen ihrer Schüler, nicht nach ihren Demos oder ihrer tiefgreifenden philosophischen Weltanschauung.

Cam67
12-11-2021, 16:24
Na ja, auf der anderen Seite hatte ich mehrfach den Eindruck, dass es nicht allen ganz leicht fällt, Deinen Beschreibungen zu folgen, was wiederum zwangsläufig die Diskussion in die Länge zieht. Es hat schon seine Gründe, warum sich die meisten Wissenschaftsdisziplinen, Handwerksverbände usw. auf ein einheitliches Nomenklatursystem geeinigt haben, sonst würde es bei Fachtagungen wohl öfters zu Handgreiflichkeiten kommen - und das Schlimmste dabei ist, dass das technische Niveau derselben wohl auch nicht wirklich höher wäre als bei italienischen Parlamentsdebatten ;)

Ja mag sein, aber alles andere ist für mich verstecken hinter "fremden" Vokabular. und das wiederum führt oft dazu das in Kategorie des Vokabulars argumentiert wird und nicht versucht wird zu verstehen was DAHINTER gemeint ist , also was der wirkliche inhalt ist , denn auch Definitionen sind erstmal nur Vereinbarungen.

Bestes Beispiel , Kuzushi . Es wurde als Begriff eingebracht und ich bin so dumm und benutze ihn darauf , um eine Anknüpfung zu finden . Was passiert ? mir wird gesagt , das es ein Begriff aus dem judo ist und DAS obwohl der Einbringer sich auf Aikido bezogen hatte ^^.
Aber der eigentliche Inhalt , nämlich die Gleichgewichtsbrechung(Störung , ging für kurze Zeit unter .
Du siehst, es hat alles Vor und Nachteile.

Da lieber , wie gehabt , ich schreibe so ,das ich dahinter stehen kann und nur über Dinge die ich face to face auch anbringen kann , so wie ich sie beschreibe. Also beschränke ich mich auch selbst und spreche mehr über struktur und Bewegen , als mir fremde Techniken . und hoffe , das mein Gegenüber auch mehr das Gespräch möchte und nicht nur Kontra. dann sollte es gehen.

Cam67
12-11-2021, 16:28
Vielleicht stehe ich auf dem Schlauch, aber ich würde argumentieren, dass das, was die Übung nach meinem Verständnis verdeutlichen soll, dem durchschnittlichen Ringer bereits im Alter von zehn Jahren bewusst ist. .

Bin mir da nicht sicher ...denn dann würdest du auf andere Dinge achten und anders argumentieren . Nicht abwertend gemeint. Da hilft es ev. sich mehr an dem Gebäude zu orientieren wofür die Übung gedacht ist.. In dem Fall Aikido .

period
12-11-2021, 16:47
Ja mag sein, aber alles andere ist für mich verstecken hinter "fremden" Vokabular. und das wiederum führt oft dazu das in Kategorie des Vokabulars argumentiert wird und nicht versucht wird zu verstehen was DAHINTER gemeint ist , also was der wirkliche inhalt ist , denn auch Definitionen sind erstmal nur Vereinbarungen.

Bestes Beispiel , Kuzushi . Es wurde als Begriff eingebracht und ich bin so dumm und benutze ihn darauf , um eine Anknüpfung zu finden . Was passiert ? mir wird gesagt , das es ein Begriff aus dem judo ist und DAS obwohl der Einbringer sich auf Aikido bezogen hatte ^^.
Aber der eigentliche Inhalt , nämlich die Gleichgewichtsbrechung(Störung , ging für kurze Zeit unter .
Du siehst, es hat alles Vor und Nachteile.

Da lieber , wie gehabt , ich schreibe so ,das ich dahinter stehen kann und nur über Dinge die ich face to face auch anbringen kann , so wie ich sie beschreibe. Also beschränke ich mich auch selbst und spreche mehr über struktur und Bewegen , als mir fremde Techniken . und hoffe , das mein Gegenüber auch mehr das Gespräch möchte und nicht nur Kontra. dann sollte es gehen.

Ansichtssache, würde ich sagen. Ich für meinen Teil habe kein Problem, die Definitionen von Yuri Shamuradov oder Walter Gain zu verwenden und würde argumentieren, dass jede Disziplin ja irgendwo darauf beruht, auf den Erkenntnissen von vergangenen Generationen aufzubauen. Wenn man eine gängige Definition unzureichend oder gar unpassend findet, dann kann man die ja auch präzisieren - macht die Wissenschaft auch laufend.
Ich sollte einschränken, dass einheitliche Definitionen natürlich nur dann sinnvoll sind, wenn beide Diskussionsparteien die auch griefbar haben (wenn möglich im Originalwortlaut). Da wirds mit Japanisch zumindest für mich schnell mal schwierig, ich kenne grad mal die gängigen deutschen und englischen Übersetzungen der Techniknamen im Gokyo, und ob man "Kuzushi" nun als "Gleichgewicht brechen" oder "Gleichgewicht stören" übersetzen soll, geht für mich schon in Richtung böhmische Dörfer (auch wenn ich im Deutschen der zweiten Leseart zuneigen würde) - für mich würde auch schlicht "Auftakt" reichen, weil mir klar ist, dass man dafür eine Gewichtsverlagerung oder anderweitige Öffnung produzieren muss.

Aber ja, die Bereitschaft zu einem Gespräch ist das A und O einer Diskussion. Das spezifische Problem einer Online-Diskussion ist halt, dass man häufig eben nicht weiss, wer das Gegenüber ist, was die Person gemacht hat usw., weil das eben entscheidet, ob die Person fachlich ein "peer", erfahrener oder weniger erfahren ist... Folglich muss man eben entscheiden, ob die Person faktisch eine Frage hat, eine Aussage tätigt oder aber diskutieren will, und die adäquaten Reaktionen sind da nun mal unterschiedlich. Wenn die Person sich falsch eingeordnet fühlt - ob berechtigt oder nicht ist eine andere Frage - dann führt das halt in der Regel eher zu Missstimmung, und man muss dann entscheiden, ob man sich emotional darauf einlassen will. Wie Du sagst - auf der Matte ist das alles viel einfacher ;)

period
12-11-2021, 16:54
Bin mir da nicht sicher ...denn dann würdest du auf andere Dinge achten und anders argumentieren . Nicht abwertend gemeint. Da hilft es ev. sich mehr an dem Gebäude zu orientieren wofür die Übung gedacht ist.. In dem Fall Aikido .

Das kann sein, vielleicht stehe ich ja auch auf dem Schlauch. Mein Aikido-Wissen ist extrem bruchstückhaft und bezieht sich auf den Austausch mit drei Vertretern und ein bisschen oberflächliche Lektüre. Auf der anderen Seite habe ich die Erfahrung gemacht, dass der Lehrweg in den einzelnen Grapplingdisziplinen nun mal extrem unterschiedlich ist, verschiedene Inhalte entweder umfassend erklärt (als Zyniker könnte man auch sagen: zum Teil sogar zerredet) oder aber durch verschiedene Methoden unterschwelliger "automatisch" vermittelt werden - was einfacher ist, wenn jemand früh anfängt. Folglich müsste ich jetzt auch rückfragen, ob Du weisst, wie der Kenntnisstand und die Fähigkeiten von zehnjährigen Nachwuchsringern aussehen.
Die Ausgangsfrage war ja, wie Krafteinsatz in den unterschiedlichen Disziplinen gelehrt und im erweiterten Sinne wahrgenommen wird, daher könnte man argumentieren, dass das Beispiel im Sinne von "wer sieht was" auch nicht unspannend ist.

Cam67
12-11-2021, 17:06
- für mich würde auch schlicht "Auftakt" reichen, weil mir klar ist, dass man dafür eine Gewichtsverlagerung oder anderweitige Öffnung produzieren muss.
)

Schönes Beispiel, was gut zeigt , wie jeder halt so seine eigene Gedankenwelt hat. Mir z.b. gehts bei Gleichgewichtsstörung überhaupt nicht darum , was jetzt die genaue Übersetzung des Kuzushi ist. Mir völlig egal. Aber der Gedanke , "Störung" löst sofort Assoziationen , Bilder, in Bezug auf meinen körper und seine Art sich zu organisieren , sich auszurichten , aus. und das ist eben für mich nicht auf eine Technik spezialisiert , sondern beginnt schon beim simplen Start einer simplen Bewegung. und ein Schritt weiter ., schon bei einer simplen Augenbewegung ....da guck ich halt dann hin ...
Aber ja . schönes Beispiel

Cam67
12-11-2021, 17:17
D. Folglich müsste ich jetzt auch rückfragen, ob Du weisst, wie der Kenntnisstand und die Fähigkeiten von zehnjährigen Nachwuchsringern aussehen.
t.

Auch nicht schlecht . xd Wobei es DEN 10 jährigen Ringer nicht gibt , ebenso wenig wie DEN Aikidoka .


Die Ausgangsfrage war ja, wie Krafteinsatz in den unterschiedlichen Disziplinen gelehrt und im erweiterten Sinne wahrgenommen wird, daher könnte man argumentieren, dass das Beispiel im Sinne von "wer sieht was" auch nicht unspannend ist


Ein Beispiel. Wir haben für uns auch ein kleines Spiel mit dem Stock . Ähnlich dem im zweiten video von aiki50 (hidden secrets of aiki) nur das wir den Stock anfangs nicht in den Händen halten , sondern die Enden jeweils kurz unter dem Nabel ,gegen den Bauch drücken . Ziel ist es nun den Anderen nach hinten wegzubewegen. Egal wie Kräftig die leute nun sind , wenn sie nicht wissen worauf sie zu achten haben und einfach nur schieben,.. drücken sie sich nur selbst aus dem Stand. oder werden bewegt. immer.

Da ein wichtiger Part das Hören ist ,. Wurde ja schonmal angesprochen. Ein anderer Part . die Art wie ich Kraft erzeuge und wirken lassen . >>>> eine Art ständiger Fall . und woher die Kraft kommt . Das eben nicht mit dem Oberkörper vorgelehnt wird m sobald du das tust , bist du weg. usw.
Wann immer die Leute mit ihrer gewohnten Kraft einfach nur schieben wollen , funktioniert es nicht.

Zeig ihnen worauf sie zu achten haben , und v.a. lass es sie fühlen und sie benutzen DANN ihre Kraft, ja dann wirds schwieriger ^^

Aber deinen 10jährigen , gebe ich keine chance xd

PS: bin dann Grillen und nur noch labtop am Mann...

Cam67
12-11-2021, 17:19
xd

period
12-11-2021, 17:37
Schönes Beispiel, was gut zeigt , wie jeder halt so seine eigene Gedankenwelt hat. Mir z.b. gehts bei Gleichgewichtsstörung überhaupt nicht darum , was jetzt die genaue Übersetzung des Kuzushi ist. Mir völlig egal. Aber der Gedanke , "Störung" löst sofort Assoziationen , Bilder, in Bezug auf meinen körper und seine Art sich zu organisieren , sich auszurichten , aus. und das ist eben für mich nicht auf eine Technik spezialisiert , sondern beginnt schon beim simplen Start einer simplen Bewegung. und ein Schritt weiter ., schon bei einer simplen Augenbewegung ....da guck ich halt dann hin ...
Aber ja . schönes Beispiel

Ich sollte anfügen, dass "Auftakthandlung" und "Griffvorbereitung" in der DDR-Nomenklatur eben das ausdrücken, was anderswo ein "set-up" oder eben Kuzushi ist. Aber um nochmal zu betonen, was ich schon weiter oben zum Thema Theoriegerüste geschrieben habe - in der Regel werden Begriffe eben im Laufe der Zeit bzw. des Trainings mit Bedeutungen "aufgeladen" - seien es nun theroretische Definitionen oder eigene Erfahrungen -, und die bedingen die Assoziationen mit. Ich hatte hier im Forum ja schon mal geschrieben, woran ich bei der Wurfausführung denke (an einen bestimmten Moment der erfolgreichen Ausführung desselben unter hohem Druck, dessen Gefühl ich als "Idealbild" abgespeichert habe). Ähnlich würde ich das mit der Bedeutungsaufladung von Begriffen sehen.

period
12-11-2021, 17:52
Auch nicht schlecht . xd Wobei es DEN 10 jährigen Ringer nicht gibt , ebenso wenig wie DEN Aikidoka ."

Schon klar - ich hatte ja auch "durchschnittlich" geschrieben ;)


Ein Beispiel. Wir haben für uns auch ein kleines Spiel mit dem Stock . Ähnlich dem im zweiten video von aiki50 (hidden secrets of aiki) nur das wir den Stock anfangs nicht in den Händen halten , sondern die Enden jeweils kurz unter dem Nabel ,gegen den Bauch drücken . Ziel ist es nun den Anderen nach hinten wegzubewegen. Egal wie Kräftig die leute nun sind , wenn sie nicht wissen worauf sie zu achten haben und einfach nur schieben,.. drücken sie sich nur selbst aus dem Stand. oder werden bewegt. immer.

Da ein wichtiger Part das Hören ist ,. Wurde ja schonmal angesprochen. Ein anderer Part . die Art wie ich Kraft erzeuge und wirken lassen . >>>> eine Art ständiger Fall . und woher die Kraft kommt . Das eben nicht mit dem Oberkörper vorgelehnt wird m sobald du das tust , bist du weg. usw.
Wann immer die Leute mit ihrer gewohnten Kraft einfach nur schieben wollen , funktioniert es nicht.

Um ehrlich zu sein, finde ich diese ganzen Stockbeispiele eher unnötig kompliziert und von der eigentlichen Thematik zu entfernt, schliesslich will ich ja nicht Leute mit dem gegen den Bauchnabel gestemmten Stock herumschubsen. Da finde ich es noch wesentlich sinnvoller, wenn man eine ringerische Technik mithilfe des Stockes, Schwertes oder was auch immer erklärt, wenn das Gegenüber das sonst nicht peilt. Aber wie gesagt, vielleicht stehe ich ja auf dem Schlauch. Wir verwenden auch viele Partnerübungen als Lehrweg, aber verkomplizieren die nicht mehr als nötig, und entfernen und möglichst wenig von der ringerischen Anwendung - im Gegenteil würde ich niemanden eine Partnerübung machen lassen ohne ihm vorab zu erklären, was ihm die jetzt konkret bringen soll, während ich in diversen KKs den Eindruck hatte, dass das nie klar gesagt wird und sich jeder was zusammenreimt. Was ich bei solchen Partnerübungen - wenn man so will - betonen würde: Die Spielregeln müssen klar sein. Das erste, was mir dabei nämlich einfallen würde, wäre, die Hüfte wegzudrehen den Stock zur Seite wegzuziehen, nachdem ich genau das auch im Match machen würde. In den Worten von Dan Gable "Make him carry your weight, never carry his weight" und nicht zu vergessen "make him pay". Und ja, das bringe ich auch Nachwuchsringern bei :D

dbma_ffm
12-11-2021, 18:00
Ein Vorteil der KS im Vergleich zu den KK ist in meinen Augen, dass die Anwendung (fast) identisch mit dem Training ist, d.h. man genau weiss, wofür man trainiert, und das auch laufend testen kann. Das beugt einer zu grossen Differenz zwischen Theorie und Praxis vor.

Das zu trainieren, in dem man gut werden will, ist ein zielführendes, zweckmäßiges Konzept.


Die Dog Brothers haben meines Erachtens einen Sport aus etwas gemacht, das ursprünglich mal nicht als Sport gedacht war, sondern als Vorbereitung für etwas anderes.

Die Idee war es zu testen, ob und welche der Sachen aus dem FMA Training unter Druck funktionieren. Der Stock wird gebraucht wie ein Stock, nicht wie eine Klinge.
Mit der seinerzeit aufkommenden Bekanntheit und Verbreitung von JiuJitsu und Vale Tudo und der Konzentration von vielen KS/KK bei Dan Inosanto haben auch viele Einflüsse aus anderen KS/KK Einzug erhalten. Was bis heute andauert.


Ich bin mir auch nicht sicher, ob die geraden Stöcke in Deinem Video nicht auch schon eine Versportlichung sind

Vermutlich.
Aber kraftvoll müssen alle zu schlagen, bzw. kraftvoll abwehren. Die schwere des Einschlags hat viele Variablen. Aber ein guter Treffer ist ein guter Treffer :D


Ich würde zwar eher sagen "... muss heute nicht falsch sein", aber das grenzt an Haarspalterei ;)

Verzeihung :)


https://www.youtube.com/watch?v=DZ47gksnesc

dbma_ffm
12-11-2021, 18:06
Kann ich auch zu 100% bestätigen. Da ich Anfangs ohne Helm und ohne Handschuhe (dafür mit gepolsterten Sticks) Sparring machte musste ich mich extrem umstellen, als ich erstmals gegen jemand mit Helm und dicken Handschuhen angetreten bin (Handtreffer wurden da schlichtweg hingenommen, Kopftreffer nicht auf Teufel komm raus vermieden).

