Vollständige Version anzeigen : Kobudo - Bedeutung
In dem verlinkten Video https://www.youtube.com/watch?v=tjZtWkhKZh4 beschreibt Yusuke Nagano unter anderem die Bedeutung des Begriffs Kobudo (im Video etwa 1:40 - 02:30).
Kurz zusammengefasst erklärt er bzw. verstehe ich folgendes:
Kobudo bezeichnet "alte, japanische Kampfkünste vor der Meji Restauration ab 1868".
Budo oder Gendai Budo bezeichnen "moderne Kampfkünste nach der Meji Restauration".
Okinawa gehörte bis 1879 zum Königreich Ryukyu und nicht zu Japan.
Somit schlussfolgert Nagano, dass Kobudo explizit keine Waffenkunst aus Okinawa sein könnte. Wenn ich nun Großmeister Google, Wikipedia, etc. befrage, kann ich das zwar in einigen Artikeln herauslesen wollen dürfen können ..., aber so klar und explizit wird das nicht formuliert.
Bisher kenne ich Kobudo nur als Bezeichnung für okinawanische Waffenkampfkünste, was gemäß obiger Feststellung einfach falsch wäre. Hat jemand dazu mehr Hintergrundwissen oder Quellen (sprachlich und/oder geschichtlich)?
Katamaus
25-05-2022, 13:13
Verstehe die Schlussfolgerung nicht. Eine alte Kampfkunst aus Okinawa kann keine neue japanische Bezeichnung haben?
Nach meinem Verständnis war das schon länger Bestandteil okinawanischer Kampfkunst. Die haben sich halt nicht son Kopp über Benamsungen und Kategorisierungen gemacht, sondern einfach trainiert.
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FireFlea
25-05-2022, 13:23
Kobudo wird als Begriff auch manchmal Synonym für (japanische) Koryu verwendet. Daher ist er in der Tat nicht auf Okinawa begrenzt und eine genauere Differenzierung sinnvoll.
Hallo,
Y. Nagano ist zunächst erst einmal nur ein „Internet-Sensei“, wie ich dieses Phänomen nenne (http://gibukai.blogspot.com/2010/10/internet-sensei.html). Damit möchte ich zum Ausdruck bringen, dass die von „Youtubern“ wie ihm zur Schau gestellte „Fachkenntnis“ nicht notwendigerweise über dem allgemein verbreiteten Halb- und Falschwissen zum Thema Karate liegen muss. Im Gegenteil, nachdem ich ein paar der Videos von ihm sah, muss ich feststellen, dass er über ein teilweise sehr naives und durchaus beschränktes Hintergrundwissen zu den Themen Shōtōkan (das er glaubhaft auszuüben angibt), Karate und Kampfkunst allgemein verfügt.
Übersetzt bedeutet „Kobudō“ einfach „Alter Kampfweg“ bzw. „Alte kämpferische Wege“. Damit werden heute logischerweise aus einem individuellen, „modernen“ Blickwinkel heraus meist jene Kampfkünste bezeichnet, die vermeintlich älteren Ursprungs sind, von denen ein älterer Ursprung angenommen wird oder die mit einem älteren Ursprung werben. Jeder kann demzufolge diesen Begriff so nutzen, wie er es für richtig/passend hält, er ist nicht „genormt“.
Urkundlich wird das Wort „Kobudō“ z. B. 1933 in Zusammenhang mit den in Okinawa bzw. zuvor im Königreich Ryūkyū gebräuchlichen Künsten des Langstocks (Bō) und der Sai (metallene Polizeiprügel mit u-förmiger Parierstange) verwendet (siehe Hoplo, S. 71 f. (https://www.gibukai.de/buch-shop/karate-kampfkunst-hoplologie/))
Die in Japan öfter verwendete Bezugnahme auf die Meiji-Restauration 1868 als Grenze ist an sich problematisch, ändert aber nichts an der Tatsache, dass ein paar okinawanische Kampfkünste auch von ein, zwei japanischen Dachverbänden für „Kobudō“, das aufgrund der Größe und anderer Faktoren vor allem von den japanischen Hauptinseln stammt, als eben das – „Kobudō“ – anerkannt werden.
