Anmelden

Vollständige Version anzeigen : Was ist Taijiquan?



Gast
02-07-2022, 16:12
Um den anderen Thread nicht zu sehr zu überfrachten, lagere ich mal aus.
Dort wie schon in anderen Threads ging und geht es ja immer wieder um die Frage, was Taijiquan sei bzw. ausmacht.

Manche beantworten diese Frage ja z. B. mit "eine Kampfkunst". (Nur Kampfkunst wäre mir wie schon öfters geschrieben zu verengt, und trifft historisch m. M. nach eben auch nicht zu - aber das ist ein anderes Thema.)

Andere setzen mehr auf die "drei Säulen" Kampfkunst, Gesundheitspflege, Meditation/Selbstgestaltung. Da kann ich mitgehen insofern, als man die gängigen Taijiquan-Übungsformen in diese drei Richtungen entwicklen kann, mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung.

Weitere Bestimmungen wären z. B.:
"Taijiquan ist Yin und Yang, Öffnen und Schließen." (Stimme zu)
"Taijiquan ist peng-jin." (Stimme zu)
"Taijiquan ist zentriertes Gleichgewicht." (Stimme zu)
Das sind drei Versuche, die Essenz des Taijiquan möglichst kompakt wiederzugeben; und die in meinem Verständnis das Wesentliche gut wiedergeben.

Bekannt ist natürlich auch zhan, nian, lian und sui ("Anhaften, Kleben, Verbinden, Folgen") oder yin jin luo kong ("Hereinleiten und in die Leere stürzen lassen").
Finde ich auch okay, kann ich mich persönlich aber weniger mit identifizieren.

kloeffler
02-07-2022, 17:50
"Taijiquan ist Yin und Yang, Öffnen und Schließen." (Stimme zu)
"Taijiquan ist peng-jin." (Stimme zu)
"Taijiquan ist zentriertes Gleichgewicht." (Stimme zu)

Punkt 1 und 3 trifft meiner Meinung nach auf viele chinesische Stile zu. Egal, ob sie sich intern oder extern nennen.

Punkt 2 wäre zumindest in der Terminologie ein Alleinstellungsmerkmal.




Bekannt ist natürlich auch zhan, nian, lian und sui ("Anhaften, Kleben, Verbinden, Folgen") oder yin jin luo kong ("Hereinleiten und in die Leere stürzen lassen").
Finde ich auch okay, kann ich mich persönlich aber weniger mit identifizieren.

Das postulieren auch die Wing Chun Systeme und andere südchinesische Stile für sich.

Schwierig, da etwas Einzigartiges zu formulieren, das als Klammer für die vielen sehr unterschiedlichen Taijiquan-Stile dienen und sich von den anderen CMA abheben soll.

Das Denken in Stilen, die möglichst „rein“ gehalten werden sollen, wenn man „authentisch“ üben will, ist meines Wissens nach eine eher moderne Erscheinung. Früher war wohl eher „Cross-Training“ und gegenseitige Beeinflussung angesagt.

Gast
02-07-2022, 18:03
Ich hätte vielleicht noch hinzufügen sollen, was ich im anderen Thread geschrieben hatte:

"Na ja, es gibt ja eine mündliche und schriftliche Tradition des Taijiquan, in der bestimmte Qualitäten als charakteristisch für Taijiquan angegeben werden (auch wenn es die Begriffe teilweise mit gleicher, ähnlicher und unterschiedlicher Bedeutung auch in der Tradition anderer KK gibt."

Es geht mir nicht um einen realen Alleinstellungsanspruch oder Alleinstellungsmerkmale, sondern was man für sich als wesentlich ansieht oder gehört/gelesen hat.
Ich glaube auch nicht, dass man die Stile schön sauber voneinander trennen kann.

Insofern z. B. an dich:
Was ist für dich das Wesentliche am Bajiquan? (Was dann durchaus auch bei anderen Stilen ähnlich anzutreffen sein kann.)

Pansapiens
02-07-2022, 22:52
Um den anderen Thread nicht zu sehr zu überfrachten, lagere ich mal aus.
Dort wie schon in anderen Threads ging und geht es ja immer wieder um die Frage, was Taijiquan sei bzw. ausmacht.


Ich kenn die Geschichte des Namens so, oder so ähnlich:


Als Yang Luchan anfing, in Yongnian (in manchen Quellen: Yung Nien) zu unterrichten, nannte man seine Kunst Huaquan (化拳 – „Neutralisierendes Boxen“), Rouquan (柔拳 – „flexibles Boxen“) oder Mianquan (綿拳 / 绵拳 – „Fließend, kontinuierliches Boxen“). Als er dann am kaiserlichen Hof unterrichtete, hatte er viele Herausforderungen zu bestreiten, einige davon waren freundlich, andere weniger. Aber er gewann immer und auf so überzeugende Weise nur mit weichen Techniken, dass er ein großes Renommee erlangte.
Viele, die die kaiserlichen Haushalte frequentierten, kamen um seine Herausforderungskämpfe zu sehen. Bei einer solchen Gelegenheit, bei der Yang gegen mehrere renommierte Gegner gewann, war der Gelehrte Wēng Tónghé (翁同龢, Wēng Tónghé, veraltend auch: Ong Tong-He) anwesend. Inspiriert von der Art und Weise wie Yang sich bewegte und seine Techniken ausführte, hatte Weng (Ong) den Eindruck, dass Yangs Bewegungen und Techniken die physische Manifestation der Tai Chi Philosophie seien. Weng (Ong) schrieb dazu folgenden Vers:


„Hände die Taiji halten, erschüttern die ganze Welt, eine Brust in der sich die höchsten Fähigkeiten verbergen, kann eine Versammlung von Helden besiegen.“

– Wēng Tónghé (auch: Ong Tong-He)

Nach dieser Begebenheit wurde seine Kunst Taijiquan genannt ebenso die Stile die aus seiner Lehrtätigkeit entstanden oder anders mit ihm in Verbindung standen.[6]

https://de.wikipedia.org/wiki/Yang_Luchan


"Anders mit ihm in Verbindung standen" trifft dann wohl auf Chenstil und die anderen Stile, die daraus hervorgingen zu.



"Taijiquan ist Yin und Yang, Öffnen und Schließen."


Öffnen und Schließen ist nur ein Beispiel für ein Gegensatzpaar, wie auch Heben und Senken, Vordringen und Zurückweichen, Ausdehnen und Zusammenziehen, Hart und Weich....
Taiji bedeutet Gegensätze in Harmonie und im Taijiquan sollte man dann IMO, wenn man dem Namen unbedingt gerecht werden will, die Gegensätze harmonisieren.



Daher wird dieses [fünfte] Level beschrieben als das: "Die einzige Person, die mit 50% Yin und 50% Yang spielen kann, ohne Yin oder Yang gegenüber voreingenommen zu sein.
Die Person, die diese Fähigkeit besitzt, gilt als guter Meister. Ein guter Meister bringt jede Bewegung in Übereinstimmung mit dem Taiji-Prinzip, was bedeutet, dass die (eigentliche) Bewegung unsichtbar geworden ist.

Chen Xiaowang zitiert in Die 5 Level des Taijiquan (https://www.amazon.de/Die-Level-Taijiquan-Gro%C3%9Fmeister-Silberstorff/dp/3935367686)

Gast
03-07-2022, 10:18
Mir ging es jetzt beim Eröffnen des Threads nicht um eine allgemeine historische Diskussion, oder darum die Kennzeichen/Definitionen zu diskutieren wie gut oder schlecht die an sich sind.

Ich habe ja extra immer dazugeschrieben, wie gut ich mich in den jeweiligen Bestimmungen wiederfinden kann.

Also der Versuch, eine für einen persönlich einigermaßen passende, Merkmal-gestützte Charakterisierung der Kampfkunst/des Stils/der Disziplin die man betreibt.

GilesTCC
04-07-2022, 20:25
Das ist schon recht tricky. Ich könnte einige (oder viele) Prinzipien, Merkmale usw. nennen, die für mich (gutes) Taijiquan ausmachen. Aber wenn es darum geht, mögliche Alleinstellungsmerkmale zu bestimmen... Nun, manche 'typischen' Taijiquan-Sachen sind auch teilweise/manchmal bei anderen 'internen' Kampfkünsten zu finden, oder überhaupt bei manchen anderen KK's. Und andere Merkmale oder Herangehensweisen, die ich sehr schätze und anstrebe, sind nicht immer bzw. nicht in allen Stilrichtungen zu finden. Zumindest meiner Wahrnehmung nach. Oder wenn doch, dann in der einer Stil-Unterart sehr wohl aber in einer anderen Unterart des gleichen Stils nicht so sehr.
Ist das alles zu abstrakt? Ich könnte ein paar Sachen nennen, die für das von mir geschätze und angestrebte Taijiquan kennzeichnend sind. Aber ist das noch in deinem Sinne, Julian?

Gast
05-07-2022, 05:59
Das ist schon recht tricky. Ich könnte einige (oder viele) Prinzipien, Merkmale usw. nennen, die für mich (gutes) Taijiquan ausmachen. Aber wenn es darum geht, mögliche Alleinstellungsmerkmale zu bestimmen... Nun, manche 'typischen' Taijiquan-Sachen sind auch teilweise/manchmal bei anderen 'internen' Kampfkünsten zu finden, oder überhaupt bei manchen anderen KK's. Und andere Merkmale oder Herangehensweisen, die ich sehr schätze und anstrebe, sind nicht immer bzw. nicht in allen Stilrichtungen zu finden. Zumindest meiner Wahrnehmung nach. Oder wenn doch, dann in der einer Stil-Unterart sehr wohl aber in einer anderen Unterart des gleichen Stils nicht so sehr.
Ist das alles zu abstrakt? Ich könnte ein paar Sachen nennen, die für das von mir geschätze und angestrebte Taijiquan kennzeichnend sind. Aber ist das noch in deinem Sinne, Julian?

Hi Giles,
klar!

Ich zitiere mich einfach selbst:

Es geht mir nicht um einen realen Alleinstellungsanspruch oder Alleinstellungsmerkmale, sondern was man für sich als wesentlich ansieht oder gehört/gelesen hat. Ich glaube auch nicht, dass man die Stile schön sauber voneinander trennen kann.

Heidenröslein
05-07-2022, 20:34
Andere setzen mehr auf die "drei Säulen" Kampfkunst, Gesundheitspflege, Meditation/Selbstgestaltung. Da kann ich mitgehen insofern, als man die gängigen Taijiquan-Übungsformen in diese drei Richtungen entwicklen kann, mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung.

das trifft es doch am besten, denke ich.