Grundsätzlich ist das Tragen von Schutzausrüstung beim Waffenkampf ziemlich intelligent. Macht aber nicht so viel Spaß ;)

period
12-11-2021, 18:24
Die Idee war es zu testen, ob und welche der Sachen aus dem FMA Training unter Druck funktionieren. Der Stock wird gebraucht wie ein Stock, nicht wie eine Klinge.
Mit der seinerzeit aufkommenden Bekanntheit und Verbreitung von JiuJitsu und Vale Tudo und der Konzentration von vielen KS/KK bei Dan Inosanto haben auch viele Einflüsse aus anderen KS/KK Einzug erhalten. Was bis heute andauert.

Ja, so in etwa hatte ich das in Erinnerung. Man könnte jetzt noch eine Debatte anfangen, inwieweit man damit Gefahr läuft, bestimmte technischen Aspekte zu vernachlässigen, die mal in dem ursprünglichen System enthalten waren, aber nur im Kontext X (scharfe Klinge o.ä.) richtig funktionieren (z.B. Klingenbindung), aber genauso gut könnte man argumentieren, dass ein System, in dem die Ausübenden nicht mehr wissen, was wofür gut ist, schon mehr oder weniger "tot" ist... und in der einen oder anderen Form gabs die schon zigmal, also lassen wir das :D


Aber kraftvoll müssen alle zu schlagen, bzw. kraftvoll abwehren.

Meine bisherige Erfahrung mit Waffen ging in die Richtung, dass man Leuten, die nicht aus dem Vollkontakt kommen, sagen muss, dass sie härter hinlangen sollen, während man den Vollkontaktlern eher sagen muss, dass die Waffe ein Verstärker ist und und sie im Vergleich zu waffenlos ruhig ein bisschen Dampf rausnehmen können ;)

Cam67
12-11-2021, 18:32
Um ehrlich zu sein, finde ich diese ganzen Stockbeispiele eher unnötig kompliziert und von der eigentlichen Thematik zu entfernt, schliesslich will ich ja nicht Leute mit dem gegen den Bauchnabel gestemmten Stock herumschubsen. Da finde ich es noch wesentlich sinnvoller, wenn man eine ringerische Technik mithilfe des Stockes, Schwertes oder was auch immer erklärt, wenn das Gegenüber das sonst nicht peilt. Aber wie gesagt, vielleicht stehe ich ja auf dem Schlauch. Wir verwenden auch viele Partnerübungen als Lehrweg, aber verkomplizieren die nicht mehr als nötig, und entfernen und möglichst wenig von der ringerischen Anwendung - im Gegenteil würde ich niemanden eine Partnerübung machen lassen ohne ihm vorab zu erklären, was ihm die jetzt konkret bringen soll, während ich in diversen KKs den Eindruck hatte, dass das nie klar gesagt wird und sich jeder was zusammenreimt. Was ich bei solchen Partnerübungen - wenn man so will - betonen würde: Die Spielregeln müssen klar sein. Das erste, was mir dabei nämlich einfallen würde, wäre, die Hüfte wegzudrehen den Stock zur Seite wegzuziehen, nachdem ich genau das auch im Match machen würde. In den Worten von Dan Gable "Make him carry your weight, never carry his weight" und nicht zu vergessen "make him pay". Und ja, das bringe ich auch Nachwuchsringern bei :D

Die Übung ist sehr einfach , nix kompliziertes. Aber sie zum Laufen zu bringen ist dann etwas komplexer. In erster Linie steht das Arbeiten aus dem Gebiet Becken-Hüfte im Zusammenhang mit dem was oft als Rooting beschrieben wird . Vergiss bitte nicht das Gebäude ( Kontext) und die entsprechenden Elemente ( Kraftqualitäten , Struktur , Schwerpunktarbeit ,usw. ) die es gilt zusammen zu bringen.
Wenn die Leute , ohne Grundlagen ( in den Körper implantiert) sofort mit Händen , schiebend ,ziehend oder auf Brust aufgelegte Hände ,drückend arbeiten, wird oft diese Basis ( Becken-Hüfte ) vergessen . So ist das eine gute Variante , den Fokus dahin zu bringen und zu lernen erstmal nur mit diesem Gebiet zu hören. Aber halt nicht die Einzige .
Es war nur als Beispiel gewählt um etwas zu verdeutlichen. Mal wieder.

Was soll es bringen ? Hmh, für mich definitiv , das dieser Motor nie verlassen wird . Nicht im Clinch , nicht beim Schlagen , nicht beim Hebeln oder Werfen. So simpel.

Wie ich da hin komme ist egal , solange es dich dahin bringt. ( wenn gewollt ^^)

ziehen und drücken , oder wegdrehen , wie du es angesprochen hast , kommt später , wenn der Stock mit beiden Händen gefasst wird. Und auch da , achte ich auf bestimmte Elemente . Z.b. Das es nicht ein simples entgegenziehen ist , sondern eher ein scherendes Arbeiten .
beispiel . Du ziehst , dann drückt meine hintere Hand Richtung Boden und die vordere Hand zu mir ( Untergriff) . Hast du einen biegsamen Stock ,sieht man sehr schön die Kraftrichtung , die wirkt.
Ein Zug nach hinten ,kommt nur aus dem Rumpf bzw aus der Verlagerung meines Schwerpunktes . Zenkutsu zu kokutsu dachi .
Beim Drücken des Anderen zu mir ,dann umgedreht . Also hintere Hand drückst zu mir und vordere Hand drückt Richtung Boden . Teste es aus . Und beobachte den Aufwand den du benötigst um zu widerstehen. Und erst wenn nötig , kommt sie Kraft aus Rumpf durch Schwerpunktverlagerung dazu.
Und die Art zu Drücken taucht dann bei Armdrags , bei Hebel , oder bei Fassart mit Gi auf. 1zu1

Auch das ist noch ziemlich ein bzw jetzt zweidimensional, denn dann kommen ja noch die Rotationen dazu.

PS Ziel ist es natürlich so zu Ziehen und zu drücken ,das man nicht selber hinter fällt bzw beim Ziehen auf den Hosenboden landet ,wenn der andere loslässt . Ein Anheben der Ferse ist ok . Solange das Becken nicht dabei hochkommt .

period
12-11-2021, 18:47
Wenn die Leute , ohne Grundlagen ( in den Körper implantiert) sofort mit Händen , schiebend ,ziehend oder auf Brust aufgelegte Hände ,drückend arbeiten, wird oft diese Basis ( Becken-Hüfte ) vergessen . So ist das eine gute Variante , den Fokus dahin zu bringen und zu lernen erstmal nur mit diesem Gebiet zu hören. Aber halt nicht die Einzige .
[...] Und die Art zu Drücken taucht dann bei Armdrags , bei Hebel , oder bei Fassart mit Gi auf. 1zu1

Die korrekte Position der Hüfte sollten zehnjährige Ringer tatsächlich schon drauf haben ;)

PS: Der spezifische Arm drag, wo am Handgelenk nach vorne geschoben wird (pump drag) ist im Ringen übrigens ein Foul. Fouls unterrichte ich erst ab 14, weil ab da in der Kampfmannschaft gerungen wird. Wenn sie das mit zehn schon können, dann haben sies nicht von mir. Mir wäre in dem Beispiel auch eher ein konventioneller drag vorgeschwebt (zur Seite und Zug), weil ich dann eine Hand frei habe, um ein Bein oder die Hüfte anzugreifen. Hat auch den Vorteil, dass ich nicht das andere Ende des Stockes ins Gesicht kriege, falls Du in dem Moment loslässt.

Cam67
12-11-2021, 19:32
Die korrekte Position der Hüfte sollten zehnjährige Ringer tatsächlich schon drauf haben ;)

PS: Der spezifische Arm drag, wo am Handgelenk nach vorne geschoben wird (pump drag) ist im Ringen übrigens ein Foul. Fouls unterrichte ich erst ab 14, weil ab da in der Kampfmannschaft gerungen wird. Wenn sie das mit zehn schon können, dann haben sies nicht von mir. Mir wäre in dem Beispiel auch eher ein konventioneller drag vorgeschwebt (zur Seite und Zug), weil ich dann eine Hand frei habe, um ein Bein oder die Hüfte anzugreifen. Hat auch den Vorteil, dass ich nicht das andere Ende des Stockes ins Gesicht kriege, falls Du in dem Moment loslässt.

Xd.
Da haben wir schon wieder den Unterschied. Du denkst grad in Technik, ich versuche aus der Sicht einer generellen Mechanik plus zugehöriger Ansteuerung ( hatten wir ja schonmal das Thema ) zu beschreiben.
Und das noch ziemlich grob. Denn die gleiche beschriebene Bewegung der Hände , macht eben auch das Becken und auch der Schultergürtel und endet einfach nur in den Händen . Da kommt dann das von Aiki50 eingebrachte Spiel der entspannten Schultern dazu . Und wie gesagt , entspannt ist nicht gleich ,keine Spannung . Es geht vielmehr um frei , das heisst Reaktionsfähige , Gelenke .
Deshalb eben bestimmte Übungen. Das was damit an Struktur aufgebaut wird, DAS wird dann auf Anwendungen , Techniken übertragen. Stimmt die Struktur brauchst du das nicht .
Aber wann immer ich bemerke das mein Gegenüber aus der Struktur heraus fällt , baue ich kurz ,solche Übungen wieder mit ein.
Wenn du sagst das die 10 jährigen das korrekte Arbeiten mit der Hüfte lernen ,dann gilt das eben auch für ihr Gebäude , also dem Ringen . Ob das dann ausreicht für das was ich versuche zu beschreiben , keine Ahnung, kann ich erst sagen , wenn der konkrete Mensch vor mir steht.
Und , es geht weniger um eine Position ( Hüfte ) sondern die Art , wie ich mit ihr Arbeite . Auch wenn es da Schnittpunkte gibt. Logisch.

Eine Übung z.b ist für mich eine 300 liter wassertonne , die ich parallel davor stehend Drehe . In dem ich den Fokus allein auf das Becken und die Hüfte bringe und die Arme übertragen nur die in Beckenbereich erzeugte Kraft . Eine Arm ziehend ( ohne zu ziehen) ein Arm drückend ( ohne zu drücken ) , weil Becken arbeitet. Klar muss der Rumpf spiralig mit Kraft übertragen.
Auch hier gehts nur um Struktur .
Das Arbeiten mit Widerstandbänder , das Gleiche . ...
Mit biegsamen Stöcken gegen Widerstände ,das Gleiche.
Drücken gegen Pezziball , das gleiche
Usw.
Du siehst ,elastische Widerstände spielen eine grosse Rolle.

Wie genau ich versuche im Becken zu arbeiten , wüsste ich nicht , wie ich das unmissverständlich , ohne zu zeigen , erklären könnte ....

period
12-11-2021, 20:30
Jein – da kommt wieder der Lehrweg ins Spiel. Bei uns gibt es typischerweise Drills für spezifische Techniken, und Drills für breitere Anwendungen (z.B. defensives Bewegen). Bei den Drills für breitere Anwendungen ist aber der Handlungsspielraum weitgehend frei, ich kann also über verschiedene Techniken und Strategien zum Ziel kommen. Generelle Drills für Mechanik werden seltener angewendet (Beispiele z.B. in «100 kleine Zweikampfspiele» von Jürgen Hartmann, also einem der DDR-Cheftrainer). Die Philosophie variiert hier von Schule zu Schule, mein Trainer würde argumentieren, dass man das trainiert, was man machen will (während man von einer generellen Übung erst einen Übertrag generieren muss).
Die Übung mit der Wassertonne kenne ich aus dem Shuai Chiao Buch von Tong Zhongyi (in der Übersetzung von Tim Cartmell), probiert habe ich es allerdings nicht (mangels Tonne). Falls Du das Buch nicht kennen solltest – ich finde es recht interessant, weil es die Unterschiede von dem chinesischen und dem europäischen Ansatz des Lehrwegs recht gut aufzeigt. Bei Zhongyi wird zuerst die Solo-Form von allen gezeigten Techniken demonstriert, plus eben separate Mechanikübungen (Tai Chi ruler, basket shaking, belt cracking etc.), dann erst die Anwendung. Ich kenne kein einziges europäisches Ringbuch, das den Soloübungen auch nur annähernd so viel Raum gibt. Meistens sind es 4-8 Seiten, und das sind noch die herausragenden Beispiele. Bei uns wird Struktur primär auf der Matte unterrichtet – macht es jemand falsch, zeigt man ihm, was dann passiert, lässt ihn den Unterschied spüren, und dann wirft, dreht oder schiebt man ihn eben so lange, bis er es richtig macht. Soweit ich es verstanden habe, geht in den chinesischen Systemen die Soloform und der eingeschränkte Drill der Anwendung voraus, in den europäischen Systemen ist es wenn dann umgekehrt – die Soloform wird erst dann eingeführt, wenn jemand weiss, wie sich etwas mit Partner anfühlen muss, und das wird dann mit einem passenden Hilfsmittel repliziert, während man die Anwendung visualisiert und idealerweise «spürt».

Kirke
12-11-2021, 21:15
PS: Der spezifische Arm drag, wo am Handgelenk nach vorne geschoben wird (pump drag) ist im Ringen übrigens ein Foul. Fouls unterrichte ich erst ab 14,

meinst du mit "nach vorn schieben" die Variante, wo man die gegnerische Hand in Richtung dessen eigene Hüfte bringt und den Ellenbogen zu sich raus zieht. Ähnlich wie ein reverse Kimura. So dass man quasi dessen Trizeps zur eigenen Brust zieht?

Ich frage, weil falls "Ja", dann habe ich die Form des Armdrags gerade erst auf Nicky Rods Takedown-DVD gesehen. Wäre wieder ein Fall, wo ein Wrestlingfoul (was dich ja nicht vom Unterrichten abhält :D) ein guter Techniktipp fürs Submission-Wrestling ist.

Schnueffler
12-11-2021, 21:18
@Cam67:
Ich hatte sowas in meiner ÜLC Ausbildung mit einem Fechter. Jeder musste eine Spezialübung aus seinem Fachbereich vorstellen und weil wir Gewichtsmäßig eine Klasse waren (+100), wollte er es mit mir demonstrieren.
Arme sind nur das Tau, wo der Gegenpunkt festgeknotet ist, entfachen keine eigene Kraft.
Dann ging es auch darum, den Stand, die Struktur des Gegenüber zu brechen.
Aber irgendwie schien es so, das wir es im Training auch machen und so hat er sich an mir die Zähne ausgebissen.

period
12-11-2021, 21:33
meinst du mit "nach vorn schieben" die Variante, wo man die gegnerische Hand in Richtung dessen eigene Hüfte bringt und den Ellenbogen zu sich raus zieht. Ähnlich wie ein reverse Kimura. So dass man quasi dessen Trizeps zur eigenen Brust zieht?

Ich frage, weil falls "Ja", dann habe ich die Form des Armdrags gerade erst auf Nicky Rods Takedown-DVD gesehen. Wäre wieder ein Fall, wo ein Wrestlingfoul (was dich ja nicht vom Unterrichten abhält :D) ein guter Techniktipp fürs Submission-Wrestling ist.

Ich meine das hier:

https://www.youtube.com/watch?v=gLoOX58AE9g
Den hier lehre ich zugegebenermassen recht selten, auch weil ich der Meinung bin, dass man den gegen vernünftig gute Ringer kaum durchbringt, weil die automatische Reaktion (Arm gebeugt halten und zürckziehen) die Technik verhindert, und es ist eines der offensichtlicheren Fouls. Zudem ist der Arm dann für die Weiterführung nach ringerischem Regelwerk eher im Weg - Robinson zeigt ihn ja ohne Shot im Stil der alten (stark vornübergebeugten) Singles und Doubles, die sich besser für einen hohen Stand eignen. Ich zeige ihn eher Grapplern als Ringern, für Ringer würde ich den klassischen Drag (aka Vorreisser am Arm) vor dem Körper empfehlen, da gibts ja genug Varianten. Mein persönlicher Favorit ist ein Konter-drag, wenn jemand mein Handgelenk fasst - statt zu lösen, führe ich den Arm am Körper vorbei und setze den drag an. Der Griff am Handgelenk löst sich dabei automatisch, zumindest hats bisher noch niemand geschafft, den Griff zu halten. Wenn jemand den Arm nach aussen zieht, wechsle ich auf duck-under.

