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Vollständige Version anzeigen : Unnötige (?) Härte im Training



Pflöte
24-02-2022, 17:57
Jo,

ausgehend von diesem Thread hier

https://www.kampfkunst-board.info/forum/showthread.php?192359-Application-HOW-about-that-%29&p=3839167#post3839167

frage ich mich, wie andere hier zu mMn unnötiger Härte im Training stehen.

Als Beispiel kann das Video auf der verlinkten Seite dienen, in dem der Trainer Techniken demonstriert und dabei den Demonstrationspartner schmerzhaft boxt, hebelt, auf blockierte Gelenke schlägt oder offensichtlich stark dessen Hals/Kehlkopf zusammendrückt.

Sieht hier jemand Gründe für solch ein Verhalten, die nicht in der Befriedigung des Trainers liegen, sondern irgendwie in einem positiven Effekt für die Schüler?

Andere Beispiele sind die Videos am Anfang des Threads.

Wäre ja cool, wenn hier jemand sowas gut findet und es auch begründen kann. Auf Beschimpfungen in meine Richtung oder "Herausforderungen" kann ich verzichten.

Stixandmore
24-02-2022, 18:12
Früher war das Training nur gut, wen man von der Matte gehumpelt ist, blaue Flecken nachher hatte und/oder eine Paracetamol nehmen musste- ABER so Sachen wie gegen Kehlkopf (fester)schlagen oder auf blockierte Gelenke richtig! "draufzimmern" etc war immer tabu! Gesunde Härte ist auch heute noch ok...was in dem Video gezeigt wird/abgeht eher nicht

Pflöte
24-02-2022, 18:18
Nichts gegen Härte im allgemeinen, so meine ich das nicht. Mir geht es vor allem um die Situation, wenn der Trainer etwas erklärt oder vorführt und dabei dem anderen Schmerzen zufügt.

Schnueffler
24-02-2022, 18:22
Ist auch die Frage, was man unter gesunder Härte versteht. Ich persönlich mag es, wenn es auch mal knallt, aber das geht halt nicht mit allen Trainingspartnern. Sollte ein geben und nehmen sein, aber immer noch mit soviel Sicherheit, dass es keine ernsthaften oder längerfristigen Schäden gibt.
Manche jammern ja schon beim ersten blauen Fleck rum, Andere wollen das, weil sie so den entsprechenden Druck spüren und dann auch nicht beim ersten Einschlag in die Embrinalhaltung verfallen.

Schnueffler
24-02-2022, 18:24
Nichts gegen Härte im allgemeinen, so meine ich das nicht. Mir geht es vor allem um die Situation, wenn der Trainer etwas erklärt oder vorführt und dabei dem anderen Schmerzen zufügt.

Auch da bis zu einem gewissen Grad. Das mache ich auch, um die Reaktionen des Gegenübers zu verdeutlichen. Aber auch hier bleibt es kontrolliert.
Wenn ich z.B. auf den Kehlkopf gehe, ditsche ich diesen leicht an, das reicht um die Reaktion hervorzurufen, die ich will. Und da reicht es dann auch, wenn man es einmal demonstriert.

Stixandmore
24-02-2022, 18:26
Ist auch die Frage, was man unter gesunder Härte versteht.

Eigentlich genau das, was du beschreibst....wer so was nicht ab kann, sollte "Hallenhalma" spielen gehen:biglaugh:

Pflöte
24-02-2022, 19:08
Es kommt für mich darauf an, ob es für den Schüler erniedrigend ist oder nicht und ob es etwas verdeutlicht oder nicht.

Z.B. einem Schüler, der den Dummy gibt, vor versammelter Mannschaft immer wieder gegen den Brust-/Schulterbereich boxen, ist in meinen Augen erniedrigend - trifft man ihn im Sparring, ist es das nicht (also nicht per se).

Stixandmore
24-02-2022, 20:24
Für mich wäre es eher sowas, wie Hebel anziehen, lockern, anziehen, lockern und meinen Dummy über das nötige Demonstrieren hinaus, zu "quälen"

Pflöte
24-02-2022, 21:43
Was ist mit leichten Backpfeifen? Oder "geschnippten" Jabs auf die Nase?

Beides jetzt eher unangenehm als schmerzhaft und auch risikoarm, aber mMn einfach unnötig.

Bei der Frage "Härte im Sparring" bin ich der Meinung, dass der "Schwächere" bestimmt, wie hart es werden darf. Der "Stärkere" hat sich zu 100% danach zu richten. Z.B. dieses manchmal anzutreffende Grinsen eines Fortgeschrittenen, wenn er einem Anfänger einen LowKick verpasst hat und der dann richtig Schmerzen hat und abbrechen muss, kann ich überhaupt nicht ab.

Esse quam videri
24-02-2022, 22:02
Was ist mit leichten Backpfeifen? Oder "geschnippten" Jabs auf die Nase?

Beides jetzt eher unangenehm als schmerzhaft und auch risikoarm, aber mMn einfach unnötig.