[/Q

Weitere Bestimmungen wären z. .:
"Taijiquan ist Yin und Yang, Öffnen und Schließen." (Stimme zu)
"Taijiquan ist peng-jin." (Stimme zu)
"Taijiquan ist zentriertes Gleichgewicht." (Stimme zu)
Das sind drei Versuche, die Essenz des Taijiquan möglichst kompakt wiederzugeben; und die in meinem Verständnis das Wesentliche gut wiedergeben.

Bekannt ist natürlich auch zhan, nian, lian und sui ("Anhaften, Kleben, Verbinden, Folgen") oder yin jin luo kong ("Hereinleiten und in die Leere stürzen lassen").
Finde ich auch okay, kann ich mich persönlich aber weniger mit identifizieren.

Joshua-WTC
12-08-2022, 19:22
Mir ging es jetzt beim Eröffnen des Threads nicht um eine allgemeine historische Diskussion, oder darum die Kennzeichen/Definitionen zu diskutieren wie gut oder schlecht die an sich sind.

Ich habe ja extra immer dazugeschrieben, wie gut ich mich in den jeweiligen Bestimmungen wiederfinden kann.

Also der Versuch, eine für einen persönlich einigermaßen passende, Merkmal-gestützte Charakterisierung der Kampfkunst/des Stils/der Disziplin die man betreibt.

Meister Yang Jun listete 2018 auf einem Seminar in Kunming, China, 5 Merkmale von gutem Tai-Chi auf. Ich liste die hier einmal mit wörtlicher Übersetzung auf:

气沉 qìchén: Qi gesunken, 身灵 shēnlíng: Körper agil, 劲整 jìnzhěng: Energie(/jin) koordiniert/geeint, 神聚 shénjù: Geist(/spirit) gesammelt/aufgerichtet, 心静 xīnjìng: Herz(/mind) ruhig.

Gesunkenes Qi hat einen wichtigen Bezug zu unserem Gleichgewicht und unserer Atmung. Die Beweglichkeit des Körpers spricht von Wandlungsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit. Die ’unification of energy‘ spricht von einer Kraft, die im Zusammenspiel unseres ganzen Körpers statt nur einem lokalen Körperteil entsteht. Ein aufgerichteter Geist und das ruhige Herz sprechen von einer offnen, all-umfassenden Wahrnehmung und dem Verständnis von Harmonisierung in Konflikten, ob diese im Kampf oder im Leben auftreten.

Diese Qualitäten, finden wir in allen Tai-Chi Stilen wieder. Es gibt natürlich eine große Menge an Grundsätzen in der Tai-Chi Theorie, die sich die Stile übergreifend teilen, von denen hier schon einige aufgelistet wurden. Wer sich mit China beschäftigt, stellt auch bald fest, dass es kein großes Wunder ist, wenn man in 10 verschiedenen Kampfkünsten immer wieder die gleichen theoretischen Grundlagen findet. Alles wird integriert und man nimmt sich überall das, was man gerade braucht. Das sieht man auch schon, wenn man sich mit Religionen in China beschäftigt. Daoismus, Buddhismus und Konfuzianismus haben ihre eigene Identität, aber in der Praxis findet man sie immer Seite an Seite mit verschwommenen Grenzen.

Bücherwurm
12-08-2022, 19:34
Gesunkenes Qi hat einen wichtigen Bezug zu unserem Gleichgewicht und unserer Atmung.

:p ;)

Gast
12-08-2022, 19:50
Taichiquan ist für mich ein Thread mit 9 Antworten, wovon 2 Leute schon auf inaktv geschaltet sind... :biglaugh:


Spässchen Freunde... :biglaugh:

scarabe
13-11-2022, 00:40
Um den anderen Thread nicht zu sehr zu überfrachten, lagere ich mal aus.
Dort wie schon in anderen Threads ging und geht es ja immer wieder um die Frage, was Taijiquan sei bzw. ausmacht.

Manche beantworten diese Frage ja z. B. mit "eine Kampfkunst". (Nur Kampfkunst wäre mir wie schon öfters geschrieben zu verengt, und trifft historisch m. M. nach eben auch nicht zu - aber das ist ein anderes Thema.)

Andere setzen mehr auf die "drei Säulen" Kampfkunst, Gesundheitspflege, Meditation/Selbstgestaltung. Da kann ich mitgehen insofern, als man die gängigen Taijiquan-Übungsformen in diese drei Richtungen entwicklen kann, mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung.

Weitere Bestimmungen wären z. B.:
"Taijiquan ist Yin und Yang, Öffnen und Schließen." (Stimme zu)
"Taijiquan ist peng-jin." (Stimme zu)
"Taijiquan ist zentriertes Gleichgewicht." (Stimme zu)
Das sind drei Versuche, die Essenz des Taijiquan möglichst kompakt wiederzugeben; und die in meinem Verständnis das Wesentliche gut wiedergeben.

Bekannt ist natürlich auch zhan, nian, lian und sui ("Anhaften, Kleben, Verbinden, Folgen") oder yin jin luo kong ("Hereinleiten und in die Leere stürzen lassen").
Finde ich auch okay, kann ich mich persönlich aber weniger mit identifizieren.

Sprialrotation hast Du vergessen, das ganz wesentliche Charakteristikum, das leider oft übersehen wird, weil viele Leute irrtümlich lineare Bewegungen machen.
Ganzkörper-Koordination der drei Segmente, wobei Öffnen und Schließen (etc= aus dem Dantian bzw. Rumpf initiiert werden und die Bewegungen logischerweise dann auch alle ohne Unterbrechung zusammenhängend fließen, oder alle zum Stillstand kommen.
Das richtige Verhältnis zwischen Öffnen und Schließen und die für korrektes Pengjin ebenfalls nötigen Körperbögen und -Zusammenschlüsse;
und "steel wrapped in cotton", also äußere Weichheit bei elastischer, aber stählerner innerer Struktur.

Und doch, Taiji wurde als Kampfkunst entwickelt. Chenjiagou lag nahe dem Geben-Fluss-Delta, einem Gebiet, in dem ständig Kriege ausgetragen wurden und in dessen Umgebung ständig irgendwelche Söldner für Unruhe sorgten; es war in dieser wilden Gegend einfach unabdingbar nötig, sich vernünftig verteifigen zu können. Die Chenfamilie kämpfte vor Chen Wangting eher nach dem TongBei, Chen Wangting entwickelte das dann weiter und hatte keinerlei Bedarf, für seine Leute irgendein Gesundheits- und Entspannungssystem zu erfinden. Aber es ging natürlich schon auch darum, ihre Fähigkeit zur Feldarbeit zu erhalten.
Nach und nach haben sich dann aus verschiedenen kurzen, deutlich "yangigeren" (also "kungfu-mäßigeren" Übungs-Kurzfrormen dann die beiden Langformen Laojia Yilu und Laojia Erlu entwickelt, bzw sie wurde dann zusammengefaßt, sowie der heute sog. "Kleine Rahmen", der damals, bevor Chen Fake die Xinjia erfand, auch als "Neuer Rahmen" bezeichnet wurde. Ebenso geht das Hunyuan Taiji, beheimatet wenige km von Chenjiagou, auf den ursprünglichen kampfbezogenen Chenstil zurück.
Und Yang Luchan, der insgesemt 13 Jahre in Chenjiagou verbrachte, hat dann das Gelernte auf seine Weise zum Yangstil umgewandelt, der seitdem auch erhebliche Anpassungen erhalten hat.
Man kann also schlecht Behaupten, Taiji wäre keine Kampfkunst; allerdings kann man wohl sagen, daß vieles, was heutzutage als Taiji angeboten wird, mit Kampfkunst nicht mehr viel zu tun hat.

scarabe
13-11-2022, 00:45
Zitat Joshua WTC: "Gesunkenes Qi hat einen wichtigen Bezug zu unserem Gleichgewicht und unserer Atmung."

Stimmt, wobei es auch ums Zentrale Gleichgewicht geht und nicht nur um die Balance beim Laufen

Heping
13-11-2022, 15:17
Sprialrotation hast Du vergessen, das ganz wesentliche Charakteristikum, das leider oft übersehen wird, weil viele Leute irrtümlich lineare Bewegungen machen.


Das ist ein sehr stilspezifisches Charakteristikum. Im Sun-Stil beispielsweise, wirst du kaum darauf stossen.



Ebenso geht das Hunyuan Taiji, beheimatet wenige km von Chenjiagou, auf den ursprünglichen kampfbezogenen Chenstil zurück.

Du meintest wohl Zhaobao. Hunyuan Chen-Stil geht auf Chen Fake's Schüler Feng Zhiqiang aus Peking zurück.

Bücherwurm
13-11-2022, 21:16
Zitat Joshua WTC: "Gesunkenes Qi hat einen wichtigen Bezug zu unserem Gleichgewicht und unserer Atmung."

Was genau ist "gesunkenes Qi", und wie darf man such den "wichtigen Bezug" zu Gleichgewicht und Atmung vorstellen?


Stimmt, wobei es auch ums Zentrale Gleichgewicht geht und nicht nur um die Balance beim Laufen

Ahh - ja. Auch hierbei wäre die Ausführung interessant. Bis hierher ist es ein Schlagwort, ggf. eine Leerformel.

Chester
14-11-2022, 00:29
Ohne Spiralbewegung würde ich sagen ist dem ein wichtiger Echpfeiler verloren gegangen. Eine kleine Spirale verhindert Kraft gegen Kraft. Evtl. Wird es eher unbewusst gemacht aber vorhanden sein müsste das imo schon.

Gesunkenes Qi ist einfach eine Art Entspannungszustand. Oder eine Form von Spannungsregulation bei der unnötige Anspannung (blockuerte Atmung, hochgezogene Schultern, Beckenschiefstellung etc) vermieden wird.