Cam67
13-11-2021, 02:57
@Cam67:
Ich hatte sowas in meiner ÜLC Ausbildung mit einem Fechter. Jeder musste eine Spezialübung aus seinem Fachbereich vorstellen und weil wir Gewichtsmäßig eine Klasse waren (+100), wollte er es mit mir demonstrieren.
Arme sind nur das Tau, wo der Gegenpunkt festgeknotet ist, entfachen keine eigene Kraft.
Dann ging es auch darum, den Stand, die Struktur des Gegenüber zu brechen.
Aber irgendwie schien es so, das wir es im Training auch machen und so hat er sich an mir die Zähne ausgebissen.

Hatte mal mit einem Fechter auch ein Übungsaustausch , wo er eine Reflexübung hatte , die bei mir auch nicht klappte bzw er nicht dominierte , wie er es dachte . passiert halt . xd
Und ja , es kann durchaus passieren das sich jemand richtig gut anstellt , auch bei dem Setting was ich beschrieben hatte, weil sie ein gutes Körpergefühl haben und intuitiv das Wichtige dabei erfassen. Würde ich nie bestreiten , nur hab ich es bisher selten erlebt bei Leuten die aus dem Sportt kamen aber mit diesem Fokus noch unvertraut waren . Wie schnell sie dann adaptieren ist wieder individuell sehr unterschiedlich. logisch.
Und Ringer sind da von der Lernkurve in meinen Augen eh ganz weit vorn.

btw, habt ihr bei eurer Übung gezogen oder gedrückt ?. nur interesse halber.

Cam67
13-11-2021, 03:25
Jein – da kommt wieder der Lehrweg ins Spiel. Bei uns gibt es typischerweise Drills für spezifische Techniken, und Drills für breitere Anwendungen (z.B. defensives Bewegen). Bei den Drills für breitere Anwendungen ist aber der Handlungsspielraum weitgehend frei, ich kann also über verschiedene Techniken und Strategien zum Ziel kommen. Generelle Drills für Mechanik werden seltener angewendet (Beispiele z.B. in «100 kleine Zweikampfspiele» von Jürgen Hartmann, also einem der DDR-Cheftrainer). Die Philosophie variiert hier von Schule zu Schule, mein Trainer würde argumentieren, dass man das trainiert, was man machen will (während man von einer generellen Übung erst einen Übertrag generieren muss).
Die Übung mit der Wassertonne kenne ich aus dem Shuai Chiao Buch von Tong Zhongyi (in der Übersetzung von Tim Cartmell), probiert habe ich es allerdings nicht (mangels Tonne). Falls Du das Buch nicht kennen solltest – ich finde es recht interessant, weil es die Unterschiede von dem chinesischen und dem europäischen Ansatz des Lehrwegs recht gut aufzeigt. Bei Zhongyi wird zuerst die Solo-Form von allen gezeigten Techniken demonstriert, plus eben separate Mechanikübungen (Tai Chi ruler, basket shaking, belt cracking etc.), dann erst die Anwendung. Ich kenne kein einziges europäisches Ringbuch, das den Soloübungen auch nur annähernd so viel Raum gibt. Meistens sind es 4-8 Seiten, und das sind noch die herausragenden Beispiele. Bei uns wird Struktur primär auf der Matte unterrichtet – macht es jemand falsch, zeigt man ihm, was dann passiert, lässt ihn den Unterschied spüren, und dann wirft, dreht oder schiebt man ihn eben so lange, bis er es richtig macht. Soweit ich es verstanden habe, geht in den chinesischen Systemen die Soloform und der eingeschränkte Drill der Anwendung voraus, in den europäischen Systemen ist es wenn dann umgekehrt – die Soloform wird erst dann eingeführt, wenn jemand weiss, wie sich etwas mit Partner anfühlen muss, und das wird dann mit einem passenden Hilfsmittel repliziert, während man die Anwendung visualisiert und idealerweise «spürt».

wenn es um Anwenden geht , würde ich auch immer den europäischen Weg bevorzugen ,wenn jemand anfängt. ganz klar.
Und es ist auch kein Zufall , das diejenigen welche zu DIESER asiatischen Sicht des Übens finden , um der Anwendung willen, alle vorher auch schon konventionell trainiert haben . Also ein handelsübliches Fundament besitzen , das dann einfach nur , wie datolli es ausgedrückt hat, ein Feintuning bekommt. so betrachte ich es auch . Nur , aufgrund des vorhandenen handelsüblichen Fundaments , kann ich aber auch den Unterschied bemerken in den Methoden und im Fokus.

Aber , wenn ich es richtig verstanden habe , so wurde früher auch in China nicht anders trainiert. Viele kurze Drills , kurze partnerübungen-anwendungen . Nix mit langen Formen . Garnicht soviel Brimborium um Struktur und all das Zeug was auch hier grad das Thema ist. Die haben , wenn es ums Anwenden ging , auch einfach nur das geübt was sie auch verwenden wollten , ganz simpel. Es musste benutzbar sein .
ich glaube dieses ganze Tiefere Einsteigen und beschäftigen mit struktur usw, ist aus reinem luxus heraus entstanden. Weniger krieg , mehr zeit sich anderen Dingen zuzuwenden als der schnellen und effektiven Anwendbarkeit.


mein Trainer würde argumentieren, dass man das trainiert, was man machen will (während man von einer generellen Übung erst einen Übertrag generieren muss).

Unbedingt , klares ja. Da aber das Fundament schon da ist , geht es bei mir z.b. nur darum das Generelle in schon Vorhandenes zu übertragen, integrieren . Ich mach also nicht wirklich total neues , sondern verändere das schon Vorhandene .
Aber das war ja schonmal ein Thema hier , ob reines Strukturtraining genügt. In meinen Augen nein, da die Wege von Schritt ein zu Schritt zwei usw, innerhalb einer Anwendung , nicht gebahnt sind , also auch nicht flüssig ohne nachzudenken , abgerufen werden können, Und die zeit für Nachdenken hat man nicht , wenn man es unkooperativ anwenden muss.

ThomasL
13-11-2021, 09:44
Grundsätzlich ist das Tragen von Schutzausrüstung beim Waffenkampf ziemlich intelligent. Macht aber nicht so viel Spaß ;)
Absolut, ich würde sogar so weit gehen das es viel Sinn macht mit unterschiedlichen (von keiner bis gut gepolstert) Ausrüstungsgraden zu arbeiten um möglichst viele Facetten abzudecken. Wie man mit jemand umgeht, dem es egal ist ob er getroffen wird habe ich dann erst mit Schutzausrüstung "gelernt" (und dieser Fall ist für die Praxis sicher relevanter als der "Duellmode" den wir ohne Schutzausrüstung hatten - wobei gepolsterter Stock ja auch bereits eine Form von Schutz war).

MGuzzi
13-11-2021, 10:55
läuft das doch im Endeffekt auf einen Überfallcharakter , Überraschungsangriff, hinaus , wie er auch in diversen SV-Systemen gelehrt wird .
und ist in meinen Augen weit weg von "kannst du zwei Stäbchen halten , kannst du Aikido ausüben" .... bezogen auf Kampf .

Nein. Im Aikido gibt es den Begriff "Yamabiku no michi" (der Weg des Berg-Echos). Das erfolgt unmittelbar, auf den Angriff, den man aber sozusagen geschehen "lässt" (ein aktiver Vorgang).

Cam67
13-11-2021, 11:31
Nein. Im Aikido gibt es den Begriff "Yamabiku no michi" (der Weg des Berg-Echos). Das erfolgt unmittelbar, auf den Angriff, den man aber sozusagen geschehen "lässt" (ein aktiver Vorgang).

Hmh, da wären wir wieder bei dem Punkt , das diese Vorgehensweise bei schweren , eindeutigen Angriffen vorstellbar ist . Entsprechende Geisteshaltung vorausgesetzt. Wo du du zusätzlich als Bepiel von Greifaktionen verwiesen hast . wobei , bei sowas ein simples Einschlagen mit der freien Hand genügt ^^.

Würde für mich bedeuten , das Aikido in der von dir beschrieben Weise , ein bestimmtes Settin benötigt. das auch noch anfällig für Finten ist , da dein Gegenüber diesen unmittelbaren Angriff sehr gut provozieren kann und ihn ebenso kontern.
Anders gesagt, für den zwei Stäbchen-modus " muss dann aber so einiges stimmen , damit er abgerufen werden kann . Weil das ja das Threadthema ist.

MGuzzi
13-11-2021, 11:40
.

Würde für mich bedeuten , das Aikido in der von dir beschrieben Weise , ein bestimmtes Settin benötigt. das auch noch anfällig für Finten ist , da dein Gegenüber diesen unmittelbaren Angriff sehr gut provozieren kann und ihn ebenso kontern.


Welchen Angriff?
E s geht um die Reaktion auf einen Angriff, den man evtl. auslöst, jedoch nicht durch eine Provokation. Settings können aber auch sehr unterschiedlich sein.

Cam67
13-11-2021, 11:56
Welchen Angriff?
E s geht um die Reaktion auf einen Angriff, den man evtl. auslöst, jedoch nicht durch eine Provokation. Settings können aber auch sehr unterschiedlich sein.

Ich wollte darauf hinaus , das es den Eindruck macht es benötigt eine bestimmte Art von Angriff. den hatte ich ja beschrieben.Mit Art meine ich die Intensität . Die Stärke des Angriffs. Wie der Konkret aussieht ist egal. Also ob als Schlag , Tritt . Greifen , .
Einen Angreifer mit mehr taktischen , ausweichenden , beweglicher Beinarbeit arbeitenden , Finten nutzendender Vorgehensweise , der also nicht enthemmt mit recht einsehbahren Aktionen startet , halte ich deiner beschriebene Vorgehensweise für schwierig zu händeln , ohne Gefahr zu laufen , selber in einen Konter zu laufen.

und dabei halte ich alles im Auge was du bisher dazu geschrieben hast, also auch das kurze , brutale Vorgehen im Moment der eigen Aktion.
Denn das ruft nunmal auch bestimmte körperliche Mechanismen auf den Plan . das z.b. solches Angriffe ,eigene wie die des Anderen , egal ob Start oder Konter , auch immer die Gefahr bilden in der eigenen Aktion kurzzeitig gefangen zu sein, also ein nutzbares Fenster für den Gegner öffnet. logisch.
Das gilt aber nunmal für beide Seiten.

ev. jetzt ein wenig klarer ?

MGuzzi
13-11-2021, 12:42
Einen Angreifer mit mehr taktischen , ausweichenden , beweglicher Beinarbeit arbeitenden , Finten nutzendender Vorgehensweise ,

Man muss bedenken, dass die Situationen für die das Ganze mal entwickelt wurde, mit Waffen zu tun hatten, insofern ist das schon ein bestimmtes Setting.
Das ist halt immer die Frage wie man das überträgt.
Letztendlich ist es doch eine Frage, wie gut man es versteht, den anderen tatsächlich in die Falle zu locken, oder etwas blumiger ausgedrückt, " to call the ki out".
Das mit den Essstäbchen bezog sich übrigens auf die Anfrage nach dem Training, ob man da mitmachen kann, und nicht ob man schwere Gegner besiegen kann.
Das sollte man bei dieser Frage nicht aus dem Auge verlieren. Ohne Kraftauwand üben wenn jemand kooperativ ist, ist halt was anderes als Kämpfen.

Cam67
13-11-2021, 12:48
Man muss bedenken, dass die Situationen für die das Ganze mal entwickelt wurde, mit Waffen zu tun hatten, insofern ist das schon ein bestimmtes Setting.
Das ist halt immer die Frage wie man das überträgt.
Letztendlich ist es doch eine Frage, wie gut man es versteht, den anderen tatsächlich in die Falle zu locken, oder etwas blumiger ausgedrückt, " to call the ki out".
Das mit den Essstäbchen bezog sich übrigens auf die Anfrage nach dem Training, ob man da mitmachen kann, und nicht ob man schwere Gegner besiegen kann.
Das sollte man bei dieser Frage nicht aus dem Auge verlieren. Ohne Kraftauwand üben wenn jemand kooperativ ist, ist halt was anderes als Kämpfen.

Yep , klingt sinnvoll.

Würdest du mitgehen mit dem Satz ...wenn ich Aikido kann ,genügt die Kraft der zwei Stäbchen. Will ich mit Aikido kämpfen braucht es mehr. .
So als Idee. Xd

MGuzzi
13-11-2021, 13:18
Durchlässigkeit trifft es ganz gut . Das Gezeigte im Video fast identisch zu einigen Übungen bei uns .Finde den Titel mit Secret etwas reisserisch .

Innere Verbundenheit, Körpermechanik, das sind ein paar Grundlagen, aber von den "hidden secrets of aiki" ist das noch weit entfernt

Kirke
13-11-2021, 13:45
Ich meine das hier:

https://www.youtube.com/watch?v=gLoOX58AE9g
Den hier lehre ich zugegebenermassen recht selten, auch weil ich der Meinung bin, dass man den gegen vernünftig gute Ringer kaum durchbringt, weil die automatische Reaktion (Arm gebeugt halten und zürckziehen) die Technik verhindert, und es ist eines der offensichtlicheren Fouls. Zudem ist der Arm dann für die Weiterführung nach ringerischem Regelwerk eher im Weg - Robinson zeigt ihn ja ohne Shot im Stil der alten (stark vornübergebeugten) Singles und Doubles, die sich besser für einen hohen Stand eignen. Ich zeige ihn eher Grapplern als Ringern, für Ringer würde ich den klassischen Drag (aka Vorreisser am Arm) vor dem Körper empfehlen, da gibts ja genug Varianten. Mein persönlicher Favorit ist ein Konter-drag, wenn jemand mein Handgelenk fasst - statt zu lösen, führe ich den Arm am Körper vorbei und setze den drag an. Der Griff am Handgelenk löst sich dabei automatisch, zumindest hats bisher noch niemand geschafft, den Griff zu halten. Wenn jemand den Arm nach aussen zieht, wechsle ich auf duck-under.

Ok ich verstehe, du meinst diesen Ellenbogenhebel. Cool, probiere ich gern mal, danke fürs Video. Spontan hätte ich auch gesagt, das sieht nicht sehr hochprozentig aus, damit durchzukommen, sobald der andere nur ein bißchen aufpasst. Könnte mir aber gut vorstellen, dass die Abwehrreaktion Raum für etwas anderes öffnet.
Den Konterdrag finde ich auch super.

period
13-11-2021, 14:11
Ok ich verstehe, du meinst diesen Ellenbogenhebel. Cool, probiere ich gern mal, danke fürs Video. Spontan hätte ich auch gesagt, das sieht nicht sehr hochprozentig aus, damit durchzukommen, sobald der andere nur ein bißchen aufpasst. Könnte mir aber gut vorstellen, dass die Abwehrreaktion Raum für etwas anderes öffnet.

Ein kleiner Trick, wenn man den Arm strecken bzw. eruieren möchte, ob das klappt: den Arm am Handgelenk 2-3x hin- und her schütteln. Spannt er an und/oder zieht zurück, macht man was anderes (z.B. direkt weiter zu single leg), lässt er locker (ggf. gepaart mit einem vorwurfsvollen Blick zum Schiedsrichter, der das aber nicht sehen sollte, weil man Fouls grundsätzlich auf der dem Schiedsrichter abgewandten Seite macht), klappen sowohl drag als auch duck-under mit hoher Wahrscheinlichkeit. Das mit dem Schütteln ist übrigens auch ein guter Auftakt für Konter-drag oder duckunder, wenn der Gegner das Handgelenk hat, nur mache ich es dann um sicherzustellen, dass er sich aufs Festhalten konzentriert.

MGuzzi
13-11-2021, 16:08
Ich meine das hier:

https://www.youtube.com/watch?v=gLoOX58AE9g


Ich sehe da viele Parallelelen zu dem was im Aikido gemacht wird, dieses vorbeiführen des Arms, bei 1:25 sehe ich kore-gaeshi, am Ende etwas was im Aikido ude garami heißt, etc.
Was mir wieder auffällt ist, die Arme werden dichter am Körper gegriffen, was die Kraftübertragung erleichtert, einen andererseits aber in Distanz bringt in der man von Atemi leichter getroffen werden kann.

period
13-11-2021, 16:19
Ich sehe da viele Parallelelen zu dem was im Aikido gemacht wird, dieses vorbeiführen des Arms, bei 1:25 sehe ich kore-gaeshi, am Ende etwas was im Aikido ude garami heißt, etc.
Was mir wieder auffällt ist, die Arme werden dichter am Körper gegriffen, was die Kraftübertragung erleichtert, einen andererseits aber in Distanz bringt in der man von Atemi leichter getroffen werden kann.