In meinem Holpo-Buch gehe ich auf die „Kobudō“-Problematik, wie sie von D. F. Draeger in Zusammenhang mit Karate verbreitet wurde, ausführlich ein, und würde bitten, bei Interesse dort nachzulesen (Hoplo, S. 174 ff. (https://www.gibukai.de/buch-shop/karate-kampfkunst-hoplologie/)).
Grüße,
Henning Wittwer
FireFlea
25-05-2022, 14:25
Hallo,
Y. Nagano ist zunächst erst einmal nur ein „Internet-Sensei“, wie ich dieses Phänomen nenne...
Nagano ist ein junger Kerl mit 2.Dan, in Japan daher eher unbedeutend. Ist halt so etwas wie die japanische Junior Version von Jesse Enkamp.
Stefan W
25-05-2022, 14:28
Interessantes Thema! :halbyeaha
Ich habe gerade das Buch "Jissen Kobudo Jinenkan" in den Fingern, dort wird "Kobudo" auch im Sinne von "old martial ways" benutzt.
Mich interessiert dabei, ob in diesem Kontext wohl die selben Kanji genutzt werden wie bei dem üblichen Verständnis als Waffentechniken aus Okinawa.
Weiß das jemand von Euch?
Ich kenne in dem Zusammenhang für alte Okinawa Waffenküste auch den Begriff "Kobujutsu". Ich meine McCarthy nutzt den auch für sein Yamanne-Ryu Bo Zeugs. Ist der gängig?
FireFlea
25-05-2022, 15:09
Interessantes Thema! :halbyeaha
Ich habe gerade das Buch "Jissen Kobudo Jinenkan" in den Fingern, dort wird "Kobudo" auch im Sinne von "old martial ways" benutzt.
Mich interessiert dabei, ob in diesem Kontext wohl die selben Kanji genutzt werden wie bei dem üblichen Verständnis als Waffentechniken aus Okinawa.
Weiß das jemand von Euch?
Wenn die Kanji verwenden, die mit "old martial ways" übersetzt werden, sind das die gleichen wie beim Okinawa Kobudo.
Wir hatten das Thema der Begriffe Budô/Koryû/Kobudo/Gendai-Budô etc. mal in einem Thread im Japan-Forum, finde ihn aber gerade nicht mehr.
Zusammengefasst: Namen sind Schall und Rauch :-)
(Man kann die Begriffe schon halbwegs brauchbar zur Differenzierung der Disziplinen verwenden, aber es gibt einfach viele Fälle wo es nicht passt. Letztlich sind die Bezeichnungen unwichtig/bedeutungslos.)
Das hier war's:
https://www.kampfkunst-board.info/forum/showthread.php?191056-Online-Podiumsdiskussionen-von-Miles-Kessler-zum-Thema-ShuHaRi
Ich kenne in dem Zusammenhang für alte Okinawa Waffenküste auch den Begriff "Kobujutsu". Ich meine McCarthy nutzt den auch für sein Yamanne-Ryu Bo Zeugs. Ist der gängig?
Kobujutsu ist mir so aus dem Stegreif kein geläufiger Begriff, wäre nachzuschauen.
Hallo,
ja, auch "Kobu-Jutsu" ist eine von vielen gebräuchlichen Bezeichnungen für Kampfkunst mit Ursprung in Okinawa (oder auch den japanischen Hauptinseln). Dabei ist zu beachten, dass "Kobu-" nicht allein für Waffenkünste stehen muss. Ausführlich beschreibe ich das alles wie erwähnt in meinem Hoplo-Buch ...
Grüße,
Henning Wittwer
Hallo,
ja, auch "Kobu-Jutsu" ist eine von vielen gebräuchlichen Bezeichnungen für Kampfkunst mit Ursprung in Okinawa (oder auch den japanischen Hauptinseln). Dabei ist zu beachten, dass "Kobu-" nicht allein für Waffenkünste stehen muss. Ausführlich beschreibe ich das alles wie erwähnt in meinem Hoplo-Buch ...