Joshua-WTC
14-11-2022, 00:56
Hey Bücherwurm,

lass mich versuchen den Begriff "gesunkenes Qi" und seinen Bezug zur Atmung im Rahmen der Didaktik, die mir vertraut ist, näher zu erläutern. 气沉 (Qì chén: qi sinkt/gesunken) wird oft als die Kurzform der Formel 气沉丹田,呼吸顺畅 (qi chen dantian, huxi shun chang) verwendet. Das bedeutet, das Qi sinkt zum Dantian, die Atmung ist natürlich. Natürliche Atmung, auch oft Bauchatmung genannt, beruht auf öffnen und schließen. (Ich werde an dieser Stelle nicht versuchen im technischen Detail zu erklären, wie natürliches Atmen genau aussieht. Falls dringender Bedarf besteht, können wir auf nachfrage einen Versuch dazu starten…) Zunächst möchte ich also feststellen, dass es diese Formel ist, der zu Folge natürliche Atmung und das gesunkene Qi miteinander einhergehen. In meiner Schule des Tai Chi ist unser Unterrichten (zumindest das was Lehrer ihren Schülern erzählen) mystischen Konnotationen von Qi abgewandt. Stattdessen lehrt Meister Yang Jun, dass wir, wenn wir von Qi sprechen, uns mit dem Thema Atem beschäftigen. Das heißt bis hierher gebe ich dir Recht Bücherwurm. Der Bezug von Qi und Atmung folgt einer Lehrformel. Ich denke, genauer lässt der Ursprung des Bezugs sich nur dann bestimmten, wenn Qi überhaupt erstmal zu etwas wird, dass auch unabhängig vom Thema der Atmung untersucht werden kann. Ich traue mir gerade nicht zu, in diesem Format eine authentische Definition von Qi anzubringen. Die funktionale Definition von Qi für grundlegende Belange ist einfach "Atmung". Soll heißen, was sich auf unsere Atmung auswirkt, wirkt sich auch auf unser Qi aus. Da ich vielleicht nicht besonders viel damit beitrage, einfach zuzugeben, dass es sich bei meiner Aussage tatsächlich um eine Lehrformel handelt, möchte ich gerne noch die 3 Bereiche auflisten, in denen wir Voraussetzungen für natürliche Atmung sehen.

1. Bewusstsein
2. Äußere Form
3. Energie

Beim Bewusstsein geht es unter anderem um die Einsicht, dass extreme Emotionen sich auf unseren Atem auswirken (Wut, Freude, Trauer…).

Bei der äußeren Form nennen wir zum einen die body shape oder das body alignment. Ohne weit ins Detail zu gehen, geht es hier darum, dass ungünstige Körperhaltungen, wie gehobene Schultern, ein rausgerecktes Brustbein und andere Verformungen sich auf unsere Atmung auswirken. Ebenso wirkt sich die Verteilung unseres Gewichtes in den Füßen auf unseren Atem aus (soll heißen, wenn ich auf den Fersen am Punkt zum Umkippen rumwackele merke ich, dass das meinen Atem beeinflusst). Als letzter Punkt in der äußeren Form sprechen wir vom Lehnen bzw. der Aufrichtung des Körpers: Wenn der Winkel und die Richtung in die wir unseren Oberkörper lehnen, nicht der Beinarbeit entspricht, wirkt sich das auf den Atem aus.

Im Bereich der Energie sprechen wir von den Qualitäten 逆 nì (resisting) und 顺 shùn (yielding), aufgrund sprachlicher Ungenauigkeit in der Übersetzung kann es auch Sinn machen von Weichheit und Durchlässigkeit als natürlicher Atmung zuträglich zu sprechen, während Verspannung natürliche Atmung schwer macht (i.e. schau wie weit Du deine gesamte Körpermuskulatur anspannen kannst bevor deine Atmung flach wird).

Der Bezug von hier zum Gleichgewicht ist natürlich nochmal separat im Klärungsbedarf. Leider schaffe ich das heute Nacht nicht mehr.

Heping
14-11-2022, 10:48
Ohne Spiralbewegung würde ich sagen ist dem ein wichtiger Echpfeiler verloren gegangen. Eine kleine Spirale verhindert Kraft gegen Kraft. Evtl. Wird es eher unbewusst gemacht aber vorhanden sein müsste das imo schon.


Es kommt natürlich darauf an, was man unter Spiralbewegungen versteht. Die Spiralen, wie man sie sich im Chen-Stil durch das stete Üben der Seidenspulkraft aneignet, gibt es im Sun-Stil nicht. Man kann, mit etwas Fantasie, beispielsweise im Sun-Stil die Rumpfdrehung auf der Vertikalachse bei der Bewegung Yu Nu Chuan Suo als Spiralkraft verstehen. Aus meiner persönlichen Sicht handelt es sich aber hier nicht um das Gleiche. Der Sun-Stil beinhaltet dafür andere interessante Aspekte, die im Chen-Stil nicht vorhanden sind.

Chester
14-11-2022, 11:29
Der Sun-Stil beinhaltet dafür andere interessante Aspekte, die im Chen-Stil nicht vorhanden sind.

Kannst du ein zwei Beispiele nennen?

Joshua-WTC
14-11-2022, 11:43
Eine kleine Spirale verhindert Kraft gegen Kraft. Evtl. Wird es eher unbewusst gemacht aber vorhanden sein müsste das imo schon.

Ich würde nicht sagen, dass es irgendeine äußere Form ist, die Kraft gegen Kraft verhindert, sondern grundsätzlich erstmal das Folgen, 随 sui, das wiederum auf energy understanding beruht. Ich denke eher dass es bei Spiralen um „energy continuous and without interruption“ geht. In meinem Stil sehen wir Kreise in allgemeinen als Methode, das zu erreichen. Und ja, diese gemischten Kreise, die hier Spiralen genannt werden, also Kreise, die vertikal und horizontal verbinden (z.B.) figure 8, sind im Formtraining oft einfach unsichtbar bzw. die zugrundeliegenden Kreise werden oft anfangs erstmal noch etwas eckig geübt (z.b nur horizontal, links-rechts).

Heping
14-11-2022, 16:01
Kannst du ein zwei Beispiele nennen?

Um es vorwegzunehmen, ich bin Chen-Stilist, habe aber interessehalber auch ein paar Jahre Sun-Stil geübt. Vom Expertentum bin ich daher weit entfernt. Als Chen-Stilist fällt mir im Sun-Stil die ziemlich unterschiedliche Schrittarbeit auf, die meist gleichzeitig mit den Armtechniken erfolgt. Das hat zur Folge, dass auch das Gewicht gleichzeitig verschoben wird. In anderen Stilen, wie im Chen- oder auch Yang-Stil erfolgt der Schritt und dann die Gewichtsverlagerung. Dafür dürften Einflüsse aus dem Baguazhang verantwortlich sein. Auch das extensive Öffnen und Schliessen (Kai Shou, He Shou) ist ein Merkmal, dass eine der Grundfunktionen im Taijiquan im Vergleich zu anderen Stilen vertieft trainiert.

scarabe
15-11-2022, 12:59
@ Heping Chen Zhenglei sagte uns im letzten Workshop, daß Hunyuan-Taiji sich damals (im Nachbardorf, also vermutlich meinte er Zhaobao) entwickelte. Ich habe selbst auch schon öfter gehört, daß deren Stil als Hunyuan bezeichnet wird. Ob es hier verschiedene Bezeichnungen oder Mißverständnisse gibt, kann ich nicht sagen. Ich gehe aber davon aus, daß CZL (hab extra die Aufzeichnung nochmal angeschaut) schon weiß, was er sagt.
(Ich nehme mal an der Schlüssel liegt in der Ursprünglichkeits-Bedeutung des Ausdrucks "Hunyuan", denn das Zhan Zhaung Stehen wird ja in weiten Kreisen, auch im Chenstil, auch als Hunyuan-Stehen bezeichnet)

Über den Sunstil weiß ich wenig; er entsand ja erst eine Weile nach dem Chenstil, es ist also möglich, daß das ursprüngliche Spiralprinzip, welches ja auch aus dem steten und fließenden Wechsel von den Polaritäten Yin und Yang bedingt wird, "unterwegs" abhanden kam. So eine Endlos-Schleife ist ja immer auch eine Spirale, ein endlos-Viereck- oder Dreick als Verbindung wäre vermutlich weniger effizient, während eine Gerade die Polaritäten ja nicht verbinden könnte.

Chester
15-11-2022, 14:07
@Joshua
Es ist eine äussere Form die durch die Spiralkraft gefüttert wird.
Wie kommt die äussere Form in der Form zustande? Kraft wirkt ein, daher erst leicht mit der Kraft mitgehen, dann kleiner Kreis um die Kraft umzulenken, dann in einem Bogen dahin bringen wo man möchte.
Einfach links nach rechts geht nicht, auch wenn da Spiralkraft dahinter steckt.
Ein Grundsatz lautet im Chen, willst du nach recht, geherst nach links, gilt für alle Richtungen sinngemäss.

Eckig üben ist imo ein riesen Fehler der vermieden werden kann.

scarabe
15-11-2022, 18:48
@ chester
Das stimmt, ist aber noch nicht ganz vollständig;
Nicht nur die äußere Form, wobei das Wort Spiralkraft vielleicht auch etwas mißverständlich ist; denn Spiralkraft entsteht ja erst durch entsprechende Bewegung, kombiniert mit korrekter Struktur;
die Spiralbewegungen des Körpers stimulieren aber auch den Fluß von Blut, Lymphe, Gelenkflüssigkeit (Bildung) und Qi und machen Sehnen und Muskeln geschmeidig ( sind also auch gesundheitlich nutzbar) und dienen Fortgeschrittenen auch dazu, ihre Gliedmaßen "aufzuladen/ zu aktivieren" und das Pengjin besser zu entfalten.
(in präziserem Sinn muß man dann noch zwischen Torsion, Rotation und Drehung unterscheiden, aber das würde hier zu weit führen).

Bei Kontakt mit einem Gegner leitet Spiralkraft einwirkende Kräfte ab, kann sie neutralisieren oder gar zurück"schnelzen" lassen und zugleich stärkt sie Belastbarkeit und Elastizität des eigenen Körpers, der dann in der Lage ist, sich ähnlich einer Sprungfeder (bei korrekter Ausrichtiung, insbesondere der Knie) zusammenzuziehen und die aufgenommene Kraft wieder abzugeben (vgl Stoßdämpfer).

Es ist also ein hochkomplexer Aspekt, der sich vom Anfang bis zum Ende, Ruhe und Bewegung, außen und innen, beim entspannten, wie beim kämpferischen Praktizieren entfaltet und mitwirkt. Das ganze innere und äußere Bewegungsprinzip im Taiji- oder zumindest im Chenstil- beruht auf diesem Spiralprinzip.


Das gesunkene Qi wird dann noch gesammelt, vermehrt und geleitet, ggf. komprimiert (je nach Entwicklungszustand) und stellt also eine wichtige Grundlage dar für richtiges Taiji und jede weitere Entwicklung. Am Anfang geht es um die Anbindung nach Oben (Ding), nach unten (Chen) und die Zentrierung in der Mitte- entspricht dem Yin-Yang-Prinzip oder bildlich beschrieben auch irgendwie der Funktionsweise einer Batterie, die an Plus- und Minuspol verbunden sein muß, um ihre Power (Mitte) zu entfalten.