Natürlich gibt es Parallelen zwischen dem Technikrepertoire der einzelnen Grapplingstile bzw. Stile mit starken Grapplingkomponenten. Wenn Du schreibst "die Arme werden dichter am Körper gegriffen" - beziehst Du das in dem Kontext auf die Höhe des Griffes am Arm oder auf die Kampfdistanz? Tendenziell kann man sagen, dass im modernen Ringen verstärkt zwischen Ellenbogen und Schulter kontrolliert wird. Handgelenksgriffe sind seltener, weil sie zumindest nach dem aktuellen Regelwerk auch schnell als Passivität geahndet werden. Im mittelalterlichen europäischen Ringen (das auch auf den bewaffneten Kampf ausgelegt ist) wird viel mehr am Handgelenk kontrolliert, die Schnittmengen mit den chinesischen und japanischen Stilen sind da nochmal grösser. In Hinblick auf die Kampfdistanz ist das Video hier nur begrenzt repräsentativ: es gibt keine wirklich realistische Distanz wieder, im Freistil steht man meistens deutlich tiefer und weiter auseinander, im Greco aufrechter.

period
13-11-2021, 16:25
PS: Was die Atemi angeht - Ringen lässt sich recht gut modifizieren, um dem zu begegnen, nennt sich dann Dirty Boxing. Auch das lässt sich bereits im 15. Jh. nachweisen (Codex Wallerstein etc.).

kanken
13-11-2021, 16:48
Was mir halt oft (auch in diesem Video) bei den Arm-Drag Eingängen fehlt ist das Bewußtsein für den 08/15 Konter gegen den Arm-Drag. Wenn jemand am Arm/Ellbogen zieht, dann geht man mit. Hier ab 0:29 schön zu sehen (als “vorderer” Schulterstoss, der “Klassiker” wäre der “hintere” Schulterstoß):


https://youtu.be/CWcH-puvyic

Klar, das kommt aus dem Waffenkampf, aber man sollte das zumindest auf dem Schirm haben wenn man das für etwas anderes als den Wettkampf übt.

Kirke
13-11-2021, 17:00
Ein kleiner Trick, wenn man den Arm strecken bzw. eruieren möchte, ob das klappt: (...)
Klasse Tipp, den ich morgen gleich bei der Openmat testen werde, danke Dir!

period
13-11-2021, 17:23
Klasse Tipp, den ich morgen gleich bei der Openmat testen werde, danke Dir!

Tu es, England! Nicht vergessen: beim Schütteln den Arm locker lassen, sonst spannt das Gegenüber auch an.

period
13-11-2021, 17:53
Was mir halt oft (auch in diesem Video) bei den Arm-Drag Eingängen fehlt ist das Bewußtsein für den 08/15 Konter gegen den Arm-Drag. Wenn jemand am Arm/Ellbogen zieht, dann geht man mit. Hier ab 0:29 schön zu sehen (als “vorderer” Schulterstoss, der “Klassiker” wäre der “hintere” Schulterstoß):
[...]
Klar, das kommt aus dem Waffenkampf, aber man sollte das zumindest auf dem Schirm haben wenn man das für etwas anderes als den Wettkampf übt.

Schönes Video, der Niveauunterschied zwischen den zweien scheint mir aber doch etwas gross zu sein - technisch und bezüglich der freigesetzten Kräfte.
Widersprechen würde ich in Hinblick auf das Bewusstsein bezüglich des Standardkonters: Der bietet sich meines Erachtens vor allem bei den hier gezeigten arm drags "aussen" (Arm des Gegners wird vom Körper weggeführt) an, die im modernen Ringen praktisch nicht vorkommen - wenn der Arm nach aussen geht, wechselt man auf duck under, firemans carry, Schulterwurf oder Abreisser am Arm nach hinten (= abgeknieter Osoto Gari mit Ippon Seoi Nage Griff). Der automatische Konter im Ringen wäre auf die Variante herumgehen, Rücken holen und Suplex. Falls die Position auftritt, dann meistens als Halteposition/tie up (aka Armklammer innen); dabei wird aber der Ellenbogen der ziehenden Hand auf Schulterhöhe angehoben und gegen die Brust des Gegners gestemmt, um genau das zu verhindern. In seltenen Fällen wird ein Anreissen am Arm auch für einen versteckten Kopfstoss genutzt (mein Greco-Trainer nennt das "den Kopf stehen lassen", weil man den Gegner Gesicht voraus in den eigenen "stehen gelassenen" Kopf zieht). Ich sollte noch erwähnen, dass man bei allen arm drags so oder so unter den Schwerpunkt des Gegners kommen will, ebal ob nach unten oder (seltener und fast ausschliesslich im Greco) nach oben gezogen wird.
Der oben von Billy Robinson gezeigte "pump drag" ist im Ringen auch ein seltener und obendrein illegaler Sonderfall, gegen den es daher keine "Standardreaktion" gibt.
Der klassische arm drag im Ringen führt den Arm des Gegners innen vor dem Körper vorbei, was einen Stoss mit der Brust oder eine andere Taktik des Umrennens schwer macht, vor allem ohne den Rücken aufzugeben. Manchmal setzt man sich beim drag auch direkt hin und sperrt die Beine des Gegners von vorne. Konter gibt es diverse andere, klassisch ist z.B. selbst einen arm drag als Konter anzusetzen, auf Schulterwurf oder Armdrehschwung einzudrehen, oder den Arm kreisförmig nach oben zu führen, den Gegner vorbeilaufen zu lassen und sich dann den Rücken zu holen.

kanken
13-11-2021, 18:58
Der klassische arm drag im Ringen führt den Arm des Gegners innen vor dem Körper vorbei, was einen Stoss mit der Brust oder eine andere Taktik des Umrennens schwer macht, vor allem ohne den Rücken aufzugeben.

Das ist auch der Standard Arm-Drag im Bagua. Dafür ist der „hintere“ Schulterstoß gedacht.
Ist aber schriftlich zu umständlich zu erklären.

Aiki5O+
13-11-2021, 19:11
Das mit den Essstäbchen bezog sich übrigens auf die Anfrage nach dem Training, ob man da mitmachen kann, und nicht ob man schwere Gegner besiegen kann.
Das sollte man bei dieser Frage nicht aus dem Auge verlieren. Ohne Kraftauwand üben wenn jemand kooperativ ist, ist halt was anderes als Kämpfen.
Das ist doch genau das Thema dieses Threads: kann es eine Kampfkunst geben, sei es WT, Aikido, Systema oder sonst was, die mit so wenig Kraft auskomme, wie "bisher noch nie erlebt"? In allen Beiträgen wurde die Frage verneint, hier noch mal ein Zitat aus periods erstem Beitrag:

Grosse Kräfte gezielt freisetzen oder umleiten zu können ist aber ungeachtet des Kontextes erstmal ein unbestreitbarer Vorteil, wenn man das mit wenig Energieaufwand schafft umso mehr. Letzten Endes würde ich aber «sportlich» argumentieren, dass das Konzept aufgehen muss – sprich, wenn A weniger Energie aufwendet als B, aber von B durch eine Kombination von Athletik, Technik und Taktik überrannt wird, dann hat A auch nichts gewonnen.

Für mich persönlich ist das Aikido-Training, wie ich es kenne, ein Glücksfall, gerade weil man es ohne viel Kraftaufwand üben kann und auf Grund des kooperativen Charakters sehr fein an die eigenen Bedürfnisse und die des Partners anpassen kann (Geschwindigkeit, Anzahl der Wiederholungen, Länge der Pausen, Intensität der Würfe und Hebel). Ich bin ja auch bestrebt, die gegebenen Formen im Laufe der Zeit mit immer weniger Kraft/Energie-Aufwand auszuüben. Bemerkenswerterweise gelingt mir das nach einer Krankheit oder verletzungsbedingten Pause manchmal besonders gut.

Ob diese Art des Trainings (insbesondere Ki-No-Nagare) mir einen Nutzen für Kampf oder SV bringt, bleibt für mich weiterhin eine offene Frage.

period
13-11-2021, 19:39
Das ist auch der Standard Arm-Drag im Bagua. Dafür ist der „hintere“ Schulterstoß gedacht.
Ist aber schriftlich zu umständlich zu erklären.

Interessant - nicht, dass ich es Dir nicht glauben würde, aber ich habe bisher in den chinesischen Systemen eigentlich nur die Variante mit Auslenkung des Arms gesehen. Ist übrigens auch die einzige Variante, die ich im mittelalterliche europäischen Ringen gesehen habe (Codex Wallerstein, fol. 20r - dort als Konter auf einen Osoto-Angriff mit Griff am Körper).
Ich habe gewisse Schwierigkeiten, mir vorzustellen, wie das in einem ringerischen Szenario (unter Berücksichtigung der Standhöhe und typischen Oberkörperposition) funktionieren soll, aber das wäre wohl tatsächlich ein Fall für eine physische Diskussion.

period
13-11-2021, 19:55
Das ist doch genau das Thema dieses Threads: kann es eine Kampfkunst geben, sei es WT, Aikido, Systema oder sonst was, die mit so wenig Kraft auskomme, wie "bisher noch nie erlebt"? In allen Beiträgen wurde die Frage verneint

Ich würde das nicht grundsätzlich verneinen, insbesondere da "wie bisher noch nie erlebt" ja eine extrem subjektive Aussage ist, die von den Erfahrungen der Einzelperson abhängt. Ich würde da erstens unterscheiden zwischen dem System und den Ausübenden, und den Ergebnissen, die einzelne Ausführende oder die Summe der Ausführenden erreichen. Mechanisch gesehen gibt es verschiedene Ansätze, wie Kräfte generiert werden können, und auch wenn in unterschiedlichen Systemen ggf. unterschiedliche Mechanismen bevorzugt werden: möglich sind in der Regel alle (wenn auch in Wettkampfsystemen nicht zwingend legal, z.B. mit Blick auf bestimmte Gelenksmanipulationen), und generell würde ich sagen, dass Energieeffizienz eines der Ziele aller KK und KS ist. Niemand "verpulvert" absichtlich Energiepotential, wenn darin kein klarer Vorteil gesehen wird.


Für mich persönlich ist das Aikido-Training, wie ich es kenne, ein Glücksfall, gerade weil man es ohne viel Kraftaufwand üben kann und auf Grund des kooperativen Charakters sehr fein an die eigenen Bedürfnisse und die des Partners anpassen kann (Geschwindigkeit, Anzahl der Wiederholungen, Länge der Pausen, Intensität der Würfe und Hebel). Ich bin ja auch bestrebt, die gegebenen Formen im Laufe der Zeit mit immer weniger Kraft/Energie-Aufwand auszuüben. Bemerkenswerterweise gelingt mir das nach einer Krankheit oder verletzungsbedingten Pause manchmal besonders gut.
Ob diese Art des Trainings (insbesondere Ki-No-Nagare) mir einen Nutzen für Kampf oder SV bringt, bleibt für mich weiterhin eine offene Frage.

Aus meiner Sicht spricht nichts dagegen, bestimmte Mechanismen zur Kräfteerzeugung anderen vorzuziehen, wenn die aus welchen Gründen auch immer eben besser in das Konzept oder zum Einzelfall passen.

Was Kampf und SV angeht - ich persönlich bin zum Schluss gekommen, dass es da in jeder KK und KS individuelle Unterschiede geben wird, weil die individuellen Erfahrungen und der individuelle Stil unterschiedlich gut zu bestimmten Anwendungen passen. Dass bestimmte Stile da im Schnitt besser abschneiden als andere, hängt aus meiner Sicht nicht zuletzt mit der Selektion der Mitglieder zusammen, die sich im Laufe der Zeit auch mal ändern kann. Die gleiche Personengruppe geht heute ggf. woanders ins Training als vor 30 oder 40 Jahren, und das verschiebt die durchschnittliche Kampftauglichkeit der Mitglieder ggf. bedeutend. Wenn in den 1980ern oder 1990ern die Gruppe X (sagen wir, jung, männlich, sportlich, mit einer nicht unbeträchtlichen Anzahl Keilereien schon vor dem Eintritt und mit der Intention, Profisportler oder Türsteher zu werden) beispielsweise vor allem ins Karate, Kickboxen oder auch WT gegangen wäre, heute aber ins MMA oder BJJ (um Boxen, Judo und Ringen mal aussen vor zu lassen), dann wird das nun mal bestimmte Veränderungen nach sich ziehen. Ähnlich würde ich das auch bei Hybridsystemen wie Krav Maga und Co formulieren. Ich würde Cam67 auch zustimmen, dass die verschiedenen kampfsportlichen Vorerfahrungen - die sich nie ganz ausblenden lassen - eine gewisse Rolle spielen. Wenn ein Vollkontaktler in eine innere KK wechselt, kann man den nur begrenzt mit jemandem vergleichen, der die ganze Zeit nichts anderes gemacht hat. Interessanterweise kamen ja auch diverse Grössen in den inneren KK oder Hybridsystemen ursprünglich aus solchen Disziplinen.

Pflöte
13-11-2021, 21:40
https://youtu.be/CWcH-puvyic

Schönes Video (auch wenn das nicht so 100% freundschaftlich zu sein scheint :D )... Was praktiziert er eigentlich?

kanken
13-11-2021, 21:56
Ich habe gewisse Schwierigkeiten, mir vorzustellen, wie das in einem ringerischen Szenario (unter Berücksichtigung der Standhöhe und typischen Oberkörperposition) funktionieren soll, aber das wäre wohl tatsächlich ein Fall für eine physische Diskussion.

Wie gesagt, “den” Armdrag kenne ich aus dem Bagua/chin. Ringen nicht, da unbewaffnet, wie ich es kenne, nur ein Tool für den bewaffneten Kampf darstellt. Es geht um die Prinzipien des “Einstiegs”, wie destabilisiere ich den Gegner, wo greife ich, wie greife ich etc.
Dieses Video zeigt sehr viele elementare Elemente des unbewaffneten “Armdrags” des Bagua, auch wenn es kein Armdrag ist:


https://youtu.be/vDyQAW6wjEk

Ich denke mit deinem Auge erkennst Du was ich meine. Alles Andere (und wie man das in einem “klassischen” Armdrag unbewaffnet nutzt, bzw. warum da ein Schulterstoß der Konter für ist) ist etwas für einen persönlichen Austausch.

Cam67
13-11-2021, 22:05
Schönes Video, der Niveauunterschied zwischen den zweien scheint mir aber doch etwas gross zu sein - technisch und bezüglich der freigesetzten Kräfte.
t.

Der im T-Shirt macht den Eindruck das er grösstenteils nur Pushand bzw Spinninghand-Modus gewohnt ist, ev Taichi , Die ganze Art wie er den Kontakt sucht und dann tatsächlich mehr auf weich und nachgebend zu agieren , Der Asiate könnte durchaus aus dem Bereich Shuaijiao kommen , Schönes Video , was gut Zeigt das es schwer ist , sich gegen Gegner durchzusetzen, wenn im eigenen Konzept der aggressive Part , der angreifende Part zu kurz kommt, Seine (T-Shirt-Typ) eigenen Aktionen dann doch aktiver zu gestalten wirken sehr hilflos und ungeschickt, ,,, Das meinte ich auch mit , es fehlt dann Schritt zwei und drei in der Umsetzung, was bei dem Asiaten routinemässig abgerufen wird , inklusive seiner Einladungen zu Aktionen die er sofort kontert,wenn sie angenommen werden.