Bei der Frage "Härte im Sparring" bin ich der Meinung, dass der "Schwächere" bestimmt, wie hart es werden darf. Der "Stärkere" hat sich zu 100% danach zu richten.

:halbyeaha

ich lass mich ganz gerne auch mal absichtlich treffen, nehme mich zurück, für mich ist das in dem Moment von meiner Seite auch kein richtiges combatives Sparring eher Training und Fehler aufzeigen beim schwächeren. Unnötige Härte gibts bei uns nur beim abhärten, da wird dann aber auch gerne gelacht, erst der eine später dann der andere:D


gruss

Pflöte
25-02-2022, 08:42
Liest sich so, als wäre der Andere für dich immer und grundsätzlich der Schwächere. :D

GilesTCC
25-02-2022, 09:40
Wenn man Trainier ist, gibt es immer wieder eine (feine) Linie zwischen einerseits die Schüler in den richtigen Momenten fordern, je nach ihren eigenen Können und Grenzen, und andererseits die eigenen Egobedürfnisse befriedigen. Was dann wiederum bedeutet: Man versucht, die eigenen Minderwertigkeitsgefühle, die eigenen Ängste, auszugleichen, indem man als Trainer das dicke Alphatier bei den eigenen Schüler mimt. Auch das muss nicht automatisch bedeuten, man fängt an, Schülern (unnötige) Schmerzen und Schrecken zuzufügen - aber es kann schnell in die Richtung gehen.

Ich habe ein paar andere Videos von dem Herrn Mastro aus dem anderen Thread angeschaut (ich fand manche seiner Ansätze und Techniken interessant). In seinem Fall sehe ich ein paar Anzeichen (z.B. schnell aufblitzene Mimik), die mich vermuten lassen, er ist schon dabei, ein paar innere Defiziten auszugleichen.

Als Trainer ist es wichtig, sich immer wieder zu fragen, was man mit den eigenen Schülern tut bzw. ihnen antut. Da hat man eine Machtposition, und man sollte verantwortungsvoll damit umgehen. Allerdings habe ich nichts gegen "school of (hard) knocks": Der eine oder andere Lehrer hat mich manchmal ordentlich durchgeschüttelt. Aber das war hilfreich und 'pädagogisch', und ich habe es entsprechend wahrgenommen; hat auch keine Verletzungen verursacht, höchstens blaue Flecken. Als ein anderer Lehrer Ärger/Frust bei mir körperlich ausließ, fühlte es sich anders an - und ich habe mich dann abgegrenzt.

Gast
25-02-2022, 10:22
Moin Moin in die Runde,

Meine Erfahrung im Sparring ist, dass ich am meisten gelernt habe, je lockerer beide beteiligten sind. Wenn Lücken gesucht werden, diese zügig, locker und konsequent (schnell) aufgezeigt werden.
Eine Art Spiel bei dem man lernt; ich persönlich mag technisches Sparring ohne Schutzausrüstung (Schienbeinschoner) sehr, wenn man den richtigen Trainingspartner hat und beide locker bleiben.
Kampf hat auch eine Menge mit Kontrolle zu tun, über sich, über seinen Gegner -> im Sparring Partner. Unter diesem Gesichtspunkt ist es möglich , z.B. ohne Schienbeinschoner einen High-Kick anzubringen,
ohne das der Trainingspartner gleich schlafen geht. Fehlende Deckung aufgezeigt, Kontrolle behalten, technisch sauber geblieben und keiner Verletzt. So soll es sein.

Natürlich kenne ich auch Sparringssituationen, in der es sich gegenseitig hochschaukelt, wo das eigene Ego Minute für Minute mehr und mehr die Oberhand gewinnt und man sich letztlich in einem Trainingskampf befindet und es quasi eskaliert und man grün und blau und mit klingeln im Kopf aus dem Ring steigt. Für mich persönlich ist aber das einzige, was ich daraus lerne, die Erkenntnis über die eigenen Nehmerqualitäten.

Bärchen
25-02-2022, 10:54
Meine Erfahrung im Sparring ist, dass ich am meisten gelernt habe, je lockerer beide beteiligten sind. Wenn Lücken gesucht werden, diese zügig, locker und konsequent (schnell) aufgezeigt werden.
Eine Art Spiel bei dem man lernt; ich persönlich mag technisches Sparring ohne Schutzausrüstung (Schienbeinschoner) sehr, wenn man den richtigen Trainingspartner hat und beide locker bleiben.
Kampf hat auch eine Menge mit Kontrolle zu tun, über sich, über seinen Gegner -> im Sparring Partner. Unter diesem Gesichtspunkt ist es möglich , z.B. ohne Schienbeinschoner einen High-Kick anzubringen,
ohne das der Trainingspartner gleich schlafen geht. Fehlende Deckung aufgezeigt, Kontrolle behalten, technisch sauber geblieben und keiner Verletzt. So soll es sein.

stimme Dir voll und ganz zu.
Eine bestimmte Art des Trainings/Sparrings geht nur einer bestimmten Art Trainings-/Sparringspartner.