Bücherwurm
15-11-2022, 21:06
Hey Bücherwurm,

... Leider schaffe ich das heute Nacht nicht mehr.

Ja, man ist gern eher ausgeruht, wenn es um Feinheiten geht. Deshalb möcht ich im Moment auch nur mal auf den Unterschied zwischen "Leerformel" und "Lehrformel" hinweisen. ;)

Heping
15-11-2022, 22:44
@ Heping Chen Zhenglei sagte uns im letzten Workshop, daß Hunyuan-Taiji sich damals (im Nachbardorf, also vermutlich meinte er Zhaobao) entwickelte. Ich habe selbst auch schon öfter gehört, daß deren Stil als Hunyuan bezeichnet wird. Ob es hier verschiedene Bezeichnungen oder Mißverständnisse gibt, kann ich nicht sagen. Ich gehe aber davon aus, daß CZL (hab extra die Aufzeichnung nochmal angeschaut) schon weiß, was er sagt.
(Ich nehme mal an der Schlüssel liegt in der Ursprünglichkeits-Bedeutung des Ausdrucks "Hunyuan", denn das Zhan Zhaung Stehen wird ja in weiten Kreisen, auch im Chenstil, auch als Hunyuan-Stehen bezeichnet)

Über den Sunstil weiß ich wenig; er entsand ja erst eine Weile nach dem Chenstil, es ist also möglich, daß das ursprüngliche Spiralprinzip, welches ja auch aus dem steten und fließenden Wechsel von den Polaritäten Yin und Yang bedingt wird, "unterwegs" abhanden kam. So eine Endlos-Schleife ist ja immer auch eine Spirale, ein endlos-Viereck- oder Dreick als Verbindung wäre vermutlich weniger effizient, während eine Gerade die Polaritäten ja nicht verbinden könnte.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass Chen Laoshi das so gesagt hat. Vielleicht sprach er von Huleijia? In Zhaobao gibt es zwei Richtungen, He-Stil und Huleijia.?

Zum Sun-Stil: Es ist wie es ist. Überspitzt gesagt, hat Sun Lutang 30 Jahre Xingyiquan, 3 Jahre Baguazhang und 3 Monate Taijiquan gelernt, bevor er seinen Stil entwickelt hat. Deshalb überlappen gewisse Konzepte und Prinzipien aus anderen Stilen gewisse ursprüngliche Konzepte und Prinzipien.

Joshua-WTC
15-11-2022, 23:13
Ja, man ist gern eher ausgeruht, wenn es um Feinheiten geht. Deshalb möcht ich im Moment auch nur mal auf den Unterschied zwischen "Leerformel" und "Lehrformel" hinweisen. ;)

Ich sehe, es kommt mit Dir eine richtig spannende Diskussion zustande. Wenn Du Dich inhaltlich äußern könntest, bestünde wenigstens noch Hoffnung auf einen Austausch. Wenn Du in Zukunft gerne eine Aussage von jemandem zu einem Thema willst, empfehle ich von so schnippischen Bemerkungen abzusehen.

Joshua-WTC
16-11-2022, 00:17
Was genau ist "gesunkenes Qi", und wie darf man sich den "wichtigen Bezug" zu Gleichgewicht und Atmung vorstellen?

Oben habe ich ja schon erklärt, dass wir zwischen dem Konzept des gesunkenen Qi und der natürlichen/fließenden (Bauch-)Atmung in meinem Stil keine große Abgrenzung machen. Wir untersuchen uns hinsichtlich dieser Qualität auch hauptsächlich über die Atmung.

Es gibt in der Tai Chi Theorie den Begriff songchen 松沉 (wörtlich haben wir hier 'relax' und 'sink'). Der Begriff spricht laut Meister Yang Jun von einer Cause-Effect Beziehung zwischen relax, energy, qi und center stable (松 song, 劲 jin, 气 qi und 重心的稳固 zhongxin de wengu). Das heißt, während ich jetzt die Beziehung von Qi und Center Balance erörtere, gehören in den Kontext eigentlich auch energy und relaxation. Diese Punkte lassen sich entsprechend schwer voneinander trennen.

Gleichgewicht ist ein ziemlich weites Themenfeld. Es ist schon der Begriff 'Central Balance' gefallen (im chinesischen kenne ich das als 重心的稳固 zhongxin de wengu). Diese Balance speist sich aus vielerlei Quellen. Auf zwei Beinen hat man mehr als auf einem Bein, und in einem breiten Stand hat man mehr als in einem schmalen. Im Liegen hat man mehr als im Stehen… Das ist aber bei weitem nicht alles – daher jetzt zur Klärung vom Bezug zwischen Balance und "qi chen dantian, huxi shunchang". Ich habe in meinem obigen Beitrag von 3 Feldern gesprochen, die die Grundvoraussetzungen für natürliche Atmung stellen (Mind, External Shape, Energy, s.o.). Die kürzeste Antwort wäre einfach zu sagen, dass sich diese Felder auch auf die central balance auswirken. Wenn ich auf den Fersen oder Zehenspitzen herum wackele bin ich eindeutig weniger stabil, als wenn ich das Gewicht angemessen auf meinen Füßen verteile. Wenn ich alle meine Muskeln anspanne, bin ich leichter hochzuheben, als wenn ich ungreifbar werde wie ein Baby, das nicht getragen werden will, und dabei ständig sein Gewicht zum Boden durchsinken lässt. Wer Kraft aussenden kann und gleichzeitig nachgiebig bleiben kann, dessen Körper absorbiert den Rückprall. Wer sich beim aussenden von Kraft versteift kann bei Kontakt mit etwas stabilerem sein Gleichgewicht verlieren. Falls jemand gerne einen bestimmten Bereich aus Mind, External Shape und Energy genauer in seinem Bezug auf central balance untersuchen will, dann meldet Euch bitte einfach.

Gleichzeitig ist diese central balance nicht die einzige Qualität, die darüber entscheidet, wann wir fallen, und wann wir einen Weg finden, stehen zu bleiben. Das Prinzip fen xu shi 分虚实 (distinguish empty and full) fällt in die Thematik der Beweglichkeit (灵活性 linghuo xing). Wer Fülle und Leere nicht unterscheiden kann, ist Doppelt Gewichtet (双重 shuang zhong). Wer doppelt Gewichtet ist, ist nicht mehr beweglich. Wer nicht beweglich ist, kann sein Gleichgewicht nicht gegen eine Kraft bewahren, gegen die er nachgeben müsste. Lass mich auch hier kurz in den Raum werfen, dass wir die 3 Bereiche, die wir als Grundlage für natürliche Atmung sehen, genauso auch als die Grundlage für Beweglichkeit sehen.

TL;DR: Ich wundere mich gerade, ob dieses Thema sich nicht allein schon damit hätte erledigen lassen können, einfach festzustellen, dass wir mit flacher Atmung weniger Stabil stehen als mit fließender Atmung, aber das scheint mir gleichzeitig ein Argument zu sein, dass man am besten im Ausprobieren erforscht…

PS: Lieber Bücherwurm, ich drücke mich nicht davor ins Detail zu gehen, wie Du mir so liebenswürdig unterstellt hast, sondern es gibt mit dem schreiben einfach kein Ende, wenn ich versuche jede Leere in deinem Verständnis direkt vorwegzunehmen, frag einfach nach…

Joshua-WTC
16-11-2022, 00:38
@Joshua
Es ist eine äussere Form die durch die Spiralkraft gefüttert wird.
Wie kommt die äussere Form in der Form zustande? Kraft wirkt ein, daher erst leicht mit der Kraft mitgehen, dann kleiner Kreis um die Kraft umzulenken, dann in einem Bogen dahin bringen wo man möchte.
Einfach links nach rechts geht nicht, auch wenn da Spiralkraft dahinter steckt.
Ein Grundsatz lautet im Chen, willst du nach recht, geherst nach links, gilt für alle Richtungen sinngemäss.

Eckig üben ist imo ein riesen Fehler der vermieden werden kann.

Ich habe die Vermutung, dass Du mich falsch verstanden hast. Du hast oben von "Kraft gegen Kraft gesprochen" (ich gehe dabei von einem 2 Personen Szenario aus). Wenn der andere schiebt und ich dagegen schiebe, ist das Kraft gegen Kraft, egal wie viele Spiralen ich mache, bevor ich mit dem Gegenschieben anfange. Sowas kann unter bestimmten Voraussetzungen funktionieren, und manchmal hilft vielleicht auch eine Spirale dabei einen Vorteil zu gewinnen, aber es ist trotzdem Kraft gegen Kraft. Ich sage einfach, dass man sich mit der Energie des anderen verbinden muss (连 lian), und dass man folgen muss (随 sui), um nicht Kraft gegen Kraft zu arbeiten. Ich sehe durchaus ein, dass auf dieser Grundlage eine Spiralform sehr hilfreich dabei sein kann "einwirkende Kräfte abzuleiten, zu neutralisieren oder gar zurückschnellen zu lassen" wie scrabe es gesagt hat.

Ansonsten gebe ich Dir was den Sinn der Spirale betrifft recht. Ich nenne das was du beschreibst eine fortlaufende Energie.

Scrabe hat außerdem sehr schön ergänzt, dass es einer bestimmten durchlässigkeit/geschmeidigkeit Bedarf, die spiralform in der angemessenen Dynamik durch den Körper laufen zu lassen. In meinem Stil arbeiten wir in der Handform lange mit den Drehungen links-rechts ohne Momentum. Wenn sich Geschmeidigkeit einstellt und Momentum dazukommt, dann ergeben sich daraus schnell fortlaufende (also spiralförmige) Kreise.

Bücherwurm
16-11-2022, 22:21
Ich sehe, es kommt mit Dir eine richtig spannende Diskussion zustande. Wenn Du Dich inhaltlich äußern könntest, bestünde wenigstens noch Hoffnung auf einen Austausch. Wenn Du in Zukunft gerne eine Aussage von jemandem zu einem Thema willst, empfehle ich von so schnippischen Bemerkungen abzusehen.

Für einen Taiji-Mann bist du ziemlich ungeduldig, kann das sein? Ich wollte kurz andeuten, dass die Sache in Arbeit ist. Muß ich ja eigentlich nicht.

Zudem ist das keine "schnippische Bemerkung", sondern in diesem Fall ein entscheidender Unterschied. Denn es ist ja gerade das Problem, dass die Geschichte mit dem "Qi" und der "Energie" eine Leerformel ist, die aber regelmäßig als Lehrformel Verwendung findet. Schau dich nur um! ;) Da muß man schon mal genau sein mit der Rechtschreibung.