Pflöte
13-11-2021, 22:25
Der im T-Shirt macht den Eindruck das er grösstenteils nur Pushand bzw Spinninghand-Modus gewohnt ist, ev Taichi , Die ganze Art wie er den Kontakt sucht und dann tatsächlich mehr auf weich und nachgebend zu agieren , Der Asiate könnte durchaus aus dem Bereich Shuaijiao kommen , Schönes Video , was gut Zeigt das es schwer ist , sich gegen Gegner durchzusetzen, wenn im eigenen Konzept der aggressive Part , der angreifende Part zu kurz kommt, Seine (T-Shirt-Typ) eigenen Aktionen dann doch aktiver zu gestalten wirken sehr hilflos und ungeschickt, ,,, Das meinte ich auch mit , es fehlt dann Schritt zwei und drei in der Umsetzung, was bei dem Asiaten routinemässig abgerufen wird , inklusive seiner Einladungen zu Aktionen die er sofort kontert,wenn sie angenommen werden.
Zum eigentlichen Thema kann ich hier nichts beitragen, doch das ist ziemlich klar. Die Theorie bzw. das sich Entwickeln in eine bestimmte Richtung macht doch nur Sinn, wenn man dabei das Ziel nicht aus den Augen verliert. Sonst kann ich nach jahrelangem Training vllt. meinen Körper total kontrollieren, aber der 20kg schwerere Suffke am Bahnhof verpasst mir einfach Backpfeifen, weil er nicht weiß, wie er mich abwehrkompatibel anzugreifen hat. :)

Cam67
13-11-2021, 22:36
Zum eigentlichen Thema kann ich hier nichts beitragen, doch das ist ziemlich klar. Die Theorie bzw. das sich Entwickeln in eine bestimmte Richtung macht doch nur Sinn, wenn man dabei das Ziel nicht aus den Augen verliert. Sonst kann ich nach jahrelangem Training vllt. meinen Körper total kontrollieren, aber der 20kg schwerere Suffke am Bahnhof verpasst mir einfach Backpfeifen, weil er nicht weiß, wie er mich abwehrkompatibel anzugreifen hat. :)

Das ist das Problem, Es ist offensichtlich nicht jedem klar, xd

MGuzzi
14-11-2021, 00:36
Das ist doch genau das Thema dieses Threads: kann es eine Kampfkunst geben, sei es WT, Aikido, Systema oder sonst was, die mit so wenig Kraft auskomme, wie "bisher noch nie erlebt"? In allen Beiträgen wurde die Frage verneint, hier noch mal ein Zitat aus periods erstem Beitrag:



Was heißt das denn: "Die Kampfkunst" kommt mit wenig Kraft aus?
Für welchen Zweck, in welchem Rahmen? Das ist doch der Unterschied auf den es ankommt, und der in diesem Zitat deutlich wird.
Natürlich kommt man mit wenig Kraft aus, wenn es keinen Widerstand gibt.
Und wenn es einen Übungsmodus gibt bei dem es gerade
darauf ankommt mit wenig Kraft zu arbeiten, dann wird halt mit wenig Kraft gearbeitet.
Wenn auf Kämpfen keinen Wert gelegt wird, und einfach Bewgung geübt wird,, stellt sich diese Frage doch gar nicht.

discipula
14-11-2021, 07:08
Für welchen Zweck, in welchem Rahmen? Das ist doch der Unterschied auf den es ankommt, und der in diesem Zitat deutlich wird.
Natürlich kommt man mit wenig Kraft aus, wenn es keinen Widerstand gibt.

... oder wenn man es schafft, nicht dort zu sein, wo der Gegner Kraft ausüben will...

gerade kleine zierliche Leute, die sich dennoch in der Öffentlichkeit bewegen wollen, haben ja keine andere Option, als etwas zu lernen, das nicht von überlegener Kraft abhängt.

Gast
14-11-2021, 08:58
... oder wenn man es schafft, nicht dort zu sein, wo der Gegner Kraft ausüben will...

gerade kleine zierliche Leute, die sich dennoch in der Öffentlichkeit bewegen wollen, haben ja keine andere Option, als etwas zu lernen, das nicht von überlegener Kraft abhängt.

Kann es sein, dass du Kraft mit Muskulatur verwechselst?

Cam67
14-11-2021, 09:16
Was heißt das denn: "Die Kampfkunst" kommt mit wenig Kraft aus?
Für welchen Zweck, in welchem Rahmen? Das ist doch der Unterschied auf den es ankommt, und der in diesem Zitat deutlich wird.
Natürlich kommt man mit wenig Kraft aus, wenn es keinen Widerstand gibt.
Und wenn es einen Übungsmodus gibt bei dem es gerade
darauf ankommt mit wenig Kraft zu arbeiten, dann wird halt mit wenig Kraft gearbeitet.
Wenn auf Kämpfen keinen Wert gelegt wird, und einfach Bewgung geübt wird,, stellt sich diese Frage doch gar nicht.

Der Rahmen den du angesprochen hast , zu unterscheiden , ist für manche das Problem. und aus dieser fehlenden Unterscheidung kommen doch dann solche Statements , wie sie im ursprünglichen Thread mit Disci diskutiert wurden. So das sogar noch beim thema SV , was von Leichtigkeit und kraftlos erzählt wird . Das Stäbchenzitat kam doch dann zusätzlich, als Hinweis das es ähnliche Aussagen im Aikido gibt.
Deshalb ist doch die Frage und damit dieser Thread überhaupt entstanden.

Somit wäre dein jetziger Post gut geeignet gewesen , als erste und damit auch schon letzte Antwort auf Aikis Frage zu erscheinen . da alles gesagt.

Cam67
14-11-2021, 09:20
... oder wenn man es schafft, nicht dort zu sein, wo der Gegner Kraft ausüben will...
.
Vor Allem im Clinch , da es ja nich sooo viel anders als Chisao ist ........xd

Gast
14-11-2021, 09:58
Vor Allem im Clinch , da es ja nich sooo viel anders als Chisao ist ........xd

Hauptsache die Nase ist nicht verstopft!

period
14-11-2021, 09:58
Somit wäre dein jetziger Post gut geeignet gewesen , als erste und damit auch schon letzte Antwort auf Aikis Frage zu erscheinen . da alles gesagt.

Und ich dachte, Du willst diskutieren ;)

period
14-11-2021, 10:25
Wie gesagt, “den” Armdrag kenne ich aus dem Bagua/chin. Ringen nicht, da unbewaffnet, wie ich es kenne, nur ein Tool für den bewaffneten Kampf darstellt. Es geht um die Prinzipien des “Einstiegs”, wie destabilisiere ich den Gegner, wo greife ich, wie greife ich etc.
Dieses Video zeigt sehr viele elementare Elemente des unbewaffneten “Armdrags” des Bagua, auch wenn es kein Armdrag ist:
(...)
Ich denke mit deinem Auge erkennst Du was ich meine. Alles Andere (und wie man das in einem “klassischen” Armdrag unbewaffnet nutzt, bzw. warum da ein Schulterstoß der Konter für ist) ist etwas für einen persönlichen Austausch.

Danke - zur Taktik des "Überkreuzens" gibts tatsächlich auch mehr Parallelen im Langen Schwert und Langen Messer.

Aiki5O+
14-11-2021, 11:31
Was heißt das denn: "Die Kampfkunst" kommt mit wenig Kraft aus?
Für welchen Zweck, in welchem Rahmen? Das ist doch der Unterschied auf den es ankommt, und der in diesem Zitat deutlich wird.
Natürlich kommt man mit wenig Kraft aus, wenn es keinen Widerstand gibt.
Und wenn es einen Übungsmodus gibt bei dem es gerade
darauf ankommt mit wenig Kraft zu arbeiten, dann wird halt mit wenig Kraft gearbeitet.
Wenn auf Kämpfen keinen Wert gelegt wird, und einfach Bewgung geübt wird,, stellt sich diese Frage doch gar nicht.Der Rahmen den du angesprochen hast , zu unterscheiden , ist für manche das Problem. und aus dieser fehlenden Unterscheidung kommen doch dann solche Statements , wie sie im ursprünglichen Thread mit Disci diskutiert wurden. So das sogar noch beim thema SV , was von Leichtigkeit und kraftlos erzählt wird . Das Stäbchenzitat kam doch dann zusätzlich, als Hinweis das es ähnliche Aussagen im Aikido gibt.
Deshalb ist doch die Frage und damit dieser Thread überhaupt entstanden.

Somit wäre dein jetziger Post gut geeignet gewesen , als erste und damit auch schon letzte Antwort auf Aikis Frage zu erscheinen . da alles gesagt.
Für mich persönlich stellt sich tatsächlich die Frage nicht mehr. Es soll aber noch Aikidoka geben, die darauf bestehen, dass Aikido ein Budo ist und damit geeignet ist, sich für SV und einen Kampf auf Leben und Tod vorzubereiten. Also warum wird auf diese Weise geübt, wenn es in einem richtigem Kampf so nicht anwendbar wäre?

Als aktuelles, konkretes Beispiel möchte ich den Austausch von Aikido-Shihan Ryuji Shirakawa mit japanischen Systema-Instruktoren anführen,
ab (5:10):


https://www.youtube.com/watch?v=3xxpTGnVmqU

Eine bestimmte Kokyu-Nage Form (bildlich "Lenkrad-Wurf") gibt es in gleicher Weise sowohl im Aikido wie im Systema. Auffällig ist, dass auch die Systema-Leute als Uke keinerlei erkennbaren Widerstand gegen die Kokyu-Nage Techniken Shirakawas leisten (insbesondere ab 9:40). Üben die sich auch generall in Widerstandslosigkeit?

Pansapiens
14-11-2021, 11:59
Schönes Video (auch wenn das nicht so 100% freundschaftlich zu sein scheint :D )... Was praktiziert er eigentlich?

Google Übersetzer meint:


Chen Jiagou Boxer und ausländischer Kampf Tai Chi Pusher,
Über den Bildschirm fühlen Schmerz

Schätze also, Chen-Taijiquan aus dem Dorf.


https://www.youtube.com/watch?v=pQSXwEkqEi8

MGuzzi
14-11-2021, 11:59
. Also warum wird auf diese Weise geübt, wenn es in einem richtigem Kampf so nicht anwendbar wäre?

Es gibt im Aikido doch mehr als eine Übungsform, z.B. Go no geiko.
Es gibt freie Anwendungen, etc, auch mit Widerstand. Muss man halt üben, und wenn man Kämpfen will, muss man auch das üben.
Aikido hat aber kein Randori entwickelt wie Judo, das wolle Tomiki ja mit seinem Stil eigentlich erreichen.



Üben die sich auch generall in Widerstandslosigkeit?

Js, das ist doch sehr Systema-typisch.

MGuzzi
14-11-2021, 13:04
... oder wenn man es schafft, nicht dort zu sein, wo der Gegner Kraft ausüben will...

gerade kleine zierliche Leute, die sich dennoch in der Öffentlichkeit bewegen wollen, haben ja keine andere Option, als etwas zu lernen, das nicht von überlegener Kraft abhängt.

Überlegen muss man sein, und ohne Kraft geht es nicht
nicht.
Welcher Art diese Kraft, oder Kraftwirkung ist, und wie man sie generiert, darauf kommt es doch an.
Klar, nicht da sein wo der andere angreifen will, ist gut.
Der sicherste Platz ist immer hinter dem Angreifer. Aber bevor der sich umdreht und weitermacht, muss man den Kampf beenden, vielleicht eine Teetasse auf den Kopf schlagen, die man ja gerade in der Hand hat.

Cam67
14-11-2021, 13:13
Und ich dachte, Du willst diskutieren ;)

Kann man ja dennoch zum Thema Kräfte und ihren Aufwand , aber Das Fundament wäre von Anfang an klar. Kraftlos und Kampf bedeutet das es von Anfang an eine deutliche Überlegenheit gegeben hat und somit von Kampf nicht mehr wirklich zu sprechen ist. Levelunterschiede machen eben viel aus. Kommen dann noch Waffen dazu ,ist es nur noch eine Hinrichtung ^^

MGuzzi
14-11-2021, 14:28
Das Stäbchenzitat kam doch dann zusätzlich, als Hinweis das es ähnliche Aussagen im Aikido gibt.
Deshalb ist doch die Frage und damit dieser Thread überhaupt entstanden.



Genau. Aber in dem Zitat ist ja auch schon eindeutig vom "üben", und nicht vom Anwenden die Rede.



Der Begründer des Aikido, Morihei Ueshiba, soll gesagt haben, wer ein paar Essstäbchen hochheben kann, der kann auch Aikido üben.


Die Aussage, (die von dem Daito ryu Meister Yukioshi Sagawa stammt) das man in einer Auseinandersetzung nur 30% seiner Kraft brauchen sollte, heißt ja im Grunde, wenn der andere 100% aufwendet, muss man selbst ca. dreimal soviel Kraft zur Verfügung haben, allerdings bezieht sich das sicher nicht darauf, das man das Dreifache an Gewichten stemmen können muss, sondern wohl eher darauf wie gut man mit den im Kampf auftretenden Kräften umgehen kann.
Letztendlich ist es eben auch nicht "die Kampfkunst", die mit so und so viel Kraft auskommt, sondern derjenige der sie ausübt.
Solche Aussagen wie: "Aikido (WT, xxx, etc.) kommt mit soviel Kraft aus wie man zum Heben einer Tüte Chips braucht", finde ich generell unsinnig.
Ein guter Boxer der jemanden KO schlägt, kann das durch Zufall mit einer relativ Kraftlosen Bewegung machen, wenn der Schlag richtig trifft. Daraus abzuleiten, beim Boxen bräuchte man nur ganz wenig Kraft, wäre genauso unsinnig.
Es sollte natürlich nicht zufallsabhängig sein, das ist auch klar.

period
14-11-2021, 15:20
Die Aussage, (die von dem Daito ryu Meister Yukioshi Sagawa stammt) das man in einer Auseinandersetzung nur 30% seiner Kraft brauchen sollte, heißt ja im Grunde, wenn der andere 100% aufwendet, muss man selbst ca. dreimal soviel Kraft zur Verfügung haben, allerdings bezieht sich das sicher nicht darauf, das man das Dreifache an Gewichten stemmen können muss, sondern wohl eher darauf wie gut man mit den im Kampf auftretenden Kräften umgehen kann.
Letztendlich ist es eben auch nicht "die Kampfkunst", die mit so und so viel Kraft auskommt, sondern derjenige der sie ausübt.
(...) Ein guter Boxer der jemanden KO schlägt, kann das durch Zufall mit einer relativ Kraftlosen Bewegung machen, wenn der Schlag richtig trifft. Daraus abzuleiten, beim Boxen bräuchte man nur ganz wenig Kraft, wäre genauso unsinnig.
Es sollte natürlich nicht zufallsabhängig sein, das ist auch klar.

Ein Problem, das ich da generell sehe ist, wie "Kraft" gemessen wird. Wenn der Boxer sagen wir einen linken Haken oder rechten Cross schlägt, dann wendet er im Arm wesentlich weniger aktive Kraft auf, als beim einarmigen Bankdrücken. Aber dafür legt er halt sein Körpergewicht hinein, und durch die Geschwindigkeit ist die Energie ungleich grösser. Wenn man einen Schlag mit etwas anderem vergleichen kann, dann am ehesten mit Kugelstossen o.ä., wo die Kraftbasis im Sinne der Leistung bei den Grundübungen im Krafttraining ja nur eine der Komponenten ist und die Beschleunigung, der Körpergewichtseinsatz und das Vermeiden von Energieverlusten bei der Übertragung viel wichtiger. Bei ringerischen Anwendungen verhält es sich ähnlich, nur dass eben Position und Struktur im Verhältnis zum Gegner sowie Hebelwirkungen noch wichtiger werden.
Was die 30% angeht - rein kraftmässig könnte das auch im Ringen hinkommen, wenn man mal Parterre weglässt. Aber ich würde da wieder auf Kraft vs. Energie hinweisen - wenn ich jemanden mit 75 kg aushebe (und dabei ca. ein Drittel meiner Maximalkraft über die Strecke brauche), dann hebe ich den ja nicht langsam und kontrolliert, sondern so schnell wie möglich. Sprich, ich verwende dabei nicht 1 PS, sondern eher 1.5-2, je nach Position. Entsprechend höher sind die Wattzahlen.

ThomasL
14-11-2021, 15:36
Period: Ein Problem, das ich da generell sehe ist, wie "Kraft" gemessen wird. Wenn der Boxer sagen wir einen linken Haken oder rechten Cross schlägt, dann wendet er im Arm wesentlich weniger aktive Kraft auf, als beim einarmigen Bankdrücken.
Ein wie ich denke extrem wichtiger Punkt. Wir hatten im Boxen einen Maurer von dem wollte absolut niemand getroffen werden (selbst der Trainer hatte großen Respekt), seine Gerade war unglaublich hart und kraftvoll (bei geschätzt vielleicht gerade mal 90kg Körpergewicht) ohne dabei besonders schnell zu sein. Als wir dann mal Bankdrücken machten, packte er (zur Überraschung aller) gerade mal soviel wie ich (mit ca. 65kg und nach meiner aktiven Zeit, also sehr schwach).

Cam67
14-11-2021, 17:24
Ein Problem, das ich da generell sehe ist, wie "Kraft" gemessen wird. Wenn der Boxer sagen wir einen linken Haken oder rechten Cross schlägt, dann wendet er im Arm wesentlich weniger aktive Kraft auf, als beim einarmigen Bankdrücken. Aber dafür legt er halt sein Körpergewicht hinein, und durch die Geschwindigkeit ist die Energie ungleich grösser. Wenn man einen Schlag mit etwas anderem vergleichen kann, dann am ehesten mit Kugelstossen o.ä., wo die Kraftbasis im Sinne der Leistung bei den Grundübungen im Krafttraining ja nur eine der Komponenten ist und die Beschleunigung, der Körpergewichtseinsatz und das Vermeiden von Energieverlusten bei der Übertragung viel wichtiger. .