Grüße,
Henning Wittwer
Hallo Henning
Habe jetzt auch in deinem Hoplo-Buch nachgesehen. Allerdings sehe ich da jetzt auch keine konkreten Beispiele, welche Texte von kobujutsu sprechen.
Aus den japanischen KK-Texten der Edo-Zeit der Hauptinsel ist mir der Begriff wie gesagt kaum oder gar nicht geläufig. Kann natürlich sein, dass ich ihn hier und da mal gelesen habe; aber ich habe ihn nicht als regelmäßig vorkommend abgespeichert. Im Nihon budô jiten Sasama Yoshihiko ist er auch nicht geführt.
Auch eine japanische Google-Suche hat auf die Schnelle nicht viel zutage gefördert. Kann natürlich sein, dass das in den Okinawa-Texte/Karate-Texten anders aussieht, da bin ich nicht Zuhause.
Nagonomori
25-05-2022, 20:42
Erstmal: Ich trainiere Katori Shinto-ryu Heiho, so wie es im Sugino Dojo gelehrt wird. Yoshio Sugino, der Begründer dieses Dojo sprach über unsere Kampfkunst immer als Kobudo. Daher kann ich das durchaus bestätigen und Gibukai und allen anderen hier nur beipflichten, ja der Begriff bedeutet nur alter Kampfweg und wird auch auf den Japanischen Hauptinseln so benutzt.
Ich finde das aber ganz interessant das Herr Nagano hier anscheinend ein bisschen halbgare nationalistische Rhetorik anwendet wenn er behauptet Streng genommen könne eine Waffenkunst aus Okinawa gar kein Kobudo sein. So eine Argumentation hört man häufiger von Leuten wenn es um die Definition des Begriffes Koryu Bujutsu geht, der zumindest im Westen durch Herrn Draeger und andere recht streng definiert wurde als ein streng japanisches kulturelles Phänomen der Ryuha, die es so vorher in Ryukyu halt nicht gab. Aber das Karate und Ryukyu Kobudo generell gar kein Budo bzw. kein Kobudo sein könnte ist dann eher so ein talking point denn ich eher aus der rechten Ecke kenne.
Der Alchemist
25-05-2022, 22:03
Somit schlussfolgert Nagano, dass Kobudo explizit keine Waffenkunst aus Okinawa sein könnte. Wenn ich nun Großmeister Google, Wikipedia, etc. befrage, kann ich das zwar in einigen Artikeln herauslesen wollen dürfen können ..., aber so klar und explizit wird das nicht formuliert.
:cry::cry:
Ein weiterer Tiefpunkt, nachdem Jesse uns darüber aufgeklärt hat, das die hohen Tritte im Karate aus dem Savate kommen und Karate eigentlich ne philippinische Kampfkunst ist... Auch die Tonfa hat er ja Thailand zugesprochen....
Wenn das so weiter geht, bleibt bald nix mehr von Okinawas Kampfkunsttradition übrig...
Wie einfach die Welt doch war, als Karate/Kobudo okinawanisches Kulturgut war, mit dem sich arme, waffenlose Bauern gegen die bösen Samurai verteidigt haben...
Hallo Julian,
auf S. 67 und S. 176 (grauer Kasten) nenne ich entsprechende Beispiele von Personen/Organisationen, die ihre jeweiligen okinawanischen Kampfkünste als „Kobu-Jutsu“ bezeichneten.
Allgemein für alle Mitleser noch einmal: Das Attribut „Kobu“ bezieht sich dabei nicht zwingend und/oder ausschließlich auf Waffen. Historisch betrachtet wäre es z. B. möglich Shōtōkan-Ryū als „Kobudō“ zu betrachten, da seine Ahnen vor der Meiji-Restauration aktiv waren und sein Gründer sich auf diese Ahnen beruft. Aus Werbesicht beschrieb G. Funakoshi (1868–1957) seine aus waffenlosen und bewaffneten Teilen bestehende Kampfkunst zugleich als „alt“, „altehrwürdig“ und als „modern“, „zeitgemäß“, nannte sie aber nicht „Kobudō“ sondern „Karate-Dō“.