Joshua-WTC
16-11-2022, 23:16
Zudem ist das keine "schnippische Bemerkung", sondern in diesem Fall ein entscheidender Unterschied. Denn es ist ja gerade das Problem, dass die Geschichte mit dem "Qi" und der "Energie" eine Leerformel ist, die aber regelmäßig als Lehrformel Verwendung findet. Schau dich nur um! ;) Da muß man schon mal genau sein mit der Rechtschreibung.

Ich halte es in meinem Training für alles andere als "leer", meine Perspektive auf Qi über die Untersuchung meines Atems zu gestalten. Dass ich damit einer Lehrformel folge, statt an irgendwelchen quasi mystischen Definitionen von Qi hängen zu bleiben, finde ich einen der pragmatischsten Ansätze die man zu dem Thema im Tai Chi haben kann.

Wenn Du einfach behaupten willst, dass es nur noch sinnloses, hohles Gelaber ist, was den Begriffen Qi und Jin folgt (falls du mit Energie Jin 劲 meintest), dann bleibe ich dabei, dass Du so ein Urteil nur in der Beschäftigung mit den jeweiligen Inhalten treffen kannst. Irgendwelche Vorurteile zu verbreiten bringt meiner Meinung nach niemanden weiter. Ich freue mich daher wenn Du Dich auch irgendwann inhaltlich zu meinen Argumenten äußern willst, statt nur deine Lieblingsvorurteile vorzustellen.

Bücherwurm
17-11-2022, 16:33
Hey Bücherwurm,

Zunächst möchte ich also feststellen, dass es diese Formel ist, der zu Folge natürliche Atmung und das gesunkene Qi miteinander einhergehen

Eine Formel. Keinerlei Antwort zu meiner Frage.


In meiner Schule des Tai Chi ist unser Unterrichten (zumindest das was Lehrer ihren Schülern erzählen) mystischen Konnotationen von Qi abgewandt.

!!


Die funktionale Definition von Qi für grundlegende Belange ist einfach "Atmung". Soll heißen, was sich auf unsere Atmung auswirkt, wirkt sich auch auf unser Qi aus.


Beim Bewusstsein geht es unter anderem um die Einsicht, dass extreme Emotionen sich auf unseren Atem auswirken (Wut, Freude, Trauer…).

Na aber hallo!


Bei der äußeren Form ...


Im Bereich der Energie sprechen wir von den Qualitäten 逆 nì (resisting) und 顺 shùn (yielding), aufgrund sprachlicher Ungenauigkeit in der Übersetzung kann es auch Sinn machen von Weichheit und Durchlässigkeit als natürlicher Atmung zuträglich zu sprechen, während Verspannung natürliche Atmung schwer macht (i.e. schau wie weit Du deine gesamte Körpermuskulatur anspannen kannst bevor deine Atmung flach wird).


Oben habe ich ja schon erklärt, dass wir zwischen dem Konzept des gesunkenen Qi und der natürlichen/fließenden (Bauch-)Atmung in meinem Stil keine große Abgrenzung machen. Wir untersuchen uns hinsichtlich dieser Qualität auch hauptsächlich über die Atmung.

Weil ihr euch von den mystischen "Konnotationen" getrennt habt. Was ist aber mit der Denotation?


Es gibt in der Tai Chi Theorie den Begriff songchen 松沉 (wörtlich haben wir hier 'relax' und 'sink'). Der Begriff spricht laut Meister Yang Jun von einer Cause-Effect Beziehung zwischen relax, energy, qi und center stable (松 song, 劲 jin, 气 qi und 重心的稳固 zhongxin de wengu). Das heißt, während ich jetzt die Beziehung von Qi und Center Balance erörtere, gehören in den Kontext eigentlich auch energy und relaxation. Diese Punkte lassen sich entsprechend schwer voneinander trennen.

Also für mich ist das recht einfach zu trennen. Haltung, Entspannung, Konzentration, natürliche Atmung. "Qi" wird wieder mitgeschleift, obwohl es keine Funktion hat. Nun könnte man noch sagen, alles zusammen wird "Qi" genannt. Dann wäre klar, dass es ein Begriff für einen Komplex ist und eben keine besondere "Energie".


TL;DR: Ich wundere mich gerade, ob dieses Thema sich nicht allein schon damit hätte erledigen lassen können, einfach festzustellen, dass wir mit flacher Atmung weniger Stabil stehen als mit fließender Atmung, aber das scheint mir gleichzeitig ein Argument zu sein, dass man am besten im Ausprobieren erforscht…

Eben.


PS: Lieber Bücherwurm, ich drücke mich nicht davor ins Detail zu gehen, wie Du mir so liebenswürdig unterstellt hast, sondern es gibt mit dem schreiben einfach kein Ende, wenn ich versuche jede Leere in deinem Verständnis direkt vorwegzunehmen, frag einfach nach…

Naja, du schreibst viel Text, aber drückst dich um den Inhalt des Begriffes "Qi". :)

Chester
17-11-2022, 17:46
@Bücherwurm
Qi, Qi, Qi...
Hier missioniert niemand mit Qi. So ziemlich alle distanzieren sich von einem göttlichen Urquell esoterischen Qi.
Offenbar können einige Übende den Begriff ganz gut mit einer Bedeutung füllen und teilen hier einfach ihre Meinungen und Erfahrungen.

Auf der anderen Seite versuchst du hier Lücken in dsr Logik und Beweise für die nicht Existenz von Qi zu finden, auf ziemlich missionierende Weise.

Gehst du auch in die Kirche und fragst jeden Priester was der heilige Geist die Seele etc. ist? Lass doch mal gut sein. Umgang mit Diversity und so..

Chester
17-11-2022, 18:16
Also für mich ist das echt einfach zu trennen. Haltung, Entspannung, Konzentration, natürliche Atmung. "Qi" wird wieder mitgeschleift, obwohl es keine Funktion hat.

Was hält dich davon ab wie ein nicht lebendes Objekt (z.B. ein Stoffitier) von der Gravitation auf die Erdoberfläche gedrückt zu werden? Lebensenergie? Was ist Leben? Wieso stemmst du dich gegen die Gravitation und ein Stofftier nicht? Warum reagierst du auf äussere Reize, verstoffwechselst Nahrung, veränderat über die Jahre dein Erscheinungsbild und bist in der Lage diese Fähigkeiten an Nachkommen weiterzugeben?

Fühlst du dich heute vital? Oder darf man das bei einer Chinesische Kunst auch mit einem chinesische Begriff benennen? Russisch scheint mir in diesem Kontext nicht angebracht zu sein. Auch Prana wäre irgendwie nicht richtig.

Und wenn ich mich dann für Vitalität entscheide, muss ich eine 10seitige Abhandlung darüber mitgegeben damit alle ganz genau wissen was damit gemeint ist und was nicht? Es werden vermutlich nicht alle den Begriff Vitalität mit genau den identischen Inhalten füllen.

Bücherwurm
17-11-2022, 20:13
@Bücherwurm
Qi, Qi, Qi...
Hier missioniert niemand mit Qi. So ziemlich alle distanzieren sich von einem göttlichen Urquell esoterischen Qi.
Offenbar können einige Übende den Begriff ganz gut mit einer Bedeutung füllen und teilen hier einfach ihre Meinungen und Erfahrungen.

Naja, mit einer Bedeutung, die letztlich sehr konkret ist und den Qi-Begriff nicht braucht, denn der ist eben genau dann weg, wenn man zugreifen will. Da läuft es eben auf ganz natürliche Sachen hinaus, die man auch ohne verwirrende, ungeklärte Begriffe beschreiben könnte.


Auf der anderen Seite versuchst du hier Lücken in dsr Logik und Beweise für die nicht Existenz von Qi zu finden, auf ziemlich missionierende Weise.

Schmarr nicht rum. Wer behauptet, auch implizit, muß belegen. Und ich seh da eben keine Belege.


Gehst du auch in die Kirche und fragst jeden Priester was der heilige Geist die Seele etc. ist?

Nein, mach ich nicht, denn da weiß ich ja, was mich erwartet. Aber das ist ein gutes Beispiel, die Beweislage ist nämlich ganz ähnlich.

Bücherwurm
17-11-2022, 20:18
Was hält dich davon ab wie ein nicht lebendes Objekt (z.B. ein Stoffitier) von der Gravitation auf die Erdoberfläche gedrückt zu werden? Lebensenergie? Was ist Leben? Wieso stemmst du dich gegen die Gravitation und ein Stofftier nicht? Warum reagierst du auf äussere Reize, verstoffwechselst Nahrung, veränderat über die Jahre dein Erscheinungsbild und bist in der Lage diese Fähigkeiten an Nachkommen weiterzugeben?

Lebensenergie? Ein anderes Wort für das geheimnisvolle etwas? Also doch der göttliche Urquell? :)


Fühlst du dich heute vital?

"Qi" als Metapher. Dazu sagte ich schon was.


Oder darf man das bei einer Chinesische Kunst auch mit einem chinesische Begriff benennen?

Gerne. Es geht ja um den Inhalt.


Und wenn ich mich dann für Vitalität entscheide, muss ich eine 10seitige Abhandlung darüber mitgegeben damit alle ganz genau wissen was damit gemeint ist und was nicht? Es werden vermutlich nicht alle den Begriff Vitalität mit genau den identischen Inhalten füllen.

Ich denke schon, dass die meisten da eine recht gute Vorstellung hätten.

Chester
17-11-2022, 22:28
Ich denke schon, dass die meisten da eine recht gute Vorstellung hätten.

Dich ausgeschlossen wie mir scheint.

Chester
17-11-2022, 22:35
Schmarr nicht rum. Wer behauptet, auch implizit, muß belegen. Und ich seh da eben keine Belege.




Ist das so? Handelt es sich dabei um das verlorengegangene 11. Gebot oder nur um deine Trolleslust?

Joshua-WTC
18-11-2022, 00:32
Hey Bücherwurm, ich fand diese Antwort nun schon sehr viel Befriedigender. Danke, dass Du Dir die Zeit genommen hast. Lass mich auf Deine Frage eingehen.


Weil ihr euch von den mystischen "Konnotationen" getrennt habt. Was ist aber mit der Denotation?

[…] du schreibst viel Text, aber drückst dich um den Inhalt des Begriffes "Qi".

Die Denotation von Qi, also das was mit dem Wort eigentlich gemeint ist, kann man von verschiedenen Perspektiven untersuchen.