Was den Aufwand beim Schlag angeht geh ich mit , aber das Beispiel mit dem Kugelstosser sehe ich etwas skeptisch. Wenn ich mich recht erinnere ,haben die guten Leute im Bankdrücken Werte so um die 200kg und ist auch Bestandteil des Trainings.Der aktive Moment des Stossens ist auch ausgeprägter als bei einem Schlag ,Trotz hoher Drehmomente durch die Körperrotation . Jetzt nur weil du den Vergleich brachtest.

Das Beispiel von Thomasl mit seinem Maurer zeigt aber , das auch Untrainierte mit einer intuitiv guten Struktur und der richtigen Koordination von Hand zu Körper (Körpergewicht einbringen ) ordentlich Bumms bei nicht allzu hoher Geschwindigkeit erzeugen können
Was ich so auch schon erfahren habe , inklusive der mittelmässigen Bankdrückeistung. Was aber immer wieder auffiel , das solche Leute von Natur aus recht locker sich bewegen konnten , auch bei höherer Körpermasse...und wenig bis keine Schlaghemmung aufwiesen. (bezogen auf den Bewegungsablauf ) nur die Kondi reichte halt nicht für längeres Arbeiten,

discipula
14-11-2021, 18:08
Welcher Art diese Kraft, oder Kraftwirkung ist, und wie man sie generiert, darauf kommt es doch an.

Genau. Es wurde hier ja unterschieden zwischen "Körperkraft" und den Kräften, die auf den Gegner wirken.

Also dass ein Wurf wenig Körperkraft erfordert, dann aber doch grosse Kräfte auf den Geworfenen wirken

.Da kommt überlegene Technik ins Spiel. Timing, Winkel und Vektoren, Entschlossenheit, saubere Ausführung...

Cam67
14-11-2021, 18:20
Also dass ein Wurf wenig Körperkraft erfordert, dann aber doch grosse Kräfte auf den Geworfenen wirken
...

Korrekt wäre es zu sagen ,,,, das ein Wurf wenig Körperkraft benötigen KANN
Bei dir klingt es immer so als wäre es in jeder Situation , zu jeder Zeit und bei jedem so... ist es aber nicht. Weder beim Aufwand noch bei der Wirkung.

period
14-11-2021, 18:35
Genau. Es wurde hier ja unterschieden zwischen "Körperkraft" und den Kräften, die auf den Gegner wirken.

Also dass ein Wurf wenig Körperkraft erfordert, dann aber doch grosse Kräfte auf den Geworfenen wirken

.Da kommt überlegene Technik ins Spiel. Timing, Winkel und Vektoren, Entschlossenheit, saubere Ausführung...

Dem würde ich in Hinblick auf den Kraftaspekt prinzipiell zustimmen, aber auf der anderen Seite würde ich einschränken, dass "überlegene Technik" eben auch ein komplexes Thema ist, und das, was als solche wahrgenommen wird, beruht zu einem guten Teil wieder auf anderen athletischen Qualitäten. Je weiter man diese ausblenden will, desto höher werden die Anforderungen an die Technik, was auch wieder ein Plus an Trainingszeit erfordert, wenn man überhaupt in der Lage ist, den technischen Aspekt soweit zu verbessern (auch das hängt bis zu einem bestimmten Punkt wieder an athletischen Qualitäten, weil schlicht niemand sagen wir 40 Stunden pro Woche produktiv trainieren kann, ohne über ein gewisses Mass davon zu verfügen, aber wenn wir davon reden, technisch wirklich so viel besser zu sein als alle, dann reden wir von 20-40 Stunden über Jahrzehnte). Praktisch gesprochen ist es in den allermeisten Fällen entschieden einfacher - auch mit Blick auf die erforderliche Trainingszeit - auch die athletischen Fähigkeiten mitzuentwickeln. Das muss nicht ein Weltklasseniveau sein, aber mir ist noch kein vernünftiger Grund untergekommen, warum es nachteilig sein soll, diesbezüglich im Bereich der besten 10% der jeweiligen Alters- Geschlechts- und Gewichtsgruppe sein zu wollen. Und eben in der Hinsicht finde ich bestimmte Werbeaussagen bestimmter Disziplinen gelegentlich etwas schwierig und frage mich zum Teil, inwieweit die jemals getestet wurden.

discipula
14-11-2021, 23:29
Korrekt wäre es zu sagen ,,,, das ein Wurf wenig Körperkraft benötigen KANN
Bei dir klingt es immer so als wäre es in jeder Situation , zu jeder Zeit und bei jedem so... ist es aber nicht. Weder beim Aufwand noch bei der Wirkung.

es ist nicht so, aber so sollte es idealerweise sein.

discipula
15-11-2021, 08:23
aber auf der anderen Seite würde ich einschränken, dass "überlegene Technik" eben auch ein komplexes Thema ist,

Klar. es GIBT gute Gründe, warum man jahrelang üben muss, um richtig gut zu werden. das fliegt keinem einfach zu.

Und sicher, wenn man Athletik haben kann, soll man sie nicht verschmähen.


aber mir ist noch kein vernünftiger Grund untergekommen, warum es nachteilig sein soll, diesbezüglich im Bereich der besten 10% der jeweiligen Alters- Geschlechts- und Gewichtsgruppe sein zu wollen.

ein hehres Ziel, in der Tat.

was nichts daran ändert: solltest du 45 kg schwer sein und 1.50m gross, musst du im Hinblick auf Selbstverteidigung damit rechnen, dass ein Gegner grundsätzlich doppelt so schwer ist wie du.

was auch dann ein Problem ist, wenn du topfit bist.

BillyVanilly
15-11-2021, 08:36
Klar. es GIBT gute Gründe, warum man jahrelang üben muss, um richtig gut zu werden. das fliegt keinem einfach zu.

Und sicher, wenn man Athletik haben kann, soll man sie nicht verschmähen.



ein hehres Ziel, in der Tat.

was nichts daran ändert: solltest du 45 kg schwer sein und 1.50m gross, musst du im Hinblick auf Selbstverteidigung damit rechnen, dass ein Gegner grundsätzlich doppelt so schwer ist wie du.

was auch dann ein Problem ist, wenn du topfit bist.

Für sowas wurden Waffen entwickelt. Da kommst du mit keiner Kampfsportart wirklich weiter

period
15-11-2021, 08:39
was nichts daran ändert: solltest du 45 kg schwer sein und 1.50m gross, musst du im Hinblick auf Selbstverteidigung damit rechnen, dass ein Gegner grundsätzlich doppelt so schwer ist wie du.

was auch dann ein Problem ist, wenn du topfit bist.

In Sachen SV würde ich immer davon ausgehen, dass der Angreifer sich eine reelle Chance ausrechnet, damit durchzukommen, folglich ist SV immer ein Problem. Historisch wurde dieses Problem international primär durch das Tragen von Waffen gelöst, was man zusätzlich trainiert hat war primär dazu da, genug Zeit zu haben, die Waffe ins Spiel zu bringen. Aber egal, wie man dazu steht - ich würde argumentieren, dass ein gutes Fitnesslevel in allen Aspekten der SV hilfreich ist, ob nun im Bereich target hardening, zur Erarbeitung eines Fluchtmomentes oder zum Nutzen desselben.

period
15-11-2021, 08:39
Für sowas wurden Waffen entwickelt. Da kommst du mit keiner Kampfsportart wirklich weiter

Sorry, zu spät gesehen ;) :halbyeaha

MGuzzi
15-11-2021, 08:57
In Sachen SV würde ich immer davon ausgehen, dass der Angreifer sich eine reelle Chance ausrechnet, damit durchzukommen, folglich ist SV immer ein Problem. Historisch wurde dieses Problem international primär durch das Tragen von Waffen gelöst, was man zusätzlich trainiert hat war primär dazu da, genug Zeit zu haben, die Waffe ins Spiel zu bringen.

Wobei das heute eben keine große Rolle mehr spielt, da das Tragen von Waffen in der Öffentlichkeit ja nun nicht mehr wirklich erwünscht ist von Seiten der Obrigkeit.
Die Aussage: "Dafür wurden Waffen entwickelt" löst das Problem also für die heutige Zeit nicht mehr wirklich.
Da kommen dann halt die Leute die solche Versprechen abgeben, dass man sich in 3 oder 4 Wochen effektiv verteidigen kann, manche sprechen gar von ein paar Stunden.
Solch überlegene Prinzipien, die es erlauben einen doppelt so schweren Gegner zu besiegen, gibt es natürlich, es gibt ja z.B. im Sumo oft genug diese Situation, wo ein kleinerer, manchmal tatsächlich erhebliche leichterer einen schweren Gegner besiegt. Aber das ist erstens keine Garantie, und zweitens hat der sicher mehr als ein paar Wochen trainiert.

DatOlli
15-11-2021, 08:59
...ich würde argumentieren, dass ein gutes Fitnesslevel in allen Aspekten der SV hilfreich ist...

:yeaha:

Liebe Grüße
DatOlli

period
15-11-2021, 09:50
Wobei das heute eben keine große Rolle mehr spielt, da das Tragen von Waffen in der Öffentlichkeit ja nun nicht mehr wirklich erwünscht ist von Seiten der Obrigkeit.
Die Aussage: "Dafür wurden Waffen entwickelt" löst das Problem also für die heutige Zeit nicht mehr wirklich.
Da kommen dann halt die Leute die solche Versprechen abgeben, dass man sich in 3 oder 4 Wochen effektiv verteidigen kann, manche sprechen gar von ein paar Stunden.
Solch überlegene Prinzipien, die es erlauben einen doppelt so schweren Gegner zu besiegen, gibt es natürlich, es gibt ja z.B. im Sumo oft genug diese Situation, wo ein kleinerer, manchmal tatsächlich erhebliche leichterer einen schweren Gegner besiegt. Aber das ist erstens keine Garantie, und zweitens hat der sicher mehr als ein paar Wochen trainiert.

Das Tragen von expliziten Waffen ist mehrheitlich verboten, das Tragen von im weitesten Sinne "gefährlichen Gegenständen" (über die gesetzliche Definition hinausgehend) jedoch mehrheitlich nicht. Der Einsatz derselben muss natürlich juristisch zu rechtfertigen sein, aber gerade im Fall "45 kg Frau vs. 90 kg Mann" dürfte es einiges an Spielraum geben. Folglich würde ich argumentieren, dass die Notwendigkeit einer rein waffenlosen SV in vielen Fällen nach wie vor eine marketingtechnische Konstruktion ist.
In Hinblick auf Sumo - been there, done that (sehr unterhaltsames Regelwerk, macht richtig Laune). Aber da sprechen wir auch von einer offenen Gewichtsklasse, wo eigene "Regeln" gelten. Im Sumo gibt es Mindestgewichte, und auch in anderen KS mit offenen Klassen geht man mit unter 80 kg in einer offenen Klasse praktisch immer unter. Das heisst nicht, dass man gewisse Gewichtsunterschiede nicht ausgleichen kann, aber meiner Erfahrung nach gibt es in ein und dem selben Sport individuelle Stile, die sich dafür besser oder schlechter eignen - sprich, bei zwei Leuten auf gleichem Leistungsniveau im Mittelgewicht kann es sein, dass einer mit Schwergewichten gut klarkommt bzw. laufend mit denen trainiert, ein anderer gar nicht. Hängt u.a. von der Ausprägung der einzelnen athletischen Qualitäten ab, aber auch Technikpräferenzen (ich schreibe bewusst nicht "Technik", weil in dem Fall nicht die Technik des Einen besser ist als die des Anderen) und Taktik.

ThomasL
15-11-2021, 10:53
In Sachen SV würde ich immer davon ausgehen, dass der Angreifer sich eine reelle Chance ausrechnet, damit durchzukommen, folglich ist SV immer ein Problem. Historisch wurde dieses Problem international primär durch das Tragen von Waffen gelöst, was man zusätzlich trainiert hat war primär dazu da, genug Zeit zu haben, die Waffe ins Spiel zu bringen. Aber egal, wie man dazu steht - ich würde argumentieren, dass ein gutes Fitnesslevel in allen Aspekten der SV hilfreich ist, ob nun im Bereich target hardening, zur Erarbeitung eines Fluchtmomentes oder zum Nutzen desselben.
1+
In amerikanischen Quellen wird gerade auch für Schusswaffen SV (als der Prototyp einer Waffengattung die für Unabhängigkeit von körperlichen Voraussetzung steht) immer wieder dieser Aspekt betont. Mal ganz davon abgesehen, dass auch allgemein Griffkrafttraining für Schützen empfohlen wird. Fight to your Gun Kurse sind ebenfalls weit verbreitet (und da sind wir wieder bei KK/KS) mal davon abgesehen, dass bei den seriösen Trainern Einigkeit herrscht, dass in vielen Fällen der Einsatz der Schusswaffe nicht gerechtfertigt / sinnvoll ist. Und für solche Fälle empfehlen die auch das gute alte Pfefferspray.

Es wäre mir auch neu, dass jemand der wirklich um Leib und Leben fürchtet nicht auch hocheffektive Waffen in Deutschland führen dürfte.

MGuzzi
15-11-2021, 11:11
Es wäre mir auch neu, dass jemand der wirklich um Leib und Leben fürchtet nicht auch hocheffektive Waffen in Deutschland führen dürfte.

Was sind denn "hocheffektive Waffen"?
Wenn ich das frei interpretiere, würde für mich bedeuten, dass jeder der ein bisschen paranoid ist, mit Kampfmessern oder Schusswaffen herumlaufen darf.
oder meinst du damit, dass jemand der beruflich besonders hohen Risiken ausgesetzt ist, das er um Leib und Leben fürchten MUSS?

ThomasL
15-11-2021, 12:48
Ein stinknormales, feststehendes Messer ist z.B. eine hocheffektive Waffe mit der du immer noch frei herumlaufen darfst (ich sage nicht, dass du das solltest, nur das du es darfst), dazu ein Pfefferspray für die 99,9% der eher harmlosen Fälle innerhalb der eh schon verschwindend geringen Anzahl von Fälle wo eine Notwehr für ONVs erforderlich ist.
Wenn du natürlich beruflich oder privat einem hohen Risiko ausgesetzt bist, wird dies nicht langen. Die tragen dann aber auch i.d.R. Schusswaffen (egal ob sie dürfen oder nicht).

MGuzzi
15-11-2021, 13:47
Ein stinknormales, feststehendes Messer ist z.B. eine hocheffektive Waffe mit der du immer noch frei herumlaufen darfst

Das ist ja so nicht ganz richtig, denn frei herumlaufen darfst du damit nur, sofern die betreffenden Messer nicht als Waffe eingestuft sind.
Alle Messer, die aufgrund ihrer Bauart als Hieb- und Stichwaffe eingestuft sind, egal wie lang die sind, darfst du eben nicht frei herumtragen, sondern nur in einem verschlossenen Behältnis.
In einer Verteidigungssituation dürfte es schwer fallen, das Messer erst mal aus diesem, z.B. aus dem Rucksack, heraus zu kramen.
Vom Notwehrrecht kann es natürlich unter Umständen trotzdem gedeckt sein, wenn du dich damit verteidigst, auch wenn du es im Grunde nicht mit dir herumtragen durftest, da du ja alle notwendigen Mittel zur Verteidigung deines Lebens einsetzen darfst (was fälschlicherweise immer als "Verhältnismäßigkeit der Mittel" bezeichnet wird).
Wegen einem Verstoß gegen das Waffengesetz belangt zu werden, ist natürlich besser, als schwer verletzt oder tot zu sein.

kanken
15-11-2021, 13:53
Ich glaube da vertust du dich gerade. Nach §42a WaffG darfst du feststehende Messer mit einer Klingenlänge unter 12 cm immer führen, solange sie nicht als illegal klassifiziert wurden (z.B. Faustmesser).
Wenn die Klinge länger als 12 cm, dann musst du es entweder in einem verschlossenen Behälter transportieren oder ein berechtigtes Interesse haben (Theater und Film- Fernsehen lasse ich mal außen vor).
Berechtigtes Interesse wäre z.B. die Jagd, oder das Kuchenmesser im Park beim Picknick.

period
15-11-2021, 14:03
Ich glaube da vertust du dich gerade. Nach §42a WaffG darfst du feststehende Messer mit einer Klingenlänge unter 12 cm immer führen.