Grüße,
Henning Wittwer
Hallo Julian,
auf S. 67 und S. 176 (grauer Kasten) nenne ich entsprechende Beispiele von Personen/Organisationen, die ihre jeweiligen okinawanischen Kampfkünste als „Kobu-Jutsu“ bezeichneten.
Grüße,
Henning Wittwer
Hallo Henning,
ah danke.
Aber summa summarum ist der Ausdruck wohl auch deutlich seltener als Eigenbezeichnung für die okinawanische Kampfkunst gebraucht, denn andere Begriffe; oder wie ist deine Einschätzung aus den Texten die du kennst?
FireFlea
26-05-2022, 09:59
Die Gruppe nach Inoue müsste auf dem jap. Festland die größte Ryukyu Kobudo/jutsu Gruppe sein und sie verwenden den Begriff Kobujutsu.
http://www.ryukyukobujutsuhozonshinkokai.jp/
Dextrous
26-05-2022, 12:25
Jap. Ich trainiere tatsächlich nach Inoue Ryu Kyu Kobujutsu. Ich kann das nächste Mal nachfragen, wieso weshalb warum es Kobujutsu genannt wird.
Kann aber sein dass das bei uns alles politische Hintergründe hatte, weil man sich voneinander unterscheiden wollte.
Taira Shinken hat damals zwei Nachfolger seines Stils benannt. Einmal Eisuke Akamine welcher Tairas Organisation Ryukyu Hozon Shinkokai in Okinawa weiterführt.
Und für das Festland inoue Motokatsu, welcher die Ryukyu Kobujutsu Hozon Shinkokai gegründet hat.
Ich nehme an, dass es deswegen Kobujutsu und nicht Kobudo genannt wird. Ist aber same same...
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Ich hatte ja letztlich auf Kensei geantwortet der gefragt hat, ob der Begriff gängig ist - nicht, ob er überhaupt schon mal verwendet wurde.
Gängig scheint er mir zumindest nicht. wWe gesagt, japanische Google-Suche mager, japanisches Budô-Lexikon kein Eintrag. Hall schreibt in seinem Lexikon nur traditional martial arts. Im Vergleich zu Kobudô also wohl deutlich seltener.
Wenn die Kanji verwenden, die mit "old martial ways" übersetzt werden, sind das die gleichen wie beim Okinawa Kobudo.
Diese Erklärung würde in etwas die Argumentation von Nagano unterstützen: Kobudo einfach nur als "old martial art". Da steht dann aber nichts direkt von Waffen und Okinawa drin. Bei "Okinawa Kobudo" würde dann präzisiert.
Dass Nagano und auch Jesse Enkamp durchaus auch fragwürdige Aussagen von sich geben, ist mir auch klar. Allerdings hätte ich Nagano unterstellt, dass er aufgrund seiner Muttersprache mehr Verständnis mit bringt und damit vielleicht auch leichterem Zugang zu Originaltexten hat.
Stefan W
26-05-2022, 17:15
Wenn die alten Kampfkünste Okinawas hauptsächlich durch Waffenkünste repräsentiert würden (d.h. der waffenlose Teil würde vielleicht eine untergeordnete Rolle spielen), so würde das doch passen...
Weiß das jemand von Euch, wie da das Verhältnis der ausgeübten Künste (Waffen vs. waffenlos) war?
Katamaus
26-05-2022, 17:38
Weiß das jemand von Euch, wie da das Verhältnis der ausgeübten Künste (Waffen vs. waffenlos) war?
Wurde das überhaupt getrennt? Ich hätte gedacht, das war mehr so Eins.