Das traditionelle chinesische Schriftzeichen zeigt Dampf über kochendem Reis. Die chinesische Sprache und Medizin behauptet, dass man bei einem kompletten Mangel von Qi zum Beispiel sehr große Schwierigkeiten hätte noch (laut) zu reden. Auch Emotionen werden im chinesischen oft mit einer Bewegung des Qi assoziiert. Ich denke wir werden in der Übersetzung kein einzelnes Konzept finden, dass die Denotation von Qi in gleichem Maß halten kann, wie der chinesische Begriff. Einmal ist es Atem, einmal ist es Antrieb, einmal ist es Lebensenergie, mal ist es ein elektrischer Impuls an unseren Nerven, mal ist es ein Pups... Wir übersetzen den Begriff meistens nicht, um uns mit dem für uns fremden und leeren Wort 'Qi' stattdessen ein Gefäß zu geben, dass all diese Bedeutungen gleichzeitig halten kann, ohne mit einer dieser Sachen vollständig übereinstimmen zu müssen.

Nun kann man sich, wie viele es hier anscheinend tun, auf den Standpunkt stellen, dass wir den Begriff mit dem gesamten uns verfügbaren Spektrum chinesischer Medizin, Qigong, Kultur und Weisheit anfüllen sollten, um in unserem Training zu profitieren. Ich vermute, dass es sinnvoll sein kann, sich in die chinesische Kultur einzufühlen, um authentischer Tai-Chi zu lernen.

Nichts desto trotz ist – für mich ganz persönlich – das was mit Qi eigentlich gemeint ist, etwas, das ich in meinem Training gelernt habe zu spüren. Zumindest meine ich es zu spüren. Der Weg dieses 'etwas' zu spüren hat womöglich damit angefangen, mein Bewusstsein auch in meinen Körper hineinzudenken – also zum Beispiel mein Bewusstsein auf mein Dantian auszurichten. Mir wurde erklärt, dass Qi von ganz allein unserem Bewusstsein folgt, und als ich dann in meinem Training ein körperliches Feedback (eine Schwere, ein Kribbeln, eine Wärme, eine Kälte oder ähnliches) gefühlt habe, dachte ich 'aha, das ist also Qi'. Die Erfahrung lies sich replizieren und wurde in verschiedenen Trainingsformen immer dynamischer, sodass sich mein Vertrauen darauf, dass ich wohl in der Lage bin mit meinem Qi zu arbeiten, verstärkt hat. (Ich bin mir auch zu 99% sicher, dass neurologische Untersuchungen bei Leuten die Qigong gemacht haben, auch zumindest schon bestätigt haben, dass es zumindest irgendetwas gibt, das Qigong-Übungen bei fortgeschrittenen auslösen, und dass das messbar ist.)

Ich hoffe, der Ton in dem ich das alles geschrieben habe, macht klar, dass ich es nicht für besonders relevant halte, große Theorien auf Grundlage dieser Erfahrung aufzubauen. Was die Methoden des Tai-Chi angeht, sehe ich mich zwischen Körperwahrnehmung, Bewusstsein und Atmung ausreichend bedient, sodass ich meine Schüler noch nie gefragt habe, ob sie Ihr Qi denn nun endlich spüren können, oder dass sie doch mal bitte ihr Qi benutzen sollen, um härter zuzuschlagen…

Nachtrag: Ich würde behaupten, dass streng genommen Qi eigentlich auch nicht gespürt werden kann. Wir können über das was wir spüren aber als eine körperliche Reaktion im Zusammenhang mit Qi nachdenken. Solche feinen Unterscheidungen würde ich aber normalerweise nicht für notwendig erachten, um grundsätzlich über das Thema zu reden.

Joshua-WTC
18-11-2022, 01:14
@Bücherwurm
Auf der anderen Seite versuchst du hier Lücken in dsr Logik und Beweise für die nicht Existenz von Qi zu finden, auf ziemlich missionierende Weise.

Ich habe die Vermutung, dass Bücherwurm sehr enttäuscht von allen ihm bekannten Versuchen war, Qi eine fürs Tai-Chi Training relevante Bedeutung zuzuweisen. Solange wir nicht ins Verfechten von Vorurteilen kommen, sondern uns einander erklären, sollten wir weiterkommen. Es geht hier nicht darum, ob Qi gut oder schlecht ist, sondern darum, welchen Platz es genau in unserem Erleben und Training hat. Und inwiefern es – im Kontext des Threads – eine essentielle Bedeutung fürs Tai-Chi hat.

Wenn ich das richtig Verstanden habe, hat Bücherwurm mir zumindest zu dem Maß, in dem (gesunkenes) Qi als (fließender) Atem verstanden werden kann, schon einen Platz fürs Qi eingeräumt.

MGuzzi
18-11-2022, 07:54
Lebensenergie? Ein anderes Wort für das geheimnisvolle etwas? Also doch der göttliche Urquell? :)


Du kannst auch einfach "Energie" sagen.
Das ganze Universum ist mit Energie anfüllt, bei uns auf der Erde in Manifestation von Sonnenenergie, ohne die wir nicht leben können.

Bücherwurm
18-11-2022, 22:45
Das traditionelle chinesische Schriftzeichen zeigt Dampf über kochendem Reis. Die chinesische Sprache und Medizin behauptet, dass man bei einem kompletten Mangel von Qi zum Beispiel sehr große Schwierigkeiten hätte noch (laut) zu reden. Auch Emotionen werden im chinesischen oft mit einer Bewegung des Qi assoziiert. Ich denke wir werden in der Übersetzung kein einzelnes Konzept finden, dass die Denotation von Qi in gleichem Maß halten kann, wie der chinesische Begriff. Einmal ist es Atem, einmal ist es Antrieb, einmal ist es Lebensenergie, mal ist es ein elektrischer Impuls an unseren Nerven, mal ist es ein Pups... Wir übersetzen den Begriff meistens nicht, um uns mit dem für uns fremden und leeren Wort 'Qi' stattdessen ein Gefäß zu geben, dass all diese Bedeutungen gleichzeitig halten kann, ohne mit einer dieser Sachen vollständig übereinstimmen zu müssen.

Ja, genau so sieht das aus. Eine Metapher für alles mögliche, ein Sammeltopfbegriff, nur eben DAS QI - das bleibt eine Fata Morgana. Dennoch wird der Begriff - vielleicht nicht bei euch, aber eben doch häufig in der Szene - verwendet, als ginge es um eine konkrete Energieform. So manch ein QiGong-Kurs würde eingehen wie eine Priemel, wenn der Begriff "Qi" und die Beschreibung, was es alles tut, nicht verwendet werden dürfte. Heiße Luft! (.. ist ja auch "Qi"..:biglaugh:)


Nichts desto trotz ist – für mich ganz persönlich – das was mit Qi eigentlich gemeint ist, etwas, das ich in meinem Training gelernt habe zu spüren. Zumindest meine ich es zu spüren.


Der Weg dieses 'etwas' zu spüren hat womöglich damit angefangen, mein Bewusstsein auch in meinen Körper hineinzudenken – also zum Beispiel mein Bewusstsein auf mein Dantian auszurichten. Mir wurde erklärt, dass Qi von ganz allein unserem Bewusstsein folgt, und als ich dann in meinem Training ein körperliches Feedback (eine Schwere, ein Kribbeln, eine Wärme, eine Kälte oder ähnliches) gefühlt habe, dachte ich 'aha, das ist also Qi'. Die Erfahrung lies sich replizieren und wurde in verschiedenen Trainingsformen immer dynamischer, sodass sich mein Vertrauen darauf, dass ich wohl in der Lage bin mit meinem Qi zu arbeiten, verstärkt hat. (Ich bin mir auch zu 99% sicher, dass neurologische Untersuchungen bei Leuten die Qigong gemacht haben, auch zumindest schon bestätigt haben, dass es zumindest irgendetwas gibt, das Qigong-Übungen bei fortgeschrittenen auslösen, und dass das messbar ist.)

Natürlich haben die Übungen einen Effekt. Ruhige Konzentration, Sympatikus fährt herunter, Stresshormone auch, Parasympatikus fährt hoch, Gefäße weiten sich, das spürt man als Wärme oder Kribbeln, usw. Nur ist es nicht das Qi, das das bewirkt. Diese Erscheinungen stellen sich auch beim "autogenen Training" ein, und man kann sie ganz ohne Qi erklären. Mittlerweile! Im China der vergangenen Jahrhunderte eben nicht. Also hat man diese Erscheinungen der Wirkung des Qi zugeschrieben.


Solche feinen Unterscheidungen würde ich aber normalerweise nicht für notwendig erachten, um grundsätzlich über das Thema zu reden.

Grundsätzlich ist für mich: Verwende ich den Begriff als Metapher, oder schreibe ich DEM Qi eine Konkretheit zu. Als Metapher ist es nicht falsch, nur ist eben die Gefahr, dass viele - Lehrende wie Lernende - diese Abgrenzung nicht nachvollziehen können oder wollen.

Behaupte ich dagegen Qi als konkrete Energie, dann müßte ich das irgendwann auch mal nachweisen. Kann ja nicht so schwer sein, denn wenn z.B. gesagt wird, Qi sei "wie elektrischer Strom", müßte man die eigenschaften der "Qi-Energie" ja kennen. Aber es gibt eben viele ganz unterschiedliche Vergleiche, und da wird es dann enge.

Bücherwurm
18-11-2022, 22:45
Du kannst auch einfach "Energie" sagen.
Das ganze Universum ist mit Energie anfüllt, bei uns auf der Erde in Manifestation von Sonnenenergie, ohne die wir nicht leben können.

Ist es so auch gemeint?

Joshua-WTC
18-11-2022, 23:27
Grundsätzlich ist für mich: Verwende ich den Begriff als Metapher, oder schreibe ich DEM Qi eine Konkretheit zu. Als Metapher ist es nicht falsch, nur ist eben die Gefahr, dass viele - Lehrende wie Lernende - diese Abgrenzung nicht nachvollziehen können oder wollen.

Da muss ich jetzt a Bruce Lee's 'finger pointing to the moon' denken. Don't look at the finger, look at the moon.

Ob diese Art von Verweis auf etwas, das sich sprachlich nicht vollständig fassen lässt, Sprachwissenschaftlich dasselbe wie eine Metapher ist, wage ich nochmal anzuzweifeln, aber so etwas ähnliches wird schon passen.

Und in der Konkretheit würde ich einfach bei Atem bleiben. Es gibt zum Beispiel auch 哼哈二气 heng ha er qi (die zwei 'Qi' heng und ha), da geht es darum, dass bei der Energy Explosion (fajin 发劲), bei natürlich fließender Atmung abhängig von der Intensität und Qualität unseres jin 劲, einer von zwei natürlich geformten Lauten (heng und ha) unserem Mund entweichen kann. Es geht explizit nicht darum, intelligent vorwegzugreifen, welchen Laut man jetzt am besten machen soll, sondern darum, zu beobachten, wann welcher Laut entsteht. Die Erwartungshaltung ist, dass bei kurzen, abrupten Energien 'heng' entsteht und bei längeren, weiteren Energien das 'ha' kommt. Ich finde für mich den Hinweis hier drin, dass es bei Atem nicht nur um geräuschlose Luft und Sauerstoff geht nochmal ganz wertvoll.