Ich glaube, ich muss MGuzzi da zustimmen - §42a verweist auch auf Hieb- und Stosswaffen. Wenn ein Gegenstand als eine solche eingestuft wird (erwähnt werden in der Anlage 1 zwar explizit nur Butterfly-, Fall-, Spring- und Faustmesser, siehe aber auch BKA-Bescheide für die faktische Auslegung der Definition), würde er nach meinem Verständnis unter das Führungsverbot fallen.

MGuzzi
15-11-2021, 14:08
Ich glaube da vertust du dich gerade. Nach §42a WaffG darfst du feststehende Messer mit einer Klingenlänge unter 12 cm immer führen, solange sie nicht als illegal klassifiziert wurden (z.B. Faustmesser).
Wenn die Klinge länger als 12 cm, dann musst du es entweder in einem verschlossenen Behälter transportieren oder ein berechtigtes Interesse haben (Theater und Film- Fernsehen lasse ich mal außen vor).
Berechtigtes Interesse wäre z.B. die Jagd, oder das Kuchenmesser im Park beim Picknick.

Ich würde mich da nicht drauf verlassen, dass ein Kampfmesser mit 11.5 cm Klinge von der Polizei nicht als Waffe eingestuft würde, wenn du damit abends in der Stadt herumspazierst.

Infos dazu findet man unter anderem hier:

https://www.outdoormesser.de/Messerrecht-Trageverbot

kanken
15-11-2021, 14:11
Das hatten wir hier im Forum schon oft genug.

In Deutschland ist das Führen von feststehenden Messer mit einer Klinge unter 12cm erlaubt. Punkt. In §42a WaffG steht:


(1) Es ist verboten
1. Anscheinswaffen,
2. Hieb- und Stoßwaffen nach Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nr. 1.1 oder
3. Messer mit einhändig feststellbarer Klinge (Einhandmesser) oder feststehende Messer mit einer Klingenlänge über 12 cm
zu führen.


Alles andere ist erlaubt. Anlage 1 bezieht sich auf andere Hieb- und Stoßwaffen. Ein Messer ist ein Messer, keine Hieb- und Stoßwaffe nach Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nr. 1.1.
Aus genau diesem Grund steht ja auch ODER in §42a.

kanken
15-11-2021, 14:17
Ich würde mich da nicht drauf verlassen, dass ein Kampfmesser mit 11.5 cm Klinge von der Polizei nicht als Waffe eingestuft würde, wenn du damit abends in der Stadt herumspazierst.

Infos dazu findet man unter anderem hier:

https://www.outdoormesser.de/Messerrecht-Trageverbot

In deinem Link steht ja “wenn sie nicht als Waffe eingestuft sind”. Wenn es einen Feststellungsbescheid gibt, dann gilt natürlich der. In dem Link erwähnen sie “Dolche” und “Springmesser”. Die darf man ja eh nicht führen. Springmesser sind sogar als verbotene Gegenstände geführt.

Ein Karambit z.B. wurde nach Anlage 1 als Hieb- und Stichwaffe beurteilt, aber nicht als Faustmesser. Also Führverbot, aber nicht verboten.

Entscheidend ist immer die Klingenform. Ein “klassischer” einseitiger Messerschliff mit “normaler” Klingenform (z.B. Drop Point), also ein “normales” Messer, mit einer Klingenlänge unter 12 cm, ist legal zu führen.

Münsterländer
15-11-2021, 14:19
Ich glaube, ich muss MGuzzi da zustimmen - §42a verweist auch auf Hieb- und Stosswaffen. Wenn ein Gegenstand als eine solche eingestuft wird (erwähnt werden in der Anlage 1 zwar explizit nur Butterfly-, Fall-, Spring- und Faustmesser, siehe aber auch BKA-Bescheide für die faktische Auslegung der Definition), würde er nach meinem Verständnis unter das Führungsverbot fallen.

Ja, aber Messer werden unter Punkt 3 nochmal gesondert behandelt, und da sind ausdrücklich Messer unter 12 cm Klingenlänge ausgenommen.

Es ist verboten
1.
Anscheinswaffen,
2.
Hieb- und Stoßwaffen nach Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nr. 1.1 oder
3.
Messer mit einhändig feststellbarer Klinge (Einhandmesser) oder feststehende Messer mit einer Klingenlänge über 12 cm
zu führen.

Natürlich könnte ein findiger Jurist jetzt einwerfen, dass Messer mit kürzerer Klinge ersatzweise als Hieb und Stoßwaffen angesehen werden können.
Das hat der Gesetzgeber hier m.E. aber erkennbar nicht gewollt. (Sonderfälle mit ggf. entsprechendem gesonderten Feststellungsbescheid natürlich ausgenommen)
Grüße

Münsterländer

MGuzzi
15-11-2021, 14:32
Natürlich könnte ein findiger Jurist jetzt einwerfen, dass Messer mit kürzerer Klinge ersatzweise als Hieb und Stoßwaffen angesehen werden können.


nicht nur ein findiger Jurist, sondern eben auch ein Polizist. Und das tut er denn hin und wieder auch.


Unterabschnitt 2:
Tragbare Gegenstände 1.
Tragbare Gegenstände nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a sind insbesondere
1.1
Hieb- und Stoßwaffen (Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, unter unmittelbarer Ausnutzung der Muskelkraft durch Hieb, Stoß, Stich, Schlag oder Wurf Verletzungen beizubringen),

https://www.gesetze-im-internet.de/waffg_2002/anlage_1.html

Wie gesagt, drauf verlassen, dass man damit überall frei herumlaufen kann, würde ich mich nicht.

period
15-11-2021, 14:47
Ja, aber Messer werden unter Punkt 3 nochmal gesondert behandelt, und da sind ausdrücklich Messer unter 12 cm Klingenlänge ausgenommen.

Es ist verboten
1.
Anscheinswaffen,
2.
Hieb- und Stoßwaffen nach Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nr. 1.1 oder
3.
Messer mit einhändig feststellbarer Klinge (Einhandmesser) oder feststehende Messer mit einer Klingenlänge über 12 cm
zu führen.

Natürlich könnte ein findiger Jurist jetzt einwerfen, dass Messer mit kürzerer Klinge ersatzweise als Hieb und Stoßwaffen angesehen werden können.
Das hat der Gesetzgeber hier m.E. aber erkennbar nicht gewollt. (Sonderfälle mit ggf. entsprechendem gesonderten Feststellungsbescheid natürlich ausgenommen)
Grüße

Münsterländer

Wenn ein Karambit als Hieb- und Stosswaffe eingestuft wird, dann bedeutet das ja auch, dass die Form dazu herangezogen werden kann, um Ausnahmen zu definieren. Wenn man so die BKA-Bescheide durchliest, dann wird praktisch immer auch erwähnt, wie der Hersteller den Gegenstand definiert und bewirbt. Sprich, je radikaler das Marketing, desto eher wird einem ein Strick draus gedreht. Das sind m.E. eben die Grauzonen der Gesetzgebung, die man aus meiner Sicht vorsichtshalber auch beachten sollte.

Münsterländer
15-11-2021, 15:06
nicht nur ein findiger Jurist, sondern eben auch ein Polizist. Und das tut er denn hin und wieder auch.



https://www.gesetze-im-internet.de/waffg_2002/anlage_1.html

Wie gesagt, drauf verlassen, dass man damit überall frei herumlaufen kann, würde ich mich nicht.

Da Messer in der Anlage 1 eine eigene Rubrik haben (2.1) wäre es m.E. keine korrekte Rechtsanwendung, wenn man die von 2.1. ausdrücklich nicht erfassten Messertypen einfach pauschal bei 1.1 subsumiert.
Hätte der Gesetzgeber das gewollt, hätte er sich 2.1 sparen können (ggf. mit dem Hinweis, dass Messer generell unter 1.1 fallen).
Für bestimmte Messerarten mag das über Feststellungsbescheid nochmal gesondert geregelt sein, aber zumindest pauschal geht das m.E.nicht.

Ebenfalls dafür spricht eben auch, dass § 42 a ein Führen von feststehenden Messern untersagt, Klingen unter 12 cm aber ausdrücklich ausnimmt. Die Regelung würde dann ja komplett ins Leere laufen.

Natürlich kann das mal schiefgehen wenn ein Kollege von der Polizei etwas übers Ziel hinaus schießt. (oder wenn man sich z.b. auf einem Volksfest oder ähnlichen bewegt, da ist nach § 42 ja sowieso absolut Sense)

Aber die Rechtslage ist m.E. eigentlich klar. Ein Messer unter 12 cm ist normalerweise nicht zu beanstanden.
Natürlich immer mit der Einschränkung, dass es für den konkreten Messertyp keinen gesonderten Feststellungsbescheid gibt. Dann ist natürlich erst mal Schicht und man könnte sich höchstens fragen, wie korrekt dieser Bescheid ist. Aber den Fall hat man dann erst mal verloren.

Grüße

Münsterländer

period
15-11-2021, 15:18
Da Messer in der Anlage 1 eine eigene Rubrik haben (2.1) wäre es m.E. keine korrekte Rechtsanwendung, wenn man die von 2.1. ausdrücklich nicht erfassten Messertypen einfach pauschal bei 1.1 subsumiert.
Hätte der Gesetzgeber das gewollt, hätte er sich 2.1 sparen können (ggf. mit dem Hinweis, dass Messer generell unter 1.1 fallen).
Für bestimmte Messerarten mag das über Feststellungsbescheid nochmal gesondert geregelt sein, aber zumindest pauschal geht das m.E.nicht.

Ebenfalls dafür spricht eben auch, dass § 42 a ein Führen von feststehenden Messern untersagt, Klingen unter 12 cm aber ausdrücklich ausnimmt. Die Regelung würde dann ja komplett ins Leere laufen.

Natürlich kann das mal schiefgehen wenn ein Kollege von der Polizei etwas übers Ziel hinaus schießt. (oder wenn man sich z.b. auf einem Volksfest oder ähnlichen bewegt, da ist nach § 42 ja sowieso absolut Sense)

Aber die Rechtslage ist m.E. eigentlich klar. Ein Messer unter 12 cm ist normalerweise nicht zu beanstanden.
Natürlich immer mit der Einschränkung, dass es für den konkreten Messertyp keinen gesonderten Feststellungsbescheid gibt. Dann ist natürlich erst mal Schicht und man könnte sich höchstens fragen, wie korrekt dieser Bescheid ist. Aber den Fall hat man dann erst mal verloren.


Ich bin kein Jurist, aber ich würde annehmen, dass die Bestimmung wie in den Feststellungsbescheiden. Wenn das BKA in diesen mit dem Marketing des Herstellers argumentiert, dann würde ich davon ausgehen, dass das im Zweifelsfall vor Gericht gleich gehandhabt werden kann - keine Ahnung, ob dann auch das BKA hinzugezogen werden kann. Daher wäre ich bei der Auswahl eines EDC-Messers schon mal eher vorsichtig. Ist aber ja nicht so, dass es nicht genug Modelle mit alltagstauglichen Klingenformen und neutralem Marketing gäbe. Und die Schneidleistung derselben ist in der Regel ohnehin grösser als bei explizit "taktischen" Klingenformen, und was die Spitzen angeht, darf ich Fred Perrin zitieren "I don't know anyone who would like to have this stuck in his posterior".

Münsterländer
15-11-2021, 15:28
Ich bin kein Jurist, aber ich würde annehmen, dass die Bestimmung wie in den Feststellungsbescheiden. Wenn das BKA in diesen mit dem Marketing des Herstellers argumentiert, dann würde ich davon ausgehen, dass das im Zweifelsfall vor Gericht gleich gehandhabt werden kann - keine Ahnung, ob dann auch das BKA hinzugezogen werden kann. Daher wäre ich bei der Auswahl eines EDC-Messers schon mal eher vorsichtig. Ist aber ja nicht so, dass es nicht genug Modelle mit alltagstauglichen Klingenformen und neutralem Marketing gäbe. Und die Schneidleistung derselben ist in der Regel ohnehin grösser als bei explizit "taktischen" Klingenformen, und was die Spitzen angeht, darf ich Fred Perrin zitieren "I don't know anyone who would like to have this stuck in his posterior".

Ohne Feststellungsbescheid sind Messer unter 12 cm erst mal zulässig.
Nun kann es natürlich passieren, dass man sagt: hier, das Messer ist doch im Prinzip genau wie Messer x, das wir schon per Bescheid verboten haben, wird sogar gleich beworben etc.... Oder man sagt: das Messer ist zwar noch nicht verboten, müssen wir aber aus Grund xy dringend machen. Dann ist die Chance hoch, dass du gerade einen neuen Bescheid losgetreten hast und als "Täter" Nummer 1 dran bist. Ja, ok, das Risiko besteht ggf.

Aber grundsätzlich ist das Führen von feststehenden Messern erst mal erlaubt, wenn die Klingenlänge unter 12 cm liegt. Und bei Messern mit entsprechend (wie du es nanntest) neutralem Marketing dürfte das m.E. auch so bleiben.

ThomasL
15-11-2021, 15:49
Wurde schon alles gesagt, Danke ins Münsterland (Kanken, Münsterländer). Wer zum Zweck der Verteidigung ein Messer führt (nochmal, nicht das ich das empfehle), dass irgendwie nach Kampfmesser aussieht und bei einer Kontrolle Probleme bereiten könnte hat etwas ganz wichtiges nicht verstanden.

MGuzzi
15-11-2021, 15:57
Wurde schon alles gesagt, Danke ins Münsterland (Kanken, Münsterländer). Wer zum Zweck der Verteidigung ein Messer führt (nochmal, nicht das ich das empfehle), dass irgendwie nach Kampfmesser aussieht und bei einer Kontrolle Probleme bereiten könnte hat etwas ganz wichtiges nicht verstanden.

Genau das habe ich gesagt:


Ich würde mich da nicht drauf verlassen, dass ein Kampfmesser mit 11.5 cm Klinge von der Polizei nicht als Waffe eingestuft würde, wenn du damit abends in der Stadt herumspazierst.

kanken
15-11-2021, 16:05
Wir reden hier von normalen Messer, wie z.B. denen von Esee, oder anderen “Alltagsmessern”.

Das hier ist z.B. völlig legal zu führen:

https://oldetownecutlery.com/wp-content/uploads/2020/06/ESEE-0372-scaled.jpg

ThomasL
15-11-2021, 16:12
Genau das habe ich gesagt:
Nein, vielleicht gemeint aber nicht gesagt. Du redest von Kampfmessern, dass ist ein definierter Begriff und ein Messer das als solches eingestuft wird (z.B. zweischneidige Dolche) fällt unter das Führungsverbot.
Ich vermute du meinst ein Messer zum Kampf (bezieht sich dann auf die persönliche Absicht des Einsatzes, nicht die Bauart/Einstufung des Messers).

Siehe auch hier:
https://www.bka.de/SharedDocs/FAQs/DE/Waffenrecht/waffenrechtFrage03.html

Gast
15-11-2021, 17:09
Freunde, kann es sein dass ihr ziemlich OT seid?

MGuzzi
15-11-2021, 21:28
Nein, vielleicht gemeint aber nicht gesagt. Du redest von Kampfmessern,

Du doch auch?

Schnueffler
15-11-2021, 22:09
Ich glaube da vertust du dich gerade. Nach §42a WaffG darfst du feststehende Messer mit einer Klingenlänge unter 12 cm immer führen, solange sie nicht als illegal klassifiziert wurden (z.B. Faustmesser).
Wenn die Klinge länger als 12 cm, dann musst du es entweder in einem verschlossenen Behälter transportieren oder ein berechtigtes Interesse haben (Theater und Film- Fernsehen lasse ich mal außen vor).
Berechtigtes Interesse wäre z.B. die Jagd, oder das Kuchenmesser im Park beim Picknick.

Da muss ich dir widersprechen. Der 42a verweist ja auf das Hier:
Anlage 1:
Unterabschnitt 2:
Tragbare Gegenstände 1.
Tragbare Gegenstände nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a sind insbesondere
1.1
Hieb- und Stoßwaffen (Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, unter unmittelbarer Ausnutzung der Muskelkraft durch Hieb, Stoß, Stich, Schlag oder Wurf Verletzungen beizubringen),

Und unter 1.1. fällt alles, was vom Hersteller dazu bestimmt ist. Sollte es das Fixed mit 5cm Klingenlänge sein, welches als Combat, Tactical, Killing,... etc. beworben wird, dann fällt es auch darunter. Darunter fallen ja auch Teleskopschlagstöcke, bzw. Schlagstöcke im Allgemeinen.