Katamaus
25-02-2022, 12:17
Bei der Frage "Härte im Sparring" bin ich der Meinung, dass der "Schwächere" bestimmt, wie hart es werden darf. Der "Stärkere" hat sich zu 100% danach zu richten. Z.B. dieses manchmal anzutreffende Grinsen eines Fortgeschrittenen, wenn er einem Anfänger einen LowKick verpasst hat und der dann richtig Schmerzen hat und abbrechen muss, kann ich überhaupt nicht ab.

:halbyeaha

Es sollte eben immer auf (auch unausgesprochener) Absprache beruhen. Ich musste z.B. früher auf Lehrgängen bisweilen für Ticky Donovan als Dummy herhalten. Der war auch absolut kein Kind von Traurigkeit und das hat bisweilen ordentlich gescheppert aber ich wurde nie verletzt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es ihm nie um sein Ego ging, sondern dass das eben die ihm persönlich zueigene Härte war. Sowas akzeptiert man halt oder geht da einfach nicht hin.

Bei unserem Lehrer ist das ähnlich. Der trifft aber nicht zum Kopf beim Vormachen.

Stixandmore
25-02-2022, 12:26
Ich glaube daß das viel mit, wie man selber gelernt hat, zu tun hat!? Irgendwie "färbt" die Art und Weise des Lehrers auf die eine oder andere Art, immer auf einen ab!?

Gast
25-02-2022, 12:42
Ich glaube daß das viel mit, wie man selber gelernt hat, zu tun hat!? Irgendwie "färbt" die Art und Weise des Lehrers auf die eine oder andere Art, immer auf einen ab!?

Sehe ich auch so ---> Siehe Serie Cobra Kai :ups: :)

Schnueffler
25-02-2022, 13:55
Ich glaube daß das viel mit, wie man selber gelernt hat, zu tun hat!? Irgendwie "färbt" die Art und Weise des Lehrers auf die eine oder andere Art, immer auf einen ab!?

Definitiv.
Bin so "groß" geworden.

Gestern hatte ich auch das Beispiel wieder im Training:
Ich demonstriere mit meinem Co-Trainer, der weiß, wie er bei einem ernsthaften Einschlöag in dieser Region reagieren würde und spielt mit. Zwei Neue, die noch keine Erfahrungen haben, wollen es nachmachen, klappt aber nicht, weil die Reaktion auf die Schocktechnik nicht gemacht wird. Kommentar von einem: Das klappt doch im echten Leben niemals. Ich habe ihn gefragt, ob wir das mal zusammen machen wollen, mit etwas mehr Intensität. Er war einverstanden und dann kurzfristig am schreien, weil er den Impuls gemerkt hat und so dann auch die Technik komplett klappte.
Die Erklärung danach haben sie auch verstanden. Wenn ich meinem "Gegner" mit der Sohle volles Programm vors Schienbein treteund dann runter rutsche, wird er dieses Beim fast immer nach hinten wegziehen. Und mein Co-Trainer hat es schonmal erlebt und weiß, wie er reagieren sollte, auch ohne dass ich ihm das Schienbein wegnagel.

Stefan W
25-02-2022, 14:31
Ein schönes Beispiel dafür, dass es durchaus sinnvoll sein kann wenn Uke mitspielt!
Gerade bei Anfängern ist das oft schwer zu vermitteln und da muss man sich dann gut überlegen, ob man dieses dann mit etwas Härte demonstriert.

Pflöte
25-02-2022, 14:54
Das ist für mich ein Fall in dem es eben nötig ist, etwas handfester zu werden, da der Schüler sonst offensichtlich nicht versteht. Zusätzlich war es nach Absprache - ich sehe hier von meiner Seite kein Problem.

Leute, die nicht mitspielen wollen oder können, sind ein anderes Thema. Sowas finde ich auch extrem nervig. Am nervigsten ist mir ein Trainingspartner aus dem BJJ in Erinnerung, der immer zwanghaft dagegen gehalten hat - also auch bei Drills und Technikübungen. Ich habe es genau einmal probiert, außerhalb des regulären Trainings mit ihm zu üben, dann nie wieder. Der hatte irgend eine Schranke im Hirn, keine Ahnung.

(Oder ein anderer, den ich bei einer Übung x-mal hintereinander darum gebeten habe, seinen Arm einfach mal locker zu lassen. Ist nicht passiert, die Übezeit war irgendwann vorbei und ich konnte die Übung nicht ein einziges mal durchgehen. :rolleyes: )

Pflöte
25-02-2022, 14:57
Als Trainer ist es wichtig, sich immer wieder zu fragen, was man mit den eigenen Schülern tut bzw. ihnen antut. Da hat man eine Machtposition, und man sollte verantwortungsvoll damit umgehen.
Ich denke, das ist der Punkt, auf den ich hinaus möchte. In den Videos im anderen Thread sehe ich das erstmal nicht gegeben.