Joshua-WTC
18-11-2022, 23:51
Du kannst auch einfach "Energie" sagen.
Das ganze Universum ist mit Energie anfüllt, bei uns auf der Erde in Manifestation von Sonnenenergie, ohne die wir nicht leben können.

Ich halte jede unabgegrenzte Wiederholung von 'Qi ist Energie und das Universum ist voll davon' zwar nicht für falsch, aber für problematisch. Wenn wir versuchen den chinesischen Begriff 'Qi' zu übersetzen und uns für das Wort 'Energie' entscheiden, gibt es ganz selbstverständlich im chinesischen noch eine Reihe weiterer Worte, die ebenfalls so übersetzt werden kann.

Im einsilbigen fallen mir spontan 气 qi, 力 li und 劲 jin ein. Im zweisilbigen '气力 qili, 劲力 jinli, 能力 nengli'. Zweisilbige Wörter stehen im Chinesischen tendenziell für einen bestimmten Aspekt des einsilbigen Wortes. Nun ist es so, dass der westliche Begriff 'Energie' einer ist, den wir vor allem über Physik definieren.

Sonne (aus deinem Beispiel) übermittelt durch Licht und Wärme physikalische Energie. Wenn ich jetzt behaupten will, dass hätte nichts mit Qi zu tun, läge ich vermutlich sehr falsch.

Aber(!), etwas das hochgehoben wird hat ein physikalisches Potential zu fallen, was auch als Energie verstanden wird. Die Wucht mit der ein Ball gegen eine Wand fliegt, hat etwas mit der bewegten Energie, die auf den Ball übertragen wurde zu tun. In diesen beiden fällen Sprechen wir im Westen von Energie, aber es ist nicht Qi.

Im Endeffekt sprechen wir, solange wir von der physikalisch messbaren Energie Sprechen von 能力 nengli, also einem Aspekt von 力 li, nicht von Qi. Dann gibt es im Tai-Chi noch den Begriff 劲 jin, der zwar das Konzept dieser physischen Energie aufgreift, es aber untrennbar mit Technik in der wir dieses physische Potential bewegen verbindet. Dann kommt erschwerend dazu, dass wir dieses 劲 jin jetzt auch noch mit unserem 气 qi koordinieren wollen. Wenn der Westler jetzt da steht und die Energie, die physikalische Energie mit Technik ist, mit Energie, die irgendwas andere ist, koordinieren will hat er sein Problem hoffentlich bald erkannt…

Joshua-WTC
19-11-2022, 00:26
Natürlich haben die Übungen einen Effekt. Ruhige Konzentration, Sympatikus fährt herunter, Stresshormone auch, Parasympatikus fährt hoch, Gefäße weiten sich, das spürt man als Wärme oder Kribbeln, usw. Nur ist es nicht das Qi, das das bewirkt. Diese Erscheinungen stellen sich auch beim "autogenen Training" ein, und man kann sie ganz ohne Qi erklären. Mittlerweile! Im China der vergangenen Jahrhunderte eben nicht. Also hat man diese Erscheinungen der Wirkung des Qi zugeschrieben.


Das finde ich an sich sehr einleuchtend. Moderne Wissenschaft ermöglicht uns Einsichten, auf deren Grundlage die Weisheit und Erfahrung chinesischer Kultur sich ganz anders hätte entwickeln können. Natürlich kommt moderne Wissenschaft auch mit einer gewissen Befangenheit, durch die ihre vielen Vorzüge auch durch eine Reihe von Schwächen ergänzt werden, aber das ändert erstmal nichts dran, dass wir 100% davon ausgehen können, dass selbst die größten antiken chinesischen Mediziner sich ganz anders ausgedrückt hätten, wenn Ihnen unser Wissen zur Verfügung stehen würde.

Als Tai-Chi Übender befasse ich mich in vieler Hinsicht ausführlich mit Details und diese Details vermag Wissenschaft in erstaunlicher Ausführlichkeit neu zu definieren. Aber dann geht es irgendwann auch um das 'bigger picture' und bisher bleibe ich dabei, dass es manchmal sehr befreiend ist, die Brille der Wissenschaft ein bisschen unscharf zu stellen, denn es lassen sich dann ganz andere Zusammenhänge erkennen. Das ist es, wo ich den Begriff von Qi auch in seiner etwas umfangreicheren Bedeutung für sinnvoll halte.

Pansapiens
19-11-2022, 08:26
Was hält dich davon ab wie ein nicht lebendes Objekt (z.B. ein Stoffitier) von der Gravitation auf die Erdoberfläche gedrückt zu werden?


Also zumindest ich werde von der Gravitation auf die Erdoberfläche gedrückt.



Wieso stemmst du dich gegen die Gravitation und ein Stofftier nicht?


Inwiefern stemme ich mich mehr gegen die Gravitation, als ein Stofftier?

kanken
19-11-2022, 08:34
„Qi“ ist eine Vokabel aus einem philosophischen Konzept und sollte in diesem Kontext benutzt werden:

47767

Es entsteht, in diesem Schaubild, im dritten Schritt, wenn sich die Polaritäten ausbilden. Dadurch entsteht die „Energie“ um die weiteren Dinge manifestieren zu lassen und diese Energie kann man, in seinen unterschiedlichen Ausprägungen, überall finden, da sie alles hervorbringt und das Wechselspiel der Polaritäten überall zu finden ist. Dabei geht es aber eben nicht um „Schwarz-Weiß“, sondern um die Harmonie des graduellen Wechsels, ausgedrückt durch die Wandlungsphasen, die diese „Energie“ aber auch nur versuchen „verständlicher“ in Ihrer Manifestation zu machen.

Noch mal: Das ist ein PHILOSOPHISCHER Zugang zur Welt.

Wenn man diese Philosophie in der Wissenschaft suchen möchte (worauf man sie ja auch anwenden kann, aber eben als philosophisches Konstrukt und NICHT als wissenschaftliches Erklärungsmodell), dann verweise ich gerne noch mal auf diesen Artikel:

Was ist Qi (https://bagua-zhang.eu/?page_id=885)

In dem Artikel kannst man sehen das „Atem“ und „Energie“ sich auch ganz gut damit erklären lassen ;)

Diese „Energie“ des harmonischen Wechsels findet sich überall in der Welt. Mit dem Modell des „harmonischen Oszillators“ hast du sogar ein Beispiel in der Quantenmechanik.

Wenn man ein Äquivalent von „Qi“ unbedingt in der „westlichen Wissenschaft“ finden will, dann kann man es am ehesten mit „elektromagnetischer Strahlung“ gleichsetzen, bzw., für die Manifestation im menschlichen Körper, als Gruppenübertagungspotential der Hydrolyse von ATP (dessen „Energie“ letztlich auch aus elektromagnetischer Strahlung stammt).

Philosophie beschreibt Dinge und erklärt sie nicht.

Pansapiens
19-11-2022, 09:22
dann verweise ich gerne noch mal auf diesen Artikel:

Was ist Qi (https://bagua-zhang.eu/?page_id=885)


die Rechnung ist m.E. immer noch falsch



In dem Artikel kannst man sehen das „Atem“ und „Energie“ sich auch ganz gut damit erklären lassen ;)


Auch wenn das ursprüngliche Konzept des Qi in China aus dem Versuch hervorgegangen ist, die durch Nahrung und Atmung gewonnene Energie zu beschreiben, halte ich es für verfehlt und irreführend, im Qigong oder KK-Kontext Qi mit physikalischer Energie gleichzusetzen.

kanken
19-11-2022, 09:38
Auch wenn das ursprüngliche Konzept des Qi in China aus dem Versuch hervorgegangen ist, die durch Nahrung und Atmung gewonnene Energie zu beschreiben, halte ich es für verfehlt und irreführend, im Qigong oder KK-Kontext Qi mit physikalischer Energie gleichzusetzen.

Bin ich völlig bei Dir!

Aus dem Artikel:


In den Kampfkünsten helfen die modernen Erklärungen nicht die körperlichen Fähigkeiten zu erlernen, denn dazu benötigt man die bildhaften Ideen der früheren Beschreibungen. Sie sind es die die richtigen neuronalen Verknüpfungen im Gehirn erzeugen können. Die Bilder müssen mit Gefühlen und Wahrnehmungen kombiniert werden, damit ein harmonisches Ganzes entstehen kann. Dies können Formeln und physiologische Erkenntnisse nicht.

MGuzzi
19-11-2022, 09:43
, halte ich es für verfehlt und irreführend, im Qigong oder KK-Kontext Qi mit physikalischer Energie gleichzusetzen.

In dem Artikel steht ja auch ausdrücklich, dass die physikalische Erklärung in der KK nicht hilft.

Viskando
19-11-2022, 12:02
Also zumindest ich werde von der Gravitation auf die Erdoberfläche gedrückt.



Inwiefern stemme ich mich mehr gegen die Gravitation, als ein Stofftier?


http://www.youtube.com/watch?v=2uTBolGz3Yc

Chester
19-11-2022, 15:27
Inwiefern stemme ich mich mehr gegen die Gravitation, als ein Stofftier?

Naja, wenn du vom Sessel aufstehst z.B.
Das macht ein Stofftier nicht, das macht nur etwas das lebt.

Sonst würdest du wie einToter auf dem Boden liegen..

Pansapiens
19-11-2022, 15:39
Naja, wenn du vom Sessel aufstehst z.B.
Das macht ein Stofftier nicht, das macht nur etwas das lebt.


das hier z.B.?


https://www.youtube.com/watch?v=eJxXboJMsHs

Bücherwurm
19-11-2022, 16:27
o[/vide]

:biglaugh:

Bücherwurm
19-11-2022, 16:28
In dem Artikel steht ja auch ausdrücklich, dass die physikalische Erklärung in der KK nicht hilft.

Also bei mir ist das so, das mir die physikalische Erklärung weit mehr hilft als die esoterische.

Pansapiens
19-11-2022, 16:42
Also bei mir ist das so, das mir die physikalische Erklärung weit mehr hilft als die esoterische.

wie hilft Dir denn die "physikalische Erklärung", dass die meisten Lebewesen auf unserer Erde in Nahrungsmitteln gespeicherte Sonnen-Energie mittels Sauerstoff im Stoffwechsel letztliche in ATP umwandeln und dieses wieder für biochemische Vorgänge zu nutzen, dabei zu verstehen, wie z.B. der Geist den Körper lenkt?