Oder auch, wer es kennt, die Ledergeldbörse mit dem Fach für das Kleingelt und dem längeren Griff. Ein ersteller hat es als Geldbörse beworben (Druckknopf so gestaltet, dass man sich das Ding an den Gürtel hängen konnte) und alles war gut. Ein anderer Herrsteller hat es als SV Tool beworben und damit war die Zweckbestimmung vorgegeben und somit ein Gegenstand, der dem Führverbot unterlag.

Schnueffler
15-11-2021, 22:11
Wir reden hier von normalen Messer, wie z.B. denen von Esee, oder anderen “Alltagsmessern”.

Das hier ist z.B. völlig legal zu führen:

https://oldetownecutlery.com/wp-content/uploads/2020/06/ESEE-0372-scaled.jpg

Das fällt auch unter Gebrauchsmesser.

ThomasL
16-11-2021, 06:28
Du doch auch?
Nein (aber schau am Besten mal in den Messerthread und lass uns da weiter diskutieren).
Whitechapel: Aber so etwas von OT

MGuzzi
16-11-2021, 07:37
Nein (aber schau am Besten mal in den Messerthread und lass uns da weiter diskutieren).
Whitechapel: Aber so etwas von OT

Kampfmesser, oder nach Kampfmesser aussieht, das ist doch Haarspalterei

ThomasL
16-11-2021, 09:12
Wie gesagt, ich antworte gerne im anderen Thread (https://www.kampfkunst-board.info/forum/showthread.php?191715-B%C3%B6ker-Sigyn-42-a-konform&p=3825656#post3825656), hat nichts mit Haarspalterei zu tun.

MGuzzi
16-11-2021, 12:17
Die Diskussion ist ja entstanden aus der Frage, ob es heutzutage sinnvoll ist, ein Messer als Ausgleich für Körperkraftunterschiede einzusetzen. Was man mit sich herumtragen darf, ist dafür eigentlich unerheblich - von daher erübrigt sich eine weitere Diskussion, anscheinend ist das Auslegungssache.

Mit der Frage, ob man mit wenig Kraft eine große Wirkung erzielen kann, hat das Ganze auch nur noch wenig zu tun, obwohl natürlich Methoden zur Kraftgenerierung im bewaffneten Kampf eine Rolle spielten, aus dem sich der waffenlose Kampf entwickelt hat.
Sokaku Takeda soll ja ebenfalls Prinzipien aus dem Schwerkampf auf waffenlose Techniken übertragen haben, als er merkte dass er damit eine Überlegenheit erreichen konnte, die er vorher (waffenlos) so nicht hatte.

DatOlli
16-11-2021, 12:34
...
Mit der Frage, ob man mit wenig Kraft eine große Wirkung erzielen kann, hat das Ganze auch nur noch wenig zu tun, obwohl natürlich Methoden zur Kraftgenerierung im bewaffneten Kampf eine Rolle spielten, aus dem sich der waffenlose Kampf entwickelt hat.
Sokaku Takeda soll ja ebenfalls Prinzipien aus dem Schwerkampf auf waffenlose Techniken übertragen haben, als er merkte dass er damit eine Überlegenheit erreichen konnte, die er vorher (waffenlos) so nicht hatte.

Ok, ich bin ja auch einer von denen, die meinen mit Waffen statt ohne zu starten sei einfacher, was die Lernkurve anbetrifft, das Waffenlos aus bewaffnetem Kampf kommt und dass man das arbeiten mit Waffen gut auf unbewaffnet übertragen kann und das sich beides gegenseitig bereichern und befruchten kann.

Allerdings habe ich keine Idee wie man damit eine "Überlegenheit" generieren könnte.

Meine Erfahrung sagt mir da eher das Gegenteil. Die sagt mir, das Spezialisierung in dem Spezialgebiet erfolgreicher ist als Übertragung.
Anders ausgedrückt, jemand der gezielt z.B. Panantukan oder wegen mir auch (dirty-/street-/whatever) Boxen übt, unbewaffnet bessere Chancen hat, als jemand der gut mit Klingen umgehen kann und "einfach" überträgt.

Liebe Grüße
DatOlli

PS.: Ich finde die Mechanik zur "Kraftgenerierung" bei Waffen deutlicher, ebenso wie taktische Bezüge deutlicher sind.

MGuzzi
19-11-2021, 11:07
,Ob diese Art des Trainings (insbesondere Ki-No-Nagare) mir einen Nutzen für Kampf oder SV bringt, bleibt für mich weiterhin eine offene Frage.

Ich weiß nicht ob die Frage inzwischen geklärt ist.

Aber zu dem Thema ist noch zu sagen, dass bezüglich dieser Trainingsform ein Missverständnis besteht, denn Ki-no-nagare ist meiner Ansicht nach nicht zu verstehen als eine Art zu trainieren, die sozusagen eine Alternative zu anderen ist. Also nach dem Motto: "bei uns trainieren wir im Ki-no-nagare Modus"
Vollständiges Aikidotraining besteht aus unterschiedlichen Komponenten, dazu zählt Go no geiko, ju no geiko und ryu no geiko (ki no nagare),
jyu waza, freies Randori, auch gegen mehrere Angreifer, was, richtig geübt ein exzellentes Stressszenario ist, und Waffentraining, und alles (außer die Waffenformen) auch in den verschiedenen Ebenen, als tachi waza ( beide bewegen sich stehend) hanza handachi (uke stehend, nage im Kniesitz bewegend) und suwari waza (beide im Kniesitz bewegend).
Dass es nun Vereine oder Dojos gibt, in denen aus Bequemlichkeit, Altersgründen oder einfach weil: "gefällt uns besser", hauptsächlich in einem bestimmten Modus trainiert wird, ist mit der Grund für diese bestehenden Missverständnisse, dazu kommen schlecht ausgebildete Trainer, etc.

Dann ist zu beobachten, dass diese Trainingsform in manchen Dojos ja auf die Spitze getrieben wird, was dann wirklich in einer Art Partnertanz endet die mit Kampfkunst dann wirklich gar nichts mehr zu tun hat, weil eben auch die im ryu no geiko vorhandenen kampfkunstrelevanten Übungsinhalte auch noch über Bord geworfen werden, die da z.B. wären: Entwicklung einer Anziehungskraft, "das Ki" bzw. den "Intent" des Angreifer auf eine bestimmte Art zu Führen, etc.

Dazu kommt, dass etwa z.B. Saito Sensei, der Repräsentant der Iwama Richtung des Aikido, unter Kin no nagare noch recht kurze und knackige Bewegungen verstand, vielleicht mit einer kurzen Wendung die dann aber schnell in einem Gleichgewichtsbruch endete, der 2. Doshu des Aikido und einige seiner Schüler hingegen sehr große, allerdings den Uke sehr stark fordernde dynamische Bewegungen machte, die dann das äußere Bild vieler Aikido-Demonstrationen prägten. Da er ja 1936 mit dem Training begann, in einer Zeit also in der Ueshiba im Grunde noch Daito ryu unterrichtete, kannte er auch die Inhalte die dort vermittelt wurden.

Die Frage ob nun Aikido Nutzen für Kampf oder SV bringt, hängt also meiner Meinung nach stark damit zusammen, ob man nur einzelne Komponenten trainiert, oder eben nur eine bestimmte Trainingsform herauspickt, weil einem das Andere zu schwierig, zu brutal, zu mühsam oder zu langweilig ist, oder nicht, und/oder ob eben einfach aus Unkenntnis wesentlich Inhalte nicht, oder nicht mehr geübt werden.

Aiki5O+
19-11-2021, 23:08
Ich weiß nicht ob die Frage inzwischen geklärt ist.
Natürlich nicht.


Aber zu dem Thema ist noch zu sagen, dass bezüglich dieser Trainingsform ein Missverständnis besteht, denn Ki-no-nagare ist meiner Ansicht nach nicht zu verstehen als eine Art zu trainieren, die sozusagen eine Alternative zu anderen ist. Also nach dem Motto: "bei uns trainieren wir im Ki-no-nagare Modus"
Vollständiges Aikidotraining besteht aus unterschiedlichen Komponenten, dazu zählt Go no geiko, ju no geiko und ryu no geiko (ki no nagare),
jyu waza, freies Randori, auch gegen mehrere Angreifer, was, richtig geübt ein exzellentes Stressszenario ist, und Waffentraining, und alles (außer die Waffenformen) auch in den verschiedenen Ebenen, als tachi waza ( beide bewegen sich stehend) hanza handachi (uke stehend, nage im Kniesitz bewegend) und suwari waza (beide im Kniesitz bewegend).
Bis auf freies Randori habe ich das in den letzten Jahren auch trainiert, wenn auch manches davon nicht oft oder intensiv genug. Wobei ich unter Waffentraining im Aikido, das ich kenne, Übungen mit Tanto (Holzmesser), Bokken (Holzschwert) und Jo (Stock) verstehe (Hinweis für Mitleser).


der 2. Doshu des Aikido und einige seiner Schüler hingegen sehr große, allerdings den Uke sehr stark fordernde dynamische Bewegungen machte, die dann das äußere Bild vieler Aikido-Demonstrationen prägten. Deswegen können ja die meisten bei bestem Willen gar nicht 1 1/2 Stunden lang Ki-No-Nagare üben, ich jedenfalls nicht. Ich empfinde es halt als Höhepunkt und oft als Abschluss einer Übungseinheit.


Die Frage ob nun Aikido Nutzen für Kampf oder SV bringt, hängt also meiner Meinung nach stark damit zusammen, ob man nur einzelne Komponenten trainiert, oder eben nur eine bestimmte Trainingsform herauspickt, weil einem das Andere zu schwierig, zu brutal, zu mühsam oder zu langweilig ist, oder nicht, und/oder ob eben einfach aus Unkenntnis wesentlich Inhalte nicht, oder nicht mehr geübt werden.

... freies Randori, auch gegen mehrere Angreifer, was, richtig geübt ein exzellentes Stressszenario ist

Mit "freiem Randori", wo also sowohl Angriff als auch Verteidigung nicht festgelegt sind, habe ich noch keine Erfahrung. Jyu Waza mit einer festen Angriffsform, mehreren Ukes und freie Wahl der Verteidigungstechniken trainieren wir dagegen nicht selten. In dem Modus sind allerdings gleichzeitige Angriffe gar nicht möglich, wenn die Form gewahrt bleiben soll (z.B. Shomen-Uchi; es kann zu einem Zeitpunkt nur einer von vorne auf den Kopf schlagen).

In den allermeisten Randori-Demos, die ich kenne, wird die Intensität so gewählt, dass Nage gefordert, aber nicht überfordert wird. Die einzige mir bekannte Ausnahme ist das Randori von Tenshin-Aikido, also der Steven-Seagal Linie. Das ist dann tatsächlich ein Stresstest, in dem aber dann auch Dan-Prüflinge kaum noch etwas zeigen können, was irgendwie nach Aikido aussieht. Zum Beispiel sieht das folgende Video für mich eher wie American Football mit Hakamas aus:


https://www.youtube.com/watch?v=JxT7J0L8TcI

Das war ja auch so ein Vorwurf, den rambat immer wieder wiederholt hatte, dass Aikido im Sparring nicht mehr wie Aikido aussehe, sondern bestenfalls wie schlechtes Judo oder Kickboxen.


Dann ist zu beobachten, dass diese Trainingsform in manchen Dojos ja auf die Spitze getrieben wird, was dann wirklich in einer Art Partnertanz endet die mit Kampfkunst dann wirklich gar nichts mehr zu tun hat, weil eben auch die im ryu no geiko vorhandenen kampfkunstrelevanten Übungsinhalte auch noch über Bord geworfen werden, die da z.B. wären: Entwicklung einer Anziehungskraft, "das Ki" bzw. den "Intent" des Angreifer auf eine bestimmte Art zu Führen, etc.
Das scheitert nach meiner Erfahrung und in meinem Umfeld allzu oft schon daran, dass die meisten Ukes gar nicht mit "Ki" oder "Intent" angreifen können oder wollen.

period hat dazu in Beitrag #112 (https://www.kampfkunst-board.info/forum/showthread.php?192002-Einsatz-von-Kraft-in-Aikido-und-anderen-KKen&p=3825207#post3825207) einen interessanten und wie ich finde richtigen Gedanken geäußert:


Dass bestimmte Stile da im Schnitt besser abschneiden als andere, hängt aus meiner Sicht nicht zuletzt mit der Selektion der Mitglieder zusammen, die sich im Laufe der Zeit auch mal ändern kann. Die gleiche Personengruppe geht heute ggf. woanders ins Training als vor 30 oder 40 Jahren, und das verschiebt die durchschnittliche Kampftauglichkeit der Mitglieder ggf. bedeutend. Wenn in den 1980ern oder 1990ern die Gruppe X (sagen wir, jung, männlich, sportlich, mit einer nicht unbeträchtlichen Anzahl Keilereien schon vor dem Eintritt und mit der Intention, Profisportler oder Türsteher zu werden) beispielsweise vor allem ins Karate, Kickboxen oder auch WT gegangen wäre, heute aber ins MMA oder BJJ (um Boxen, Judo und Ringen mal aussen vor zu lassen), dann wird das nun mal bestimmte Veränderungen nach sich ziehen. Ähnlich würde ich das auch bei Hybridsystemen wie Krav Maga und Co formulieren. Ich würde Cam67 auch zustimmen, dass die verschiedenen kampfsportlichen Vorerfahrungen - die sich nie ganz ausblenden lassen - eine gewisse Rolle spielen. Wenn ein Vollkontaktler in eine innere KK wechselt, kann man den nur begrenzt mit jemandem vergleichen, der die ganze Zeit nichts anderes gemacht hat. Interessanterweise kamen ja auch diverse Grössen in den inneren KK oder Hybridsystemen ursprünglich aus solchen Disziplinen.Aikido wurde und wird oft beworben mit Slogans wie "Kampfkunst ohne Gewalt", "Gewalt in homöopathischen Dosen", „Das Geheimnis von Aikido liegt nicht darin, wie du deine Füße bewegst, sondern wie du deinen Geist bewegst. Ich unterrichte euch nicht eine Kampfkunsttechnik, ich unterrichte euch Gewaltlosigkeit.“* Da braucht man sich nicht zu wundern, wenn Leute, die an Kampf und/oder SV interessiert sind, einen großen Bogen um Aikido-Dojos machen bzw. die, die mit Aikido anfangen wollen, sich eher nicht mit Gewalt auseinandersetzen oder ernsthaft kämpfen lernen wollen.

________________________________
*) Angeblich eine Aussage von Ueshiba

period
20-11-2021, 16:04
Ein weiterer Punkt am Rande, den ich gerne einbringen würde: mir wurde vor bald zwei Jahrzehnten beigebracht, dass man die unterschiedlichen Grundvoraussetzungen wie Talent, Trainingsfleiss, Technik (= das sinnvolle Ausnutzen von Kräften) und die einzelnen athletischen Qualitäten nicht als Summanden, sondern als Faktoren sehen sollte - wenn einer davon 0 ist, dann kann man das Ergebnis auch getrost vergessen. Die Sichtweise als Faktoren bedingt auch den Schluss, dass auch kleinere Verbesserungen in einzelnen Bereichen einen grossen Einfluss auf das Gesamtergebnis haben werden.

Schnueffler
20-11-2021, 16:56
Sehe ich auch so.
Deswegen kann in gewissen Bereichen dann der ältere Sportler gegen einen jüngeren, kräftigeren Sportler die Sachen ausgleichen.

MGuzzi
23-11-2021, 13:54
Deswegen können ja die meisten bei bestem Willen gar nicht 1 1/2 Stunden lang Ki-No-Nagare üben, ich jedenfalls nicht. Ich empfinde es halt als Höhepunkt und oft als Abschluss einer Übungseinheit.



WIe traniert ihr denn dann hauptsächlich, es ist doch die trainingsform in der man hauptsächlich Kondition und Beweglichkeit trainiert.
Eine Stunde sollte man in dem Modus doch mindestens durchhalten können.

MGuzzi
23-11-2021, 15:12
„Das Geheimnis von Aikido liegt nicht darin, wie du deine Füße bewegst, sondern wie du deinen Geist bewegst. Ich unterrichte euch nicht eine Kampfkunsttechnik, ich unterrichte euch Gewaltlosigkeit.“*
________________________________
*) Angeblich eine Aussage von Ueshiba

Das mit den angeblichen Aussagen ist immer so eine Sache.

Das hier ist nicht angeblich, sondern es steht in seinem Buch:



5. Same stances as in No. 1. Tori: Step out on your right foot and strike directly at your opponent's face with your right tegatana and punch his ribs with your left fist (9).