FireFlea
26-05-2022, 18:11
The Secret Royal Martial Arts of Ryukyu von Kanenori Sakon Matsuo, S. 25:
The essence of martial arts is in life or death struggle. This means using anything at hand as a weapon whenever possible, anf if not, to use the body as a weapon.
Dextrous
26-05-2022, 18:23
Wurde das überhaupt getrennt? Ich hätte gedacht, das war mehr so Eins.
Mein Sensei sagt, dass zuerst mit Waffen gekämpft wurde. Sobald die weg waren, wurden die Hände benutzt. Fokus lag definitiv bei den Waffen.
Wie FireFlea sagt :)
amasbaal
26-05-2022, 19:08
:cry::cry:
Ein weiterer Tiefpunkt, nachdem Jesse uns darüber aufgeklärt hat, das die hohen Tritte im Karate aus dem Savate kommen und Karate eigentlich ne philippinische Kampfkunst ist... Auch die Tonfa hat er ja Thailand zugesprochen....
Wenn das so weiter geht, bleibt bald nix mehr von Okinawas Kampfkunsttradition übrig...
Wie einfach die Welt doch war, als Karate/Kobudo okinawanisches Kulturgut war, mit dem sich arme, waffenlose Bauern gegen die bösen Samurai verteidigt haben...
das problem sind doch gerade die künstlichen "nationalisierungen". tonfa und sai (mit entsprechend anderen bezeichnungen in den jeweiligen sprachen) sind ein südostasiatisches phänomen. okinawa liegt halt am äußersten nordwestlichen rand, thailand, malaysia, indonesien (kennen alle formen von Sai und tonfa) halt am südöstlichen ende der region. dass ich "südostasien" sehr großzügig über daqs übliche hinaus ausdehne, hat hier damit zu tun, dass ich dabei von historischen und ökonnomischen "verbindungen" ausgehe und nicht in erster linie von reiner geographie. malayischer raum - philippinen - indochina - taiwan - süd china - thailand - okinawa.... massenhaft berührungspunkte und gemeinsamkeiten in kk und kultur. okinawa soll ja auch so ne art drehscheibe des dreieckshandels japan - süd china und indochina - malayisches archipel gewesen sein. auch und besonders in sachen waffenhandel (zb. schwerter aus japan mit vor ort vorgenommenen anpassungen an die jeweilige kundschaft für süd china und südostasien (jetzt im rein geographischen sinne gemeint).
man sollte mal davon weg kommen, es gäbe "nationale" kampfkünste VOR dem zeitalter der klassischen nationenbildungen (vor 19. Jh. also). sicher: regionspezifisch... das ist logisch. auch dass es auf den japanischen inseln NATÜRLICH ne eigenentwicklung gibt (insbesondere, was die "form", die art und weise angeht), nur ist die trennung zu anderen regionen nicht so scharf zu sehen. da überlappt sich einiges. erst recht, wenn es um "technologie" (waffen) und grundlegende ideen geht.
Katamaus
26-05-2022, 20:54
Mein Sensei sagt, dass zuerst mit Waffen gekämpft wurde. Sobald die weg waren, wurden die Hände benutzt. Fokus lag definitiv bei den Waffen.
Wie FireFlea sagt :)
Ja, wird immer gerne behauptet. Aber wer durfte denn im Alltag Waffen tragen? Und was war, wenn die mal wieder alle eingesammelt wurden, weil zu viel Schindluder damit getrieben wurde? Was ist zudem mit Menschen, die sich einfach nur gegen irgendwelche Rüpel verteidigen wollten? Haben die nicht trainiert?
Der erste Grundsatz von Itosu lautete:
It is not intended to be used against a single assailant but instead as a way of avoiding injury by using the hands and feet should one by any chance be confronted by a villain or ruffian.
Henning mag eine bessere Übersetzung haben aber ich denke, das widerspricht der These Deines Sensei deutlich.