Pansapiens
19-11-2022, 16:54
http://www.youtube.com/watch?

Ja, wenn man ein Stofftier in eine Wäscheschleuder steckt und die hochtourig laufen lässt, wird das Stofftier auch nicht durch die "Zentrifugalkraft" gegen die Wand der Schleuder gepresst, sondern die Wand der Schleuder hindert das Stofftier daran, sich geradlinig zu bewegen.
Ändert aber nichts an der Kraft, die zwischen Wand und Stofftier wirkt.

Bücherwurm
19-11-2022, 17:21
wie hilft Dir denn die "physikalische Erklärung", dass die meisten Lebewesen auf unserer Erde in Nahrungsmitteln gespeicherte Sonnen-Energie mittels Sauerstoff im Stoffwechsel letztliche in ATP umwandeln und dieses wieder für biochemische Vorgänge zu nutzen, dabei zu verstehen, wie z.B. der Geist den Körper lenkt?

So würde der Begriff "Energie" zumindest nicht falsch. Aber das meinte ich nicht. Körpermechanik ist ja auch Physik.

Viskando
19-11-2022, 19:26
Ja, wenn man ein Stofftier in eine Wäscheschleuder steckt und die hochtourig laufen lässt, wird das Stofftier auch nicht durch die "Zentrifugalkraft" gegen die Wand der Schleuder gepresst, sondern die Wand der Schleuder hindert das Stofftier daran, sich geradlinig zu bewegen.
Ändert aber nichts an der Kraft, die zwischen Wand und Stofftier wirkt.

es aendert die betrachtungsweise auf das eigene training und beantwortet die frage was rooting eigtl ist. das qi senken bedeutet eigtl nichs anderes als im eigenen keorper das gewebe und alles andere bis hin zur haut wieder in den fall zurueckgebracht werden soll, ohne das da muskeln, blockaden oder verspannungen verrenkungen etc. pp. usw. usf. sind die das nauterliche fallen blockieren. so entsteht echtes rooting. gleichzeitig nutze ich die gegenkraft des bodens die mich abstoesst um kraft durch den jetzt freien koerper zu transportieren. all diese spielereichen die hier immer so schoen und blumig theoretisiert werden und von einem buch nach dem anderen abgeschrieben werden, funktionieren nunmal nicht wenn man dem koerper nicht beibringt wieder natuerlichen innerlich zu fallen. und deine sicht von graviation auf den koerper hilft dir auch nicht dabei das zu verstehen, geschweige denn anzuwenden.

Pansapiens
19-11-2022, 20:06
und deine sicht von graviation auf den koerper hilft dir auch nicht dabei das zu verstehen, geschweige denn anzuwenden.

Ich glaube nicht, dass Du das beurteilen kannst.

Viskando
19-11-2022, 20:11
Ich glaube nicht, dass Du das beurteilen kannst.

was du in deiner gedankenwelt so treibst is mir voellig egal. du hast die aussage selbst hier im thread getroffen. darauf beziehe ich mich.
dein restliches bla bla kannst du gerne auch in deiner gedankenwelt behalten.

Pansapiens
19-11-2022, 20:24
was du in deiner gedankenwelt so treibst is mir voellig egal. du hast die aussage selbst hier im thread getroffen.


ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass sich Gravitation genauso auf ein Stofftier auswirkt, wie auf ein lebendes Objekt.
Dafür ist es gleichgültig, ob ich das Newtonsche Gravitationsgesetz betrachte, oder die ART.

Cam67
19-11-2022, 21:21
ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass sich Gravitation genauso auf ein Stofftier auswirkt, wie auf ein lebendes Objekt.
Dafür ist es gleichgültig, ob ich das Newtonsche Gravitationsgesetz betrachte, oder die ART.

Chester wollte aber mit seinem Vergleich zw. Stofftier und lebenden Organismus , auf die Art der Reaktion des lebenden Körpers hinweisen und die unterscheidet sich nunmal zu einem toten Objekt, trotz gleicher Wirkung der Schwerkraft . Die Programme in deinem Beispiel mit dem Roboter wollen ja genau diese Reaktionen nachahmen. Was sie aber nicht bzw. noch nicht können , ist das Nachahmen des inneren Falls der Strukturen , den Viskando sehr schön beschrieben hat.

Cam67
19-11-2022, 21:25
es aendert die betrachtungsweise auf das eigene training und beantwortet die frage was rooting eigtl ist. das qi senken bedeutet eigtl nichs anderes als im eigenen keorper das gewebe und alles andere bis hin zur haut wieder in den fall zurueckgebracht werden soll, ohne das da muskeln, blockaden oder verspannungen verrenkungen etc. pp. usw. usf. sind die das nauterliche fallen blockieren. so entsteht echtes rooting. gleichzeitig nutze ich die gegenkraft des bodens die mich abstoesst um kraft durch den jetzt freien koerper zu transportieren. all diese spielereichen die hier immer so schoen und blumig theoretisiert werden und von einem buch nach dem anderen abgeschrieben werden, funktionieren nunmal nicht wenn man dem koerper nicht beibringt wieder natuerlichen innerlich zu fallen. und deine sicht von graviation auf den koerper hilft dir auch nicht dabei das zu verstehen, geschweige denn anzuwenden.

Schön beschrieben . Danke.
Kinder können das oft sehr gut , nur halt unspezifisch und ohne Methode .

GilesTCC
20-11-2022, 16:35
Ein paar Tage hier nicht mehr reingeschaut und auf einmal ist hier ziemlich viel los! :)


es aendert die betrachtungsweise auf das eigene training und beantwortet die frage was rooting eigtl ist. das qi senken bedeutet eigtl nichs anderes als im eigenen keorper das gewebe und alles andere bis hin zur haut wieder in den fall zurueckgebracht werden soll, ohne das da muskeln, blockaden oder verspannungen verrenkungen etc. pp. usw. usf. sind die das nauterliche fallen blockieren. so entsteht echtes rooting. gleichzeitig nutze ich die gegenkraft des bodens die mich abstoesst um kraft durch den jetzt freien koerper zu transportieren. all diese spielereichen die hier immer so schoen und blumig theoretisiert werden und von einem buch nach dem anderen abgeschrieben werden, funktionieren nunmal nicht wenn man dem koerper nicht beibringt wieder natuerlichen innerlich zu fallen.

Cam hat die Zusammenfassung von Viskando gerade zitiert, was ich auch vor hatte. Und dann dachte ich, egal, die finde ich so gut, ich zitiere sich noch einmal. :sport146:

Ich bin nicht gegen "Qi" als Begriff. Allerdings bin (auch) ich der Meinung, dass auf der praktischen Ebene alles, was in den klassischen Schriften oder sonstwo mit "Qi" angesprochen wird, ebenfalls mit einfachen Sätzen in 'westlicher' Terminologie und Beschreibung genauso gut ausgedrückt werden kann. Und für unsereins sogar oft noch verständlicher und zugänglicher, auch ohne kniffligen wissenschaftlichen Fachbegriffen.
Wenn's schliesslich ums Tai Chi Chuan geht und wie man darin Fortschritt macht (und darum geht es mir hauptsächlich), dann ist das Verstehen von vieldeutigen oder quasi-esoterischen Begriffen bzw. die Philosophie nur so in dem Maßen wichtig, wie das uns hilft, in der Bewegungskunst besser zu werden. Und dadurch um sie noch mehr zu geniessen und davon zu profitieren.

Wie auch mit der Schwerkraft. Ob das "Fallen" in meinem Körper von einer direkten 'Anziehungskraft' eines sehr großen Körpers (die Erde) verursacht wird, oder von der Raum-Zeit-Krümmung in meiner Nähe, die vom besagten massigen Körper verursaucht wird, ist mir schliesslich schnuppe. Zwar nicht auf der Ebenen der Wissenschaft und der Philosophie, was mich auch interessiert. Aber als Tai Chi'ler schon. Da geht es nur darum, in welchem Maße, wie konsequent und bei welchem Stresspegel ich ungünstige Verspannungen in meinem Körper lösen kann und infolgedessen mein Körpergewicht recht präzise in oder zwischen meine Füße fallen lasse. Egal was für physikalische Faktoren zu diesem 'Fallen' führt.

Um ein bisschen zum Ursprungsthema zurückzukehren... Hier ist eine Sache, die ich an Tai Chi Chuan sehr mag: Erstens, es geht schon u.a. um "Entspannung" (= Auflösen von Verspannungen). Und dadurch zum 'inneren Fallen'. Und zweitens (beim guten Partnertraining) bekommst du innerhalb einem Bruchteil einer Sekunde einen recht genauen, praktischen (und im guten Sinne sogar gnadenlosen) Feedback, wie gut es dir gelingt. Oder nicht. Und das viele hunderte Male schon innerhalb einer Trainingssession. Das hilft.

marasmusmeisterin
20-11-2022, 16:40
wie z.B. der Geist den Körper lenkt?

Tut er ja gar nicht; Stichwort "EMBODIMENT". Geist und Körper sind nach neuesten Erkenntnissen - also man könnte sagen eine Einheit, oder: eine noch nicht vollständig verstandene Rückkopplungsbeziehung.

Chester
21-11-2022, 01:42
Tut er ja gar nicht; Stichwort "EMBODIMENT". Geist und Körper sind nach neuesten Erkenntnissen - also man könnte sagen eine Einheit, oder: eine noch nicht vollständig verstandene Rückkopplungsbeziehung.

Keine Ahnung was die Wissenschaft dazu sagt aber kulturübergreifend gibt es Berichte über OBE (Ausserkörperliche Erfahrung).
Kann z.B. auch durch Salvia Divinorum getriggert werden.

Vermutlich nur eine chemische Disbalance im Hirn oder so, aber interessant ist es schon. Und jeden welche das erfahren haben sehen das als recht real an.

marasmusmeisterin
21-11-2022, 09:36
Keine Ahnung was die Wissenschaft dazu sagt aber kulturübergreifend gibt es Berichte über OBE (Ausserkörperliche Erfahrung).
Kann z.B. auch durch Salvia Divinorum getriggert werden.

Vermutlich nur eine chemische Disbalance im Hirn oder so, aber interessant ist es schon. Und jeden welche das erfahren haben sehen das als recht real an.

Das ist etwas ganz anderes als ich meine und findet unter ganz anderen Umständen statt; darum erlaube ich mir da auch kein Urteil. Ich gehe vom lebendigen und bewußten Organismus bzw. hier Menschen aus.