Katamaus
26-05-2022, 20:56
man sollte mal davon weg kommen, es gäbe "nationale" kampfkünste VOR dem zeitalter der klassischen nationenbildungen (vor 19. Jh. also). sicher: regionspezifisch... das ist logisch. auch dass es auf den japanischen inseln NATÜRLICH ne eigenentwicklung gibt (insbesondere, was die "form", die art und weise angeht), nur ist die trennung zu anderen regionen nicht so scharf zu sehen. da überlappt sich einiges. erst recht, wenn es um "technologie" (waffen) und grundlegende ideen geht.
:halbyeaha
FireFlea
26-05-2022, 21:42
Ja, wird immer gerne behauptet. Aber wer durfte denn im Alltag Waffen tragen? Und was war, wenn die mal wieder alle eingesammelt wurden, weil zu viel Schindluder damit getrieben wurde? Was ist zudem mit Menschen, die sich einfach nur gegen irgendwelche Rüpel verteidigen wollten? Haben die nicht trainiert?
KK ist ja entgegen der allgemeinen Leseart eher ein Oberschichten-Ding, von daher stellt sich die Frage hier weniger.
Dextrous
26-05-2022, 22:56
Ja, wird immer gerne behauptet. Aber wer durfte denn im Alltag Waffen tragen? Und was war, wenn die mal wieder alle eingesammelt wurden, weil zu viel Schindluder damit getrieben wurde? Was ist zudem mit Menschen, die sich einfach nur gegen irgendwelche Rüpel verteidigen wollten? Haben die nicht trainiert?
Der erste Grundsatz von Itosu lautete:
Henning mag eine bessere Übersetzung haben aber ich denke, das widerspricht der These Deines Sensei deutlich.Ich finde nicht, dass das der These meines Sensei widerspricht. Er hat nur gesagt, dass es die Waffen KK zuerst gab und der Rest aus ihnen abgeleitet wurde.
Meine Spekulation ist dass es für diejenigen, die keine Waffen hatten, es dann wohl den abgeleiteten waffenlosen Teil gab. "Karate" eben.
Befrage ihn dazu aber gerne nochmal.
Hallo nochmal,
(1) der Begriff „Kobu-Jutsu“ wird im Vergleich zum Begriff „Karate“ oder heutzutage zum Begriff „Kobudō“ seltener verwendet, aber er wurde/wird eben hier und da genutzt.
(2) Ja, ich habe eine textnahe, vollständige und kommentierte Übersetzung von A. Itosus (1831–1915) Text, einschließlich seines ersten Punkts veröffentlicht, und zwar in meinem Band I, S. 27 ff. (https://www.gibukai.de/buch-shop/shōtōkan-überlieferte-texte-historische-untersuchungen-band-i/)
Allerdings geht es bei der darin hochgehaltenen Forderung „nicht zu kämpfen“ um etwas, das es z. B. auch im Jigen-Ryū, einer japanischen Säbelschule, die die Kampfkunst Ryūkyūs beeinflusste, ganz ähnlich gibt. Auch im Jigen-Ryū heißt die erste Regel „Sie dürfen den Säbel nicht ziehen.“ (Band I, S. 100 (https://www.gibukai.de/buch-shop/shōtōkan-überlieferte-texte-historische-untersuchungen-band-i/)). Sich selbst (oder andere) mit oder ohne Waffen aus nichtigen (d. h. dem Herrn [später dem Kaiser] bzw. den Eltern nicht dienlichen) Gründen zu verletzen wurde als unvernünftig erachtet, da es letztlich nicht nur einem selbst, sondern vor allem auch dem Herrn bzw. den Eltern schadet. Also sollte A. Itosus Forderung bitte nicht mit der Frage des Tragens von Waffen verknüpft werden.
(3) Zur Frage der Gewichtung und Verwendung von Waffen in Ryūkyū habe ich sehr viel geschrieben, hier im Forum (https://www.kampfkunst-board.info/forum/showthread.php?103280-Prinzipien-des-Schwertkampfes-im-Karate&p=1969368#post1969368 usw.) und viel ausführlicher in meinen Büchern, weshalb ich darum bitten würde, dort nachzulesen …
Grüße,
Henning Wittwer
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